Nur ein Wort von Diamantplanet ================================================================================ Kapitel 1: Verrat ----------------- Es war bereits dunkel, als Elizabeth das Krankenhaus verließ. Ihre Spätschicht als Krankenschwester im St. Thomas‘ Hospital im Westen der Stadt Liones hatte mal wieder länger gedauert. Eigentlich wollte Elli noch einmal nach Hause und duschen, aber dafür war jetzt keine Zeit mehr. Sie trat hinaus in den stürmischen Herbstabend. Der kalte Wind ließ sie ihre Jacke enger um sich schlingen. Sie lief schnell zu ihrem Auto, warf ihre Tasche auf den Rücksitz und verließ den Parkplatz des Krankenhauses. ‚So ein Mist‘, dachte sie nach einem Blick auf die Uhr. ‚Es ist gleich schon 8 Uhr. Ich komme bestimmt zu spät! Hoffentlich muss er nicht zu lange warten‘. Da heute Sonntag war, war zum Glück nicht viel los. Sie war aufgeregt, da sie ihr erstes Date seit einer halben Ewigkeit hatte. Bisher hatte ihr nicht der Sinn danach gestanden, da sie gerade erst ihre Schwesternausbildung beendet hatte und sich voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren wollte. Dann hatte sie diesen gut aussehenden und etwas frechen jungen Mann kennengelernt, der vor ca. einer Woche in das Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie hatte sich um seine Verletzungen gekümmert und bevor er entlassen wurde, hatte er sie nach einem Date gefragt. Elli schmunzelte glücklich vor sich hin, als sie mit ihrem Wagen in die Hauptstraße, die zum Vergnügungsviertel führte und wo sich die Bar befand, in der sie sich treffen wollten, einbog. Plötzlich gab es einen lauten Knall als etwas auf ihr Autodach schlug. Erschrocken schaute sie nach oben, konnte aber nichts erkennen. Dann zerbrach mit einem lauten Knall die Scheibe auf der Beifahrerseite. Bevor sie wusste was geschah, hockte dort eine dunkle Gestalt auf dem Sitz. Sie konnte nicht viel erkennen, da er die Kapuze seines schwarzen Pullovers tief ins Gesicht gezogen hatte. Elli wollte schreien, doch der Fremde legte zwei eiskalte, starke Hände um ihren Hals, noch bevor ein Laut aus ihrer Kehle drang. Sie rang verzweifelt nach Atem und versuchte, den Angreifer abzuwehren. Elli verlor die Kontrolle über den Wagen und so knallten sie gegen eine Laterne. Für einen kurzen Moment ließ die Gestalt von ihrer Kehle ab. Elli war benommen, aber bei Bewusstsein. Die Wagenfront war komplett gequetscht und es stieg Qualm auf. Sie schaute zum Beifahrersitz. Da saß er. Für einen Moment völlig regungslos, aber er hatte keinen Kratzer. Der Aufprall schien ihm nichts ausgemacht zu haben! Die Kapuze war von seinem Kopf gerutscht. Elli sah einen Mann mit dunkelblondem Haar. Erst jetzt bemerkte sie ein ihr allzu vertrautes Symbol auf seinem Pullover. Es zeigte eine Schlange mit weit aufgerissenem Maul, die auf sie zuzuspringen schien. Er sah sie wild und gierig an. Seine Augen waren pechschwarz, einen Unterschied zwischen Iris und Pupille konnte Elli nicht erkennen. Was sie aber wirklich beunruhigte war, dass der Rest seiner Augen blutrot statt weiß war. Er streckte erneut die Hand nach ihr aus. Elli bemerkte ein Holzarmband an seinem Handgelenk. Elli war wie starr vor Angst. Ohne dass sie sich hätte wehren können, legte er seine Hand an ihren Hinterkopf. Alles was sie konnte, war, in dieses Gesicht zu starren. Der Angreifer beugte sich zu ihr und öffnete den Mund. Elli sah zwei Reißzähne aufblitzen. Der Angreifer näherte sich weiter ihrem Hals. Kurz bevor er diesen erreichte, tauchte wie aus dem Nichts eine Hand hinter dem Angreifer auf. Diese packte den Mann und er wurde mitsamt der Autotür mit einem Ruck aus dem Auto gezogen. Sie hörte etwas, das nach einem Kampf klang und dann war plötzlich Ruhe. Elli sah sich furchtsam um. Sie sah das Schild der Bar, in der sie verabredet war, aber sie konnte niemanden sehen. ‚Ist er weg?‘ Elli wollte gerade zur Fahrertür greifen um auszusteigen, als diese mit Schwung geöffnet wurde. Bevor sie schreien konnte, sagte eine freundliche Stimme: „Alles in Ordnung, Elizabeth? Bist du verletzt?" Vor Elli stand ein blonder junger Mann. Der Mann mit dem sie heute verabredet war. „Meliodas!" rief Elli überrascht und erleichtert. „J-Ja, ich bin ok. Wo ist er hin?" „Ich habe ihm ordentlich eine verpasst. Aber er ist mir leider entwischt", sagte Meliodas ärgerlich. „Bist du verletzt?" fragte Elli besorgt. Der Unbekannte hatte so bedrohlich und stark gewirkt. „Nein, alles klar, ich bin unverletzt", sagte Meliodas. „Hauptsache, dir geht es gut, Elizabeth." Meliodas musterte sie besorgt. Elli lächelte freudig. Sie war so erleichtert, dass Meliodas da war. „Ja, vielen Dank, dass du mich gerettet hast!" Elizabeth stieg aus dem