Heaven in Hell von Chastity ================================================================================ Prolog: -------- ~ Zufälle sind unvorhergesehene Ereignisse, die einen Sinn haben. ~ - Diogenes von Sinope Es war eine kalte, finstere Nacht in Beacon Hills. Nicht einmal der Mond erhellte die Stadt, war er doch von großen düsteren Wolken bedeckt. Es war, als wüsste selbst der Himmel, was dort unten geschah und in naher Zukunft noch geschehen würde. Nichts war weit und breit zu hören. Nichts, außer das Schwingen von Flügeln und ein leises, Atemloses Keuchen einer jungen Frau. Sie rannte, rannte um ihr Leben. Viel zu lange tat sie dies schon. Ihre Lunge begann zu schmerzen, ihre Beine gaben langsam nach. Selbst das Adrenalin würde sie nicht mehr viel weiter bringen, war so doch einfach nur noch am Ende. Immer wieder fragte sich die junge Frau, wie sie nur so dumm sein konnte. Warum nur bestand sie darauf es alleine zu erledigen? Es war nichts gefährliches was sie vor gehabt hatte, lediglich die Leviten wollte sie jemanden lesen. Doch statt die gesuchte Person, fand sie diese riesigen, geflügelten Ungetüme. Am Anfang noch hatte sie sich ihnen gestellt. Sie hatte wirklich versucht gegen sie zu kämpfen, doch waren es einfach zu viele gewesen. Nicht einmal fünf Minuten hatte sie gegen ein halbes Dutzend von ihnen durchgehalten. Sie wusste das es besser war sich zurückzuziehen, wenn sie die ganze Sache Überleben wollte. So schnell sie konnte bog sie um die nächste Ecke, sah dabei nach hinten um sich zu vergewissern, ob sie noch genügend Abstand zu diesen Viechern hatte. Grade als sie wieder nach vorne sehen wollte, prallte sie gegen irgendetwas relativ hartes ab. Der Aufprall traf sie so stark, das sie mit ihrem Hintern voran auf dem feuchten, dreckigen Boden landete. Etwas benommen schüttelte sie leicht ihren Kopf. Sie hörte, wie jemand das Wort 'Krankenhaus' erwähnte. Fast schon panisch schnellte der Kopf der jungen Frau nach oben, erblickte dabei die Silhouetten zweier Menschen. Trotz das sie wusste, das die beiden nicht mehr sahen als sie selbst, verwandelte sich ihr Gesichtsausdruck von erschrocken zu fast schon flehend. „Bitte kein Krankenhaus.“ Das waren die letzten Worte, die ihren Mund verließen. Das Adrenalin ließ nach, mit einem Mal war nichts mehr davon über gewesen. Ihr Körper wurde schwächer. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich einfach nicht mehr aufraffen. Das letzte was sie hörte war ein Fluchen, ehe sie den Kampf gegen ihren eigenen Körper verlor und in Ohnmacht fiel. * * * Ein reißender Schmerz ging durch den Kopf der jungen Frau, als sie versuchte ihre Augen zu öffnen. Sie fühlte sich in diesem Augenblick wie drei Jahre zurück versetzt, denn genauso fühlte sich damals ihr erster Kater an. Zu diesem Zeitpunkt schien noch alles perfekt. Ihr Leben schien normal. Sie lebte einfach nur in den Tag hinein, hatte keine Ahnung das es auf der Welt noch mehr gab, als nur die Menschheit. „Hey, ich glaube sie wacht auf.“ Erneut versuchte sie ihre Augen zu öffnen, dieses Mal jedoch mit Erfolg. Ganz langsam öffnete sie ihre Lider, inspizierte vorsichtig ihre Umgebung. Das Zimmer, in dem sie sich befand, wirkte trostlos. Die dreckigen Fensterscheiben ließen kaum das Tageslicht in den Raum. Alles hier kam ihr seltsam bekannt vor. Ein braunhaariger, junger Mann saß auf einem Stuhl neben ihrem Bett und sah sie mit seinen braunen Augen sorgenvoll an. „Hey. Alles in Ordnung bei dir?“ „Wie geht es deinem Hintern?“ Ihr Blick schweifte zur Tür. Im Türrahmen war nun ein Mann mit dunkelblonden Haaren aufgetaucht, er schien etwas älter zu sein als der zu ihrer linken. „Wo bin ich?