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Das fünfblättrige Kleeblatt

von

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Prolog

Da saß ich, das Buch auf dem Schoß und das Kleeblatt vor mir auf den Tisch.

Meine Fingerspitzen glitten über den ledrigen Einband des Buches.

Warum?

Warum musste das alles so enden?

Mein Blick ging wieder zu dem Kleeblatt.

Damit hatte alles Angefangen…

Ich zählte nochmal nach, es waren fünf Blätter.

Ein fünfblättriges Kleeblatt…

Gedankenversunken schlug ich das Buch auf.

Kapitel 1

~Jade~
 

Ich erinnerte mich noch sehr gut an mein erstes Aufeinandertreffen mit Angel. Sie war in der Garten AG der Sweet Amoris Gymnasiums bei dem ich manchmal aushelfe, wenn ich Zeit hatte.

sie hockte da, mit einen Buch in der Hand und einen prüfenden Blick zu den Pflanzen. Von oben bis unten voller Erde und mit einer kleinen Schaufel in der Hand.

Als ich sie ansprach und ihre großen, schokobraunen Augen sah, konnte ich den Blick kaum abwenden. Sie begrüßte mich sofort lächelnd, was ihre Grübchen zum Vorschein brachten und pustete sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht.

Sie ruderte hastig mit dem Buch und der Schaufel herum und fragte mich verzweifelt ob ich ihr sagen konnte, was von den Pflanzen jetzt Unkraut war. Ich war kaum in der Lage zu reden, die ganze Zeit musste ich sie anstarren. Nennt man das Liebe auf den ersten Blick? Oder war es nur Faszination?

Seit dem dachte ich ständig an ihre weltoffenen, strahlenden Augen, ihre ansteckendes Lächeln und ihre sanfte, beruhigende Stimme. Die Wärme ihrer Hände spürte ich sogar durch meine Handschuhe und ihr Duft erinnerten an Maiglöckchen.

Und meistens wenn ich sie traf hockte sie vor dem Klee und suchte Vierblättrige.
 

Immer öfter kam ich zu der Schule, nur um sie zu sehen, ihre Stimme zu hören und ihren Lachen zu lauschen.

Bis ich sie dann nicht mehr sah, kein Einziges Mal... Erst nach einer Woche traute ich mich eine Schülerin zu fragen, wo Angelette ist. Ihre Worte waren leicht dahin gesagt, doch sie brannten sich in mir ein: "Ach du meinst Angel, die ist schon seit langem Krank. Jetzt musste sie wieder ins Krankenhaus. Keiner weiß wann sie da wieder raus kommt."
 


 

~Angelette~
 

Seit ich denken kann war ich öfter im Krankenhaus als in der Schule. "Autoimmunerkrankung", nennen die Ärzte das, was ich habe. Meine ältere Schwester Ottilie übersetzte es mir mal so: "Dein Immunsystem kämpft gegen dich." Es gab keine richtige Therapie gegen die Krankheit, nur gegen ihre Folgen: Entzündungen bei den betroffenen Organen.

Ich bin damit aufgewachsen, mir war klar des es nicht heilbar ist. Aber meine Familie hoffte Jahr für Jahr das man endlich einen Weg fand, mich normal weiter Leben zu lassen.

Meine Art damit klar zu kommen waren schlicht, aber effektiv: Nicht drüber nachdenken! Sobald ich an die Krankheit denke, an die Heilungsmöglichkeiten, meine Chancen, meine Zukunft... Würde es mich nur runter ziehen.

Meine Eltern und meine Schwester vergossen schon genug Tränen, wie sollte es Enden wenn ich das auch tue?
 

Ich war das Krankenhausleben gewöhnt, was nicht hieß das ich es mochte! Besonders jetzt nervte mich der Aufenhalt hier... Denn ich konnte Jade nicht mehr sehen.

Er war ein Junge aus einer anderen Schule, der manchmal in meiner AG half. Seine ruhige, liebevolle Art zog mich von Anfang an in seinen Bann! Ich freute mich immer wie ein kleines Kind auf die AG, denn ich hoffte immer ihn zu sehen!

Doch außerhalb der AG trafen wir uns nie, er fragte mich nie und ich war zu schüchtern es selbst zu tun. Ich hatte nicht mal seine Handynummer...

