Das Reich der sieben Drachenkrieger von MarryAnn ================================================================================ Kapitel 2: Greta ---------------- Wir folgten der Hauptstraße noch etwas weiter und kamen dann an etwas vorbei, was wie ein Taverne aussah. „Denkst du die Frau, mit der du gesprochen hast, meinte dieses Gebäude?“, fragte ich nach und sah mir das Gebäude etwas genauer an. Das Haus besaß eine Dachvorstand, der vollkommen aus Holz war und dahinter erhob sich eine Art steinernes Gebäude. Die Schaufenster, durch welches Gelächter und Licht auf die Straße strahlte, waren durch Schiebe- oder Faltelemente umrissen, die anscheint nachts Schutz für Eindringlinge zu bieten. Der Eingang, seitlich am Rand des Gebäudes war geöffnete und mit Vorhängen an den Seiten versehen. Dahinter konnte man ein Holzgitter entdecken – sicher war dies die eigentliche Haustür. Die dunklen Holzelemente erweckte mit dem angrenzenden Gebäude anscheinen einer Reihenhausbebauung – und schmiegte sich damit hervorragend an das Ambiente dieser Straße an. „Ich denke schon!“ – hörte ich Junes Stimme dicht neben mir. Ich riss mich Augenblicklich von meinen Gedanken los und sah sie an. „Nun gut. Dann versuchen wir unser Glück!“ Ich zog den Umhang etwas enger um meine Körper, damit meine Kleidung nicht zum Vorschein kam ebenso wenig wie mein Gesicht und ging rein. Wir traten ein und standen zugleich in der Gaststube. Unzählige Menschen unterhielten sich an Tischen lautstark und es roch stark nach Alkohol und verbrannten Essen. Ich nahm June bei der Hand und ging zum Tresen herüber. „Entschuldigung!“, bat ich um Gehör und sah den Mann hinter dem Tresen an. Er musterte mich und meine Bekleidung streng. „Ja?“ Seine Stimme war herzlich aber zugleich hart und dunkel. „Ich suche für mich und meine Bekleidung ein Zimmer für die Nacht! Haben Sie noch eins frei?“ fragte ich nach und versuchte nicht allzu ängstlich zu klingen. June stand dicht neben mir und schien sich etwas umzusehen. „Eine Nacht? Ein Zimmer?“ – bohrte der Wirt genauer nach. Ich nickte und sah mich kurz um, dabei fiel mir mein Blick auf einen Tisch am Fenster wo Essen stand. „Wir bräuchten auch noch etwas zu Essen und Trinken!“, fügte ich hinzu, als ich mich wieder zum Wirt wendete. Er schien kurz zu überlegen, bevor er antwortet. „Sicher!“, stimmte er schließlich zu und begann unter dem Tresen etwas zu suchen. „Das macht für jeden von euch 15 Rųpą.“ Ich blickte durch meine Kapuze auf. Was waren nun den schon wieder Rųpą – fragte ich mich und begann in meiner Hosentasche eins dieser Geldstücke von vorhin herauszuholen. Ob das reicht? Ich versuchte mein Glück einfach. „Ich habe es leider nicht passen. Den Rest können sie behalten!“ erklärte ich und legte dem Wirt eins dieser Dyąr auf den Tisch. Verblüfft sah der Mann auf den Tresen und schnappte sich hastig das Geldstück. Er rieb mit den Fingern darüber und sah dann zu mir verwirrt an. „Dafür könnt ihr eine ganze Woche hier nächtigen!“, sagte der Mann vollkommen baff an. Das war wohl zu viel – schoss es mir durch den Kopf. „Dann nehmen wir noch ein Frühstück!“, warf June hinter mir ein. Mein Kopf wand sich schlagartig zu ihr herum. „June!“, zischte ich, doch sie zuckte nur mit der Schulter. „Okay. Dann machen wir das so!“ stimmte der Wirt dem Vorschlag zu und rückte den Zimmerschlüssel raus. Ich sah June nur finster an, bevor ich mich wieder Richtung Tresen wendete. „Danke!“, bedankte ich mich hastig. „Die Treppe rauf, die letzte Tür auf der linken Seite und wegen dem Essen. Ich lasse es euch in ca. 15 Minuten hochbringen!