Shapeless Dreams von Yuugii ([Atem center]) ================================================================================ Kapitel 28: Sein Schweigen -------------------------- Du versuchst zu verstehen, doch bist rastlos. Du erfüllst die Rolle und tust, was man vor dir erwartet. Doch du willst die Ketten sprengen. Ausbrechen aus dem Käfig. Zu früh um aufzugeben. Zu spät um zurückzukehren. Die Augen der Finsternis ruhen auf dir. Du wirst Teil des Nichts. Atem senkte den Blick. Es ziemte sich nicht für einen König um Hilfe oder gar Gnade zu flehen. Selbst wenn diese Bestie all seine Knochen brach und sein Fleisch in Flammen setzte, durfte er dem Bedürfnis zu schreien oder gar zu wimmern, nicht nachgeben. Er war ein Herrscher, ein Anführer und der Hoffnungsträger eines ganzen Volkes. Sohn des Horus und somit erwählt eine große Rolle zu füllen. Von Anfang an ging es nie darum, was er wollte oder brauchte. Seine Wünsche, Pläne und Träume hatten noch nie von Wert und würden es auch niemals. Sein Herz zog sich bei diesem Gedanken schmerzlich zusammen. Je mehr er sich davon zu überzeugen versuchte, stark sein zu müssen, desto lauter wurde der Schrei seines Herzens. Doch aussprechen würde er diese Gedanken niemals. Dafür war er zu stolz. Immerhin hatte man ihn 16 lange Jahre zur Perfektion gedrillt und dieses königliche Verhalten war alles, was er jemals kennengelernt hatte. Selbst wenn er es gewollt hätte, hätte er nicht gewusst, wie er sich ausdrücken sollte. Die Bestie mit den roten Augen ließ ihn wortlos fallen. Zorc schien enttäuscht, aber auch verwirrt. Der Wille des Pharaos war schwer zu brechen, doch dies war eine Herausforderung, der er sich stellen wollte. Schwach fiel Atem zu Boden und keuchte leise auf. Sein Säbel befand sich nur einige Meter von ihm entfernt, doch die Schmerzen zwangen ihn in die Knie und es war ihm unmöglich, sich aufzurichten und nach diesem zu greifen. Das war es also. So würde er ein weiteres Mal sein Ende finden. Erst wurde er von einem Säbel durchbohrt und von einem magischen Blitzstrahl getroffen und nun machte man ihn bewegungsunfähig und überließ ihn seinem Schicksal. Eine Tragödie. Ein König sollte in einer Pyramide begraben werden und rituell gereinigt werden, stattdessen verrotete sein Körper in der Außenwelt und seine Seele wartete nur noch darauf, von der ewigen Finsternis verschlungen zu werden. Atem war zu schwach um zu kämpfen, doch zu stark um einfach aufzugeben. Ein leises Lachen entwich seinen Lippen und er ballte seine Hand zur Faust. Einfach aufgeben? Liegenbleiben? Auf sein Ende warten? Nein, so wollte er nicht sterben. Es gab doch noch so viele Dinge, die er tun musste. Wer würde sich Zorc stellen und die Finsternis dorthin verbannen, wo sie hingehörte, wenn er es nicht tat? Außerdem wollte er den Göttern mit erhobenem Haupt im Totenreich gegenüberstehen und seinem Vater ins Gesicht blicken und ihm sagen, dass er die Wunden heilen konnte. Vater... was würdet Ihr denken, würdet Ihr mich so sehen? Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit miteinander verbringen können. Es gab so vieles, das ich Euch fragen wollte, überlegte Atem und lachte spöttisch über sich selbst. Diese Antworten wollte er finden. Hatte sein Vater ihn wirklich geliebt? Oder war es ihm vollkommen gleichgültig, in welchem Zustand er sein Land seinem einzigen Erben und rechtmäßigen Thronfolger überließ? Wieso hatte er Mutter nicht beschützt und hatte sie an jenem Tag davon abgehalten, diesen Tempel zu besuchen? Wieso hatte er ihm verheimlicht, wie die Millenniumsartefakte in die Welt gerufen worden waren? Es gab so viele Fragen, auf die er niemals eine Antwort erhalten würde. Aber vielleicht würden diese Antworten nur noch mehr Fragen und Unsicherheit in ihm hervorrufen. Es erstaunte ihn, dass Zorc einfach verschwunden war. Minutenlang lag er dort am Boden, umgeben vom Nebel der Finsternis, darauf wartend, dass die Krallen der Bestie endlich zuschnappen würden, doch der stolze Jäger schien mit der gefangenen Beute nicht zufrieden zu sein und hatte sich zurückgezogen. Trotz der Schmerzen wagte er es, sich zu erheben und nach seinem Säbel zu greifen. Sein linker Arm baumelte einfach herab. Ein Glück, dass es nur der linke Arm war, da er als Rechtshänder seine Waffe stets mit der rechten Hand hielt. Seinen linken Arm opferte er somit den Göttern. Es war nicht das Opfer, das er bringen sollte, doch es war mehr als gar nichts. „Mein armer Atem“, drang eine ihm unglaublich vertraute Stimme zu ihm. Er hatte sie so lange nicht gehört und beinahe vergessen, wie wohltuend sie war. Sofort drehte er sich um und starrte ungläubig in die Richtung, aus der er die Stimme vermutete. Dieses Gesicht, dieses warme Lächeln, diese königliche Haltung und diese Präsenz würde er immer und überall wieder erkennen. Doch wie war das möglich? Hatten die Götter gesehen, in welch misslicher Lage er sich befand und entschlossen, ihm Hilfe zu senden? „Mein armes Kind“, sagte er und öffnete die Arme und wartete darauf, dass sein Sohn auf ihn zukam, damit er diesen in die Arme schließen konnte. [Vertrauen. | Kapitel 30] – [Nicht Vertrauen. | Kapitel 31] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)