Auto aus. Sie wollte auf Meliodas zugehen, doch ihr wurde schwarz vor Augen. Bevor sie zu Boden stürzte, fing Meliodas sie auf. Als Elli das nächste Mal ihre Augen öffnete, fand sie sich in einem Krankenzimmer wieder. Sie blickte sich im Raum um. Er kam ihr sehr bekannt vor und ihr wurde klar, dass sie in dem Krankenhaus war, indem sie arbeitete. Sie fand Meliodas schlafend auf einem Stuhl neben ihrem Bett. Sie musste lächeln. Er sah so friedlich aus, wie er da schlief. Dröhnende Kopfschmerzen vertrieben ihr Lächeln jedoch sofort wieder. Sie setzte sich auf und prüfte ihre Verletzungen. Ein Verband zierte ihren rechten Arm. Vermutlich ein Schnitt durch die zerbrochene Scheibe. Ihr fiel wieder ein, dass der Angreifer sie gewürgt hatte. Sie griff an ihren Hals. „Autsch!" Es tat weh. Meliodas regte sich auf seinem Stuhl und schlug die Augen auf. „Wie fühlst du dich?", fragte er. „Mir geht es gut. Ein wenig Kopfschmerzen und... Schluckbeschwerden." Meliodas sah sie besorgt an. Um Ihren Hals waren Blutergüsse. „Was... was mache ich hier?", fragte sie ihn. „Du bist ohnmächtig geworden, also habe ich dich ins Krankenhaus gebracht." „Du hast mir schon wieder geholfen! Hab vielen Dank!" Meliodas stand auf und ging zu Ellis Bett. Er nahm ihre Hand in seine. Er grinste Elli an und ihr Herz tat einen kleinen Hüpfer. ‚Was? Woher kommt das? Mein Herz, es schlägt wie verrückt.‘ „Schlaf noch etwas. Der Arzt sagt, du hast eine leichte Gehirnerschütterung und du sollst dich noch etwas ausruhen." Elli nickte müde. Sie fühlte sich in der Tat sehr erschöpft. „Bleibst du bei mir, bis ich wieder wach bin?" fragte sie zögerlich. Meliodas nickte. „Ja, ich bleibe bei dir." Beruhigt legte sich Elli hin, schloss die Augen und schlief wieder ein. Am nächsten Morgen wachte Elli auf, als das Frühstück gebracht wurde. Meliodas war wie versprochen bei ihr. Nachdem sie gegessen hatte, erschien Elaine, die Oberschwester des St. Thomas‘ und damit Ellis Chefin. Sie klärte Elli über ihre Verletzungen auf und wies sie an, sich wegen der Gehirnerschütterung ein paar Tage auszuruhen. Elli erzählte von dem Autounfall. Den Part mit dem Angreifer ließ sie aus. Sie sagte stattdessen, dass eine Katze über die Straße gelaufen wäre und sie beim Versuch auszuweichen gegen die Laterne gefahren sei. Elaine richtete Elli die guten Wünsche aller Kollegen aus und widmete sich dann wieder ihren vielen Patienten. Meliodas berichtete Elli anschließend was sie alles verpasst hatte, während sie geschlafen hatte. Elli hörte staunend zu, da Meliodas sich wirklich um alles gekümmert hatte. Er hatte mit der Polizei gesprochen und ihnen den Unfallhergang geschildert. Er versicherte Elli, dass die Polizei nun nach dem Täter suchen würde und dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche. Außerdem hatte er ihr Auto abschleppen lassen. Leider wurde ein Totalschaden festgestellt und es konnte nur noch verschrottet werden. Der Verlust ihres Autos traf Elli schwer. Sie hatte das Auto von ihrer Schwester vermacht bekommen und auch wenn es nicht mehr das Neueste war, hatte es sie immer zuverlässig zu ihrem Ziel gebracht. Sie hatte kein Geld, um sich ein neues Auto zu kaufen und nun musste sie sich überlegen wie sie zur Arbeit kam. Elli dankte Meliodas vielmals für seine Mühen. Sie war erstaunt und überwältigt davon, was er alles für sie getan hatte. Dabei wollte sie ihm wirklich keine Umstände machen. Er tat das mit einem Schulterzucken und einem schelmischen Grinsen ab. Gegen Mittag kam nochmal ein Arzt vorbei und da es Elli soweit gut ging, wurde sie nach Hause geschickt. Vor dem Krankhaus setzten sich Meliodas und Elli auf eine Bank. Die Sonne schien und tauchte die Welt in ein goldenes Licht. Es war warm und vom der Sturm der vorherigen Nacht war nichts mehr zu erkennen. Wenn Elli nicht noch der Schrecken der letzten Nacht in den Knochen gesessen hätte, dann wäre dies ein perfekter Tag gewesen. „Weißt du noch was passiert ist?" fragte Meliodas fast beiläufig. Elli nickte. „Ich erinnere mich, dass da ein Mann war. Er ist... während der Fahrt in mein Auto gesprungen. Er…." Elli schluckte. Meliodas ergriff ihre Hand. „Er… hat mich angegriffen und gewürgt. Ich habe die Kontrolle über mein Auto verloren und hatte einen Unfall." Meliodas nickte mitfühlend. „Hast du den Typen schon mal gesehen?" „Nein, aber er hat mir wirklich Angst gemacht. Es lag etwas Wildes und Hungriges in seinen Augen. Es sah aus als… als wollte er mich töten." Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Meliodas drückte ermunternd ihre Hand. Sie sahen sich in die Augen. „Wenn du nicht gewesen wärst…." Elli konnte die Tränen nicht länger zurück halten und begann zu weinen. Nach Halt und Sicherheit suchend, fiel sie Meliodas um den Hals. „Du hast mich gerettet, mein Held Meliodas!" Sie saßen noch eine Weile schweigend umschlungen auf der Bank. Nachdem Elli sich beruhigt hatte, löste sich von Meliodas. „Mir ist gerade etwas eingefallen", sagte sie. „Was denn?" „Der Angreifer hatte ein Gang-Symbol auf seiner Jacke, das ich schon mal gesehen habe." Überrascht schaute Meliodas sie an. „Wirklich? Was denn für eins?" „Um das zu klären, muss ich mit meinem Onkel sprechen. Er… Er ist… Er kennt sich mit so etwas aus." Elli nickte entschlossen und stand auf. Sie verbeugte sich vor Meliodas. „Vielen Dank für deine Hilfe, Meliodas. Ich werde nun zu meinem Onkel gehen." Meliodas legte ihr eine Hand auf den geneigten Kopf. Sie blickte auf. Ganz cool stand er nun vor ihr, mit einer Hand in der Hosentasche und grinste sie an, mit diesem Lächeln, welches ihr Herz so zum Hüpfen brachte. „Ich werde dich begleiten. Ich kann nicht riskieren, dass du noch einmal angegriffen wirst." „Aber Meliodas… das kann ich nicht von dir verlangen. Du hast schon so viel für mich getan", sagte Elli abwehrend und besorgt zugleich, konnte aber ein Lächeln nicht ganz verbergen. „Überlass das ruhig mir", sagte Meliodas mit einem Zwinkern. „Ich werde dich beschützen." Elli spürte wie sie rot wurde. Dankbar lächelnd nickte sie und sie machten sich gemeinsam auf den Weg zu Ellis Onkel. Sie stiegen aus dem Taxi und standen vor einem riesigen, heruntergekommenen Hausblock. Es sah nicht so aus, als würde dort jemand wohnen. Sie befanden sich in einer fragwürdigen Gegend, dort wo sich kaum ein Tourist je hin verirrt und die Einwohner nachts ihre Fenster verriegelten. „Hier wohnt dein Onkel?", fragte Meliodas skeptisch, während er das leerstehende Gebäude betrachtete. „Nein, er... er wohnt hier drüben", hörte er Elizabeth schüchtern sagen. Er drehte sich um und sah auf der anderen Straßenseite ein großes Anwesen im chinesischen Baustil. Genauer gesagt sah er nur das Pagodendach, einen riesigen Zaun und... ein großes Tor mit einem Schlangensymbol darauf. Überrascht tat Meliodas einen Schritt zurück. „Was hattest du nochmal gesagt, wer dein Onkel ist?" „Er... er ist der Anführer von 'Black Viper'." Meliodas überwand seine Überraschung schnell und sie wechselten auf die Straßenseite des Anwesens. Mit verschränkten Armen blieb Meliodas vor dem Tor stehen. Mit ernster Miene betrachtete er das Symbol. Elli ging zur Klingel und bemerkte, dass Meliodas wie angewurzelt dastand. Sie drehte sich zu ihm um. „Meliodas?" Er schien aus seinen Gedanken zu erwachen und räusperte sich kurz. „Ich denke, bei deinem Onkel bist du sicher. Ich werde nicht mit hereinkommen", sagte er schließlich. „Oh..." Elli war enttäuscht. Gerne hätte sie Meliodas noch weiter bei sich gehabt. „Ok, dann bis später", sagte sie leicht geknickt. Meliodas nickte. Elli betätigte die Klingel und Sekunden später sprang das Tor automatisch auf. Sie ging hindurch. Bevor sich das Tor wieder schloss, schaute sie zu Meliodas zurück. Er stand noch da und winkte ihr lächelnd hinterher. Sie lächelte zurück und dann ging das Tor zu. Das Haus vor dem sie stand, war im Stil antiker chinesischer Architektur errichtet worden und war mehr ein Palast als ein Haus. Es umfasste drei Stockwerke und hatte um die hundert Zimmer. Das Haus war bestimmt das einzige Gebäude in der ganzen Stadt in dieser Bauweise. Ihr Onkel liebte die asiatische Kultur, auch wenn er selbst aus Britannia war und noch nie in Asien war. Drinnen herrschte wahres Chaos. Anscheinend hatte Ellis Onkel am Vorabend eine große Party gefeiert. Überall lagen leere Flaschen und Betrunkene auf dem Boden. Elli stieg über die Schnapsleichen hinweg und bekämpfe ihr Verlangen zu putzen. Ihren Onkel fand sie schließlich im großen Saal. Er war vollständig angezogen auf dem Boden eingeschlafen und hielt sogar noch eine Bierflasche in der behandschuhten Hand. Darüber hatte sich Elli immer gewundert. Selbst im heißesten Sommer trug er immer Handschuhe und lange Kleidung. Elli ging zu ihm hin und rüttelte ihn an der Schulter. „Onkel Zaratras, bitte wach auf." Verschlafen öffnete er ein Auge und streckte sich. Während er sich über die Augen rieb murmelte er: „Elli, meine süße kleine Elli. Was machst du hier?" „Onkel, ich muss dich dringend sprechen." Erst jetzt sah er Elli richtig an. Als er den Verband und die Würgemale erblickte, war er auf einmal hellwach. Er sprang auf. „Was ist mit dir geschehen? Wer hat dir das angetan???" Er packte sie bei den Schultern. „Bitte beruhige dich. Es geht mir gut. Ich… ich wurde angegriffen", sagte sie. „Angegriffen? Von wem?" „Das ist es ja, weswegen ich mit dir sprechen muss. Er trug eine Jacke