Schwarzer Komet von Yosephia (Drachengesang und Sternentanz - Teil 1) ================================================================================ Kapitel 9: Der Morgen, an dem ihm der Abschied schwer fiel ---------------------------------------------------------- 20 Jahre vor der Opferung Mit schlafwandlerischer Sicherheit tapste Natsu durch die breiten, hellen Straßen von Magnolia. Obwohl erst fünf Sommer alt, kannte er die Stadt wie seine Westentasche – und sie ihn. Die Ladenbesitzer grüßten ihn lächelnd, von der dicken Bäckerin bekam er sogar eines der Brötchen, die sie gerade aus dem Ofen geholt hatte. Spielende Kinder winkten ihm zu, sich ihnen anzuschließen, ein Soldat zauste ihm grinsend die Haare. Es war ein sonniger, fröhlicher Tag. Alle waren zufrieden und heiter, die Arbeiten gingen allen locker von der Hand. Selten einmal durchbrachen Flüche oder gar Streitereien die Idylle. So wie Natsu es gewohnt war, seit er angefangen hatte, durch die Fürstenstadt zu stromern. Alles war wie immer. Und doch war es heute anders. Anstatt kreuz und quer durch die Stadt zu laufen, mal hier, mal dort stehen zu bleiben und die Ereignisse zu beobachten oder mit den Leuten zu reden, hatte Natsu heute ein ganz konkretes Ziel. „Na, Natsu, wo geht es heute hin?“, rief ihm ein Fuhrmann zu, der ein Dutzend mächtiger Eichenstämme aufgeladen hatte, die aufgrund ihres geraden Wuchses von kaum zu ermessenden Wert waren. „Dorthin“, sagte der Junge nur und deutete geradeaus. Der Fuhrmann lachte rau und knallte einmal mit dem dicken Zügel, um die beiden kräftigen Kaltblüter wieder anzutreiben. Und Natsu ging weiter. Er hielt nicht am Waisenhaus, um mit den Kindern zu spielen, und auch nicht am Truppenübungsplatz, um die Soldaten unter Gildartz’ Leitung zu beobachten. Unbeirrt ging er immer weiter, bis er die hoch aufragenden Stadtmauern erreichte, durch deren tagsüber geöffnete Tore zahlreiche Menschen strömten. Bauern, die ihre Waren auf dem Markt vertreiben wollten. Händler, die von Geschäftsreisen kamen oder zu neuen aufbrachen. Wanderer, die mit ihren Geschichten und Diensten in Magnolia Obdach zu finden hofften. Soldaten, die von ihrem Dienst bei anderen Posten im Fürstentum zurückkehrten. In all dem Trubel gelang es Natsu mühelos, unbemerkt zwischen all den anderen Menschen nach draußen zu schlüpfen, obwohl Gildartz und Cornelia ihm genau das immer verboten hatten. Nie zuvor hatte er darüber nachgedacht, dieses Verbot zu übergehen. Magnolia war zu groß und zu lebendig, als dass einem Fünfjährigen langweilig werden könnte. Aber heute war es anders. Heute wurde Natsu gerufen. Bereits als er heute Morgen die Augen aufgeschlagen hatte – geweckt vom Rumpeln der Fuhrwerke auf der Straße –, hatte er gespürt, dass etwas anders war als sonst. Während des Frühstücks war er unruhig gewesen. Cornelia hatte es auf seinen üblichen Bewegungsdrang geschoben und deshalb nicht weiter nachgefragt. Ziellos war Natsu nach dem Essen durch die Stadt gelaufen und hatte dabei in sich hinein gelauscht, aber erst zur Mittagsstunde, als er mit dem geschenkten Brötchen an einem der Brunnen gesessen hatte, hatte er erkannt, dass er gerufen wurde. Es war keine tatsächlich hörbare Stimme, es gab keine klaren Worte, es war eher ein Gefühl. Eine Sehnsucht nach etwas, das er eigentlich gar nicht kannte. Die Gewissheit, aufbrechen zu müssen, um den Ursprung dieses Rufs zu finden. Also war er los gelaufen, hatte halb Magnolia durchquert und schließlich auch dann nicht gezögert, als er die Mauer erreicht hatte. Eine