Hundstage von Hotepneith (Kein Hund wie jeder andere) ================================================================================ Kapitel 9: Youkai ----------------- Zwei Stunden später hielt es Izayoi nicht mehr aus. Sie hatte jetzt mehrere Ordner durchgeblättert, sich den mit den Namen und Adressen der wichtigsten Mitarbeiter für morgen zum Übertrag in den Laptop auf den Tisch gelegt – und dabei ihre Neugier wachsen gefühlt, ob der Taishou oder ob er nicht nach ihr sehen würde. Trainieren wollte er, hatte doch der Flohgeist gesagt? So wandte sie sich um. Die Tür ihres Arbeitszimmers stand offen, und draußen knieten ihre beiden Dienerinnen. „Akiko, gehen wir noch ein bisschen spazieren. Ich denke, das hier werde ich morgen nach dem Frühstück alles gründlich durcharbeiten müssen. Misako, wecke mich doch um sieben.“ Damit konnte sie niemand der Faulheit zeihen. Ihre Zofe hatte schon wieder so missbilligend dreingesehen, die Miene hellte sich jetzt merklich auf. So fügte sie ergänzend hinzu, da sie keine Ahnung hatte, ob die Frauen dem Taishou Bericht erstatten mussten: „Es ist eine ziemliche Menge, aber ich sollte alles durchgelesen und verstanden haben, ehe ich den Mitarbeitern im Konzern vorgestellt werde. Und ab morgen werde ich versuchen meine zugewiesene Arbeit ordnungsgemäß und pünktlich zu erledigen. Es können dann auch Termine bei mir ausgemacht werden.“ „Da haben Sie recht, Izayoi-sama.“ Akiko, die sich schon gelangweilt hatte, erhob sich. „Äh, nicht ganz. Natürlich wird Izayoi-sama das Personal vorgestellt, nicht anders herum.“ Misako korrigierte die sichtlich unwissende Fürstengemahlin behutsam. Izayoi lächelte rasch dankend. Sie würde wohl noch einige Fehler begehen, hoffentlich keine schwerwiegenden. Die Teezeremonie vor lauter hochrangigen Youkai, die das sicher seit Jahrhunderten kannten, bot einen guten, oder eher schlechten, Anlass dafür. Sie sollte sich zuvor die Räumlichkeiten ansehen und üben. „Misako, welche Kleidung ist denn für eine Teezeremonie geeignet? Wie gewöhnlich? Die Gäste am Donnerstag sind sehr hochrangig.“ „Ich fürchte, das ist ein offizieller Empfang und Sie werden um die zwölf Lagen nicht herumkommen. Wir werden Sie allerdings bis vor das Häuschen begleiten und Ihnen helfen.“ Zwölf Lagen kostbare Seite, steif, schwer, dazu der Obi und das Kissen, möglichst aufgetürmte Haare. Das klang hart. Zum Glück war es nicht zu lange. Myouga hatte doch gesagt, sie sollte sich zurückziehen, wenn die Herren alle ein Schälchen Tee in der Hand hatten. „Dann werde ich mir das Teehäuschen einmal angucken. - Jetzt, komm, Akiko, ich möchte mir noch gern den äußeren Garten ansehen.“ Izayoi, die sich noch immer unsicher und angespannt fühlte, war damit zufrieden, dass beide Dienerinnen sich kurz verneigten, Akiko vor ihr die Tür öffnete und Misako offenkundig zu überlegen begann welche Kleidung für diese Zeremonie vorhanden wäre. War es wirklich so einfach? Sie sagte, was sie wollte, und die Frauen gehorchten? Natürlich vermutlich nur, solange es im Rahmen ihrer Rolle als Hausherrin war, aber sie war froh, dass es klappte. Sie war sich doch so unsicher. Mit ein Grund, warum sie ihren Ehemann gern gesehen hätte. Er war recht nett gewesen in der Nacht und sie hoffte auf einige weitere Anleitungen, zumal, wenn es sich um Youkai handelte.   Akiko blieb stehen. „Der äußere Garten umfasst einige Hektar, Izayoi-sama. In dieser Richtung grenzt er sogar an das Naturschutzgebiet mit einigen hundert Quadratkilometern. Ich vermute jedoch, Sie interessieren sich für die Übungsplätze ...?