mit... mit eurem Symbol darauf." Sie deutete auf das Emblem am Kimono von Zaratras. Es zeigte eine Viper mit aufgerissenem Maul, bereit zum Sprung. Ellis Onkel riss die Augen auf. „Was sagst du da? Bist… Bist du sicher?" Er packte sie erneut an den Schultern, diesmal fester und sah ihr ernst und tief in die Augen. „Hat er dich verletzt?" „Onkel, du tust mir weh." „Oh, Entschuldigung." Er ließ sie los. „Nein, er hat mich nicht verletzt. Ich habe ein paar blaue Flecke, sonst nichts. Er…" Elli brach ab und schüttelte den Kopf. ‚Das habe ich mir bestimmt eingebildet. Die Zähne, seine Augen, seine eiskalte Haut und das er sich zu meinem Hals beugte…‘, dachte sie. „Bist du sicher?" Zaratras sah sie besorgt an. „Ja, ich bin sicher. Hast du eine Ahnung wer es gewesen sein könnte?" Seine Miene verdunkelte sich. „Allerdings. Einer unserer Leute ist vorletzte Nacht verschwunden - Alioni. Wir vermuten er ist abtrünnig geworden. Womöglich war er es." Er ballte die Faust. „Dieser Mistkerl! Mach dir keine Sorgen, Elizabeth, ich werde ihn finden und ihn zur Rechenschaft ziehen. Er wird dir nie wieder etwas antun!" Elli fühlte sich erleichtert. Sie wusste auf ihren Onkel, so verrückt er auch war, konnte sie sich verlassen. Die Angst, die seit gestern tief in ihrer Brust saß, löste sich etwas auf. „Aber bitte Onkel, bitte… tu ihm nicht weh! Er sah... verwirrt aus. Nicht bei Sinnen. Er wollte das vielleicht gar nicht…!" „Ach Elli", ihr Onkel seufzte. „Du bist echt zu gut für diese Welt! Jetzt ruh dich noch etwas aus. Du siehst blass aus. Dein altes Zimmer sollte von dem Chaos hier", er deutete mit einer Handbewegung auf die Partyreste, „unberührt geblieben sein." Elli nickte. Ihr Kopf schmerzte und sie sehnte sich nach ihrem Bett. Sie nahm die Treppe zum ersten Stock. Unwillkürlich musste sie an die Zeit zurückdenken als sie noch hier wohnte. Es war eine schöne Zeit gewesen. Ihr Onkel Zaratras war immer gut gelaunt und seine Gefolgsleute waren immer freundlich und zuvorkommend zu ihr gewesen. Sie erreichte ihr Zimmer und ließ sich mitsamt ihrer Kleidung auf das Bett fallen. Fast augenblicklich war sie eingeschlafen. Nachdem Elli gegangen war, löste sich ein Schatten aus der Ecke. „Ban, hast du nicht gesagt, dass du auf sie aufpasst!?" Zaratras lief rot an vor Wut. „Du bist schuld, dass ihr das zugestoßen ist!" Er ging mit erhobenem Finger auf Ban zu. „Wenn er sie gebissen hat, dann Gnade dir Gott!" Er funkelte Ban an. Dieser stand schuldbewusst vor ihm. „Es tut mir leid, ich… ich habe nur einen Moment nicht hingesehen. Sie war bereits außerhalb unseres Bezirks und bevor ich bei ihr war, kam da dieser Typ…!" „Wer?" „Es war dieser Meliodas. Er hat ihn von ihr weggeholt und sie gerettet." „Meliodas? Na, das wird ja immer besser…. Hast du sehen können, ob es wirklich Alioni war, der sie angegriffen hat?“ Ban schüttelte den Kopf. „Ich war zu weit weg. Schließlich konnte ich nicht riskieren entdeckt zu werden. Schon gar nicht von Meliodas.“ Zaratras seufzte. „Du wirst zu ihr gehen und herausfinden, was sie weiß und ob Alioni sie gebissen hat." „Ich? Aber… Kann das nicht Howzer machen? Ich bin sicher sie wird ihm eher erzählen was passiert ist. Sie sind schließlich Freunde. Mich…", er ballte die Fäuste, „mich kennt sie nicht", presste er hervor. Zaratras sah ihn von der Seite aus an. Eine Spur Mitleid, aber auch Verachtung lagen darin. „Und wessen Schuld ist das?" fragte er. Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr Zaratras fort. „Howzer ist nicht hier. Deshalb wirst du gehen." Ban gab sich geschlagen, verbeugte sich und ging. Elli erwachte am frühen Nachmittag. Sie fühlte sich noch schwach, konnte aber nicht mehr schlafen. Sie hatte von dem Angriff geträumt und konnte das Bild dieser unheimlichen Augen nicht verdrängen. Sie stand auf und ging zu ihrem Spiegel. Sie betrachte sich und vor allem ihren Hals. Es sah schlimm aus. Ihr fiel ein, dass sie noch ein Tuch in ihrer Kommode hatte. Sie suchte es heraus und legte es sich um den Hals, um die Male zu verstecken. Anschließend trat sie aus ihrem Zimmer. Im Haus war alles ruhig. Sie ging nach unten zu dem Garten, den ihr Onkel so sehr liebte. Sie setzte sich an den Rand der überdachten und höher gelegenen Veranda. Auch sie fand den Anblick des Zen-Gartens beruhigend und hatte schon so einige Stunden mit dessen Pflege verbracht. Wasser plätscherte von Steinen in den kleinen Teich. Die Szene wirkte ruhig und friedlich. Gedankenverloren schaute sie vor sich hin. ‚Meliodas… ob ich ihn wohl wiedersehen werde?