Schöne heile Welt von Yalda ([Directors Cut]) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Schöne heile Welt ~ Lache das Leben an! Vielleicht lacht es wieder~ Jean Paul Ein Lichtstrahl bohrte sich hartnäckig durch das kleine Fenster , gab dem engen dunklen Raum wenigstens ein kleines bisschen Helligkeit und kämpfte Tapfer gegen die trübe Dunkelheit. Was hatte ich denn erwartet? Eine Festbeleuchtung vielleicht? Mit einer einzigen, schwungvollen Bewegung stand ich von meinem quietschenden kleinen , sogenannten Bett auf, hockte mich an die Stelle, an der der Lichtstrahl den Boden berührte und hielt meine Hand vorsichtig in das Licht, grade so, als könnte ich es packen und festhalten. Doch ich griff ins Leere, der Lichtkegel wanderte meinen Oberarm entlang und blieb auf den unzähligen blauen Flecken ruhen. Ich seufzte. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, meine Verletzungen für die nächsten zwei drei Stunden mal zu vergessen, doch jetzt meldete sich auch noch das unangenehme Ziehen und Stechen in der Schulter wieder - hoffentlich war der Schnitt nicht so tief, wie er mir vorkam. Nein, der Stich, der im Augenblick mehr wehtat, als alle blauen Flecken, Schrammen, Kratzer und Schnitte , saß tiefer, es fühlte sich an, als zog er sich von meinem Herz bis hin zu meinen Hals , doch war es nicht mein Körper, der diesen Schnitt verpasst bekommen hatte, sondern meine Seele. Draußen, in der Welt außerhalb des Fensters, kündigte sich ein Gewitter an , bei dem drückenden, schwülen Wetter kein Wunder. Diese Hitze war wirklich grauenhaft, meine Klamotten klebten an meinem Körper fest, waren schon fast durchgeweicht. In meinen Gedanken sah ich mich in einem Becken voller Eiswürfel schwimmen und hätte in diesem Moment fast alles gegeben, diesen Traum wahr werden zu lassen. Eine Dusche. Ich brauchte eine Dusche - doch ich befand mich nicht grade an einem Ort, an dem ich tun konnte, was ich wollte und vor allem nicht, wann ich wollte. Duschen durfte ich nur Samstags, es war grade mal Donnerstag. Ich ließ meinen Blick einmal durch die kleine Zelle wandern : Ein klappriges altes Bett, mit einer Matratze, die auch schon bessere Zeiten hinter sich hatte, ein unbequemer Holzstuhl, ein kleiner Tisch, eine alte, schmucklose, kleine Kommode. In einer Nische war ein stark verschmutztes Klo angebracht , daneben ein Waschbecken mit verrostetem Wasserhahn. Ein winziges Stückchen Seife, mit dem ich mich waschen konnte...ein kleines, fast sauberes Handtuch.. eine Zahnbürste....ein bisschen Zahnpasta...das war schon alles. In zwei Wochen hatte ich erst das recht auf ein bisschen Privatbesitz. Ich seufzte und murmelte leise "Yamato , du hast auch schon mal bessere Zeiten erlebt" , nur um dann den Gedanken zu verdrängen, dass ich schon anfing Selbstgespräche zu führen. Einziger Trost: Hier war niemand sonst außer mir, mit dem ich mich hätte vernünftig unterhalten können. Allerdings war "da Draußen" auch niemand , der mir jetzt wohl noch zugehört hätte. Jugendstrafanstalt. Das Wort lag schwer in meinen Gedanken, schwer wie Blei. Ein gemeines Wort, dachte ich, es lässt mir keine Ruhe mehr. Da war er wieder, diese Stich, der mich nicht loslassen wollte. Auf dem langen Gang hatte irgendjemand ein Radio angeschaltet. Eine helle, künstlich wirkend heitere Frauenstimme verkündete den Wetterbericht und riet den "lieben Hörerinnen und Hörern " nicht ohne Schirm auf die Straße zu gehen. Die kann sich ihren Schirm sonst wo hinstecken, schoss es mir durch den Kopf, ich kann so oder so nicht nach draußen. Ich hörte hallende Schritte auf dem Gang und dann das klimpernde Geräusch von Schlüsseln im Schloss meiner Zellentür. Ok. Tief durchatmen und den Saftgesichtern ja nicht zeigen, dass dir zum heulen zumute ist! redete ich mir selbst ein, setzte eine "Ihr könnt mich alle mal sonst wo "- Miene auf und wartete ab. Der Wächter der nun in die Zelle trat, sah aus wie eine Regentonne in einer Uniform. "Mitkommen." schnauzte er. Kommentarlos trottete ich hinter Mr. Regentonne her und hörte mir sein endloses Geschwafel über die verkommene heutige Jugend an. "So." unterbrach er seine Abendfüllende Moralpredigt. "Wir wollen ja nicht, dass du uns hier gleich an einer Blutvergiftung stirbst! Die Schwester sieht sich mal deine Schulter an. " Er stoppte vor einer Tür, öffnete sie und schob mich in das kleine, weißgestrichene und nach Chlor stinkende Behandlungszimmer. "Mach ja keinen Ärger, sonst kannst du was erleben!" zischte der Wächter dann und überließ mich den "talentierten" Händen von Schwester "Brontosaurus" - einer alten, mürrisch dreinblickenden Möchtegernkrankenschwester mit Sinn fürs unmenschlich Schmerzhafte. "Oberteil ausziehen." keifte sie mich an. Vorsichtig zog ich mein T-Shirt aus und während die Schwester auf meine Schulter starrte, entbrannte tief in mir der Wunsch, dass sie nicht auch noch auf die Idee kam, mich impfen zu wollen. "Der Schnitt ist nicht tief - schade, wäre dir rechtgeschehen!" Was bitte? Hat die noch alle? Ok, nicht aufregen Yamato, nicht aufregen. Was wusste sie schon? Gar nichts. Genauso wenig wie der Wächter, genauso wenig wie der Richter , genauso wenig wie die Polizei und genauso wenig wie der Rest der Welt. "Da reicht ein Verband." brummte sie , kramte nach Verbandszeug und wickelte lieblos einen Schutzverband um meine verletzte Schulter. Ich biss die Zähne aufeinander, denn es tat höllisch weh. Grade wollte ich mir einreden, dass ich der unglücklichste Junge auf der ganzen Welt sein müsste, als mir da plötzlich einfiel, dass es da jemanden gab, dem es bestimmt um einiges schlechter ging, als mir. Tai. Die Bilder dieser schlimmen Nacht kamen mit einem Mal wieder, meine Sicht verschwamm, beinahe wäre ich ganz in meinen Depressionen eingetaucht, als Schwester Brontosaurus den Kontakt zur Wirklichkeit wieder herstellte, indem sie den Verband zum Schluss noch einmal "ordentlich strammzog". "Autsch!" entfuhr es mir, eigentlich ungewollt, aber es kam zu überraschend, um es zu unterdrücken. "Stell dich nicht so an!" fauchte die Schwester. Na die hat gut reden. Möchte mal wissen, was die sagt, wenn man ihr ein Messer in die Schulter rammt! ~ Jeder geliebte Gegenstand ist der Mittelpunkt des Paradieses~ Novalis Drei Tage später wurde ich in einen anderen Zellentrakt verlegt und machte gleich Bekanntschaft mit den Fäusten meiner neuen Zellengenossen. Die Zwei zählten zur Spezies der Flachhirne die kaum über das Standartvokabular von "Was glotzt du so" und "Mir gefallen deine Augen nicht" hinauskamen. In einer stillen Stunde, in denen Flachhirn und Flachhirni, wie ich sie inzwischen getauft hatte, ausgeflogen waren und nun sich im Gemeinschaftsraum mit anderen Jungs die Zeit totschlugen, saß ich also auf meinem Bett und tastete vorsichtig meinen Bauch ab. Schmerz! Aber was war das schon? Das war nichts im Vergleich zu dem, was mit Tai passiert war.......Ich blinzelte ein paar Mal und kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an. Verdammt noch mal! Ich wollte mich zusammenreißen. Was geschehen war, war nun mal geschehen und in meiner jetzigen Situation konnte ich nichts daran ändern. Doch was war, wenn diese Typen, die an allem Schuld waren, noch auf freiem Fuß waren? Ein unangenehmer, kalter Schauer lief mir über den Rücken. Verdammt, ich musste irgendjemandem bescheid sagen! Jemandem, dem ich vertrauen kann und vor allem jemand, der mir noch vertraut. Meine Chancen sanken. Wer wollte denn mir noch glauben? Meine Eltern? Keine Chance. Mama und Takeru waren seid einigen Wochen im Urlaub an der See und hatten wahrscheinlich davon noch nichts erfahren. Und Papa? Ich erinnerte mich an Papas traurigen , nein, enttäuschten Gesichtsausdruck und an das, was er gesagt hatte: "Wahrscheinlich ist es meine Schuld...ich hätte öfter zuhause sein sollen und ein bisschen an dir herumerziehen sollen...dann wäre so etwas wohl nie passiert. Aber jetzt ist es wohl zu spät . Schade. ich dachte, ich könnte stolz sein, dein Vater zu sein." Immer wieder hallten diese Worte durch meinen Kopf und hinterließen brennenden Schmerz. Es tat so weh! Doch es war auch so unwichtig, wie es mir ging. Vielleicht hatte ich es ja verdient, weil ich nicht besser auf ihn aufgepasst hatte! "He, du da!" Ein Wächter lehnte in der Tür. "Besuch." Er machte einen Schritt auf mich zu, packte mich an meiner Schulter - der verletzten Schulter wohlgemerkt - und zerrte mich dann hinter ihm her durch das Ganglabyrinth des Gefängnisses. Besuch, dachte ich verwirrt, aber wer wollte mich denn jetzt noch sehen? Ich war doch inzwischen bei allen meinen Freunden - oder besser Ex- Freunden - unten durch! Als ich ins Besucherzimmer geschoben wurde, erstarrte ich. "Mama...." stotterte ich , bemerkte dann Takeru, der ein wenig abseits stand und mir kurz zunickte. Währenddessen kam Mama auf mich zu, sah mir dann lange in die Augen und - ehe ich es überhaupt realisiert hatte, hatte sie mir eine Ohrfeige verpasst. "Wie konntest du nur!" fauchte Mama. Verwirrt rieb ich mir die Wange. Nicht weil die Ohrfeige wehgetan hatte, nein, es war nur das erste mal, das Mama mich geschlagen hatte. "Ich wusste doch , dass dein Vater unfähig ist, dich vernünftig zu erziehen. Ich schäme mich ja so! Weißt du eigentlich, was du mir da angetan hast? Ich werde meinen Freundinnen nie wieder unter die Augen treten können und Tk...er wird alle seine Freunde verlieren und..." "Mama, ist gut." sagte TK ruhig und warf mir einen leicht entnervten Blick zu. "Ach...das hat alles keinen sinn mehr. Solltest du hier jemals wieder rauskommen, dann sieh zu, wie du alleine zurechtkommst! gehen wir, Tk." Mama drehte sich um und stampfte aus dem Zimmer, während TK noch kurz auf mich zukam, mich einmal kurz umarmte und dann ebenfalls ging. Der Wärter trat aus seiner Ecke heraus. "Familienbesuche sind doch was schönes!" lachte er und präsentierte dabei sein Niktotingebissgrinsen. Kaum war ich wieder allein in der Zelle, wagte ich endlich das kleine Zettelchen zu lesen, dass mir Takeru zugesteckt hatte - raffiniertes Kerlchen! "War bei Tai im Krankenhaus. Er liegt immer noch im Koma. Die Ärzte meinen, er könnte theoretisch heute, morgen....in ein paar tagen oder Wochen...oder vielleicht gar nicht mehr aufwachen. Ich glaube die Geschichte nicht, die man über diesen Vorfall erzählt...was ist wirklich passiert? Ich muss es wissen. TK" Ich atmete tief durch. Tai lebte noch....und es bestand Hoffnung, dass er aufwachte. Erleichterung machte sich in mir breit. Außerdem war Takeru auf meiner Seite , was mir neue Zuversicht gab. Er wollte mir zuhören, meine Version der Geschichte erfahren und nicht glauben, was ihm irgendwelche erfundenen Augenzeugen auftischten. ~Die größten Menschen sind diejenigen, die anderen Hoffnung geben können~ Französisches Sprichwort Krankenhausgänge lösten bei mir immer schon ein ungutes Gefühl aus. Die weißen und kalten Wände wirkten wie gefühllose Wächter aus einer anderen Dimension. Die Luft fühlte sich mehr als künstlich an, kalt und doch stickig, es stank nach Chlor und Medikamenten. Ich kam mir vor, als würde ich durch eine fremde Welt wandern, als wäre ich auf einem anderen Planeten. Alles kam mir unwirklich vor , selbst die Krankenschwestern, die hin und wieder durch den Flur trippelten und versuchten, mir zuversichtliche Blicke zuzuwerfen. Für ihr künstliches Lächeln hätte ich ihnen am liebsten etwas an den Kopf geschmissen, aber was konnten sie schon dafür, dass es mir jetzt grade so beschissen ging? Sie taten nur ihren Job. Das was ich gestern erfahren hatte und heute mit eigenen Augen gesehen hatte wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Es konnte nicht sein, ich hätte es für einen Witz gehalten, wenn ich mich nicht von der Wahrheit überzeugt hätte. Yamato Ishida, seines Zeichens großer Bruder und Vorbild für mich, saß im Knast und Taichi Yagami, das überdreht fröhliche Plappermaul, lag halb tot hinter einer der Türen in diesem Gang. Ich hatte ihn vorhin kurz gesehen, und mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Gut, dass Yama dass nicht sah, es hätte ihn innerlich zerrissen. Es war grade große Chefarztvisite und daher war ich auf den Gang geflüchtet. "Was willst du denn hier?" hörte ich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Hikari Yagami stand hinter mir, doch anscheinend schien sie all die Jahre, in denen wir die besten Freunde gewesen waren , und die Tatsache, dass ich wirklich alles für sie getan hätte, innerhalb der letzten zwei Tage aus ihrem Gedächtnis gestrichen zu haben. Ich erschrak, denn den Ausdruck, der in ihren Augen lag, hatte ich von jedem Menschen auf der Welt erwartet, nur nicht von ihr. Es war ein verachtender Blick, tiefergreifender als Wut oder Hass. Sie sah mich nicht mehr als Mensch an, sondern als ein abartiges kleines Insekt. "Warum bist du hier? Willst du etwa ansehen, was dein Missratener Bruder angerichtet hat? " An einem anderen ort, zu einer anderen zeit und in Gegenwart einer anderen Person wäre mir nun die Faust ausgerutscht. Ich atmete einmal tief durch, und verdrängte den Zorn aus meinen Gedanken. "Ich wollte sehen, wie es Tai geht." brachte ich hervor. "Und? Bist du jetzt zufrieden? na los, lauf zu deinem Bruder und sag ihm, dass er ganze Arbeit geleistet hat!" "Du glaubst also wirklich, dass er es war? Ich hatte dich für ein bisschen klüger gehalten!" Hikari klappte den Mund auf, schien einen Augenblick sprachlos zu sein. Ich konnte förmlich sehen, wie sie nach Worten suchte, die sie schließlich auch fand. "Was für ein Lügenmärchen hat er dir denn aufgetischt, dass du ihm glaubst?" Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Gar keins, er hat ja nicht mal mit mir reden können." "Ach! Wie süß...der kleine Bruder glaubt immer noch ganz fest daran, dass sein großer lieber Bruder, der ja ohnehin schon soo cool ist, ganz unschuldig im Gefängnis sitzt!" sagte Kari verächtlich. Ja, ich konnte sagen, dass mir Kari langsam unsympathisch wurde. Doch ich hatte nicht vor, dass, was vor einigen Tagen noch echte Freundschaft war, so einfach aus der Hand zu geben. "Ich kenne die Fakten." sagte ich , wieder etwas gefasster. "Und?" machte Kari verächtlich, "Die kenne ich schließlich auch. Fünf Leute können beweisen, dass dein Bruder dafür verantwortlich ist. Fünf klare Zeugenaussagen. Und was hast du? Nur dein Bild vom Ach-so-tollen großen Bruder, aus den Kindheitstagen. Sie der Realität mal ins Auge!" "Gut. Aber nur, wenn du das auch tust." Hikari seufzte. Anscheinend wusste sie nicht, was sie sagen sollte. "Ich hab mich ein bisschen auf dem Polizeirevier umgehört." sagte ich schließlich. Ok, war ein hartes Stück arbeit gewesen , dass meiste hatte ich nur herausbekommen, weil ich an einer Tür gelauscht hatte. "Drei von deinen tollen, klaren Superzeugen haben selber einen so langen Vorstrafenregister, dass man einen LKW braucht, um ihn von einem Revier zum nächsten zu fahren." Die eben noch vor Verachtung triefenden Augen sahen nun überrascht aus. "Eine ältere Dame, fast blind und schon etwas schwerhörig meint, ich betone meint gesehen zu haben , dass sich ein Blonder Junge auf einen Brünetten gestürzt hat, sie kann nicht mal sagen, wie groß die jeweiligen Personen gewesen waren. Und dann kommt Zeuge fünf. Der gesetzestreue Bürger mitsamt Hund taucht 3 Minuten früher als die Polizei auf und hat eigentlich gar nichts gesehen." In Karis Kopf arbeitete es. "Nicht grade die Glaubwürdigsten Zeugen, oder?" warf ich noch ein. "Die.....die haben aber behauptet, Matt hätte ein....Geständnis abgelegt!" Ich zog die Stirn kraus. "Wer die? Die Polizei ? Kann nicht sein. Da hab ich schon nachgefragt." Grade wollte Kari antworten, als die Tür, neben der wir standen aufging und sich ein Rudel Chefärzte aus dem Zimmer schob und laut debattierend den Flur entlang ging, zum nächsten Zimmer. Wir beide schnappen Gesprächsfetzen auf wie "Armer Junge..." und " Nicht die Hoffnung verlieren, er kann jederzeit aufwachen." "Sollen wir rein?" fragte Kari leise. "Wenn du meine Anwesenheit da drinnen duldest...." gab ich , schon fast scherzend zurück. Ohne etwas zu sagen nahm sie meine Hand und zog mich hinter ihre her. Das Zimmer wirkte noch unwirklicher als der Flur. Die Vorhänge waren fast zugezogen, nur wenig blasses, milchiges Licht erhellte das Zimmer. Tai lag , an einige Monitore angeschlossen, die von Zeit zu Zeit piepten, krakelige Linien auf dem Bildschirm hinterließen oder vor sich hinsummtem , in dem Krankenhausbett. Sein Gesicht war blass, doch er lächelte friedlich. Er hätte genauso gut nur schlafen können. Auf dem Tischchen neben dem Bett stand ein Blumenstrauß in einer Vase - ein kleiner Tupfen Farbe in dem großen Weiß. "Also..." begann Kari wieder , "...das haben jedenfalls die drei Typen behauptet..." Ich rollte mit den Augen. "Klasse und grade denen glaubst du?" "Es....tut mir leid." flüsterte Kari und ließ sich auf einem der Stühle nieder. "Ich war ja so dumm....tut mir leid.....Ich hab mich mitreißen lassen. Alle haben gesagt, dass es Yamato war....da....da war es einfacher das zu glauben als nachzudenken. ...Ich....merke grade, wie absurd das ist, was ich noch vor ein paar Minuten für die Wahrheit gehalten habe...." Ich angelte den anderen Stuhl , setzte mich ihr gegenüber hin und strich ihr vorsichtig durch die Haare. "Ist schon gut. " murmelte ich "Vielleicht hätte ich an deiner Stelle genauso reagiert. " "Weißt du.....was mir Sorgen macht?" fragte Kari nach einer ganzen Zeit. "Was?" "Wenn es nicht Yamato war, dann war es jemand anderes. Und dieser Jemand läuft durch die Gegend als wäre nichts gewesen!" Oh verdammt, daran hatte ich noch gar nicht gedacht! "Was ist, wenn der Typ hier ins Krankenhaus kommt, weil Tai wenn er aufwacht ja .....Augenzeuge ist..." Kari und ich starrten uns entsetzt an. "Wir müssen was tun! Komm TK, gehen wir zur Polizei." Nein danke, von denen hatte ich genug....außerdem...."Kari, die werden uns nicht glauben. Sie werden denken, dass du unter schock stehst und mir glauben sie erst recht nicht." Kari sah immer verzweifelter aus, schließlich nahm ich sie in den Arm und streichelt ihr über den Rücken. So saßen wir eine ganze weile da. "Nun küsst euch schon." hörte ich aus dem anderen Teil des Zimmers. Erst wurde ich rot, dann schreckte ich zusammen, Kari ebenfalls. "TAI?" Mr. Stachelkopf saß kerzengrade im Bett und grinste. "Ok, jetzt mal raus damit.....Was ist eigentlich passiert?" Er deutete demonstrativ auf die Gerätschaften um ihn herum. "Tja eigentlich...haben wir gehofft, dass du uns das sagen könntest...." "Wartet mal" sagte ich "Ich hol mal eben einen Arzt oder so was in der Richtung." "Einen WAS BITTE? Stopp mal!" rief Tai, und ich blieb stehen. "Ich brauch keinen Arzt, mir geht's bestens! Bin nur n bisschen verpennt, dass ist alles." "Tai? Du hast 2 Wochen im Koma gelegen und ich geh jetzt einen Arzt holen!" dann ging ich wirklich aus dem Raum. Wie Koma? Ich kramte in meinem Kopf herum. Hikari saß auf der Bettkante und sah besorgt - und doch erwartungsvoll drein. "Soll das n Witz sein? Ich kann nicht im Koma gelegen haben, dass wüsste ich...." dann merkte ich selbst wie dämlich das war, was ich grade gesagt hatte. "Woran erinnerst du dich noch? " fragte Kari leise. "Na an alles, man. Ich weiß wer ich bin wo ich wohne, was ich am liebsten esse was..." "Tai? Ich meinte, was ist das letzte, woran du dich erinnern kannst?" Ok. Gute Frage. Nächste Frage?" Also.....Äh...Ach ja, Yama und ich waren im Kino." ich grinste triumphierend - hörte jedoch schlagartig auf, als ich Karis Gesichtsausdruck sah. "Also weißt du noch, was danach passiert ist?" Wie danach? Bin ich nicht nach Hause gegangen? Ja genau. "Yama und ich sind zusammen nach Hause gegangen. Yama wollte mir irgendwas wichtiges sagen, deshalb wollte er noch mit zu mir." Kari nickte stumm. "Hm, dann sind wir durch so n komisches Viertel gegangen...und dann....ja genau, dann haben wir so einen Schrei gehört...." "Und dann?" Und dann.....und.....da...n....n............ verdammt, ich konnte mich an kein und dann erinnern. Weg! Sense! Nix mehr da. Ich stöhnte auf und rieb meine Schläfen. "Ich komm noch drauf..." brummte ich. "Ah, der Patient ist wach!" Ein weiß bekittelter Arzt hatte schwungvoll die Tür geöffnet, Takeru im Schlepptau. "Na, wie sieht's aus? Übelkeit? Kopfschmerzen?" Ich schüttelte den Kopf. "Schwindelgefühl?" Wieder Kopfschütteln. "Sonstige Beschwerden wie Sehprobleme oder Gedächtnisverlust?" Ich nickte. "Weiß nicht mehr ganz, was am letzten Abend passiert ist." brummte ich. "Na, dass ist ganz normal. Keine Angst, dass kommt schon noch wieder...." "Aber wie sollen wir denn jetzt beweisen, dass Yamato unschuldig ist?" fragte Kari. Hä? Wie jetzt? "Was.....was ist denn mit....Matt?" mit einem Mal merkte ich, wie sich die Angst in mir breit machte. Und da war sie wieder, die Erinnerung! Mit einem mal wurde mir übel. Ich hörte die Schreie in meinem Kopf, spürte die Tritte und Schläge und sah...... "Scheiße verdammt, Wo ist Yama?" fuhr ich Takeru an. "Den haben sie ins Gefängnis gesteckt!" Wie wo was? Der Junge gehört ins Krankenhaus, und warum Gefängnis? Ich sprang mit einem Satz auf, entwirrte mich schnell aus den Kabeln und wollte loslaufen. Das konnten die mit meinem Yama nicht machen. "Halt Tai!" rief mir Kari hinterher, als ich schon den Flur erreicht hatte. "Warte mal, du kannst doch unmöglich so loslaufen! " Hä? Es dauerte einen Augenblick, dann verstand ich was sie meinte: Ich hatte nur eine Boxershorts an. ~Lernen wir uns freuen, so verlernen wir am besten , anderen wehe zu tun~ Friedrich Nietzsche Was auch immer es war...ich hoffte, dass es nicht mehr lebte. Ich stocherte etwas skeptisch in dem grünlichen Brei herum, den die Knastköchin liebevoll "Mittagessen" getauft hatte. Anscheinend eine Frau mit einem extravaganten Humor. Ein Teil der Pampe schien aus Erbsen zu bestehen, was die anderen Reagenzien betraf, wollte ich es lieber gar nicht erst wissen. Auf die Fleischbeilage hatte ich wohlwissend verzichtet, sie hatte ausgesehen wie Hundefutter - wahrscheinlich war es sogar Hundefutter , jedenfalls dann, wenn die Köchin ebenso feinfühlig und liebenswert war wie Schwester Brontosaurus. Trotzdem versuchte ich das Mittagessen schnell hinunterzuwürgen, da ich mich möglichst ohne Kontakt mit weiteren Häftlingen schnell aus dem Essraum verdrücken wollte. Ich saß ziemlich weit abseits der anderen, und wunderte mich daher als jemand sein Tablett genau neben mich stellte. Für mich stand fest, dass der Typ vorhatte mich grün und blau zu schlagen. "Schieb deinen Hintern mal n Stückchen zu Seite , ich hab Kohldampf." brummte er. Ich zog hastig mein Tablett weg und machte ihm Platz . "Ach ja, es ist Sonntag und ach welch wunder, es gibt unseren heißgeliebten Erbsen Kakerlaken Eintopf mit Hundekuchen." Ich konnte es kaum glauben - er aß das Zeug! "isch irgenwasch?" fragte er kauend. "Äh....nein, nichts." ich wandte mein Gesicht schnell wieder meiner verhassten Mahlzeit zu. Jemanden hier anzustarren konnte unter umständen ein gebrochenen Arm verursachen. Der Junge neben mir grinste. Er schien in meinem Alter zu sein, vielleicht ein wenig jünger, war aber dafür einen Kopf größer als ich. Seine haare waren rot- orange und er hatte sie mit einem Haarband zusammengebunden. Vermutlich waren sie schulterlang. Er passte nicht ganz zur Optik der Gorillatypen an den anderen Tischen. Seltsamer Kerl. dachte ich. "Hab ich Marsmännchen Antennen auf dem Kopf oder was?" fragte er. Ich zuckte zusammen, erwartete schon einen Hieb oder Tritt, doch nichts davon trat ein. "Irgendwelche Komplexe?" "Nein." sagte ich schließlich, "aber ist das erste mal, dass hier jemand mit mir auf der verbalen Ebene kommuniziert..." "Ach so. Kenn ich. Die sind alle n bisschen flach im Kopf. Die können nur draufhauen." "Und selber?" ich war mutiger geworden, "Haust du auch Gelegentlich drauf?" Der Typ grinste. "Bei denen dies drauf anlegen schon. Aber der Unterschied zwischen mir und denen da ist, dass meine Eltern mir das sprechen beigebracht haben." Er deutete auf den Nachbartisch, an dem die Jungen grade eine Essensschlacht angefangen hatten. "Ach und noch was, zeig denen nicht, dass du dein Gehirn benutzen kannst, dass mögen die nicht." "Danke für den Tipp..." "Wenn ich mir die Frage erlauben darf.....warum bist du hier?" Ich seufzte. Was hatte ich erwartet, dass sich die Typen über Fußball und Autos unterhielten? "Ich habe meinem Freund das Leben gerettet." brummte ich. "Ui, dafür bekommst du mindestens Lebenslänglich, wenn nicht sogar mehr!" Wie lachten kurz, verstummten aber, als uns vom inzwischen total verwüsteten Nebentisch finstere Blicke zugeworfen wurden, die mir zu verstehen gaben, dass ich die nächsten Stunden vermutlich nicht überleben würde. Eine Weilte aßen wir also schweigend weiter , bis sich die Lage ein wenig beruhigt hatte. "Ach, hätte ich fast vergessen...ich heiße übrigens Mike!" Ich nickte. "Yamato." sagte ich leise. "Versuchs mir zu merken." Es interessierte mich eigentlich