Hier im Krankenhaus wirkte die Zeit mit ihn wie ein Traum, wie eine Illusion die ich mir erschaffen hatte, um der Wirklichkeit zu entfliehen. Wann ich ihn wohl wieder sehe?

Kapitel 2

~Angelette~
 

Ich starrte aus meinen Fenster, schade nur das man da kaum was sah, außer die große Terrasse die von den Patienten zum rauchen genutzt wurde.

Die Sonne schien, doch irgendwie fehlte mir der Antrieb das Zimmer zu verlassen. Mein Spiel war schon durch, im Fernsehen kam nichts und mein Buch war schon aus gelesen. Zum Glück brachte mir meine Schwester heute ein neues mit.

Ich würde mich wohl nie an den Krankenhausrhythmus gewöhnen, egal wie viel Zeit ich hier auch verbrachte.
 

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, das Ottilie bald hier sein würde, meine Schwester war immer pünktlich!

Seufzend nahm ich mir meinen altmodischen Disc-man, setzte meine Kopfhörer auf und drehte die Musik auf volle Lautstärke. So würden die Minuten wenigstens vergehen.

Im Takt trommelte ich auf das Bettgitter herum und summte leise mit, Musik war die beste Medizin gegen jede Krankheit!
 

Erst als man mich antippte ließ ich die Kopfhörer auf meine Schultern sinken und sah in das strenge Gesicht meiner älteren Schwester.

Ich empfing sie mit einen Lächeln und stellte die Musik aus. "Hay Ottilie, hast du meine Bücher?" "Ja hab ich und Batterien für deine Musik.", meinte sie, stellte einen Stuhl neben meinen bett und setzte sich.

Ihr volles, mittellanges Haar hatte sie zusammen geflochten und hing ihr über die rechte Schulter runter. Man sagte uns oft das wir uns äußerlich ähnelten, aber dies konnte ich weniger bestätigen. Okay vielleicht hatten unsere Haare und Augen die selbe Farbe, aber sonst?

Ihre Puppennase passten perfekt zu ihren schmalen, ruhig wirkenden Augen die umrandet wurden von dichten, langen, schwarzen Wimpern, die sie nie schminken musste. Ihre Haut hatte einen südlichen, caramelgleichen Farbton und bei ihren langen, schlanken Händen fragte man sich, warum sie nicht Klavier spielte.

Der einzige Knackpunkt bei meiner Schwester: Sie war verdammt spießig! Eine Perfektionistin und immer darauf bedacht nichts verrücktes oder gewagtes zu tun. Also nein, ich fand wir sahen uns in keinster weise ähnlich!
 

Sie packte mir alles in den Nachtischschrank der neben meinen Bett stand und sah mich seufzend an. "Wie gehts dir heute?" Ich zuckte mit den Schultern, immer die selbe Frage.

"Nicht anders als gestern." "Warst du schon mal draußen? Das Krankenhaus hat doch einen wunderschönen, kleinen Garten. Solange es die Ärzte erlauben solltest du etwas raus gehen."

Der Garten... Das ließ mich wieder an Jade denken... Warum hatte ich ihn nur nicht nach seiner Nummer gefragt? Ich wusste nur auf welche Schule er ging... Aber da konnte ich ja kaum hinrennen!

"Nein, nach Garten ist mir nicht." "Wirklich nicht? Da wächst auch Klee, du suchst doch ständig nach einen Vierblättrigen." Ich schüttelte nur den Kopf und lächelte. "Die such ich nur um daraus Lesezeichen zu machen. Ich trockne sie immer in einem Buch, kleb sie auf ein schönes Papier und laminiere sie, aber langsam hab ich genug.", erklärte ich und holte ein paar aus dem Fach meines Schrankes. "Siehst du! Hübsch oder?"

Meine Schwester nahm eines und lächelte flüchtig. "Spinnerin...", meinte sie nur und packte sie wieder weg. "Übrigens kommt gleich eine Schulfreundin von dir vorbei. Kim heißt sie glaub ich... Sie kam gestern vorbei und hat gefragt in was für einen Krankenhaus du liegst."
 

Meine Augen strahlten, Kim war eine der Wenigen in meiner Schule mit denen ich engeren Kontakt hatte. Es war nicht so als wäre ich zurückgezogen oder so, nur da ich so selten in der Schule war, fiel es schwer Freunde zu finden.

Eigentlich redete ich nur mit Kim und Viola und es wäre das erste Mal, das ich einen Krankenhaus von einer Freundin hätte.

