Schicksalsstränge von Naumi ================================================================================ Kapitel 28: Neues ----------------- Neues Die Miko schlenderte durch die Gassen des großen Dorfes, dass sie erreicht hatten. Dieses war wundervoll gelegen, es gab viele Einwohner, die gut gelaunt waren und der Wohlstand war den meisten anzusehen. Vor allem aber gab es kein Gemetzel, welches die Menschen verstümmelt hätte. Momentan fand ein kleiner Markt statt, an dem die Priesterin gedachte, sich nach Informationen umzuhören. Im Großen und Ganzen hatte Sesshōmaru ihr allerdings nur die Aufgabe gegeben, ihre Vorräte aufzustocken und sich etwas zu erholen. Während der Reise vom Yōkaidorf hierher hatten sich die Spuren der Erschöpfung gezeigt und die Miko wusste, dass dies mitunter im Ernstfall tödlich enden konnte, wenn nicht gerade der Herr des Westens die eigene Reisebegleitung war. „Sie frisst die Herzen und lacht dabei“ „Das Blut war überall, ich werde das nie vergessen", der Mann flüsterte fast, dennoch nahm die vorbeilaufende Miko ihn war und lenkte ihre Aufmerksamkeit von Sesshōmaru zu der ängstlichen Person, die da sprach. Das kleine Grüppchen schien sie wohl zu bemerken, bis auf kurzes respektvolles Nicken und den Platz, den sie ihr im Kreis anboten, bekam sie jedoch keine Reaktion. „Diese Bestie konnte mit bloßen Krallen einen Brustkorb durchstoßen und-“ In einem Wimmern verlor sich seine Stimme, zu sehr schmerzte anscheinend die Erinnerung. Kagome fühlte mit ihm, fehlte ihr doch Sekundenlang der Atem, obwohl sie erst das Dorf gesehen hatte, von dem der Mann ganz offensichtlich sprach. Dennoch schaffte die Miko es nicht, sich aus ihrem eigenen Leid zu lösen und das andere Opfer zu trösten. Nein, es war zu gewaltig was in ihr vorging, zu viel, was ihre Gefühlskulisse fest im Griff hatte. „Verzeiht", flüsterte die Zeitreisende, die sich plötzlich vollkommen fehl am Platz fühlte und einfach nur noch wegwollte. Sie entwich aus dem Kreis und eilte los, um möglichst viel Abstand zwischen sich und das Gespräch zu bringen. Einige Minuten des stillen Laufens ohne Ziel und ohne einen Blick nach oben vergingen. „Ich scheint auf der Suche zu sein, Kagome-dono“, die angenehme Stimme lenkte ihren Blick sofort zu dem ihr flüchtig bekannten Gesicht. „Kizoku-sama, schön euch wiederzusehen“, der Gruß war eher ein Reflex. Die Miko versuchte die Skepsis zu unterdrücken, den Samurai hier anzutreffen, kam jedoch nicht ohnehin zu bemerken, dass er zuvor in eine andere Himmelsrichtung gereist war. „Dies kann ich nur so zurückgeben. Ich genieße immer wieder den Anblick solcher Schönheit und lausche gerne den zarten Worten eines solch gelehrten Wesens“ Sie kam nicht ohnehin zu bemerken, dass diese Worte bei jedem anderen schleimig gewirkt hätten, nicht so bei ihm. Weder wirkte er aalglatt wie viele Weiberhelden, noch so aufdringlich wie der Mönch Sangos zu Zeiten der Shikon Suche. Nein, er wirkte von Grund auf aufrichtig und schmeichelte der schwarzhaarigen Frau sehr. Dennoch- „Ihr wart bei unserer letzten Begegnung in eine andere Himmelsrichtung unterwegs. Wie kommt es, dass wir uns hier Wiedersehen, so nah am Norden?“, fragte sie, ihre Stimme spiegelte eher Neugier als Argwohn. Jedoch schrie etwas in ihr, dass diese Begegnung kein vollkommener Zufall war. „Ah, euer Interesse ist berechtigt. Ich verfolge meine eigenen, euren anscheinend ähnlichen, Ziele. Alles, um den Norden zu beschützen, manchmal ist es dafür nötig, seinen Weg zu ändern. Wie ihr euch sicher denken könnt.“ Die Miko kaute, eher unterbewusst, etwas auf ihrer Lippe, ihrem Gegenüber fiel es allerdings auf. „Ich wünschte ihr könntet meinen Worten einfach so glauben, doch verstehe ich natürlich, dass euer Misstrauen berechtigt ist. Lasst mich dennoch euch ein Gespräch anbieten, in dem ihr mich und meine Absichten ergründen könnt.