nicht, aber ich fragte ihn trotzdem, warum er hier war. "Och das übliche. Hab hier und da was mitgehen lassen. Aber geschnappt haben die mich erst, als mein ach-so-heißgeliebter Daddy mich mitgeschleppt hat als er in nen Supermarkt rein ist." Ich glotzte eine Weile, bevor mich mein Verstand wieder einholte. Die Welt bestand eben nicht nur aus süßen kleinen Fußballern mit Stachelfrisur, es gab eben auch die andere Seite der Medaille. So war die Welt nun mal. "Oh man....ist das ne Möhre oder n Regenwurm?" Mike deutete auf etwas längliches auf seinem Teller. Da es eher nach letzterem aussah, rebellierte mein Magen auf einmal, und ich musste sehr grün im Gesicht gewesen sein. "Würmer sollen sehr Proteinreich sein." meinte Mike trocken, schob das längliche etwas an den Tellerrand und futterte weiter. "Ich kotz gleich." murmelte ich. "Reden wir lieber von was anderem. Hast ne Freundin?" "Nein." "Sei froh." Wie jetzt? Also die antwort hatte ich nicht erwartet. "Wenn du eine gehabt hättest, " erklärte Mike, "hätt sie dich jetzt sitzen lassen.....Hm...aber vielleicht bist du ja grade in jemanden verlieb?" Was sollte das? Wollte der mich anbaggern? Trotzdem war mir bei der Frage das Blut in den Kopf geschossen. Man wie peinlich! "man könnt dich Klasse als Verkehrsampel benutzen...Erst grün, dann rot......Und, wie sieht sie denn aus?" Ich biss mir auf die Lippe. SIE? Wenn es doch nur eine SIE sein würde! Aber nein, ich musste mich ja ausgerechnet in einen Jungen verlieben, und dann auch noch in meinen besten Freund! Verdammt, dass machte die Sachen nur noch viel komplizierter. Ich beschloss die Sache für mich zu behalten, da es meinen Ruf noch weiter durch den Dreck gezogen hätte. Im Knast UND schwul? Nein, ich musste mir die Sache aus dem Kopf schlagen. Es war nicht normal und außerdem....sollte Tai jemals wieder aufwachen und dann davon erfahren....er würde sicher wieder ins Koma fallen. "Willst du deine Lippe aufessen?" holte mich Mike zurück in die Realität. "Wie? Was? Hast du was gesagt?" "Oh man, dich hat's aber schlimm erwischt..." Ich nickte. Ja , das war das beste, wenn er dachte, dass ich total benebelt war, weil mir Armors Pfeil im Arsch steckte. In gewisser weise stimmte es ja auch. "Seid ihr da drüben fertig?" schnaubte einer der Aufseher, der uns mit abfälligem Blick beobachtete. Ich nickte, und räumte mein Tablett auf den dafür vorgesehenen Wagen. "Tja, man sieht sich....spätestens beim Abendessen. Hey , es soll heute übrigens Mottensuppe geben!" "Hey Rotschopf! Wie oft soll ich dir das noch sagen! Die heißen Schmetterlingsnudeln!" keifte die Köchin ihn an. "Sag ich doch. Motten." Dann drehte er sich lachend um und ging in seinen Zellentrakt. "Keine Besuchszeit." Der Beamte hinter der Glasscheibe machte eine abweisende Handbewegung. Verdammt! Ich fluchte in Gedanken. Wenn dieser blöde Arzt mich nicht noch überall untersucht hätte, wäre ich vielleicht noch rechtzeitig dagewesen! "Aber da stehts doch!" versuchte ich mich mit dem kleinen Heftchen zu retten, dass mir Takeru im Krankenhaus gegeben hatte. "Ja, aber grade machen sie ne kleine Razzia da drinnen." "Was bitte?" "Suchen nach Drogen und so nem Zeug. Da drinnen kommt man schnelle an Stoff als draußen, tja, so schlecht ist unsere Welt..." er seufzte theatralisch. "Dauert das denn den ganzen Tag?" ich flehte in Gedanken, dass es nicht so wäre. "Keine Ahnung. Würd mich nicht drauf verlassen. Wenn sie was finden, dann schon." "Kann ich denn solange warten?" "Von mir aus..." brummte der Mann, knurrte noch leiser ein "nur noch Bekloppte " vor sich hin. Ich ging den Flur auf und ab , während sich in meinen Gedanken Horrorszenarien abspielten. Schließlich lehnte ich mich gegen eine Wand und wartete ab. "Alle an die Wand! Klamotten runter! Schnauze halten!" Neben mir stand Mike. "Ich liebe diesen Kerl." knurrte er zerknirscht. "Und wie oft macht er so was?" flüsterte ich ihm zu und sah panisch, wie die "Untersuchung" bei den ersten Jungen begann. Mir wurde schlecht beim Anblick, wo und vor allem wie lange einige von ihnen begrapscht wurden. "So oft wie er nur kann. Er steht auf kleine , nackte Jungs, wenn du verstehst!" Ich schluckte und kämpfte nun wirklich gegen die Übelkeit an. Nicht das auch noch, nein. "Das schlimmste ist, dass man irgendwann genauso anfängt zu denken wie die!" "Wie meinst du...?" Mike seufzte, suchte scheinbar nach den richtigen Worten, die dass, was er zu sagen hatte, nicht zu erschreckend klingen ließen, wie sie wirklich waren. "Du...verknallst dich zum Beispiel in andere Jungs..." ich spürte, wie ich errötete, ebenso wie Mike. Unser Gespräch wurde dadurch unterbrochen, dass der Aufseher vor uns stand. Jetzt nur keine Panik dachte ich. Obwohl....eigentlich war es genau der richtige Moment dafür: ich saß unschuldig im Knast und ein geisteskranker Irrer wollte mich begrapschen! Mir blieb das fast Herz stehen, doch er drehte sich zuerst zu Mike. Abgesehen von Gummihandschuhen deutete nichts auf irgendeine Form von richtiger Untersuchung hin - und allen schien klar zu sein, dass die sogenannte Drogenkontrolle nur ein Deckname für das war, was hier wirklich passierte. Mike schloss die Augen und biss die Zähne zusammen, als der Aufseher ihn von oben bis unten abtastete - beschämt sah ich weg. ich wollte gar nicht erst wissen, was passieren würde. "Blut-Test bei dem!" hörte ich schließlich den Mann sagen. Schwester Bronto zog Mike hinter sich her, der kommentarlos und ohne irgendeine Gefühlsregung hinter ihr herschlich. "Soso, wen haben wir da?" hörte ich die Stimme, erschreckend nah an meinem Ohr. "Einen neuen, ja? Dann wollen wir mal....Schön artig sein, dann tut es auch überhaupt nicht weh!" Ich zuckte zusammen - schon die erste Berührung brannte auf der Haut wie Feuer und doch lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Während seine Hände über meinen Rücken wanderten und kein Fleckchen Haut auszulassen schienen, kämpfte ich gegen die Übelkeit, Wut und Angst an, die in mir kochte. Die Augen hatte ich geschlossen, die Luft angehalten. Ich versuchte meine Gedanken von diesem Ort abzubringen, wünschte mich an einen anderen Ort, in eine andere Zeit. Doch es half nicht, ich konnte nichts anderes Denken. In meinem Kopf tobte ein Unwetter, und ich entfernte mich immer weiter davon, logisch denken zu können. Das einzige, wozu ich noch Fähig war, war an den Schmerz zu denken. Es tat so weh! Äußerlich und Innerlich! Ich fühlte mich dreckig, schmutzig! Widerlich! "Scheinst mir sauber zu sein..."hörte ich wieder die tiefe, ekelhafte Stimme. Dann war mit einem Mal alles vorbei. Ich fand mich zusammengelauert auf dem Boden wieder, wusste nicht, ob ich ohnmächtig geworden war, oder einfach nur instinktiv gehandelt hatte. Nicht losheulen! war der nächste Gedanke. "Mach dir nichts draus." hört ich nun Mike, der plötzlich wieder neben mir an der Wand lehnte. "Die haben alle geheult wie die Schlosshunde." Er ließ sich neben mir auf den Boden sinken. "Uff, ich glaub ich kipp gleich aus den Latschen. Zapfen mir immer soviel Blut ab, als wollten sie damit n Militärkrankenhaus versorgen! Dabei brauch ich meinen Saft selber!" Mike lehnte sich leicht an meine Schulter. "Man, dieser Laden ist echt das letzte. Ach, und tu dir keinen Zwang an. Wenn du heulen oder kotzen musst, tu's einfach." Ich nickte, bemerkte dann allerdings, dass Mike schon einen Arm um mich gelegt hatte. Vorsichtig schob ich ihn weg. Der Junge kam mir entschieden zu nahe! Hatte der denn keinen Respekt? Nachdem was grade passiert war? Ich wurde wütend, wollte schon etwas sagen. Doch Mike schien begriffen zu haben. "Ein andermal vielleicht." murmelte er, packte sich seine Klamotten und zog sich an. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wieder aufstehen konnte, um es im gleich zu tun. ~Freude ist unentbehrlich für die körperliche und für die seelische Gesundheit~ Anonym Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war. Irgendwie hatte ich es zurück in meine Zelle geschafft. Flachhirn und Flachhirni schienen von der "Kontrolle" noch etwas erschöpft zu sein und lagen apathisch auf ihren Betten. Mich überkam jetzt ein ganz anderes Gefühl. Übelkeit. Ich ekelte mich vor dem, was mit mir geschehen war, ekelte mich vor mir selbst. Schnell drehte ich mich weg und hastete in die Nische mit der Toilette. Ich übergab mich mehrfach , bis ich nur noch Magensäure spuckte , doch der Drang, mich übergeben zu müssen blieb. Ich hustete und spuckte und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Heftig zitternd wartete ich, bis sich mein Magen endlich beruhigt hatte. Dann spülte ich ab , wankte zum Waschbecken , putzte mir die Zähne und hielt meinen Kopf anschließend unter das kalte Wasser. Langsam beruhigte ich mich wieder , hörte auf zu Zittern und spürte, wie meine Gedanken klarer wurden. Als ich wieder zurück in das Zimmer stolperte, lehnte Mr. Regentonne in der Tür. Ich warf einen ungeduldigen Blick auf die Uhr. Wie lange wartete ich jetzt schon? Eine Stunde? Zwei Stunden? Verdammt, warum dauerte das denn so verdammt lange! Je länger ich wartete , umso nervöser wurde ich. Warum war das bloß passiert? Wenn ich nicht so lange im Koma gelegen hätte, dann wäre Matt jetzt nicht da drinnen. Wie er wohl reagieren würde? Ich schluckte. Wie würde ich wohl reagieren, wenn ich im Knast sitzen würde, weil mein Ach-so-toller Freund , der einzige der meine Unschuld beweisen könnte, grade im Koma liegt und fröhlich vor sich hinpennt, während ich die Hölle auf Erden erlebe. Würde ich mich freuen, ihn wiederzusehen, wenn ich in dieser Situation wäre? Ich wahrscheinlich schon, aber ich sah in Yamato auch etwas anderes. als er in mir sah. Für ihn war ich der bester Freund, den man haben konnte - jedenfalls bis zu diesem Vorfall - doch er war für mich viel mehr. Wie oft hatte ich ihn schon fasziniert angestarrt, ohne dass er es bemerkt hatte? Wie oft hatte ich mir selbst eingeredet, dass ich mir das alles nur einbilde und nicht mehr für ihn empfinde als Freundschaft? Und wie oft musste ich mir danach eingestehen, dass es doch ganz anders war? Sollte ich es ihm heute vielleicht sagen? Nein. Ungünstiger Zeitpunkt. Ganz dumm. Doch was sollte ich meinem kleinen Kaktus denn sonst sagen? Oh man. Ich hatte doch Zeit genug, mir etwas zurechtzulegen! Ich lehnte mich wieder an die Wand und seufzte. Das kam mir alles so verdammt unwirklich vor, wie in einem Traum! Dieser Raum wirkte schien fast gespenstisch, wenn da nicht der Beamte hinter der Glasscheibe an seinem Schreibtisch saß und in irgendwelchen Akten blätterte. Es roch wie in einer Tropfsteinhöhle...ein bisschen vermodert, ein bisschen nach Kalk. Endlich, nach Ewigkeiten hörte ich schlurfende Schritte hinter der Sicherheitstür, die den Verwaltungsteil vom eigentlichen Gefängnis trennte. ~Glück ist die angenehmste Art des Zufalls~ Werner Mitsch Der Wärter musste mich fast schon tragen, so wackelig war ich auf den Beinen. Hätte er nicht wenigstens sagen könne, wohin die "Reise" ging? Mein Kopf fühlte sich furchtbar an, und dem Rest meines Körpers ging es da nicht anders. Wieder zum Besucherzimmer? Ich stöhnte auf. Vielleicht war es wieder Mama , die mir nicht glaubte, Papa, der mich inzwischen verachtete oder einer von meinen "Freunden" die mir ins Gesicht sagten, dass ich für sie widerlicher Abschaum bin. Vielleicht war es aber auch Takeru , der einzige Mensch auf diesem Planeten , der mir glaubte. Ich war hin und hergerissen zwischen Verzweiflung und Vorfreude. Dann stand ich plötzlich in dem kleinen Besucherbereich. Und rang nach Luft. Vor mir stand Taichi - doch als er mich länger ansah, nahm sein Gesicht einen Ausdruck an, den ich noch nie gesehen hatte. Was war los? Warum starrte er mich so an? War das die Strafe, dass ich nicht besser auf ihn hatte aufpassen können? Tausende von Fragen tanzten durch meinen Kopf. Warum sagte er denn nichts? Mein Herz krampfte sich zusammen. Yamato war blass, konnte kaum stehen und sein Blick war so....seltsam traurig, wirkte fast unterwürfig. Dann bemerkte ich die vielen kleinen kratze und blauen Flecken. Was hatte er bloß alles durchgemacht? Und warum verdammt noch mal sagte er nichts? Waren wir denn hier im Wachsfigurenkabinett? Warum tat er denn nichts? Moment. War es vielleicht an mir, den ersten Schritt zu machen? Dann plötzlich kam die Erkenntnis: Er wartete darauf, dass ich etwas machte. Natürlich, man, was war ich doch für ein Idiot! Ich atmete einmal tief durch und ging vorsichtig auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stand. Ok. Der entscheidende Moment, alles oder nichts! Ich nahm ihn vorsichtig in den Arm und streichelte über seinen Rücken , langsam und vorsichtig, als könnte sein Körper unter meinen Berührungen jederzeit zerbrechen. Im ersten Moment spürte ich eine seltsame Spannung , die durch Yamatos Körper ging, ein kurzes zittern. Hatte ich einen Fehler gemacht? Verdammt, würde er mich gleich wegstoßen und mich anschreien, mich für pervers halten oder schlimmer? Dann seufzte Yamato leise und ich fühlte, wie auch er seine Arme um meinen Körper schlang, sich an mir festklammerte, als wäre ich ein Rettungsring. Ich spürte seinen warmen Körper, fühlte seinen Atem , hörte seinen schnellen Herzschlag. Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit - ich war aufgeregt wie noch nie zuvor in meinem Leben! Dann spürte ich, wie Yamatos Hände weiter nach oben wanderten, sich in meinen Nacken legten und vorsichtig meinen Kopf ein Stück nach vorne zogen. Erwartungsvoll sah ich ihn an. Er beugte sich leicht vor und dann spürte ich seine weichen, warmen Lippen auf meiner Stirn. Ein Kuss! Ich schnappte nach Luft. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet! Aber warum hat mich der Blödmann nicht auf den Mund geküsst? schoss es mir durch den Kopf. Doch dann wurde es mir schlagartig bewusst : Wir waren nicht allein im Zimmer. Der seltsame, fast strafende Blick des Wärters lag auf uns. Wie eine schwere Bleidecke, die uns daran hinderte, zu tun was wir wollten. Ich sah Yamato in die Augen. Doch die tiefe Traurigkeit war noch immer dort. "Es wird alles gut!" sagte ich leise, fast flüsternd. "Alles wird wieder gut!" Matt nickte - doch an seiner Haltung erkannte ich, dass er zwar meine Worte gehört hatte, aber ihren Sinn nicht fassen konnte. Vielleicht war es auch dumm von mir, zu denken, dass jetzt auf der Stelle "alles gut" werden würde! Es würde bestimmt nicht leicht werden, doch ich war mir sicher, dass wir beide es schaffen würden. Moment. Langsam stiegen in mir Zweifel auf. Yamato hatte mich auf die Stirn geküsst. Aber hieß das auch, dass er das gleiche empfand wie ich? "Tai?" fragte Yamato leise. Ich erschrak - seine Stimme klang ganz anders, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie war nicht scharf und spitz, jederzeit bereit einen bissigen Kommentar abzulassen, sondern leise, heiser, wackelig. "Ja?" Matt ließ seine Hände nach vorne gleiten, ließ sie meine Wangen berühren, mein Gesicht vorsichtig festhalten, als wäre es ein wertvoller Schatz. Er lächelte schwach. Aber er lächelte. "Du hasst so schöne Augen..." flüsterte er. "Wie Schokolade!" Auch ich lächelte. Der hatte gut reden! Seine Augen waren doch viel faszinierender, oder? Dieses weiche blau, tief wie ein Ozean und doch - klar, fast durchsichtig. Manchmal wie kaltes Eis, manchmal unendlich wie der Himmel. Ich sammelte all meinen Mut zusammen, den ich finden konnte. "Matt, habe ich dir schon mal gesagt, wie viel du mir eigentlich bedeutest?" Er schüttelte den Kopf. Ich holte tief Luft. " Matt, ich ." weiter kam ich nicht. Plötzlich wurden wir beide zurück in die Realität gerissen. "Die Besuchszeit ist zu ende!" erklärte der Wärter kurz und knapp. Ein Gefühl sagte mir, dass das nicht stimmen konnte. Doch es war zu spät. Yamato war schon längst aus dem Zimmer gezerrt worden. Verdammt! Ich war wütend und verzweifelt als ich mich auf den Weg zurück zum Krankenhaus machte. "So?" Ich wurde mit einer Heftigkeit gegen die Wand gedrückt, die mir für einen Augenblick den Atem raubte. "Ich bin dir wohl nicht gut genug was?" Die Regentonne hatte meine Handgelenke gepackt und schob nun meine Hände so über meinen Kopf, dass ich mich nicht wehren konnte, er jedoch "freies Schussfeld" hatte. "Scheinst mir ja ne richtige kleine Hure zu sein!" Er lachte hämisch. "Dann erwarte aber auch nicht, dass du hier anders behandelt wirst!" Ich versuchte mich aus dem Griff zu befreien. Zwecklos. Er blickte mich wütend an, holte aus und verpasste mir einen Schlag in die Magengrube . Für einen Augenblick sah ich Sternchen, war zu benommen, um mich gegen das zu wehren, was geschah. Da waren sie wieder, die Hände. Dieses mal ohne den Handschuh eingeschränkt, griffen sie gieriger zu. Ich wimmerte auf, und die Vorahnung, dass er sich dieses mal mit Berührungen nicht zufrieden geben würde, loderte in mir auf. Ich sollte recht behalten. Er drängte seine Zunge in meinen Mund , riss mir die Kleider vom Leib , nahm sich , was er wollte, ohne auf mich Rücksicht zu nehmen. Plötzlich spürte ich Schmerz, wie ich ihn noch nie zuvor gespürt hatte - ein Schmerz, der mich zu zerreißen drohte. Ich schrie, jammerte, wimmerte. Doch er schien sich nicht daran zu stören. Zum ersten mal in meinem Leben sehnte ich mich nach der Ohnmacht , und ich war dankbar, als mich die Dunkelheit umfing. ~Das Dumme an Gelegenheiten ist, dass sie jedes mal viel größer Aussehen, wenn sie vorüber sind ~ Anonym Ich stöhnte vor Schmerz auf. Die Berührungen waren noch da....doch sie waren anders als zuvor - vorsichtiger, zurückhaltender , ja nahezu schüchtern strich mir jemand über den Rücken. Langsam öffnete ich die Augen und sah nach unten. Es war nicht der Betonboden, auf dem ich zuvor ohnmächtig geworden war, sondern eine der quietschenden, harten Kojen, auf denen alle Inhaftierten schliefen. Vorsichtig drehte ich den Kopf - und starrte in eine Waldlichtung - jedenfalls kam es mir im ersten Moment so vor. Die Berührungen stoppten , die dunkelgrünen Flächen entpuppten sich als weit aufgerissene, überrascht schauende Augen, umrahmt von einigen wilden , roten Haarsträhnen. Der Junge von vorhin - Mike! War mein erster Gedanke. Mein Kopf verarbeitete die Informationen so schnell, dass ich mühe hatte, zu realisieren, was ich tat. Ich stieß die Gestalt von mir herunter und versuchte einen Sicherheitsabstand zwischen mir und ihm aufzubauen. "Huch!" war das einzige, was Mike herausbrachte. Ich zerrte schnell meine Kleidung zurecht und funkelte ihn dann an. Was war ich für ein Idiot gewesen, zu denken, dass es auf diesem verdammten Gottverdammten Fleckchen Erde so etwas wie Vertrauen gab, und wenn man nur darauf vertrauen konnte, nicht von jedem besprungen zu werden, sobald man die Augen schließt. "T....Tut mir leid!" stotterte Mike. "Was?" Ich wollte eigentlich aufspringen und den Kerl grün und blau schlagen, aber ein unangenehmes Ziehen und Stechen ließ mich wieder zurücksinken. Toll - damit fiel ein Direktangriff aus und die Verteidigung ließ zu wünschen übrig. "Was tut dir leid?" zischte ich . "Ich wollte nicht, dass du..." "Aufwachst, während du deinen sexuellen Frust an mir auslässt?" Mike sah auf einmal ziemlich unsicher aus. "Wenn du das so sagst, klingt's irgendwie so brutal und..." "BRUTAL? Hast du vielleicht ne Vorstellung davon, *wie* sich mein Hintern grade anfühlt? Na und wenn, es ist mir egal, ich sag nur soviel, wenn du mir das nächste mal zu nahe kommst, mach ich dir das Leben zur Hölle!" Mike senkte den Blick, als hätte er sich an etwas erinnert, was ihn nun davon abhielt, etwas zu sagen. Stattdessen drehte er sich weg und schlurfte zurück auf den kleinen Gang mit dem Aufenthaltsraum. Er war weg - jetzt schwappte die ganze Verzweiflung, die ganze Wut, der ganze Hass über das geschehene über mich hinweg und riss noch das letzte bisschen Hoffnung, den letzten schönen Gedanken mit sich. Ich drehte mich wieder auf den Bauch und weinte - leise, aber ich weinte. Dieses mal war es mir sogar egal ob mich irgendjemand sah oder nicht. Was war das bloß für eine Welt, in die ich da hineingestolpert bin? Das durfte doch nicht sein! So eine Welt durfte es doch gar nicht geben! Das Leben war doch bisher immer eine so schöne Angelegenheit gewesen, ich war doch glücklich gewesen! Was mir grade passierte konnte doch gar nicht sein! So etwas gab es nicht in meiner Welt! Ein plötzlicher Gedanke flog durch mein letztes bisschen Vertrauen in die Welt, wie ein Stein durch eine Glasscheibe und hinterließ ein Trümmerfeld: Die Welt war noch nie schön gewesen! Ich hatte es nur nicht sehen wollen! Natürlich, alles was mir nicht in den Kram gepasst hatte, hatte ich solange verdreht und beschönigt, bis es zur Randerscheinung verkommen ist. Als meine Eltern sich getrennt hatten, da war die Welt auch nicht schön gewesen, doch irgendwann hatte ich all die negativen Überbleibsel ihrer Scheidung, den bitteren Geschmack von Wut und Verzweiflung einfach hinuntergeschluckt und dann fein säuberlich Verdaut . Plötzlich war ich wieder in der Lage gewesen, mit anderen zu lachen, zu scherzen, Spaß zu haben . Irgendwann überkam mich wieder ein traumloser, tiefer, dumpfer Schlaf. Als ich wieder aufwachte, saß eine schlanke Gestalt neben mir auf dem Bett. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir dein Leben zu..." "Jaja, schon verstanden. Aber du liegst zufällig grade auf *meinem* Bett, da kann ich leider nichts dran ändern. "Und wie komme ich bitteschön in *dein* Bett?" "Hab dich hergetragen - du bist viel zu leicht für deine Größe, weißt du das eigentlich?" Ich schaute zur Seite. Er klang schon fast wie Taichi , wenn er seine berühmten "Iss mehr" Vorträge abhielt. Tai. Ich zuckte zusammen. Den hatte ich fast vergessen! Ich Idiot! Ich hatte vergessen mich zu freuen, dass er lebt, dass er wach war, dass er......dass er mich nicht weggestoßen hatte! Oh Gott! Ich hatte ihn geküsst! Mein Kopf schien zerspringen zu wollen, jede Gehirnzelle schien einen anderen Gedanken fassen zu wollen. "Hallo, ich bin vielleicht auch noch da? " Mike fuchtelte mit seinen Händen vor meinem Gesicht herum. "Ich wollte nur mal klarstellen, dass ich es *nicht* mit dir getrieben habe, ok?" Ich warf ihm einen skeptischen, verachtenden Blick zu. "Du bist nur leider viel zu süß und da will doch jeder ein bisschen kuscheln!" Was bitte? Kuscheln? Hatte der jetzt nen Totalschaden? "Hab dich sogar nicht mal geküsst." Mike verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte. Meine Rechte Faust verselbstständigte sich und fand sich in Mikes Gesicht wieder. "Mach das nie wieder!" knurrte ich ihn an. "Und jetzt hilf mir mal auf.....ich glaub ich muss kotzen." ~Das höchste Glück im Leben besteht in der Überzeugung , dass wir geliebt werden ~ Victor Hugo Wenn es mir nicht so furchtbar gegangen wäre, hätte ich Mikes Fürsorge wohl als abartig empfunden , aber in diesem Augenblick war ich recht dankbar, dass er mir das denken abnahm, mich zuerst zur nächsten Toilette und dann schließlich ins Bett befördert hatte. Ich beschloss, das Geschehene vorerst als "Ausrutscher" zu betrachten, und nicht weiter mit ihm darüber zu streiten. Beim Frühstück am nächsten Morgen kamen wir nach langem Schweigen wieder ins Gespräch. "Geht's besser?" fragte er vorsichtig. Ich nickte , aber meine Augen schüttelten den Kopf. "Ich wollte mich wegen gestern noch einmal entschuldigen. Manchmal habe ich mich überhaupt nicht unter Kontrolle. Sorry , ich kann nichts dagegen machen. Ich bin leider unberechenbar." Er seufzte Traurig und beinahe schon tat er mir leid, wie er da so saß. Er hatte wirklich einen tollen melancholischen Blick drauf - fast so gut wie meiner, doch ich konnte nicht sagen, ob seine Niedergeschlagenheit echt war, oder nur Fassade. Ich Misstraute ihm, und ich ließ ihn das spüren. "Wenn.....ich so was noch mal versuchen sollte, dann hau mir einfach eine rein, Ok?" "Das musst du mir nicht sagen." sagte ich und deutete auf das Veilchen, was ich ihm gestern verpasst hatte. "Naja, an so was gewöhnt man sich hier schnell...." "Kann ich mir vorstellen." "Grade deswegen will ich mich ja entschuldigen. Du bist der einzige hier, mit dem man Reden kann, die anderen schlagen sich den ganzen Tag nur gegenseitig KO." "Tja, mach dir keine falschen Hoffnungen. Ich glaube kaum, dass ich noch allzu lange hier bleibe." Mike sah verwirrt auf. Ich überlegte, ob ich ihm von Tai erzählen sollte - doch eine warnende Stimme aus meinem Hinterkopf erinnerte mich daran, dass ich an einem Ort war, in dem sich Eifersucht auf sehr schmerzlichem Wege äußerte. Also ließ ich Mike einfach mit seinen Überlegungen und Fragen allein. Sollte er doch denken was er wollte. Von Flucht bis hin zum Selbstmord. Ich jedenfalls freute mich still, heimlich und ganz für mich selbst, dass Tai wieder wohl auf war - und ich war mehr als nur sicher, dass er dafür sorgen würde, dass ich bald von diesem seltsamen Ort fort konnte. Die nächste Woche verlief relativ ereignislos. Taichi hatte sich kein zweites Mal blicken