“ sagte er, als ich mir den Schlüssel schnappte. Nochmals nickte ich und drehte mich zu June. „Los komm!“, wisperte ich und spürte unzählige Blicke auf uns. Hastig zog ich June hinter mich nach oben. „Das hat doch ziemlich gut funktioniert!“, sagte June als wir den Gang bis zur letzten Tür auf der linken Seite folgten. „Ja. Aber dennoch ist mir das alles nicht wirklich koscher!“ gab ich meine Bedenken zum Ausdruck und öffnete die Tür. Wir traten in das Zimmer, das nur noch spärlich von Tageslicht beleuchtet war. „Na hübsch ist was anderes!“, murmelte June und sah sich im Zimmer um, während ich die Tür hinter uns abschloss. „Na besser als draußen zu schlafen!“, bemerkte ich und zog endlich den Umhang aus, der schon seit Stunden auf meiner nackten Haut scheuerte. Ich kratzte mich heftig an Arm und Schulter bevor ich mich umsah. Das Zimmer bestand nur aus vier Möbel. Ein Tisch mit Stuhl und zwei Betten, die aussahen, als hätte eine ganze Fußballmannschaft direkt nach ihrem Platztraining im strömenden Regen, hier drinnen geschlafen. „Da hast du auch wieder recht!“, seufzte June und ließ sich auf eines der beiden Betten nieder, während ich zum Tisch ging und meinen Rucksack drauflegte. Dabei entdeckte ich ein Kerzenhalter. „Hast du ein Streichholz oder sowas mit?“, fragte ich und sah zu June herüber. „Ja. Warte – ich glaube, ich habe in meinem Brillenetui noch mein Feuerzeug!“, antworte sie hastig und nahm ihren Beutel zu Hand. Kurz kramte sie darin und zog dann ihr Etui heraus. „Wieso hast du ein Feuerzeug in deinem Brillenetui?“, fragte ich und runzelte die Stirn. June zuckte mit den Schultern, als sie das Feuerzeug aus dem Etui nahm und es mir gab. „Keine Ahnung. Für solche Fälle?“ „Für solche Fälle?“ – wiederholte ich ihre Frage und zündete die Kerze an. Schon erhellte sich der Raum etwas. „Na ja, nicht direkt diesen Fall hier.“ gab sie zu und schien dabei die Augen leicht zu verdrehen, da es offensichtlich war das sie nicht direkt diese Situation gemeint hatte. Ich grinste und gab ihr das Feuerzeug zurück. „Schon klar!“ – lachte ich und ging wieder zum Tisch herüber, damit ich anfangen konnte unsere Sachen zu sichten. June begann sich in Zwischenzeit ebenfalls von dem Umhang zu entledigen. Wie versprochen, klopfte es nach ca. 15 Minuten an unsere Tür und eine mädchenhafte Stimme erklang. „Entschuldigen Sie, ich bringe Ihnen das Abendessen!“ June und ich erstarrten kurz und zögerten mit einer Antwort. June war die erste, die das Wort ergriff. „Warte kurz ich öffne die Tür!“ Augenblicklich sprang sie vom Bett auf und ging zur Tür. Ich warf hastig meinen Umhang auf dem Tisch, um unsere Sachen zu verstecken und wartet ab. Als June die Tür öffnete, wand sie ihren Blick kurz ungläubig zu mir. Wir sahen uns an, während ich die Stirn runzelte – nicht wissend wie ich den Blick deuten sollte. Ich wollte etwas sagen, doch dann trat auch schon ein kleines Mädchen, nicht mal 10 Jahre alt, mit einem Tablett ein. Auf dem Tablett befanden sich zwei, reichlich gefüllte Schüsseln mit Suppe, oder dergleichen, und daneben lag ein Stück Brot, sowie ein Krug und zwei Becher. Als ich das Mädchen ansah, verstand ich sofort den Blick von June. „Wo hin?“, fragte sie höflich und ließ ihren Blick gesenkt. „Ähm …“, ich sah mich um und zeigte dann auf den Fußboden. „Stell es einfach auf den Fußboden!