‘ Sie hatten sich erst vor kurzem kennengelernt und wenn die Leute erfuhren wer Ellis Onkel war, nahmen sie meistens furchtsam Abstand. Elli dachte daran wie sie Meliodas das erste Mal begegnet war und er sofort mit ihr zu flirten begann. Er war so unbeschwert und frech, ganz anders als Elli. Und wieder war da dieses Gefühl. Ihr Herz schlug beim bloßen Gedanken an Meliodas schneller und sie musste unwillkürlich lächeln. Ob er auch, nachdem er wusste wer ihr Onkel war, noch mit ihr ausgehen würde? „Hallo", sagte eine Stimme plötzlich. Erschrocken sah Elli auf. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht gemerkt hatte, dass jemand nähergekommen war. Vor ihr stand ein großer junger Mann mit grauen Haaren. „Hallo", erwiderte Elli. „Darf ich?" Er zeigte auf den Platz neben Elli. Sie nickte. „Verrückter Tag, oder?" Er lächelte und fügte hinzu: „Ich habe von deinem Onkel gehört, was passiert ist." „Ja, das kann man so sagen" antwortete Elli. Sie schwiegen einen Moment. „Bist du neu?", fragte Elli schließlich. „Ich bin ab und zu mal hier und habe dich noch nie gesehen." Er kratze sich verlegen an der Wange. „Ich bin neu", log er und ergänzte: „Ich bin Ban." Elli lächelte ihn an. „Ich bin Elizabeth. Freut mich dich kennen zu lernen!" Er lächelte sanft zurück. „Und... wirst du eine Weile hierbleiben? Hier ist es sicherer als alleine da draußen." Elli sah auf den Garten und den hohen Zaun. Ban beobachtete sie möglichst unauffällig aus dem Augenwinkel. „Ich weiß nicht. Ich denke nicht. Ich möchte niemandem zur Last fallen." Sie plauderten ein wenig und Ban berichtete von der wilden Party vergangene Nacht. Danach saßen sie noch eine Weile schweigend auf der Veranda. „Vermisst du es manchmal, hier zu wohnen?“, fragte Ban unvermittelt. „Woher weißt du, dass ich hier gewohnt habe?“, fragte Elli misstrauisch zurück. Sie hatte gerade über das kaputte Auto nachgedacht und wie sie ohne zurechtkommen würde. Ban lachte kurz auf. „Jeder, der hier wohnt, weiß das. Der Boss erzählt ständig davon.“ Elli wurde rot. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass ihr Onkel von ihr erzählte. Der Großteil der Gang wohnte hier mit im Haus, also wusste es die ganze Gang. „Was erzählt er denn so?“, fragte Elli möglichst unauffällig. Ban lachte erneut und rang förmlich um Luft, als er erzählte: „Davon, wie du allen die Hölle heiß gemacht hast, weil immer alles unordentlich war. Davon, dass du bei einem wichtigen Meeting mit anderen Gangvertretern reingeplatzt bist und ihm vor allen eine Standpauke gehalten hast. Und davon, dass du so ungeschickt bist, dass er alle Wertsachen weggeräumt hat, nachdem du eine Vase aus der Ming Dynastie zerstört hast.“ Ban hielt sich den Bauch vor Lachen und wollte gar nicht mehr aufhören. Elli war das unangenehm, aber Bans Lachen war ansteckend und so konnte sie nicht anders, als mit einzustimmen. „Oh, man! Das ist wirklich peinlich, dass ihr alle davon wisst“, sagte Elli und wischte sich eine Lachträne aus dem Auge. Ban verstummte und sah sie einen Moment nachdenklich an. „Ich glaube, er vermisst dich und deine Schwester sehr.“ Elli schaute hinaus auf den Teich. „Ich vermisse ihn auch“, gestand sie schließlich. „Onkel Zaratras hat uns immer behandelt als wären wir seine eigenen Kinder und nicht seine Nichten. Er war immer gut zu uns und hat uns jeden Wunsch gewährt. Er hat uns nicht einmal merken lassen, wie traurig er über den Tot seines Bruders war. Einmal… Einmal wurde ich nachts wach und als ich an seinem Zimmer vorbei kam, habe ich ihn klagen und weinen gehört. Aber am nächsten Morgen war er gut gelaunt wie immer. Ich… Ich bin mir sicher, dass er meinen Vater genauso sehr vermisst wie ich.“ Ban sah ebenfalls gedankenverloren in den Garten. „Ich bin sicher, wenn du und deine Schwester wieder einziehen würdet, dann wäre das Boss ganz aus dem Häuschen“, sagte er schließlich. „Ihr seid seine einzige Familie, für ihn ist es eine Freude euch hier zu haben und keine Bürde. Auch…“, er begann wieder zu lachen, „auch wenn er dann wieder seine Vasen verstecken müsste.“ Elli schmunzelte und dachte über Bans Worte nach. So hatte sie es noch nie gesehen. Sie war immer davon ausgegangen, dass Zaratras seine Gang-Mitglieder hatte und nie allein war. Elli dachte, dass sie ihm nur zur Last fallen würde als eine weitere Person, die er ernähren musste. Aber Ban hatte Recht. Sie waren seine Familie; die konnte man nicht so leicht ersetzen. Die Sonne ging langsam unter und die wärmenden Sonnenstrahlen verschwanden. Elli fror. „Nun, ich werde mich langsam auf den Weg machen. Hab Dank für deine Gesellschaft, Ban." Sie stand auf und spürte sogleich, wie ihre Beine sie nicht tragen wollten. Erneut wurde Elli schwarz vor Augen. ‚Oh, nein. Nicht schon wieder‘ dachte sie noch, bevor sie das Bewusstsein verlor. Als Elli langsam wieder zu Bewusstsein kam, hörte sie Wasser