“ Langsam richtete sie sich auf, wollte nicht mehr Sinnlos herumliegen. „In einem Motel, in der Nähe von Beacon Hills.“ Mit großen Augen sah die junge Frau zu dem älteren. Sie ahnte wo sie sich befand, wollte jedoch ganz sicher gehen. „Bitte sag jetzt nicht, das wir uns im Motel Glen Capri befinden.“ Ein kurzes nicken seinerseits reichte ihr. Sie wollte aus dem Bett springen, diesen Ort so schnell wie es nur möglich war verlassen, doch machte ihr ihr Körper erneut einen Strich durch ihre Rechnung. „Hey, ganz ruhig. Du scheinst ganz schön was abbekommen zu haben.“ Behutsam legte der dunkelhaarige seine rechte Hand auf ihren Rücken, wollte sie so etwas stützen. „Wo wir grade beim Thema sind. Was ist eigentlich passiert und was fast noch viel wichtiger ist, wie kommt es, das du voller Blut warst, aber keine einzige Wunde an deinem Körper zu finden ist?“ Skeptisch betrachtete der ältere die junge Frau vor sich. Er könnte sich einfach nicht erklären, wie sie bei dieser Menge an roter Flüssigkeit keine einzige Verletzung an der Haut haben konnte. Es gab nur eine logische Schlussfolgerung dafür. Sie war keinesfalls Menschlich. „Ich, ähm. Naja, also ich.“ „Wenn du dir schon versucht eine billige Ausrede einfallen zu lassen, dann solltest du aufhören zu stottern.“ Etwas perplex sah sie den blonden an. Er hatte recht, sie war zu auffällig, stotterte wie ein kleines Mädchen, welches noch nie im Leben gelogen hatte. Sie wurde den Gedanken einfach nicht los, das mit den beiden irgendetwas nicht stimmte. Etwas in ihr sagte ihr, das die zwei die Wahrheit bereits kannten. „Ich bin irgendwie in eine Schlägerei rein gerannt. Der eine Typ war ziemlich ramponiert, da habe ich ihm geholfen.“ Gedanklich schlug sie ihren Kopf gegen die nächst gelegene Wand. Eine unglaubwürdigere Geschichte hätte sie den beiden wohl kaum auftischen können. Sie hatte sich quasi als Heilige hingestellt, dabei wusste sie doch am besten, das sie das keinesfalls war. Denn noch war es besser als die Wahrheit. Wenn sie mit ihrer Theorie falsch lag, hätten sie sie wohl möglich sofort ins Eichenhaus gebracht. „Und du glaubst wirklich, das wir dir diese Story abkaufen? Entweder du erzählst uns jetzt die wahre Geschichte, oder aber, du bist ziemlich am Arsch.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah der blonde auf sie herab, sie merkte ihm sofort an, das er ihr kein Wort glaubte, was irgendwie doch ziemlich verständlich war. Sie selbst hätte es auch nicht getan. „Dean, ich glaube sie hat einfach nur Angst uns die Wahrheit zu sagen. Versuch doch mal ein wenig Taktvoller an die Sache ran zu gehen und nicht immer wie die Axt im Walde.“ Der braunhaarige stand nun von seinem Stuhl auf, wendete sich zu dem älteren und gestikulierte beim sprechen etwas mit seinen Armen umher. „Ich soll Taktvoller an die Sache ran gehen? Sam, wir haben wohl kaum die Zeit dafür mit einem Werwolf, Dämon oder was auch immer auf Kuschelkurs zu gehen. Ich glaube ihr nämlich kein einziges Wort und sie kann mir nicht erklären, das das ganze verdammte Blut nicht von ihr war.“ Skeptisch blickte die junge Frau zwischen den beiden Männern hin und her. Die Tatsache, das sie grade vollkommen ignoriert wurde ließ sie erst einmal außer Acht. Viel wichtiger war in diesem Moment, das die zwei wussten, was da draußen auf der Welt alles umher lief. Und dann waren da noch ihre Namen. Sie wusste, das sie sie schon mehrmals im selben Atemzug gehört hatte, doch wollte ihr grade der Zusammenhang partout nicht einfallen. Nun stand auch sie auf, musterte die Fremden mit ihren dunkelgrauen Augen genauer. Man sah sofort, das sie beide gut durchtrainiert waren, das verrieten schon allein ihre muskulösen Unterarme, die man durch die hochgekrempelten