“ Ihre Augen fixierten den Samurai einige Sekunden, dann schenkte sie ihm ein kurzes Lächeln zurück und die beiden suchten sich am Rand des Dorfes ein ruhiges Plätzchen. Doch schon schnell lenkte sich das Gespräch von dem Samurai zu ihr. Kizoku verstand es, interessante Fragen zu stellen, sowie zu Argumentieren und ihre Neugier zu stillen. „Als Shikon Miko habt ihr eigentlich genug geleistet. Ihr solltet nicht noch eine solche Jagd mit dem Herrn der westlichen Ländereien bestreiten müssen“, gab er zu bedenken, es war das erste Mal, dass er sie in ihrer Erzählung unterbrach. Sie hatte ihm von Inuyashas Tod erzählt und von ihrer Suche nach Kazumi. Erst wäre ihr nie im Leben eingefallen, ihn darüber zu erzählen, doch schnell hatte sich herausgestellt, dass er sie genauso suchte. Der Feind deines Feindes war ja laut Volksmund dein Freund. An dieser Hoffnung biss sich die Schwarzhaarige fest, während sie all das erzählte, was sie so dringend loswerden musste. „Die Dämonin zu jagen ist nicht meine Pflicht als Miko, sie ist meine Pflicht als Witwe.“ Kizoku seine Augen leuchten auf, in ihnen ein Ausdruck von tiefreichendem Respekt. „Ihr überrascht mich immer wieder und das in einem solch kurzen Gespräch. Das weiß ich sehr zu schätzen.“ Obwohl er bereits sein Beileid ausgesprochen hatte, wusste Kagome, dass in dieser Zeit die Sache ein wenig anders gehandhabt wurde. Offiziell war sie weiter Teil von Inuyashas Familie und damit war Sesshōmaru tatsächlich ihr Oberhaupt, wenn man es denn so nennen konnte, aber man konnte sich sehr wohl von dieser Verpflichtung befreien. Ihr Gegenüber schien eben diese Hoffnung zu verfolgen, wenn man sein sehr offenherziges Verhalten ihr gegenüber betrachtete. Die Priesterin war nicht dumm, Kizoku schien, ganz offensichtlich, wie viele in dieser Epoche, nicht zu verstehen, dass ihre Ehe mit Inuyasha viel mehr als nur Pflicht und eine Interessengesellschaft gewesen war. Das Konzept von Liebe war nicht allzu verbreitet in dieser Zeit und auch wenn dies anfangs für die junge Frau befremdlich gewesen war, hatte sie damals lang genug in der Sengoku Ära gelebt, um dies mittlerweile zu verstehen. „Euer Mann muss großartig gewesen sein, bei einer solchen Gefährtin. Man hat vieles gehört, aber das sind natürlich alles nur Gerüchte.“ Die Lider der Priesterin senkten sich wie von selbst, um die Außenwelt ihre Trauer nicht direkt entdecken zu lassen, hier im speziellen dem Samurai, der neben ihr im Gras saß. War sie das? Eine tolle Ehefrau? Sie war es zu kurz gewesen und dennoch war sich die Blauäugige fast sicher, dass ihre Fehler überwogen hatten. Das bittere Gefühl von Reue überbrückte Sekunden, in denen die Priesterin in sich hineinhorchte, nachfühlte und schließlich einen noch viel bitteren Gedanken nachging. Welcher sie schließlich zum Antworten bewegte, „Ich war nicht seine Gefährtin.“ „Es ist nicht selten, dass ein Hanyō den menschlichen Traditionen folgt. Ich sehe dennoch nicht, was an diesem Versprechen an einen Liebsten weniger wert sein soll“, gab Kizoku zu bedenken. „Ihr wisst, wer er war.“ Die Feststellung war unnötig, jedoch erfassten sie die junge Frau, ließen sie sich mit dem Samurai sich verbunden fühlen. „Ich kenne die Geschichten, von den tapferen Helden, die den Hanyō Naraku besiegt haben, dies habt ihr doch bereits festgestellt.“ „Aber, dass er ein Halbdämon war, dass wird so selten erwähnt“, gab die Miko zum Bedenken. „Es ist und bleibt so, dass in manchen Teilen dieses Landes, Halbblüter schlecht behandelt werden. Dafür muss es nicht einmal ein Bastard eines Dämons sein, Miko-dono. Im Norden wird dies aber zum Teil unterbunden, es ist ein barbarischer Versuch der Menschen und Yōkai gleichermaßen, sich über etwas zu stellen. Dabei sind diese Kinder aus wahrer Stärke entstanden, aus der Emotion ihrer Eltern“ Seine Finger strichen durch das Gras und spielten mit einzelnen Halmen, ohne sie abzureißen. Den Blick in die Ferne gerichtet, erkannte man noch deutlich die aristokratischen Züge, die gerade maskulinen Formen und die Miko kam nicht ohnehin am Rande die perfekte Haut zu bemerken, ohne jegliche Narben. Außergewöhnlich für einen Schwertkämpfer, aber es nahm ihre Aufmerksamkeit nicht allzu lange ein. „Ihr redet von Liebe“, diese Feststellung vereinnahmte ihre Gedanken viel mehr, überraschte die Frau so sehr, dass sie ihn gebannt ansah. Seine Züge