lassen, stattdessen hatte er wohlwissend Takeru geschickt. Manchmal war Tai erstaunlich intelligent. Takeru erzählte mir, dass inzwischen alles in Gang gesetzt worden war, und es nicht mehr lange dauern würde, bis ich freigesprochen werden würde. Die Tatsache, dass Taichi ausgesagt hatte, mich ent - und einige Übeltäter stark belastet hatte, sorgte auch dafür, dass meine Eltern ziemlich zerknirscht bei mir auftauchten und sich so lange entschuldigten, dass ich um ein Haar angefangen hätte, wie ein Schlosshund zu flennen. Doch was mit mir in der Zeit, die ich in der Strafanstalt verbracht hatte, passiert war, behielt ich für mich. Ich wollte nicht, dass es irgendjemand erfährt. Vielleicht, um mich selbst zu schützen, um das Geschehene zu verdrängen, um zu vergessen. Vielleicht , um die anderen zu schützen. Es sollte mein Geheimnis bleiben , tief verschlossen in meinen Erinnerungen. Es dauerte nicht mehr lange, bis die Verhandlungen wieder aufgenommen wurden. Der Gerichtssaal war voller, als bei den ersten Prozessen. Ich entdeckte, dass all die Freunde, die mich vorher im Stich gelassen hatten, wieder angekrochen kamen. Heuchler! Dachte ich. Bis auf wenige Ausnahmen , so beschloss ich, würde ich den Kontakt zu ihnen abbrechen. Tai räusperte sich , der Saal verstummte. "Würden sie bitte die Ereignisse des besagten Abends aus ihrer Sicht erzählen, Herr Yagami?" Tai nickte. "An dem Tag war ich mit Yamato im Kino. Wir sind ein bisschen früher aus dem Saal gegangen." "Darf ich fragen warum?" "Langweiliger Film. Jedenfalls fuhr die U-Bahn von der Haltestelle am Kino erst fast 2 Stunden später, also beschlossen wir zur nächsten Haltestelle zu laufen. Als wir an einer Seitenstraße vorbeigingen, hörten wir einen Schrei." "Was war das für ein Schrei?" "Eine Mädchenstimme. Wir sind in die Seitegasse hereingerannt um nachzusehen. Naja und dann waren da diese 3 Schlägertypen" Taichi deutete auf die 3 Kerle, die beim letzten Mal gegen mich ausgesagt hatten. "Und was haben die von ihnen identifizierten Personen dort gemacht?" "Sie haben eine junge Frau bedrängt. Als sie uns bemerkten, haben sie uns angegriffen." "Haben sie sich gewehrt?" "Natürlich! Aber die 3 waren bewaffnet, wir nicht." Verteidiger, Staatsanwalt und Richter warfen sich vielsagende Blicke zu , als Taichi davon berichtete, wie wir beide zusammengeschlagen worden waren, wie Tai beinahe ermordet worden war, wie ich versucht hatte, das schlimmste zu verhindern, und mir die Stichwunde an der Schulter zugezogen hatte. Ich betrachtete die Szene, wie einen Film, als wäre ich gar nicht im Raum. Die stickige Luft, der seltsame Geruch nach altem Holz, das Gemurmel der Anwesenden - alles das war nicht da, erreichte mich nicht. Ich sah nur Tai, und wie sich seine Lippen bewegten. Dass der Prozess beendet wurde, dass ich frei gesprochen wurde, all das geschah weit weg von mir und meinen Gedanken. Schließlich wurde ich aus dem Raum gezogen, wurde von vielen Menschen umarmt, doch ich verstand noch nicht, was gerade geschehen war. ~Immer wird uns das Vertrauen eines der größten und beglückendsten Geschenke menschlichen Zusammenlebens bleiben~ Dietrich Bonhoeffer Erst eine halbe Stunde später, als ich zusammen mit Taichi und meiner Familie in einem kleinen Cafe saß und einen Milchkaffee vor mich hinschlürfte, realisierte ich, dass ich frei war. Nie wieder an den furchtbaren Ort zurückmusste. Ja, ich war frei und konnte ab jetzt für immer glücklich sein. Tai lächelte mir zuversichtlich zu - ich wusste, dass wir heute Abend noch ein sehr langes und intensives Gespräch vor uns hatten und ich freute mich darauf. Meine Eltern lachten und scherzten ein wenig, ich lachte mit, freute mich, dass sie sich heute so gut verstanden und hoffte, dass es auch in Zukunft so bleiben würde. Takeru grinste unterdessen und ich wusste, dass er bereits alles geahnt hatte, was zwischen Tai und mir für eine Beziehung bestand. Ich hatte mit meinen Eltern abgesprochen, dass ich die Nacht bei Yamato übernachten würde. Als wir vom Cafe aus nach Hause gingen, war es schon sehr spät, aber nach mindestens 4 Tassen starkem Kaffee war ich wacher als normalerweise. Eine Weile saßen wir in Yamatos Zimmer auf seinem Bett. Er ließ sich auf die Matratze fallen und lächelte. "Dieses Bett fühlt sich so verdammt gut an....Ich würde am liebsten liegen bleiben und sofort einschlafen." Ich warf ihm einen enttäuschten Blick zu. Er konnte doch jetzt nicht schlafen! Yamato lachte leise. " Was, dachtest du , ich würde das wirklich machen?" Langsam nickte ich. "Ach, du bist ein kleiner Idiot....Aber....du bist *mein* kleiner Idiot." Er nahm meine Hand und zog mich ebenfalls auf die Matratze. "So, ich glaube, du wolltest mir neulich etwas wichtiges sagen...." er lächelte. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Anmerkungen: Teil 2/? Die Charaktere der Serie Digimon gehören mir nicht und ich verdiene auch kein Geld mit dieser Fanfiction (aber ich bekomme viele viele Keeekse *g*) Es folgt nun Teil 2 , der die Grundsteine für den 3. Teil geht, der noch ein bischen überarbeitet werden muss -.- Sollte jemand Intresse haben, bei der Überarbeitung mitzuwirken (Rätschraibfeela korrigieren z.b. *g*) und kurze Teile der Fanfiction schon früher zu lesen, kann das im Taito Town Forum: (http://www.nexusboard.net/index.php?siteid=350 ) tun. Auch wenn die Story anfangs als reine Taito geplant war, zeigen sich in diesem Teil schon Andeutungen auf weitere Paarings. Über konstruktive Kritik freue ich mich jederzeit, sofern diese höflich formuliert ist. Danke fürs Lesen im Vorraus. Kapitel 2 ~ Wenn ich einen grünen Zweig im Herzen trage, wird sich ein Singvogel darauf niederlassen - Chinesische Weisheit~ Immer dann, wenn ich aus dem Fenster sah - und das tat ich sehr häufig, dann überkam mich das Gefühl, dass die Welt da draußen, außerhalb meines Zimmers, nicht richtig - nicht wirklich war, dass sie mich verhöhnte mit ihren fröhlichen Menschen, Farben, heiterem Gelächter - dass alle Menschen dort draußen glücklich und unbeschwert lebten. Für mich war die Welt inzwischen zu einem grauen, abgestandenen, kalten Raum geworden. Ohne Farben, ohne Freude, ohne Licht. Ich habe mich früher immer gefragt, ob es etwas schlimmeres gäbe, als den Tod, etwas schlimmeres, als einen geliebten Menschen zu verlieren, und zu wissen, dass man ihn nie wieder in die Arme schließen konnte. Jetzt weiß ich es besser - Es gibt etwas viel schlimmeres. Leben, ohne glücklich zu sein - das ist das schlimmste. Einen geliebten Menschen zu verlieren , der sich in sich selbst verschließt. Der lebt - und es doch nicht tut. Künstlich. Es machte mich wütend und eifersüchtig auf alle anderen Menschen, die glücklich sein durften. Wie konnten sich diese Menschen bloß so freuen? Sahen sie nicht das ganze Leid um sich herum? Das Elend? Sahen sie darüber hinweg, so wie ich es früher getan habe, verdrängten sie es? BEMERKTEN sie überhaupt, dass es auch noch eine andere Welt gab? Eine Welt, in der es so etwas wie Glück nicht gab? Wieso DURFTEN diese Menschen glücklich sein? Warum durfte ich es nicht? Nur einen kleinen Augenblick lang, durfte ich erfahren, wie es sich anfühlt, das Glück. Ein kurzer Moment. So kurz. So unbedeutend. Und doch, dieser kurze Zeitraum - er war bedeutsamer, als alle Erfahrungen, die ich je in meinem Leben gemacht habe. Ich durfte erfahren, was wahre Liebe bedeutet, dass sie sich über alle Grenzen, die ihnen die Gesellschaft gesetzt hat, ohne weiteres hinaussetzten kann. Und dann - mit einem Mal - wurde ich in eine Welt gerissen, die mir zuvor fremd war. Eine kalte, grausame Welt, in der man gegen alles und jeden ankämpfen muss, vor allem gegen sich selbst, um nicht den Verstand zu verlieren. Diese Welt... sie nannte sich Realität. Und in dieser Welt liebte man nicht. Nicht so, wie ich es tat. Man "liebte" nach Regeln, die einem die Gesellschaft vorschriebt. Warum. Warum schafften wir es nicht noch mal diese Grenzen zu sprengen? Warum? Ich war so dumm. Ich glaubte, er könnte vergessen. Vergessen was geschehen war. Was er durchgemacht haben musste. Einfach so - aus seinem Kopf werfen. Zerreisen, wie ein missglücktes Bild. Doch was war mit ihm geschehen? Ich wusste es nicht, denn er hatte es mir nie erzählt. Er hatte mir nie erzählt, was hinter den vergitterten Fenstern und den dicken Mauern abgelaufen ist, doch es muss etwas furchtbares dort passiert sein. Es waren nicht sehr viele Wochen vergangen, seid wir uns unsere Liebe eingestanden hatten. Als ich ihn fand. Zusammengekauert auf dem Boden, panisch zitternd. Verstört und mit leeren, kalten Augen. Seid diesem Tag hat er kein Wort mehr gesagt. "Irgendwann dreh ich noch durch!" Takeru schlug wütend die Tür zu meinem Zimmer auf. "So GEHT das nicht weiter." Hikari nickte. Ja, so ging es wirklich weiter. Ihre Sorge stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. "Ich kann mir das nicht länger so mit ansehen!" Die beiden standen in der Zimmertür. "Glaubt ihr etwa, ich könnte das?" fragte ich mit zittriger Stimme. Takeru machte den Mund auf, wollte etwas sagen - doch ich schnitt ihm das Wort ab. "Was wisst ihr denn schon?" Sie waren nicht in meiner Situation. Sie hatten nicht den Menschen verloren, den sie am meisten liebten. Verloren... "Versteh mich bitte nicht falsch..." begann Takeru. Er sprach langsam, wägte jedes Wort genau ab, als befürchtete er, ich würde wütend werden. Wütender, als ich es eh schon war. So wütend, dass er mich nichts mehr entgegenzusetzen hätte. "Ich meine, mir geht es ähnlich wie dir. Yamato ist schließlich mein Bruder. Aber - du. Du darfst eines nicht vergessen. Du darfst dich selber nicht vergessen. Dein Leben nicht wegwerfen. Du lebst!" "ER etwa nicht?" zischte ich wütend.. Wie konnte er nur so etwas sagen? "Ich - ich will dir deine Hoffnungen nicht nehmen. Aber du weißt doch genau, was sie gesagt haben. Wenn sich seine Lage bald nicht verändert, ist es unwahrscheinlich, dass sie es jemals wieder tut." "Sei still." Meine stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. "Ihr wisst doch gar nichts. Gar nichts, ihr habt keine Ahnung! Ihr wisst es nicht....." "Was? Dass du ihn liebst?" Ich sprang auf. "Raus. Sofort." "Natürlich. Du schickst uns weg? Wie immer. Du schickst uns weg und dann? Hast du gar nichts geändert. So löst du deine Probleme nicht!" sagte Takeru, drehte sich um und ließ die Tür hinter sich zuknallen. Ich ließ mich wieder auf mein Bett sinken, und ließ die Stimmen durch meinen Kopf wandern. Das Gespräch von vorhin hallte in Bruchstücken gespenstig in meinen Gedanken wieder. "Du lebst" - Ich? Ich lebe? - Lebte ich wirklich? So würde ich das nicht nennen. Nein, ganz und gar nicht. Was ist das denn für ein Leben, was ich ihrer Meinung nach lebe? Was ist das für ein Leben, wenn man nicht lieben darf? Was ist das für ein Leben, wenn man nicht lachen darf? Ich existierte. Aber ich lebte nicht. Nicht mehr. Mir fehlte ein Teil meiner selbst, um wieder so leben zu können, wie ich es wollte. "Du darfst dein Leben nicht wegwerfen!" Tat ich das? Was erwarteten sie von mir? Sollte ich so tun, als wäre alles in Ordnung? Sollte ich die ganze Welt - und vor allem mich selbst - belügen? "Ihr wisst doch gar nichts. Gar nichts, ihr habt keine Ahnung! Ihr wisst es nicht....." "Was? Dass du ihn liebst?" War ich so leicht zu durchschauen? War es so absehbar, was ich dachte? Was ich tun würde? Was ich FÜHLTE? Lag das alles offen auf dem Tisch? "Ich - ich will dir deine Hoffnungen nicht nehmen. Aber du weißt doch genau, was sie gesagt haben. Wenn sich seine Lage bald nicht verändert, ist es unwahrscheinlich, dass sie es jemals wieder tut." Haben sie ihn schon aufgegeben? Halten sie ihn für eine leere Hülle? Für tot? "Irgendwann dreh ich noch durch!" Glaubte er, ich etwa nicht? Als ob mir das nichts ausmachen würde... "Natürlich. Du schickst uns weg? Wie immer. Du schickst uns weg und dann? Hast du gar nichts geändert. So löst du deine Probleme nicht!" Nein. Aber würde ich sie lösen, wenn ich euch nicht wegschicke, Takeru? Ihr helft mir nicht Ihr habt ihn aufgegeben. ICH NICHT. Niemals. Auch wenn..... ...wenn es mich innerlich zerreißt......... .......werde ich alles versuchen. um ihn...... ...zurückzuholen... "Das wird niemals aufhören. " Ich nippte schweigend an einer Tasse Kaffee. "Sie kommen beide nicht mehr heraus aus dieser... Situation." murmelte Hikari. "Situation" hatte sie es benannt. Es war ein neutraler Begriff, aber er klang furchtbar unpersönlich. Es war so, als würden wir zwei völlig fremde Menschen beobachten, die sich in einer "Situation" befanden - denen wir jederzeit den Rücken zukehren konnten, wenn wir nicht mehr ertrugen, was wir sahen. Doch es ging hier nicht um irgendwen. Es ging um unsere Brüder. "Und wir sitzen daneben und schauen zu, wie sie sich immer mehr selbst kaputtmachen." "Irgendwann" sagte ich leise "werden wir ebenfalls... " Ich schluckte, wollte meinen Gedanken nicht aussprechen - gar nicht erst zuende denken.. Ich würde nicht mehr lange zusehen können, das wusste ich. "Können wir denn gar nichts dagegen tun? Können wir Tai nicht irgendwie helfen?" "Wir wissen doch eigentlich gar nichts." Was weiß ich überhaupt noch von meinem Bruder? Warum ist das mit ihm passiert? "Wann es wohl angefangen hat?" Ich sah auf. "Was meinst du?" "Lange Zeit habe ich gar nichts gemerkt. Aber dann. wie sie sich angesehen haben....wie sie miteinander geredet haben....wie sie sich angefasst haben...." "Angefasst?" "Kennst du nicht diese Geste, dass man sich freundschaftlich auf die Schulter klopft?" "Natürlich... " "Es war anders bei ihnen. Ganz anders. Ich kann nicht genau sagen wie. fast so wie...." Stille. Eine fast peinliche Stille. Ich starrte Hikari lange an. "Bei uns?" brachte ich schließlich hervor. Wieder Stille. Ja, dass zwischen den Beiden eine Art "Liebe" bestand, hatte ich natürlich gewusst. Aber in meinen Augen war es immer eine Liebe, wie sie zwischen zwei Brüdern herrscht. Ich hatte gedacht, Taichi liebt Yamato auf die selbe Art, wie ich es tue. Dass es aber weit darüber hinausging, das hätte ich nie auch nur zu denken gewagt. Trotz allem war es kein unangenehmer Gedanke. Schön, es waren vielleicht zwei Jungen, die sich liebten - aber es war doch wichtiger, dass sie jemanden hatten, mit dem sie glücklich werden konnten. Ich schüttelte den Kopf. Nein. Glücklich werden konnten sie so nicht. Ein apathischer Yamato und ein verzweifelter Taichi, die beide den Anschluss zur Wirklichkeit verloren hatten, konnten einfach nicht glücklich werden. "Glaubst du, es hat etwas mit dem Gefängnis zu tun?" Ich starrte Hikari einen Augenblick verwirrt an. Was? Wie kommt sie denn jetzt plötzlich. darauf? Was hatte das denn damit zu... "Was... Ach so. DAS." Sie meinte Yamatos Verhalten..... "Ich denke schon. Das nimmt man nicht einfach so hin. wer weiß..." Plötzlich keimte ein böser Gedanke in meinem Kopf - einer, der mich veranlasste, wie von der Tarantel gestochen aufzuspringen... "WAS DIE DA MIT IHM GEMACHT HABEN!" Es... es war verwirrend. So unheimlich. so kompliziert. Und doch. so einfach? -Wach auf- da war sie wieder. Eine Stimme, die mich rief. Eine angenehme Stimme. Ich wollte antworten doch.... konnte nicht. Etwas war dort - es hielt mich zurück. Ich weiß nicht, was es war. Ein unangenehmes Gefühl? Kaum zu beschreiben Aber es war da. Und es verwirrte mich. Ich hätte schreien können vor Wut. Doch brachte es mir etwas? Ich war..............einsam? Einsam. Alleine. schutzlos...... Unverstanden? ..........mutlos? -WACH AUF! ....diese... Gefühle sind Schwachsinn. Unsinn. Niemand würde sie je verstehen... damit zurechtkommen..... Tiefe Abgründe. Risse.....tiefe Schluchten. Und immer wieder dieses. nichts.... nicht wissen wollen... Nicht akzeptieren? -VERDAMMT NOCHMAL WACH AUF! Und diese Leere. Diese unendliche, schwarze Leere. "Verdammt noch mal, wach endlich auf!" Heiße Tränen liefen mir über das Gesicht. Nichts. Keine Reaktion. Zwei leere, wässrig blaue Augen starren mich an. Leer, kalt. Wie eine hohe, verschlossene Tür. 'Tut uns schrecklich leid, Club Yamato ist leider für die Außenwelt geschlossen.' Versteckte er sich? Da drinnen irgendwo? oder ist er...... Ausgezogen. In eine andere Welt. Was tat ich eigentlich hier? Ich saß hier. Ich versuchte. ihn zurückzuholen. Wie jeden Tag. Und ich würde scheitern, an mir selbst verzweifeln. Wie jeden Tag. Wie jeden verdammten. Tag. Konnte das nicht aufhören? Was habe ich denn falsch gemacht, dass ich so leiden muss? Das WIR so leiden müssen... wir... Wir? Gab es zwischen ihm und mir noch ein. WIR, etwas, was uns zusammenhielt? Hatten die anderen vielleicht recht? Machte ich mir hier mein Leben kaputt für. gar nichts? Umsonst? Für eine hübsche Hülle ohne Inhalt? Eine Puppe? Ich. ich wollte ihn nicht aufgeben....nein...das nicht. Aber. ICH KONNTE DAS NICHT MEHR MIT ANSEHEN! Mit einem Ruck war ich vom Bett aufgestanden... wollte schon zur Tür gehen. Mein Leben weiterleben, da wo ich aufgehört hatte. Wieder zu Schule gehen. Schule. ja. Ich hatte viel nachzuholen. Würde wahrscheinlich sitzen bleiben... Ja, natürlich, ich hatte doch soviel verpasst ,dass... Gerade wollte ich die Tür aufreißen, als ich eine leise, wackelige Stimme hörte... "Tai..." Ich blieb wie angewurzelt stehen, drehte mich um. "Lass. mich....bitte.... ... ...nicht allein." "Yamato?" Ich zuckte zusammen. "Yamato bist du... oh, entschuldige, da hab ich dich wohl mit jemandem verwechselt. siehst ihm aber auch verdammt ähnlich." Ich drehte mich um und starrte den Jungen, der mich angesprochen hatte verwirrt an. Vor mir stand ein Junge, etwas älter als ich , mit roten, wirren Haaren, listigen grünen Augen und einem lockeren Grinsen im Gesicht. "Woher kennst du..." Mein Gegenüber starrte ebenfalls verwirrt zurück. "Erm. Wer...bist denn...du?" "Ich bin Yamatos Bruder." Sagte ich unsicher. "Ach, du bist also Takeru?" "Ja, aber wer bist du?" Woher zum Geier kannte der Fremde meinen Namen? Ich kannte doch alle Freunde meines Bruders... oder? Der Junge sah sich unsicher um." Können wir das vielleicht woanders besprechen und nicht so auf der offenen Straße?" Ich nickte- trotz meiner steigenden Unsicherheit- und folgte dem Jungen in ein kleines Cafe. "Na schön. Warum dieses geheimnisvolle Getue?" Wollte ich wissen, als wir in der hintersten und dunkelsten Ecke des Cafes saßen. Der Junge zuckte die Schulter. "Ok, ich will ehrlich sein: Ich bin ausm Knast abgehauen und hinter mir sind etwa 5 Streifenwagen her." Mein Kiefer klappte nach unten. Verdammt, worauf hatte ich mich eingelassen?? "Ach übrigens: Ich heiße Mike." Ich lehnte mich zurück. Neben mir lag Yamato zusammengerollt unter einer Wolldecke. Na schön. Er hatte etwas gesagt. Ein Satz. Ein paar Wörter. Mehr nicht Er hatte geweint. Leise. Ohne einen laut von sich zu geben Lange. Sehr lange. So lange, dass ich beinahe selber angefangen hätte. Aber er hatte wenigstens eine Reaktion gezeigt. Eine Gefühlsregung. Zum ersten mal seit langer Zeit. Wie das erste Schneeglöckchen nach einem langen Winter. Nun lag er wieder da. Regungslos. Wie die ganze Zeit vorher. Eine seltsame Kälte hatte mich gepackt und ich zog zitternd die Wolldecke um meine Schultern. Ich weiß selber nicht, warum ich dem völlig fremden, zudem noch kriminellen Jungen von Yamato erzählt hatte. Jedenfalls fühlte ich mich ein bisschen besser danach. Vielleicht hatte ich das nötig gehabt: Jemanden, der einfach nur zuhört, ohne sich und seine Ansichten selber mit hineinzubringen. Das war in den Gesprächen mit Hikari nie möglich gewesen: Sie sah hauptsächlich "den armen Taichi" und klagte mir ihr Leid , dass sie ihren großen Bruder wiederhaben wolle. "Ach du Scheiße! Das klingt gar nicht gut..." Mike hatte sich zurückgelehnt und schlürfte nachdenklich einen starken, schwarzen Kaffee. "Und ich dachte schon, ICH hätte wegen dieser Sachen einen kleinen Psycho-Knacks." Ich horchte auf. "Wegen welcher Sachen?" fragte ich hastig. "Na du Weißt schon....Die Wärter und ihre netten kleinen Touren..."Mike nahm einen weiteren Schluck. Als ich den Kopf schüttelte, schien sich Mike vor Schreck verschluckt zu haben und hustete ein paar Mal. "Moment...willst du damit sagen....Er hat dir nichts erzählt?" "Was erzählt?" fragte ich und spürte, wie ein kleiner Hoffnungsschimmer am grauen Horizont auftauchte. Vielleicht war das ja der Schlüssel! Wenn Mike schon so etwas andeutete....dann... Plötzlich veränderte sich der Blick des rothaarigen. Aus der "Plaudermiene" wurde ein ernsthaftes Gesicht. "Nein, vergiss es lieber." Er stand auf. "Ich denke, er hatte seine Gründe es euch nicht zu erzählen. Wahrscheinlich ist es besser so." Er drehte sich um und ging mit schnellen Schritten zur Tür. "War nett, die kennengelernt zu haben." "Mike! Warte!" Hastig sprang ich auf und rannte hinter ihm her. Doch als ich draußen auf der Straße angekommen war, war niemand mehr zu sehen. Und was nun? Wenn ihn nicht einmal die Polizei hatte einfangen können? "Mist." Ich brauchte jetzt dringend jemanden, der mir half: jemanden, der meinem Verdacht nachging, der schnell an Informationen kam: Über Mike, über diese ominöse Strafanstalt , über Yamato . Das schrie geradezu nach einem gewissen rothaarigen Computerfreak. Zurück im Cafe hastete ich zur Theke. "Darf ich mal ihr Telefon benutzen? Bitte, nur ganz kurz! Es ist dringend!!" Die Frau hinter der Theke nickte, und schob mir das altmodische Gerät herüber. Etwa eine Viertelstunde später betrat Koushiro Izumi das Cafe - im Handgepäck seinen Laptop und eine gewisse Hikari Yagami. "Wenn ich dich richtig verstehe, müssen wir eine Art Schwerverbrecher finden, ja?" Izzy sah mich mehr als skeptisch an. "Na ja, Schwerverbrecher...Ich weiß nicht, was genau er verbrochen hat. Nennen wir ihn erst mal "entflohenen Häftling" ..." "Na dann eben so. Und was denkst du, kann ich tun, was nicht mal die Polizei zustande gebracht hat? Versteh mich bitte nicht falsch, ich möchte dir natürlich helfen so gut es geht - aber...Ich bin nicht Jesus, Ok? Für Wunder bin ich nicht zuständig" "Wie siehst aus mit Recherchen am PC?" Izzy grinste genüsslich. "Dafür schon..." ~Ich bin der Meinung, ein wirkliches Glück ohne Müßiggang ist unmöglich. Anton Tschechow~ Was denn? Was hatte ich denn erwartet? Dass sich von nun an alles ändert? Dass es wieder so wird, wie es früher einmal war? Hatte ich mir vielleicht nur eingebildet, dass er etwas gesagt hatte? Waren es meine tiefsten Wünsche und Tagträumereien , die mir etwas vorphantasierten? Mich verhöhnten, mir schöne, kleine Augenblicke schenkten, nur um mich dann für lange Zeiten wieder ins Unglück zu werfen? Warum wachte dieser Idiot nicht auf? Warum verschanzte er sich? Warum hatte er mir nie erzählt, was mit ihm passiert war? "Es ist jetzt alles wieder in Ordnung! Ich möchte nicht mehr darüber nachdenken." Wie oft hatte er so etwas gesagt? Dieser Blödmann! Lag es an mir? Habe ich dich falsch behandelt? Hätte ich mich mit der Antwort nicht zufrieden geben dürfen? Hätte ich dich zwingen sollen, mir alles zu erzählen? Jedes kleine Detail ? War es die Schuld von jemand anderem? Wenn ja - von wem? Und, WARUM? Warum......Warum...... So viele Fragen, auf die ich keine Antworten wusste. "Verdammt!" knurrte ich, heiser und völlig außer Atem. Ich stütze mich an einer Wand ab, und versuchte, meinen linken Fuß vorsichtig aus dem Schuh zu befreien. Er war inzwischen dick, blau und geschwollen - eigentlich ein Wunder, dass es nur meinen Fuß getroffen hatte - Ich war in einer mehr als leichtsinnigen Aktion von einer Fußgängerbrücke gesprungen - die letzte Chance, weiterhin in Freiheit zu leben. Denn eines war mir klar: Lieber wollte ich mir sämtliche Knochen brechen, als noch mal in diesen verdammten Knast zurück! Doch jetzt? Wohin jetzt? Mit dem angeknacksten Fuß konnte ich mir derartige Sprintaktionen abschminken! Ich brauchte ein Versteck! Einen ort, an dem ich mich für zwei oder drei Tage ungesehen erholen konnte. Ich zermaterte mein Hirn - gab es noch irgendjemanden, der mir einen Gefallen schuldete? Jemanden, der nicht gerade im Knast saß, oder ein perverser Irrer war, der keine Chance ausließ, seinen Fortpflanzungstrieb an mir auszulassen? Ich ging einen Namen nach dem anderen in meinem Kopf durch. Nein - da war niemand. Niemand......es sei denn.......... Es sei denn, ich würde Yamatos Bruder erzählen, was uns dort wiederfahren war. Ich schluckte. Das konnte unter Umständen unangenehm werden. Zwar hatte ich mich mit der Zeit an die Prozeduren gewöhnt - sie über mich hinwegziehen lassen und auf die gleiche Art ertragen, wie ein Erdbeben, eine Situation, an der sich nichts ändern läßt - doch davon zu erzählen? Es gab gar nicht genügend Wörter, um auszudrücken, wie man sich dabei fühlt. Und ich war mir gar nicht so sicher, ob ich meine Gefühle dann noch unter Kontrolle haben würde..... ~Glück: der Zustand des still lachenden Einseins mit der Welt - Hermann Hesse ~ Izzy sah von seinem Laptop auf. "Hm. Allzu viel kann ich euch nicht anbieten - und die wenigen Informationen, die ich habe, werden euch wahrscheinlich nicht sonderlich gefallen." So etwas hatte ich mir gedacht. "Schieß los...." sagte ich gefasst. "Erst zu Mike selber: Da ist nicht viel zu sagen, ein paar Schlägereien und kleinere Ladendiebstähle. Nichts wirklich erschütterndes - wahrscheinlich wäre er recht schnell wieder auf freien Fuß gekommen." Hikari schaute skeptisch. " Also ich finde das schon schlimm..... einfach irgendwo einzubrechen......" Izzy seufzte. "Sagen wir es so: Wenn man bedenkt, aus was für einer Familie er kommt.....Im vergleich zu seinem Vater ist er die Unschuld in Person!" Ein unangenehmes Gefühl machte sich bereit. Zum Teil hatte ich geahnt, was Izzy sagen würde.... Er lehnte sich zurück. " Tja....Von Ladendiebstahl, über Banküberfall bis hin zu schwerer Körperverletzung und ......Vergewaltigungen, zum Teil auch an seinen eigenen Kindern.......ist alles dabei." Die Stille, die sich nun zwischen uns einstellte, war teils Bestürzung, teils Mitleid, teils Ekel - und eine dumpfe Vorahnung, die sich in meinem Kopf unscharf bildete. Zu unklar, um ein genaues Bild zu fassen, zu deutlich, um sie zu ignorieren. Mein Magen schien aufmüpfig auf und ab zu hüpfen, das Gefühl, mich übergeben zu müssen wuchs. Ein Vater, der seine eigenen Kinder.....? Wieso taten einige Menschen so etwas? Ich stand auf. Die Übelkeit war kaum auszuhalten. "Tut...mir leid....ich glaub......ich gehe nach Hause......" "Alles in Ordnung?" Hikari sah mich erschrocken an. "Du siehst....blass aus! Soll ich dich vielleicht nach hause begleiten?" Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich brauchte jetzt zuerst Ruhe..... Außerdem war es mir unangenehm - was wenn ich wirklich kotzen würde? Ich konnte mir kaum vorstellen , dass sie das besonders ästhetisch finden würde..... "Ich...hab nur wenig geschlafen." Sagte ich hastig, als ich ihren fragenden Blick bemerkte. Ich hatte mir mein Leben früher ganz anders vorgestellt. Glücklich - hatte gedacht, ich würde sehr viel Spaß haben, viel lachen, fröhlich sein. Wer hätte gedacht, dass mir so etwas mal passieren würde... Ich hing den ganzen Tag in diesem Haus herum - blieb über nacht. Sah seine Eltern öfter, als meine eigenen. Gehörte schon fast zur Familie. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich inzwischen schon eine Art "Yamato- Ersatz" war Was machte ich hier eigentlich? Darauf warten, dass er wieder aus seinem. Zustand - oder wie auch immer man das nennen könnte - aufwacht? Warum... Warum machte ich das denn eigentlich noch- warum? ..... Weil ich ihn liebte. Darum. Aber wie lange konnte ich das noch ertragen? Wie lange würde ich noch mit ansehen können wie er.....nur noch eine leblose Hülle war.... "Vielleicht hätte ich's noch nicht sagen sollen." Izzy seufzte. "Hm..." machte Hikari. Sie saßen immer noch in dem kleinen Cafe. "Aber vielleicht hat es ja auch gar nichts miteinander zu tun." Izzy nickte und starrte in seine Kaffeetasse. "Wahrscheinlich ist Mike einfach nur ne arme Sau, an dem sein Paps alles abgelassen hat. Und geklaut hat er wahrscheinlich nur, um sich über Wasser zu halten. So. Wir wollen ja nicht immer gleich alles so schwarz sehen!" "Trotzdem" sagte Hikari "habe ich den Eindruck, es könnte doch was..." "Hast du einen Beweis?" "Nein. Aber mein Gefühl sagt mir, dass man Mike nicht trauen kann." "Hm... " brummte Izzy. "Ich hab das Gefühl, wir haben irgendwas vergessen....." "Und was bitte?" Izzy zuckte mit den Schultern. " Was weiß ich nicht. Nur so n Gefühl." Kari blickte ihn schief an. Izzys " nur so n Gefühl" bestätigte sich in der Regel immer kurz darauf. Mein Magen hatte sich etwas beruhigt - die Übelkeit machte meiner Wut platz. Ich war auf so viele Dinge gleichzeitig wütend. Fast all meine Wut richtete sich auf Mike - oder auf das, was er erlebt hatte. So ein Idiot! Wieso hat dieser Blödmann denn nicht weitergeredet? Vielleicht hätte er mir sagen können, was mit Yamato passiert war. Aber warum hatte der Kerl mich eigentlich angesprochen? Und warum habe ich Trottel ihm auch noch alles erzählt? "Rede niemals mit Fremden über private Angelegenheiten..." Gott. so was lernt man doch schon im Kindergarten. Trotzdem....was hätte ich dafür gegeben, dass Mike etwas erzählt hätte...... Alles......?....fragte ich mich....Verdammt, ja! Wahrscheinlich würde ich wirklich alles tun Es war doch wirklich zum verzweifeln. Aber was passiert war., war eben passiert. Der vielleicht einzige, der mir helfen könnte, zu verstehen, was mit meinem Bruder passiert war , war mir durch die Lappen gegangen. Fast schon hätte ich laut losgeschimpft, als ich plötzlich ein leises Zischen hörte. Ich fuhr herum. Was war das? Hatte jemand etwas gesagt? Oder waren es nur Ratten? "Takeru! Hier drüben!" Doch! Da hatte jemand etwas gesagt. Langsam ging ich auf die Nebengasse zu, aus der die Stimme gekommen war. Eine warnende Stimme in meinem Hinterkopf rief mir zu, dass all das Unglück von Yamato in eben solch einer kleinen, sehr suspekt wirkenden Gasse begonnen hatte. Ich ignorierte die Stimme. In der Dunklen Gasse konnte ich eine schemenhafte Figur ausmachen, die an der Wand lehnte. Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen ganz an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Mike. Ich riss die Augen auf, denn er sah furchtbar aus - etwa so, als hätte sich eine Raubkatze auf ihn gestürzt. Überall blutige Kratzer. "Was zum....." japste ich. Mike schüttelte den Kopf. "Kratzer, nichts weiter. Nicht schlimm." Nicht schlimm? Der hatte Nerven! "Aber anscheinend habe ich mir den Fuß verstaucht..." Einen Arzt bräuchte er jetzt. Aber - er würde sich bestimmt nicht darauf einlassen - "OK, ich will nicht lange Drumherum reden, sondern dir einen Vorschlag machen." sagte Mike. "Was für einen Vorschlag?" "Ich kann für sagen wir... zwei Tage bei euch zuhause untertauchen und im Gegenzug erzähle ich dir alles, was ich über die Geschehnisse aus dem Knast weiß." Ich atmete laut ein. Was jetzt? Ich musste eine Entscheidung fällen. Es war illegal! Verboten! Aber vielleicht meine einzige Chance! Und - konnte ich es wirklich mit meinem Gewissen vereinbaren, ihn in seinem jetzigen Zustand hier zu lassen? "Nun? Was sagst du zu meinem Vorschlag?" drängte er. Na schön. Dann heißt es wohl, in den sauren Apfel beißen! "Ok..." sagte ich langsam. "Die Wohnung von Mama und mir ist im Augenblick recht unbewohnt. Mama macht zwar noch regelmäßig sauber, aber bis es Yamato besser geht, wohnen wir alle bei Papa....." Ich starrte eindringlich in meine Kaffeetasse, in der Hoffnung, dass meine Erinnerungen an das, was ich vergessen hatte, bald wieder zurückkehrten. Allerdings starrte der Kaffee ziemlich unbeeindruckt zurück. Ich seufzte und ließ in meinem Kopf den Tag der Gerichtsverhandlung nocheinmal vor mir herlaufen. Taichi hatte ausgesagt, und auch Yamato war endlich zum Zuge gekommen , konnte aussagen, was wirklich passiert war. Davor lag die Zeit in der Jugendstrafanstalt.....genau darüber wussten wir nichts. Rein GAR nichts. Also blieb mir wohl nichts anderes, als nochmals den Ablauf der Verhandlung durchzukauen. Daran war nichts auffälliges..... Vielleicht...hatte es auch nur indirekt damit zu tun Ich versuchte mir wieder in Gedanken zu rufen, wer dort alles anwesend gewesen war. Das war nicht gerade einfach. Sehr viele Leute, die ich überhaupt nicht kannte. Einige Schaulustige. ein paar Freunde von Matt, die Familie...... ein paar Polizisten..... und noch einige Straftäter, deren Prozess im weiteren verlauf des Tages stattfinden sollte.....die meisten sahen gleich aus. Groß, breit, dunkle Haare............und so ein komischer rothaariger. rothaariger?......Kerl........ .....war das Mike? ... "DAS IST ES!" rief ich aus. Ich saß im Schneidersitz auf dem Bett, Yamatos Kopf lag in meinem Schoß und ich fuhr in Gedanken versunken durch seine blonden, weichen Haare. So war das eben mit dem Glück. wenn man nicht aufpasste, machte es sich still und heimlich davon - und auf einmal merkt man, wie beschissen doch das Leben ist. Oder? Wann. habe ich das letzte mal so richtig gelacht? Nein, nicht aus Höflichkeit oder so. sondern aus tiefstem Inneren heraus, einfach nur gelacht, weil ich glücklich war? Lange her, was? Zu lange. Ich wollte wieder lachen. Ich wollte wieder glücklich sein. Ich wollte ihn wiederhaben! Meinen Yama.... Aber warum ging das nicht? Hatte jemand beschlossen, dass wir beide nie wieder zusammen lachen würden? Wenn ja, wer war es? Und warum tat er so was? Was dachte ich mir da für einen Mist zusammen? Fast wie durch einen Nebelschleier kam eine Erinnerung aus ferner Vergangenheit zurück........ "Taichi, rede nicht so einen Müll... " hörte ich echo-ähnlich Yamas Stimme. "nein, ich meine es ernst......" "Ach, mein kleiner Idiot....." Und wir haben gelacht. worüber ....das weiß ich nicht mehr. Aber wir haben gelacht. Und er nannte mich "mein kleiner Idiot"... Anfangs war ich gekränkt, wenn er so etwas sagte. Und jetzt. jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass er mich wieder "mein kleiner Idiot" nannte. Die Haustür viel krachend hinter uns ins Schloss. "Da wären wir. Da hinten ist die Küche und hier ist das Badezimmer. Am besten stellst du dich erst mal unter die Dusche, ich schau mal, ob ich den erste Hilfe Kasten finde." Sagte ich und begann in unserem Medizinschränkchen zu wühlen. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Mike sich vorsichtig und langsam auszog, um seinen Fuß nicht unnötig zu belasten. Dann humpelte er, ohne mich zu beachten, auf die Duschkabine zu. Inzwischen hatte ich Verbandszeug gefunden und versuchte, mir meinen letzten Erste Hilfe Kurs ins Gedächtnis zu rufen. "Hast du zufällig Shampoo?" fragte Mike aus der Dusche heraus. "Äh...natürlich!" stammelte ich, schnappte mir eine Shampooflasche aus dem Schrank und schlurfte dann zur Dusche. "Ich stelle es hier hi....." Ich konnte meinen Satz nicht beenden , den Mike hatte den Duschvorhang schwungvoll zurückgezogen und sich die Shampooflasche geangelt. "Danke." "Sch. schon Ok, ich bin dann in der Küche....." murmelte ich hastig und drehte mich schnell weg. Man, wo hab ich Blödmann wieder hingeschaut? Hoffentlich hatte ich nicht einen so roten Kopf, wie es mir vorkam! Was sollte Mike denn jetzt von mir denken? Hoffentlich hatte er nichts bemerkt....... "Was?" fragte Kari. "Erm. wie?" Ich hatte mich wieder in meine Gedanken gestürzt. "Jetzt weißt du WAS wieder?" Ich grinste schief. Verdammt, hatte ich wieder laut gedacht..... "Oh. erinnerst du dich noch an den Tag im Gericht?" "Klar, als wäre es gestern gewesen." "Gut..." murmelte ich. " Weißt du auch noch, was Taichi zu Yamato gesagt hat, als wir aus dem Saal gegangen sind?" Hikari zuckte die schultern. "keine Peilung. na ja.....außerdem war ich ja auch nicht direkt hinter ihnen...." "OK. Erm.....erinnerst du dich noch, wer alles im Gerichtssaal war?" "Izzy? Ich kannte von den meisten kaum jemanden... wie soll ich das denn bitte alles behalten?" "Ok Ok... schon gut. Also: hinten im Gerichtssaal, da saß so... ein rothaariger Junge... " "War. das etwa Mike?" Ich nickte. "ich denke schon. Und noch was: Als wir aus dem Raum gegangen sind, da fragte Taichi, wer denn der Kerl wäre... " "Und?" "Yamato meinte, es wäre einer der wenigen halbwegs Intelligenten gewesen die ihm dort begegnet sind. Taichi wollte dann wissen, ob sie sich angefreundet hätten... " Ich schwieg einen Augenblick. Sollte ich es ihr sagen? Es war nur eine Vermutung.... "Ja. und weiter?" "Naja, Yamato meinte, dass daraus nichts geworden wäre. Weil......er versucht hätte, ihn zu küssen!" Hikaris Augen weiteten sich vor Schreck. "Hm, die Sachen sind wohl hin... " murmelte Mike, als er sein zerrissenes T - Shirt begutachtete. "Wenn du willst kann ich dir eins leihen... " bot ich ihm an, musste dann aber dämlich grinsen. "Oder eher schenken. Ich glaube kaum, dass ich das dann noch mal wiedersehe... " Mike hockte hinter mir auf einem Stuhl und starrte ins Leere, mit den Gedanken scheinbar auf einem ganz anderen Planeten. Ich wühlte in den Fächern meines Kleiderschrankes und war auf der Suche nach einem T-Shirt, was keines meiner geliebten Basketball Shirts war und auf dem auch nicht so ein dämlicher Mist gedruckt war wie "I Love you" oder "Rettet den Regenwald". Schließlich wurde ich fündig und angelte das neutralste T-Shirt heraus. Schwarz, unbedruckt und in einer Größe, in die man eigentlich jeden hätte hineinstecken können, ohne dass dieser dämlich darin aussah. "Das müsste passen!" sagte ich mit leichtem Triumph in der Stimme. Mike brummte zustimmend. "Wie geht's deinem Fuß?" "Wie es so einem verstauchten Knöchel im Verband eben so geht. Beschissen eben. Aber da hilft nur abwarten. Aber keine Panik. Spätestens übermorgen bist du mich wieder los." Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Übermorgen? Bist du sicher? ich meine. als sich mein Großvater mal den Knöchel verstaucht hat, hat es 2 Wochen gedauert, bis er halbwegs wieder normal laufen konnte....." "Und? Ich BIN aber nicht dein Großvater. Außerdem ist es ungesünder für mich, länger an einem Ort zu bleiben, als mit nem verstauchten Fuß durch die Botanik zu humpeln." Ich schüttelte leicht den Kopf. Einen Dickkopf hatte der! Fast schon so einen wie Matt! Matt..... Ich schüttelte den Gedanken schnell ab, angelte nach einem schwarzen T- Shirt und warf es Mike zu. "Oh, schwarz......"Mike lachte bitter. Ich stutzte. Seine Stimme klang plötzlich so verändert! Als hätte jemand in seinem Kopf einen Hebel umgeworfen und von "Nett" auf "Böse" geschaltet. "Magst du die Farbe nicht?" fragte ich vorsichtig, warf einen Blick in der Kleiderschrank und hoffte, noch ein buntes Shirt zu entdecken. "Oh doch. Ich mag es dunkel.....dunkel und einsam und kalt......." Einsam? Dunkel? Kalt? "W.... was?" Wie konnte jemand so etwas mögen? "Oh...das kannst DU natürlich nicht nachvollziehen, oder?" "Wie kann man sich denn Einsamkeit wünschen?" stammelte ich ungläubig. "Hattest du noch nie jemanden in deiner Nähe?" Was sollte denn die Frage? Ich merkte, wie in mir langsam die Panik hochstieg. Das dumpfe, pochende Gefühl, einen schweren Fehler begangen zu haben kroch in meinen Kopf. "Doch natürlich, andau-" "Ich meine nicht so. Ich meine. hat noch nie jemand bei dir eine Grenze überschritten......."flüsterte Mike leise, und - stand plötzlich so dicht vor mir, dass ich unbewusst einen Schritt nach hinten zu gehen versuchte - es aber nicht konnte, da ich plötzlich Mikes Hände spürte, die unsanft zupackten. ".......die er nicht überschreiten darf? Bei der es. weh tut?".............wisperte Mike heiser weiter. "Wenn das so weiter geht, schenke ich euch noch ein Telefon." maulte die Frau hinter der Theke. "Glauben sie mir, es ist WIRKLICH wichtig!" sagte Hikari und jammerte der Frau die Ohren voll, während Ich mir schnell den Hörer angelte. Die Nummer wählte ich auswendig, ohne wirklich hinzuschauen. Erst als sich Tai am Ende der Leitung meldete, konnte ich mich wieder auf das wesentliche Konzentrieren. "Hallo? Oh. Tai.........sag mal, ist Takeru zufällig bei.....Nein?.....hm... nein, nicht wichtig, mach dir keine Sorgen. Ja, Kari ist bei mir, keine Angst....ja......bye.." Das Gespräch war sehr kurz gewesen, trotzdem änderte es ALLES. Takeru wollte nach Hause gehen - war dort aber nicht angekommen. Kurz vorher war ihm ein Jugendlicher Straftäter über den Weg gelaufen - in meinem Kopf klingelten die Alarmglocken. Ich ging schweigend an Hikari und der Frau hinter der Theke vorbei , klappte meinen Laptop zusammen, kramte ein wenig Geld heraus, bezahlt den Kaffee - alles automatisch, fast wie in Trance. "Kari... ich bring dich nach Hause." Flüsterte ich. "Izzy? ....Izzy. was.....ist was passiert?" Ich schüttelte den Kopf. "Noch nicht. Aber es ist schon spät. Und Tai meinte, du solltest lieber nach Hause gehen." "Tut mir leid." sagte Mike. "Das haben die da mit uns gemacht. Und inzwischen. werde ich genauso. Genauso wie die." Dann drehte er sich um und knallte hinter sich die Haustür zu. Die wenigen Meter bis zur Tür war er erstaunlich schnell gegangen - trotz verstauchten Fußes. ....... Noch war das, was gerade mit ihm geschehen war, weit weg von seinen Gedanken. Noch war er wie berauscht, tauchte durch eine farbenfrohe Phantasiewelt. Weit weg von der Realität! Eine kleine, schöne heile Welt! Doch langsam löste sie sich auf, und was übrig blieb , war eine düstere Ruinenlandschaft. Ja, jetzt verstand er. Jetzt verstand Takeru, was Mike mit. Einsamkeit......Kälte........Dunkelheit meinte. Er kauerte auf dem Boden, in die Ecke gedrängt und plötzlich sah die Wohnung ganz anders aus. Sie war nicht mehr warm und gemütlich, kein Ort mehr, an dem man bleiben wollte - sie war auf einmal stickig. unerträglich heiß und beengend. Er war nassgeschwitzt und doch zitterte er - vor Kälte? Vor Wut?Vor Angst? "Wie ein wildes Tier..." dachte Takeru... ". ist er über mich hergefallen... " Warum? Warum war das gerade passiert? Mit einem Mal, war eine ganze Welt in sich zusammengebrochen. Die Dinge würden sich nun ändern! ALLES würde sich ändern! Vorsichtig versuchte er aufzustehen. Doch er war viel zu wackelig auf den Beinen. "Nein. ich will nicht mehr...:" Er unternahm keinen weiteren Versuch mehr, aufzustehen. sondern blieb an Ort und Stelle liegen. "Izzy?" meldete sich Kari, nachdem wir eine ganze Weile "Hm?" "Ich. will noch einmal bei Tai vorbeischauen, bevor ich nach Hause gehe." sagte Hikari als die beiden durch das Viertel gingen. "hm....." "Wo Takeru wohl steckt, wenn er nicht Zuhause ist? Um diese Uhrzeit?" "Ich mache mir da offengesagt so meine Sorgen. Solange Mike hier herumläuft. ich weiß ja nicht, wozu der Typ fähig ist!" "Ich weiß nicht. irgendwie tut er mir auch leid.....ich mein, wenn sein eigner Vater ihn.....du weißt schon......" "Wahrscheinlich ist er einfach nur jemand, der von seinem Umfeld kaputtgemacht wurde. Wer weiß? vielleicht ist er gar nicht so übel. So, da wären wir..." "Danke Izzy. ich.....ich werd nachfragen, ob ich heute nacht hier bleiben kann......geh ruhig schon mal nach Hause......." "In Ordnung... " murmelte Izzy. Als Hikari im Haus verschwunden war, ging er langsam die Straße entlang. Ein seltsamer Tag war das gewesen..... Vielleicht sollte er erst mal die Nacht drüber schlafen. Er schlenderte durch die dunklen Strassen, als er plötzlich verwundert stehen blieb: da brannte Licht in der Wohnung von Takeru und seiner Mutter... Da Takerus Mutter allerdings jetzt bei ihrem Ex Mann saß ,musste Takeru dort sein! Natürlich... "Ich schau lieber noch mal nach, wie es ihm geht... " sagte Izzy leise zu sich selbst... "Ich bin's... " rief Hikari in den Flur, zog ihre Schuhe aus und schlich dann in das Zimmer von Yamato. "Hi..." flüsterte sie. "Oh. Hallo..." murmelte Tai leise. "Wie. geht's?" "Der Situation entsprechend. Warum wollte Izzy eigentlich wissen, wo Takeru steckt?" "Naja... ihm ging's heute nicht besonders......" "Ist er krank?" fragte Tai besorgt "Nein, er meinte, es wäre nichts besonderes. vielleicht hat ihn auch nur die Begegnung mit Mike aus der Fassung gebracht..." "Mike? Wer ist das denn ?" fragte Tai - und dann geschah das, womit niemand mehr wirklich gerechnet hatte. Yamatos Kopf war von Taichis Schoß in die Höhe geschnellt "Mike?" japste er - dann wanderte sein Blick unsicher durch das Zimmer. Er sah die überraschten GEsichter von Tai und Hikari, schaute noch verdutzter an sich herrunter, bemerkte die vielen Pflaster von den Infusionsnadeln und brache schließlich wackelig "Was......ist passiert?" hervor. "Man bin ich froh, dich wiederzuhaben....." Yamato schüttelte fassungslos den Kopf. "Was. war eigentlich los? Ich kann mich an kaum etwas erinnern....." Yamato, Hikari, Taichi und Yamatos Eltern saßen um den Küchentisch herum. Taichi sah ihn verlegen an. "Ach. das erzählen wir dir später. " "Später? Warum ? Erzähl es doch einfach jetzt?" "Also....gut. Aber es wird dir nicht besonders gefallen....du warst fast ein halbes Jahr in einem.....geistesabwesenden Zustand. Du warst zwar wach - aber irgendwie doch nicht! Aber als Hikari Mike erwähnte. da bist du ganz urplötzlich wieder......" Taichi wurde von der Türklingel unterbrochen. Hektisch läutete es vier, fünfmal hintereinander. "Wer kann denn das sein, um diese Uhrzeit?" sechs... sieben... achtmal... Taichi sprang auf. "Ich geh aufmachen." und rannte zur Haustür. Yamato stürzte hinterher. "Oh nein... " flüsterte Yamato, als Tai die Tür geöffnet hatte. Vor der Haustür stand Izzy und an ihn gelehnt stand mehr bewusstlos als wach Takeru. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 Der Arzt klappte seinen Koffer zu."Verletz ist er nicht allzu stark , hier und da ein paar Kratzer. Ich habe schon schlimmeres gesehen. Allerdings steht er ziemlich unter Schock... " Meine Augen ruhten auf dem blassen Gesicht Takerus. Seine Augen waren geschlossen, doch sah man, wie sie unter den Lidern hin und her huschten. Wahrscheinlich hatte er Alpträume. "Sie sollten eine Therapie bei einem Psychologen ansetzten , sonst nimmt er in Zukunft vielleicht ähnliche psychische Schäden ." Er erwähnte Yamatos Name nicht, aber alle wussten, dass er den Eltern immer wieder Vorwürfe gemacht hatte, als er zu den Hausbesuchen gekommen war. "Und sie sollten ihm jetzt auf keinen Fall zu nahe kommen, wenn er es nicht will. Ansonsten kann ich ihnen allen jetzt nur eins empfehlen.." sagte er und blickte in die Runde der müden Gesichter. "Schlafen sie eine Nacht drüber... " Die Anwesendenn nickten stumm - ich jedenfalls konnte mir kaum vorstellen, diese Nacht Schlaf zu finden. Wahrscheinlich würde ich die ganze Nacht vor meinem Laptop hocken und im Internet stumpfsinnige Recherchen durchführen, die wahrscheinlich zu keinem Ergebnis führen würden. Der Arzt drehte sich um, nahm seinen Koffer und ging zur Tür. "Und rufen sie mich am besten an, sollte er heute Nacht noch mal aufwachen. Ansonsten komme ich morgen früh zu den üblichen Untersuchungen." NAchdem was ich gehört hatte, kam er jeden Morgen und jeden Nachmittag einmal, um Yamato zu untersuchen - was in Zukunft hoffentlich nicht mehr nötig war. Es war soweiso ein Wunder, dass Yamato nicht die ganze zeit im Krankenhaus bleiben musste - doch die Ärzte meinten, es wäre kein physisches Problem, sondern allein ein psychisches. Dann verließ er die Wohnung und ließ die Haustür ins Schloss fallen. Yamatos Mutter kauerte auf dem Stuhl und wimmerte "Oh nein oh nein oh nein..." vor sich hin, während sein Vater die umherstehenden Kaffeetassen, in die Küche brachte. Ich saß betrübt auf dem Fußboden und versank in Selbstvorwürfen. Hätte ich Takeru nicht einfach gehen lassen, sondern wäre mitgekommen - dann wäre das alles nicht passiert. "Izzy, mach dir keine Vorwürfe..." Ich blickte auf. Vor mir stand Hikari, die ebenfalls ziemlich mitgenommen aussah."Du kannst rein gar nichts dafür! Es gibt nur einen Menschen, der Schuld an dieser Situation hat. Und der bist nicht du." Ich nickte , spürte, wie die Welt vor mir verschwamm. Oh verdammt, was sollte der Mist? "Die armen Eltern... " murmelte Hikari schließlich. "Erst Yamato und dann Takeru. was wohl passiert, wenn er auch so wird wie Yama...." "Mal den Teufel nicht gleich an die Wand!" Ich schüttelte den Kopf. "Wenn das so weiter geht.....bin ich bald auch reif für die Klapse... " ~Das mühsam erlangte Glück wird doppelt genossen~ Balthasar Gracian Taichi und Yamato saßen neben Takerus Bett und betrachteten den unruhig schlafenden Jungen. Zeit, sich über ihre neu gewonnene gemeinsame Zeit zu freuen, hatten sie allerdings nicht. Die Sorge um Takeru hing drückend schwer im Raum und Taichis Kopf war prall gefüllt mit Fragen, die nach Antworten schrien. "Yama. darf ich dich mal...etwas fragen?" "Natürlich. Alles. das weißt du doch..." "Du warst etwa ein halbes Jahr. in....so einem Zustand..." sagte er langsam als ob er jedes Wort vorher auf die Goldwaage legen müsste. "....hat... das auch etwas mit Mike zu tun?" Komisches Gefühl. Als ob man ein halbes Jahr einen schweren Eimer über dem Kopf hatte, durch den kaum etwas durchgedrungen ist. Ein bisschen so, als wäre man ohnmächtig. Oder im Halbschlaf, wo man noch fast alles mitbekommt um einen herum, aber alles für einen Traum hält und an den Stellen, an denen es einem nicht gefällt. da dichtet man sich einfach eine schöne heile Welt dazu. Eine Welt, in der es egal ist, wer man ist, wo man herkommt, was man erlebt hat. Wo man einfach sein darf, wer man ist und lieben darf, wen man mag. Eigentlich ist das ein schönes Gefühl. Bis zu dem Punkt, wo alles außer Kontrolle Gerät. Wo der" Eimer "die Oberhand gewinnt. Wo man sich nichts mehr dazu denken darf - oder da, wo man sich eine verstärkte Version der grausamen Realität vorhält. So was kam auch vor. Der Moment, wo einem diese Ohnmacht zum Feind wurde. Dann, wenn die Erinnerungsfetzen aus der Vergangeheit durcheinanderwirbelten, in einer Reihenfolge, die nicht war und nicht sein wird - aber trotzdem waren sie nie ganz falsch oder ganz richtig. Immer ein bisschen neben der