“ Das Mädchen nickte stumm und ging in die Mitte des Raumes, um das Tablett abzustellen. Inzwischen Zeit schloss June die Tür und ich musterten das Mädchen. Ihr Erscheinungsbild berührte mein Herz, es sah vernachlässigt und zerlumpt aus. Die Haare wild und der Körper von Dreck bedeckt – ich fragte mich, was ihm wohl widerfahren ist. In diesem Augenblick drehte sich das Mädchen herum und sah mir direkt ins Gesicht. Ihr Blick war müde, doch irgendwas schien ihre Müdigkeit schlagartig zu vertreiben. Ihr Augenlider weiteten sich leicht und sie schien mich angestrengt zu mustern. Verunsichert sah ich zu June, die mit ihrem Gesicht Bände sprach. Meine Klamotten, schoss es mir durch den Kopf und mir war klar, dass wohl die Aufmerksamkeit des Mädchens geweckt hatte. Als sie erkannte, dass ich merkte, was sie da tat, senkte sie sofort den Blick. „Entschuldigung!“, sagte sie mit so leiser Stimme, die mir fast die Tränen ins Gesicht trieb. „Du musst dich nicht entschuldigen!“, versicherte ich ihr und machte einen Schritt auf sie zu. Doch das Mädchen zuckte zusammen und schien sich zu ängstigen. Ich hielt sofort innen und ob beruhigend die Hände. „Keine Sorge. Ich tue dir nichts. Unsere …“ ich tauschte kurz einen Blick mit June bevor ich weitersprach „… Kleidung hat dich sicher erschreckt. Wir …“ ich stoppte. Was sollte ich sagen? Wie sollte man einem Kind erklären, dass man nicht von dieser Welt stammt, ohne ihm noch mehr Angst zu machen. June schien meine Sorge zu bemerken und beendet meinen Satz: „Wir kommen von weit außerhalb. Deswegen sehen wir vielleicht etwas seltsam aus!“ Das Mädchen drehte sich zu June und sah sie ebenso kritisch an, wie mich gerade. „Vielen Dank für das Essen!“, sagte ich schließlich und ließ meine Hände sinken mit der Hoffnung das, dass kleine Mädchen verstand, das wir ihr nichts tun wollten. „Sicher wird es super schmecken!“, fügte June an und lächelte sanft. Immer noch unsicher sah das Mädchen zwischen uns hin und her. „Ich heiße May und das ist meine Freundin June!“, stellte ich uns schlussendlich vor und ging dann in Richtung des Essens. „Verrätst du uns auch deine Namen?“, fragte ich weiter, als ich mich auf den Boden setzte und mir eine der beiden Schüssel nahm. Das Mädchen schwieg und verunsichert zu June die zu mir herüberging und sich dann neben mich setzte. Ich reichte ihr eine Schüssel und wir begann zu essen – dabei wurde mir erstmal bewusst, wie hungrig ich eigentlich war. „Das schmeckt fantastisch. Hast du das gemacht?“, fragte June und sah kurz zu ihr auf. Das Mädchen nickte stumm. „Es ist super lecker – die beste Suppe, die ich je gegessen habe!“ fügte ich hinzu und nahm noch einen Löffel. June wand den Blick zu mir. „Was soll den das heißen?“, motzte sie mich sofort an und funkelte mich finster an. Ich sah sie mit irritiertem Blick an. „Dass was es heißt!“, erwiderte ich. „Und was ist der Klößchen Suppe, die ich dir erst gemacht habe, als du krank warst?“ warf sie eingeschnappt ein. „Dir werde ich mal wieder was kochen!“ „Dein Ernst? DAS stört dich gerade?“ June wand den Blick ab und aß weiter. Ich seufzte. „Deine Suppe war auch super“, entschuldigte ich mich. „Das will ich auch meinen. Du Muppel!“ entgegnete sie. Ich schüttelte nur mit zusammen gepressten Lippen den Kopf und dachte mir: Die Probleme will ich auch haben. Ein leises Lachen durchdrang den Raum. June und ich sahen auf und das Mädchen kicherte in ihre Hand hinein. „Ihr seid seltsam!“, sagte sie. „Möglich, aber wer ist das nicht?“, erwiderte ich und lächelte sie an. Das Mädchen antworte nicht, sondern trat etwas näher. Als sie mir ihre Hand entgegenstreckte sagte sie uns ihren Namen. - „Ich heiße Greta!“ „Schön dich kennenzulernen, Greta!“, verkündete ich und schüttelte ihre Hand, bevor June es mir gleich tat. Ich schenkte in Zwischenzeit etwas von dem Krug in die beiden Becher. „Was ist das?“, forschte ich nach und sah das Mädchen fragend an, als ich am Krug schnupperte. Er Geruch war mir leicht vertraut. „Hōjicha.