Ärmel sehen konnte. Trotz das dieser Dean ein gutes Stück kleiner war, als sein Freund, hatte auch er eine beachtliche Körpergröße. Er allein war schon gute eineinhalb Köpfe größer als sie selbst. Ein erneuter Schmerz durch ihren Kopf ließ sie ihre Beobachtungen abbrechen. Ein Keuchen verließ ihre Lippen, ihre Beine begannen nachzugeben. Sofort war Sam an ihrer Seite, stützte sie etwas. Die Schmerzen, die sie in diesem Moment hatte, waren kein gutes Zeichen. Es begann erneut. Würde sie diesen Ort nicht bald verlassen, würde sie es wieder tun. Sie würde es erneut versuchen und dieses Mal vielleicht sogar schaffen. „Ich unterbreche euch wirklich nur ungern, aber könnten wir bitte von hier verschwinden?“ Dieses mal war es nicht nur Dean, der ihr einen undefinierbaren Blick schenkte, auch Sam zog nun seine Augenbrauen zusammen. „Ich versuch euch das unterwegs zu erklären, aber bitte.“ Sie zuckte zusammen, war nicht mehr in der Lage dazu ihren Satz zu beenden, zu groß wurde der Schmerz und auch das Verlangen. „Dean, vielleicht sollten wir sie wirklich von hier wegbringen.“ Der angesprochene nickte knapp, ehe er sich auf die andere Seite der jungen Frau stellte und sie ebenfalls stützte. „Dafür schuldet sie und jedoch ein paar Antworten.“ Ganz langsam und Schritt für Schritt lotsten sie die weißhaarige zu dem schwarzen 67' Impala. Nachdem sie etwa zwei Kilometer von dem Motel entfernt waren, klärte sich der Verstand der jungen Frau langsam wieder. Sie spürte die Blicke die auf ihr lagen. Während Sam sich leicht zu ihr gedreht hatte, beobachtete Dean sie durch den Rückspiegel. „Wie heißt du eigentlich?“ Es war die tiefe Stimme des blonden, die die entstandene Stille durchbrach. „Chastity, die meisten nennen mich einfach nur Chas.“ So vorsichtig es nur ging richtete sie sich auf und beugte sich etwas weiter nach vorne um die beiden besser verstehen zu können, war der Motor des Wagens doch recht laut. „Also Chastity. Was war das eben grade da drin?“ Durch den Rückspiegel konnte sie in seine grünen Augen sehen, die für sie schon fast fesselnd wirkten. Sie rang mit sich selbst, sollte sie ihnen wirklich die Wahrheit erzählen? Zwar wusste sie jetzt, das sie mindestens schon einmal mit dem Übernatürlichen in Kontakt gekommen sein mussten, doch klang die Geschichte selbst für Erfahrende in diesem Bereich äußerst unglaubwürdig. „Ihr werdet mich zwar für verrückt erklären, aber okay. Ihr wisst ja sicherlich, das manche Motels auf bestimmte Zahlen ziemlich stolz sind, sei es nun für Verlobungen in ihrem Haus oder sonst was. Nun ja, dieses hat auch so eine Zahl. Ihr habt sie bestimmt hinter der Rezeption hängen sehen. Allerdings ist das keine Zahl auf die man Stolz sein sollte. Es ist das Motel mit den meisten Selbstmorden, seit dem Jahre 1977. Angeblich soll sich damals in einer Vollmondnacht ein Mann in Zimmer 217 das Leben genommen haben. Seit dem nehmen sich dort die unterschiedlichsten Menschen das Leben. Ich selbst hätte es damals auch beinahe getan. Wären meine Freunde nicht gewesen und hätten mich davon abgehalten, würde ich wohl jetzt nicht hier sitzen. Und eben fühlte ich genau das selbe, der Drang mich umbringen zu wollen wurde immer größer.“ Kurz schwiegen die beiden, schienen stumm miteinander zu kommunizieren. Sam war dieses Mal der erste, der das Wort ergriff. „Hört sich nach einem Geist an. Was meinst du?“ Dabei sah er fragend zu Dean, der nur zustimmend brummte. Dieses Mal war er Chastity, die die beiden erstaunt und gleichzeitig irritiert betrachtete. „Moment mal. Das ich einem Typen geholfen habe glaubt ihr mir nicht, aber wenn ich euch erzähle, das in einem Motel unerklärliche Dinge passieren, glaubt ihr mir ohne zu zögern und schlussfolgert auch gleich daraus, das es ein Geist sein muss? Wer zum Teufel seid ihr?