kleine Weile folgte er dem Menschenstrom, welcher der Kaiserlichen Straße nach Westen in Richtung Clover folgte, doch am Waldrand schlug er sich in die Büsche. Hier gab es keine Wege mehr, nur noch einige vage Pfade, an denen er sich orientieren konnte. Dennoch strebte er immer weiter. Je weiter er voran kam, desto lauter wurde der Ruf. Um ihn herum zwitscherten viel mehr kleine Vögel, als er es aus der Stadt kannte, und dann hörte er hoch über sich einen lauten, schrillen Ruf und ein brauner Vogel mit weißer Brust flog blitzschnell über ihn hinweg. Ein Gebüsch neben ihm raschelte und ein Kaninchen schoss Haken schlagend daraus hervor. Mit großen Augen wanderte Natsu durch diese für ihn so neuartige Welt. Er war schon ein paar Mal mit Gildartz, Cornelia und Cana im Wald gewesen, aber das alles alleine zu erkunden, war doch etwas vollkommen anderes. Schließlich trat er auf eine große Lichtung und dort lag… ein Wesen, wie Natsu es bisher nur aus Büchern gekannt hatte. Es hatte vier Beine wie viele andere Tiere auch, aber es hatte kein Fell und keine Federn, sondern Schuppen, ähnlich wie bei einer Eidechse, doch viel größer und dem Augenschein nach auch dicker und härter. Auch die riesigen Flügel, die Natsu an die Segel der Flussschiffe erinnerten, waren unbefiedert. Da war auch ein langer Schwanz, der leicht hin und her wiegte. Und das gesamte Wesen war viel, viel größer als jedes andere, das Natsu jemals gesehen hatte. Bei dem Versuch, den Kopf weit genug in den Nacken zu legen, um auch den Kopf des Wesens richtig betrachten zu können, plumpste Natsu auf den Hosenboden. Das Wesen neigte langsam das Haupt und musterte den Menschenjungen aufmerksam. Es hatte ein riesiges Maul voller Zähne, mit dem es einem Mann wie Gildartz wahrscheinlich mit wenigen Bissen verspeisen könnte. Aber über Natsus Gesicht breitete sich ein strahlendes Grinsen. Er streckte beide Arme aus und lachte vergnügt. „Du bist ein echter Drachen!“ Ein Schwall warmer Luft glitt über den Jungen hinweg und die Augen des rot-gelben Drachen blinzelten gutmütig. „Und du bist ein sehr mutiger Junge“, grollte er. Seine Stimme vibrierte in Natsus Ohren. Natsu grinste immer breiter. „Ich bin Natsu!“ „Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Igneel.“ Ein weiterer warmer Luftschwall traf Natsu, dann näherte sich ihm das beeindruckende Drachenmaul, bis es behutsam in seinen Bauch stieß. „Igneel!“, wiederholte Natsu selig und versuchte, das Maul zu umarmen. Natsu hatte schon viele abenteuerliche Geschichten über Drachen gehört. Wie mächtig und gefährlich sie für ihre Gegner waren. Dass sie sich nie zähmen ließen. Es gab auch furchtsame Leute, die behaupteten, Drachen fräßen Menschenfleisch. Aber Natsu spürte instinktiv, dass Igneel ihm niemals etwas zuleide tun würde. Igneel war ein guter Drache und was noch wichtiger war: Er war Natsus Drache. Mit aller Gewissheit, die ein Fünfjähriger aufzubringen vermochte, war Natsu sich sicher, dass er und Igneel fortan zusammen gehörten. Dafür brauchte er keine Erklärungen von Erwachsenen über Drachenmagie, Telepathie und dergleichen. Er wusste es einfach und er war glücklich darüber. Und er wusste mit ebensolcher Sicherheit, dass Igneel es auch war! 2 Wochen vor der Opferung Sehr aufmerksam beobachtete Natsu, wie Lucy die getrockneten Minzblätter aus einem kleinen Beutel zu einem feinen Pulver zerrieb und in das heiße Wasser gab. Er studierte den graziösen Tanz ihrer feingliedrigen Finger, beobachtete das Wehen einiger goldener