Aufgeregt wippte ich hin und her. "Und du glaubst sie kommt heute her?" "Ich weiß nicht, ich vermute es." Und gerade als Ottilie diese Worte aussprach, öffnete sich die Tür und Kim trat rein.
 

Leicht aus der Puste schloss sie die Tür hinter sich und runzelte die Stirn. "Man das ist hier ein Irrgarten! Ich hab mich mindestens drei mal verlaufen!" Ich kicherte und stieg aus dem Bett, rannte zu ihr und viel ihr um den Hals.

"Du bist daaaa.", sagte ich freudestrahlend und Kim streichelte meinen Kopf. "Hay steh nicht so schnell auf, sonst kippst du mir noch um.", erwiderte sie grinsend.

Meine Schwester stand auf, stellte noch einen Stuhl zum Bett und strich ihr Kleid glatt.

"Ich rede mal kurz mit dem Arzt, du hast ja jetzt Gesellschaft.", sagte sie lächelnd und verließ den Raum.
 

Kim setzte sich auf den Stuhl und ich mich aufs Bett. Aufgeregt spielte ich mit meinen Schulterlangen Haaren und grinste. "Na was gibts neues? Kommt Viola auch her? Was ist in der Schule so los?"

Kim kramte in ihrer Tasche und holte einen Zettel hervor. "Das wichtigste zu erst! Hier, das ist Jades Handynummer. Er kam extra zu mir und bat mich sie dir zu geben.

Mein Herz schlug schneller, langsam nahm ich das Stück Papier an mich, klappte es auf und sah in sauberer Schrift seinen Namen und eine Anreihung von Zahlen darauf stehen. Ich konnte mit ihn in Kontakt treten!

Kapitel 3

~Jade~
 

Schockiert über die Nachricht, das Angelette im Krankenhaus ist, kam ich seltener zur AG. Ohne sie, die verzweifelt die Kleeblätter durchwühlte, wirkte es so leer.

Doch der Gedanke an die Pflanzen in dem Garten trieben mich immer wieder dort hin und die Hoffnung sie doch zu sehen. Seit wann war ich so melankolisch?
 

Ein Mädchen, mit schwarzen, kurzen Haaren, dunkler haut und hellgrünen Augen wartete mit verschränkten Armen vor dem Garten. Stirnrunzelnt ging ich an ihr vorbei, ihr Blick verfolgte mich und ich blieb stehen.

"Kann ich dir helfen?", fragte ich leicht genervt. Das Mädchen stützte ihren Arm gegen ihre Hüfte und ließ den anderen locker runter hängen. Ihr prüfender Blick musterte mich. "Bist du Jade?" "Ähm... Ja... Und du bist?" Sie grinste leicht und verlagerte ihr Gewicht auf eine Seite.
 

"Ich bin Kim, ne Freundin von Angel. Sie hat mir von dir erzählt." Ich wurde leicht rot, was Angelette wohl über mich erzählt hatte? "Und was kann ich für dich tun?", fragte ich dann skeptisch.

"Ich besuch sie heute, willste mitkommen?" Ich wollte gerade mit Ja antworten, als mir einfiel das ich heute meinen Eltern bei der Arbeit helfen musste. "Nein... Ich kann heute nicht."

Das Mädchen guckte sichtlich unbegeistert und holte Zettel und Stift raus. "Dann gib mir wenigstens deine Nummer!" "Bitte was?", erwiderte ich überrascht. Sie beantwortete es mit einen genervten Schnauben.

"Was heißt hier was? Angel redet die ganze Zeit nur von dir! Wenn du heute schon keine Zeit hast, gib ihr wenigstens die Möglichkeit sich bei dir zu melden. Sie geht doch ein in diesen dämlichen Krankenhaus."

Sie sah auf mein unsicheres Gesicht und grinste noch breiter. "Entspann dich, ich will deine Nummer nur für sie. Ich selbst kann damit nichts anfangen. Tu's für sie man.", forderte sie und hielt mir die Beiden Utensilien entgegen und wechselte vom Grinsen in ein freundliches Lächeln.

"Ich glaub, wenn sie mit dir schreiben oder telefonieren kann, wird ihr das helfen und sie aufmuntern. Aus mir unbekannten Gründen hat sie ne Schwäche für dich."
 

