Slices of Life von QueenLuna (Eine Sammlung an Kurzgeschichten und Mini-Episoden) ================================================================================ Kapitel 7: Modefragen III (Dir en grey) --------------------------------------- Für Yami & En Frohe Weihnachten Inspiration: Phalaris Vol. II - Limited 25th Anniversary Live Modefragen III - oder auch das Gardinen-Dilemma - Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! Oder doch? Mein unteres Augenlid zuckte. Zum wiederholten Mal. Und das nicht erst seit heute. War ich gestresst? Nur ein bisschen. Tief atmend, um meinen Puls irgendwie zur Ruhe zu zwingen, durchquerte ich den Vorbereitungsraum und setzte mich auf das Sofa. Da war ich einmal kurz am Getränkeautomat und dann sowas. Was trieb der Mann schon wieder? Ich war ja froh, dass ich mir inzwischen keine allzu großen Sorgen mehr um Kaoru machen musste. Hatte er früher zu gerne bei Konzerten seine halb verschlissenen Pullover getragen, die eigentlich eher in den Müll gehörten, so warf er sich inzwischen in Schale. Zwar nicht bei jedem Auftritt, aber immerhin. Die Pullis waren schicken, sogar recht stilvollen Jacken und Hemden gewichen, deren Muster sich zwar gerne bissen, aber ich wollte ja nicht gleich zu viel verlangen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Oder so. Wenigstens war Besserung in Sicht und womöglich wurde ja aus Kaoru noch ein modebewusster Mann, der ein Kleidungsstück nicht immer nur nach dem praktischen Zweck auswählte. Um Kyos Kostüme und Outfits machte ich mir seit eh und je keine Gedanken. Er wusste stets, wie er auf der Bühne wirken wollte und hatte sich in den letzten Jahren auch von niemanden mehr reinreden lassen. Ähnlich wie bei Die. Dieser fragte zwar hin und wieder nach unserer Meinung, doch mittlerweile würde ich sogar behaupten, er hatte endlich den Stil gefunden, nach dem er so lange Jahre gesucht hatte. Mir musste nicht jedes Outfit gefallen. Das Wichtigste war, dass er sich wohlfühlte und dies auch ausstrahlte. Und das tat er definitiv, wenn ich mir sein zufriedenes Grinsen gerade besah, während er sich vor einem der Spiegel hin und her drehte, um zum wiederholten Male jedes Detail zu kontrollieren. Aber mir Eitelkeit vorwerfen… Mein Blick huschte weiter durch den Vorbereitungsraum. Einige Staffmitarbeiter wuselten herum, um die letzten Handgriffe vor dem Auftritt zu vollenden. Kyo saß in einer Ecke und „ölte“ seine Stimmbänder mit warmen Dampf, während er auf seinem Handy zockte. Kaoru war irgendwohin verschwunden. Und Die kam gerade auf mich zu geschlendert und ließ sich ebenfalls auf die weichen Polster fallen. Anscheinend war er zufrieden mit sich. „Mensch Shinya… hast du schon wieder Zitronen gefrühstückt?“, grinste er mich breit an. Das Zucken meines Augenlids wurde stärker. „Oder warum schaust du so angesäuert?“ Er lachte laut über seinen eigenen Witz, während ich ihm nur still dabei zusah und innerlich mit mir rang, ob ich darauf überhaupt reagieren sollte. Missmutig zuckte mein Blick zum Übeltäter meiner Laune, der gerade Dies vorherigen Platz am Spiegel eingenommen hatte. Eigentlich konnte es mir ja egal sein, was er trug. Wobei… eigentlich auch nicht. Schließlich würden wir in wenigen Minuten gemeinsam auf der Bühne stehen und – Ach Mann, ich wollte einfach, dass wir ein harmonisches Bild abgaben, wenn wir vor den Fans performten. Also Outfit-technisch. Leider passten da Toshiyas vermaledeite Mode-Experimente gar nicht dazu. Und egal wie oft ich ihn musterte, es wurde nicht besser. Der lange, schwarze Spitzenrock war okay, er betonte seine Größe, ebenso die Plateauschuhe, die noch einige Zentimeter hinzu schmummelten. Man konnte sagen, was man wollte, unserem Bassist standen nach wie vor Röcke jeglicher Ausführung