Schöne heile Welt von Yalda ([Directors Cut]) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 Der Arzt klappte seinen Koffer zu."Verletz ist er nicht allzu stark , hier und da ein paar Kratzer. Ich habe schon schlimmeres gesehen. Allerdings steht er ziemlich unter Schock... " Meine Augen ruhten auf dem blassen Gesicht Takerus. Seine Augen waren geschlossen, doch sah man, wie sie unter den Lidern hin und her huschten. Wahrscheinlich hatte er Alpträume. "Sie sollten eine Therapie bei einem Psychologen ansetzten , sonst nimmt er in Zukunft vielleicht ähnliche psychische Schäden ." Er erwähnte Yamatos Name nicht, aber alle wussten, dass er den Eltern immer wieder Vorwürfe gemacht hatte, als er zu den Hausbesuchen gekommen war. "Und sie sollten ihm jetzt auf keinen Fall zu nahe kommen, wenn er es nicht will. Ansonsten kann ich ihnen allen jetzt nur eins empfehlen.." sagte er und blickte in die Runde der müden Gesichter. "Schlafen sie eine Nacht drüber... " Die Anwesendenn nickten stumm - ich jedenfalls konnte mir kaum vorstellen, diese Nacht Schlaf zu finden. Wahrscheinlich würde ich die ganze Nacht vor meinem Laptop hocken und im Internet stumpfsinnige Recherchen durchführen, die wahrscheinlich zu keinem Ergebnis führen würden. Der Arzt drehte sich um, nahm seinen Koffer und ging zur Tür. "Und rufen sie mich am besten an, sollte er heute Nacht noch mal aufwachen. Ansonsten komme ich morgen früh zu den üblichen Untersuchungen." NAchdem was ich gehört hatte, kam er jeden Morgen und jeden Nachmittag einmal, um Yamato zu untersuchen - was in Zukunft hoffentlich nicht mehr nötig war. Es war soweiso ein Wunder, dass Yamato nicht die ganze zeit im Krankenhaus bleiben musste - doch die Ärzte meinten, es wäre kein physisches Problem, sondern allein ein psychisches. Dann verließ er die Wohnung und ließ die Haustür ins Schloss fallen. Yamatos Mutter kauerte auf dem Stuhl und wimmerte "Oh nein oh nein oh nein..." vor sich hin, während sein Vater die umherstehenden Kaffeetassen, in die Küche brachte. Ich saß betrübt auf dem Fußboden und versank in Selbstvorwürfen. Hätte ich Takeru nicht einfach gehen lassen, sondern wäre mitgekommen - dann wäre das alles nicht passiert. "Izzy, mach dir keine Vorwürfe..." Ich blickte auf. Vor mir stand Hikari, die ebenfalls ziemlich mitgenommen aussah."Du kannst rein gar nichts dafür! Es gibt nur einen Menschen, der Schuld an dieser Situation hat. Und der bist nicht du." Ich nickte , spürte, wie die Welt vor mir verschwamm. Oh verdammt, was sollte der Mist? "Die armen Eltern... " murmelte Hikari schließlich. "Erst Yamato und dann Takeru. was wohl passiert, wenn er auch so wird wie Yama...." "Mal den Teufel nicht gleich an die Wand!" Ich schüttelte den Kopf. "Wenn das so weiter geht.....bin ich bald auch reif für die Klapse... " ~Das mühsam erlangte Glück wird doppelt genossen~ Balthasar Gracian Taichi und Yamato saßen neben Takerus Bett und betrachteten den unruhig schlafenden Jungen. Zeit, sich über ihre neu gewonnene gemeinsame Zeit zu freuen, hatten sie allerdings nicht. Die Sorge um Takeru hing drückend schwer im Raum und Taichis Kopf war prall gefüllt mit Fragen, die nach Antworten schrien. "Yama. darf ich dich mal...etwas fragen?" "Natürlich. Alles. das weißt du doch..." "Du warst etwa ein halbes Jahr. in....so einem Zustand..." sagte er langsam als ob er jedes Wort vorher auf die Goldwaage legen müsste. "....hat... das auch etwas mit Mike zu tun?" Komisches Gefühl. Als ob man ein halbes Jahr einen schweren Eimer über dem Kopf hatte, durch den kaum etwas durchgedrungen ist. Ein bisschen so, als wäre man ohnmächtig. Oder im Halbschlaf, wo man noch fast alles mitbekommt um einen herum, aber alles für einen Traum hält und an den Stellen, an denen es einem nicht gefällt. da dichtet man sich einfach eine schöne heile Welt dazu. Eine Welt, in der es egal ist, wer man ist, wo man herkommt, was man erlebt hat. Wo man einfach sein darf, wer man ist und lieben darf, wen man mag. Eigentlich ist das ein schönes Gefühl. Bis zu dem Punkt, wo alles außer Kontrolle Gerät. Wo der" Eimer "die Oberhand gewinnt. Wo man sich nichts mehr dazu denken darf - oder da, wo man sich eine verstärkte Version der grausamen Realität vorhält. So was kam auch vor. Der Moment, wo einem diese Ohnmacht zum Feind wurde. Dann, wenn die Erinnerungsfetzen aus der Vergangeheit durcheinanderwirbelten, in einer Reihenfolge, die nicht war und nicht sein wird - aber trotzdem waren sie nie ganz falsch oder ganz richtig. Immer ein bisschen neben der Realität. Aber nie wirklich entfernt davon. Etwa so, als wenn man mit einem Fuß auf dem Bürgersteig geht und mit dem anderen auf der Straße- man ist nicht in Gefahr, weil man ja noch zur hälfte auf dem Bürgersteig ist. Aber sicher ist man auch nie, weil man trotzdem ja noch auf der Straße ist. Du erlebst den