Seufzend nahm ich Zettel und Stift an mich, zwar gab ich meine Nummer ungern her, aber ich wollte auch was von ihr hören. "Na geht doch! Oh und wenn sie fragt, du hast mir die Nummer von dir aus gegeben." "Hä?" Ich schrieb es schnell auf und gab ihr den Zettel.

"Was hä? Wenn sie erfährt das ich dich gedrängt hab wird es ihr peinlich sein! Dann traut sie sich nicht dir zu schreiben." Sie faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in ihre Hosentasche. Schweigend gab ich ihr den Stift zurück und sie sah mich mit geneigten Kopf an.

"Man... Redselig bist du aber auch nicht oder? Stumm wie ne Pflanze.", scherzte sie und ich beantwortete es nur mit einen skeptischen Blick. Ein Mädchen mit violetten Haar rief sie, schnell verabschiedete sich Kim von mir und folgte dem fremden Mädchen.

Nachdenklich sah ich ihr nach, seit wann gab ich einfach so meine Nummer heraus? Diese Schwarzhaarige war mir nicht mal besonders sympatisch, aber ich wollte Kontakt mit Angelette, wollte wissen wie es ihr geht, wissen was ihr fehlte.

Gedankenverloren ging ich an den Klee vorbei in dem sie immer wühlte, beugte mich runter und pflückte überrascht ein Fünfblättriges Kleeblatt.
 

"Fünf Blätter?", nuschelte ich überrascht. Iris, ein Mädchen das sich auch manchmal in der AG rum trieb, kam vorbei und schielte auf den Klee in meiner Hand. "Hay Jade, du den würde ich lieber weg werfen." "Hm? Hallo Iris... Warum soll ich ihn weg werfen? Ich hab noch nie Klee mit mehr als Vier Blätter gesehen."

Sie nahm mir den Klee ab und sah mich ernst an. "Fünfblättrige Kleeblätter bedeuten Unglück! Viele glauben es würde Ruhm oder Reichtum bringen, aber eigentlich bringen mehr als Vier Blätter großes Unglück!", belehrte sie mich und ich musste lachen. "An so was glaub ich nicht.", meinte ich und nahm ihn wieder an mich.

Iris schüttelte den Kopf und ging an mir vorbei. "Du wirst sehen, bei so was irre ich mich nicht!"

Fragend sah ich mir den Klee an, ich war nicht abergläubisch! Ich holte mein Notizbuch aus meiner Tasche, schlug es auf und legte den Klee hinein. So etwas seltenes musste man doch aufheben! Und sowas brachte sicher kein Unglück...

Kapitel 4

~Angelette~
 

Auch Viola kam nach kurzer Zeit, aber auch wenn ich mich freute, gedanklich war ich die ganze Zeit bei Jade. Ich konnte es kaum erwarten endlich eine SMS an ihn zu schreiben.

Ob er antworten würde? Aber wenn er das nicht vor hätte, hätte er doch Kim nicht die Nummer gegeben.
 

Als sie nach Hause mussten, wollte ich eigentlich gleich zum Handy greifen, doch meine Schwester unterbrach mich. "Angel, willst du nicht langsam Mal an die frische Luft? Es wird bald dunkel."

Seufzend legte ich das Handy zur Seite. Sie hatte ja Recht, es würde mir gut tun mal raus zu gehen, aber der Garten des Krankenhauses kam mir so trostlos vor.

Wie das Außengehege für einen Hasen. Er konnte zwar die Freiheit sehen, aber kam ihr nie näher als bis zum Zaun... Es erinnerte mich nur daran das ich eingesperrt war.
 

Mein Blick ging zum Himmel, wie gern würde ich jetzt einfach gehen, raus aus diesen Knast. "Nein... Wenn ich wieder gesund bin werde ich wieder genug draußen sein. Ich will mir die Vorfreude auf die Luft nicht nehmen.", sagte ich lächelnd, doch meine Schwester sah mich nur frustriert an.

"Wenn du meinst... Ich werde dich nicht zwingen. Ich finds nur unverständlich. So viele sind hier, die nicht mal das Bett verlassen dürfen, du darfst wenigstens in den Garten und nutzt es nicht. Zuhause willst du sogar lieber draußen schlafen und liegst ständig im Gras, also warum nutzt du es hier nicht aus? Du musst ja deine Situation nicht noch absichtlich unerträglicher machen als sie ist."
 