Haarsträhnen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, betrachtete den Schwung ihrer schimmernden Lippen, verfolgte das Auf und Ab ihrer dichten, langen Wimpern, als sie blinzelte. Dann hob sie den Blick und begegnete den seinen. Wieder war Natsu verblüfft, wie braun ihre Augen waren. Auf all seinen Reisen hatte er noch nie so sehr auf Augenfarben und dergleichen geachtet, aber Lucys Augen waren von einem tiefen Braun und warm und klug und wunderschön… Er verspürte den Drang, sich ihr zu nähern, um ihr noch tiefer in die Augen blicken zu können. Ob sie ihm das anmerkte? Ihre Wangen bekamen einen rosigen Schimmer und um ihre Lippen spielte ein beinahe schüchternes Lächeln. Natsu wurde ganz kribbelig zumute. Ein vernehmliches Räuspern lenkte Natsus und Lucys Aufmerksamkeit auf Loke, der mit ihnen am Feuer saß und nun Beiden je ein Stück Brot hin hielt, die Miene dabei seltsam angestrengt. „Danke“, nuschelte Lucy und nahm ihr Brot an sich. Natsu ergriff sein eigenes Stück und nickte Loke irritiert zu. Irgendwie verhielt der Krieger sich merkwürdig. Nicht direkt unfreundlich oder gar feindselig, eher so, als hätte er die ganze Zeit Magenschmerzen. Das vielsagende Grinsen von Scorpio und Gemini, die Loke gegenüber saßen, machte Natsu auch nicht schlauer. Seit einer Woche war er mit Lucy und ihren vier Kameraden zusammen – fünf, wenn man Plue richtig mit dazu zählen wollte, der jetzt vor Gemini saß und an einer Möhre knabberte. Damit Happys Wunden nicht wieder aufbrachen, hatten sie sich nur fortbewegt, um an günstigerer Stelle ihr Lager zu errichten. In dieser Zeit hatten Natsu und Happy Freundschaft mit Lucy geschlossen, aber für Natsu war es eine ganz andere Freundschaft, als er sie etwa mit Sting und Rogue, mit Romeo und Wendy oder auch mit Cana pflegte. Er hätte gerne mit Gildartz darüber geredet, aber er hatte keine Ahnung, wo der gerade unterwegs war. „Also… Wir müssen langsam wieder aufbrechen“, begann Loke bemüht ruhig. „In Heartfilia wartet man sicher bereits auf uns.“ „Aber Happys Wunden…“, protestierte Lucy und rang mit den Händen. „Mir geht es schon viel besser“, erklärte der Exceed eifrig und wollte aufstehen, um das zu beweisen, aber Natsu hielt ihn behutsam zurück. Immerhin hatte Lucy ihn ermahnt, darauf aufzupassen, dass Happy sich schonen musste. „Keine Sorge, Lucy, ich bringe Happy nach Hause, dort kann man sich auch um ihn kümmern“, versprach Natsu mit einem beruhigenden Grinsen. „Happy ist zäh und du hast ihn gut versorgt.“ „Ihr solltet das nicht so auf die leichte Schulter nehmen“, erboste sich die Blonde. Wenn sie wütend war, besaß sie eine ganz eigene Anziehungskraft. Dann blies sie immer die Wangen ein wenig auf und zog die Augenbrauen zusammen. Und ihre Augen blitzten dann streng. Bei diesem Anblick ging Natsu das Wort niedlich durch den Kopf und er konnte einfach nicht anders, als sie weiterhin zu necken. Daher winkte er lässig ab. „Das wird schon, Lucy, reg’ dich nicht so auf.“ „Aye, davon kriegst du Falten!“, ließ sich Happy vernehmen. Empört schnaubend verschränkte Lucy die Arme vor der Brust und funkelte Natsu und Happy an. „Wo habt ihr Zwei euer Hirn gelassen?“ Grinsend zuckte Natsu mit den Schultern. Wieder einmal räusperte Loke sich und aus irgendeinem Grund musste Gemini husten, obwohl er nichts gegessen oder getrunken hatte, wobei er sich hätte verschlucken können. Mit zuckenden Lippen klopfte Scorpio seinem Kameraden auf den Rücken. „Also sind wir uns einig, dass wir heute aufbrechen?