“ „Ich habe noch nie einen Schwertkampf gesehen.“ Das klang verteidigend, fand Izayoi, und sie wurde etwas rot. War es so leicht zu erraten, dass sie neugierig war, ob der Taishou selbst kämpfen würde? Prompt erwiderte die menschliche Hofdame: „Wenn der Herr übt, zumeist dann dort, bei den Leibwachen. Gehen wir ein wenig hinüber. Oh, und nutzen Sie ruhig Ihren Fächer. Es ist nicht üblich, dass andere Männer einfach so Ihr Gesicht sehen dürfen.“ Izayoi gehorchte. Mittelalter, in der Tat. Aber sie wollte auch keinen Mann einer möglichen Strafe aussetzen, nur, weil sie keine Ahnung von den Sitten der Youkai hatte. Etwas krächzte ihren Namen. Irritiert blickte sie sich um, entdeckte dann den kleinen Flohgeist auf ihrer Schulter. Durfte der das? Sie wiederholte die Frage laut. Myouga brach der Schweiß aus. Er hatte es getan, wie er es bei seinem Herrn stets tat, aber es war nicht unbedingt gesagt, dass der eine derartige Annäherung an seine Gemahlin schätzte. „Ich bitte Sie, Izayoi-sama,“ erklärte er hastig. „Wenn ich vor Ihnen auf dem Boden stehe, sehen Sie mich nicht oder hören mich nicht. Ich bin auch gleich wieder weg. Oyakata-sama wünscht Sie später aufzusuchen, so lautet meine Anweisung. - Wollen Sie noch spazieren gehen? Es dauert sicher noch, denn der Herr möchte trainieren.“ „Wo?“ erkundigte sich die junge Dame prompt. „Zeigen Sie uns den Weg. Und bleiben Sie ruhig auf meiner Schulter, da verstehe ich Sie wohl wirklich besser.“ Immerhin konnte er gegenüber dem Taishou ehrlich schwören, dass Izayoi ihm das gestattet hatte. Puh. Myouga wischte sich über die Stirn. „Dort links hinüber.“ „Wir sollten jedoch hinter den Büschen stehen bleiben, Izayoi-sama,“ mischte sich Akiko ein. „Soweit ich von meinem Mann weiß, wird dort auch mit Youki geübt – das kann Menschen verletzen. Diese Rhododendren schirmen den Bereich sichtbar ab, bis zu dem man sich als Mensch vorwagen darf. So ist es doch, nicht wahr, Myouga-san?“ „Ja.“ Daran hatte er natürlich nicht gedacht. Er begleitete keine Menschen, in aller Regel. „Was ist Youki?“ fragte Izayoi interessiert. „Ich weiß nur, dass das alle Youkai haben, daher der Name. Aber dämonische Energie?“ „Youki, dämonische Energie, und Genki, göttliche Energie, ist das, was magische Wesen von Menschen unterscheidet, Izayoi-sama.“ Myouga war angetan, einmal jemanden zu haben der interessiert zuhörte – und ihn nicht weg schnippen wollte. „Natürlich gibt es innerhalb dieser Sorten erhebliche Energieunterschiede. Omikami Amaterasu verfügt über viel mehr Energie als, sagen wir, der Gott eines kleinen Sees. Ebenso verfügt über oyakata-sama über mehr Energie als ein Wurmyoukai.“ „Und je mehr Youki, desto mehr Macht über andere.“ „Ja, Izayoi-sama.“ „Und wie äußert sich das in einem Kampf?“ Der Flohgeist wand sich ein wenig. „Unterschiedlich. Vielleicht sehen wir es, vielleicht geht es auch nur um Kampftechnik, das wird stets ohne Youki getan, um das Gegenüber nicht zu verletzen. Es gibt jedenfalls Techniken mit und ohne Youki. Und ich kann Ihnen versichern, wenn der Herr sein eigenes Schwert schwingt, mit aller Kraft, die er besitzt …. sollte man nicht im Weg rumstehen.“ „Wir haben keinen Krieg.“ Izayoi fügte augenzwinkernd hinzu, da sie den winzigen Flohgeist doch irgendwie nicht ernst nehmen konnte: „Aber wenn, dann werde ich mir Ihren Ratschlag merken, Myouga-san.