Sie sah mich an, aber ich antwortete nicht auf ihre Aussage, sondern starrte nur still auf mein Handy.

Ottilie schnalzte genervt mit der Zunge und stand auf. "Na schön, dann wälz dich doch in deinen Leid. ICH sehe dir dabei bestimmt nicht zu!", sagte sie mindestens so trotzig wie ich mich benahm, schnappte ihre Sachen und ging zur Tür.

"Bis Morgen.", verabschiedete sie sich und ging. Somit war auch mein letzter Besuch weg und ich war allein.
 

Ich seufzte und nahm mein Handy wieder in die Hände. Wie sollte ich anfangen? Was sollte ich überhaupt schreiben? Wo war die Grenze zwischen zu förmlich und zu vertraut?

Jetzt hatte ich mich so darauf gefreut und war doch zu feige zum schreiben. Ich ärgerte mich über mich selbst und legte das Handy auf den Tisch.
 

Seufzend viel ichs aufs Kissen. Worauf wartete ich? Das er mir schrieb? Das war doch albern... Er hatte doch meine Nummer bestimmt nicht. Wahrscheinlich hatte er nur Kim den Zettel in die Hand gedruckt und ist davon gestürmt.

Ich tippt mit den Fingern nachdenklich gegen das Bettgitter, bis ich dann wieder das Handy in die Hand nahm.

Ein mal tief und aus atmen, ich sollte am besten einfach drauf los schreiben, ohne nach zu denken und ohne es noch mal zu lesen! Okay vielleicht sollte ich es doch noch mal lesen...
 

Langsam und unbeholfen ging mein Daumen über die Tasten, ich war eindeutig ungeübt im SMS-Schreiben!

»Hay Jade« Nachdenklich sah ich die ersten zwei Worte an. Klang das nicht doch irgendwie komisch? Ahhhhhhhhhhhh ich dachte schon wieder zu viel darüber nach! Dabei waren es doch nur zwei Wörter und einer davon war sein Name!
 

Stur schob ich meinen Verstand in die hinterste Ecke meines Kopfes und tippte einfach weiter.

»Hay Jade, meine Freundin Kim hat mir deine Nummer gegeben. Ich war etwas überrascht. Wie läufts in der Garten AG? Leben meine Blumen noch? Irgendwie hab ich das Gefühl die Anderen vergessen mein Beet, da es ja etwas versteckt ist. Ich hoffe ich komm schnell hier wieder raus und kann mich darum kümmern. Außerdem will ich wieder den Klee absuchen! Bis ich hier raus bin sind bestimmt noch mehr gewachsen, vielleicht finde ich ja ein Vierblättriges! Aber ich will dich nicht zutexten. Liebe Grüße Angel«

Nachdenklich begutachtete ich meinen Text. So konnte ich ihn doch lassen, oder? Bevor ich wieder zu viel drüber nachdachte drückte ich auf Senden und bereute es in der nächsten Sekunde schon wieder. Ich hätte ihn doch noch etwas kürzen sollen!
 

Jammernd packte ich es auf den Nachttisch und hoffte, das die SMS nicht zu seltsam war. Doch schon erklang mein SMS-Geräusch. Hatte er mir etwa schon zurück geschrieben

Kapitel 5

~Jade~
 

"Bin Zuhause!", rief ich in die Wohnung und wurde von meiner Mutter mit einem Lächeln und von meinem Vater mit einem kurzem Nicken begrüßt. "Es gibt gleich Essen, aber zieh vorher die Gartensachen aus!", forderte meine Mutter und musterte mich kurz.

Sie mochte es nicht, das ich fast den ganzen Tag in Handschuhe und Gartenschürze rum lief. "Ja ich zieh mich ja schon um.", meinte ich und verdrehte die Augen, Mütter!
 

Gerade als ich mir eine neue Jeans und ein Shirt anzog, vibrierte mein Handy, was mich kurz zusammen zucken ließ. Verwundert nahm ich es und las die SMS von der fremden Nummer.

Ein Lächeln huschte über mein Gesicht als ich den ungewöhnlich langen Text las. Fasste man sich bei SMSn nicht sonst kürzer?

"Jade! Wo bleibst du?!", rief meine Mutter. "Bin gleich da!", meinte ich und tippte schnell.
 