“ Natsus gute Laune bekam einen ordentlichen Dämpfer. Die Vorstellung, sich so bald schon von der schönen Blonden verabschieden zu müssen, gefiel ihm gar nicht. Er würde sie schmerzlich vermissen. Allein schon ihren herrlichen Duft…! Allerdings fiel ihm kein sinnvoller Vorwand ein, warum sie sich noch nicht voneinander trennen konnten. Immerhin hatte er Happy soeben für reisefähig erklärt. Da war er ganz schön voreilig gewesen, aber zurückrudern konnte er jetzt auch nicht mehr. Schicksalsergeben nickte er. Bildete er sich das ein oder wirkte Lucy betrübt, als sie ebenfalls nickte? Ganz automatisch verspürte der den Drang, sie aufzuheitern, aber bevor er den Mund aufmachen konnte, fuhr Loke in einem geschäftsmäßigen Tonfall fort: „Dann sollten wir das Lager abbrechen. Ein kurzes Stück können wir noch zusammen reisen. Gegen Mittag sollten wir den Abzweig erreichen, der direkt nach Magnolia führt. Das dürfte für euch der schnellste und bequemste Weg sein.“ Noch immer grinsend erhoben sich Scorpio und Gemini. Letzterer stopfte sich noch ein Stück Brot in den Mund, ehe er zu Sagittarius’ Zelt ging, um den Bogenschützen zu wecken, der die letzte Schicht der Nachtwache gehabt hatte. „Ich gehe noch ein paar Kräuter für Happys Wundumschläge suchen. Das, was ich noch getrocknet habe, wird wahrscheinlich nicht reichen, bis ihr Magnolia erreicht habt“, erklärte Lucy und stand ebenfalls auf. Natsu beeilte sich, ihr zu folgen. „Ich begleite dich. Du kannst mir die Kräuter zeigen.“ Loke schien protestieren zu wollen, aber Lucy kam ihm zuvor, indem sie ihn bat, auf Happy aufzupassen, damit dieser sich schonte. Wie um die Wichtigkeit dieses Anliegens zu bekräftigen, versuchte der Exceed schon wieder, aufzustehen. Natsu fing den Blick seines Partners auf und war sehr verwirrt, als dieser ihm schelmisch zuzwinkerte, aber er schob den Gedanken daran beiseite und schloss zu Lucy auf, die bereits im Unterholz verschwunden war. Einige Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her. Natsu hielt der Blonden mehrmals Zweige aus dem Weg. Nicht weil er sie für zimperlich hielt, sondern weil es ihr zu gefallen schien, denn sie schenkte ihm dafür jedes Mal ein umwerfendes Lächeln. „Hier“, sagte sie schließlich und ging vor einem Gebüsch im Schatten in die Hocke. Sie deutete auf eine kleine, unscheinbare Blume mit großen, weißgefleckten Blättern und bläulich-violetten, schlichten Blüten, die an ihren Stengelenden in Wickeln standen. Natsu ging ebenfalls in die Knie und lauschte, während Lucy ihm die Kennzeichen und die Anwendung der Pflanze – Lungenkraut nannte sie es – erklärte, deren Blüten und Blätter er ernten musste, ohne sie zu zerdrücken, um sie dann auf einem Stein in der Sonne zu trocknen. Bald wurde sein Blick wieder vom Tanz der zierlichen Finger gefesselt und er verspürte den Drang, diese Finger festzuhalten und nie wieder los zu lassen. „Tut mir Leid, dass ich nur so wenig für Happy tun kann“, sagte Lucy schließlich zaghaft. „Ich habe während des Studiums nur die Pflichtkurse in Medizin besucht.“ „Du und deine Freunde habt Happy das Leben gerettet. Ich hätte ihn wahrscheinlich nicht rechtzeitig eingeholt.“ „Ich glaube, du hättest rechtzeitig einen Weg gefunden“, widersprach Lucy ihm zu seiner Überraschung und schenkte ihm dabei ein aufmunterndes Lächeln. „Ich kenne dich noch nicht so lange, aber ich glaube, ausweglose Situationen spornen dich erst richtig an.