“ Dieses Augenzwinkern, dieses Lächeln ... hm. Es sah wirklich nicht so aus, als ob sich die junge Dame vor Youkai im Allgemeinen und dem Herrn im Besonderen fürchtete. Was war da nur letzte Nacht abgelaufen? Aber dem kleinen Flohgeist war bewusst, dass er um sein liebes Leben willen nicht den Taishou fragen durfte. Und falls er Izayoi zum Plaudern brachte und der Herr das auch nur aus Versehen erfuhr ... Nun, vertraut mit dem Heerführer oder nicht, dann bräuchte er nicht einmal ein Grab geschaufelt haben, da es nichts mehr geben würde, was man hineinlegen konnte. Nun gut, ihr Bruder war ja ein Hanyou, vielleicht kam das daher. So murmelte er lieber: „Sehen Sie dort, Izayoi-sama.“ Sie blieb stehen, spürte sofort, wie Akiko, durchaus neugierig, aufschloss, allerdings den geforderten halben Schritt hinter ihr blieb. Dort befand sich eine Sandfläche, sicher so groß wie ein Fußballfeld. Youkaikrieger standen drum herum, in Rüstung und bewaffnet, wobei sie auch einige offenbar weibliche Exemplare entdeckte. Da war der Taishou. Er trug Seidenkleidung, weiße Hakama, oben einen blau bestickten, weißen Haori, eine Schärpe um die Hüften. Das war wohl privat seine Lieblingskleidung. Sie fand das Blau des Haori passte zu seiner seltsamen, blitzförmigen, Zeichnung im Gesicht. Nur, warum war er im Gegensatz zu den Anderen, unbewaffnet und schutzlos? Wollte er doch nur beobachten, bewerten? War das eine Prüfung? Immerhin konnte sie ihn sehen, die einzige, ihr einigermaßen vertraute, Person hier. Ein Youkai in Rüstung verneigte sich tief vor ihm. Auf diese Distanz konnte sie nicht hören, was dieser sagte, aber der Taishou nickte etwas.   Myouga hätte ihr erklären können, dass der Anführer der Leibgarde sich für eine Lehrstunde bedankt hatte. Aber er bemerkte, wie sich die ersten Köpfe wandten. „Ah, man weiß, dass Sie hier sind, Izayoi-sama. Ich würde vorschlagen, dass Sie nach einigen Minuten weitergehen.“ „Woher wissen sie das?“ „Ihre Witterung. Es sind einige Inuyoukai dabei.“ „Oh. Dann weiß es ... oyakata-sama auch?“ Aber der hatte noch nicht zu ihr gesehen. „Sicher. Aber es ziemt sich nicht Neugier zu zeigen. - Ja, um Himmels Willen! Dieser Bengel!“ „Was ist denn, Myouga-san?“ erkundigte sich Izayoi deutlich leise. DAS würde er ihr garantiert nicht sagen. Dieser junge, dumme, Pantheryoukai hatte offenkundig vergessen, wer da heute in Hörweite herumstand. Der Taishou würde wenig geschmeichelt darüber sein, dass seine Gemahlin als „sexy Frauenzimmer“ bezeichnet wurde. Der Blick des Herrn der Hunde wandte sich auch nur sehr langsam und betont dem Übeltäter zu, dessen Kollegen schon mal vorsorglich etwas zurückwichen. Anscheinend dämmerte auch dem jungen Panther, dass er soeben einen Fauxpas begangen hatte. In der absoluten Stille, die auf dem Übungsplatz jetzt herrschte, hörte man die Stimme des Taishou ganz klar selbst für menschliche Ohren, bis zu dem Ort, wo Izazoi und Akiko standen. „Tetsuya, dieser junge Mann scheint noch ein wenig der Übung zu bedürfen, wenn er seine Gedanken auf anderes als das Training zu lenken vermag. Gib mir dein Schwert.“ Der Anführer der Leibgarde gehorchte prompt und überreichte seine Waffe mit einer Verneigung. Der Daiyoukai nahm es und war mit einem Satz am anderen Ende des Platzes, wo er sich umdrehte und seinen jungen Gegner erwartete. „Was wird das, Myouga-san?