Realität. Aber nie wirklich entfernt davon. Etwa so, als wenn man mit einem Fuß auf dem Bürgersteig geht und mit dem anderen auf der Straße- man ist nicht in Gefahr, weil man ja noch zur hälfte auf dem Bürgersteig ist. Aber sicher ist man auch nie, weil man trotzdem ja noch auf der Straße ist. Du erlebst den glücklichsten Moment deiner Vergangenheit noch mal und plötzlich, kurz bevor die Erinnerung verblasst, stürmen traurige Ereignisse auf sie ein und drehen alles ins Gegenteil. Aber warum..... Vielleicht war es eine Art Selbstschutz, der außer Kontrolle geraten war... Verdränge alles Traurige und alles, was dir Schlimmes wiederfahren ist. Schieb es ganz weit weg in die hinterste Ecke deines Bewusstseins. Tu so, als hättest du es vergessen! Ja. So habe ich das gemacht. Ich habe alles zurückgedrängt und war .....glücklich. Doch es ist so ähnlich wie mit einer Regentonne. Du kannst viel hineingießen. Doch schließlich braucht es nur einen Tropfen. Eine Person. Eine klitzekleine Erinnerung die wieder auftaucht... und das Fass läuft über und dann. hast du nichts mehr, was diese Flut aufhalten kann. ..... Mein Erinnerungsfass sprudelte an dem Tag über, als mir einer der Gefängniswärter in der Stadt über den weg lief. Das war das letzte, woran ich mich noch erinnern konnte. "Yama?" "Oh. tut mir leid. Ich war in Gedanken... also was wolltest du wissen?" "Erm... das mit. Mike..:" sagte Tai langsam. Ich schluckte. "Ja und nein." Was er mit mir gemacht hatte , war nichts gewesen - im Vergleich zu dem was heute passiert war. Doch als ich mich erinnerte, was er mir von sich selber erzählt hatte, tat er mir wieder Leid. Konnte er überhaupt etwas für das , was er tat? "Ich halte ihn für schizophren." sagte ich schließlich. "Wahrscheinlich will er nicht so sein, wie er ist. In seiner Vergangenheit musste er vieles durchmachen, von dem wir nicht die leiseste Vorstellung haben. Im Grunde genommen ist Mike nur ein armes Schwein, dass sich in den Sumpf eines bescheuerten Systems verirrt hat. Wahrscheinlich hat er sich irgendwie an seine Situation angepasst, ohne es zu wollen ." In diesem Augenblick wurde die Bettdecke zurückgeschlagen und Takeru richtete sich vorsichtig auf. Er verzog das Gesicht und tastete vorsichtig seinen Bauch ab. "Takeru!" Ja?" kam es wieder unter der Bettedecke hervor. "A.. alles in Ordnung da unten?" "Ah. mein Hintern tut zwar höllisch weh und ich habe das dringende Bedürfnis mich in eine Badewanne voller Eiswürfel zu legen, aber ansonsten...." "Rede keinen Müll. Versuch nicht, uns irgendetwas zuverheimlichen, nur damit wir uns keine Sorgen machen! Das geht nur nach Hinten los!" sagte Yamato. "Du darfst nichts in die Ecke drängen!" Tai schaute von Takeru zu Yamato und wieder zurück. "Welche Ecke?" "Vergiss es. Takeru, schrei einfach jemanden an oder so was. Aber tu nicht so, als wäre alles in Ordnung. Gib mir Tiernamen oder so was..." Erst in diesem Augenblick realisierte Takeru, WER eigentlich vor ihm saß. Für einen kurzen Moment kämpfte er noch gegen die Tränen an, dann stürzte er sich seinem großen Bruder in die Arme, den er nun nach vielen Monaten zum erstenmal wieder hatte sprechen hören. "He, ich bin froh, dass es dir gut geht. warum sollte ich dir Tiernamen geben?"schniefte er . Yamato grinste schief. "Dann gib eben Tai welche. Oder was weiß ich nicht was. Aber wehe du unterdrückst irgendeine Form von Wut!" Kurze Zeit später war der Arzt wieder zurück und stand kopfschüttelnd neben Izzy. "Hm, der Junge scheint ganz fit zu sein. Sollte sich irgendetwas verändern, dann ruft mich wieder an..." brummte er schließlich, klappte seinen Arztkoffer zusammen und verließ das Zimmer. Aus dem Nebenzimmer hörte man ihn noch leise mit Takerus Eltern sprechen. "Leute, wenn ihr nichts dagegen habt..." gähnte Izzy ". dann geh ich jetzt nach Hause." "Schlaf dich ruhig aus, du hast es dir verdient!" sagte Kari und schob ihn aus dem Zimmer. "Außerdem wären die Herren glaube ich lieber unter sich." "HE, Moment mal, ich bin auch.." "Izzy... das mein ich nicht." "Ach so... DESWEGEN.Na schön, ich mach dann nen Abgang." Nicht lange, nachdem Izzy und der Arzt das Haus verlassen hatten, kehrte wieder Ruhe ein. Kari hatte sich auf das Sofa im Wohnzimmer zurückgezogen, Takeru döste in seinem Bett und auch seine Eltern waren bereits schlafen gegangen. Nur im Zimmer von Yamato brannte noch Licht. "Weißt du. ich hatte schon fast vergessen, was das für ein Gefühl ist...." flüsterte Taichi. "Was?" "Dieses Kribbeln im Bauch, wenn du mich so anschaust wie grade jetzt....." "Ach. und wie schaue ich dich an?" "Wie ein großes Stofftier auf dem steht: "Ich will geknuddelt werden"... " "TAI" "War nur n Scherz. ." Die Beiden lagen nebeneinander und Taichi spielte mit Yamatos blonden Haaren. "Obwohl. ich hatte mal einen Stofflöwen, der sah genauso aus...." "Tai. kannst du damit vielleicht aufhören? Ich vergleich deine Frisur doch auch nicht mit unserem Wischmob!" "Reden wir über etwas anderes......" "Nein... " "Wie?" "Reden wir lieber nicht mehr... "lächelte Yamato und zog Taichi näher zu sich heran. Es musste gegen drei Uhr am Morgen sein - Tai schlief tief und fest, nur ich bekam kein Auge zu. Aber, nachdem was ich gehört hatte, hatte ich lange genug geschlafen - ich fühlte mich ungefähr so müde, wie ein Koffein Junkie mit mindestens einem Eimer Kaffee im Blut. Nachdenklich beobachtete ich das Gesicht unter dem großen, weichen, braunen Haarbüschel. Tai. hatte er wirklich die ganze Zeit nichts anderes gemacht, als für mich da zu sein? Die ganze Zeit. Hätte ich das auch ausgehalten? Ich liebe ihn zwar - über alles. Seine Augen, seine Haare, seinen Dickschädel - einfach alles an ihm. Aber könnte ich mein Leben kompromisslos für ihn aufgeben? Lange schwirrte diese Frage durch meinen Kopf - was wäre, wenn alles anders sein würde? Wenn ich Tai verlieren würde... egal auf welchem Weg? Was dann? Könnte ich mein Leben für ihn aufgeben? Ich fühlte mich schwer, als ich in meine Seele horchte und niemand laut "Ja" brüllte. Könnte ich ihn wirklich im Stich lassen? Nach allem, was wir zwei erlebt hatten? ...Da endlich, meldete sich meine Innere Stimme "nein". Gut. So halbwegs funktionierte ich also noch so wie ich es erwartete. Oh man, Ishida, du bist echt schizophren... Meine Überlegungen wurden durch ein Wimmern aus dem Nachbarzimmer unterbrochen. Da weinte doch jemand? Vorsichtig löste ich mich aus Tais (ziemlich intensiven)Umarmung und schlich zur Tür. Takeru. Natürlich hatte er es nicht verkraftet.......Mit so etwas kann man nicht so leicht fertig werden wie er versucht hatte es uns vorzumachen. Tief in mir brüllte jemand, und er hatte sehr sehr schlechte Laune und das dringende Bedürfnis einer gewissen, rothaarigen Person an eine Stelle zu treten(oder besagter Stelle noch andere unangenehme Dinge anzutun), nach dessen Eliminierung sich die Stimmlage besagter Person um mindestens eine Oktave erhöhen würde - kurz gesagt: mir war danach, Mike zu kastrieren. Eine weitere, etwas vernünftigere Stimme in meinem Inneren redete auf die keifende ein, und machte ihr deutlich, dass grade weder die richtige Zeit war, noch der richtige Ort. Außerdem fehlten wichtige Hauptakteure: Mike und ein scharfes Messer. Ich schob mich in Takerus Zimmer und setzte mich neben das schluchzende Bündel aufs Bett. Einen Augenblick später kletterte Tk auf meinen Schoß, schlang seine Arme um mich und versuchte tapfer gegen die Tränen anzukämpfen. Ich strich im über den Rücken und suchte nach tröstenden Worten . Doch ich fand in meinem Kopf nur eine tiefe, wilde Wut - also sagte ich lieber nichts. Es war auch nicht nötig, wie ich feststellte, den Takerus Atem beruhigte sich wieder, langsam wurde er ruhiger und sein Körper schien ihm wieder zu gehorchen. Es war einer dieser wenigen Momente, in denen es keine Worte gab, die ausgedrücken konnten, was uns gerade verband. Es Liebe zu nennen, käme einer Verspottung gleich, denn es ging viel weiter. Wir waren zwei gestrandete auf einer einsamen Insel, in einem weiten, brüllenden Meer - das und noch viel mehr verband uns. Ich musste für einen Augenblick lächeln. Armer Taichi - du sitzt auf der Reservebank, und das im wichtigsten Spiel deines Lebens. Takeru murmelte ein leises "Besuch mich bald wieder" - und schloss dann seine Augen. "Ja" , flüsterte ich." sooft ich kann". Als Tai am nächsten Morgen aufwachte, fehlte da etwas: es war weich, kuschelig, und vor allem -nicht da. Enttäuscht krabbelte er aus dem Bett, suchte nach so etwas wie Hausschuhen und schlurfte dann ins Badezimmer. Nur einen Moment später stand er unter der Dusche und überlegte, wo das "Objekt seiner Knuddelbegierde" nur sein könnte - die Frage erübrigte sich, als ein blondes, verschlafenes Etwas den Duschvorhang zur Seite zupfte und ein "Rück mal n Stück"nuschelte.. Tai lächelte und zog Matt unter den Wasserstrahl. "WAH! KALT!" Das Lächeln wurde zum Grinsen. "Wußt gar nicht, dass du n Warmduscher bist!" stichelte Tai. Anstatt einer Antwort streckte Matt ihm die Zunge heraus, griff gespielt beleidigt nach der Seife und widmete sich ganz der privaten Körperpflege. "He, ich bin auch noch da!" Tai fuchtelte mit seinen Händen vor Matts Gesicht herum, mit dem Ergebnis, dass dieser sich nun nicht mehr der Seife widmete, sondern Tai - nun war die Seife beleidigt, und meinte, sich den verliebten Jungen in den Weg stellen zu müssen. Es machte "WUUUTSCH" und die beiden Jungen landeten lachend und kreischend , übereinander auf dem Boden der Duschkabine. "Ah, schöne Aussichten!" grinste Tai, und erntete eine Kopfnuss inklusive einem "Perversling!" Er lachte verlegen und rieb sich den Kopf. "Tai... gehst du bitte von mir runter? Ich sitze auf der Seife, und es ist ein Scheißgefühl!" Hastig entknoteten sich die Jungen, genossen noch kurz den herllich albernen Moment, und starteten dann in einen neuen, verwirrenden Tag. "Nun, was war?" fragte ich, als wir eine gute halbe Stunde später am Frühstückstisch saßen. Yamato sah mich nun ernst an. "Tk." brummte er. Ich nickte." Verstehe. Schlimm?" Schulterzucken. "Vielleicht ist das schlimmste, jetzt, nachdem er sich ausgeweint hat, vorbei. Vielleicht... "Yama schüttelte den Kopf "hat es aber auch erst angefangen." Ein seltsames Gefühl breitete sich in meinem Kopf aus. Es war nicht Trauer oder Wut - auch kein Mitleid, obwohl es hätte da sein müssen. Es war Verzweiflung. Diese Welt hatte etwas gegen uns. Sie wollte uns nicht glücklich werden lassen. Entweder es traf uns - oder die, die uns Nahe standen, und es schien sich immer weiter auszubreiten. Wen traf es als nächstes? Ein Gedanke, der schmerzte, meldete sich zu Wort. Ich wollte ihn ignorieren. Ich wollte es mir nicht vorstellen. Ich wollte nicht wissen, dass es noch eine Seele in diesem Haus gab, die frei war, die noch nicht von der Realität eingefangen und betäubt worden war - dass es sie auch noch treffen könnte. Ich zuckte zusammen, als er seine Hände auf meine Schulter legte. "Ich lasse das nicht zu." flüsterte mir Matt ins Ohr. "Ich lasse es nicht zu, dass noch jemand damit hineingezogen wird." Für einen Augenblick dachte ich, Matt hätte meine Gedanken lesen können - doch dann wurde mir bewusst, dass ich weinte. Und die Verzweiflung, Wut, und Trauer die sich wochenlang angestaut hatte, wollte nach draußen. Ein seltsamer Schmerz zog sich durch meinen Körper und ich kam mir innerlich zerrissen vor. Kalt, leer uns einsam klammerte ich mich an das einzig warme, was ich noch wahrnahm. "TAI? TAI? Verdammt! Du kippst mir doch nicht weg, oder?" Toll. Wunderbar! Idiot, Idiot, Idiot! Wegen eines T - Shirts! Verdammt, was gibt es asexuelleres als ein T-Shirt? -Ok, da gäbe es so einiges - Würmer zum Beispiel. Oder alte, faltige , häßliche, fregide, reiche Feministinnen, die Norwegerpullis nachstrickend Großkonzerne aufkauften. Aber ein T- Shirt....... ich bin noch nie wegen einer solch banalen Sache wie einem verdammten Kleidungsstück ausgerastet! Und ich dachte bisher, dass ich wenigstens noch einen Funken Selbstbeherrschung in mir hätte. Aber nein! Mister "Meine Hormone sind stärker als mein Verstand" konnte sich wieder nicht beherrschen! Oh. Verdammt! Yamato wird mich umbringen... sollte er jemals aufwachen und - sollte ich bis dahin noch aus einem ganzen Stück bestehen. Ich hastete humpelnd und in Gedanken fluchend durch das Hafenviertel, hörte das Kläffen der Hunde und in der Ferne die Lautsprecherdurchsagen dröhnen. Mit jedem weiteren Schritt nahm das Pochen in meinem Fuß zu. Als die Hunde hinter einer Ekce eines der LAgerhäuse auftauchten, stöhnte ich erschöpft und verzweifelt auf. Es ging weder vor, noch zurück, mir bleib eigentlich keine Alternative mehr, also sprang ich in die kalten Fluten des Hafenbeckens. Während ich, durchgefroren und kraftlos versuchte, mich halbwegs über Wasser zu halten, standen die Hunde bellend am Ufer und machten ihre "Herrchen" auf mich aufmerksam. Ich versuchte von den Kaimauern wegzukommen, auf der anderen Seite der Hafenbucht an Land zu kommen, doch mit jedem kläglichen Schwimzug sank mein Kampfgeist. Was ich jetzt dringend brauchte war ein Wunder. Am besten frei Haus , steuerfrei - und... möglichst innerhalb der nächsten 10 Minuten. Aber Wunder gibt es nicht. Nicht in dieser Welt... Dachte ich zumindestens..... Filmriss. Wolldecke, Sofa und heißer Kakao zählen nicht zu den Dingen, die ich spontan mit "Ertrinken" in Verbindung bringen würde. Und im Jenseits konnte ich auch nicht sein, es sei denn, es roch in der Hölle nach Fisch und Gummistiefeln. "Da hast du noch mal Glück gehabt!" brummte eine Stimme hinter mir. In der Tür stand, groß, weißbärtig und vor Nässe topfend ein Klon eines Fischstäbchen-Werbe-Modells. "Iss am gießen, als hätte da oben jemand vergessen den Wasserhahn abzudrehen!" brummte er und deutete aus dem Fenster. Draußen klatschte ein Vorhang aus Wasser auf die Erde. "Kannst von Glück sagen, dass der Sturm nicht so stark war, sonst hätt ich dich nicht aus m Wasser ziehen können. Hast Fieber und so. Liegen bleiben, viel trinken. Deine Sachen sind auch bald trocken." Erst jetzt bemerkte ich, dass ich unter der Wolldecke ziemlich wenig anhatte - präziser: gar nichts. "Ähm. was ist eigentlich....passiert?" brachte ich hervor und erschrak über meine eigene Stimme , die nur noch ein heiseres Krächzen war. "Watt weiß ich? Ich weiß nur, dass ich nach ner Sturmwarnung schnell nach Hause rudern wollte - und dich dann im Wasser hab treiben sehen. Hab meinen Arzt gefragt was ich machen muss. Und der hat gesagt 'Zuerst die Klamotten runter!' Das hat der gesagt und dann, dass du im Bett bleiben sollst und viel trinken und so. Ach und deinen Fuß musste stillhalten...." Ich nickte langsam. "Ähm... danke. Sie haben mir glaube ich das Leben gerettet." "Ach Quatsch. Hab gehört, dass die Polizei in ner Nähe war. Wäre also nicht weiter schlimm gewesen, ne?" Hatte der eine Ahnung! Da hätte ich genauso gut ertrinken können - wäre wahrscheinlich sogar angenehmer gewesen. "So, jetzt kommen wir zum Geschäftlichen! Wie heißt du, wo wohnst du und wie kommst du dazu, bei nacht, Nebel und Sturm da draußen rumzutreiben?" "Ich ähm. heiße Mike und ich wohne ähm......." ich dachte angestrengt nach. Was sollte ich jetzt bloß sagen? 'Ich wohne eigentlich in einer Jugendstrafanstalt und bin ausgebrochen' - nein, das machte sich nicht gut. Da machte man doch gleich einen schlechten Eindruck. "Bist wohl von Zuhause abgehauen, was?" Ich sah ihn überrascht an. "Hm, na, macht nix, hab ich früher auch manchmal gemacht. War immer zwei drei Tage wech von allem. Und dann hatte ich Heimweh. Man, ich hab dann vielleicht immer Prügel einstecken müssen... aber war ein schönes Gefühl, als ich gehört hab, dass se vor Sorge um mich fast durchgedreht wären. Tja....Ich mach dir n Vorschlag: Du kannst solange bleiben wie du willst, wenn du mir versprichst, anschließend zurück nach Hause zu gehen, ja?" Jetzt war ich noch überraschter, nahm aber dankbar an. Bis mein Fuß wieder einigermaßen in Ordnung war, hatte ich also ein Versteck..... Und dann....... "Ich dachte schon, dass du auch noch durchdrehst!" Hikari war sichtlich erleichtert, als Tai sich am nächsten Morgen gut gelaunt an den Frühstückstisch setzte. "Ach was. Wer kann den bei der Fürsorge durchdrehen?" lächelte er und zwinkerte Matt zu. "Hm." brummte dieser und unterdrückte ein Gähnen. "Kaffee." war sein nächstes Wort. "Bekommst du heute vielleicht auch einen Satz zustande?" "Tai - Kaffee- in Tasse- schnell- bitte." Tai grinste und erfüllte seinem Herzallerliebsten den Wunsch. "Wie gehts TK inzwischen?" wandte er sich dann an Hikari. "Besser. Wir haben. geredet. Ich glaube, das hat geholfen." "Hätte dir vielleicht auch geholfen." bemerkte Tai. Matt verschluckte sich an seinem Kaffee und brachte unter Husten ein "Entspricht aber nicht meinem Image" hervor. .... Stimmt. Es entsprach wirklich nicht dem Bild vom Einsamen Wolf. "Einsamer -Wolf -der-sich-mit-seinen-Freunden-zusammen-aufs-Sofa-setzt-Kaffe-und-Kuchen-isst-und-über-seine-Gefühle-spricht" klang.gar nicht gut. "Trotzdem." Tai ließ nicht locker. "Ich will wissen, was in deinem Schädel vor sich geht!" "Vergiss es." "Warum?" "Deine schöne heile Welt würde zusammenbrechen. Meine Gedanken sind viel zu..." Matt suchte nach einem passenden Ausdruck. Es dauerte eine Weile. "schmutzig." "Quatsch. Ich vertrag so etwas!" "Wetten dass nicht?" "Wetten das doch?" Matt beugte sich zu Tai herüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin Tai rot wie eine Tomate wurde und ein schockiertes "MATT!" von sich gab. "Wette gewonnen." Yamato grinste zufrieden. Zeit heilt bekanntlich alle Wunden. Was meinen Fuß anging, traf das zu, aber mein Gewissen war ein Trümmerhaufen. Was hatte ich getan? Ich war verdorben. Durch und durch. Keinen Deut besser, als mein Vater. Warum? Warum warum warum? Ich wusste es nicht. Keine Kontrolle. Durchgedreht. Abartig. Dreckig, sexbesessen. Ich werfe Steine auf gläserne Menschen, schlage tiefe Löcher in unschuldige Persönlichkeiten. Hinterlasse Trümmerfelder in reinen herzen. Abstoßend! Krank! Innerlich Verfault! Ich schlenderte durch die graue Trostlosigkeit der Großstadt, wissend, dass hier der Ort war, an dem sich die verschiedensten Emotionen ballten: Freude prallte auf Trauer, Nachdenklichkeit auf Wut, Sorglosigkeit auf Depressionen. Menschen drängten sich durch die Adern der Stadt - eine bunte Wiese voller heiterer Gesichter, Einkaufstüten und Werbeplakaten. Ich versuchte, nicht zu denken, mich von den Farben, Gerüchen und Geräuschen berauschen zu lassen. Doch ich sah durch die bunten Fassaden hindurch und fand, unter dem Vorhang der schönen heilen Welt, graue, harte Realität. Eine Stimme in meinem Kopf, die mir zuschrie, was für ein riesen Arsch ich bin. Ein Gewissen, dass, viel zu lange Zeit betäubt, nun wieder arbeitete. Und ein Herz, dass vor lauter Schmerz aufschrie. Kein Geld, keine Hoffnung, keine Zukunft. Um das Geld würde ich mir kaum Sorgen machen müssen - ein schneller Griff in fremde Taschen und schon waren mir mehrere Mahlzeiten sicher. Doch zu allererst. brauchte ich ein anders Oberteil. Ich trug immer noch TKs T-Shirt. Und es brannte auf meiner Haut. Ich konnte es waschen, sooft ich wollte, es roch nach ihm und es gab mir dieses grauenhafte Gefühl von Vertrauen. Seinem Vertrauen - was ich- im wahrsten Sinne des Wortes missbraucht hatte. Ich hatte eine Welt zerstört. Eine friedliche Welt, wie sie im Kopfe eines unschuldigen Menschen existierte. Ich habe diese Welt - diesen Menschen zerstört. Nacht für Nacht der gleiche Alptraum. Die gleichen Worte, die gleichen Berührungen, der gleiche traurige Blick, als er die Tür hinter sich schloss. Bilder, die ich nicht mehr aus meinem Kopf bekam. Doch da war kein Hass. Er hätte da sein müssen! Ich müsste ihn hassen. Denn es TAT weh. Es tat MIR weh. Aber warum konnte ich ihn nicht einfach hassen? Warum hatte ich Mitleid mit ihm? Warum? Vielleicht tat er mir leid, weil er in einer anderen Realität aufgewachsen war. Einer, in der das, was passiert war, Alltag war. Es war seine Welt. Die Welt in der er groß geworden war. Die Welt, in der man seinen Gedanken freien Lauf ließ - ohne Rücksicht auf andere. Wo nur eins zählte: Befriedigung eigener Bedürfnisse - auch auf Kosten anderer. Wenn du Lust hast dein Kind zu ficken, tu es einfach! Es wird sich sicher nicht wehren! Mir wurde übel. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Badezimmer, fand mich wenige Augenblicke später würgend und spuckend über der Kloschüssel wieder. Widerlich! Wo kamen sie her, diese Gedanken? Wo kamen sie so plötzlich her, verdammt? Oder..... ..... Waren sie vielleicht schon die ganze zeit dagewesen? Zitternd lehnte ich mich gegen die geflieste, kalte Wand. Was dachte ich denn? Das die Welt rosarot und wunderbar war? Das das Glück mir an jeder Ecke auflauert, mich anspringt und nie wieder loslässt? Ich war so verdammt naiv gewesen, das zu glauben. Denn es gab sie nicht; Es gab keine schöne, heile Welt. Es gabt nur Menschen, die sie dafür hielten, und Menschen, die hinter die Fassade sehen konnten. Der alte Mann stellte keine Fragen, als Mike am Abend zurückkam. Die beiden hatten vereinbart, nichts voneinander wissen zu wollen. "Besser so." hatte der Mann gesagt. "Wenn du n Dach überm Kopf brauchst, kannste herkommen. Freu mich immer über Gesellschaft." Mike zog sich die Schuhe aus und kroch dann unter die Wolldecke auf dem Sofa und starrte ins Leere. Er hatte sich einige Klamotten gekauft - vor allem Pullover, denn die Sommermonate wichen den kalten Herbsttagen. Er trug nun einen schwarzen Strickpulli. Er erinnerte ihn an die, die ihm seine Mutter früher gestrickt hatte, bevor sie damals weggegangen war. Warm, kuschelig und doch kratze er auf der Haut, wenn man kein T-Shirt darunter zog. Mike rollte sich zusammen und seufzte. Er trug TKs T-Shirt immer noch unter dem Pulli. Er hatte es loswerden wollen, weil es ihn daran erinnerte, was er getan hatte. Doch als er in der Engen Umkleidekabine stand, war ihm etwas bewusst geworden: Er WOLLTE daran erinnert werden. Er wollte gar nicht verdrängen was er getan hatte. Er wollte sich immer und immer wieder bewusst werden, was er getan hatte, und, warum er es getan hatte: Weil er keine Kontrolle über sich hatte. Hatte er wirklich keine Kontrolle über sich gehabt? Hatte er es nicht in Wirklichkeit gewollt? Er schüttelte den Kopf, verzeifelt , schüttelte ihn immer wieder, wollte den Gedanken abschütteln. Nein! Nein nein nein! Er konnte sowas nicht gewollt haben. Nein! Hastig sprang er auf. Er musste etwas tun. Irgendetwas. Er zog sich seine Schuhe wieder an und rannte in die Dunkelheit. Er würde etwas tun. Vielleicht nicht morgen. Vielleicht auch nicht in einer Woche. Aber er würde etwas tun! Er wusste schon genau, was. Vielleicht half es. Izzy grinste. "Seibloßstillseiboßstillseibloßstill!" knurrte Yamato und ließ sich erhaben auf dem Sitzplatz neben ihm nieder. Tai wirkte etwas unbeholfen und setzte sich schließlich auf einen Platz, von dem aus er Yamato nicht sehen konnte. Nicht, dass er ihn nicht sehen wollte. allerdings......befürchtete er, ihn dann *zuoft* sehen zu wollen....und zwar in Augenblicken, in denen er seine Augen eigentlich zwischen Balkendiagrammen und Funktionsgleichungen klemmen sollte. Schlimm genug, dass er das Schuljahr wiederholen musste - aber immerhin war er nicht allein. Und es war durchaus berechtigt. Er konnte sich kaum vorstellen, dem Unterricht seiner Stufe noch folgen zu können, nachdem er so lange Zeit gefehlt hatte. Yamato hatte, als er den Brief der Schule erhalten hatte, so viele Schimpfworte von sich gegeben. dass Takeru diese schon auf Band aufzeichnen und an das Guinness Buch der Rekorde schicken wollte. Es hatte jedoch auch seine guten Seiten: mit Izzy in einer Klasse zu sein, hieß, immer einen Dummen zu haben, von dem man Hausaufgaben abschreiben konnte und der einen aus ziemlich unangenehmen Situationen à la ~" Taichi, lesen sie bitte den nächsten Abschnitt" - Nächster Abschnitt? Hä? ~ retten konnte. Und schließlich gab es genug Pausen und leere Klassenräume, um dem Liebsten genug Aufmerksamkeit zu schenken. Sie machten auch kein großes Geheimnis aus ihrer Beziehung - einige Belächelten sie, andere ignorierten sie, aber niemand hinderte sie daran, sich zu lieben. Nun, sie waren fast glücklich. Fast. "Wie geht's?" Die Übliche Frage. Fast wie ein Ritual. "Alles bestens... "Die Übliche Antwort. Mechanisch. "Takeru. red keinen Scheiß! Du siehst offengesagt ziemlich beschissen aus, die Leute tuscheln schon, ob du Drogenabhängig wärst oder so..." "Und?" ich schaute Matt nicht in die Augen. Es war zu offensichtlich, dass er erkennen würde, dass ich log, dass es mir nicht egal war. "Rede mit jemandem darüber! Wenn du nicht mit mir reden willst. dann rede mit ...Kari, oder Papa....oder Mama ...oder...." Ich stand vom Tisch auf und ging. Irgendwohin. Nirgendwohin. Egal. Mit Jemandem reden? Pah. Zuerst hat es gut getan. Alles raus zu lassen. Doch ich bemerkte, dass Kari und ich uns mit