“ Verblüfft betrachtete Natsu die Blonde. Er war es gewohnt, dass die meisten ihn für einen gedankenlosen Trottel hielten. Tatsächlich wusste er, dass er nicht so clever war wie der grüblerische Rogue oder die gelehrte Wendy. Er hatte sich nie viel daraus gemacht und stets seinen eigenen Weg verfolgt. Dass da jemand war, der so bedingungslos an ihn glaubte, war neu für ihn. Das kannte er nur von Happy und bei dem war das eindeutig etwas anderes als hier und jetzt mit Lucy. Ein warmes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er beugte sich vor, bis er nichts anderes mehr als Lucys große, braune Augen sehen und nichts anderes als ihren betörenden Duft riechen konnte. „Ja, das tun sie. Ich lasse mich nicht so leicht klein kriegen. Vor allem nicht, wenn es um meine Freunde geht.“ Lucys Blick funkelte seltsam und unwillkürlich kam Natsu ihr noch näher, um das Funkeln besser deuten zu können. Als sie sprach, klang sie heiser. „Das gibt mir als deine Freundin ein gutes Gefühl.“ Dass sie sich als seine Freundin betrachtete, machte Natsu eigentümlich glücklich, aber gleichzeitig war er damit unzufrieden. Ein kleiner Teil von ihm hatte das Gefühl, dass das nicht genug war… Ohne richtig darüber nachzudenken, kam er Lucy noch näher. Er konnte ihren Atem auf seinen Lippen spüren. Sie zuckte nicht zurück. Kein Erschrecken und keine Ablehnung erkannte er in ihren Augen, sondern Sehnsucht. Für einen Sekundenbruchteil streiften seine Lippen ihre, doch dann erklang direkt neben ihnen ein lautes Räuspern. Sofort wichen sie auseinander. Natsus Wangen brannten, aber seine Lippen prickelten. Zu gerne hätte er mehr von dieser Berührung gehabt! Frustriert hob er den Blick zum Störenfried an. Es war Loke und er macht ein finstereres Gesicht als Cana, wenn das Bier schal war. „Ich habe euch mehrmals gerufen“, knirschte er und legte demonstrativ eine Hand auf den Knauf seines Langschwertes. „Und wir haben dich gebeten, auf Happy aufzupassen“, erwiderte Lucy scharf, ihre Wangen entzückend dunkelrot. Sie erntete etwas von der Blume, die sie Natsu gezeigt hatte, und stampfte dann in Richtung Lager zurück. Loke folgte ihr mit einem gewissen Sicherheitsabstand und Natsu trottete verwirrt und frustriert hinterher. Die Zelte waren abgebaut und das Gepäck wieder auf das Packpferd verladen. Gemini löschte gerade das Feuer. Plue tanzte auf seine ulkig zittrige Art darum herum. Happy saß daneben und blickte Natsu und den Anderen unverhohlen neugierig entgegen. Natsu wusste, dass er sich auf jede Menge Fragen gefasst machen konnte, sobald er mit dem Exceed wieder alleine war. Scorpio, der gerade das letzte Pferd sattelte, grinste breit. Sogar Sagittarius schien sein Schmunzeln nicht zurückhalten zu können. „Bis zur Weggabelung laufen wir“, entschied Lucy rigoros und hob Happy in ihre Arme. Also liefen sie. Loke positionierte sich zunächst zwischen Natsu und Lucy, aber ein scharfer Blick seitens Lucy ließ ihn zurückfallen, sodass Natsu wieder neben der Blonden laufen konnte. Zwischen ihnen blieb jedoch ein gewisser Abstand, den Natsu nicht mehr zu verringern wagte. Wenn Lucy mit ihren Freunden zusammen war, ließ sie sich nicht einfach treiben. Ein Teil ihrer Gedanken schien dann immer um ihre bevorstehende Aufgabe als Fürstin von Heartfilia zu kreisen. Natsu kannte dieses Phänomen von Laxus. Dennoch genoss der Pinkhaarige die Zeit mit Lucy. Auf ihren Wunsch hin erzählten er und Happy wieder von ihren Reisen. Gestenreich beschrieb er ihr die Berge von Cait Shelter und das überwältigende Gefühl, das ihn überkommen hatte, als er vor dem Spaltengletscher gestanden hatte. Lucy erzählte ihm, dass sie unter den Eismenschen zwei Freunde hatte, und für einen winzigen Moment empfand Natsu Eifersucht, als er das liebevolle Funkeln in Lucys Augen bei dieser Erwähnung bemerkte. Happy lenkte ihn jedoch ab, als dieser den Kopf in den Nacken legte, um Lucys Gesicht betrachten zu können. „Kommst du uns mal in Magnolia besuchen, Lucy? Dann können wir gemeinsam eine Reise machen.