Kristalldrache von Morgi (Sesshoumaru / Kagome) ================================================================================ Kapitel 6: Seerosenblatt ------------------------ Kristalldrache - Seerosenblatt - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genre: Humor, Drama, Romantik (Hetero), Epik Trigger: Gewalt, Tod Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 11 Die Anspannung, die sich in der regenfeuchten Luft aufstaute, kribbelte unangenehm auf Kagomes Haut, aber bevor sie die Lippen ein weiteres Mal öffnen konnte, veränderte sich die Haltung des Daiyoukais. Lauernd neigte ihr Sesshoumaru den Kopf zu und schmälerte die Augen, als wäre ihm ihre Neugierde ebenso zuwider wie der Anblick des getrockneten Lehms unter seinen Klauen. "Es gibt einen Weg", erwiderte er abweisend, während die Erdklumpen dank eines Schwalls Youki zu Staub zerfielen, "doch ich wüsste nicht, warum ich ihn mit dir besprechen sollte." "Ich schon." "Tatsächlich?", erwiderte er mit entblößten Fangzähnen. In Kagomes Nacken bildete sich prompt eine Gänsehaut, ehe sie widerspenstig die Schultern emporzog. "Dein Weg", fuhr sie schluckend fort, "er gefällt dir nicht. Du brauchst einen anderen, um der Ehe zu entrinnen, sonst hättest du dich niemals dazu hinreißen lassen, darüber zu sprechen." "Ich habe es erwähnt", korrigierte er. "Du solltest es nicht damit verwechseln, dass ich an deiner Meinung interessiert wäre." "Hältst du mich für einfältig? Wenn du für meine Gedanken nichts übrig hättest, würdest du es vorziehen, mich anzuschweigen, statt das Risiko einzugehen, dass ich dir antworte!" "Offenbar unterschätzt du meine Fähigkeit, dich reden zu lassen ohne dir zuzuhören." Argh! Dieser vermaledeite, selbstgefällige Hund! Erbost blähte Kagome ihre Nasenflügel, aber er überging ihr verärgertes Gemüt. Gleichmütig richtete Sesshoumaru den Blick wieder auf die Zweige, die sich über ihren Köpfen dem Wind unterwarfen und stetig knisterten. Die langen, zerfetzten Rindenstücke schwangen an den Unterseiten der Äste und trugen seine Gedanken mit der nächsten Brise in die Vergangenheit. Der Anblick erinnerte ihn an brüchig gewordene Schlangenhaut - etwas, das ihn als Welpe über die Maßen erheitert hatte. Für Klauen, die zu weich waren, um jemanden ernsthaft zu verletzen, boten sie eine dankbare Beschäftigung, bis das Alter endlich neue Pfade auftat. Sein Vater hatte ihm stets einige Streifen mit einem verschmitzten Zwinkern gereicht und stundenlang neben ihm ausgeharrt, während er selbst um das letzte Wort in ihrem ungleichen Fragespiel feilschte. Möglicherweise war das der Grund, weswegen er heute Kagomes Versuch duldete, ihm beizukommen: Ihre Hartnäckigkeit ließ ihn wundern. Nahm sie wirklich an, einem Daiyoukai einen Rat erteilen zu können? Lächerlich. Was konnte ein Mensch schon erreichen, wenn er als Dämon und Sohn daran scheiterte, die Absichten seiner Mutter zu zerschlagen? Die alte Fürstin war mit allen Wassern gewaschen und ließ die erfahrensten Generäle mit einem Zucken ihres Mundwinkels zu Käfern schrumpfen, ohne sich anzustrengen. Er kannte etliche Geschichten, die von ihren ersten Tagen im Westen sangen, und ein Teil von ihm verfolgte noch immer interessiert ihre Art, Ehrfurcht hervorzurufen. Seitdem sie jedoch Sesshaftigkeit forderte, gab es keinen Grund mehr, ihre Nähe zu begrüßen. Der Besuch bei Bokusenou hatte seinen letzten Einfall ruiniert, und wenn er daran dachte, Myouga am Kragen zu packen und über glühender Magma zappeln zu