“ flüsterte Izayoi. Was war das für ein Sprung gewesen! Kein Mensch würde je soweit springen können. Allerdings auch wohl wenige Youkai, gab sie dann ehrlich zu, als der junge Mann, der also irgendeinen Fehler begangen hatte, deutlich langsamer auf den Sand kam und seine Klinge zog. Die Kraft, die sie bei ihrem Ehemann ja schon vermutet hatte, war in viel größerem Ausmaß da, als sie auch nur geahnt hatte. Youki? Fürst der Youkai? Um wie viel nachsichtiger war er dann zu dem unbedeutenden Menschenmädchen gewesen, das ihm aufgezwungen worden war. „Straftraining, Izayoi-sama. Gehen wir lieber, Sie werden erschrecken. Aber es ist für Youkai etwas anderes.“ „Aber er hat keine Rüstung an!“ Myouga stieß den Atem aus, als ihm zweierlei bewusst wurde: sie hatte keine Ahnung – und wer außer ihm machte sich denn Sorgen um einen Daiyoukai? „Izayoi-sama, der Herr ist ein sehr geschickter Fechter und verfügt über gehöriges Youki. Eine Rüstung trug er im Krieg, um Hinterhalten auszuweichen. Nicht gegen einen vorlauten Bengel. Ich glaube, bei Menschen gibt es Ohrfeigen. Das ist nur die Methode eines Youkaikriegers. Kommen Sie, gehen wir. - Nein?“ Er seufzte. „Aber seien Sie bitte still, sonst werden Sie den Herrn bloßstellen.“ „Ich verspreche es.“ Izayoi war neugierig. Ohrfeige nach Youkaiart? Sie war manches Mal von ihrem Vater geschlagen worden, aber mit Schwertern sah das doch anders aus.   Der junge Pantherkrieger trug den Namen Takeru. Er entstammte einer stolzen Familie an Kriegern und er wusste, sein Vater setzte viele Hoffnungen in ihn. Wegen eines solchen dummen Fehlers womöglich aus der Leibwache entlassen zu werden, würde ihm nur Verachtung einbringen. Er musste jetzt, Straftraining hin oder her, dem Herrn beweisen, dass er es drauf hatte, nur für einen Augenblick unbeherrscht gewesen war. So stürzte er sich mit einem wilden Schrei auf den Taishou, der ihm etwas entgegengekommen war, dem Schlag mit einer leichten Drehung scheinbar völlig unbeeindruckt auswich. Statt dessen traf seine Klinge mit der flachen Seite den Hinterkopf des Panthers, schmerzhaft, aber bei weitem nicht tödlich. Der fuhr herum und versuchte den nächsten Angriff – mit ähnlichem Erfolg. Das wiederholte sich einige Male, wurde zu einem immer schneller werdenden Tanz.   Izayoi konnte fast nicht unterscheiden, was wer tat, aber sie stellte fest, das ihr Ehemann unglaublich schnell war. Eindeutig war er dem jungen Panther überlegen, der jetzt allerdings erneut zuschlug. Sie holte rasch Atem, als sie feststellte, dass der Stahl mitnichten den nur mit Seide umhüllten Oberkörper des Taishou getroffen hatte, sondern dessen abwehrende Klinge. Im nächsten Augenblick allerdings flog der Jüngere in hohem Bogen durch die Luft und prallte in den Sand, besaß aber offenbar schon genügend Ausbildung oder Instinkt, um sich sofort abzurollen und sein Schwert emporzureißen. Der Hieb des Taishou wurde damit gerade noch abgefangen.   Takeru spürte den stechenden Schmerz im Handgelenk, als der harte Aufprall seinen Arm durchzitterte, aber er wusste auch, dass er von Glück sagen konnte, käme er aus diesem Training nur mit Stauchungen und blauen Flecken heraus. Instinktiv handelte er, drehte seine Klinge und schaffte es den Druck soweit zu mindern, dass er seitwärts rollen und aufspringen konnte. Sofort griff er erneut an. Und schlug wieder ins Nichts. Er spürte, dass er langsam hörbar Atem holte, als sei er ein jämmerlicher Mensch. Aufgeben, noch dazu unter den Augen seiner Kameraden, die ihn wegen des Straftrainings mit dem Fürsten schon genügend