“ Ihre letzten Worte überschlugen sich fast. Abwechselnd sah sie die beiden an, konnte so ihre unterschiedlichen Reaktionen beobachten. Dean lehnte noch immer gemütlich gegen seinen Fahrersitz, schien sogar leicht zu grinsen. Sam dagegen schien von Sekunde zu Sekunde nervöser zu werden, begann sogar irgendetwas unverständliches zu brabbeln, bis der ältere ihn letztendlich erlöste. „Wir sind Jäger. Wir jagen Viecher wie Geister, Werwölfe und so etwas. Und da du das Thema netterweise wieder angeschnitten hast. Was ist gestern wirklich passiert und was bist du?“ Die letzte Frage war schon fast ein fauchen, man merkte ihm sofort an, das er Wesen jeglicher Art verabscheute. Er funkelte sie böse durch den Spiegel an. Während Sam den Fahrer ungläubig anstarrte, wiederholte die weißhaarige gedanklich Wörter, als seien sie ihr neues Mantra. Jäger, Sam und Dean. Und dann, nach ein paar Sekunden fiel der Groschen endlich. Sie saß zusammen mit den Winchester Brüdern in einem Auto, noch schlimmer, in ihrem Wagen. Ihre Mutter und ihr Onkel hatten sich damals ein paar Mal über sie unterhalten. Sie hatten sich einen Namen in der Welt des Übernatürlichen gemacht, allerdings keinen besonders guten, wenn man die Jäger mal außer Acht ließ. Als unberechenbar, grausam und skrupellos wurden sie beschrieben, Dean mehr als Sam. Chastity versuchte gelassen zu wirken, sich nichts anmerken zu lassen. Sie konnte es sich nicht erlauben genau jetzt aufzufliegen, saß sie hier doch in der Falle. „Ich sagte es euch schon. Ich bin in eine Schlägerei rein gerannt und habe dem einen Typen geholfen. Wonach seh ich denn für dich denn bitteschön aus? Ihr wollt mir doch jetzt nicht ernsthaft weiß machen, das es so etwas wie Geister und weiß ich was, wirklich gibt? Das ist absolut lächerlich. Da vorne könnt ihr mich rauslassen, ich will nämlich gegen diesen Schlägertypen ne Anzeige machen.“ Sie war froh, das sie ihre Stimme so gut unter Kontrolle hatte. Am liebsten wäre sie sofort aus dem fahrendem Auto gesprungen, doch hätte das wohl ziemlich seltsam ausgesehen, hätte sie in einer dreißiger Zone so einen Stunt hingelegt. Chastity sah dem Fahrer an, das er nur äußerst widerwillig auf den Parkplatz des Polizeireviers fuhr, aber was blieb ihm auch anderes übrig? Sie kidnappen? Kurz schluckte sie, hoffte, das nicht auch er auf diesen Gedanken kam, zugetraut hätte sie ihm das alle mal. Die junge Frau öffnete die Tür, stieg aus dem Wagen und war grade im Begriff zu gehen, als sie am Arm jedoch festgehalten wurde. „Wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich dir Chas.“ Seine Stimme war nicht mehr als ein bedrohliches Flüstern, welches ihr eine Gänsehaut auf dem Nacken verursachte. Er war ihr zu nah, viel zu nah. Mit einem kräftigen Ruck riss sie sich von ihm los, warf ihm noch einen giftigen Blick zu, ehe sie sich umdrehte und im Polizeirevier verschwand. * * * „John?“ Vorsichtig steckte die weißhaarige ihren Kopf durch die leicht geöffnete Tür, sah zu dem Mann, der an seinem Schreibtisch hinter einen Haufen Akten saß und sich in diesem Moment grade seine kurzen Haare raufte. „Mein Gott Chastity, da bist du ja endlich. Wir dachten schon dieses komische Etwas hätte dich zwischen die Finger bekommen.“ Schnell stand er auf und nahm die junge Frau , die nun ganz in seinem Büro stand, kurz in seine Arme. „Nein, alles gut. Sag mal, könntest du mich vielleicht nach Hause fahren? Mein Wagen steht leider direkt vor meiner Haustür und der Weg ist recht weit.