»Deine Blumen leben noch, ich kümmere mich schon darum, keine Angst. Der Klee wuchert richtig, jetzt wo du nicht mehr da bist, fast als wäre es Absicht. Auf jedenfall hab ich beim vorbei gehen schon ein paar Vierblättrige gesehen, aber die lasse ich dir. Es macht dir ja am meisten Spaß sie zu suchen, statt sie in die Hand gedrückt zu kriegen. In welchem Krankenhaus bist du eigentlich? LG Jade«
 

Ich drückte, ohne mir den Text nochmal an zu sehen, auf *Senden* und ging zu meinen Eltern. Kurz blieb ich stehen und sah auf meinen Text. Ich hatte ja auch so viel geschrieben...

Mit leicht geröteten Gesicht setzte ich mich an den Esstisch und starrte die ganze Zeit zum Handy.
 

~Angelette~
 

Aufgeregt las ich seine SMS und strahlte. Er hatte mir tatsächlich zurück geschrieben! Völlig happy wippte ich im Bett hin und her, erst als ich den letzten Satz las hielt ich inne.

Wollte er mich etwa besuchen? Ich schluckte und sah mich in meinem Zimmer um. Er wollte hier her kommen... In diesen ätzenden Ort?

Mein Herz schlug schneller, Jade allein in meinem Zimmer... Oder was wenn meine Schwester dabei wäre? Oh Gott sie würde mich nach seinen Besuch sicher ausfragen bis ich vor Verlegenheit im Boden versunken bin!
 

Auf der einen Seite wollte ich unbedingt Jade sehen und freute mich über den Gedanken ihn hier zu haben, auf der anderen Seite war ich mir unsicher, ob mein Herz das aushielt. Und auf gar keinen Fall dürfte meine Schwester dabei sein!!!

*seufzend ließ ich mich ins Kissen sinken. Was sollte ich ihn denn jetzt schreiben? Ich wollte doch unbedingt das er mich besucht...
 

Eine Krankenschwester kam rein, um nochmal nach mir zu sehen. "Na Angel, wie fühlst du dich heute?", fragte sie mit einen freundlichen Lächeln. "Überfordert...", nuschelte ich und spielte mit meinen Schulterlangem Haar.

"Morgen ist deine Blutwäsche, ich glaub um 9 Uhr.", sagte sie mir, ohne auf meine vorherige Antwort ein zu gehen. Wahrscheinlich hörte sie nach dem 20. Patient des Abends auch nicht mehr zu und fragte nur noch aus Höflichkeit, wie es einen geht.

"Ist okay, dann beeile ich mich mit dem Frühstücken." Die Krankenschwester nickte nur und Lächelte wieder, sie hörte wirklich nicht zu. Nun ja, ich konnte es ihr nicht verübeln, die Nachtschicht zu haben ist nicht schön und auf dieser Station waren hauptsächlich ältere Menschen, die kaum noch etwas allein tun konnte. Wer weiß wie vielen sie in der letzten halben Stunde schon die Zähne geputzt oder aufs Klo geholfen hatte.

"Willst du kurz ins Bad?" Ich nickte und sie klappte die Gitter meines Bettes runter. "Aber ich schaff das allein, musst nicht bei mir bleiben.", meinte ich zu ihr und sie wirkte Erleichtert.

"Okay, ich guck später nochmal nach dir, ja?" Ich nickte nur und die Krankenschwester verschwand aus meinem Zimmer. Sie war noch eine der angenehmsten auf dieser Station und eine der wenigen, die mir zuhörte wenn ich sagte, das man mich einfach *Angel* und nicht *Angelette* nennen sollte.
 

Ich ging ins Bad, zog mir meine Schlafsachen an und legte mich wieder ins Bett. Nachdem ich das Gitter wieder hoch geklappt hatte, schnappte ich mir mein Handy und kämpfte mit einer Antwort.

Kapitel 6

~Angelette~
 

Ich war gestern Abend so müde gewesen, das ich gar nicht mehr wusste was ich ihm geschrieben hatte.

Um kurz vor 8 Uhr gab es wie immer Frühstück. Es bestand nur aus zwei Stücken Körnerbrot, ein Schälchen Marmelade und eine Tasse Früchtetee. Oh wie ich das Essen im Krankenhaus hasste!

Unbegeistert blickte ich auf das Tablett und überlegte, ob der Hunger wirklich so groß war. Um kurz vor 9 Uhr musste ich zur Blutwäsche und da würde ich bestimmt lange sitzen… Sicher werde ich das Mittagessen verpassen, das gabs schließlich schon um 12 Uhr.
 