rauschen. Sie hielt ihre Augen geschlossen und spürte wohlige Wärme und dass sie nicht allein war. Erschrocken öffnete sie die Augen: Sie stand unter der Dusche und Ban hielt sie fest im Arm. Ihr Kopf ruhte an seiner nackten Schulter. Sie spürte wie er sie ganz fest hielt, als wäre sie das Kostbarste auf der Welt. Ihr Herz begann wie wild zu schlagen. „Bist du wach?" fragte er. „J-ja" antworte Elli verlegen. Sie traute sich nicht sich zu bewegen. „Gut. Du bist umgekippt. Du warst eiskalt und hast am ganzen Leib gezittert. Deshalb habe ich dich unter die Dusche gebracht. Da du nicht stehen konntest, bin ich mit." Elli nickte unmerklich, ob dieser durchaus glaubwürdigen Begründung. Es war seltsam. Sie stand hier mit diesem fremden Mann so nah zusammen. Und es fühlte sich so gut an! Anstatt sich von ihm zu lösen, schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter. Es fühlte sich richtig an – als würde ihr Kopf dorthin gehören. Alles wirkte warm und vertraut. So wohl und geborgen hatte sie sich lange nicht gefühlt. Sie stellte sich auf Zehenspitzen und legte ihre Arme um Bans Hüfte. Er schien sie noch fester zu umarmen. „Es ist seltsam. Es fühlt sich an, als würden wir uns schon ewig kennen", gestand Elli. Erst jetzt bemerkte sie, dass er nur noch seine Hose trug und dass sie in Unterwäsche war. Aber das war ihr egal. Nur noch ein kleines Bisschen wollte sie diesen Moment genießen. Sie sah zu Ban auf, in der Hoffnung er würde ihre Worte erwidern. Sie sahen sich tief in die Augen. Ihr Gesicht war so nah an seinem…. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Lippen von seinen. Elizabeth spürte wie ihr Herz sich förmlich überschlug. Statt zu antworten, fragte Ban: „Du hast den Angreifer gesehen, oder nicht?" „Ja, habe ich. Er hatte dunkelblondes Haar, ein hübsches Gesicht und er trug ein Armband aus Holz.“ „So eins?“, fragte Ban und zeigte ihr sein Handgelenk. Er trug ein ebensolches Armband wie der Angreifer. Elli nickte bestätigend. Ban seufzte betrübt. „Dann war es wirklich Alioni.“ „Du kennst ihn?" „Ja." „Ist er ein Freund von dir?" „Er ist mehr als das." Ban sah unendlich traurig aus. Elli löste sich von ihm. „Mehr als das? Heißt das… du magst ihn?" Ban wurde rot und schaute verlegen zu Boden. „Oh, wie schön." Freudig klatsche Elli in die Hände. „Es ist wirklich wundervoll jemanden gefunden zu haben, den man liebt!" Zerknirscht schaute Ban sie an. Sein Blick drückte unendliche Qual aus. „Oh, es tut mir leid. Wie dumm von mir. Er… er ist abtrünnig geworden." Ban nickte. „Ja, aber ich weiß nicht was passiert ist." Er ballte die Faust. „Was wirst du jetzt tun?" „Ich werde ihn finden und herausfinden was passiert ist. Es", er sah Elli an, „es tut mir wirklich leid, dass er dich angegriffen hat." „Aber nicht doch. Bitte entschuldige dich nicht bei mir. Du kannst doch nichts dafür. Ich weiß zwar nicht, warum sich Alioni von 'Black Viper' abgewendet hat und mich angegriffen hat, aber er ist bestimmt ein guter Mensch ist. Schließlich hat mein Onkel ihm vertraut und du bist mit ihm zusammen." Ban lächelte flüchtig. „Wir sollten uns wieder anziehen." Elli nickte und stieg aus der Dusche. „Bis dann", sagte Ban, schnappte sich ein Handtuch, strich Elli kurz über den Kopf und verließ das Bad. Elli setzte sich erschöpft auf den Boden. Sie fühlte sich, als hätte sie zwei Tage nicht geschlafen. So viel war in so kurzer Zeit passiert. Der Überfall, der Unfall, Meliodas und nun auch noch Ban. Was war das? Wenn Sie an Meliodas dachte, machte ihr Herz einen Hüpfer und ihr Bauch begann zu kribbeln. Beim Gedanken an ihn musste sie lächeln. Beim Gedanken an Ban wurde ihr ganz warm ums Herz. Was war das nur? Sie konnte sich das Gefühl nicht erklären und woher diese plötzliche Vertrautheit kam. Sie dachte an die Szene in der Dusche und wurde rot. ‚Oh weh, was habe ich nur gemacht? Noch nie war ich einem Mann so nah! Aber… er ist mit Alioni zusammen….‘ Ihr wurde schwer ums Herz. ‚Was auch immer das für ein Gefühl ist, ich muss es in mir verbergen. Schließlich hat er nicht gesagt, dass es ihm auch so ergeht. Dass er mich so fest umarmt hat, habe ich mir bestimmt eingebildet. Außerdem steht er auf Männer….‘ Sie schüttelte entschlossen den Kopf. ‚Reiß dich zusammen Elli. Du kennst ihn gar nicht!‘ Sie wischte sich kurz über die Augen, stand auf und nahm sich Handtücher. Abgetrocknet und in die Handtücher gewickelt, machte sie sich auf den Weg in ihr Zimmer. Zum Glück hatte sie dort immer ein paar Kleidungsstücke in Reserve. Sie hatte sich gerade angezogen, als sie in der Ferne eine Stimme vernahm. ‚Das klingt wie…!‘ Sie eilte zum Fenster und öffnete es. Sie lauschte kurz. Dann hörte sie die Stimme erneut. „Elisabeth!", ganz leise in der Ferne. ‚Meliodas!