“ Der Sheriff lächelte liebevoll, ließ sie dann los um seine Autoschlüssel zu holen. Wortlos verließen sie das Revier, stiegen in den Streifenwagen und fuhren durch die Stadt. Er wusste, das irgendetwas vorgefallen sein musste. Noch nie zuvor hatte sie ihn gefragt, ob er sie fahren könnte, normalerweise rief sie in solchen Sachen seinen Sohn an. Denn noch beließ er es dabei, sie würde irgendwann von alleine anfangen darüber zu sprechen. „Danke, hast was gut bei mir. Wir sehen uns pünktlich morgen früh um acht auf dem Revier.“ Ein erzwungenes lächeln zierte kurz ihre Lippen, dann drehte sie sich um und verschwand schnell in dem großen Gebäude. * * * „Derek, wir haben Probleme.“ Als sie den Raum betreten hatte, sah sie in die teils besorgten, teils wütenden grünen Augen des schwarzhaarigen. „Was du nicht sagst. Kannst du mir mal erklären, wo du die ganze Zeit warst?“ Mit verschränkten Armen stand er im Loft, neben ihm auf dem kleinen Stubentisch entdeckte sie ihr Handy, welches sie vergessen haben musste. „Ups.“ Ein entschuldigendes grinsen legte sich auf ihre Lippen, ging dabei ein paar Schritte auf den großgewachsenen Werwolf zu, bis sie unmittelbar vor ihm stand, sich auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab. Es war ihre Art sich bei ihm zu entschuldigen. Dieses kleine Ritual hatte sie schon kurz nach ihrem kennenlernen eingeführt. „Tut mir leid Darling, war nicht meine Absicht.“ Mit dem unschuldigsten Hundeblick, den sie drauf hatte, sah sie zu ihm auf. Nach einem kurzen Augenrollen seinerseits, wurde sein Gesichtsausdruck wieder sanfter. „Also. Was ist passiert?“ Auch seine Stimme klang nun nicht mehr Vorwurfsvoll, er konnte noch nie lange auf die Weißhaarige sauer sein. Chastity ließ von seinem T-Shirt ab, an dem sie sich wegen des Kusses etwas hochgezogen hatte, war er doch nur ein bis zwei Zentimeter kleiner als der ältere Jäger von vorhin. Kurz legte sie sich die passenden Worte zurecht, betrachtete dabei ihr Handy, an dem die LED Leuchte im Sekundentakt grün aufblinkte. „Ich habe Theo nicht gefunden, dafür aber zwei neue und vor allem gefährlichere Probleme.“ Sie sah wieder zu ihm auf, wollte sicher gehen, das er ihr auch wirklich zuhörte. „Gefährlicher als das unsichtbare Ding, was uns seit zwei Wochen auf Trab hält?“ Chastity zuckte kurz mit den Schultern. Sie konnte nicht sagen, wer die größte Gefahr darstellte. Dieses unsichtbare Etwas hatte innerhalb von zwei Wochen mehr als zehn Menschen getötet. Augenscheinlich völlig zufällig hatte es seine Opfer gewählt. Die Gargoyles schienen alles, oder besser gesagt jeden anzugreifen, der ihnen über den Weg lief. Bis jetzt wurden sie immer für ein Mythos gehalten und anscheinend wollten sie es dabei belassen. Und die Winchester – Brüder waren zwar keine Gefahr für die Stadt, doch waren sie für das Rudel lebensgefährlich. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. In der Nähe von Theos Unterkunft begegnete ich sechs Gargoyles. Ich weiß wie das klingt und glaub mir, ich habe meinen Augen selbst nicht getraut, bis sie mich angegriffen haben. Mir blieb nach kurzer Zeit nichts anderes über als die Flucht zu ergreifen, sonst hätten sie mich getötet.“ Verstehend nickte der Schwarzhaarige, blickte dann an ihr herunter. „Deswegen also diese Klamotten.“ Es war eher eine Feststellung für ihn selbst, denn noch weiteten sich die Augen der Weißhaarigen, kurz betrachtete sie die Kleidung die sie trug. „Oh mein Gott.“ Die ganze Zeit über hatte sie selbst nicht bemerkt, das die Sachen ihr eigentlich viel zu groß waren. Statt ihres dunklen Pullovers trug sie ein dunkles Holzfällerhemd, ihre helle Jeanshose wurde durch eine schwarze Jogginghose ersetzt. Sie hob ihren linken Arm, roch kurz an dem Stoff des Hemdes. Es waren Dean seine Sachen, seinen Geruch hatte sie sich bei seiner äußerst netten Verabschiedung eingeprägt. „Und das zweite Problem?