Restless von Brianna ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Keh! Ich versteh‘ sowieso nicht, wieso er sie so lange mit sich genommen hat. Sie ist ein Mensch, ein Mädchen und Sessho-“ „Inu Yasha…“ „Was? Hab ich nicht Recht? Du weißt genau, wie er noch war, als ihr euch das erste Mal begegnet seid! Ich behaupte ja nicht, dass es schlecht ist, was sie für einen Einfluss auf ihn hat, aber komisch ist das schon!“ „Inu Yasha!“ „Und sie mag ja lieb sein, aber irgendwas ist doch bei der auch nicht ganz richtig, wenn sie keine Angst-“ „Es reicht!“ Die Stimme des Mönchs klang zornig und tatsächlich verstummte der Hanyou daraufhin. Rin wandte sich vom Eingang der Hütte ab, wäre beinahe mit der alten Miko zusammengestoßen, welche unbemerkt neben sie getreten war und sie nun aus ihrem gesunden Auge mit traurigem Blick ansah. „Kind“, sprach sie leise und streckte dem Mädchen eine Hand entgegen, lächelte sie sanft an, „Komm mit hinein.“ Doch stattdessen drehte das Mädchen sich auf dem Absatz ihrer nackten Füße um und lief in Richtung des Waldes davon, lief und lief, bis sie keine Luft mehr bekam und sich schließlich an der Wurzel eines großen Baumes zur Erde sinken ließ, die Arme um die angezogenen Beine schlang. Sie weinte nicht. Sie hatte nicht geweint seit dem Tag, an dem ihre Eltern und ihr Bruder von den Banditen getötet worden waren, denn sie hatte begriffen, dass ihre Tränen nichts an der jeweiligen Situation ändern konnten. Nicht richtig, wiederholte sie in Gedanken und betrachtete ihre schmutzigen Zehen, welche sie in dem weichen Waldboden vergrub. Das hatten die Dorfbewohner schon damals über sie gesagt und auch dieser Mönch, der versucht hatte, sie von Sesshoumaru zu trennen. Doch was war richtig? Was genau bedeutete das? Rin verstand, dass die Menschen Angst vor dem Wesen hatten, welches angeblich so viele grauenvolle Taten vollbracht hatte und so herzlos sein sollte, doch sträubte sich stets alles in ihr, wenn jemand behauptete, der silberhaarige Youkai sei damit gemeint. Sicherlich, er war nicht besonders gesprächig und selbst Rin würde nicht auf den Gedanken kommen, ihn als freundlich zu bezeichnen, doch er sorgte sich um sie und war für sie da, wenn sie ihn brauchte. Er war ihre Familie, die einzige, die sie hatte und auch die einzige, die sie brauchte. Deswegen war es auch egal, was die anderen dachten. Sobald er zurückkäme und sie sich wieder auf die Reise machten, würde es niemanden mehr in ihrer Nähe geben, der es offensichtlich als „nicht richtig“ empfand, wenn sie mit zwei Youkai und einem Drachen durch die Lande zog. Und doch… Eigentlich mochte sie den Hanyou und seine Gefährten und es hatte wehgetan, jene Worte aus seinem Mund zu hören. Einen halben Mondumlauf war es nun her, dass Sesshoumaru ihr befohlen hatte, hier im Dorf zu bleiben und auf ihn zu warten. Natürlich hatte sie ihm – wenn auch widerwillig – gehorcht, denn schließlich wusste sie, dass er wieder zurückkommen würde. Doch so lange hatte er sie noch nie zurückgelassen… Ein Fauchen zerriss die Stille und als Rin den Kopf hob, erblickte sie Kirara, welche die junge Dämonenjägerin auf dem Rücken trug, deren Gesichtsausdruck sich sichtlich entspannte, als sie das Mädchen erblickte. „Hier steckst du also!“, rief sie und schwang sich vom Rücken der Nekomata, kam, den Blick nach rechts und links schweifen lassend, auf Rin zu und hockte sich vor ihr auf die Fußballen. „Du weißt doch, dass du alleine nicht so weit weg vom Dorf laufen sollst?