glücklichsten Moment deiner Vergangenheit noch mal und plötzlich, kurz bevor die Erinnerung verblasst, stürmen traurige Ereignisse auf sie ein und drehen alles ins Gegenteil. Aber warum..... Vielleicht war es eine Art Selbstschutz, der außer Kontrolle geraten war... Verdränge alles Traurige und alles, was dir Schlimmes wiederfahren ist. Schieb es ganz weit weg in die hinterste Ecke deines Bewusstseins. Tu so, als hättest du es vergessen! Ja. So habe ich das gemacht. Ich habe alles zurückgedrängt und war .....glücklich. Doch es ist so ähnlich wie mit einer Regentonne. Du kannst viel hineingießen. Doch schließlich braucht es nur einen Tropfen. Eine Person. Eine klitzekleine Erinnerung die wieder auftaucht... und das Fass läuft über und dann. hast du nichts mehr, was diese Flut aufhalten kann. ..... Mein Erinnerungsfass sprudelte an dem Tag über, als mir einer der Gefängniswärter in der Stadt über den weg lief. Das war das letzte, woran ich mich noch erinnern konnte. "Yama?" "Oh. tut mir leid. Ich war in Gedanken... also was wolltest du wissen?" "Erm... das mit. Mike..:" sagte Tai langsam. Ich schluckte. "Ja und nein." Was er mit mir gemacht hatte , war nichts gewesen - im Vergleich zu dem was heute passiert war. Doch als ich mich erinnerte, was er mir von sich selber erzählt hatte, tat er mir wieder Leid. Konnte er überhaupt etwas für das , was er tat? "Ich halte ihn für schizophren." sagte ich schließlich. "Wahrscheinlich will er nicht so sein, wie er ist. In seiner Vergangenheit musste er vieles durchmachen, von dem wir nicht die leiseste Vorstellung haben. Im Grunde genommen ist Mike nur ein armes Schwein, dass sich in den Sumpf eines bescheuerten Systems verirrt hat. Wahrscheinlich hat er sich irgendwie an seine Situation angepasst, ohne es zu wollen ." In diesem Augenblick wurde die Bettdecke zurückgeschlagen und Takeru richtete sich vorsichtig auf. Er verzog das Gesicht und tastete vorsichtig seinen Bauch ab. "Takeru!" Ja?" kam es wieder unter der Bettedecke hervor. "A.. alles in Ordnung da unten?" "Ah. mein Hintern tut zwar höllisch weh und ich habe das dringende Bedürfnis mich in eine Badewanne voller Eiswürfel zu legen, aber ansonsten...." "Rede keinen Müll. Versuch nicht, uns irgendetwas zuverheimlichen, nur damit wir uns keine Sorgen machen! Das geht nur nach Hinten los!" sagte Yamato. "Du darfst nichts in die Ecke drängen!" Tai schaute von Takeru zu Yamato und wieder zurück. "Welche Ecke?" "Vergiss es. Takeru, schrei einfach jemanden an oder so was. Aber tu nicht so, als wäre alles in Ordnung. Gib mir Tiernamen oder so was..." Erst in diesem Augenblick realisierte Takeru, WER eigentlich vor ihm saß. Für einen kurzen Moment kämpfte er noch gegen die Tränen an, dann stürzte er sich seinem großen Bruder in die Arme, den er nun nach vielen Monaten zum erstenmal wieder hatte sprechen hören. "He, ich bin froh, dass es dir gut geht. warum sollte ich dir Tiernamen geben?"schniefte er . Yamato grinste schief. "Dann gib eben Tai welche. Oder was weiß ich nicht was. Aber wehe du unterdrückst irgendeine Form von Wut!" Kurze Zeit später war der Arzt wieder zurück und stand kopfschüttelnd neben Izzy. "Hm, der Junge scheint ganz fit zu sein. Sollte sich irgendetwas verändern, dann ruft mich wieder an..." brummte er schließlich, klappte seinen Arztkoffer zusammen und verließ das Zimmer. Aus dem Nebenzimmer hörte man ihn noch leise mit Takerus Eltern sprechen. "Leute, wenn ihr nichts dagegen habt..." gähnte Izzy ". dann geh ich jetzt nach Hause." "Schlaf dich ruhig aus, du hast es dir verdient!" sagte Kari und schob ihn aus dem Zimmer. "Außerdem wären die Herren glaube ich lieber unter sich." "HE, Moment mal, ich bin auch.." "Izzy... das mein ich nicht." "Ach so... DESWEGEN.Na schön, ich mach dann nen Abgang." Nicht lange, nachdem Izzy und der Arzt das Haus verlassen hatten, kehrte wieder Ruhe ein. Kari hatte sich auf das Sofa im Wohnzimmer zurückgezogen, Takeru döste in seinem Bett und auch seine Eltern waren bereits schlafen gegangen. Nur im Zimmer von Yamato brannte noch Licht. "Weißt du. ich hatte schon fast vergessen, was das für ein Gefühl ist...." flüsterte Taichi. "Was?" "Dieses Kribbeln im Bauch, wenn du mich so anschaust wie grade jetzt....." "Ach. und wie schaue ich dich an?" "Wie ein großes Stofftier auf dem steht: "Ich will geknuddelt werden"... " "TAI" "War nur n Scherz. ." Die Beiden lagen nebeneinander und Taichi spielte mit Yamatos blonden Haaren. "Obwohl. ich hatte mal einen Stofflöwen, der sah genauso aus...." "Tai. kannst du damit vielleicht aufhören? Ich vergleich deine Frisur doch auch nicht mit unserem Wischmob!" "Reden wir über etwas anderes......" "Nein... " "Wie?" "Reden wir lieber nicht mehr... "lächelte Yamato und zog Taichi näher zu sich heran. Es musste gegen drei Uhr am Morgen sein - Tai schlief tief und fest, nur ich