“ Immer noch mit dem Ärmel vor der Nase, sah sie wieder zu Derek auf. Erst nachdem er ihr einen skeptischen Blick zu warf, senkte die junge Frau schnell ihren Arm, räusperte sich dann einmal kurz. „Die Winchester – Brüder. Ich bin bei ihnen aufgewacht, nachdem ich bei meiner Flucht in einen von ihnen gerannt bin.“ Chastity glaubte zusehen zu können, wie die Farbe langsam aus dem Gesicht des Werwolfs wich. Es verwunderte sie nicht sonderlich, wusste sie doch das er ihnen vor ein paar Jahren schon einmal begegnet war. Er hatte damals Glück, das seine Schwester Laura ihn gefunden hatte, ohne sie wäre er damals an Ort und Stelle elendig verblutet. „Und du bist dir da ganz sicher?“ Er legte seine Hände auf ihren Schultern ab, es schien fast so, als wolle er sich unauffällig abstützen. „Ja. Sie heißen Dean und Sam, fahren mit einem schwarzen Impala umher, übrigens ein sehr schöner Oldtimer und sie, beziehungsweise Dean sagte mir das sie Jäger wären. Er ist übrigens auch der, der mir absolut nicht traut.“ Derek hatte seinen ursprünglichen Platz inzwischen verlassen, war zu einem der Kommoden gegangen, auf welcher sein Handy lag. „Was hast du vor?“ Nun war es Chastity die ihre Arme verschränkte und den Schwarzhaarigen argwöhnisch ansah. „Scott anrufen. Er soll das Rudel zusammen trommeln.“ * * * „Dean, beim besten Willen. Ich kann mir nicht vorstellen, das die kleine ein Werwolf ist.Wieso hast du ihr überhaupt gesagt, das wir Jäger sind?“ Schon etwas genervt rollte der Ältere mit den Augen. Zwar liebte er Sam, doch manchmal konnten kleine Brüder wahrlich nerven. War es denn nicht offensichtlich, was er damit bezweckt hatte? „Ich wollte sehen wie sie reagiert.“ „Herzlichen Glückwunsch, sie hält und jetzt sicher für total durchgeknallt.“ Der Dunkelblonde lächelte fast unbemerkt als er den Motor seines 67' Impalas zum schweigen brachte. „Ganz und gar nicht Sammy. Sie hatte vielleicht ihre Stimme sofort unter Kontrolle, doch nicht ihr Gesicht. Ihre Augen haben sie verraten. Sie kennt diesen ganzen Übernatürlichen Mist mindestens genauso gut wie wir.“ Synchron stiegen die beiden aus dem Oldtimer und gingen auf das Haus zu, vor welchem sie eben geparkt hatten. Kurz suchte der jüngere einen bestimmten Namen, ehe er eine der Klingeln betätigte. Es dauerte nicht lange, da ertönte auch schon das surren der Tür, welches deutete, das sie nun eintreten konnten. Ohne irgendwelche Fragen wurden sie einfach in das Gebäude gelassen. Entweder liebte dieser Mann das Risiko, oder aber er war gut abgesichert. Im dritten Stockwerk angekommen, stellten die Brüder fest, das letzteres zutraf. Schon auf dem Flur hingen verteilt Kameras, es gab keinen einzigen toten Winkel, keine Möglichkeit sich irgendwie zu verstecken. Sie hörten das knacken eines Schlosses, bevor die Tür vor ihnen geöffnet wurde und ein Mann mittleren Alters die beiden kurz musterte. „Mister Argent?“ Der Angesprochene nickte, trat dabei einen Schritt zur Seite um den Neuankömmlingen zu deuten, das sie eintreten durften. „Nennt mich einfach Chris. Bobby sitzt in der Küche. Den Flur entlang und dann die letzte Tür links.“ Sie folgten seiner Einladung, gingen den langgezogenen Korridor entlang, bis zur letzten Tür die offen stand. „Wieso hat das so lange gedauert?“ Kopfschüttelnd, jedoch leicht lächelnd betraten die beiden jüngeren Männer vor Chris den Raum und nahmen jeweils auf einen der freien Stühle platz. Jeder andere hätte den Bärtigen wohl gefragt, welche Laus ihm über die Leber gelaufen sei. Jedoch nicht die jungen Jäger, kannten sie den alten Griesgram schon fast ihr ganzes Leben lang. „Entschuldige bitte. Wir hatten bis eben weibliche Gesellschaft, die wir erst einmal absetzen mussten. Genervt rollte der Grauhaarige mit den Augen. Er hätte sich ja denken können, das sie sich wegen einer Frau verspätet hatten. „Um Himmels Willen, Dean. Ihr seid noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden in der Stadt. Hast du es wirklich so nötig?