“ „Hōji – Was?“, fragte ich nach und nahm einen Schluck. „Es riecht nach grünem Tee!“, warf June ein, die gerade dran schnupperte. Das Mädchen nickte. „Das ist gerösteter grüner Tee!“, sagte sie. Ich runzelte leicht die Stirn, denn der Geschmack war anders. „Schmeckt komisch! Irgendwie habe ich grünen Tee anders in Erinnerung. “, wendete ich ein und sah zu June, die gerade den Becher zum Trinken ansetzte. „Stimmt!“, sagte sie, als sie einen Schluck genommen hat. „Der Geschmack ist durch das Rösten abgemildert und wirkt dadurch beruhigend, besonders abends!“, erklärte Greta mit ruhiger Stimme. „Oh – wirklich? Das ist interessant!“ murmelte June nippend an ihrem Tee während ich weiter versuchte den Geschmack weiter einzuordnenden. June und ich hatten eine beachtliche Teesammlung bei uns Zuhause, mit vielen unterschiedlichen Geschmacksrichtungen doch keiner war so wie dieser. „Du schaust aus, als hättest du eine Frage, Greta!“ Junes Worte ließen mich Aufsehen. Greta, die bis vorhin noch sehr schüchtern und ruhig wirkte, sah uns nun mit aufgeregtem Blick an. „Eure Kleidung …“, begann sie zu sprechen und schien sich nicht sicher zu sein, was sie wohl zuerst fragen sollte. „…wie nennt man sie?“, beendete sie letztlich ihren Satz. „Nennen?“ „Ja! Wie nennt man, das was ihr da tragt!“ – wollte Greta wissen und schien ganz aufgeregt zu sein. Ich blickte zu June, welche nur mit den Schultern zuckte, dann antworte ich einfach. „Jeans und Top!“ Gretas Augen funkelte plötzlich vor Aufregung. „Wow. Dann müsst ihr sicher, Kriegerinnen oder Prinzessinnen sein?“ „Prinzessinnen?“, wiederholte ich und begann zu lachen. „Nein, Nein! Wir sind nichts dergleichen.“ „Aber eure Kleidung sieht so schön aus!“, widersprach sie hastig. „Wirklich? Dabei ist das nur Alltagskleidung …“, warf June ein und sah kurz an ihr herab. „Alltagskleidung?“ - fragend sah Greta zu ihr, sie schien das Wort nicht zu kennen. „Das ist Kleidung, die üblicherweise getragen wird. Also nichts Besonderes!“ versuchte June zu erklären, sodass das Greta es verstehen konnte. Sie nickte. „Greta? Wo bist du?“ – die Stimme des Wirtes drang durch die Zimmertür. Erschrocken zuckte das Mädchen zusammen. „Ich muss gehen!“, sagte sie rasch und sah zur Tür. „Okay. Wir wollten dich nicht aufhalten!“ entschuldigte ich mich und stand auf, um ihr die Tür zu öffnen. Greta nickte June kurz zu bevor sie mir folgte. „Sehen wir uns morgen?“, fragte ich, als sie aus der Tür trat. Das Mädchen blickte auf. „Ich würde mich gerne wieder mit dir unterhalten. Wir sind hier neu und sicher kannst du uns ein bisschen was über diese Stadt erzählen!“ Greta lächeln wurde breit. „Ja, gerne! Dann bis morgen“ versprach sie freudig und lief los, als abermals die Stimme des Wirtes erklang. „Pass auf dich auf!“, rief ich ihr nach, als sie verschwand. Dann schloss ich die Tür und ging zum Tisch herüber. June räumte derweilen das Tablett beiseite und begann zu sprechen: „Diese Mädchen war zuckersüß, aber sie tat mir leid. Hast du ihre Kleidung gesehen?“ Ich nickte und legte den Umhang, der den Tisch und unsere Sachen bedeckt hatte, beiseite. „Das war das erste Mal, dass ich sowas gesehen habe!“, sagte ich leise. In unserer Welt gab es auch Armut und das nicht zu knapp. Jeden Tag wurde von Kindern in armen Verhältnissen berichtet, ob in Afrika oder Deutschland – doch das alles war immer so weit entfernt, dass ich mir nie wirklich Gedanken darüber machte. Doch jetzt, mit eignen Augen eines dieses Kind zu sehen, brach mir fast das Herz. „May!