bekam kein Auge zu. Aber, nachdem was ich gehört hatte, hatte ich lange genug geschlafen - ich fühlte mich ungefähr so müde, wie ein Koffein Junkie mit mindestens einem Eimer Kaffee im Blut. Nachdenklich beobachtete ich das Gesicht unter dem großen, weichen, braunen Haarbüschel. Tai. hatte er wirklich die ganze Zeit nichts anderes gemacht, als für mich da zu sein? Die ganze Zeit. Hätte ich das auch ausgehalten? Ich liebe ihn zwar - über alles. Seine Augen, seine Haare, seinen Dickschädel - einfach alles an ihm. Aber könnte ich mein Leben kompromisslos für ihn aufgeben? Lange schwirrte diese Frage durch meinen Kopf - was wäre, wenn alles anders sein würde? Wenn ich Tai verlieren würde... egal auf welchem Weg? Was dann? Könnte ich mein Leben für ihn aufgeben? Ich fühlte mich schwer, als ich in meine Seele horchte und niemand laut "Ja" brüllte. Könnte ich ihn wirklich im Stich lassen? Nach allem, was wir zwei erlebt hatten? ...Da endlich, meldete sich meine Innere Stimme "nein". Gut. So halbwegs funktionierte ich also noch so wie ich es erwartete. Oh man, Ishida, du bist echt schizophren... Meine Überlegungen wurden durch ein Wimmern aus dem Nachbarzimmer unterbrochen. Da weinte doch jemand? Vorsichtig löste ich mich aus Tais (ziemlich intensiven)Umarmung und schlich zur Tür. Takeru. Natürlich hatte er es nicht verkraftet.......Mit so etwas kann man nicht so leicht fertig werden wie er versucht hatte es uns vorzumachen. Tief in mir brüllte jemand, und er hatte sehr sehr schlechte Laune und das dringende Bedürfnis einer gewissen, rothaarigen Person an eine Stelle zu treten(oder besagter Stelle noch andere unangenehme Dinge anzutun), nach dessen Eliminierung sich die Stimmlage besagter Person um mindestens eine Oktave erhöhen würde - kurz gesagt: mir war danach, Mike zu kastrieren. Eine weitere, etwas vernünftigere Stimme in meinem Inneren redete auf die keifende ein, und machte ihr deutlich, dass grade weder die richtige Zeit war, noch der richtige Ort. Außerdem fehlten wichtige Hauptakteure: Mike und ein scharfes Messer. Ich schob mich in Takerus Zimmer und setzte mich neben das schluchzende Bündel aufs Bett. Einen Augenblick später kletterte Tk auf meinen Schoß, schlang seine Arme um mich und versuchte tapfer gegen die Tränen anzukämpfen. Ich strich im über den Rücken und suchte nach tröstenden Worten . Doch ich fand in meinem Kopf nur eine tiefe, wilde Wut - also sagte ich lieber nichts. Es war auch nicht nötig, wie ich feststellte, den Takerus Atem beruhigte sich wieder, langsam wurde er ruhiger und sein Körper schien ihm wieder zu gehorchen. Es war einer dieser wenigen Momente, in denen es keine Worte gab, die ausgedrücken konnten, was uns gerade verband. Es Liebe zu nennen, käme einer Verspottung gleich, denn es ging viel weiter. Wir waren zwei gestrandete auf einer einsamen Insel, in einem weiten, brüllenden Meer - das und noch viel mehr verband uns. Ich musste für einen Augenblick lächeln. Armer Taichi - du sitzt auf der Reservebank, und das im wichtigsten Spiel deines Lebens. Takeru murmelte ein leises "Besuch mich bald wieder" - und schloss dann seine Augen. "Ja" , flüsterte ich." sooft ich kann". Als Tai am nächsten Morgen aufwachte, fehlte da etwas: es war weich, kuschelig, und vor allem -nicht da. Enttäuscht krabbelte er aus dem Bett, suchte nach so etwas wie Hausschuhen und schlurfte dann ins Badezimmer. Nur einen Moment später stand er unter der Dusche und überlegte, wo das "Objekt seiner Knuddelbegierde" nur sein könnte - die Frage erübrigte sich, als ein blondes, verschlafenes Etwas den Duschvorhang zur Seite zupfte und ein "Rück mal n Stück"nuschelte.. Tai lächelte und zog Matt unter den Wasserstrahl. "WAH! KALT!" Das Lächeln wurde zum Grinsen. "Wußt gar nicht, dass du n Warmduscher bist!" stichelte Tai. Anstatt einer Antwort streckte Matt ihm die Zunge heraus, griff gespielt beleidigt nach der Seife und widmete sich ganz der privaten Körperpflege. "He, ich bin auch noch da!" Tai fuchtelte mit seinen Händen vor Matts Gesicht herum, mit dem Ergebnis, dass dieser sich nun nicht mehr der Seife widmete, sondern Tai - nun war die Seife beleidigt, und meinte, sich den verliebten Jungen in den Weg stellen zu müssen. Es machte "WUUUTSCH" und die beiden Jungen landeten lachend und kreischend , übereinander auf dem Boden der Duschkabine. "Ah, schöne Aussichten!" grinste Tai, und erntete eine Kopfnuss inklusive einem "Perversling!" Er lachte verlegen und rieb sich den Kopf. "Tai... gehst du bitte von mir runter? Ich sitze auf der Seife, und es ist ein Scheißgefühl!" Hastig entknoteten sich die Jungen, genossen noch kurz den herllich albernen Moment, und starteten dann in einen neuen, verwirrenden Tag. "Nun, was war?" fragte ich, als wir eine gute halbe Stunde später am Frühstückstisch saßen. Yamato sah mich nun ernst an. "Tk." brummte