“ In ihrer Stimme konnte Rin weniger den Tadel, als vielmehr die Sorge der Jägerin ausmachen und ihren kindlichen Trotz vergessend überkam sie das schlechte Gewissen. „Entschuldigung, Sango-sama“, erwiderte sie leise und betrachtete erneut ihre Zehen. Natürlich hatte die Ältere Recht, denn seit Naraku besiegt war, trauten sich all die kleinen Dämonen wieder hervor und auch wenn diese für Inu Yasha und seine Gefährten, von Sesshoumaru ganz zu Schweigen, keinerlei Gefahr darstellten, so hatte Rin alleine ihnen nicht das Geringste entgegen zu setzen. Doch bei dem Gedanken, jetzt ins Dorf zurückzukehren, fühlte sie sich noch immer unwohl und so rührte sie sich nicht, wartete ab, was die Jägerin tun würde. Entgegen Rins Erwartung versuchte diese jedoch gar nicht erst sie zur Rückkehr ins Dorf zu bewegen, sondern ließ sich neben dem Mädchen auf dem Waldboden sinken, den Blick auf die Dämonenkatze gerichtet, welche nun in ihrer kleinen Form musternd Rins ausgestreckte Finger betrachtete, bevor sie leise fiepte und sich dann sanft streicheln ließ. Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Mädchens und nun betrachtete Sango sie einen kurzen Moment stumm, bevor sie mit sanfter Stimme zu sprechen begann: „Was Inu Yasha gesagt hat, hättest du nicht hören sollen. Wichtiger noch, er hätte es gar nicht sagen dürfen. Aber Inu Yasha ist jemand…“ Ein Seufzen verließ die Lippen der Älteren und nun blickte sie in den Himmel hinauf, verzog das Gesicht zu einer kurzen Grimasse und fuhr dann fort: „Inu Yasha denkt nicht darüber nach, ob seine Worte jemanden verletzen könnten oder nicht, aber du darfst nicht glauben, dass er das mit Absicht tun würde oder er eine schlechte Person ist.“ „Das weiß ich“, entgegnete Rin, halb trotzig, doch auch wenn sie es eigentlich nicht wollte, so beschäftigten seine Worte sie. Die Arme erneut um ihre Beine schlingend, so dass Kirara sich das Fell nun von ihrer Herrin streicheln ließ, fuhr sie dann fort: „Aber ich verstehe nicht, warum Inu Yasha-sama so über Sesshoumaru-sama denkt. Warum alle so denken!“ Ihre Stimme wurde leiser und klang nun eher bedrückt: „Ich sehe doch, wie alle im Dorf mich ansehen. Die Kinder nennen mich Youkai-Mädchen und laufen entweder vor mir weg oder ärgern mich. Kohaku-kun hat schon mit ihnen geschimpft, aber das hat es nur schlimmer gemacht. Warum haben alle so eine Angst und wollen ihn nicht erst einmal kennenlernen?“ Verwundert blickte die Jägerin das Mädchen an und für einen Moment fehlten ihr die Worte. Um die Kinder im Dorf würde sie sich nachher höchstpersönlich kümmern, doch erst einmal musste sie nun dem Mädchen neben sich möglichst schonend erklären, wie besonders sie eigentlich war. „Rin-chan“, setzte sie an und fragte dann mit ruhigem Tonfall, „du hast doch sicherlich auch schon einige Dämonen gesehen auf euren Reisen, oder? Und wie viele davon würdest du als „gut“ bezeichnen?“ Beinahe erbost war der Blick aus den großen braunen Augen und augenblicklich begann sie an den Fingern abzuzählen: „Sesshoumaru-sama, Jaken-sama, A-Un, Kirara, Shippou… Totosai-sama und Myoga-sama… Sesshoumaru-samas Mutter … und Inu Yasha-sama kann man bestimmt auch dazuzählen!" Sango nickte leicht, blickte Rin nun direkt an, als sie erwiderte: „Gut. Sehr gut. Und wie viele hast du gesehen, die dir oder Anderen Böses wollten? Die getötet haben oder Dörfer zerstört? Die Menschen haben Angst, Rin-chan, weil die meisten Youkai böse sind und dazu so viel mächtiger. Und Sesshoumaru … Nun, du weißt selbst, wie stark er ist und bevor du bei ihm warst…“ Sie suchte nach den richtigen Worten, wollte dem Kind nicht unnötig von seinen Taten erzählen, doch konnte sie Rin auch nicht weiter in dem Glauben lassen, der Daiyoukai würde dem Rang gerecht, den sie ihm zusprach. „Aber jetzt ist er anders, oder?