aufziehen würden – nie. So versuchte er andere Tricks, die er gelernt hatte, Finten. Irgendwann wich er einmal lange genug zurück, um den Blick von der Klinge seines Gegners in dessen Augen lenken zu können. Es war eindeutig. Der Daiyoukai atmete noch immer vollkommen ruhig und gleichmäßig, der hatte sich bislang noch nicht einmal angestrengt. Von auch nur einen kleinen Verletzung ganz zu schweigen. Ihn selbst hatte davor nur einige Male seine Rüstung bewahrt – Prellungen würden zu sehen sein, und sich Tage bemerkbar machen, sein Hinterkopf schmerzte. Am Ärmel hatte er wohl auch irgendwelche kleinen Schnitte. Der Herr spielte mit ihm wie mit einem Katzenkind! Er griff wieder an.   „Der Junge ist müde,“ murmelte Izayoi. „Er hat weniger Youki?“ „Ja.“ Myouga wartete eigentlich nur darauf, dass der Taishou die Sache beendete.   Kaum dass der alte Berater das dachte, flog dem jungen Pantherkrieger seine Waffe aus der Hand. Ein Faustschlag mit der Linken des Herrn der Hunde in sein Gesicht brachte ihn rückwärts zu Boden. Für einen Augenblick blieb Takeru orientierungslos liegen. Der Schlag eines Daiyoukai hatte es in sich. Dann realisierte er die einwandfrei geschärfte Spitze einer Klinge an seinem Kehlkopf. Er hatte einmal gehört, der Taishou könne mit einem Schwert dermaßen perfekt umgehen, dass er ein Haar als Ziel treffen könnte. Das wäre jetzt sehr schön, hoffte Takeru nur. Es war eine Sache so etwas zu hören, und eine zweite, eben diese Klinge, diesen Krieger, buchstäblich am Hals zu haben. Der Taishou nahm das Schwert weg und reichte es dem Anführer seiner Leibwachen, der eilig heran gelaufen war. „Danke, Tetsuya. Der junge Mann hier ist zu schnell im Angriff und bedenkt die Verteidigung zu wenig. Achte darauf. Er sollte heute vielleicht das noch etwas üben.“ „Ja, danke, oyakata-sama.“ Tetsuya bemerkte sehr wohl, dass der Daiyoukai vor ihm sich nicht einmal das Haarband zurecht zog, sondern nur ein wenig sein Oberteil, seinen Haori, zupfte. „Weitere Wünsche?“ „Das überlasse ich dir.“ Dort drüben stand sie also immer noch. Mit Hofdame und Myouga. Warum nicht? Es wäre wohl nur zu höflich seine eigene Frau zu begrüßen, wenn sie dermaßen Interesse an ihm zeigte. Das freute ihn zugegeben, dass sie ihre Panik, ihre Furcht, die sie gestern Abend nur zu deutlich gezeigt hatte, ablegen konnte.   Als er näher kam, verneigte sich Izayoi und Akiko tat es ihr gleich. Myouga hatte sich wohlweislich auf ein Rhododendronblatt in der Nähe begeben. „Guten Tag, meine Liebe. Ihnen gefallen die Gärten?“ „Sie sind bezaubernd, Taishou.“ Sie richtete sich auf. „Ich gebe allerdings zu, dass ich hörte, Sie wären hier.“ „Schmeicheln Sie mir etwa?“ Aber er war amüsiert über ihre Ehrlichkeit. Und angetan. Izayoi ergänzte rot werdend eilig: „Ich hätte einige Fragen an Sie, und hier, Myouga-san, sagte mir erst auf dem Weg hierher, dass Sie mich sowieso aufsuchen wollten.“ „Das ist wahr. Also, gehen wir ein wenig gemeinsam und Sie stellen mir Ihre Fragen. - Myouga, Akiko, ihr könnt gehen.“ Er bot ihr die Hand. Sie zögerte. Das war eine Klaue, er hatte soeben damit ein Schwert geführt … „Bringen Sie mich nicht vor meinen Kriegern in Verlegenheit.“ Das war eine deutliche Mahnung. „Verzeihen Sie, das war nicht meine Absicht.“ Sie legte ihre Finger auf die angebotenen, dennoch bemüht die Krallen zu meiden. „Dieses Straftraining ist Erziehung bei Youkai?“ „Ja.