‘ All die Erschöpfung, Verwirrung und Angst wichen augenblicklich purer Freude. ‚Er ist noch hier! Er sucht nach mir!‘ Gerade als Elisabeth den Mund zu einem Ruf öffnen wollte, stürmte Ban in ihr Zimmer. „Ban!" rief Elli überrascht. Er trug neue, trockene Kleidung und hatte wie ihr Onkel Handschuhe an. „Was?", begann sie, konnte die Frage jedoch nicht zu Ende bringen, da sie Ban am Arm packte. Er sah sie aufgebracht an. Wieder hörte man Meliodas rufen. Ban schaute kurz zum Fenster, dann zu Elli. „Bevor er dich mitnimmt, musst du mir noch erzählen, was genau passiert ist. Bitte, jedes Detail ist wichtig!" „O-Okay", erwiderte Elli. Ban schloss das Fenster. Er nahm Elli bei der Hand und zog sie in Richtung Bett. Sie setzten sich darauf. Ban sah Elli fordernd an. „Also?" „Ähm ja, also ich war auf dem Weg zu einer Verabredung mit...." Nachdem was im Bad geschehen war, fühlte es sich falsch an, von einem Date mit einem anderen Mann zu berichten. „…einer Verabredung mit Meliodas." Sie schaute vorsichtig in Bans Gesicht. Er verzog keine Miene. Er wirkte eher kalt und abweisend. ‚Was? Was ist passiert? Er sieht so anders aus als noch gerade eben. Wo ist die Zärtlichkeit in seinem Blick hin? Habe ich mir das nur eingebildet?‘ Ban seufzte und verdrehte die Augen. „Elli, bitte, wir haben wenig Zeit." „Ja, du hast Recht. Entschuldige. Während der Fahrt hörte ich einen lauten Knall auf dem Dach und plötzlich brach das Fenster." Elli stockte kurz. Vor ihrem geistigen Auge spielte sich das Erlebte erneut ab. Ban schaute sie auffordernd an. „Er… Alioni… packte meinen... meinen Hals." Elli griff sich an ihren Hals, wo sie noch immer die Male hatte. Ban presste die Lippen zusammen. „Seine Hände waren eiskalt. Und seine Augen waren… tiefschwarz und so voller Gier und… leer. Vollkommen ohne Gefühl. Ich konnte nicht schreien oder mich wehren. Ich war... völlig wehrlos." Elli konnte die Tränen nicht länger unterdrücken. Sie fühlte sich so hilflos und nutzlos. „Dann krachte das Auto irgendwo dagegen. Ihm… ich meine Alioni, hat der Aufprall gar nichts ausgemacht. Er umklammerte wieder meinen Hals und… ich glaube er wollte mich beißen. Er hatte solche spitze Zähne... Ich weiß das klingt total verrückt, aber ich glaube er... er ist ein Va... " Elli brach ab und schüttelte den Kopf. „Ach, vergiss das. Das ist totaler Unsinn" Noch immer rannen Tränen über ihr Gesicht. Ban hob seine Hand und strich ihr sanft über die Wange. Ellis Herz begann wieder wie wild zu schlagen und sie sah ihm in die Augen. Schnell zog er seine Hand wieder weg. Aber für einen Moment hatte er sie wieder so sanft und liebevoll angesehen. ‚Aber wie kann das sein? Er und Alioni sind doch...‘ „Elli", setzte er an, doch von draußen erscholl erneut Meliodas’ Ruf. Es klang, als würde er direkt unter ihrem Fenster stehen. Elli riss sich von Ban los und stand auf. „Meliodas!" rief sie und ehe sie darüber nachgedacht hatte, lief sie aus dem Zimmer und die Treppe herunter. Sie hörte wie Ban ihr hinterherlief. Sie kam zur Veranda auf der sie heute Nachmittag mit Ban gesessen hatte. Dort im Garten stand Meliodas. Wie die letzten Male machte ihr Herz einen Hüpfer. „Meliodas!" Er drehte sich zu ihr um und lächelte. Sie wollte gerade auf ihn zugehen, als jemand an ihr vorbeilief und sich vor Meliodas aufbaute. Es war Ban. „Was willst du hier? Du hast hier nichts zu suchen." Elizabeth schaute verwundert auf die Szene, die sich ihr bot. Die beiden starrten sich an. Die Spannung war so groß, dass die Luft fast vibrierte. ‚Was hat das zu bedeuten? Kennen sich die beiden etwa? Meliodas Gesichtsausdruck… er sieht so zornig aus. Ich hätte nie gedacht, dass dieser gütige und freundliche Mann so aussehen kann.‘ Besorgt schaute Elli zwischen den beiden hin und her. „Ich bin hier, um zu sehen, ob es Elizabeth gut geht und ihr sie nicht…" Er machte eine vielsagende Geste auf Ban. „Es geht mir gut", warf Elli ein und ging einen Schritt auf Meliodas zu. Sie hoffte die Anspannung lösen zu können. „Ich bin hier bei meinem Onkel, ich bin hier sicher. Du musst dir keine Sorgen machen." Meliodas lächelte gelöst. „Du warst so lange hier und kamst nicht mehr heraus." „Es ist alles gut" versicherte Elli erneut. Sie ging zu Meliodas hin und ergriff seine Hände. „Siehst du? Alles in Ordnung." Sie lächelte ihn an. Meliodas lächelte erleichtert zurück. „Okay, dann lass mich dich jetzt nach Hause bringen." Elli nickte. Hand in Hand gingen sie zum Tor. Bevor sie außer Sichtweite waren, fiel Elli ein, dass sie sich nicht von Ban verabschiedet hatte. Sie drehte sich zu ihm um. Er stand noch an Ort und Stelle und sah ihnen hinterher. Seinen Gesichtsausdruck konnte sie nicht deuten. Sie winkte ihm zum Abschied zu, doch er drehte sich einfach um und ging ins Haus. Bevor sie sich darüber Gedanken machen konnte, hörte sie Meliodas fragen: „Wo wohnst du?" Sie wandte sich zu Meliodas. „Ganz in der Nähe. Wir können laufen.