der Zeit nichts mehr zu sagen hatten. Niemand konnte soviel Verständnis aufbringen und nachvollziehen, was ich dachte, was in mir vorging. Etwas in mir war kaputtgegangen. Und etwas anderes war an seine Stelle getreten - an einen Punkt meiner Persönlichkeit, vor dem ich selber Angst hatte, denn ich nicht mehr befragen wollte. Mit Matt zu reden hatte keinen Sinn. Er würde mich vielleicht verstehen. Aber er würde von seinen eigenen Erfahrungen ausgehen und mich in Watte packen. Und was ich jetzt brauchte war kein rosaroter Plüschvorhang sondern Durchblick. Realität. mir kam ein Spruch in den Sinn, der in unseren Schultoiletten an die Wand geschmiert worden war: "Realität ist eine Wahrnehmung, die durch den Verlust von Drogen hervorgerufen wird." Gedanklich ersetzte ich das Wort Drogen durch verschiedene andere Begriffe: Naivität, Glück, Dummheit. Ein lustiges Spielchen. Niemand würde mit jemandem reden, der so dachte. Dachte ich. Aber die Realität hatte eine nervige Eigenschaft eingenommen. Sie wollte mich verarschen. Und was sie an diesem Tag mit mir vorhatte, gleichte einem Eintopf aus Absurdität, Ironie und Wahnsinn, der fröhlich über dem Höllenfeuer vor sich hinbrodelte. "Ich würde gerne mit dir reden." sagte die Stimme. "Ach? Ich würde dir wirklich liebend gerne deine Gedärme rausreißen, aber das bisschen Verstand, was ich noch habe ist der Ansicht, das du es nicht wert bist, dass ich dafür auch nur einen kleinen Finger rühre." Er wagte es, trotzdem näher zu kommen. "Bitte." seine Stimme klang traurig. Warum? Warum warum warum? Warum sollte dieser Scheißkerl auch nur die Idee haben, Recht auf Verzweiflung zu besitzen? Ich war etwas ratlos..... Was sollte ich tun? Weglaufen? Sein Fuß dürfte wieder in Ordnung sein - und das hieß, dass er schneller sein würde. Zuschlagen? Hatte keinen Sinn. Hatte damals auch nicht funktioniert. Zuhören? Was würde er mir denn sagen? Und so stand ich nun dort: die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick auf ihn gerichtet und wartete. Der Schmerz hämmerte von Innen gegen meine Brust und gegen meinen Hals. Verdammt. Ich dachte, er würde anders reagieren. Anders. Er müsste Angst vor mir haben. Aber er stand dort, wie die Coolness in Person. Es war nicht so gelaufen, wie es hätte laufen müssen. Ich hätte ihn nicht hier treffen dürfen. Hier - mitten auf einer belebten Straße. Hier, wo er einfach losschreien konnte und ich sofort die Polizei am Hals gehabt hätte. Ich war die Situation mehrfach in meinem Kopf durchgespielt. Alles war geplant gewesen - ich hätte mit ihm in einer Seitengasse gesprochen. Und ich hätte die Oberhand gehabt: Er war mir in meinen Gedanken unterlegen. Doch er stand einfach nur da. "Nun? Ich warte... " Seine Stimme fühlte sich in meinem Kopf an, wie ein Eiszapfen, den man mir in den Schädel gerammt hatte. "Ich dachte, du wolltest mit mir sprechen? Sofern du überhaupt zu etwas anderem fähig bist als deinem Fortpflanzungsdrang zu folgen.." Seine Stimme war spöttisch, verletzend. So nicht. Ich sammelte mein bisschen Selbstbewusstsein wieder zusammen. "Ich habe gesagt, dass ich dich sprechen möchte und nicht, dass ich dich ficken möchte." Takeru lachte bitter. "Komisch , komisch. warum glaube ich dir nicht....Oh, warte....liegt es vielleicht grade daran, dass ich nach unserem letzten *Gespräch* drei Wochen lang nicht vernünftig sitzen konnte?" Ich starrte auf dem Boden und kam mir wie ein kleiner Schuljunge vor. "Es. es tut mir leid." brachte ich schließlich hervor. "ES TUT DIR LEID?" Einige Menschen drehten verwundert ihr Köpfe zu uns um. "Es tut dir leid? Ha! Willst du mich vielleicht verarschen?" Er hatte sich schneller bewegt als ich es überhaupt realisieren konnte. Er hatte mich gepackt und gegen die nächste Hauswand gedrückt. Jetzt hatte sich schon eine Traube Schaulustiger gebildet. Ich wusste, was Schaulustige bedeuteten: Bald würde hier ein Polizist auftauchen und dann war ich geliefert. "Du hast vielleicht Nerven! Es tut dir Leid? Pah! Das kannst du dir sparen." Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort zu sagen um und verschwand in der Menge - während ich mit zitternden Knien immer noch dort stand, wo er mich zuletzt abgestellt hatte. Ich rannte. Meine Lungen schrieen bereits nach Luft, aber ich rannte weiter, rannte und rannte. Und wollte nicht denken. Doch ich dachte nach. Der Typ wollte mich doch nur verarschen. Oder? Vielleicht hatte er es ernstgemeint. Andererseits- warum sollte ich ihm vertrauen? Wenn ich ihn nicht auf der offenen Straße getroffen hätte - wer weiß, was er dann mit mir gemacht hätte... [Ich weiß es ich weiß es :-P] Irgendwann machten meine Beine nicht mehr mit. Ich steuerte die nächste Parkbank an und ließ mich einfach nur fallen. Es war schon fast Abend. Müde legte ich meinen Kopf in den Nacken. Sah in den Himmel. Sah in die klare Herbstsonne. Ließ meine Gedanken kreisen. Dachte an herrliche Herbsttage, Dämmerung und Winterschlaf. Winterschlaf . Wie so etwas wohl war? Einfach ein paar Monate den Kopf ausknipsen und die Welt da draußen einfach nur die Welt da draußen sein zu lassen, während man sich in seine eigene Traumwelt kuschelt. Moment. das hatten wir doch schonmal, oder? Aber warum nicht? War es nicht eigentlich egal was ich tat? Meine Augenlider sanken nach unten und eine Träge Müdigkeit riss mich fort. Große Brüder sind doch was tolles: Sie können dir den ganzen Tag vermiesen, deine Sachen ohne dich zu fragen ausleihen und dich von Parkbänken aufsammeln. "Man, das hätte auch ins Auge gehen können!" fuhr er mich an, als ich aus dem Berg Wolldecken hinausschaute. "Einfach so einzuschlafen... tz. Dir hätte sonst was passieren können. Was wäre wenn du dir eine Lungenentzündung geholt hättest? Oder was, wenn du erfroren wärest?" Nichts wäre dann. Gar nichts. Verdammt. Natürlich hatte er recht, aber... "Ich hab das doch nicht absichtlich gemacht. Ich war so durcheinander nach dem Gespräch und... 00" Oh mist. Verplappert. "Was für ein Gespräch?" bohrte Matt. "Vergiss es." Yama baute sich vor mir auf. "Nein."sagte er. Und es war ein "Original- Yamato- Nein" -Nein - mit der Bedeutung von Nein, was bedeutete, er würde mich solange Löchern, bis ich auf Knien rutschend beichtete. Doch was sollte ich sagen? Oh, es war ein Super Tag! Ich habe eben meinen Lieblingsvergewaltiger getroffen und mich blendend mit ihm Unterhalten! "ich.....also..." stotterte ich unbeholfen los. Es war unfair - ich hatte nicht die Zeit mir eine passende Lüge auszudenken! "Hat es vielleicht was damit zu tun?" Yamato hielt mir die Abendausgabe der Zeitung unter die Nase. "Elefantengeburt ohne Komplikationen verlaufen?" "ARGH das doch nicht! Darunter!" 'Entflohener Häftling nach 4 Monatiger Suche wieder hinter Gitter gebracht - Jugendlicher leistete keinen Widerstand, sondern stellte sich freiwillig ' "Na bitte. Da hast du es. Keine Panik, alles ist in Ordnung. Lehn dich zurück und entspann dich." Ich nickte. Faltete die Zeitung wieder zusammen. Schloss die Augen und lehnte mich zurück. Warum hat er das gemacht? Warum wollte er mit mir reden? Warum hat er sich entschuldigt? Warum hat er sich gestellt? Was wäre, wenn ich ihn hätte ausreden lassen? Was hätte er mir gesagt? Ich rollte auf den Bauch, starrte den kleinen Zeitungsrtikel an. "Sag bitte, dass du dir das nur ausgedacht hast." murmelte ich die Zeitung an. "Nein. Lass es wahr sein." widersprach ich mir selber. "Ich geh zu Tai." rief Matt mir aus dem Flur zu. Dann hörte ich die Haustür knallen und saß alleine auf dem Sofa. Was würden sie mit ihm wohl anstellen? Würde er wieder zurück in das Gefängnis kommen, in dem auch Matt damals gewesen war? Würden sie ihn wieder..... ? Ich schluckte. Nein. Das Gefängnis war, nachdem einige Angehörige der ehemaligen Inhaftierten vor Gericht gegangen waren - Mama und Papa unter ihnen, unter einen neuen Direktor gestellt worden, und sämtliche Angestellten waren ausgetauscht worden. Kein grund zur Panik. Außerdem...... Er verdiente es doch...... Ich schlang die Decken enger um mich. Wie viel Zeit er dort wohl verbringen würde. ? Warum dachte ich überhaupt so viel über ihn nach? Es gab natürlich ein Verhör. Sie fragten, warum ich weggelaufen sei und ich sagte, dass ich es nun mal nicht ausgehalten hab, dauernd von sexbesessenen Irren betatscht zu werden. Kaum hatte ich es gesagt, veränderte sich der Ausdruck auf den Gesichtern der Beamten. Sie schauten mich nun nicht mehr grimmig sondern bemitleidend an. Sie fragten mich, ob ich mir vorstellen könnte, eine Therapie zu machen. Worauf ich wissen wollte, ob es dann in einer geschlossenen Anstalt wäre. Nun, sie boten mir an, dass ich für ein Jahr in einer festen psychiatrischen Anstalt eine Therapie bekäme und danach noch über einen längeren Zeitraum in Psychologischer Betreuung, wäre, allerdings dann eine Wohnung und eine Ausbildungsstelle gestellt bekäme "Und was ist mit meiner Akte?" ich deutete auf den Stapel Papier vor ihnen. "Nun, wenn du die Therapie mitmachst, brauchst du dir darüber keine Gedanken zu machen. Ich nickte. Und stimmte zu. Denn plötzlich verspürte ich den Drang mit mir selber ins Reine zu kommen. Was auch immer das nun heißen würde. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ich bin immernoch nicht fertig -.- Es gibt also noch einen Teil 5. Die Geschichte ist länger als ich in Erinnerung hatte. (Die nächste Überarbeitung wird abermehr zeit brauchen -.-" ) ~Wir sitzen hier, lachen, lutschen Karamelbonbons und betrachten verzückt den Untergang der Welt- Was haben wir doch für ein Glück~ Hanna Koneczny Was der Unterschied zwischen Psychologen und Psychiatern ist? Nun, zu den einen geht man hin, wenn man glaubt, dass man verrückt ist. Zu den anderen geht man hin, wenn man glaubt man sei normal - aber der Rest der Welt kein Verständnis dafür hat, dass man eine ausgehöhlte Melonenhälfte auf dem Kopf trägt , nackt in Springbrunnen tanzt und behauptet, Alexander der Große zu sein. Ich für meinen Teil machte Bekanntschaft mit beiden Sorten von Patienten und dazugehörigen Seelenklempnern. Ich hatte ein nettes kleines Zimmerchen im 2. Stock mit hellen , freundlichen Möbeln, Blumen auf dem Fensterbrett und einem Regal voller Bücher. Fast hätte man meinen können, ich wäre in einem dieser sauteueren Internate, in die Firmenchefs und Bankdirektoren ihren Nachwuchs zu stecken pflegten. Doch der entscheidende Unterschied war, dass auch hier die Fenster von außen vergittert waren, und man den 2. Stock nicht ohne Begleitung verlassen durfte. Trotzdem konnte ich mich auf dem Gelände der Anstalt bewegen. Und hey, das tat ich auch. Zwar klebte mir immer ein Aufseher an den Versen, aber der ließ mir wenigstens meine Bewegung. Ich joggte täglich durch den kleinen Park. Keine Ahnung wie viele Kilometer, aber ich war der Ansicht, dass es ziemlich viele sein mussten. Manchmal nahm ich auch am Unterricht der kleinen Schule teil und wunderte mich, wie viele bekloppte Menschen es in meinem Alter gab. Wobei die meisten von ihnen nicht verrückt waren, nein, sie waren meistens nur selbstmordgefährdet oder hatten schlimmste Depressionen. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal in der Schule war - vor drei Jahren? Vier Jahren? Keine Ahnung, scheinbar hatte sich in der Zeit nicht viel getan, denn ich machte den Unterricht mit, als wäre ich schon immer ein guter Schüler gewesen. Und dann gab es natürlich noch die Gefürchteten "Gesprächstherapien" aller Art. Sie wollten von mir wissen, wo ich großgeworden war, was für ein Verhältnis ich zu meinen Eltern hatte und all so einen Kram. Und ich redete. Ich redete und redete und redete. Und sie hörten schweigend zu. Idioten. Aber zuhören gehörte nicht zu ihren einzigen Einfällen. Sie zeigten mir Tintenklecksbilder, verdonnerten mich dazu ein "Tagebuch" zu führen und wollten von mir meine Berufswünsche wissen. Das erste mal, als sie mich fragten, was ich denn später werden wolle, lachte ich sie aus. Was sollte ich denn bitte darauf sagen? Diplom Drogendealer? Kinderschänder mit Auszeichnung? Zuhälter? Denn ich rechnete gar nicht damit, dass es irgendwo auf diesem Planeten jemanden gab, der mich bei sich einstellen würde. Das ganze hatte zur Folge, dass ich nun öfter mit einem der Psychologen über einem Stapel von Papieren brütete, in denen Berufe und ihre Voraussetzungen vorgestellt wurden. Ich machte den ganzen Quatsch brav mit und war damit so beschäftigt, dass ich kaum noch Zeit hatte, über eine gewisse Person näher nachzudenken. Und so merkte ich gar nicht, wie die Monate dahinflossen und die Zeit, die ich noch dort bleiben musste zu einem kleinen mickrigen Stundenberg zusammengeschmolzen war. Es war demütigend. Demütigend, demütigend und. demütigend. Was, wenn ich einen Klassenkameraden traf? 'Hey TK altes Haus, was machst du denn grade?' - 'Och nichts besonderes... ich lasse mir nur mal wieder das Oberstübchen verdoktern , weil ich seid über einem Jahr unter schwersten Depressionen leide' Mal im ernst. Niemand außer meiner Familie und natürlich den Yagamis wusste, dass ich mindestens zweimal pro Woche zur psychologischen Beratung pendelte. Alpträume, Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Drang zum Selbstmord. ich habe keinen blassen Schimmer, was sie mir noch alles nachsagten. Nicht alles davon traf zu - jedoch war es unübersehbar, dass ich mich damals von einem Tag auf den anderen verändert hatte. Bei meinen Eltern klingelten sämtliche Alarmglocken, sie sahen in mir eine Art Miniaturyamato, der kurz davor war, seinen Verstand abzudrehen und den Komapatienten zu miemen. Ich wurde also unfreiwilligerweise zum Psychologen gekarrt, wo ich dann jede Woche alles was ich an Problemen zu bieten hatte aus meinem Kopf saugte und dem Haufen wiederkäuender Psychologen vor die Füße warf. Ich hasste es. Früher konnte ich jedem dahergelaufenen Straßenpenner von meinen Problemen erzählen, inzwischen konnte ich nicht mal mit Yamato über das reden, was durch meinen Kopf an widerlichen Gedanken herumkroch. Und jetzt sollte ich das ausgerechnet einer hageren, gekünstelt freundlich wirkenden Psychologen- Barbie erzählen, die sich eifrig Notizen machte , jedoch fast in jeder Stunde wieder bei 0 anfing. Wie geht es dir? Was hast du letzte Woche gemacht? War etwas dabei, was besonders schön war? Wenn ja was, und warum hast du es als schön empfunden? Gab es etwas, worüber du dich aufgeregt hast? Wenn ja, was? Was hast du dir für die nächste Woche vorgenommen? Mit wem hast du geredet? Wie sehr konntest du ihm deine Gedanken mitteilen? - Danke auch. Wie in einer albernen Mädchenzeitung. Mein Lieblingsessen ist Pizza, mein Hassessen Spinat. Fehlte nur noch, dass ich ein Poster von den Backstreet Boys geschenkt bekam. Ich war zu früh da. Anders als beim Zahnarzt gab es hier keine offizielle Anmeldung. Man ging durch den Eingang, eine kleine Treppe hinauf, durch eine Glastür und dann nach links in den Warteraum. Ich schob die Tür zum Warteraum auf und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Es folgten die Minuten des "Kritischen Musterns anderer Patienten". Jedes Mal die Angst, jemandem zu begegnen, den man kannte. Dieses Mal fuhr ich sofort wieder von meinem Stuhl hoch und rang nach Luft. Mir gegenüber hockte ein roter Haarschopf inklusive dazugehörigem Körper im Schneidersitz auf einem der Stühle und schmökerte in einer Zeitschrift. "WAS.MACHST.DU.DENN.HIER??" japste ich, hysterisch. Die Zeitung sank ein Stück nach Unten. Was nun? Weglaufen? Um Hilfe schreien? Panik! Panik Panik Panik! Ich hatte mich zu lange mit diesem Kerl beschäftigt, als dass ich jetzt mit ihm reden könnte! "Was wohl. Lass mir mein Dachgeschoss entrümpeln und rede mir meinen Psychischen Müll von der Seele." sagte er, seelenruhig. Als wäre nie etwas zwischen uns passiert. Dann widmete er sich wieder seiner Zeitschrift. Mein Kiefer klappte nach unten. Moment mal. Hallo? Er ignoriert mich? Es entsprach ganz und gar nicht meinen Erwartungen. Keine dumme Anmache. Keine Entschuldigung. Keine Bedrohungen - Gott, ich hatte zuviele billige Romane gelesen. Er ignoriert mich!! Das kann er doch nicht machen! ICH müsste IHN ignorieren. Genau. Ignorier den Kerl. Du willst gar nichts wissen du. willst- nichts wissen. Na schön. Ich wollte doch. Wie fängt man ein Gespräch mit jemandem an, der einem das Leben kaputt gemacht hat? Ich seufzte, starrte ihn an - stutze - und das Gesprächsthema kam von ganz allein dahergekrochen. "Weißt du eigentlich, dass du da eine Frauenzeitschrift ließt?" Zustimmendes Brummen. "Du willst mir doch wohl nicht sagen, dass dich so was interessiert?" "Doch, hey, Fliederfarben ist in! Scheiße aber auch. Passt natürlich nicht zu meinen Haaren." Er stand auf, ging auf mich zu und stülpte mir die Zeitung wie ein Zeltdach auf den Kopf. Verwirrt angelte ich danach. Kochrezepte. "Glaub nicht alles, was man dir sagt." war das nächste, was er von sich gab, während er zurück auf seinen Platz schlenderte. "Ich lerne gerade Kochen und war auf der Suche nach neuen Rezepten." "KOCHEN?" ich sah ihn fragend an. Er lehnte sich zurück - und redete locker drauf los. Anders, als ich ihn in Erinnerung hatte. "Hab mich ein Jahr lang in so einer geschlossenen Anstalt verdoktern lassen. Danach meinten sie dann, ich wäre normal genug, um auf die Menschheit losgelassen werden zu können. " Er hielt kurz inne und sah meinen verwirrten Gesichtsausdruck, "NICHT SO!" sagte er - übertrieben schockiert. "Man weiß ja nie." brummte ich. "Jedenfalls arbeite ich jetzt in einem Restaurant. Manchmal als Kellner, manchmal in der Küche." Ich ließ die Zeitung fallen und starrte ihn ungläubig an "Hey......schau mich nicht so an! Ich kann wirklich kochen!" Eigentlich wollte ich gar nicht mehr darüber wissen. "Und ich hab sogar eine eigene Wohnung." "Klingt abenteuerlich." Er nickte. "Ich hab ein völlig neues Leben entdeckt!" sagte er und in seiner Stimme schwang Begeisterung mit. Ich auch, Mike. Ich auch. Aber MEINE Begeisterung hält sich in Grenzen. In diesem Augenblick steckte meine Psychologin den Kopf ins Wartezimmer und winkte mich zur Sprechstunde. ~ Darin liegt das Geheimnis von Glück und Tugend: Tue gern, was du tun mußt! ~ ( Aldous Huxley: Schöne neue Welt) Ich hockte fast zwei Stunden lang auf dem kleinen, gelben Sofa, zupfte an der Wolldecke herum und starrte auf das Regal auf der anderen Seite des Zimmers, dass mit Stofftieren vollgestopft war. Normalerweise redete ich fast nie - Außer wenn ich eine der Standartfragen gestellt bekam. Wir schwiegen uns an. Manchmal versuchte mich meine Psychologin mit guten Wort, oder bissigen Kommentaren zum Reden zu bringen, aber ich sah nicht ein, einer wildfremden Frau mein Seelenleben zu offenbaren. Als die Zeit endlich um war, war das Wartezimmer leer. War klar. Ich schlenderte nach draußen und überlegte, warum ich überhaupt noch einmal nachgesehen hatte. Und warum ich mich vorher auf das Gespräch mit ihm eingelassen hatte. Kurz: Ich dachte darüber nach, warum ich über Mike nachdachte. Jetzt war der richtige Zeitpunkt: "ARGH" zu sagen und den Kopf gegen die nächstbeste Wand zu schlagen. Das war doch nicht normal! Warum hab ich den Kerl überhaupt wieder getroffen? Wusste Frau Doktor" ich schraub dir den Schädel auf und schau mir deine kranken Gedanken an " überhaupt von Mike? Habe ich mit ihr darüber geredet? Das Gedächtnis wollte nur langsam arbeiten. Nein. Nicht wirklich. Niemand wusste davon. Nichtmal Yamato, obwohl er sich sicher einiges zusammengereimt hatte. Ich seufzte und machte mich auf den Heimweg. "Jawohl!" Tai und Matt saßen ineinander verknotet auf dem Sofa und feierten ihren Triumph. "Nie wieder Schule!" "Wir müssten uns eigentlich noch bei Izzy bedanken" grinste Tai schief. "Später!" kam es von Yamato. Er knabberte seinem Gegenüber - oder besser - Gegenunter am Ohrläppchen herum. "Stimmt. Nicht jetzt. Jetzt ist es grade so schön! Und was schön ist, das soll man genießen!" Grade wollten sich beide intensiver mit sich selbst beschäftigen, als die Haustür zaghaft geöffnet wurde und ein blasser, zerstreuter Takeru ins Wohnzimmer trat und - das Liebespäarchen ignorierend - sich in den Sessel fallen ließ. "Wasch scho schlescht?" nuschelte Matt - ohne dabei Tais Ohrläppchen loszulassen. "Hn." Jetzt wandte sich Matt doch besorgt seinem Bruder zu - trotz Tais enttäuschtem Blick. "Ähm, wenn du willst, dann können wir reden.." "Vergiss es." murmelte Takeru plötzlich, stand auf und schlurfte Richtung Badezimmer. "Ich geh jetzt schlafen." murmelte er. "Es ist zwei Uhr Nachmittags!" "Egal. Bin Müde." "Nicht gut." sagte Matt leise. "Gar nicht gut." Meine Gedanken waren so durcheinander, dass ich gar nicht wagte, mich an komplizierte Überlegungen zu wagen, sondern mich auf Grundideen beschränkte: Dusche = gut Schlafen= gut Dusche + anschließend Schlafen = sehr gut. Und so stellte ich mich unter die Brause, drehte das Wasser auf und wartete ab. Es dauerte eine Weile, bis mein Körper und mein Kopf sich wiedergefunden hatten... Ich stöhnte auf und realisierte meine furchtbaren Kopfschmerzen. Dann drehte ich das Wasser ab, angelte mir ein Handtuch und krabbelte aus der Dusche. Danach warf ich einen flüchtigen Blick in den Spiegel und sah einen nassen, zerstrubbelten, bleichen Augenring -Zombie, der mit der Vorstellung, wie ich eigentlich aussehen müsste, überhaupt nicht übereinstimmte. Es klopfte gegen die Badezimmertür. "TK? Alles in Ordnung?" fragte Matt vorsichtig durch die Tür. Ich schwieg einen Moment, wollte erst Nein sagen, kannte aber die Konsequenzen... Ich müsste meinem großen Bruder einen Teil meines jetzigen seelischen Befindens schildern und das ging meistens nach hinten los. Wenn ich Matt sagen würde WEN ich heute gesehen hatte, würde er wahrscheinlich zum säbelschwingenden Berserker - oder etwas vergleichbarem. Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, wenn Mike die nächsten Wochen einen Kopf hatte, der eher einer Schüssel mir Apfelmus als seinem Denkzentrum glich, aber ich wollte Matt doch nur vor größerem Ärger bewahren. Halt. Ich sah noch mal dem Spiegelbild - Zombie in die Augen. Wen wollte ich eigentlich jetzt beschützen? Matt. Genau. Ja, Matt. Wirklich? Matt Oder Mike? Nein...nein nein nein..... Nein? Nein....vielleicht.... Vielleicht? Matt? Mike? Oder beide? Oder einfach nur mich selbst, weil es vielleicht das einfachste für mich wäre , die Klappe zu halten? Ja. "Ja" hauchte ich leise mein Spiegelbild an. Mich selbst. "Takeru?" Ich zuckte zusammen. "Alles OK da drinnen?" Matt. Ich sortierte schnell meine Gedanken. Eine passende Lüge! Schnell! "Ich... Also. Ich brauch ein bisschen Zeit, OK? Außerdem. :" ich versuchte ein wenig spöttisch zu klingen "rede ich nicht gerne mit Personen, die sich nicht im selben Raum befinden, vor allem nicht, wenn ich splitternackt bin." "OK... Also, wenn du reden willst, weißt ja wo ich bin... " Ich gab ein zustimmendes Brummen von mir und als ich hörte, dass Matt zurück ins Wohnzimmer gegangen war, atmete ich erleichtert auf. ~Wenn wir unglücklich sind, verletzen wir. ~ Graham Greene: Der stille Amerikaner "Und?" "Er meint er bräuchte Zeit. Aber ich glaub, das es was ernstes ist." Yamato ließ sich neben Taichi auf das Sofa fallen. "Er wirkt heute noch verwirrter als sonst. Da stimmt was nicht. Ich werde mich mal n bisschen drum kümmern. Er muss es ja nicht merken..." Tai sah ihn ernst an. "Du musst deinem Bruder die Zeit geben, die er braucht. Wenn ich dich daran erinnern darf, hast du dich noch mehr vergraben, als er. Und glaub mir, das war keine sehr schöne Zeit für mich." "Eben deswegen muss ich doch was tun!" Tai schüttelte den Kopf. "Takeru ist nicht der Typ, dem man den Kopf aufmeißeln muss, damit er n bisschen von seinem Inneren preisgibt. Er macht das auch von ganz alleine. Er ist nicht wie du, auch wenn du es nicht immer wahrhaben willst. Wenn du ihm jetzt nachrennst, dann kannst du vielleicht etwas kaputtmachen, was im Augenblick für ihn sehr wichtig ist." Matt sah seinen Freund traurig an und rollte sich dann auf dem Sofa zusammen, den Kopf in Tais Schoß. "Wahrscheinlich hast du recht....." Tai fuhr Matt vorsichtig durch die Haare. "Vielleicht. ist es mit dem Glück ganz anders, als ich immer dachte......" flüsterte Matt. "Ich dachte, dass das Glück nicht von selbst dableibt. Man muss es schnell packen, wenn es da ist, und dann. dann muss man sich draufsetzten oder es festbinden, damit es nicht verloren geht. Verstehst du? Man muss alles aus dem Weg räumen, was dem Glück im Weg steht. Und auch wenn es hart klingt, aber, was meinem Glück zur Zeit im Weg steht, dass ist nun mal Takeru. Ich mache mir solche Sorgen um ihn. das ich ein schlechtes Gewissen hab, wenn wir beide zusammen sind. Und das tut mir weh. Sehr sogar. Ich will....glücklich sein, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. " "Matt... " sagte Tai leise " Du bist echt ein kleiner Dummkopf. " "Ich weiß." "Soll ich dir meine Theorie vom großen Glück erzählen?" "Natürlich." Tai strich Yamato vorsichtig über die Wange. "Gut. Glück ist nicht etwas, was zu dir kommt. Es ist bereits da. Es steht direkt vor dir doch du kannst es noch nicht sehen. Und weißt du warum?" "Nein." "Weil du es gar nicht sehen willst. Du denkst, dass Glück liegt verschlossen hinter einer großen schweren Tür, und dass das Schloss für dich nicht zu knacken ist. Doch was du nicht siehst ist, dass der Schlüssel zu deinem Glück. im Türschloss steckt." Matt hob den Kopf und sah Tai an. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals zu dir sagen würde, aber... Ich kann dir grade nicht ganz folgen!" "Na schön. Dann versuch ich's mal auf unsere Situation zu beziehen. Du denkst, Takeru sei die unüberwindbare schwere Tür, die dich daran hindert, unbeschwert zu leben. Doch was du dabei übersiehst, ist der Schlüssel zur Tür: du unterschätzt Takeru da sehr. Ich glaube, er schafft es alleine aus der Sackgasse, in die er hineingefahren ist. Er muss nur ein bisschen rückwärts fahren üben. Und was du jetzt versuchst, ist, ihm das Steuer aus der Hand zu reißen. Aber... wenn du das jetzt tust, lernt er es nie! Verstehst du?" "Äh. Ich glaube .....ja.....Sag mal, Tai?" "Hm?" "Seid wann bist du eigentlich so philosophisch? Hast du n alten Griechen verschluckt oder so?" Tai lachte leise auf. "Nein. Aber bei uns beiden muss immer einer der Blödmann und einer der Philosoph sein, verstehst du? Und da du dich grade nicht sehr klug vermählst... " "SCHON GUT!" brummte Matt. "Bist du jetzt sauer?" "Hn." "Und kann ich da was gegen tun?" Matt hob den Kopf , grinste, nickte und ehe Tai wusste wie ihm geschah, saß Yamato auf seinem Schoß. "Ich denke schon! Versuchs doch mal!" ~Man kann nicht verlangen, daß einem das Glück fix und fertig ins Haus geliefert wird. ~ John Knittel: Jean Michel Nach nun fast drei Wochen betrat ich wieder die Schule. Ich würde sowieso sitzen bleiben, doch hin und wieder sollte ich mich doch blicken lassen... In den letzten Monaten hatte sich soviel verändert. Ich war zum Außenseiter geworden, hatte alle meine Hobbies aufgegeben und verdrückte mich in den Pausen in die hinterste Ecke des Schulhofs. Die Lehrer wussten bereits Bescheid über, wie meine Eltern es so diskret nannten, "diese Sache damals". Damals. Für sie war es Vergangenheit. Eine "Sache" die ich schon irgendwie bewältigen würde. Doch für mich war es Gegenwart. Greifbare Gegenwart. Mike war nicht einfach der Typ, der damals einmal kurz mein Leben aus der Umlaufbahn geschmissen hatte um dann abzutauchen und in irgendwelchen hochgelobten "Psychiatrischen Anstalten gut aufgehoben war", nein, er spielte grade Zentrum meines kleinen Alltagsuniversums und meine Gedankenwelt folgte dem Physikalischen gesetzt und eierte immer schön um das große "Mikezentrum" herum. Ich saß also, über meinem Universum grübelnd auf der Wiese die zum Schulgelände gehörte und ließ den Rest der Welt einfach Rest der Welt sein. "Kleiner, du siehst Scheiße aus." Ich blinzelte. Na toll. Schlägertypen. Fünf Stück, deren Hirne kleiner als Erdnüsse waren und deren Klappe so groß war, dass man Problemlos eine Wassermelone hätte hineinschieben können. "Was soll ich deiner Ansicht nach dagegen tun?" "Du? gar nichts. Das erledigen wir für dich. Frei Haus! Na, was sagste?" "Tolles Angebot. Aber bin leider nicht interessiert. " brummte ich, drehte mich weg. Fehler. Großer Fehler. "Pech. wir aber." blökte der fette Anführer. Und schon sah ich einen riesigen rosa Fleischberg auf mein Gesicht zurasen. Dann tanzten einige Sternchen um meinen Kopf. Ich fand mich mit blutender Nase und aufgeschrammten Armen bäuchlings auf dem Boden liegend wieder, etwa zwei Meter entfernt von der Stelle, an der ich zuvor gesessen hatte. Es fühlte sich seltsam an. Mein ganzer Körper kribbelte und sagte mir deutlich, dass ich ziemlich lebendig war, und ziemlich demoliert. Und, dass es ratsam wäre, den nächsten Schlägen eventuell auszuweichen. Doch ehe ich meine Beine dazu bewegen konnte, doch bitte nicht den Dienst zu quittieren, hatte sich einer von den unsympathischen Schlägerjungs auf meinen Rücken gesetzt und machte es sich bequem - und im gleichen Atemzug mir das Leben zur Hölle. Ich dachte an meine letzten Prügeleien zurück und kam zu dem Entschluss, dass ich noch nie so zusammengedroschen worden war. Zuerst versuchte ich mich zu wehren, doch als das nichts brachte, viel ich in einen recht gleichgültigen Zustand zurück und ließ die Prügellawine über mich herrollen. Langsam aber sicher verlor ich die Fähigkeit klar zu denken sondern fühlte nur noch, wie ich immer wieder geschlagen und getreten wurde, und das amüsierte Grölen der Jungen. Bis es abrupt verstummte. Dann war es still und auch niemand schlug mehr. Und es saß niemand mehr auf meinem Rücken. Ich wagte einen Blick zur Seite und sah, wie sich einer der Typen grade auf dem Boden wälzte, dann schnell aufsprang und wegrannte. Die anderen hinterher. Neben mir ließ sich jemand nieder. "Hey! Takeru!" sagte eine Stimme. Ich kannte sie. Aber woher? Mein Kopf sackte zur Seite, und mit ihm mein Bewusstsein. Ich fand mich auf der Krankenstation wieder. Fühlte mich wie Kartoffelbrei. "Wie....komme ich hierher?" fragte ich verwundert. "Da war ein Junge, der hat dich vorhin hierher gebracht." sagte die Schulkrankenschwester freundlich. "Er war sehr besorgt! Er wollte schon gehen, aber ich hab ihm gesagt, er soll auf jeden Fall warten." "Junge?" murmelte ich, versuchte aufzustehen. "Achje. Bleib lieber noch liegen! Ich habe mehrfach versucht deine Eltern anzurufen, aber scheinbar ist gerade niemand zu Hause! Aber alleine kann ich dich nicht nach Hause gehen lassen. Vielleicht finde ich jemanden, der dich nach Hause bringt, warte...." Es dauerte eine Weile, bis die Krankenschwester wieder auftauchte und verkündete, dass sich nur einer gemeldet hätte, mich nach Hause zu bringen. Dann schob sie ein rothaariges Etwas ins Zimmer. "Ausgeschlafen?" "Hätt ich mir ja denken können." murmelte ich. "Soviel Pech hab auch nur ich." Mike schwieg. Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Ich seh schon, die Begeisterung hält sich in Grenzen. Na was solls. Von mir aus kannst du auch allein durch die Gegend humpeln. Auch wenn ich bezweifle, dass du das schaffst." Ich kam in eine heikle Situation: ein Teil von mir wollte zur Tür heraus stürmen und nach Hause rennen , der andere wollte sich wieder auf das Bett setzten, was zur Folge hatte, dass ich mich keinen Zentimeter bewegte und Mike anstarrte. "Ich seh schon, das wird wohl heute nichts mehr mir dir, was? Weißte was, ich bring dich einfach nach Hause. Denk einfach nicht drüber nach." sagte er, griff mir vorsichtig unter die Arme und zog mich neben sich her, durch das Treppenhaus und schließlich ins Freie. Ich war zu erschöpft, um mir Weltuntergangsszenarien auszudenken - es war mir eigentlich auch egal, wer mich da durch die Gegend schleifte. Mochte es Mike sein, der Weihnachtsmann oder Elvis. Hauptsache. jemand nahm mir für einen Moment das Denken ab. Anfangs warnte mich Mike noch vor Bordsteinkanten, die ich übersah, bis wir in eine lange, ebenerdige Alle einbogen. Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander die Straße entlang. "Hältst du das für ne gute Idee? Matt bringt dich um!" nuschelte ich , als sich meine Gedanken wieder etwas beruhigt hatten. "Tja, einer muss es schließlich tun." sagte Mike gelassen. "Ich bin so oder so viel zu gut weggekommen." "Dann meintest du das damals ernst?" "Das es mir leid tut? " Mike blieb kurz stehen, blickte nachdenklich in den Himmel - und sah verdammt gut dabei aus. Auch wenn ich nicht wusste., woher dieser Gedanke gekommen war. "Hm, vielleicht." antwortete Mike langsam. "Ich weiß nicht, klar hatte ich n verdammt schlechtes Gewissen, aber ich glaube, mir ist erst im letzten Jahr klargeworden. , was für ein Trampel ich bin. Oder besser gesagt: Ich habe erst jetzt gemerkt, dass es neben meiner Welt noch eine andere gibt. Ich dachte immer, dass Realität weh tut, weil ich nur so eine kennengelernt habe, in der man entweder gegen seinen Willen unten liegt, oder jemand anderen unterdrückt. Aber, hey, ich glaub, da lag ich daneben. Ich habe nie die guten Seiten dieser Welt gesehen, immer nur die schlechten. Und ich dachte, oben liegen ist die weniger schmerzvolle Alternative, also muss sich so ungefähr Glück anfühlen... " Er lachte auf einmal leise und spöttisch. "Komisch, nicht? Ich versteh selbst nicht, wie ich so blöd sein konnte." Mikes Worte bewirkten, dass ich auf Autopilot umschaltete. Ich wusste nicht, ob ich Lachen oder weinen sollte, und war ganz froh, dass mein Körper sich heute verselbstständigte. Ich fiel ihm um den Hals, umarmte ihn und brach in Tränen aus. Verdammte Welt. Verdammte Realität. Verdammter Kopf, warum machst du das mit mir? "Ähm... "sagte Mike und erwiderte vorsichtig die Umarmung, als fürchtete er, ich sei aus Porzellan. "Ich hoffe, du weißt, was du tust." "Nein." schluchzte ich. "Ich weiß grade gar nichts mehr..." OK. Tief durchatmen, und jetzt keine Panik. dachte ich und schob den verheulten Blondschopf erst mal ein Stück von der Straße weg. Mussten ja nicht gleich alle mitbekommen. Überhaupt. Warum verhielt er sich überhaupt so? Ich meine, schließlich war es MEINE Schuld, dass es ihm so geht, warum klammert er sich dann ausgerechnet an mir fest? Nicht, dass es mir was ausgemacht hätte. Im Gegenteil - von mir aus hätten wir stundenlang so dastehen können. "Ähm. Tk? Ich glaube kaum, dass du gerade das richtige tust. Versteh mich nicht falsch, aber du könntest das irgendwann noch mal bereuen." Er sagte nichts, sondern klammerte sich nur noch mehr an mir fest. Eine komische Situation. ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte. Jedenfalls war es eine dumme Idee, JETZT mit ihm durch Tokio zu latschen. Bis zu ihm nach Hause war es zu weit, die Schule hatte jetzt bestimmt schon zu. Das Restaurant! Genau, das lag hier ganz in der Nähe! Takeru fragte nicht, weinte nur still vor sich hin. Ich betrat das Restaurant durch den Seiteneingang und landete in dem Teil, den die Gäste nie zu sehen bekamen. Küche, Speisekammern und zwei kleine Schlafräume, die die Köche an längeren Abenden benutzen, um sich zwischendurch eine Stunde auszuruhen und die Teeküche. Dort verfrachtete ich ihn erst mal auf einen der Mini - Stühle und brachte die Kaffeemaschine zum laufen. Ein paar Minuten später saßen wir uns gegenüber, beide mit einer Kaffeetasse ausgerüstet. "Wäre wohl n bisschen dreist, zu fragen, wo der Schuh drückt, ne?" sagte ich... eigentlich auch nur, um überhaupt etwas zu sagen. Langsam beruhigte sich TK. "Scheint dir nicht grade gut zu gehen, siehst nämlich offen gesagt ganz schön beschissen aus." Nachdem er immer noch nichts sagte, beschloss ich ihn einfach wieder ein bisschen zuzutexten. Könnte ja helfen. "Sorry, wenn ich dich neulich so aus dem Konzept geworfen hab. muss ja n riesen Schreck gewesen sein. Da will man sich verdoktern lassen, und der Grund des Problems hockt im Wartezimmer...." "Nein." murmelte er. "Hä? Wie jetzt nein?" "Ich will da gar nicht hin." Scheiße aber auch! Klar, ist nicht grade toll, einer wildfremden wasweißichnicht wie eingebildeten Psychoknacks - ausbügel - Tante sein Seelenleben zu schildern, vor allem, da die ja sowieso meinen, alles besser zu wissen. "Hm. Und warum gehst du hin?" "Meine Eltern zwingen mich dazu." Klar. Eltern..... Ich wollte schon etwas abfälliges sagen, als mir einfiel, dass mich seine Eltern wohlmöglich lynchen würden, wenn ich auch nur in ihr Blickfeld käme. "Äh... dann geh doch einfach nicht hin... oder geh in den Hungerstreik - nein. vergiss das mit dem Hungerstreik, du siehst sowieso schon aus, als müsstest du das Wort "Essen" im Wörterbuch nachschlagen. Jedenfalls... sag ihnen doch einfach das du das nicht willst." "Schon versucht." "Himmel die Berge!" ich wollte eigentlich weiterfluchen, aber anscheinend wollte TK endlich sagen, was los war. "Ich bin so durcheinander. ich weiß gar nicht mehr, was ich grade tue....In meinem Kopf sind zwei Stimmen, die sich streiten, und ich weiß nicht, welcher ich folgen soll.....Damals..." er stockte und brach ab "....ich...meine....ich kannte dich nicht mal.....". Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust, und die Bilder von "damals" tauchten wieder auf. Er weinte wieder. "Ich wollte mich zusammenreißen, weil meine Eltern schon soviel mitgemacht haben. aber es ging nicht. Und dann. bin ich plötzlich in einer ganz anderen Welt gelandet. Ich war früher immer so. sorglos. Ich dachte, mir könnte nichts passieren." Und mehr war an diesem Tag nicht aus ihm herauszubekommen. Vorerst verfrachtete ich ihn wieder in eines der Hinterzimmer in ein Bett. Er rollte sich sofort auf der Matratze zusammen und schloss die Augen. Ich stand noch lange im Zimmer und beobachtete ihn, wie er da lag und fragte mich, wie ich damals nur so etwas hatte tun können. Das was ich nun tat, kam dem Selbstmord schon sehr nahe. Ich schlug das dicke Buch auf und ließ meinen Finger über die Seite gleiten. Ishida... Es dauerte nicht lange, und ich hatte in dem dicken Telefonbuch die Nummer gefunden. Hastig wählte ich , atmete dabei tief durch und versuchte, nicht allzu nervös zu klingen. "Matt." brummte Tai verschlafen. "Das Telefon." "Hmpf." knurrte der Angesprochene und rollte vom Sofa. "wenn's nicht wichtig ist, bring ich den Kerl um." "Und was machst, wenn's ne Frau ist?" "Das gleiche." Er griff nach dem Hörer und murmelte ein verschlafenes "Yamato Ishida". "Hallo Matt. Leg jetzt *bitte* nicht auf." hörte er eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Hm, niemanden den er gut kannte, aber sie kam ihm sehr bekannt vor. "Was'n los?" "Es geht um deinen kleinen Bruder... " Mit einem mal war Yamato - Schlafmütze - Ishida hellwach. "MIKE?" "Ja." kam es kleinlaut vom anderen Ende der Leitung. "Na warte, wenn ich dich in die Finger bekomme, dann bring ich dich um!" Matt brüllte wütend in den Hörer und Tai sah verunsichert vom Sofa auf. "Hör mal.." kam es vom anderen Ende der Leitung "Es geht in erster Linie darum, dass ihn jetzt jemand abholt. Ich gebe dir die Adresse." Matt bleib perplex im Zimmer stehen. Abholen? Hä? Adresse? Dann schaltete sich sein Verstand wieder ein, er griff nach einem Zettel und notierte sich die Straße und die Hausnummer. Wenige Minuten später hatte Matt sich eine Jacke übergeworfen und rannte schon die Straße entlang. "Matt! " "Du bleibst hier." fuhr er Tai an. "Nein, tue ich Nicht. ich will nicht, dass du irgendwen umbringst." "Tai, hast du vergessen, was der Typ mit TK gemacht hat? vermutlich ist er aus'm Knast ausgebrochen und... " "Ach, und du glaubst, er würde dich dann anrufen? So blöd ist der Kerl doch Nicht..." Matt grummelte ein paar Schimpfwörter und zog seinen Freund dann hinter sich her. TK wachte auf. Lange schien er nicht geschlafen zu haben. Vorsichtig stand er wieder auf und wankte zurück in die Teeküche. Mike saß wieder an einem der Tische, direkt vor ihm lag ein Telefonbuch und der Hörer des schnurlosen Telefons. "Hast du etwa bei mir zu Hause. ?" Mike nickte. "Dein Bruder holt dich gleich ab." "Sag mal. SPINNST DU? Der schlägt dich doch krankenhausreif!" "Wäre nicht das erstemal das mir so was passiert." "Soll das etwa heißen, dir macht so was nichts aus?" "Sagt der richtige." brummte Mike. "Hast dich heute früh nicht grade gewehrt, als die Typen dich zu Brei schlagen wollten." "Du warst.... dabei?" "Klar, was meinst du, warum du noch aus einem Stück bestehst!" Jetzt wusste Takeru nichts mehr zu sagen. "Hä? Ein Restaurant? Hast du auch *wirklich* die richtige Nummer aufgeschrieben?" fragte Tai verunsichert. Matt sagte nichts und öffnete die Tür. "Hm..." machte er. dann spähte er in das Lokal. Es war noch niemand dort, offiziell öffnete es erst am frühen Abend. Am Ende des Schankraums stand eine Tür offen, ein Lichtschein fiel von dort in das Zimmer. Yamato tapste auf die Tür zu und landete schließlich in dem kleinen Aufenthaltsraum. Dort saß Takeru mit verheultem Gesicht und blauen Armen am Tisch und ihm gegenüber....... ~Vor der Tür jedes glücklichen Menschen sollte jemand mit einem Hämmerchen stehen und mir seinem Klopfen daran erinnern, daß es auch Unglückliche gibt. ~ Wladimir Tendrjakow: Die Jagd Es war Abend geworden im Hause Ishida. Takeru hatte sich bereits ins Bett verkrochen und nur noch Tai und Matt waren wach. Matt drückte das dicke Eispacket gegen seine Wange. "Muschte dasch unbedingt schein?" maulte er. Tai nickte. "Sorry, wenn ich n bisschen fest zugeschlagen hab, aber ich hab echt gedacht, du hättest ihn umgebracht... " "Hätte ich auch." knurrte Matt. "Eben. Besser so. Ich musste mir den Mund fusselig reden, damit du nicht wieder sonst wo gelandet wärst. Ich hoffe, ich muss dich nicht dran erinnern, dass du schon mal im Knast gelandet bist -" "Aber zu unrecht!" "Und? Ich meine, willst du denn da wieder hin?" Matt sah betreten zu Boden. "Natürlich nicht." "Na also. Außerdem hätte dir auffallen müssen, dass sich Mike nicht gewehrt hat....." "Hmpf. mir doch egal. Der Typ iß ein Arschloch. Geschieht ihm ganz recht." "Matt? reden wir heute Abend nicht mehr darüber, 'ke? Ich bin so hundeelendig müde... " ~Die wahren Lebenskünstler sind bereits glücklich, wenn sie nicht unglücklich sind~ Jean Anouilh "Wo willst du hin?" Matt versperrte seinem kleinen Bruder den Weg zur Haustür. "Geht's dich was an?" schnauzte Takeru seinen Bruder an. Eigentlich hatte er nicht so laut werden wollen, aber zur Zeit spielte eh sein komplettes Innenleben verrückt. "Glaubst du nicht, ich wüsste nicht, wo du hinwillst? Ich kann dir eines sagen: schlag dir den Kerl aus dem Kopf. Du müsstest selber am besten wissen, wozu er fähig ist!" "Ist doch meine Sache. Du solltest langsam kapieren, das ich ein eigenes Leben habe und es so lebe, wie ich es Leben möchte, und nicht wie du möchtest, dass ich es Lebe." "Was ist bloß los mit dir..." murmelte Yamato, seine Stimme klang enttäuscht, fast schon traurig. "Das versuche ich ja eben gerade herauszufinden." sagte Takeru, nun etwas sanfter "Und deswegen. werde ich jetzt zu Mike gehen." "Was hat der denn damit zu tun?" "Tja, wie soll ich sagen. Auf eine gewisse Art und Weise hat er mir die Augen geöffnet." sagte Takeru und schob Yamato zur Seite. "Kümmere dich doch mal um dein eigenes Leben, und vernachlässige dein Schätzchen nicht. Tai scheint nämlich nicht grade sehr begeistert von deiner Aktion gestern gewesen zu sein....." er deutete auf Yamatos Veilchen. "Jaja. schon verstanden." Ich dachte, dass solche Kopfschmerzen durch nichts auf der Welt übertroffen werden könnten. Aber ich wurde eines besseren belehrt: 28 lärmende Kinder schafften es, meinen Schädel fast zum explodieren zu bringen. Kindergeburtstag . Warum konnten die nicht zu Mc Donalds gehen sondern mussten ausgerechnet hier und heute ein Kaffetrinken veranstalten? Zum Glück war ich heute nicht alleine und konnte öfter kleine Auszeiten einlegen. Ich lag auf dem kleinen Bett im Hinterzimmer und versuchte den hämmernden Schmerz aus meinem Schädel zu verdrängen, so dass ich die Person, die auf der Fensterbank saß erst gar nicht wahrnahm. "Wieso arbeitest du heute eigentlich?" fragte Takeru. "Wieso nicht. Ist immerhin besser als Zuhause rumzusitzen und mich selbst zu bemitleiden." "Du siehst ziemlich verbeult aus." "Danke, du auch." Irgendwie musste ich jetzt grinsen. "Schon komisch. Sag mal, wer war denn der Typ, der deinen Bruder KO geschlagen hat?" "Das? Oh... das war sein. Äh......Freund." Freund? Moment. das war nicht nur ein "Freund -Freund" das war ein "*Freund* -Freund" Donnerwetter. das hätte ich nicht von Yamato gedacht. "Sind schon ziemlich lange zusammen." murmelte Takeru. "Ich will nicht unhöflich wirken, aber was machst du hier?" "Wollt nur mal sehen, was von dir übriggeblieben ist." Sehr direkt. Schade aber auch, ich dachte , er wollte mehr als sich über mich lustig zu machen. "Danke. Sehr aufmerksam." sagte ich zerknirscht. TK schlurfte auf das Bett zu und ließ sich auf der Bettkante nieder. "Hey, wie war das doch gleich? Glaub nicht alles, was man dir sagt?" "Hmpf. Ok. Und warum bist du nun hier?" "Hab mir Sorgen gemacht. Wenn Matt mal zuschlägt, wächst kein Gras mehr..." "Merks." brummte ich. "Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt." "Gibt schlimmeres." sagte ich und drehte mich zur Wand. "Ich weiß." Verdammt. Wieder bei dem Thema. Ausgerechnet heute, an dem Tag, an dem ich nicht in "Zuhör- Stimmung" war. " Rück mal n Stück." Hä? Na schön. Ich gab das denken für heute auf und schob meinen Hintern ein wenig zur Seite. Takeru rollte sich neben mir auf der Matratze zusammen. "Du hast echt ne Meise." seufzte ich. "Ich weiß. Aber im Augenblick scheint's das richtige zu sein." "Aha. Tut mir leid, aber ich versteh kein Wort." "Ich auch nicht. Aber es fühlt sich halt nicht falsch an." "Tu mir n Gefallen. Wenn du was sagen willst, wobei man Nachdenken muss, damit man's versteht....dann halt besser die Klappe. Mein Kopf fühlt sich in etwa so an wie Wackelpudding." "Ok." Es war schon ein seltsames Gefühl. Ich lag einfach nur auf dieser Matratze neben Mike und. sah zu, wie er die Decke anstarrte. Und es fühlte sich nicht falsch an. Wobei ich mir gar nicht so sicher war, wer festlegte, was falsch und was richtig war. Im Augenblick wusste ich nur eines sicher. Es gefiel mir hier. Trotzdem. Warum war ich eigentlich hier? Ich wälzte den Gedanken in meinem Kopf hin und her doch es schien, als würde er immer wieder gegen die Schädelwand prallen und unbearbeitet zurückrollen. "Scheinst ja richtig hart nachzudenken... " brummte Mike nach einiger zeit. "Hm." "Ich sollte mich da drinnen mal wieder Blicken lassen. Kann schließlich nicht den ganzen Tag liegen bleiben." Er kletterte über mich und rollte aus dem Bett. "Kannst liegen bleiben, wenn du magst." fügte er hinzu, als ich mich mit fragendem Blick aufgerichtet hatte. Dann öffnete er die Tür und verließ das Zimmer. "Was willst du denn wieder hier?" knurrte ich. "Ist Takeru hier?" "Ja." "Wo?" "Dahinten." ich deutete auf das Zimmer am Ende des Flures. Matt ging mit schnellen Schritten, mich ignorierend auf die Tür zu und trat, ohne anzuklopfen (und ich dachte, ich wäre schlecht erzogen) ein. Einen kurzen Moment später flog die Tür wieder auf und Matt zerrte Takeru hinter sich her. Ich warf den beiden einen Fragenden Blick zu. "Soweit ist es schon gekommen... " schimpfte Yamato. "Mein Bruder schwänzt die Schule, um sich mit einem durchgeknallten Irren zu treffen. Pah." Dann schob er seinen Bruder auf die Straße und ließ die Tür knallen. Hey, der kleine schwänzt für mich die Schule? Wie süß! Und wie nichtsüß doch Yamato geworden ist. Im nachhinein fragte ich mich, warum ich damals mal in ihn verknallt war. Ok. Die Auswahl war nicht besonders groß, oder besser, von ihm abgesehen, nicht vorhanden gewesen. Aber jetzt? Oh oh. ich werd mich doch wohl nicht etwa ......in Takeru....... Nein, verdammt, ich werde nicht an unanständige Sachen denken, während ich ein Rudel kleiner Kinder nebst Eltern und Großmütter bewirten durfte. Könnte zu ungewollten Aktionen meiner Männlichen Ausstattung kommen und da einige von den kleinen grade in ihrer großen "Warum?" - Phase waren, könnte das mehr als nur peinlich werden. Ich versuchte also mich voll und ganz auf etwas anderes zu konzentrieren und rief mir das Gurkensalat Rezept wieder in den Kopf. Nein. Keine Gurken. Falsche Form. man bin ich verdorben. Nudelsalat. Genau. Da war nichts drin, was in irgendeiner Form sexuelle Gedanken hervorrief. "Ich habe langsam die Schnauze voll. Noch habe ich Mama und Papa nichts gesagt, aber das ändert sich nun. " "Was hast du eigentlich?" fauchte ich Matt wütend an. "Was soll ich schon haben? Hallo? Die Frage ist, WAS HAST DU! Das ist so absurd, was du da tust. Du kannst doch nicht nem Typen Nachlaufen, der dich gegen deinen Willen durchgevögelt hat!" "Hey, ich bin ihm doch gar nicht nachgelaufen....." "Ach?" "Ich hab ihn bei der Psychologin getroffen." "Ja sicher. Und anschließend habt ihr beschlossen , ein Candle Light Dinner zu veranstalten oder was?" "Nein...ich....." meine Stimme zitterte, ich konnte kaum mehr als "Schule" "Schlägerei" und "Krankenschwester" hervorbringen. Ich konnte sehen, wie Matt innerlich vor Wut kochte. "So ist das also... " sagte er kaum hörbar. " Wie gesagt. ich werde schon dafür Sorgen, dass du keinen Fehler mehr machst. " Moment mal... "Warum tust du das?" ich war stehengeblieben und bewegte mich keinen Schritt weiter. "Warum tue ich was? Weil ich mir Sorgen um dich mache, deswegen." "Du versuchst ja nicht mal mich zu verstehen!" "Ach ja? Jetzt hör mir mal ganz genau zu! Ich habe ein ganzes verdammtes Jahr zugesehen, wie es mit dir immer mehr den Bach runtergegangen ist! Glaubst du vielleicht, das war leicht für mich? " "Ach? Das sagt der richtige....Mister "ich vergrabe mich jetzt einfach mal für n paar Monate und spiele den Komapatient" will *mir* nen Vorwurf machen?" "Das ist was anderes. lenk jetzt nicht vom Thema ab." "Wer lenkt denn hier vom Thema ab?" "TAKERU!" Ich zuckte zusammen und fasste vorsichtig an meine gerötete Wange. Er hatte mich geschlagen..? Das war das erste mal....das er mich schlug und es ernst meinte. "Komm gefälligst zur Vernunft! Ich versuche dir zu helfen! Verstehst du das nicht?" "Ach? Glaubst du vielleicht ich saß n Jahr schmollend in der Ecke, weil ich Spaß dran hatte? Ich hab versucht den Kerl zu vergessen. Und glaub mir, das wäre mir um einiges leichter gefallen, wenn sich der Blödmann nicht bei mir entschuldigt hätte, bevor er zu Polizei gelatscht ist! Und du hast auch keine Ahnung, was er gesagt hat, kurz nachdem er......" Irgendwie hasste ich es darüber zu reden und brach ab. Yamato starrte mich verwirrt an, während ich versuchte, mich wieder ein bisschen zu beruhigen. "Und du hast keine Ahnung, was Izzy über seine Vergangenheit rausgefunden hat. Und du solltest bedenken, dass *er* viel länger in diesem Knast war als *du*. Ich glaube kaum, dass du ein recht hast, ihn als durchgeknallten irren zu bezeichnen, ohne überhaupt zu wissen, warum er so ist wie er ist!" OK. Großer Bruder verwirrt, ich sauer, Wetter scheiße. [Satz unpassend ] Beste Gelegenheit für einen Filmreifen Abgang. Ich drehte mich um und ging wieder zurück während ich Matt wortwörtlich im Regen stehen ließ. Hätte mich Tai nicht irgendwann gefunden und von der Straße gezerrt, wäre ich wohl noch Stunden dort stehengeblieben. Aber ich konnte gar nicht anders. