Evan + Adam von irish_shamrock (#dream a little dream of you - FW 2o2o für Idris) ================================================================================ Kapitel 4: 4. Der Kellner ~ LOCKDOWN – WAS NOCH KOMMEN WIRD ----------------------------------------------------------- 4 Der KELLNER LOCKDOWN – WAS NOCH KOMMEN WIRD Die Nacht war kalt und die Straßen glänzten von der Nässe, die der Tag mit sich gebracht hatte. Evan schlug den Kragen des wollenen Wintermantels auf und trat auf den Gehweg. »Das ganze Drama tut mir leid.« Er stutzte, als er die ihm bekannte Stimme wahrnahm und bog zur Herzseite ab. Da stand er, Adam, unter dem Baldachin eines kleines Geschäfts, keine zwei Meter entfernt. »Meine Mutter ist eine ganz furchtbare Person«, sprach er und es schien, als warte er, dass Evan auf ihn zukam. Dieser haderte mit sich. All diese kleinen Begegnungen der letzten Jahre hatten es ihm nicht erleichtert, der Schmach zu entkommen, in der er sich vor Jahren hineinmanövrierte. »Und ich dachte, du verkehrst nicht mit älteren Frauen«, rief Evan ihm über dem Lärm New York Citys hinweg zu. »Ältere Frau?«, schnaufte Adam und schüttelte den Kopf. Das Haar wurde ihm, trotz des vermeintlich noch jungen Alters, bereits etwas grau. Doch vielleicht trübte das Erscheinen des Mannes, der ihm zu lang schon schlaflose Nächte bescherte, nur seine Wahrnehmung und ganz bestimmt waren die vielen Lichter der Stadt Schuld an seinem Verdacht. »Dir durfte nicht entgangen sein, dass es sich bei ihr um meine Mutter handelt. Sie mimt gern die Kritikerin, eine Eigenart, die sie meiner Schwester vererbt hat«, erklärte Adam und hauchte in die Hände, um die feuchte Kälte aus den klammen Fingern zu vertreiben, die diese Februarnacht mit sich trug. »Du hast Pauline einen ziemlichen Schrecken eingejagt«, gab Evan zurück und trat auf ihn zu. Adam verdrehte die Augen. »Sie ist nachtragend, aber auch das wird vergehen.« »Deine Mutter hat mich fast den Job gekostet und eigentlich bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich morgen auch noch einen habe.« Evan schmälerte den Blick. Auch wenn Adam ihm das Herz noch immer aus dem Tritt brachte, so war sein Leben einer anderen Richtung gefolgt. Etwas, das Evan selten sah, zeigte sich auf dem kantigen, schroffen Gesicht seines Gegenübers. Bedauern. »Ich wusste nicht, dass du hier arbeitest. Evan, ich ...«, begann Adam. Doch Evan hob abwehrend die Hände. »Das konntest du nicht. Auch wenn Pauline aus dem Nähkästchen geplaudert hätte ...« Adam hob eine Augenbraue. »War das nicht ihr erster Tag?« Bejahend, doch mit bekümmerte Miene, nickte Evan. »Aber das war wahrscheinlich ihr letzter, so, wie diese Szenen auf Außenstehende gewirkt haben mussten. Deine Mutter hat ein sehr … extrovertiertes Auftreten, das muss man ihr lassen. Vermutlich hast du das von ihr.« Leise schnaubte Adam. »Du wärst nicht der Erste, der das sagt.« »Adam?« Victoria suchte den Gehsteig nach ihm ab. Pauline folgte ihr, wenngleich ihr Gesicht alles andere als Wiedersehensfreude zierte. »Ich bin hier, Vic«, rief er ihr zu. Victoria schnaufte entrüstet und kam, keine Armlänge entfernt, zum Stehen. »Dass ich Ihnen solch einen Abend beschert habe … Bitte verzeihen Sie. Evan, richtig?« Dieser bejahte mit einem hölzernen Kopfnicken. Erleichterung erfasste die Dame. »Huh, gut. Wissen Sie, ich kann mir Namen kaum merken.« Adam und Pauline stießen belustigte Laute aus. »Kein guter Zug, wenn du dir erlaubst, das Essen anderer auf bestialische Weise auseinanderzunehmen, Mutter.