“ – Junes Stimme drängte sich leise in mein Ohr und als ich aufsah, stand sie direkt neben mir und legte eine Hand auf meine Schulter. „Ich weiß!“, murmelte ich nur, wissend was sie mir sagen würde und sah auf den Tisch. June schwieg. Nach einer Minute des Schweigens rappelte ich wieder auf. „Ich habe mal unsere Sachen gesichtet. Also, wir haben unzählige Stifte, drei Blöcke, zwei Scheren, ein Feuerzeug, Deo, Handcreme, eine Packung Tampons und Binden, eine Flasche Niveau Shampoo, Zahnpasta und eine ungeöffnete Packung Zahnbürsten, Scheuermittel, Feuchttücher, vier Gesichtsmasken, Kneipp Badesalz, einen roten Nagellack, Lippenbalsam, vier Packungen Taschentücher, Kamm, Haargummis und Klammern, ein Solarladegerät, ein Terminplaner, zwei Portmonees – mit Geld was uns nichts nützt, zwei Packungen Kaugummis, jeweils zweimal Schal, Mützen, Handschuhe und Winterjacken – deine Klamotten aus C&A und das …“ sagte ich und hielt den WC-Reiniger hoch. June lachte leise und nickte dann aber. „Ach und unsere Handys aber ich glaube nicht, dass sie uns hier was nützen!“, sagte ich und sah auf mein Handy. „Mist. Kein Empfang.“ fluchte June als sie ihr Handy aus der Hosentasche zückte und es anmachte. Ich sah zu ihr herüber. „Ja, ich weiß schon! Ich bin ja nicht dumm!“ erwiderte sie, als sie meinen Blick sah. „Aber hoffen darf man doch noch!“ „Sicher!“, sagte ich und sah auf den Tisch. „Na ja, zumindest könnten wir es aufladen, wenn wir wollen!“, bemerkte ich und zeigte auf das Solarladegerät. „Bringt uns nur nichts!“ „Das stimmt!“, entgegnete ich und gähnte. „Nun, das ist jetzt auch egal. Wir bekommen das schon, aber lass uns erstmal schlafen“, schlug ich vor und sah zu June, die auch ebenfalls gähnte. Sie nickte. „Gute Idee!“ Mit diesen Worten packte ich die Sachen zurück in meinen Rucksack, bevor ich auszog. Nur mit Tanktop und Slip bekleidet ging ich zum Bett herüber, wo June schon saß. „Das Bett ist ungewöhnlich weich!“, merkte sie an, als ich mich ihr gegenüber auf das Holzbett setzte. Ich rutschte mit mein Hintern etwas hin und her. „Stimmt.“ „Fast wie Zuhause!“, sagte June und lächelte wehmütig. „Ja. Bis auf die kratzende Bettdecke!“ bemerkte ich trocken und spürte den rauen Stoff auf meiner nackten Haut. „Sicher hab ich morgen noch mehr Ausschlag!“, beschwerte ich mich. „So schlimm?“, fragte June. Ich nickte heftig. „Wie bei dem Umhang. Ich könnte mich jetzt noch pausenlos kratzen!“ „Komisch!“, merkte June nachdenklich an. „Ich empfand es als angenehm!“ „Ach ja? Glaubst du mir etwa nicht? Schau.“ fuhr ich sie etwas an und zeigte ihr meine Arme, auf den sich viele kleine rote Flecken gebildet haben. June betrachtet sie leicht erschrocken. „Oh. Du hast ja recht. Du hast einen Ausschlag bekommen!“ „Ach was? Sag bloß!“ zischte ich. „Entschuldigung!“, murmelte und stand auf. „Warte. Ich glaube, ich habe etwas Zinksalbe mit. Die könnte helfen!“ erklärte sie und ging zum Tisch herüber. Sofort griff sie nach ihrer grünen Tasche und wühlte kurz darin. „Da ist sie ja!“, sagte sie schließlich und kam mit einer weißen Tube wieder. „Wo hattest du den die versteckt?“, fragte ich und erinnerte mich, ihre Beutel doch ebenfalls ausgeräumt gehabt zu haben. „Tschja. Geheimnis!“ – mit diesen Worten setzte sie sich neben mich auf das Bett. „Gib mir deine Arme!“, bat sie schließlich und machte etwas Salbe auf ihre Hand bevor sie, sie langsam auf meine Arme verrieb. „Besser?“, erkundigte sie sich, als ich kurz die Augen schloss, da das jucken nachließ. Ich nickte und öffnete die Augen. „Besser. Danke!“ „Was würdest du nur ohne mich tun?“ „Mich juckend in den Schlaf weinen“, erwiderte ich trocken. Sie sah mich skeptisch an, bevor wir begannen zu Lachen. Wir lachten herzlich bis plötzlich Junes Lachen verstummte. „May?