lassen, bis der ihm jammernd einen Ausweg vor die Füße spie, meldete sich sein Stolz. Berater oder nicht, der kleine Flohgeist hatte nicht einmal seinem Vater die Ehe erspart. Die Hoffnung, Myouga habe aus diesem Fehler gelernt und könne während der Reparatur Tokijins seinem Verstand alle Ehre machen, war dünn - keine Aussicht, die Sesshoumaru schätzte. Er bevorzugte Tatsachen, keine glücklichen Fügungen. Zu dumm, dass ihm die Zeit wie geschmolzenes Wachs durch die Finger rann. Seine Freiheit würde sich in Rauch auflösen, wenn ihm nicht bis zum ersten Wort seiner Mutter etwas Besseres in den Sinn kam. Es erzürnte ihn, ihrem raffinierten Verstand nicht gewachsen zu sein. Er musste sie überlisten, koste es, was es wollte. Nur so konnte er sie für die nächsten Jahrhunderte von ihren Ambitionen kurieren. Unzufrieden schöpfte Sesshoumaru Atem, während seine Sinne den eleganten Bewegungen der mächtigen, dämonischen Präsenz hoch oben in den Wolkenbergen folgten, dann lenkte er seine Aufmerksamkeit erneut auf Kagome. Ihre Lippen waren zu einer dünnen, weißen Linie zusammengepresst. Vielleicht ... sollte er sie anhören. Er erwartete nichts von einer Frau, die sich für seinen Halbbruder erwärmt hatte, doch sie hatte einen guten Grund, sich als nützlich zu erweisen. Musashi. Das war beileibe kein Ort, den er schätzte, aber das Dorf mit den weitläufigen Reisfeldern, den Zedern und Bächen, bot ihm mehr als jede Brautschau. Zudem hatte sie im Kampf sein Schwert geläutert, ohne darum gebeten worden zu sein. Sprach das nicht dafür, ihn angenehm zu überraschen? Nun, ein Vorschlag mehr oder weniger würde die eheliche Schlinge um seinen Hals nicht enger ziehen - und niemand musste von diesem Gespräch erfahren. Sie schien ohnehin sämtliche Höflichkeit zu erwarten, derer er habhaft werden konnte. Nichts leichter als das: "Sprich es schon aus, ehe du daran erstickst." "Wie bitte?" "Du wolltest eine Ehe verhindern, um in deine Zeit zurückzukehren. Mir war nicht bewusst, dass es genügt, eine Gefährtin durch Schweigen abzuschrecken." "Oh", zischte Kagome, ehe sie mit den Zähnen knirschte, "glaube mir, würde das ausreichen, hättest du die besten Voraussetzungen." Ihre Miene fiel einem Ausdruck anheim, als habe sie auf eine saure Zitrone gebissen, doch als Mensch war sie klug genug, sich lieber den Staub aus den Strähnen zu fegen, statt auszusprechen, was auf ihrer Zunge gärte und durch seinen verständnislosen Blick angestachelt wurde. Männer! Ach, was sagte sie: Dämonen! "Wie steht es um deinen Plan?", erkundigte sich Kagome dann und massierte sich die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. "Er spielt für deine Worte keine Rolle." "Ist das-" dein Ernst? War das seine Vorstellung davon, etwas gemeinsam zu besprechen? Sogar ihr kleiner Bruder benahm sich umgänglicher und versuchte sie mit Süßigkeiten zu bestechen, solange er etwas von ihr wollte. Falls es ihm sehr wichtig war, glänzte er unverhofft mit dem Angebot, ihr den Putzlappen abzuknöpfen oder die Schulbücher zu tragen. Zugegeben, sie wollte sich nicht vorstellen, wie der Daiyoukai ihr Eigentum an sich riss oder einer leichenblassen Verkäuferin eine Tüte Pralinen abnahm, doch dass dieser Hund sie anschwieg- Ach, wie auch immer. Das Fell zu verfluchen, das ungerührt um seine Schulter strich und das Drachenei am Boden umhüllte, brachte sie nicht nach Hause. Hoffentlich wusste dort jemand ihr Engagement zu würdigen, sobald sie davon erzählte! Allein für diese Verhandlungsbereitschaft