“ Schnell hob der Gemeinte abwehrend die Hände. Zwar stimmte es, das er gerne und auch häufig Sex mit irgendwelchen Frauen hatte, jedoch war er dieses Mal unschuldig. Obwohl er zugeben musste, das er die Weißhaarige keinesfalls von der Bettkante gestoßen hätte, höchstens um auf dem Boden weiter zu machen. „Es ist nicht so wie du denkst. Die Kleine ist in Sammy rein gerannt und schien verletzt zu sein, also haben wir sie mit ins Motel genommen und uns um sie gekümmert.“ „Ja und mein liebes Brüderchen hat dann später beschlossen, das sie ein Werwolf ist.“ Bobby zog seine Augenbrauen zusammen, während der Dunkelblonde seinen jüngeren Brüder böse von der Seite anfunkelte. „Ich bitte dich. Hast du sie dir mal genauer angesehen? Die Kleine ist alles, nur nicht Menschlich.“ Chris, der inzwischen auch auf einen der Stühle platz genommen hatte, beugte sich etwas weiter nach vorne. Bisher war er nur ein stiller Zuhörer in diesem Gespräch gewesen, doch wollte er dies nun ändern. „Meint ihr, das dieses Mädchen vielleicht für die ganzen Morde verantwortlich sein könnte?“ Dean zuckte kurz mit den Schultern, runzelte dabei seine Stirn. „Ehrlich gesagt bin ich mir da nicht sicher. Aber wir vermuten, das dieses Rudel etwas damit zu tun hat. Wie hieß der Alpha nochmal?“ „Scott McCall.“ Ohne ihn direkt fragen zu müssen, antwortete Sam. Der Ältere hob kurz anerkennend den Zeigefinger. Dem Wohnungsbesitzer dagegen stockte kurz der Atem. Das konnte nur ein schlechter Scherz von ihnen gewesen sein, wusste er doch selbst, das weder Scott, noch die anderen zu so einer grausamen Tat fähig wären. Viel zu oft hatte er Seite an Seite mit ihnen gekämpft. „Wie kommt ihr darauf, das es ausgerechnet Werwölfe sind?“ Chris wusste, das er die falsche Frage gestellt hatte, das hätte er spätestens an den drei skeptischen Blicken erkannt, die ihm im Moment zugeworfen wurden. Doch er wollte eine Antwort. Wie konnte es sein, das sie von Scott und dem Rudel wussten? Bobby lehnte sich ein Stück zurück, sah seinen langjährigen Freund und ehemaligen Jagd – Partner dabei ununterbrochen in die Augen. „Dein Vater rief mich den einen Tag an. Er meinte, wir sollten uns mal das Rudel, welches hier wohl schon seit fast zwei Jahren sein Unwesen treibt, zur Brust nehmen. Es wundert mich, das es überhaupt noch existiert. Etwa genauso lange lebst du doch auch schon hier.“ Ein kleines, trauriges lächeln bildete sich auf Chris seinen schmalen Lippen. Er hatte es fast geahnt, das er diesen Besuch Gerard zu verdanken hatte. „Ich hatte bisher noch keinen Grund dafür. Sie verhalten sich ruhig und haben niemanden etwas getan. Bobby, es sind Teenager, sie haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Wollte ihr sie wirklich Grundlos töten, nur weil ein alter, gelangweilter Mann eine Vermutung aufstellt?“ * * * Am nächsten Morgen fuhren die beiden Brüder zu dem Örtlichen Polizeirevier. Lange saßen sie gestern noch in der Küche von Chris und hatten geredet. Sie wussten einfach nicht, ob sie dem Jäger trauen konnten. Es schien ihnen fast so, als würde er diese Monster vor ihnen schützen wollen. Aus diesem Grund standen sie schon seit einer guten viertel Stunde vor dem Sheriff und diskutierten mit diesem. „Ich verstehe nicht, was daran so schwer sein soll. Wir wollen doch nur die Leichen sehen und mit einem Verdächtigen sprechen.