“ Nachdem sie ein Stück gegangen waren, fragte Meliodas: „Hast du etwas über den Angreifer herausfinden können?“ „Ja, er ist wohl ein ehemaliges Mitglied von 'Black Viper'.“ Meliodas sah sie besorgt an. Elizabeth entging der Blick nicht. „Hat dein Onkel denn eine Ahnung warum er ausgerechnet dich angegriffen hat? Gab es Streit?“ „Nein“, sagte Elli kopfschüttelnd. „Zumindest hat mein Onkel nichts erwähnt. Er wirkte sehr bestürzt und hat gesagt, dass sie Alioni – so heißt er – suchen werden.“ Meliodas nickte. Es war schon Besorgnis erregend, dass ein Bandenmitglied die Vipers verlassen hatte und auch noch die Nichte vom Boss angriff. Eine konkurrierende Bande gab es in der Stadt nicht, wusste Meliodas. So würde es immerhin nicht auf einen Bandenkrieg hinaus laufen. „Schade, dass aus unserem Date nichts geworden ist“, sagte Meliodas unvermittelt. Das hatte Elli bei der ganzen Aufregung ganz aus den Augen verloren. „Das stimmt“, pflichtete Elli ihm bei. Es war kurz still. Elli hatte sich schon so auf das Date gefreut. Jetzt wollte sie erst recht mehr über ihren Lebensretter erfahren. Je näher sie Elizabeths Wohnung kamen, desto mulmiger wurde ihr. Sie hatte es vorher nicht bemerkt, aber sie hatte Angst davor allein zu sein. Was, wenn der Angreifer zurückkam? Was wenn sie kein zufälliges Opfer war, sondern gezielt angegriffen wurde, weil sie war wer sie war? Jemand wie Alioni, der auf ein fahrendes Auto springen konnte, konnte bestimmt mit Leichtigkeit in ihre Wohnung eindringen… Inzwischen waren sie vor dem Appartement-Haus angekommen, in dem Elli wohnte. „Ähm… willst du mit raufkommen?" fragte Elli und eine leichte Röte schlich sich auf ihr Gesicht. „Ich könnte uns etwas kochen und wir könnten das Date nachholen….“ Normalerweise fragte Elli keinen Mann mit zu ihr herauf zu kommen, den sie kaum kannte. Aber schließlich hatte Meliodas sie gerettet und sie wollte nicht allein sein. Meliodas grinste verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. „Das würde ich wirklich gern, aber ich habe leider noch etwas vor." „Ver-verstehe. Da kann man nichts machen." Enttäuscht ließ Elli den Kopf hängen. „Wie wäre es denn mit morgen?", fragte Meliodas. „Morgen? Sehr gern!" Elli konnte ihr Glück kaum fassen. Sie wollte so gern mehr Zeit mit Meliodas verbringen. „Gut", sagte Meliodas. „Dann hole ich dich morgen Nachmittag um drei hier ab." „Ist gut", sagte Elli. Mit einer kurzen Umarmung verabschiedeten sie sich und Elli ging in ihre Wohnung. Zaratras saß auf einem Sessel in dem inzwischen leeren Saal. Gedankenverloren stütze er den Kopf auf eine Hand auf. Als Ban hereintrat, blickte er auf. „Und?", fragte er Ban erwartungsvoll. Ban blieb vor dem Sessel, den Zaratras liebevoll seinen Thron nannte, stehen. „Sie kann sich an den ganzen Vorfall erinnern, sie konnte Alioni identifizieren und sie weiß es." Zaratras Augen weiteten sich. Ban fuhr fort: „Sie hat es zwar nicht ausgesprochen und es als unmöglich abgetan, aber ich bin sicher, dass sie, wenn sie noch weiter darüber nachdenkt, darauf kommen wird." „Verdammt!", stieß Zaratras ärgerlich aus. „Und, hat er sie gebissen?", drängte er weiter. „Ich habe ihren Körper untersucht und konnte keine Bisswunde entdecken." Verlegen schaute Ban zur Decke. Nicht jeden Tag untersucht man den Körper der Nichte des Bosses. Dieser schien Bans Gedanken zu erraten. „Soso, sei froh, dass ich so erleichtert bin, dass sie nicht gebissen wurde, dass ich nicht weiter nachfragen werde." Ban nickte. „Du wirst sie weiter überwachen. Vielleicht schaffst du es ja diesmal sie zu beschützen", wies Zaratras an. „Mit Verlaub, Boss. Ich würde lieber nach Alioni suchen. Schließlich kenne ich ihn am besten und dieser Meliodas ist bei Elizabeth. Er hat mich gesehen und wird mich bemerken, wenn ich Elizabeth überwache." Zaratras dachte einen Moment darüber nach. „Wahrscheinlich hast du Recht. Dann übernimm du die Suche nach Alioni. Nimm Jericho und Gustav mit. Findet ihn, bevor er noch jemanden verletzt. Wir müssen ihn fangen und ihn wieder zur Vernunft bringen." „Jawohl", antwortete Ban, verbeugte sich und ging. Zaratras ließ Slater und Griamore rufen. Beide waren sie gute Kämpfer von 'Black Viper', aber vor allem waren sie gute Beschützer. Mit Leichtigkeit waren sie in der Lage Elizabeth aus einer Notsituation zu ihm zu bringen. Also beauftragte er sie mit der Bewachung von Elizabeth. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)