und das bei diesem Exemplar seine Beine durchblitzten, würde die Fans freuen. Und damit wars das auch schon mit den positiven Feststellungen über seine Erscheinung. Denn das schneeweiße Jackett, das er sich übergeworfen hatte, ließ ihn unförmig erscheinen und versteckte seine athletische Figur, die er in letzter Zeit doch so gerne unverhüllt präsentierte. Doch das Schlimmste war dieses … keine Ahnung… Etwas halt, das er gerade auf seinem Kopf befestigte. Was sollte das sein? Ein Spitzendeckchen? Eine von Kaorus weißen Schlafzimmergardinen? Was auch immer es war, das Spitzenmuster passte nicht zu dem seines Rocks und ich hatte bisher noch nicht einmal geahnt, dass sich selbst weiße Farbtöne beißen konnten. Nun hatte ich den Beweis. Himmel, warum trug er diesen halben Vorhang auf seinem Kopf? Wollte er heute anonym auftreten oder wie? „Toshiya, ich glaube, Shinya mag dein Outfit nicht“, holte mich Dies lautes Lachen aus meinen Gedanken. Verwirrt blinzelnd sah ich zu ihm, während Toshiya sich grinsend umwandte. „Wie kommst du drauf?“ „Na ja, so intensiv wie er dich anstarrt, hatte ich schon Angst, deine Kleidung würde jeden Moment in Flammen aufgehen.“ Nun lachte auch Toshiya und gesellte sich zu uns. Nein, auch von Nahem wurde das Ganze nicht besser. „Ist das so?“ Toshiyas amüsierter Blick traf mich, als er diesen weißen Vorhang lüftete und aus seinem Gesicht nahm. Okay, Zeit für etwas Ehrlichkeit. „Ja, ich mag‘s nicht.“ Untertreibung. „Die Stoffe passen nicht zueinander.“ Den Rest ließ ich unausgesprochen. Toshiyas Mundwinkel zuckten, während mich seine Augen zu durchleuchten schienen, als würde er tatsächlich meine vollständige Meinung hören wollen. Unangenehm berührt, rutschte ich auf der Couch herum. Ich hasste es, so angestarrt zu werden. Schließlich erlöste er mich und warf Die einen bestimmten Blick zu, der etwas in mir aufmerken ließ. Steckten die beiden unter einer Decke? Hatten sie diese unsägliche Zusammenstellung an Textilien etwa gemeinsam erdacht? „Shinya, das war doch bestimmt noch nicht alles, oder?“ Und schon war ich zurück in Toshiyas Fokus gerutscht. Ich schwieg einige Sekunden lang und haderte mit mir. „Warum rennst du diesmal derart hochgeschlossen und vermummt rum, wenn du es sonst kaum erwarten kannst, dich halbnackt zu zeigen und du dir nach wenigen Minuten die Klamotten vom Leib reißt?“ Es war zwar nicht das, was mir eigentlich auf der Zunge gelegen hatte, aber immerhin hatte ich den beiden kurzzeitig die Sprache geraubt. Perplex sahen sie mich an, ehe sie in lautes Gelächter ausbrachen. Na schönen Dank. „Okay, deine Begeisterung ist nicht zu übersehen. Danke für deine Meinung.“ Toshiya wischte sich über die Augenwinkel, während er immer noch kicherte. „Weißt du, und gerade weil dich mein Outfit so zu entsetzen scheint, ist es perfekt.“ Bitte? Fragend zuckte meine Augenbraue nach oben. „Na, wenn du es schon nicht leiden kannst, werden es die Fans noch weniger mögen. Umso mehr freue ich mich auf ihre erleichterten Schreie, wenn ich das hier -“ Er zupfte demonstrativ an seiner Gesichtsgardine herum. „- abnehme. Ebenso wie das Jackett.“ Der helle Stoff rutschte beiseite und legte ein schwarzes, nur sehr nachlässig zugeknöpftes Hemd offen. Das sah schon viel mehr nach ihm aus. „Also, ich finde die Idee super“, mischte sich unser Gitarrist ein. „Ich glaube, ich sollte das demnächst auch mal ausprobieren.“ Nicht der Ernst? Was ging in deren Köpfen vor? Seufzend erhob ich mich und ging Richtung Tür, während die beiden weiter über diese spezielle Kleidungsfrage philosophierten und sich in immer neuen und noch schlimmeren Ideen übertrumpften. Wenigstens musste ich mir das Elend hinter meinen Drums nicht vollständig mitansehen. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)