Die Seele des Windes von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Seit zwei Jahren wartet Selene schon darauf, das ihre Flügel endlich stark genug sind um sie durch den Himmel zu tragen. Denn alle anderen die sie kennt, können bereits fliegen. Nur sie nicht. Deprimiert sieht die junge Frau mit den Meerblauen Augen und langen pechschwarzen Haaren also den anderen von einer Klippe aus zu. Eine sanfte warme Brise weht ihr ins Gesicht und durch die riesigen dunkelblauen Schwingen, die auf ihrem Rücken liegen. Ihre bloßen Füße hängen den Abhang hinunter. In der Ferne sieht sie ihre früheren Freunde durch den Himmel gleiten. Wie gerne würde sie jetzt auch irgendwo da oben sein. Aber mehr als Hundert Meter den Boden entlang gleiten lassen ihre Flügel noch nicht zu. Eben die schwächste von allen. Nicht einmal die Übliche Magie wie die normalen vier Elemente und das Lichtelement kann sie wirken. Stattdessen ist es bei ihr Eis und Dunkelheit. Nur dass das letzte der beiden von ihr normalerweise nur Dämonen beherrschen. Also eine einmalige Sache. Denn vor ihr gab es noch nie einen Bewohner der Himmelsgeborenen der oder die mit Dunkelheit Magie wirken könnte. Ein weiterer Grund weshalb man sie vor zwei Jahren fast ausgeschlossen hatte. Nur die wichtigsten Dinge erfuhr sie noch. In den Städten beim Einkaufen wurde sie genauso nur noch geduldet. Aber nur so lange wie sie nichts tat, außer schweigend Einzukaufen. So war sie seit da an fast vollkommen auf sich alleine gestellt. Nur noch ihre Eltern und ihre beiden älteren Schwestern besuchten sie ab und zu noch in ihrem kleinen Haus am Rand des Gebirgstals. Sie waren gezwungen worden Selene hinaus zu werfen. Daher baten sie die ältesten, weil sie selbst noch nichts hatte, ihr zumindest ein klein wenig zu Helfen. Somit kam ein kleines Haus mit den nötigsten Möbeln und anderen Haushaltsdingen zustande. Miete zahlte hier eh niemand. So etwas gab es bei ihnen nicht. Nur Menschen hatten so etwas. Obst und Gemüse oder dergleichen musste sie soweit es ging jedoch selber anbauen. Daher kam die Verstoßene auch nur wenn unbedingt Nötig in die Stadt um in der Markthalle Einkaufen zu gehen. Betrübt zog sie ihre Beine wieder auf den festen erdigen Boden unter sich. Das leise lachen aus der Ferne, das zu ihr hinüber drang, nahm sie kaum zur Kenntnis. Einen Fuß vor den anderen setzend, ging sie den schmalen staubigen Trampelpfad zwischen den Feldern entlang. Nichts würde sie hier halten, wenn sie fliegen können würde. Zumindest dachte sie das immer. Ob es dann auch wirklich so sein würde, war ihr aber noch unklar. Dennoch ist es schon immer ihr Wunsch gewesen, frei von all dem zu sein. Vermutlich würde sie noch nicht einmal irgendjemand vermissen. Dem Pfad durch die Felder folgend kam sie ihrem kleinen Häuschen immer näher. Rings um sie herum blühten die verschiedensten Gemüsesorten auf den Feldern. Tomaten, Paprika, Zucchini und viele mehr. Sah man dann mehr zur rechten Seite hinüber, dort wo die Stadt und die hohen Mauern lagen, würde jeder viele Obstbäume davor finden. Nur wollte Selene heute nicht dort hin. Sie wollte nur ihre Ruhe vor all den misstrauischen Blicken haben. Also führte sie der Weg weg von dort zur linken Abzweigung des schmalen Pfades. Weg von den Feldern in Richtung endlose grüne Wiesen. Und wie so oft bei ihnen oben im Gebirge, wehte noch immer ein schwacher warmer Wind. Die junge Frau hatte es nicht eilig. Dennoch ging sie im zügigen Schritt weiter. Weder wollte sie anhalten, noch wollte sie angehalten werden. Oder anderes. Ein leises rauschen etwas hinter ihr, verriet ihr jedoch das sie nicht alleine war. Innerlich verkrampfte sie sich ein wenig. „Selene? Ich dachte du währst in deinem Haus?“ fragte sie eine ihr bekannte Stimme. Es war zum Glück nur die ihrer Mam, Feluria. Zuerst hatte sie nämlich an ein paar andere gedacht. Erleichtert drehte sie sich daher zu ihr um. Eine freundliche große Frau mit Sturmgrauen Augen und langen dunkelbraunen gewellten Haaren sah ihr entgegen. Ihre Flügel haben einen fast schon blendend rein weißen Farbton. Sorgsam legte diese ihre Flügel hinter dem Rücken zusammen. „Mam? Ich hatte gar nicht mit dir gerechnet. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen“ stellte Selene zeitgleich noch fest. „Ja, das stimmt. Es gab leider sehr viele Unstimmigkeiten bei den Bewohnern der Stadt. Darum gab es auch zwei Versammlungen. Dämonen und Menschen wurden nämlich vor einigen Tagen in unseren Bergen gesichtet. Keiner weis ob das gut oder schlecht sein wird. Jeder macht sich Sorgen“ erklärte sie ihrer Tochter darauf hin erst einmal die allgemeine Lage. „Aber es herrscht doch Frieden? Oder etwa doch nicht?“ Besorgt sieht sie ihre Mutter an. Selbst dieser sieht man auch an, das sie sich da nicht richtig sicher war. Denn diese eine Auseinandersetzung der drei Rassen wurde schließlich erst vor dreißig Jahren beendet. Eine kurze Zeit, wenn man bedenken würde, das sowohl Engel als auch Dämonen länger wie Menschen leben können. Doch auch obwohl diese die kürzeste Lebenserwartung haben, so waren sie mit dem technischen Fortschritt allen anderen jedoch am weitesten vor raus. Ihre Mutter seufzte. „Leider konnte ich nichts tun, sodass du schon eher davon wissen konntest. Aber so konnte ich es dir trotzdem erzählen,“ meinte sie zu ihr in einem leicht säuerlichen Tonfall. Natürlich wäre es ihrer Mam lieber gewesen, wenn Selene dabei sein könnte. Nur wollten das die meisten der Himmelsgeborenen einfach nicht. Und dem Urteil der Mehrheit mussten sie sich nun einmal beugen. Auch wenn es beiden nicht passte. „Danke dir, Mam. Wie geht es eigentlich Dad und meinen beiden Schwestern?“ fragte sie und sah, wie der Blick ihrer Mutter ziellos durch die Luft wanderte. „Gehen wir erst einmal zu dir. Dann werde ich dir alles erzählen. Okay?“ Selenes Mutter sah besorgt aus. Genau das was ihr an jenem Gespräch nicht gefallen würde. Denn diesen Gesichtsausdruck hatte diese nur Selten drauf. Und wenn doch, dann war es nicht immer gut. Und selbst die Art, wie sie dieses sagte, war alles andere als Positiv. Eher klang ihre Mam dabei etwas besorgt. Sie spürte regelrecht das irgend etwas nicht zu stimmen schien. Nur was es war, musste sie dabei erst abwarten. „Von mir aus ja.“ Mehr gab sie daher nicht zurück. Es wäre eh sinnlos. Und das wusste sie genau. Somit schwiegen sie vor erst wieder und gingen los. Sie liefen zusammen Seite an Seite den Pfad weiter entlang. Doch anstelle auf dem staubigen Weg, folgten beide diesem entlang auf dem weichen Gras, durch das dieser lief. Hier und da waren überall kleine Nester an Blumen, die in allen Farben heraus stachen und in den verschiedensten Farben leuchteten. Nur an wenigen stellen wurde diese ewig erscheinende Weite von Gras durch Bäume unterbrochen. Überall summte und brummte es um sie herum. So wie es immer in mitten der Frühsommerzeit war. „Kannst du mit wenigstens Erzählen worüber du mit mir reden willst?“ fragte sie daher nach einigen schweigenden Minuten nach. „Nein. Es ist besser wenn wir es im Haus machen. Gerade weil eben die anderen fremden hier in unserem Gebiet gesichtet wurden“ meinte diese freundlich, aber bestimmend. Und damit gingen beide weiter über die grüne weite Wiese. Eine gedrückte und gespannte Stimmung herrschte zwischen ihnen. Eine, die es nur selten zwischen den beiden gab. Endlich erreichten sie nach einer Zeit lang das Haus von Selene. Ein kleines aus hellen Außenwänden und Holzarbeiten. Es lag unscheinbar in der Nähe der Klippen. Jene Klippen, die zum Grenzgebiet zwischen ihnen und dem Gebiet der Menschen gehörte. Zu Fuß würde es drei Tage dauern, dieses zu durchqueren. Mit Flügeln jedoch nur einen Tag. „Selene, du musst von hier fliehen!“ fing dann ihre Mutter ohne Vorwarnung an. Vollkommen verblüfft hielt sie inne, als sie die Tür öffnen wollte. „Hä? Aber warum?“ Noch immer irritiert sieht sie ihre Mam an. Doch diese schweigt und deutet Kopfschüttelnd auf die Tür. Nachdem sie dann aufgesperrt wurde und beide in den Gang eingetreten sind, kann die junge Frau die Sorgen ihrer Mutter sehr gut ansehen. „Ich denke jetzt können wir reden. Aber was meinst du damit ich soll fliehen? Ich hab doch gar nichts gemacht!