wurden sanft und er wandte sich ihr zu, „Ich will euch nicht anlügen, ich bin ein Freund der Frauen. Vor allem von den temperamentvollen Individuen, dennoch liebe ich es am meisten an diesen, dass sie alle eine Art weichen Fleck im Herzen zu haben scheinen. Ihr scheint ein beindruckendes Exemplar zu sein, Kagome-sama. Eine Frau mit einem großen Herzen, Mut und einem unbändigen Willen. Es zieht mich magisch an und ich will euch ein Angebot machen, dass auch nicht so leicht erlöschen wird, egal, wann ihr euch doch dafür entscheiden solltet. Werdet meine Frau. Ich kann euch Sicherheit bieten, Zuneigung und sicher irgendwann auch Liebe. Das kann gar nicht anders sein, bei einer solchen Persönlichkeit wie ihr sie besitzt.“ „Wie könnt ihr- Ihr kennt mich doch erst so kurz!“ Die Röte, die ihre Wangen bedeckte, verzauberte den Mann nur mehr und er strich ihr ein verirrtes Blatt von der Schulter. „Wie ich bereits sagte, ihr fasziniert mich und ich muss kein großer Menschenkenner sein, um zu verstehen, dass ihr das seid, was ich zur Frau suche.“ „Ich-“, die Hitze, die in Kagome aufstieg, als sie den Schwertkämpfer vor sich betrachtete, war einnehmend. „Ihr seid einsam, oder? Ich kenne diesen Schmerz nur zu gut und weiß, wie lange man sich die Sicht auf alles Neue selbst verbietet. Deshalb lass ich es euch offen, ohne Bedingungen, ohne leere Versprechungen und vor allem ohne Drängen.“ Sein Lächeln war herzlich und so unglaublich warm, auch wenn die Zeitreisende wusste, dass ihr Gegenüber sehr attraktiv war, nahm sie ihn nun das erste Mal wirklich wahr. Ihr Innerstes zog sich vor Qual zusammen, nie hatte Kagome beabsichtigt, einem Mann Hoffnungen zu machen- Jedoch wurde ihr auch klar, dass sie sich unterbewusst tatsächlich, wie Kizoku sagte, vor der Möglichkeit sperrte. Wie wäre es, offen dafür zu sein? Offen für einen neuen Partner? Offen für Liebe? Sex war eine Sache. Zärtlichkeiten mit einem Menschen, Hanyō oder Yōkai, der nicht ihr Freund war, eine ganz andere. Wollte sie das? Die Priesterin verstand nicht, wie es dazu gekommen war, dass sie sich all das verwehrt hatte, obwohl alle Schritte in ihrer Therapie die junge Frau darauf ausgerichtet hatten, nicht in der Pein und Einsamkeit zu ertrinken, war genau das, nach und nach geschehen. Ihre Ausflüchte in die Clubs, nicht mehr als ein Vorwand, um sich selbst einzureden, dass sie an sich arbeitete. „Kizoku-“ Doch er ließ die Onna nicht ausreden, brachte sich bis auf wenige Zentimeter vor sie und fixierte sie mit einem intensiven Blick, strich ihr mit sachten Fingern über die erröteten Wangen. Seine dunklen Haare kitzelt sie im Gesicht, so nahe saß er bei ihr und doch, allein der Kontrast zu ihrer Haut kam ihr so unglaublich falsch vor. Weder badete sie in einem goldenen Blick, der sie mehr als einmal zum Erzittern gebracht hatte, noch war diese Zusammenkunft richtig. Während der kräftige Herzmuskel in ihrer Brust das Blut durch den schmalen Leib drückte, wich sie schon zurück. Die übernatürliche Wärme wich und auf den Boden der Tatsachen, blieb lediglich eine Miko zurück, die nicht verstand, was sie abhielt. Der Kuss, den sie sich hätte stehlen lassen können, wäre kein Weltuntergang gewesen, sondern viel mehr ein kurzer Genuss und eine Ablenkung von ihrer gefährlichen Reise. Dennoch wollte sie ihn nicht. „Verzeiht Kizoku-sama“, hauchte sie und wendete sich dem Mann mit niedergeschlagenen Lidern zu, den Blick nur durch diese halb geschlossenen Augendeckel erfassend, sah sie keinen Schmerz von Zurückweisung, wie erwartet. „Ihr seid bezaubernd Kagome-sama und eine sehr treue Seele, das sind Eigenschaften, die ich niemals zu kritisieren wagen würde.“ Dann wendete er sich wieder dem Himmel zu und schien in Gedanken vertieft. Als dieser die Farbe von warmen rot und lila annahm, verabschiedeten sich die beiden schnell zutiefst höflich, jedoch nicht, ohne dass der Samurai sie an sein Angebot erinnerte und die Zeitreisende zur Vorsicht auf ihrer gefährlichen Reise mahnte. „Neues Glück läßt das verlorene bluten…“ Elmar Kupke und Hans-Christoph Neuert Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)