Dummerweise hatte ich mich gegen das Essen entschieden, was ich bereute, als ich dann Ewig bei der Blutwäsche saß.

Mit einem Buch auf dem Schoß und meinen Handy in der Hosentasche musste ich dort fünf Stunden verbringen. Mein Buch war nicht gerade spannend, meine liebe Schwester hatte natürlich hauptsächlich schwere Lektüre eingepackt, nur weil sie sich ständig Sorgen macht das ich zu viel in der Schule verpasse.
 

Gelangweilt klappte ich das Buch zu und beobachtete die Ärzte und Krankenschwestern. Der Arzt hatte den Blick fest auf seinen PC und studierte meine Krankenakte, wahrscheinlich hatte der mich zum ersten Mal und erkundigte sich genauer um meine Situation zu verstehen.

Die Krankenschwester, die als helfende Hand da war, sah mindestens so desinteressiert aus wie ich. Nun ja, es war auch nicht gerade eine spannende Untersuchung. Hin und wieder kamen andere Krankenschwestern rein, die endwieder den Arzt oder ihre Kollegin was fragen wollten. Auf mich achteten sie nicht so wirklich, sie wirkten auch ziemlich gestresst und achteten wenn, dann eher nur auf ihre eigenen Patienten.

So war das in diesen übertrieben modernen, riesigen Krankenhäusern: Völlig unpersönlich, keinen Bezug mehr zu dem Patienten, nur noch zu dessen Akte.
 

Seufzend nahm ich mein Handy und las nach, was ich Jade überhaupt geschrieben hatte.

»Danke das du ein Auge auf meine Blumen hast. :D Ich hatte schon geahnt, dass der Klee ohne mich richtig wuchert! Der ist fällig wenn ich hier raus bin! Und dann werde ich gaaaaanz viele Vierblättrige sammeln. X3 Ich bin im Hôpital Saint-Louis, Haus 4, Stockwerk 5, Zimmer 313. LG Angel«

Oh Gott, ich hatte wieder mal einen ganzen Roman verfasst! Und dann auch noch dieses Mal mit Smileys! Kann ein einzelner Mensch denn noch peinlicher sein? Geschrieben hatte er mich auch noch nicht…

Mein Blick ging zur Uhr über der Zimmertür, es war auch erst 13 Uhr, wahrscheinlich saß er noch im Unterricht. Schließlich hatte ich die SMS erst abends geschrieben, bestimmt hatte er sie noch nicht gelesen oder nur überflogen. Aber das ich ihm noch GANZ GENAU schreibe WO ich liege… Das schreit ja gerade zu nach „Bitte, bitte besuch mich!“
 

„Alles okay mit Ihnen?“, fragte mich der Arzt besorgt, als ich beschämt den Kopf hängen ließ. „Hm? Ja klar! Keine Sorge, ich bin diese Behandlung gewöhnt.“, erwiderte ich lächelnd. Ich konnte ihn ja wohl kaum erklären, dass ich in der Situation über Alltägliche Teeni-Probleme mir den Kopf zerbrach.

Der Arzt nickte nur erleichtert und wendete sich wieder seinen Computer zu. „Denken sie einfach nicht zu viel darüber nach.“, empfahl er mir dann noch monoton und las weiter in die Akte. Hoffentlich war die Blutwäsche bald vorbei…
 

~Jade~
 

Schmunzelnd las ich nach der Schule die SMS. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie war ihre Art zu schreiben irgendwie niedlich.

Nachdenklich neigte ich den Kopf, das Hôpital Saint-Louis war ziemlich weit weg, auf der anderen Seite der Stadt.

Ich holte das fünfblättrige Kleeblatt aus meiner Tasche und betrachtete es. Heute musste ich aber zu ihr fahren…

Kapitel 7

~Angelette~
 

Ich lag wieder in meinen Bett und blätterte in einem der Bücher, die mir meine Schwester mitgebracht hatte. Doch schon nach einer Weile sag ich es bei Seite, irgendwie konnte ich mich nicht konzentrieren.

Ich massierte mir die Schläfen und zuckte zusammen, als der Oberarzt und einige Assistenten reinstampften. Hatten die noch nie was von Klopfen gehört?