« Paulines Rache, dessen war sich Evan sicher. Irritiert lauschte Evan dem Schlagabtausch. Pauline bemerkte seinen Blick und setzte ihn ins Bild: »Mom kennt jedes Gericht, das sie je probiert hat, nur die Namen ihrer Mitmenschen bereiten ihr Probleme.« »Ein Wunder, dass sie sich unsere gemerkt hat. Oder hast du uns als Babys Post-Its auf die Stirn gepappt?« Nun war es an Adam, Salz in die offene Wunde zu streuen, doch Victoria winkte die Worte ihrer Kinder ab. Dann wandte sie sich Evan zu. »Das habe ich tatsächlich.«, gab sie mit einem zwinkernden Lächeln preis, das Evan nur noch mehr verwirrte. »Sind Sie aus diesem Grund so gefürchtet? Unter den Restaurantbetreibern, meine ich. Nicht das mit den Klebezetteln«, murmelte Evan. Victoria lachte auf. »Ich bin berüchtigt?« Adam seufzte. »Lass dich von ihrer fadenscheinigen Entrüstung nicht beeindrucken. Sie weiß genau, was du meinst.« »Nun, meiner Chefin haben Sie ziemlich Dampf gemacht«, erklärte Evan. »Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nur einen netten Abend mit meinem Sohn verbringen.« Victoria tat, als sei sie die Unschuld in Person und ignorierte das energische Räuspern ihrer Jüngsten, die pikiert die Arme verschränkte. »Ein klasse Auftritt, Mom. Können wir jetzt nach Hause?« Pauline schmälerte den Blick und taxierte die Frau vor sich. Ergeben kam Victoria dem Wunsch ihrer Tochter nach, doch dann wandte sie sich abermals Evan und Adam zu. »Wollen Sie uns nicht begleiten? Pauline erwähnte, dass Sie sich ihrer angenommen hätten, da gebietet die Geste des guten Willens, wenn ...« »So gern ich ihrer Einladung nachkommen würde, es geht nicht.« Evan zwang sich ein Lächeln auf. Victoria neigte fragend den Kopf. »Wie schade. Dann wartet sicherlich jemand auf Sie?« Knapp nickte Evan. Pauline warf einen Blick auf ihren Bruder, dessen Miene jedoch ausdruckslos blieb. Nicht einmal ihr kleiner Stoß in die Rippen konnte Adam dazu bewegen, einen Ton von sich zu geben. So begab sich das Trio in Richtung Subway, während Evan einen anderen Weg einschlug. Erschrocken fuhr er zusammen, als jemand am Ärmel seines Mantels zupfte. Evan wandte sich dem Angreifer zu und war geneigt, diesen verbal und wenn vonnöten, auch ohne Worte in die Flucht zu schlagen, doch seine Attacke verlor sich im Nichts. »Bist du wahnsinnig!«, herrschte er und entwand sich dem Griff. »Ganz ruhig!« Beschwörend hob Adam die Hände. Keuchend rang Evan nach Luft, zwang Herz und Puls zu Ruhe. Verständnislos starrte er in die grauen Augen seines Gegenübers. »Pauline hat mich gebeten, dir zu folgen«, spie er aus und erntete ein irritiertes Kopfschütteln. »Hat sie das?« Evans Augenbraue wanderte empor. »Und wenn sie sagt, stürz' dich vom Empire State Building, dann ...« »Hey, jetzt sei nicht albern«, knurrte Adam leise. Abwartend verschränkte Evan die Arme vor der Brust. Adam seufzte. »Wir hatten beide keinen guten Start, findest du nicht?« »Wenn du heute Abend meinst, nein«, stimmte Evan zu. Leise lachend schüttelte Adam den Kopf. »Unsere Starts sind wohl nie gut, was, Evan?« Dieser schwieg und schmälerte den Blick. Statt entschuldigender Worte, fuhr Adam unbeirrt fort: »Wartet zu Hause wirklich jemand auf dich?« »Wäre es so eine große Überraschung für dich, wenn ich ja sage?« Allmählich verlor Evan die Geduld. »Ich wollte nicht -«, begann Adam, doch Evan gebot ihm, still zu sein. »Willst du nie, oder Adam?