“ „Besuchen komme ich euch sicher, aber für eine lange Reise werde ich leider keine Zeit haben“, entschuldigte sie sich mit wehmütiger Miene. Natsu verspürte den Drang, Lucy hier und jetzt mit sich zu nehmen und irgendwohin zu bringen, wo niemand sie mit ihren Pflichten als Fürstin behelligen konnte, aber er kannte Lucy bereits gut genug, um zu wissen, dass sie das selbst nicht wollte. Sie liebte ihre Heimat und wollte ihre Pflichten gewissenhaft ausüben, auch wenn das bedeutete, Opfer bringen zu müssen. Das machte sie dem Opa-Fürsten ähnlich. Natsu fühlte sich gleich noch mehr zu ihr hingezogen. „Ich hoffe doch, ihr kommt mich in Heartfilia auch mal besuchen?“, fragte Lucy und riss Natsu damit zurück in die Gegenwart. „Aye!“, rief Happy enthusiastisch aus. „Dann zeigst du uns dein Land!“ Lächelnd strich Lucy über Happys Kopf und der Exceed strahlte sie glücklich an. Happy war allgemein sehr zugänglich, aber Lucy hatte er unübersehbar gern. So anhänglich hatte Natsu ihn gegenüber anderen Menschen noch nie erlebt. Natsus Laune bekam schon wieder einen Dämpfer, als er nicht weit entfernt die Weggabelung erkannte. War die Zeit wirklich schon vorbei? Es hatte sich nur wie Minuten angefühlt, seit sie aufgebrochen waren! Sie hielten an der Verzweigung. Während Lucy sich innig von Happy verabschiedete, reichte Natsu ihren vier Leibwächtern die Hand. Gemini grinste ihn breit an und Scorpio zwinkerte ihm zu, Loke hingegen drückte Natsus Hand eine Spur fester als nötig. Automatisch erwiderte Natsu den erhöhten Druck und Loke setzte noch einen drauf. Natsu zog weiter mit und langsam zitterten ihrer Beider Hände vor Anstrengung. Erst als Lucy mit Happy heran trat, lösten sie sich voneinander. Einen eindeutigen Sieger gab es nicht. Es juckte Natsu in den Fingern, das zu ändern, doch jetzt wandte er sich lieber Lucy zu. Behutsam nahm er Happy entgegen, ehe er Lucy mit dem freien Arm an sich drückte. Ihre Wangen röteten sich, aber sie erwiderte die linkische Umarmung. „Passt gut auf euch auf und geht in Magnolia schnurstracks zu einem Arzt oder Heiler, verstanden?“ „Machen wir“, versprach Natsu und erlaubte sich, ein letztes Mal an der Blonden zu schnuppern. „Sobald Happy wieder fit ist, kommen wir nach Heartfilia.“ „Ich freue mich schon darauf“, versicherte Lucy lächelnd. Noch einmal drückte Natsu die junge Frau an sich und wollte sie dann eigentlich loslassen, doch dann spürte er ihre weichen Lippen an seiner Wange. Er wurde ganz schwach. Beinahe hätte er Happy einfach fallen gelassen und dort mit Lucy weiter gemacht, wo Loke sie vorhin unterbrochen hatte. Ehe er seine Hemmungen jedoch überwunden hatte, löste Lucy sich wieder von ihm und drehte sich mit einem heiseren „Bis bald!“ ab, um sich auf ihr von Loke bereit gehaltenes Pferd zu schwingen. Ihre Wangen leuchteten feuerrot. Belämmert blickte Natsu ihr hinterher. Er hätte ihr gerne noch etwas zugerufen, aber es fühlte sich an, als hätte er seine Zunge verschluckt. Wie angewurzelt stand er da und beobachtete die allmählich kleiner werdende Reisegruppe, während seine Wange intensiv kribbelte. Er kam erst wieder zu sich, als Happy ihm mit einem verschlagenen Grinsen ins Ohr kniff und ihn mit Fragen zu löchern begann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)