"Ähm... Hallo, ist schon Visite?", fragte ich Stirnrunzelnd und kam mir ein bisschen so vor wie ein seltenes Tier im Zoo.

Der Arzt schenkte mir ein professionelles Lächeln, was mich eigentlich beruhigen sollte und stellte mir seltsame Fragen. "Wann wurden sie das letzte Mal untersucht?", fragte er mich, während er mein Gesicht begutachtete. "Ist schon eine Weile her... Ich hatte nen guten Lauf. Stimmt etwas nicht?" Langsam wurde ich unsicher.

"Hatten sie in der letzten Zeit Hautverfärbungen?" "Nicht das ich wüsste..." Was wollte der? "Konzentrationsschwierigkeiten oder Merkfähigkeitsprobleme?" "Ähm... Das beste Gedächtnis hatte ich noch nie und das mit den Konzentrationsschwierigkeiten ist glaub ich in meinen Alter normal..."

Ich sah zu den Assistenten, die alles fleißig mitnotierten. "Sind sie Lichtempfindlich? Fühlten sie sich in letzter Zeit schwächer als sonst?" "Ja und ja. Wenn ich mich nicht so schlapp fühlen würde, wäre ich nicht hier. Ich wurde hier eingeliefert weil ich zusammengebrochen bin." Der Arzt nickte und sah kurz zu den Assistenten. "Haben die Gelenk oder Muskelschmerzen?" Ich blinzelte ein paar mal und nickt vorsichtig. "Schon..." Wieder nickte er und steckte seine Notizen ein.

"Sie haben strenge Bettruhe, ich werde ihre Eltern benachrichtigen." "Was? Meine Eltern? Warum? Was ist los???" Er drehte sich noch einmal zu mir um als er an der Tür stand. "Das berede ich mit ihnen, wenn ihre Eltern hier sind.", meinte er nur und ging.

Mit offenen Mund starrte ich ihm nach. Was soll das??? Was ist denn hier los?
 

Nach einer Stunde waren meine Eltern da, nur unterhielten sie sich mit den Arzt erstmal noch vor der Tür, nur meine Schwester war bei mir und sah gedankenverloren aus dem Fenster.

"Was ist los?", fragte ich schließlich und sie zuckte zusammen. "Die haben was gefunden, was nicht gut für dich ist..." "Was denn? Rede mit mir nicht wie mit einem kleinen Kind!" Sie seufzte und sah mich an. "Irgendwas mit Lupus- was weiß ich... Anscheinend hat es deine Niere befallen und es wurde zu spät festgestellt. Du musst doch gemerkt haben das es dir nicht gut ging! Warum hast du nichts gesagt?"

Ich seufzte und lehnte mich zurück. "Es ging mir immer gut..." "Lüg nicht! Wenn du es nicht so weit getrieben hättest das du schon umkippst dann... Du hättest was sagen sollen! Herr Gott, es geht hier um deine Gesundheit!"

Ich blickte weg und biss mir auf die Unterlippe. "Ich wollte nicht wieder ins Krankenhaus..." Meine Schwester schnappte vor Wut nach Luft und sprang auf. "Idiotin!! Da quälst du dich lieber statt mal zu sagen das es schlimmer geworden ist?! Das ist doch hier kein Spiel! Du kannst doch nicht einfach-" Sie wurde unterbrochen, denn der Arzt und meine Eltern kamen rein.
 

Mein Vater hatte eine versteinerte Miene, meine Mutter den Kopf gesenkt. Der Arzt bemühte sich sichtlich nicht besorgt aus zu sehen.

"Also, was hab ich denn jetzt?", fragte ich und ignorierte meine Schwester, die sich wieder hinsetzte.

"Nun, es wird Lupus erythematodes genannt und betrifft eigentlich meist die Haut. Nur bei dir betrifft es die Nieren... Die Krankheit ist nicht heilbar, aber wir haben Medikamente, die es wieder lindern. Das Problem ist nur..." Der Arzt räusperte sich. "Das Problem ist?", wiederholte ich nochmal und sah ihn skeptisch an. "Es ist schon ziemlich fortgeschritten. Wir... Es hätte eher behandelt werden müssen. Du musst doch was bemerkt haben."

Ich blieb stumm. Ja, die Symptome waren da gewesen... Ich wusste das ich eine Nierenentzündung hatte... Aber... Ich wollte doch nur nicht mehr ins Krankenhaus...



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