er. Ich nickte." Verstehe. Schlimm?" Schulterzucken. "Vielleicht ist das schlimmste, jetzt, nachdem er sich ausgeweint hat, vorbei. Vielleicht... "Yama schüttelte den Kopf "hat es aber auch erst angefangen." Ein seltsames Gefühl breitete sich in meinem Kopf aus. Es war nicht Trauer oder Wut - auch kein Mitleid, obwohl es hätte da sein müssen. Es war Verzweiflung. Diese Welt hatte etwas gegen uns. Sie wollte uns nicht glücklich werden lassen. Entweder es traf uns - oder die, die uns Nahe standen, und es schien sich immer weiter auszubreiten. Wen traf es als nächstes? Ein Gedanke, der schmerzte, meldete sich zu Wort. Ich wollte ihn ignorieren. Ich wollte es mir nicht vorstellen. Ich wollte nicht wissen, dass es noch eine Seele in diesem Haus gab, die frei war, die noch nicht von der Realität eingefangen und betäubt worden war - dass es sie auch noch treffen könnte. Ich zuckte zusammen, als er seine Hände auf meine Schulter legte. "Ich lasse das nicht zu." flüsterte mir Matt ins Ohr. "Ich lasse es nicht zu, dass noch jemand damit hineingezogen wird." Für einen Augenblick dachte ich, Matt hätte meine Gedanken lesen können - doch dann wurde mir bewusst, dass ich weinte. Und die Verzweiflung, Wut, und Trauer die sich wochenlang angestaut hatte, wollte nach draußen. Ein seltsamer Schmerz zog sich durch meinen Körper und ich kam mir innerlich zerrissen vor. Kalt, leer uns einsam klammerte ich mich an das einzig warme, was ich noch wahrnahm. "TAI? TAI? Verdammt! Du kippst mir doch nicht weg, oder?" Toll. Wunderbar! Idiot, Idiot, Idiot! Wegen eines T - Shirts! Verdammt, was gibt es asexuelleres als ein T-Shirt? -Ok, da gäbe es so einiges - Würmer zum Beispiel. Oder alte, faltige , häßliche, fregide, reiche Feministinnen, die Norwegerpullis nachstrickend Großkonzerne aufkauften. Aber ein T- Shirt....... ich bin noch nie wegen einer solch banalen Sache wie einem verdammten Kleidungsstück ausgerastet! Und ich dachte bisher, dass ich wenigstens noch einen Funken Selbstbeherrschung in mir hätte. Aber nein! Mister "Meine Hormone sind stärker als mein Verstand" konnte sich wieder nicht beherrschen! Oh. Verdammt! Yamato wird mich umbringen... sollte er jemals aufwachen und - sollte ich bis dahin noch aus einem ganzen Stück bestehen. Ich hastete humpelnd und in Gedanken fluchend durch das Hafenviertel, hörte das Kläffen der Hunde und in der Ferne die Lautsprecherdurchsagen dröhnen. Mit jedem weiteren Schritt nahm das Pochen in meinem Fuß zu. Als die Hunde hinter einer Ekce eines der LAgerhäuse auftauchten, stöhnte ich erschöpft und verzweifelt auf. Es ging weder vor, noch zurück, mir bleib eigentlich keine Alternative mehr, also sprang ich in die kalten Fluten des Hafenbeckens. Während ich, durchgefroren und kraftlos versuchte, mich halbwegs über Wasser zu halten, standen die Hunde bellend am Ufer und machten ihre "Herrchen" auf mich aufmerksam. Ich versuchte von den Kaimauern wegzukommen, auf der anderen Seite der Hafenbucht an Land zu kommen, doch mit jedem kläglichen Schwimzug sank mein Kampfgeist. Was ich jetzt dringend brauchte war ein Wunder. Am besten frei Haus , steuerfrei - und... möglichst innerhalb der nächsten 10 Minuten. Aber Wunder gibt es nicht. Nicht in dieser Welt... Dachte ich zumindestens..... Filmriss. Wolldecke, Sofa und heißer Kakao zählen nicht zu den Dingen, die ich spontan mit "Ertrinken" in Verbindung bringen würde. Und im Jenseits konnte ich auch nicht sein, es sei denn, es roch in der Hölle nach Fisch und Gummistiefeln. "Da hast du noch mal Glück gehabt!" brummte eine Stimme hinter mir. In der Tür stand, groß, weißbärtig und vor Nässe topfend ein Klon eines Fischstäbchen-Werbe-Modells. "Iss am gießen, als hätte da oben jemand vergessen den Wasserhahn abzudrehen!" brummte er und deutete aus dem Fenster. Draußen klatschte ein Vorhang aus Wasser auf die Erde. "Kannst von Glück sagen, dass der Sturm nicht so stark war, sonst hätt ich dich nicht aus m Wasser ziehen können. Hast Fieber und so. Liegen bleiben, viel trinken. Deine Sachen sind auch bald trocken." Erst jetzt bemerkte ich, dass ich unter der Wolldecke ziemlich wenig anhatte - präziser: gar nichts. "Ähm. was ist eigentlich....passiert?" brachte ich hervor und erschrak über meine eigene Stimme , die nur noch ein heiseres Krächzen war. "Watt weiß ich? Ich weiß nur, dass ich nach ner Sturmwarnung schnell nach Hause rudern wollte - und dich dann im Wasser hab treiben sehen. Hab meinen Arzt gefragt was ich machen muss. Und der hat gesagt 'Zuerst die Klamotten runter!' Das hat der gesagt und dann, dass du im Bett bleiben sollst und viel trinken und so. Ach und deinen Fuß musste stillhalten...." Ich nickte langsam. "Ähm... danke. Sie haben mir glaube ich das Leben gerettet." "Ach Quatsch. Hab gehört, dass die Polizei in ner Nähe war. Wäre also nicht weiter schlimm gewesen, ne?" Hatte der eine Ahnung! Da hätte ich genauso gut ertrinken können - wäre wahrscheinlich sogar angenehmer gewesen. "So, jetzt kommen wir zum Geschäftlichen! Wie heißt du, wo wohnst du und wie kommst du dazu, bei nacht, Nebel und Sturm da draußen rumzutreiben?" "Ich ähm. heiße Mike und ich wohne ähm......." ich dachte angestrengt nach. Was sollte ich jetzt bloß sagen? 