“ Ihre Stimme war schlagartig ganz ernst. „Was?“, fragte ich und sah sie an. Ihr Blick war auf meinen Schoß geheftet. Ich folgte ihm langsam. „Woher hast du diese blauen Flecke?“ – ihre Finger strichen über mein linkes Handgelenk. „Ähm!“ „Ähm?“, wiederholte sie und sah mich mit besorgtem Blick an. Dann schoss es ihr augenscheinlich durch den Kopf, ohne dass ich noch etwas sagen musste. „Heute Nachmittag!“, war das einzige, was sie sagte und ich entzog ihr meinen Arm. „Das war nur eine kleine Unstimmigkeit!“, beschwichtige ich die Situation. Doch June ließ nie so schnell locker, als beugte sie sich zu mir herüber und sah mir finster ins Gesicht. „Wag es dir nicht mich anzulügen May!“ So süß und unschuldig, wie June manchmal wirken konnte, genauso bedrohlich konnte sie sein. „Reg dich nicht so auf!“, war das erste, was über meine Lippen kam. Unbedacht, was ich feststellen musste. „Nicht so aufregen?“, erwiderte sie etwas lauter. „Ich rege mich solange auf, wie ich will. Erst verkaufst du das Andenken deiner Mutter und jetzt das! Was für eine Freundin wäre ich, wenn mich das nicht aufregen würde?“, fragte sie sauer nach. „Wir hatten doch keine Wahl. Mit dem Euro kann man sich hier nichts kaufen!“, verteidigte ich mich. „Das ist mir schon klar, aber dann hätten wir auch was anderes Verkaufen könne. Meine Ohrringe zum Beispiel – die sind eh nur Modeschmuck!“ Ich sah sie an und nickte leicht. Daran hatte ich in der Sekunde nicht gedacht. „Ja, aber ich hatte in der Sekunde halt nur mein Armband!“ wiederholte ich mich. June schnaufte wütend. „Trotzdem. Du hast das Armband geliebt!“ Ich zuckte mit der Schulter, um gleichgültig zu wirken, doch June schien das sofort zu durchschauen. „Tu nicht so gleichgültig!“, zischte sie. „Jetzt ist es so, June. Man kann es nicht mehr ändern. Ich werde es überleben!“, erklärte ich und hatte bis jetzt gut verdrängt, dass ich das Armband und damit das letzte Andenken an meine endgültig verloren hatte. „Jetzt sag schon, was ist wirklich passiert!“, wollte June nun wissen und schnappe sich abermals meine Hand, um mein Handgelenk nochmals mit etwas Salbe einzureiben. Ich überlegte kurz, ob ich wirklich sagen sollte was passiert war aber weiter es zu verheimlichen würde wohl nur noch zu mehr streit führen also gab ich mich geschlagen. „Na gut!“, murmelte ich geschlagen und begann ihr die Geschichte mit dem Händler und dem Fremden zu erzählen. Als ich fertig war, sah mich June fassungslos an. „Du bist so dumm!“, war das erste, was sie sagte. „Danke!“ „Nein, ich meine es ernst! Du bist so dumm, May! Der Typ hätte, die sonst was antun können, wäre da nicht der andere gewesen!“ Ich nickte und sagte aber nichts weiter dazu. June seufzte. Es klang erleichtert auch, wenn ihr Gesicht mir immer noch verriet, das sie sauer war. „An diesem Charakterzug von dir müssen wir noch arbeiten!“, sagte sie schließlich und ging zu ihrem Bett herüber. „Hm!“, war alles, was mir über die Lippen kam, als ich auf mein Handgelenk sah. Es würde morgen sicher schlimmer aussehen als heute. „Wir sollten schlafen!“ June Stimme klang dumpf und als ich aufsah, lag sie schon eingekuschelt unter ihrer Decke. Ihre braunen Augen sahen mich immer noch strafend an. Ich verdrehte nur die Augen, stand auf, warf die Bettdecke zu Seite und stieg ins Bett. Die Decke zwischen meinen Beinen geschlungen, sah ich zu June herüber. „Gute Nacht!“, sagte ich und schloss die Augen. „Gute Nacht, du dummes Muppel!“ – war das letzte, was ich für diesen Tag hörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)