“ Er ging los und sie folgte ihm, dabei feststellend, dass er genau wusste, wie schnell oder eher langsam man mit diesen Getas unter dem Kimono gehen konnte. „Haben Sie das auch schon mit Ihrem Sohn gemacht?“ „Natürlich. Sesshoumaru ist ein Krieger und mir unterstellt wie alle anderen. Allerdings kann er sich noch zusätzlichen Ärger einhandeln, denn er ist mein Sohn und Erbe.“ „Dann wird er nicht geschont, wie ..“ „Wie Ihr Bruder? Nein.“ Er hatte sowieso schon den Verdacht gehabt, dass Naraku als Sohn und Erbe nicht nur mit seiner Spielerei um große Beträge weitaus mehr Freiheiten erhalten hatte als Izayoi. „Nun, was sind Ihre Fragen?“ „Darf ich ein eigenes Telefon haben? Ich meine, ich bekomme morgen einen Internetanschluss, aber ...“ „Möchten Sie mit Ihrer Familie reden?“ „Weniger,“ sagte Izayoi und es klang etwas hart. „Ich bin mir bewusst, was Vater Ihnen antat, und ich bin mir sehr wohl bewusst, was Sie mit mir machen könnten, würden Sie sich an mir rächen wollen. Aber ich habe drei Freundinnen aus Schulzeiten, Menschen, die auch schon verheiratet sind. Ich würde mit ihnen gern reden, dass wir uns vielleicht einmal auf ein Eis treffen können in der Stadt oder so.“ „Myouga wird Ihnen morgen ein Mobilphone besorgen.“ „Danke.“ Sie lächelte ihn an. Er war wirklich großzügig, wenngleich streng, wie sie mit dem Jungen da gesehen hatte. Aber das musste man bei Youkai als deren Fürst vermutlich auch sein. Und so lange sie ihn nicht das Gesicht verlieren ließ, hoffte sie, dass er ihr gegenüber sachlich-freundlich blieb. Sie lächelte ihn an. Rücksichtnahme schien sich wahrlich auszuzahlen. „Ich sagte Ihnen bereits, dass die Tore des Schlosses nicht mit Ketten versperrt sind. Laden Sie Ihre Freundinnen auch hierher ein. In Ihren Pavillon. Ich muss nur darauf bestehen, dass Ihre offiziellen Termine Vorrang haben.“ „Oh, natürlich, danke.“ Sie war auf diese Idee gar nicht gekommen. „Ja, zu diesem Thema habe ich auch noch eine Frage. Wann wird mir das Personal im Konzern vorgestellt, das mit mir zusammenarbeiten soll?“ Sie hatte sich Misakos Redeweise gut gemerkt. Vermutlich konnte sie von der eine Menge lernen. „Mittwoch. Bis dahin können Sie sich einlesen.“ „Ich habe bereits angefangen.“ Und sie war über die Vielzahl an Projekten erstaunt gewesen – und die Unsummen, die dabei flossen. „Ich soll dann ab Mittwoch auch Auszahlungen unterschreiben?“ „Ja. Die Vollmacht liegt momentan noch in der Rechtsabteilung, aber bis Mittwoch ist sie da.“ Sie war sachlich und wollte sich einarbeiten. Gut, perfekt, geradezu. Es war wirklich vernünftiger gewesen mit ihr zu reden statt sie gleich abzuschieben. „Das Meiste wiederholt sich Jahr für Jahr, und, da sich das Jahr jetzt bald dem Ende neigt, werden auch die Spenden für das christliche Weihnachten erwartet. Wie jedes Jahr.“ Er wollte sie beruhigen. „Wobei mir gerade einfällt, morgen oder die nächsten Tage wird Ihre Kreditkarte kommen. Damit können Sie dann Kleidung besorgen oder sich anderes kaufen. Das Geld darauf ist Ihr Taschengeld, das Ihnen nach dem Vertrag für private Dinge zusteht.“ „Danke, aber Sie waren sehr großzügig. Ich wüsste im Augenblick nichts, was ich benötigen würde.“ Hielt er sie für eine Verschwenderin? „Außer einem Mobilphone.“ Sie sah ihn etwas erschreckt an, ob das doch zu viel gewesen sei, erkannte dann jedoch ein geradezu schelmisches Zwinkern in den so seltsam goldenen Augen. So lächelte sie ihn ehrlich und ohne Angst an. „Außer einem Mobilphone.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)