'Ich wohne eigentlich in einer Jugendstrafanstalt und bin ausgebrochen' - nein, das machte sich nicht gut. Da machte man doch gleich einen schlechten Eindruck. "Bist wohl von Zuhause abgehauen, was?" Ich sah ihn überrascht an. "Hm, na, macht nix, hab ich früher auch manchmal gemacht. War immer zwei drei Tage wech von allem. Und dann hatte ich Heimweh. Man, ich hab dann vielleicht immer Prügel einstecken müssen... aber war ein schönes Gefühl, als ich gehört hab, dass se vor Sorge um mich fast durchgedreht wären. Tja....Ich mach dir n Vorschlag: Du kannst solange bleiben wie du willst, wenn du mir versprichst, anschließend zurück nach Hause zu gehen, ja?" Jetzt war ich noch überraschter, nahm aber dankbar an. Bis mein Fuß wieder einigermaßen in Ordnung war, hatte ich also ein Versteck..... Und dann....... "Ich dachte schon, dass du auch noch durchdrehst!" Hikari war sichtlich erleichtert, als Tai sich am nächsten Morgen gut gelaunt an den Frühstückstisch setzte. "Ach was. Wer kann den bei der Fürsorge durchdrehen?" lächelte er und zwinkerte Matt zu. "Hm." brummte dieser und unterdrückte ein Gähnen. "Kaffee." war sein nächstes Wort. "Bekommst du heute vielleicht auch einen Satz zustande?" "Tai - Kaffee- in Tasse- schnell- bitte." Tai grinste und erfüllte seinem Herzallerliebsten den Wunsch. "Wie gehts TK inzwischen?" wandte er sich dann an Hikari. "Besser. Wir haben. geredet. Ich glaube, das hat geholfen." "Hätte dir vielleicht auch geholfen." bemerkte Tai. Matt verschluckte sich an seinem Kaffee und brachte unter Husten ein "Entspricht aber nicht meinem Image" hervor. .... Stimmt. Es entsprach wirklich nicht dem Bild vom Einsamen Wolf. "Einsamer -Wolf -der-sich-mit-seinen-Freunden-zusammen-aufs-Sofa-setzt-Kaffe-und-Kuchen-isst-und-über-seine-Gefühle-spricht" klang.gar nicht gut. "Trotzdem." Tai ließ nicht locker. "Ich will wissen, was in deinem Schädel vor sich geht!" "Vergiss es." "Warum?" "Deine schöne heile Welt würde zusammenbrechen. Meine Gedanken sind viel zu..." Matt suchte nach einem passenden Ausdruck. Es dauerte eine Weile. "schmutzig." "Quatsch. Ich vertrag so etwas!" "Wetten dass nicht?" "Wetten das doch?" Matt beugte sich zu Tai herüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin Tai rot wie eine Tomate wurde und ein schockiertes "MATT!" von sich gab. "Wette gewonnen." Yamato grinste zufrieden. Zeit heilt bekanntlich alle Wunden. Was meinen Fuß anging, traf das zu, aber mein Gewissen war ein Trümmerhaufen. Was hatte ich getan? Ich war verdorben. Durch und durch. Keinen Deut besser, als mein Vater. Warum? Warum warum warum? Ich wusste es nicht. Keine Kontrolle. Durchgedreht. Abartig. Dreckig, sexbesessen. Ich werfe Steine auf gläserne Menschen, schlage tiefe Löcher in unschuldige Persönlichkeiten. Hinterlasse Trümmerfelder in reinen herzen. Abstoßend! Krank! Innerlich Verfault! Ich schlenderte durch die graue Trostlosigkeit der Großstadt, wissend, dass hier der Ort war, an dem sich die verschiedensten Emotionen ballten: Freude prallte auf Trauer, Nachdenklichkeit auf Wut, Sorglosigkeit auf Depressionen. Menschen drängten sich durch die Adern der Stadt - eine bunte Wiese voller heiterer Gesichter, Einkaufstüten und Werbeplakaten. Ich versuchte, nicht zu denken, mich von den Farben, Gerüchen und Geräuschen berauschen zu lassen. Doch ich sah durch die bunten Fassaden hindurch und fand, unter dem Vorhang der schönen heilen Welt, graue, harte Realität. Eine Stimme in meinem Kopf, die mir zuschrie, was für ein riesen Arsch ich bin. Ein Gewissen, dass, viel zu lange Zeit betäubt, nun wieder arbeitete. Und ein Herz, dass vor lauter Schmerz aufschrie. Kein Geld, keine Hoffnung, keine Zukunft. Um das Geld würde ich mir kaum Sorgen machen müssen - ein schneller Griff in fremde Taschen und schon waren mir mehrere Mahlzeiten sicher. Doch zu allererst. brauchte ich ein anders Oberteil. Ich trug immer noch TKs T-Shirt. Und es brannte auf meiner Haut. Ich konnte es waschen, sooft ich wollte, es roch nach ihm und es gab mir dieses grauenhafte Gefühl von Vertrauen. Seinem Vertrauen - was ich- im wahrsten Sinne des Wortes missbraucht hatte. Ich hatte eine Welt zerstört. Eine friedliche Welt, wie sie im Kopfe eines unschuldigen Menschen existierte. Ich habe diese Welt - diesen Menschen zerstört. Nacht für Nacht der gleiche Alptraum. Die gleichen Worte, die gleichen Berührungen, der gleiche traurige Blick, als er die Tür hinter sich schloss. Bilder, die ich nicht mehr aus meinem Kopf bekam. Doch da war kein Hass. Er hätte da sein müssen! Ich müsste ihn hassen. Denn es TAT weh. Es tat MIR weh. Aber warum konnte ich ihn nicht einfach hassen? Warum hatte ich Mitleid mit ihm? Warum? Vielleicht tat er mir leid, weil er in einer anderen Realität aufgewachsen war. Einer, in der das, was passiert war, Alltag war. Es war seine Welt. Die Welt in der er groß geworden war. Die Welt, in der man seinen Gedanken freien Lauf ließ - ohne Rücksicht auf andere. Wo nur eins zählte: Befriedigung eigener Bedürfnisse - auch auf Kosten anderer. Wenn du Lust hast dein Kind zu ficken, tu es einfach! Es wird sich sicher nicht wehren! Mir wurde übel. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Badezimmer, fand mich wenige Augenblicke später würgend und spuckend über der Kloschüssel wieder. Widerlich! Wo kamen sie her, diese Gedanken? Wo kamen sie so plötzlich her, verdammt? Oder..... ..... Waren sie vielleicht schon die ganze zeit dagewesen? Zitternd lehnte ich mich gegen die geflieste, kalte Wand. Was dachte ich denn? Das die Welt rosarot und wunderbar war? Das das Glück mir an jeder Ecke auflauert, mich anspringt und nie wieder loslässt? Ich war so verdammt naiv gewesen, das zu glauben. Denn es gab sie nicht; Es gab keine schöne, heile Welt. Es gabt nur Menschen, die sie dafür hielten, und Menschen, die hinter die Fassade sehen konnten. Der alte Mann stellte keine Fragen, als Mike am Abend zurückkam. Die beiden hatten vereinbart, nichts voneinander wissen zu wollen. "Besser so." hatte der Mann gesagt. "Wenn du n Dach überm Kopf brauchst, kannste herkommen. Freu mich immer über Gesellschaft." Mike zog sich die Schuhe aus und kroch dann unter die Wolldecke auf dem Sofa und starrte ins Leere. Er hatte sich einige Klamotten gekauft - vor allem Pullover, denn die Sommermonate wichen den kalten Herbsttagen. Er trug nun einen schwarzen Strickpulli. Er erinnerte ihn an die, die ihm seine Mutter früher gestrickt hatte, bevor sie damals weggegangen war. Warm, kuschelig und doch kratze er auf der Haut, wenn man kein T-Shirt darunter zog. Mike rollte sich zusammen und seufzte. Er trug TKs T-Shirt immer noch unter dem Pulli. Er hatte es loswerden wollen, weil es ihn daran erinnerte, was er getan hatte. Doch als er in der Engen Umkleidekabine stand, war ihm etwas bewusst geworden: Er WOLLTE daran erinnert werden. Er wollte gar nicht verdrängen was er getan hatte. Er wollte sich immer und immer wieder bewusst werden, was er getan hatte, und, warum er es getan hatte: Weil er keine Kontrolle über sich hatte. Hatte er wirklich keine Kontrolle über sich gehabt? Hatte er es nicht in Wirklichkeit gewollt? Er schüttelte den Kopf, verzeifelt , schüttelte ihn immer wieder, wollte den Gedanken abschütteln. Nein! Nein nein nein! Er konnte sowas nicht gewollt haben. Nein! Hastig sprang er auf. Er musste etwas tun. Irgendetwas. Er zog sich seine Schuhe wieder an und rannte in die Dunkelheit. Er würde etwas tun. Vielleicht nicht morgen. Vielleicht auch nicht in einer Woche. Aber er würde etwas tun! Er wusste schon genau, was. Vielleicht half es. Izzy grinste. "Seibloßstillseiboßstillseibloßstill!" knurrte Yamato und ließ sich erhaben auf dem Sitzplatz neben ihm nieder. Tai wirkte etwas unbeholfen und setzte sich schließlich auf einen Platz, von dem aus er Yamato nicht sehen konnte. Nicht, dass er ihn nicht sehen wollte. allerdings......befürchtete er, ihn dann *zuoft* sehen zu wollen....und zwar in Augenblicken, in denen er seine Augen eigentlich zwischen Balkendiagrammen und Funktionsgleichungen klemmen sollte. Schlimm genug, dass er das Schuljahr wiederholen musste - aber immerhin war er nicht allein. Und es war durchaus berechtigt. Er konnte sich kaum vorstellen, dem Unterricht seiner Stufe noch folgen zu können, nachdem er so lange Zeit gefehlt hatte. Yamato hatte, als er den Brief der Schule erhalten hatte, so viele Schimpfworte von sich gegeben. dass Takeru diese schon auf Band aufzeichnen und an das Guinness Buch der Rekorde schicken wollte. Es hatte jedoch auch seine guten Seiten: mit Izzy in einer Klasse zu sein, hieß, immer einen Dummen zu haben, von dem man Hausaufgaben abschreiben konnte und der einen aus ziemlich unangenehmen Situationen à la ~" Taichi, lesen sie bitte den nächsten Abschnitt" - Nächster Abschnitt? Hä? ~ retten konnte. Und schließlich gab es genug Pausen und leere Klassenräume, um dem Liebsten genug Aufmerksamkeit zu schenken. Sie machten auch kein großes Geheimnis aus ihrer Beziehung - einige Belächelten sie, andere ignorierten sie, aber niemand hinderte sie daran, sich zu lieben. Nun, sie waren fast glücklich. Fast. "Wie geht's?" Die Übliche Frage. Fast wie ein Ritual. "Alles bestens... "Die Übliche Antwort. Mechanisch. "Takeru. red keinen Scheiß! Du siehst offengesagt ziemlich beschissen aus, die Leute tuscheln schon, ob du