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie Blei. War das wirklich der kleine Takeru von damals, in den ich so vernarrt gewesen war? "Nein, er ist erwachsen geworden." sagte Tai neben mir. "Nur hast du das scheinbar nicht mitbekommen." "Ich bekomme ja nicht mal mehr mit, ob ich spreche oder denke." seufzte ich. "Matt? Weißt du was? Du vergisst deinen kleinen Bruder jetzt mal für zwei drei Stunden, OK? Kümmere dich mal ein bisschen um etwas, was dir Spaß macht." "Und wie stellst du dir das vor? Sorry, aber ich glaube kaum, dass ich *jetzt* an etwas anderes denken kann....." "Och....." Tai grinste. "Dann helfe ich nach!" Als ich zurückkam, wurden grade die letzten Kinder von ihren Eltern abgeholt. "Oh, du wieder? Mike ist nicht da. Er ist vorhin gegangen." rief mir die Küchenchefin zu. "Oh. Äh......Sie wissen nicht zufällig wohin?" "Nein. Aber wenn er Zuhause wäre, dann wäre er vorhin ans Telefon gegangen......Tja, bei ihm weiß man nie, ob er grade abtaucht, um n bisschen die frische Luft zu genießen, oder weil er kurz davor steht nen Nervenzusammenbruch zu bekommen...." Einige der Gäste sahen schockiert herüber. "Äh. ich geh dann mal..." sagte ich und rannte zurück in den Regen. Na klasse, das Glück schien mal wieder nicht auf meiner Seite. Ich rannte ein bisschen durchs Straßenviertel und fand Mike tatsächlich, wie er auf einer Parkbank lag und sich zuregnen ließ. "Sag mal, spinnst du? Du holst dir noch ne Lungenentzündung!" schimpfte ich los und zerrte ihn erst mal von der nassen Bank. Dann hielt ich plötzlich inne. "Was ist los?" Er schüttelte den Kopf. "Nichts. Vergiss es lieber und hör auf deinen Bruder." "Jetzt reicht es mir aber! Habt ihr heute alle einen an der Waffel? Ich glaubs ja wohl... " "Na schön. Dann eben anders. "sagte Mike drehte sich um und ging. Hatte ich da was nicht mitbekommen? Warum war er denn jetzt sauer? Aber... was hatte ich schon zu verlieren? Ich lief ihm einfach hinterher. "Was wird denn das?" fragte er plötzlich. "Ich laufe dir so lange hinterher, bis du meine Frage beantwortet hast." "Aha. " Dann blieb er vor einer Haustür stehen, kramte in seiner Tasche und beförderte einen Schlüssel an die Oberfläche. "Hoffe, du meintest das nicht allzuernst." sagte er. "Übrigens wohne ich hier." Ich folgte ihm durch den Hausflur. Es war eine enge Wohnung. Ein Zimmer, Küche, Bad. Aber gemütlich und mit einem Blick auf einen kleinen Park. Sein Zimmer selbst war nicht das größte und zu meinem Erstaunen fast leer. Er ging an seinen Kleiderschrank und angelte sich trockene Sachen. Ich setzte mich auf sein Bett und schwieg, während er damit begann sich umzuziehen. Erst nach einer Weile wurde mir klar, dass ich mich wenigstens hätte umdrehen können. Aber nein, ich starrte ihn an. Klasse. Beste Anzeichen für akute Verknalltheit. Danke auch. Kapitel 5: ----------- So, jetzt aber endlich der letzte Teil! Es wird jetzt ziemlich unrealistisch und klischeehaft - aber mir ist das offen gesagt ziemlich egal. Wem es nicht gefällt - Pech gehabt. Kommentare bitte nur dann, wenn ihr wirklich etwas zu sagen habt. Ich kann mit Einzeilern wie "Toll gemacht" oder "Ist das unrealistisch" etc. überhaupt nichts anfangen. Weiteres im Nachwort Kapitel 5: ~Nicht die Glücklichen sind dankbar, es sind die Dankbaren, die glücklich sind~ F. Bacon Klasse, toll gemacht. Ich stand halbnackt in meinem Zimmer und spürte Takerus Blick auf mir ruhen. Dabei wollte ich doch, dass er sich von mir fernhält! Er würde das, was er grade tat, sicher bald bereuen. "Ich fass es nicht! Du hast das Ding immer noch?" Moment... Ding? Ich blinzelte den Blondschopf verwirrt an und folgte dann seinem Blick. Das T-Shirt - nein -SEIN T-Shirt. Das heißgeliebte, viel getragene, oft geflickte T-Shirt, was mich immer wieder ermahnte, wenn ich das Gefühl hatte, in einen Zustand notgeiler Konfusion zu geraten. "Iss ganz bequem." murmelte ich als dumme Ausrede. Ganz bequem. Inzwischen war es zu einer Art zweiter Haut geworden und ich protestierte jedes Mal, wenn jemand es in die Waschmaschine stopfte. Es war mein ganz persönliches Mahnmal. "Ganz bequem?" Mistkerl, jetzt bohrte er auch noch nach. "Na schön. Was willst du hören?" "Die Wahrheit." "Welche Wahrheit? Es gibt viele Wahrheiten." "Du weißt ganz genau, welche ich meine." Ich seufzte laut auf. "Du weißt es doch schon. Warum willst du es dann hören? Worte können soviel kaputtmachen." Takeru schwieg, während ich mir einen Pullover über den Kopf zog. "Aber falls es dich interessiert: Ich halte das hier alles für falsch. Dein Bruder hat recht. Halte dich von mir fern, such dir eine Freundin, komm nicht wieder her. Das Beste ist, wenn ich aus deinem Leben verschwinde" "Für diese Erkenntnis ist es ein bisschen spät. Du kannst nicht mehr aus meinem Leben verschwinden, ebenso wenig, wie ich aus deinem verschwinden kann. Du gehörst dazu. Ob du es willst oder nicht - auch wenn du dich davonmachen solltest, gehörst du trotzdem irgendwie dazu. Wenn mein Bruder plötzlich herumerzählen würde, dass er aus meinem Leben verschwinden will und nach Mexiko zieht und dort eine Cocktailbar eröffnet - dann ist er trotzdem noch mein Bruder, oder?" "Ja schon, aber er ist halt Familie. Das ist etwas anderes. Junge, ich glaube du verstehst mich nicht." Takeru lachte plötzlich auf. "Doch, ich verstehe dich. Du bist hier derjenige, der dich nicht versteht - Du redest viele tolle Sachen daher, die dir irgendwelche Leute in den Mund gelegt haben und hältst das dann auf einmal für deine eigenen Meinung." Was sollte das? Was sagte er da? Warum tat er das? "Stopp. Was soll das eigentlich? Ich probier hier gerade, mich halbwegs wie ein normaler Mensch zu verhalten und nicht wieder irgendwelche dummen Sachen zu machen. Ich will verdammt noch mal ein ganz normales Leben führen und nicht wieder zum Kinderschänder mutieren." Takeru starrte mich wütend an. "Du glaubst also, wenn wir beide uns nicht mehr sehen, dann können wir ein ganz normales, wunderbares Leben führen, ja?" "Worauf willst du eigentlich hinaus?" "Darauf, dass du scharf auf mich bist." "Na schön, dann bin ich eben scharf auf dich, na und?" Mist. Fehler, Error, Systemfehler! Rückgängig machen Rückgängig...Rückgängig - Warum hat das verfickte Leben keine Rückgängigfunktion???? Takerus Gesichtsausdruck war in diesem Moment schwer zu deuten. Er sah weder glücklich noch traurig noch wütend noch sonst was aus. Für einen Moment setzte mein Hirn aus. Das einzige was ich noch wahrnahm, war das gleichmäßige Dröhnen des Straßenverkehrs und das matte Licht, was in das Zimmer fiel. Takeru erhob sich in einer fließenden Bewegung vom Bett, tappste auf mich zu und strich mir mit der Hand durch die Haare. "Na bitte, es geht doch." Rien ne va plus! Nichts ging mehr. Weder Sprechen noch Denken. Takeru beugte sich vor, wollte mich küssen. Heilige Scheiße! Jetzt nicht die Nerven verlieren. Instinktiv hatte ich ihn an den Schultern gepackt und ihn gestoppt. "Lass das." Sagte ich leise. "Geh nach Hause. Lass mich einfach in Ruhe. Geh, solange du noch die Chance dazu hast." Die Abfolge der Aktionen war so rasant schnell, dass ich sich gar nicht richtig realisieren konnte. Erst, als die die Tür knallen hörte, begriff ich, was passiert war. Er hatte mir eine Ohrfeige verpasst, mich geküsst und war dann geflüchtet. ~Das Glück ist eine leichtfertige Person, die sich stark schminkt und von ferne schön aussieht~ Johann Nestroy Yamato und ich lagen keuchend und verschwitzt nebeneinander, beide mit einem leichten Grinsen im Gesicht. Aufheiterung der besonderen Art. "Besser?" fragte ich nach einer Weile. "Hm..."brummte Yamato und legte seinen Arm um mich, vergrub seinen Kopf zwischen Kissen und meinem Körper. Ich strich ihm vorsichtig über den Arm. "Danke." Nuschelte er schließlich "Hey. Mir hat's schließlich auch gefallen." Sein Kopf tauchte wieder aus dem Kissenmeer auf. "Nein. Ich wollte mich dafür bedanken, dass du mich von dieser verdammten Straße heruntergezerrt hast." "Ah so... " Ich sah ihm lange in die Augen und erkannte wieder in den tiefen des Blaus eine Traurigkeit, die er sich eigentlich selten anmerken ließ. Jemand, der ihn nicht kannte, hätte sie nicht bemerkt. "Komm schon. Der Kleine schafft's ganz bestimmt allein, den richtigen Weg zu finden." "Aber was ist der richtige Weg?" Ich seufzte leise. "Im Augenblick drehen wir uns nur im Kreis. Der richtige Weg für ihn ist doch, dass er glücklich ist! Und wenn er glücklich ist, solltest du auch glücklich sein." "Aber er ist doch gar nicht glücklich! Er ist doch nur hinter Mike hergerannt, weil er keine Ahnung hat, was er von ihm und dem Rest der Welt halten soll - und von sich selber." "Matt. Ich sag's jetzt zum letzten Mal: TAKERU KANN AUF SICH SELBER AUFPASSEN! Yamato zuckte zusammen. Ich wollte gar nicht so wütend werden. "Wir haben das doch schon sooft durchgekaut." Fuhr ich fort - diesmal jedoch ruhiger, besänftigender. "Manchmal muss man das Leben eben seinen Weg gehen lassen. Auch wenn es nicht immer schön ist. Wenn es nur ein einziges Zuckerschlecken wäre, dann - dann wüssten wir doch gar nicht, was solche kleinen, schönen Momente bedeuten!" Yamato schluchzte auf, plötzlich schienen all die Tränen, die er lange Zeit angesammelt hatte hinauszuwollen. Er heulte sich an meiner Schulter aus, und ich heulte mit - weil ich es nicht ertragen konnte, was gerade passierte. "Hey:" sagte ich leise."Darf ich mich setzten?" Ein zögerliches Nicken. "Du bist ein richtiger Idiot. Du weißt wohl selber nicht, was du grade denkst, oder?" "Wer weiß das schon so genau? Ich lächelte. "Wenn sich jeder genau dessen bewusst wäre, was er gerade denkt - Ich glaube, die Welt wäre einfach unerträglich." "Und was macht man dagegen? Sich bestimmte Gedanken verbieten?" Ich legte den Kopf schief. "Sich Gedanken verbieten? Aber das geht doch gar nicht." "Doch, du tust es die ganze Zeit. Du verbietest dir, an mich zu denken." "Tue ich nicht. Ich verbiete mir nur, das Gedachte in die Tat umzusetzen." Takeru und ich saßen draußen vor dem Haus auf der Treppe. Die Straßen waren wie leergefegt, es war später Abend und die Leute hockten vermutlich grade in ihren warmen Wohnungen. Er lehnte sich plötzlich an mich an, schmuste mit mir, als wäre ich jahrelang mit ihm verheiratet. "Und was denkst du so schlimmes, dass du es dir verbieten musst?" flüsterte er mir ins Ohr. "Ich glaube kaum, dass es dich etwas angeht. Meine Gedanken gehen nur mich etwas an - genauso wie deine Gedanken auch nur für deinen Kopf bestimmt sind." "So?" hörte ich seine Stimme wieder in meinen Ohren. "Und was, wenn ich sie dir trotzdem erzähle?" Morgens um fünf Uhr habe ich eigentlich selten gute Laune. An diesem Tag jedoch, hätte mir nicht einmal die Apokalypse mein Glück nehmen können. Endlich, nach fast einem Jahr Ungewissheit und einigen Tagen absoluter Verwirrung, war ich glücklich. Einfach nur glücklich. Keine "Abers" die durch meinem Kopf rollten, keine nervigen Unterbrechungen, einfach nur ein warmes Bett, ein stilles Zimmer und Takeru, der, an mich gekuschelt, noch tief und fest schlief. Ich wollte, dass dieser Moment ewig andauerte, doch ich wusste, dass ich das Glück leider nicht aufhalten konnte, dass es unaufhaltsam davonließen würde und dass ich irgendwann voller Trauer und Schmerz an genau diesen Moment zurückdenken würde, und verzweifeln würde. Doch ich nahm mir fest vor, dieses Glück wenigstens für einen kleinen Augenblick zu verteidigen. Und, um das zu erreichen, musste ich noch etwaserledigen. Ich schuldete Takerus Familie noch mindestens eine, wenn nicht sogar ein Dutzend Entschuldigungen. Aber, können und dürfen sie mir überhaupt vergeben? Ich hatte ihnen wohl das schlimmste angetan, was man einer Familie antun kann - na, Ok, vielleicht gab es noch schlimmeres, immerhin hab ich niemanden getötet. Oder doch? Ja, dachte ich. Ich hatte den unschuldigen, kleinen Takeru Takaishi, den sie damals alle in ihm gesehen hatten auf dem Gewissen. Takeru. Ich drückte die Gestalt neben mir ein wenig fester, nur um mich davon zu überzeugen, dass ich nicht träumte, dass sich Takeru nicht gleich in Luft auflösen würde.... "Hmpf" brummte dieser und öffnete vorsichtig die Augen. "Ups... Sorry, wollt dich nicht wecken." murmelte ich leise. "hm." brummte er noch mal, schlang seine Arme um mich, rückte noch ein Stückchen näher. und pennte dann weiter. Ich musste grinsen. Nerven hat der..... Wie habe ich eigentlich früher gelebt, als ich ihn noch nicht kannte? Kannte ich solche Momente überhaupt? Dieser wunderbare Frieden in meinem Inneren... Ja. Ich musste alles tun, um Takeru glücklich zu machen, denn er machte mich glücklich. "TAKERU!" Yamato war mehr als hastig vom Sofa aufgestanden, mit dem Ergebnis, dass Taichi, der vorher friedlich auf seinem Schoß geschlafen hatte, nun auf der Erde saß, sich den Hinterkopf rieb und tief enttäuscht in die Weltgeschichte schaute. "Stopp. Bevor du jetzt wieder anfängst deine "Großer Bruder - Beschützer" Instinkte auszuleben, hör mir jetzt erst mal zu. Heute ist der glücklichste Tag in meinem leben. Setzt dich hin und kümmere dich um Tai, sonst lässt der dich irgendwann noch sitzen, macht euch einen schönen tag und DENKT NICHTMAL AN MICH, mir geht's GUT! GUT, GUT, GUT!!! So. Ich geh mich jetzt umziehen und bin dann weg. BASTA." Takeru hatte den Satz so schnell ausgesprochen, dass Yamato ersteinmal ein paar Sekunden verdauen musste, bis er den Sinn verstanden hatte. Doch er verstand, und verstand doch nicht. Er warf Taichi einen flehenden Blick zu. "Ich habe keine Ahnung. Aber ihm scheint's, wie er mehrfach betont hat, ganz gut zu gehen!" "Gefällt mir nicht." "Yamato, fang nicht schon wieder damit an." maulte Tai. Plötzlich bemerkte Yamato die Figur, die im Türrahmen lehnte. "Wie lange stehst DU denn schon da?" fragte Yamato überrascht. "Hm, eigentlich bin ich mit Takeru reingekommen......." "Bist du irgendwie Lebensmüde oder was? " meldete sich Taichi aus dem Hintergrund. "Unter anderem. Eigentlich wollte ich mit Yamato mal unter vier Augen sprechen. falls du nichts dagegen hast." Verwirrter Blick von Yamato zu Taichi, von Taichi zu Mike und von Mike zur Stehlampe. "Ähähä. Okee." sagte Tai langsam "Aber... ich will gleich weder einen Leichen - oder Krankenwagen rufen müssen, keine Polizei, Feuerwehr, den Katastrophenschutz, Amnesty international oder Greenpeace... " "Na schön. " knurrte Yamato. "Bringen wir es hinter uns." "YAMA, ich sagte doch grade KEIN-" "IST IN ORDUNG , das war nicht SO gemeint." "Wenn's kritisch wird, dann einfach schreien, ich rette dann, wen auch immer ich retten muss." Na schön. Yamato vor mir, Tai grade aus Zimmer gegangen. Keine Panik. Muss schreien, wenn halb tot..... "Nun, sag was du sagen willst, bevor ich die Fassung verliere." Tief durchatmen. Hab doch geübt. wird schon schief gehen... "Na schön. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe, mehr als einen, und dass es Fehler sind, die man nicht entschuldigen darf. Ich weiß genauso gut, dass ich kein recht habe, deinen Bruder auch nur anzusehen, nachdem, was ich damals mit ihm gemacht habe. Und wenn du das dringende Bedürfnis hast, mich umzubringen, kann ich das zwar nicht nachvollziehen, was in dir vorgeht, weil ich meinen kleinen Bruder seid mindestens vier Jahren nicht mehr gesehen habe und keine Ahnung habe, wie weit ich für ihn gehen würde, aber ich kann es mir vielleicht vorstellen." "Du hast n kleinen Bruder?" warf Yamato verwirrt ein. Ich seufzte. Was meine Familie anging, wusste ich eigentlich kaum mehr, ob ich nicht inzwischen noch mehr kleine Brüder hatte, oder vielleicht schon Großonkel war. "Hm. Ja. Hab sehr produktive Eltern." murmelte ich. "Jedenfalls..." versuchte ich die Fassung wiederzubekommen, " wollte ich dir eines sagen: Ich werde nichts tun, von dem dein Bruder nicht will, dass ich es tue. Er allein entscheidet, wie weit wir beide gehen werden... " Matt schwieg, doch in seinem Kopf schien es zu arbeiten. "Also,... " sagte er schließlich "Takeru ist der Boss?" "Genau." "Versprochen?" "Wenn du ein Versprechen von mir annimmst, schon." "Na schön." Matt seufzte. "Das heißt aber nicht, dass ich dich in irgendeiner Weise sympathisch finde, Ok?" Ich nickte. Takeru kam wieder herein. "Äh. ihr habt euch nicht umgebracht?" "Noch nicht. Vielleicht überleg ich's mir irgendwann noch... Aber jetzt haut ab und seid gefälligst glücklich! Und wehe, wenn nicht, dann trete ich euch aber in den Arsch!" Das war ein Wort! Der Mann hatte recht. Ich klemmte mir also Takeru unter den Arm und stürmte mit ihm in den Glücklichsten Tag meines Lebens. Dieser Tag war nicht nur der glücklichste in Takerus Leben, sondern auch in meinem. Ich hatte meinen Yama wieder voll und ganz für mich und da war nichts und niemand mehr, der sich unserem Glück in den Weg stellte. Yamato sah mich auf einmal grinsend an. "Was?" Er ließ sich auf das Sofa fallen und lachte. Lachte frei heraus, wie seid langer Zeit nicht mehr. Wenn ich recht überlege. hat er vorher noch nie so gelacht. "Lachst du über mich?" "Quatsch. Über mich selber! Ich bin so ein Idiot gewesen......" "Warum?" Unterbrach für einen Augenblick seine Lachattacken und zog mich auch auf das Sofa. "Willst du wissen warum? Ganz einfach: Weil wir in einer schönen heilen Welt leben und es nicht bemerkt haben!" Dann küsste er mich. Doch ich musste den Kuss unterbreche, denn nun bekam ich einen Lachanfall. "VERDAMMT ICH BIN GLÜCKLICH!" brüllte ich. Und so lagen wir da und lachten über uns, über die Welt und über das Leben. ~Ende~ Izzy: Findest du es nicht komisch, dass wir gar nicht mehr vorgekommen sind? Kari: Och. vielleicht hätten wir mittendrin ne heiße Affäre anfangen sollen...so mit richtig schmutzigem Sex und..... Izzy: KARI Davis: Was regt ihr euch eigentlich auf? Immerhin wurdet ihr in der Story *erwähnt* Blümele: Schnauze. Story vorbei. Davis: Abba..... Blümele: Vielleicht lasse ich mich irgendwann dazu herab eine Kensuke zu schreiben Davis: JA! JETZT SOFORT LOOOOS Blümele: Ich hab da noch was im Auto vergessen. *wegschleich* *reifenquietschen* Nachwort: Einige Anmerkungen zu den Geschichte, ihrer Entstehung und ihrem Verlauf Die Fanfiction Schöne heile Welt entstand im Jahr 2001 im Europäischen Manga Forum. Sie war ursprünglich etwa 8 Seiten lang und endete an der Stelle, an der der 1. Teil dieser Fanfiction endet. Sie war keine POV Fanfiction und die Vergewaltigungsszenen, sowie Auftritte von Mike waren stark verkürzt. Der 2. Teil der Fanfiction entstand im Jahr 2002 und brach an der Stelle an der Yamato und Taichi an dem Tag an dem Yamato wieder "aufwacht" abends im Bett liegen. Viele meiner damaligen Leser (ich glaube es waren insgesamt 5 Personen ^^") hielten die Fanfiction am 18.4.2002 für beendet und waren überrascht, als am 17.2.03 eine Fortsetzung postete. Beendet wurde die Fanfiction am 3.5. 2003 Übrigens plante ich mitten im 2. Teil, keine Fanfiction mehr zu schreiben - Aber wie das mit den Vorsätzen so ist ;) Anschließend begann ich mit einer kompletten Überarbeitung, in denen viele Szenen die ich mich vorher nicht zu schreiben getraut hatte hinzukamen, und einige Szenen (z.b. eine äußerst unpassende Kissenschlacht) wegfielen. Die Überarbeitung begann im Mai 2003 also ziemlich genau vor einem Jahr. Insgesamt habe ich also etwa 3 Jahre gebraucht, um sie zu schreiben. Natürlich habe ich nicht andauernd geschrieben - sonst wäre sie bestimmt schon so an die 1000 Seiten lang. Aber die Zeiten in denen ich nicht an der Fanfiction geschrieben habe, waren mindestens genauso wichtig, wie die Zeiten, in denen ich meine Ideen zu Papier gebracht habe. In der Zeit habe ich oft sehr viel über Dinge nachgedacht, die dann später auch von den Figuren gedacht werden. Zum Teil habe ich sehr viel von mir und meinen Gedanken in die Fanfiction eingebaut - aber es gibt auch massig Zeug, dass ich nie so sehen oder denken würde. Die Sache mit dem Originalcharakter: Tja, ich muss sagen - Sorry. Es war alles nicht so geplant gewesen. Ich wollte eine Szene schreiben, in der ein tief depressiver Yamato gerade sehr stark die Umwelt und seine Gefühle wahrnimmt. Das war das einzige, was ich bei dieser Story geplant hatte. Mike tauchte erst nur als Randfigur auf, als jemand mit dem Yamato redet und herausfindet, dass er Taichi liebt. Aber der Charakter hat sich dann irgendwie "mitentwickelt". Eigentlich stehe ich selber nicht besonders auf Originalcharakere, aber ohne Mike wäre aus der Geschichte vermutlich nichts geworden. Der Name ist übrigens auch nicht sonderlich geglückt. Damals kannte ich noch nicht so viele japanische Namen und jetzt ist es mir einfach zu blöd, alles NOCHMAL umzuschreiben. Irgendwann ist genug ^^> Die "Rape- Szenen" sind übrigens NICHT als Schwerpunkt gedacht, sondern sollen "einfach" nur ein Auslöser für die gesamte, depressive und beklemmende Stimmung sein. Übrigens habe ich neulich mal "Sleepers" gesehen - und als ich danach meine Geschichte noch mal gelesen habe, kam es mir fast so vor, als hätte ich bestimmte Sachen aus dem Film geklaut - obwohl ich ihn erst hinterher gesehen habe Oo. Takeru: Tja, am Anfang war er noch mit Hikari zusammen und dann - verliebt er sich ausgerechnet in den Jungen, der sein Leben kaputt gemacht hat? Ja geht das denn? Nein, eigentlich geht es nicht. Ich würde die Beziehung zwischen den beiden am Schluss auch nicht unbedingt als echte Liebe bezeichnen. Es ist so eine Art "Faszinationsverhältnis". Würde man den Handlungsfaden weiterspinnen - was ich nicht offiziell tun werde - würden die beiden wohl nicht mehr lange zusammen sein. Musik: Sehr viel Linkin Park Inspiration: Frederica de Cesco: Die Schwingen des Falken (Nein, das Buch hat eigentlich GAR nichts mit dieser Geschichte zu tun, allerdings gab es eine Beschreibung eines Regenwetters, die mich inspiriert hat.) Es gibt noch ein paar Leute, Tiere und Gegenstände, bei denen ich mich bedanken möchte und ohne die dies hier nicht möglich gewesen wäre: Herzlichen Dank .... ...an Sky, für einfach alles *knuff* ...an Multi für ganz viel "..." "*schweig" und "^^^" ...an alle anderen Taito Towner - Danke, dass ihr so geduldig wart und das Steintum nicht vergessen habt! ...an Tankstellenbesitzer, dir mir auch sonntags Gummibärchen verkauft haben ...an Dana...weil sie uns "GNORP" gebracht hat (*.*) ...an Skys MA - weil sie einfach toll ist ...an Enno, da er meinen Lieblingscomicladen so standhaft bewacht ...an meinen Wasserkocher , ohne ihn und sein heißes Wasser wäre ich krepiert ^^ (Kaffee! Cappuccino!!! SUUUCHT!!) ...an alle Leute, die so freundlich waren mir einzureden, dass ich einen guten Schreibstil habe und mir Mut gemacht haben Spezial: Zitate von mir und meinen Lesern zu ShW: Sky: WAS? Izzy ist nicht Jesus? Du hast mein Weltbild zerstört! Stiffy: "*Mike erschlag* Yalda: WAH! Erschlag hier nicht meine Figuren, die brauch ich noch.....obwohl... *mikeaaucherschlag* Doppelt getötet hält besser... Sky : Was planst du jetzt wieder? Wenn du so grinst, kann nichts Gutes in deinem Kopf vorgehen! Yalda: Dann müsst ich ja dauernd grinsen Multi: Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist schmal... und wir haben ihn scheinbar schon überschritten Sky: Müssen diese Jungs sich eigentlich immer Prügeln wie Hirnlose..?. Argh hab vergessen..... sie müssen's (Wer das versteht ist garantiert nicht männlich ^^) Yalda: Boah, bei einigen Sätzen hab ich echt vergessen, dass ich sie geschrieben habe.... Sky: Ich hab mal Memorys mal gelesen und erst nach der Story gemerkt das sie von mir war... Yalda : Jetzt klaue ich schon meine eigenen Zitate...Was ein Armutszeugnis! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)