sollte man sie die Prüfung mit Bravour bestehen lassen. Entschlossen überwand Kagome die drei Schritte Distanz, die Sesshoumaru bislang zwischen sie gebracht hatte, und deutete auf den Teil seiner Gestalt, der zwischen getrocknetem Schlamm und der blutdurchtränkten Seide lag. Dass sie ihre eigenen Tabi am liebsten ausgezogen und gegen ein neues Pärchen ausgetauscht hätte, dem der Duft nach Lavendel anhaftete, ignorierte sie mit einem sturen Schnaufen. "Ich mache es kurz. Wird sich deine Mutter an deiner Verletzung stören?" "Das bezweifle ich." "Du solltest es trotzdem gegen sie verwenden", erwiderte Kagome spitzzüngig. Sesshoumarus Augenbraue wanderte bedächtig empor, aber er verzichtete darauf, der Geliebten seines verstorbenen Halbbruders zu erklären, dass eine jahrtausendealte Dämonin sich eher für das gestickte Blütenmuster auf seinen Ärmeln erwärmen würde als für sein vergossenes Blut. Wie stellte sie sich das vor? Seine Mutter hatte ihm kein Mitleid entgegengebracht, nachdem sie ihn aus einem Nest voller Falkendämonen pflücken musste, in das er nach seiner ersten, willkürlichen Verwandlung gestürzt war - und als Fürstin verlor sie kein Wort über seine Narben. Nie. "Erhelle mich." "Es wird dir nicht gefallen", erklärte Kagome, bevor sie ihre Hände in die Hüften stemmte und einen langen, ernsten Blick zu ihm hinaufwarf. "Kein bisschchen." Am liebsten hätte sie sich den Mund mit Seife ausgewaschen, weil sie diesen Unsinn auch noch aussprechen wollte, doch es gab keinen anderen Weg. Eine Dämonin wie Sesshoumarus Mutter würde sich bestimmt nicht von halbgaren Ammenmärchen einlullen lassen - und wenn es irgendetwas gab, das besser war als eine erfundene Geschichte, waren das unangenehme Überraschungen aus Fleisch und Blut. Also schön! Nur Mut: "Du hast dir die Wunde zugezogen, als du deine Zukünftige vor einer verrückt gewordenen Spinne bewahrt hast." Die Stille hielt genau einen Herzschlag lang an, dann zerfiel sie zu Asche. "Du?" "Ich", bestätigte Kagome aalglatt. "Niemals." Damit schob Sesshoumaru die zweite Augenbraue hinterher, ehe seine Kehle unter einem Knurren vibrierte, das sogar die feinen Härchen in seinem Unterfell erzittern ließ. Wofür hielt sie sich? Er hatte sich diesen Vorschlag bereits von Myouga angehört und ihn nun zum zweiten Mal präsentiert zu bekommen, reizte ihn bis aufs Blut. Scharf beugte sich Sesshoumaru zu ihr hinunter und fachte die Hitze an, die sein Youki ungehindert ihren Wangen aufdrängte, bis der frisch verschorfte Schnitt wieder aufplatzte. "Diese Scharade", flüsterte er nachdrücklich, "wird es mit mir nicht geben. Weder in diesem Leben, noch in einem anderen. An dir ist nichts zu entdecken, das ich begehrenswert finden könnte, also erspar mir diese erbärmliche Idee oder ich zerreiße dich." "Glaubst du etwa, dass es mir den Tag versüßt, mit dir zum Schein verheiratet zu sein?", hielt Kagome entgegen. Als ob! Auf ihrer Stirn perlte der Schweiß, aber das Gefühl in ihrer staubtrockenen Kehle genügte nicht, um sie kleinzukriegen. Die verkrüppelten Baumkronen mochten wanken, während seine Energie auch die letzten Blätter in welke, knisternde Überreste verwandelte, doch ihr Trotz hatte längst Wurzeln geschlagen. Biestig reckte Kagome das Kinn und trieb die abgebrochenen Fingernägel in ihre Handballen. "Ich hatte nicht vor, deiner Mutter mit diesem Schauspiel länger als nötig unter die Augen zu treten. Sobald sie es akzeptiert, hast du deinen Willen und wir können verschwinden. Was willst du