“ Nicht mehr lange und Dean würde seine, zugegebenermaßen doch recht begrenzte Geduld verlieren. Wieso nur wollte ihnen niemand in dieser Stadt helfen? Unbeirrt von den Worten des Jägers, betrachtete der Sheriff weiterhin die Akte vor sich auf seinem Schreibtisch, blätterte langsam Seite für Seite um. „Meine Herren. Ich sagte ihnen bereits, das wir schon allein aus Prinzip nicht mit dem FBI zusammenarbeiten. Darüber hinaus frage ich mich, seit wann Mister McCall ein Verdächtiger sein soll. Aber bitte, wenn sie ihn unbedingt verhören möchten, finden sie seine Adresse selbst heraus.“ Damit schlug er die Akte vor sich zu, sah dann mit ernstem Blick zu den Männern vor sich. Grade, als der kleinere der beiden etwas erwidern wollte, ertönte etwa zwei Meter weiter hinten eine leicht abgehetzte Stimme. „Tut mir leid für die Verspätung John, aber ich musste fast eine Stunde meine Autosch... Verflucht.“ Abrupt hielt sie inne als sich die beiden Anzugträger leicht überrascht zu ihr drehten. Mit großen Augen sah sie zu ihnen auf, konnte einfach nicht glauben, das sie nach so kurzer Zeit schon wieder vor ihr standen. Auf dem Gesicht des Älteren Winchesters bildete sich ein angedeutetes lächeln. „Chastity. So schnell sieht man sich also wieder.“ Amüsiert betrachtete er sie von oben bis unten, stellte dabei fest, das ihre eigene Sachen ihr besser standen als seine. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe die Weißhaarige wieder in der Lage war vernünftig zu denken. „Ich hätte nicht gedacht, das ihr die Typen für Anzüge seid. Was seid ihr? FBI?“ Gelassen verschränkte Chastity die Arme ineinander, zauberte dabei ein schiefen grinsen auf ihre Lippen. Dean wollte einen persönlichen Kleinkrieg mit ihr führen? Den konnte er haben und bei eines konnte er sich vollkommen sicher sein, niemals würde sie klein bei geben. „Ja FBI. Vielleicht bist du ja so kooperativ und hilfst uns weiter. Dann könnten wir dich als Verdächtige ausschließen.“ Der ältere trat einen Schritt weiter vor, stand somit nur noch einen knappen Meter von ihr entfernt. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah sie an ihm vorbei zum Sheriff, der nur kurz den Kopf schüttelte. „Tut mir ja leid, aber mein Chef sagte euch sicher schon, das wir mit dem FBI nicht zusammenarbeiten.“ Die Brüder wirkten überrascht, als sie das Wort 'Chef' erwähnte, hielten sie sie doch beide nicht für eine Deputy. Auch Sam trat nun direkt vor sie, sah sie bittend an. „Chas, dann hilf den Jägern. Ihr habt in diesem Fall keine Chance. Es ist kein Mensch der die Leute umbringt.“ Er flüsterte nur, denn noch verstand sie jedes einzelne Wort. Fast schon mitleidig sah sie den größeren an. Er mochte vielleicht ein erfahrender Jäger sein, doch hatte er diese Kindliche Naivität wohl nie ganz ablegen können. Sein Bruder hatte vollkommen Recht, sie war eine von ihnen. Doch lag er mit der Gattung daneben. Sie war kein Werwolf, sie war etwas anderes, etwas gefährlicheres. Fast wie aufs Stichwort - für unpassendes Timing – ertönte hinter ihr eine ihr nur allzu bekannte Stimme. „Kleines, du hast deine Tasche im Wagen verge...“ Er erkannte die beiden Männer sofort, so wie sie ihn. Chastity kniff ihre Augen zusammen, fast so als hätte sie in diesem Moment Schmerzen. Gedanklich lief sie gegen die nächst beste Wand, allem voran ihr Kopf. Derek stand hinter hier, starrte die Jäger einfach nur an. Sofort wurde ihm klar, was er mit seinem Erscheinen ausgelöst hatte. Er wusste das er, Chastity und auch das Rudel von nun an keine ruhige Minute mehr hätten. „Danke, keine weiteren Fragen.“ Das war das letzte was Dean sagte, ehe er Sam am Arm packte und das Revier verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)