True Heart von yamimaru ================================================================================ Prolog: -------- Die blauen Augen des Mannes starrten blicklos an die Höhlendecke, die sich im vorherrschenden Dämmerlicht in zahllose Schatten hüllte. Sein gewelltes Haar klebte ihm in dunklen, dicken Strähnen an der Kopfhaut, haftete an der totenbleichen Wange und sein Mund stand in blankem Horror offen. Das im Leben durchaus attraktive Antlitz war im Tode nun zu einer grausigen Fratze verzerrt und spiegelte die Pein wider, die er in den letzten Sekunden seines Lebens verspürt haben musste. Ein wirklich nicht sehr schöner Anblick. Ein leises Schnauben, in dem beinahe so etwas wie Bedauern mitschwang, hallte von den Höhlenwänden wider, bevor schwere Schritte einige lose Kiesel über den schroffen Fels des Bodens hüpfen ließen. Als sich der Mond hinter den Wolken hervor kämpfte und sein silbriges Licht für einen Moment sogar bis ins Innere der Höhle vordrang, blitzten erschreckend lange Klauen auf und beinahe schien es, als würden sie körperlos im Nichts schweben. Erst dann schälte sich ein massiger Leib aus den Schatten – ein Wesen, das ins Reich der Mythen und Sagen gehörte und doch stand es hier, den Kopf gesenkt und auf den toten Menschen zu seinen Füßen starrend. Das Schuppenkleid des Drachen war so schwarz, dass es das wenige Mondlicht schier zu absorbieren schien. Die Augen hingegen reflektierten das Licht und leuchteten in unheimlichem Rot, als sich die ellipsenförmigen Pupillen reflexartig zu schmalen Schlitzen zusammenzogen, ganz so, als wollten sie sich vor dem Mond verbergen. Leise raschelten ledrige Schwingen, als die große Echse sich zu dem leblosen Körper herabbeugte, ihn unerwartet behutsam mit ihren Klauen umschloss und anhob. „Ich hatte wirklich gehofft, du seist der richtige“, grollte sie dunkel, die S-Laute seltsam verzerrt, als würde sich eine Schlange an der Menschensprache versuchen. „Aber auch dein Herz konnte den Fluch nicht brechen.“ Langsam bewegte sie sich auf den Höhleneingang zu und erst als sie ins Freie trat, das Mondlicht somit die Chance bekam ihre Gestalt zur Gänze zu offenbaren, wurde ihre wilde Schönheit sichtbar. Aber noch etwas gab die Helligkeit preis, etwas weitaus Grausameres. In der Brust des Toten, den der Drache noch immer so behutsam trug, klaffte ein mehr als faustgroßes Loch und das vormals helle Hemd, das sich stramm über den muskulösen Oberkörper gespannt hatte, hing nun nur noch in blutigen Fetzen herab. Noch einmal blickte die große Echse auf den Menschen hinunter, in den sie so viele Hoffnungen gelegt hatte – Hoffnungen, die erneut enttäuscht worden waren, bevor sie sich mit wenigen, kräftigen Schlägen ihrer Schwingen in die Lüfte erhob. Der Mensch würde sein feuchtes Grab in der tosenden See vor der Küste Schottlands finden, genau wie all die anderen vor ihm und wieder starb ihre Zuversicht ein kleines Stück mehr. Bald schon würden zweihundert Jahre ins Land gezogen sein und dann wäre sie endgültig allein; die letzte ihrer Art. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)