Drogenabhängig wärst oder so..." "Und?" ich schaute Matt nicht in die Augen. Es war zu offensichtlich, dass er erkennen würde, dass ich log, dass es mir nicht egal war. "Rede mit jemandem darüber! Wenn du nicht mit mir reden willst. dann rede mit ...Kari, oder Papa....oder Mama ...oder...." Ich stand vom Tisch auf und ging. Irgendwohin. Nirgendwohin. Egal. Mit Jemandem reden? Pah. Zuerst hat es gut getan. Alles raus zu lassen. Doch ich bemerkte, dass Kari und ich uns mit der Zeit nichts mehr zu sagen hatten. Niemand konnte soviel Verständnis aufbringen und nachvollziehen, was ich dachte, was in mir vorging. Etwas in mir war kaputtgegangen. Und etwas anderes war an seine Stelle getreten - an einen Punkt meiner Persönlichkeit, vor dem ich selber Angst hatte, denn ich nicht mehr befragen wollte. Mit Matt zu reden hatte keinen Sinn. Er würde mich vielleicht verstehen. Aber er würde von seinen eigenen Erfahrungen ausgehen und mich in Watte packen. Und was ich jetzt brauchte war kein rosaroter Plüschvorhang sondern Durchblick. Realität. mir kam ein Spruch in den Sinn, der in unseren Schultoiletten an die Wand geschmiert worden war: "Realität ist eine Wahrnehmung, die durch den Verlust von Drogen hervorgerufen wird." Gedanklich ersetzte ich das Wort Drogen durch verschiedene andere Begriffe: Naivität, Glück, Dummheit. Ein lustiges Spielchen. Niemand würde mit jemandem reden, der so dachte. Dachte ich. Aber die Realität hatte eine nervige Eigenschaft eingenommen. Sie wollte mich verarschen. Und was sie an diesem Tag mit mir vorhatte, gleichte einem Eintopf aus Absurdität, Ironie und Wahnsinn, der fröhlich über dem Höllenfeuer vor sich hinbrodelte. "Ich würde gerne mit dir reden." sagte die Stimme. "Ach? Ich würde dir wirklich liebend gerne deine Gedärme rausreißen, aber das bisschen Verstand, was ich noch habe ist der Ansicht, das du es nicht wert bist, dass ich dafür auch nur einen kleinen Finger rühre." Er wagte es, trotzdem näher zu kommen. "Bitte." seine Stimme klang traurig. Warum? Warum warum warum? Warum sollte dieser Scheißkerl auch nur die Idee haben, Recht auf Verzweiflung zu besitzen? Ich war etwas ratlos..... Was sollte ich tun? Weglaufen? Sein Fuß dürfte wieder in Ordnung sein - und das hieß, dass er schneller sein würde. Zuschlagen? Hatte keinen Sinn. Hatte damals auch nicht funktioniert. Zuhören? Was würde er mir denn sagen? Und so stand ich nun dort: die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick auf ihn gerichtet und wartete. Der Schmerz hämmerte von Innen gegen meine Brust und gegen meinen Hals. Verdammt. Ich dachte, er würde anders reagieren. Anders. Er müsste Angst vor mir haben. Aber er stand dort, wie die Coolness in Person. Es war nicht so gelaufen, wie es hätte laufen müssen. Ich hätte ihn nicht hier treffen dürfen. Hier - mitten auf einer belebten Straße. Hier, wo er einfach losschreien konnte und ich sofort die Polizei am Hals gehabt hätte. Ich war die Situation mehrfach in meinem Kopf durchgespielt. Alles war geplant gewesen - ich hätte mit ihm in einer Seitengasse gesprochen. Und ich hätte die Oberhand gehabt: Er war mir in meinen Gedanken unterlegen. Doch er stand einfach nur da. "Nun? Ich warte... " Seine Stimme fühlte sich in meinem Kopf an, wie ein Eiszapfen, den man mir in den Schädel gerammt hatte. "Ich dachte, du wolltest mit mir sprechen? Sofern du überhaupt zu etwas anderem fähig bist als deinem Fortpflanzungsdrang zu folgen.." Seine Stimme war spöttisch, verletzend. So nicht. Ich sammelte mein bisschen Selbstbewusstsein wieder zusammen. "Ich habe gesagt, dass ich dich sprechen möchte und nicht, dass ich dich ficken möchte." Takeru lachte bitter. "Komisch , komisch. warum glaube ich dir nicht....Oh, warte....liegt es vielleicht grade daran, dass ich nach unserem letzten *Gespräch* drei Wochen lang nicht vernünftig sitzen konnte?" Ich starrte auf dem Boden und kam mir wie ein kleiner Schuljunge vor. "Es. es tut mir leid." brachte ich schließlich hervor. "ES TUT DIR LEID?" Einige Menschen drehten verwundert ihr Köpfe zu uns um. "Es tut dir leid? Ha! Willst du mich vielleicht verarschen?" Er hatte sich schneller bewegt als ich es überhaupt realisieren konnte. Er hatte mich gepackt und gegen die nächste Hauswand gedrückt. Jetzt hatte sich schon eine Traube Schaulustiger gebildet. Ich wusste, was Schaulustige bedeuteten: Bald würde hier ein Polizist auftauchen und dann war ich geliefert. "Du hast vielleicht Nerven! Es tut dir Leid? Pah! Das kannst du dir sparen." Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort zu sagen um und verschwand in der Menge - während ich mit zitternden Knien immer noch dort stand, wo er mich zuletzt abgestellt hatte. Ich rannte. Meine Lungen schrieen bereits nach Luft, aber ich rannte weiter, rannte und rannte. Und wollte nicht denken. Doch ich dachte nach. Der Typ wollte mich doch nur verarschen. Oder? Vielleicht hatte er es ernstgemeint. Andererseits- warum sollte ich ihm vertrauen? Wenn ich ihn nicht auf der offenen Straße getroffen hätte - wer weiß, was er dann mit mir gemacht hätte... [Ich weiß es ich weiß es :-P] Irgendwann machten meine Beine nicht mehr mit. Ich steuerte die nächste Parkbank an und ließ mich einfach nur fallen. Es war schon fast Abend. Müde legte ich meinen Kopf in den Nacken. Sah in den Himmel. Sah in die klare Herbstsonne. Ließ meine Gedanken kreisen. Dachte an herrliche Herbsttage, Dämmerung und Winterschlaf. Winterschlaf . Wie so etwas wohl war? Einfach ein paar Monate den Kopf ausknipsen und die Welt da draußen einfach nur die Welt da draußen sein zu lassen, während man sich in seine eigene Traumwelt kuschelt. Moment. das hatten wir doch schonmal, oder? Aber warum nicht? War es nicht eigentlich egal was ich tat? Meine Augenlider sanken nach unten und eine Träge Müdigkeit riss mich fort. Große Brüder sind doch was tolles: Sie können dir den ganzen Tag vermiesen, deine Sachen ohne dich zu fragen ausleihen und dich von Parkbänken aufsammeln. "Man, das hätte auch ins Auge gehen können!" fuhr er mich an, als ich aus dem Berg Wolldecken hinausschaute. "Einfach so einzuschlafen... tz. Dir hätte sonst was passieren können. Was wäre wenn du dir eine Lungenentzündung geholt hättest? Oder was, wenn du erfroren wärest?" Nichts wäre dann. Gar nichts. Verdammt. Natürlich hatte er recht, aber... "Ich hab das doch nicht absichtlich gemacht. Ich war so durcheinander nach dem Gespräch und... 00" Oh mist. Verplappert. "Was für ein Gespräch?" bohrte Matt. "Vergiss es." Yama baute sich vor mir auf. "Nein."sagte er. Und es war ein "Original- Yamato- Nein" -Nein - mit der Bedeutung von Nein, was bedeutete, er würde mich solange Löchern, bis ich auf Knien rutschend beichtete. Doch was sollte ich sagen? Oh, es war ein Super Tag! Ich habe eben meinen Lieblingsvergewaltiger getroffen und mich blendend mit ihm Unterhalten! "ich.....also..." stotterte ich unbeholfen los. Es war unfair - ich hatte nicht die Zeit mir eine passende Lüge auszudenken! "Hat es vielleicht was damit zu tun?" Yamato hielt mir die Abendausgabe der Zeitung unter die Nase. "Elefantengeburt ohne Komplikationen verlaufen?" "ARGH das doch nicht! Darunter!" 'Entflohener Häftling nach 4 Monatiger Suche wieder hinter Gitter gebracht - Jugendlicher leistete keinen Widerstand, sondern stellte sich freiwillig ' "Na bitte. Da hast du es. Keine Panik, alles ist in Ordnung. Lehn dich zurück und entspann dich." Ich nickte. Faltete die Zeitung wieder zusammen. Schloss die Augen und lehnte mich zurück. Warum hat er das gemacht? Warum wollte er mit mir reden? Warum hat er sich entschuldigt? Warum hat er sich gestellt? Was wäre, wenn ich ihn hätte ausreden lassen? Was hätte er mir gesagt? Ich rollte auf den Bauch, starrte den kleinen Zeitungsrtikel an. "Sag bitte, dass du dir das nur ausgedacht hast." murmelte ich die Zeitung an. "Nein. Lass es wahr sein." widersprach ich mir selber. "Ich geh zu Tai." rief Matt mir aus dem Flur zu. Dann hörte ich die Haustür knallen und saß alleine auf dem Sofa. Was würden sie mit ihm wohl anstellen? Würde er wieder zurück in das Gefängnis kommen, in dem auch Matt damals gewesen war? Würden sie ihn wieder..... ? Ich schluckte. Nein. Das Gefängnis war, nachdem einige Angehörige der ehemaligen Inhaftierten vor Gericht gegangen waren - Mama und Papa unter ihnen, unter einen neuen Direktor gestellt worden, und sämtliche Angestellten waren ausgetauscht worden. Kein grund zur Panik. Außerdem...... Er verdiente es doch...... Ich schlang die Decken enger um mich. Wie viel Zeit er dort wohl verbringen würde. ? Warum dachte ich überhaupt so viel über ihn nach? Es gab natürlich ein Verhör. Sie fragten, warum ich weggelaufen sei und ich sagte, dass ich es nun mal nicht ausgehalten hab, dauernd von sexbesessenen Irren betatscht zu werden. Kaum hatte ich es gesagt, veränderte sich der Ausdruck auf den Gesichtern der Beamten. Sie schauten mich nun nicht mehr grimmig sondern bemitleidend an. Sie fragten mich, ob ich mir vorstellen könnte, eine Therapie zu machen. Worauf ich wissen wollte, ob es dann in einer geschlossenen Anstalt wäre. Nun, sie boten mir an, dass ich für ein Jahr in einer festen psychiatrischen Anstalt eine Therapie bekäme und danach noch über einen längeren Zeitraum in Psychologischer Betreuung, wäre, allerdings dann eine Wohnung und eine Ausbildungsstelle gestellt bekäme "Und was ist mit meiner Akte?" ich deutete auf den Stapel Papier vor ihnen. "Nun, wenn du die Therapie mitmachst, brauchst du dir darüber keine Gedanken zu machen. Ich nickte. Und stimmte zu. Denn plötzlich verspürte ich den Drang mit mir selber ins Reine zu kommen. Was auch immer das nun heißen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)