« Nun war es ihm, leise zu lachen. »Mich küssen, anfassen oder neben mir liegen. Selbst die Nacht vor drei Jahren bezeichnest du als Ausrutscher. Du willst dein Vergnügen und nimmst an, dass es anderen ebenso ergeht. Aber das ist nicht immer der Fall.« Adam lauschte den Worten. »Und warum lässt du dich dann immer wieder auf mich ein?« »Weil ich ein Vollidiot bin und mir selbst etwas vormache.« Es war kein Lächeln in der Stimme, auch die Scheu, die ihm immer wieder ein Bein stellte, war verflogen. »Wir können Freunde bleiben und uns gern auf einen Drink treffen, doch das, was zwischen uns ist, oder auch nicht ist, tut uns beiden nicht gut.« Fragend hob sich Adams Augenbraue gen Himmel. »Siehst du das so?« »Siehst du das anders?« Evan neigte den Kopf. »Du hast nie Anstalten gemacht, etwas ändern zu wollen, geschweige denn dazu zu stehen, was du fühlst. Weil es dir gefällt, dass du dir mehrere Optionen offenhalten kannst. Du bist wie ein Schmetterling, der von Blüte zu Blüte fliegt, aber immer mit der Angst, etwas zu verpassen, oder dass ihm etwas entgeht, das vielleicht schillernder, prickelnder ist als das, was vielleicht zwischen zwei Menschen passieren kann. Und das ist in Ordnung. Ich verstehe das, auch wenn der Ausdruck auf deinem Gesicht mir sagt, dass du mir kein Wort glaubst.« Tief sog Adam die angehaltene Luft in seine Lungen, auch wenn diese alles andere als wohlduftend war. Pfeifend und ratternd fuhr die Bahn ein und hielt mit quietschenden Rädern. Doch keiner der beiden rührte sich von der Stelle. Und auch der nächste Zug würde in zwanzig Minuten an ihren vorbeirauschen. Zu Evans Verblüffung wartete keine Cynthia an der Tür, um ihn zu überfallen und mit Fragen zu löchern, welche Prominenz vor wenigen Stunden im Restaurant zu speisen pflegte. Die Wohnung lag dunkel und still vor ihm. Nicht einmal Collin war noch auf, um komplizierte Formeln in den Rechner einzuhacken und Firewalls zu umgehen. Lautlos strich er durch die Wohnung und bemerkte den Lichtschein, der durch die Türritze in den Flur gelangte. Bedächtig schob Evan die Tür auf und schmunzelte. Cynthia lag zusammengerollt wie eine Katze in der Mitte der Matratze, während Collin, neben ihr liegend, die Arme hinter dem Kopf verschränkt an die Decke starrte. »Hey.« Leise um Cynthia nicht zu wecken und doch laut genug, dass Collin ihn hörte, horchte dieser auf, verlegen lächelnd. Collin warf einen Blick neben sich, ehe er sich langsam vom Bett erhob. »Du kommst spät«, sagte er und zog die Tür hinter sich zu. Evan verdrehte die Augen. »Frag nicht!« »So schlimm?« Collin schenkte ihm ein schiefes Grinsen. »Ich wollte euch nicht stören«, murmelte Evan und begab sich in die Küche. »Du weißt doch, wie sie ist.« Mehr als ein Zucken der Schultern hatte Collin nicht als Erklärung parat. »Sie ist vollkommen erledigt und bevor der kleine Quälgeist wieder nach Aufmerksamkeit verlangt, hielt ich es für angebracht, wenn wir einander unterstützen.« Im Türrahmen lehnend beobachtete Collin seinen Mitbewohner, wie dieser im Kühlschrank nach einer Flasche mit klarer Flüssigkeit griff. »Du hast zwar nicht erwähnt, wie schlimm, doch wenn du zur Flasche greifst, muss dich der Tag genauso gerädert haben, wie uns!« Evan huschte zum Küchenschrank und holte zwei Shots hervor. Ohne zu fragen drückte er Collin ein Glas in die Hand und beide kippten schweigend den brennenden Inhalt die Kehlen hinab. »Ihr trinkt? Ohne mich?