noch? Ein treues, dämonisches Liebchen, das dir an den Lippen hängt? Ich befürchte, dir ist in den letzten Minuten keines begegnet." "Übertreib es nicht." "Nenn mir nur einen vernünftigen Grund, warum du es ausschlägst", zischte Kagome, während ihre braunen Augen ihn ungehalten anfunkelten. "Du bist ein Mensch." "Ist das alles?" Ihr entschlüpfte ein heiseres Glucksen, bevor sie sich mit einem ungehaltenen Laut auf die Zehenspitzen stellte und die Distanz auf die Breite eines Reispapiers schmolz. "Offenbar gibt es bereits Menschen, die du in deiner Nähe begrüßt. Du hast dich dazu entschieden, Rin in deine Obhut zu nehmen, oder nicht? Solltest du deiner Mutter die Gründe dafür verschwiegen haben, wird sie nur raten können, was dich zu einer menschlichen Ehefrau gebracht hat. Das ist nicht der einzige Vorteil, Sesshoumaru. Ich werde in meine Zeit zurückkehren und schlagartig gibt es fünf Jahrhunderte, die uns trennen. Solange deine Mutter nicht durch den Knochenfressenden Brunnen springen und mich an den Haaren zurückzerren kann, wartest du offiziell auf mich. Du darfst mich sogar für tot erklären, sollte dir irgendwann eine Dämonin begegnen, die dich interessiert." "Nein." Nein? Immer noch? War er als Welpe von einer Baumwurzel gepurzelt und hatte sich den Kopf angeschlagen? Diese verfluchte Sturheit und Hitze in der Luft machte sie noch ganz krank. "Was ist eigentlich dein gottverdammtes Problem?", herrschte sie ihn an. "Ich biete dir meine Hilfe an und dir fällt nichts anderes ein, als mich anzuknurren?" Wie? Wollte sie ihn zu allem Überdruss auch noch für seine Abneigung kritisieren? "Du hältst mich für undankbar?" "Ja!", schoss Kagome zurück, während der Schlamm neben ihren Strohsandalen Blasen warf und sich in langen, dreckverkrusteten Wellen über spitze Kieselsteine schob. "Wenn du es ganz genau wissen möchtest: Ja, das tue ich. Und ob du es glaubst oder nicht, es besteht kein Grund dazu, mich mit deinem Youki zu bedrohen. Ich möchte nach Hause, mehr nicht. Verstehst du das? Sollte ich deine Ehefrau spielen müssen, um nach Musashi zu gelangen, werde ich mich vor deiner Mutter sogar so hinreißend benehmen, dass du meine Seele in der Unterwelt suchen würdest!" "Mach dich nicht lächerlich", presste er zwischen den Fängen hervor, ehe Sesshoumaru die Luft aus seinen Lungen entließ und die Witterung des Spinnengifts erneut in der Nase erduldete. Es floss träge im Blutrinnsal mit, das er ein letztes Mal mit seinen Klauen berührte - dann genügte es ihm. Sein Präsenz ebbte wie die Gischt ab, die den Gezeiten folgte und kam und ging wie es ihr beliebte. Tze. Offenbar behielt die Wasserhexe Recht, die er vor etlichen Tagen im Norden angetroffen hatte, um sich von ihren Anweisungen bis auf die Knochen erniedrigen zu lassen: Sein Vater hätte schallend gelacht, wüsste er nur um die Gegenwart. "Ich schätze meine Freiheit", raunte er kühl. "Allerdings werde ich nicht meinem Vater gleichen. Ich dulde es nicht, dass meine Mutter glaubt, ich hätte dich zur Ehefrau genommen und längst angerührt. Du bist mir versprochen und hütest gehorsam deine Zunge, während ich rede. Solltest du deine Rolle nicht lange genug aufrecht erhalten können, werde ich dich persönlich in die Hölle schicken. Und nun ... hör auf mich anzustarren." - - - - - - - Mama wird über ihre frischgebackene Schwiegertochter in spe entzückt sein. Aber ist sie derart leichtgläubig? Erfahrt es in Kapitel #7, "Schulterfell". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)