“ Rins Stimme riss die Jägerin aus ihren Gedanken und der entschlossene Blick des Mädchens wollte nicht Recht zu ihrem Alter passen. Andererseits wurden Kinder in diesen Zeiten viel zu schnell erwachsen und wer wusste schon, was dieses Mädchen in seinen jungen Jahren bereits erlebt hatte. Zögerlich nickte sie und dachte daran zurück, wie auch der Inuyoukai sich am entscheidenden Kampf gegen Naraku beteiligt hatte. „Ja, jetzt ist er-“ „Warum sprechen dann alle über ihn, als wäre er noch immer so wie vorher? Es ist mir egal, wie Sesshoumaru-sama früher war. Aber heute ist er gut und freundlich und…“ Das Mädchen war aufgesprungen und nun kamen sie doch, diese verfluchten Tränen und nahmen ihr die Luft zum Atmen, so sehr sie auch versuchte sich wieder zu beruhigen. Mit dem Ärmel ihres Yukatas wischte sie die Tränen fort, doch sofort spürte sie die nächsten über ihre Wangen laufen. „Sesshoumaru-sama ist…“ Das Kind suchte nach Worten und da erkannte die Jägerin, dass sie nicht nur über einen Weggefährten sprach. Rin schien für den Daiyoukai nicht nur Dankbarkeit zu empfinden und in ihm etwas wesentlich Höheres zu sehen und ob dies nun gut war oder nicht, ob es berechtigt war oder nicht, machte keinen Unterschied. Es brachte nichts, mit ihr darüber zu sprechen, solange sie sich so sehr an ihre Meinung klammerte. Und sicherlich würde er auch weiterhin für ihre Sicherheit sorgen, also würde es wohl keinen Unterschied machen, wenn das Mädchen erst einmal noch-   „Rin.“ Die Stimme drang über die Lichtung und obwohl das dunkle Grollen nicht so kühl klang wie sonst, durchfuhr es die Jägerin eiskalt, als die goldenen Augen in ihr den Grund für die Tränen des Mädchens vermuteten. „Hör auf zu weinen!“ Es war ein Befehl, der keinen Widerspruch duldete und dennoch… „Du solltest zurückkehren, Jägerin.“ Diesmal hatte er Sango selbst angesprochen und da war sie wieder, diese Kälte in seiner Stimme, die ihre Nackenhaare sich aufrichten ließen. Zögernd blickte sie zur Seite, doch dort wo vor wenigen Momenten noch die weinende Rin gestanden hatte, herrschte nun gähnende Leere. Sie entdeckte das Mädchen vor ihm stehend, mit großen Augen zu ihm aufschauend und der Blick, den er seinerseits dem Mädchen zugewandt hatte, wollte so gar nicht zu der mächtigen Erscheinung und dem Bild, dass er sonst verkörperte, passen. Unwillkürlich schüttelte Sango den Kopf und machte sich mit Kirara auf den Weg zurück ins Dorf. Sie wusste, dass dem Kind keinerlei Gefahr drohte, so lange er in der Nähe war und wahrscheinlich gab es niemanden, der dies je zuvor von sich hatte behaupten können. Innerlich stimmte sie Inu Yasha zu, auch wenn sie den Gedanken anders formulierte: Rin war ganz sicher kein gewöhnliches Mädchen. Doch wenn sie darüber nachdachte, mit wem sie in den letzten Monaten auf Reisen gewesen war, konnte sie dies wohl über keinen ihrer Gefährten behaupten. So lange es dem Mädchen gut ging, war jedoch auch alles andere uninteressant und so informierte sie Kaede und die anderen, welche sie bereits ungeduldig erwarteten, über die Rückkehr des Daiyoukai und während Kaede und Miroku sich nur ratlos ansahen, drang die Stimme des Hanyou durch die eingetretene Stille der Hütte: „Ich hab‘ euch gesagt, er lässt sie nicht einfach hier. Er mag ein Arsch sein, aber das würde er ihr nicht antun.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)