« Collin fuhr zusammen, als er die Stimme Cynthias hinter sich ausmachte. »Du darfst nicht, Cyn«, gebot ihr Evan und genehmigte sich einen zweiten Shot. »Oje! Das sieht verdammt nach Adam aus. O, bitte sag mir nicht, dass ihr euch schon wieder getroffen habt!« Cynthias Jammern wurde von Collin mit einem Schnauben quittiert. »Evan, wirklich. Jedes Mal, wenn ihr zwei aufeinandertrefft, greifst du zur Flasche.« Tapfer riss sich Evan zusammen, um nicht laut loszulachen. Auch wenn die Müdigkeit an ihnen nagte, so erklärte sich Evan dennoch bereit, den Mitbewohnern von seinem Tag zu berichten. Sowohl Cynthia als auch Collin zeigten sich brüskiert, angesichts des Verhaltens Lydia Masons und deren Vorgehen, Evan zu demütigen. Auch wenn dieser versuchte, das Handeln der Chefin abzumildern, so zeigten sich beide empört. »Du kannst doch nichts dafür, wenn diese Kritikerin in euer Restaurant einfällt und ihre Vormachtstellung missbraucht. Diese ganze Szenerie ist erschreckend verwirrend. Und dann diese Drohung. Lydia kann von Glück reden, dass sie dich hat!«, echauffierte sich Cynthia. »Und dann taucht auch noch Adam auf und rein zufällig lässt sich die kleine Schwester als Köchin anstellen!« »Pauline kann nichts dafür«, schob Evan. »Sie ist macht das großartig.« »Und wenn schon«, zischte Cynthia aufgebracht. »Dieser Lydia möchte ich den ...« »Na na«, mahnte Collin und Cynthia zog sich schmollend in das Polster zurück. »Keine Sorge, Evan, Lydia wird sich hüten, jemanden wie dich auf die Straße zu setzen. Du hast schließlich großen Anteil am Fortbestehen des Restaurants. Und jemanden mit deinen Fähigkeiten lässt sich nicht an jeder Straßenecke finden.« Collins Worte waren beruhigend, auch wenn ihn das Zusammentreffen mit Adam mehr aufwühlte, als es sollte. Evan überließ ihm die Entscheidung, den Weg nach Manhattan einzuschlagen, oder den Zug in die Bronx zu nehmen. Zu Evans Leidwesen erlag der erneuten Hoffnung, auch wenn sich alles in ihm sträubte, und ließ Adam die Telefonnummer notieren. Es war ein Wagnis, und sich Evan der Schmach und Schande bewusst, dass er sein Leiden durch sein Zutun nur noch fütterte. Wieder würde er sich sehnen, nach einem Lebenszeichen gieren auch wenn sein Wunsch unerfüllt blieb. Adam gehörte nicht zu der Sorte Mann, der sich an jemanden band. Evans kritische Worte, was seinen Mangel an Bindungsfähigkeit betraf, nahm dieser mit kühler Gelassenheit hin. Vielleicht war es Fehler. Das war es immer, wenn sie einander begegneten. Evan war sich der Fehltritte des vergangenen Tages bewusst. Umso erleichterter war er, dass Lydia seine Worte mit mildem Lächeln aufnahm und sich ebenso einsichtig zeigte. Er rechnete ihr die Entschuldigung hoch an und beide kamen darin überein, in dieser Situation einander etwas zu sehr auf die Füße getreten zu sein. Adam ließ auch in den nächsten Tagen nichts von sich hören. Pauline versicherte ihm jedoch, ihrem Bruder gehörig den Kopf gewaschen zu haben. »Das wäre ja nicht das erste Mal«, seufzte sie und blickte mitfühlend zu ihm auf. »Evan? Pauline? Kommt ihr bitte in den Saal?« Es war Brinley, die ihre kurze Verschnaufpause mit banger Miene unterband. Sie biss sich auf die blassen Lippen und es schien, als ringe sie um Fassung. Pauline und Evan waren die letzten, die zu ihren Kollegen stießen. Lydia hatte die gesamte Belegschaft im Speisesaal versammelt. »Wie ihr aus Medien erfahren habt, steht unserer Stadt eine enorme Herausforderung bevor ...