“ regt sie sich ein wenig darüber auf. Hilfe suchend sieht sie zu ihr. Doch diese steht schweigend im Gang und ging ohne ein Wort zu sagen durch die Türe ins schlichte Wohnzimmer. Ihre Tochter folgte ihr nur noch mehr verständnislos. Was will sie ihr damit sagen? Und dann antwortet sie nicht einmal mehr, sondern Schweigt nur noch! Selene verstand die Welt nicht mehr. So seltsam hatte sich ihre Mutter noch nie verhalten. Geschweige denn so komische Dinge gesagt. Aber dann atmete sie tief durch und suchte den Blickkontakt zu ihr. „Wie ich dir ja bereits gesagt hatte, wurden sowohl Menschen als auch Dämonen bei uns gesichtet. Wieso wissen wir nicht. Es gibt jedoch Gerüchte über eine Art Friedensvertrag zwischen den drei Rassen. Aber wir glauben dem nicht ganz. Denn beim letzten mal, als so etwas Vorgeschlagen wurde, starben die jeweiligen ersten Rassenvertreter drei Tage später am vereinbarten Treffpunkt. Keiner weis wer es war oder warum.“ Darauf hin folgte nur ein schwerer Seufzer und der Blick ihrer Mutter schweifte aus dem Fenster. Ihre Tochter folgte diesem Blick jedoch nicht. Stattdessen beobachtete sie die Mimik ihrer Mutter. Nach einer weile fuhr diese dann mit dem Gespräch fort. „Mich beunruhigt nur eines am meisten. Sie haben meinen Mann, also deinen Vater und die beiden Mädchen zu solch einem Fragwürdigen Treffen gesendet. Sie sagten, dass das die Verantwortung von unserer Familie wäre, weil eben du diese anderen Kräfte hättest. Sollte ihnen etwas zustoßen, werden sie dich dafür Verantwortlich machen und aus dem Tal werfen. Selbst wenn sie genau wissen das du dafür nichts kannst. Also musst du bevor es zu solch einer Situation kommt, unbedingt fliegen lernen. Und dabei werde ich dir helfen.“ beendete sie den Satz leicht zittrig. Nur wenige Sekunden später brach ihre Mam in ein lautloses weinen aus. Selene wusste nicht was sie machen sollte. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. „Aber wie willst du das anstellen? Du weist doch selbst das ich es einfach nicht kann.“ Jetzt war sie selbst verzweifelt. Sie verstand ihre Mutter gut genug. Doch dann auch noch eben das, dass wurde selbst ihr dann zu viel. Nervös fing sie daher an herum zu laufen. Kreuz und quer durch das spärlich möblierte Zimmer. Weder sie noch ihre Mam wollten sich auf die beiden Sessel im Zimmer setzen. „Du hast doch bereits von der Warmwind-Schlucht gehört oder?“ fragte sie. Ihre Tochter sah sie zuerst fragend an. Aber dann verstand sie. „Ja. Aber denkst du wirklich dass mir das weiter helfen wird? Und was mache ich wenn der warme Wind weg ist. Ich würde wie ein Stein vom Himmel fallen!“ Immer noch ohne Aussicht aufs fliegen zu lernen, lief sie wie ein aufgescheuchtes Huhn weiter durch das Zimmer. „Ich werde dich auffangen. Verlass dich darauf. Irgendwie werden wir es schaffen. Und unterwegs wird es genügend Möglichkeiten geben, weiter über den Boden zu gleiten. Dadurch werden deine Flügel stärker. Wir schaffen es. Glaub an dich!“ gab sie ihr den Mut durch Worte. Doch sie selbst glaubte noch nicht so ganz daran. Zumindest versuchen würde sie es dennoch. „Na gut. Versuchen wir es“ gab sie daher kleinlaut zurück. Viel Motivation war allerdings nicht zu hören. Aber sie würde dadurch mal wieder länger mit ihrer Mam zusammen sein. Und weit weg von dieser ihr verhassten Himmelsstadt. Mehr als eine einfache kleine Umhängetasche würde sie auch nicht brauchen. Also machte sie sich schon einmal daran ein paar wenige Sachen an Kleidung und Nahrung einzupacken. Es war so oder so eine magische Tasche. Selene hatte allerdings nicht all zu viel. Daher war es auch nicht all zu schwer für sie, ein paar Dinge zusammen zu suchen. Am Ende hängte sie sich ihre Tasche nur noch über die Schulter und ging zurück zu ihrer Mam. Mehr als einen kleinen Lederbeutel trug diese nicht bei sich. Das reichte bei ihr jedoch vollkommen aus, weil jener eben auch magisch verändert wurde. Noch ein vorübergehend letztes mal sah sich sich in der kleinen Bude um. Es würde jetzt eine längere Zeit werden, bis sie beide dort hin zurück kehren würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)