«, hob Lydia an und umriss die von der Regierung und dem Bürgermeister New York Citys vorgetragenen Maßnahmen, die, viel zu spät, an die Bevölkerung gerichtet wurden. Die Pandemie habe die Stadt längst erreicht, erste Fälle des Virus' wurden bekannt und eine Welle würde die Stadt überschwemmen, deren Ausgang als unvorstellbar galt. Lydia versicherte ihnen, weiterzumachen, bis es nicht mehr anders ginge, doch sie mahnte ihre Angestellten zur Vorsicht, Umsicht und bat um Ehrlichkeit, sollte ein Fall bekannt sein und Kontakt zu infizierten Personen bestanden haben. Wochen der Angst, der Unsicherheit begleiteten die Bewohner New Yorks. Die Krankenhäuser waren überfüllt, die Regierung machtlos und das Land geführt von einem Präsidenten, der mehr einer Witzfigur als einem Vorbild glich, während die Zeitungen stündlich neue Todeszahlen ausspuckten. Ausgangssperren, leergefegte Straßen. Die einst so leuchtende, laute und lärmende Metropole versank im Fieber heilloser Überforderung. Die Tage zogen sich zäh dahin, waren von Angst und Sorgen geprägt. Die Last auf den Schultern der Bevölkerung wuchs mit jeder neuen Schreckensnachricht, jedem absurden Handeln und den unsinnigen Begründungen und Versuchen, erklärende Worte für das schlichte Versagen zu finden. Es würden Wochen ins Land ziehen, bis die Stadt wieder so etwas wie Stabilität erfuhr. Eingepfercht in ihren Wohnungen und Häusern gelang es den Menschen kaum, ein Gleichgewicht im Umgang miteinander zu finden. Evan wurde eindringlichst dazu angehalten, seinen Lieben im fernen Los Angeles ein Lebenszeichen zu senden. Telefonate, Videochats oder Kurzmitteilungen gehörten seit der Schließung des Restaurants zu den Dingen, die er fortan in seinen Alltag integrieren musste, um selbst nicht in Trübsal und Verzweiflung zu versinken. Als eine ihm unbekannte Nummer sein Mobiltelefon beinahe vom Tisch hüpfen ließ, langte er seufzend danach. Cynthia und Collin, die Nerven zum Reißen gespannt, durchbohrten ihn mit Blicken, er möge endlich den Anruf entgegennehmen. »Evan?« Ihm stockte beinahe das Herz. »Ich habe eine neue Nummer aber ich wollte, dass du weißt, dass es mir gut geht.« Kerzengerade saß er auf dem Sofa, während seine Mitbewohner und selbst klein John die Ohren spitzten. Sprachlos und nach Luft ringend, erhob sich Evan und verließ mit eiligen, langen Schritten das Wohnzimmer. Zu den Kollegen, und insbesondere zu Pauline, blieb der Kontakt bestehen. Denn sobald die Krise überwunden sei, sähen sie sich wieder. Gesund, munter und lebensfroh. Aufgewühlt tigerte Evan in seinem Zimmer umher, lauschte den Worten und kam nicht umhin, an dem Kloß in seinem Halse zu schlucken. Erleichtert seufzte er auf. Gelöst und von Freude erfüllt wusste er kaum, wie er sich zur Ruhe mahnen sollte. So ließ er sich auf das Bett sinken im Versuch, der Aufregung Herr zu werden. Erst das Klopfen an der Tür ließ ihn aufsehen. Längst war die Sonne hinter den Fassaden versunken. »Evan? Du telefonierst seit drei Stunden! Das Essen ist fertig.« Cynthia stand mit dem kleinen John auf dem Arm im Türrahmen. »Ich bin gleich fertig, Mom«, grinste er und streckte der entrüsteten Cynthia knapp die Zunge heraus. »Wehe du schaust dir dieses unsägliche Benehmen ab, Johnny!«, flüsterte sie dem Kleinen zu, der nur belustigt vor sich hin quietschte. »Grüß' die Nervensäge von mir«, sagte Adam, als sich das Gespräch dem Ende neigte. »Du meinst die alte Frau, die du nicht leiden kannst?«, schnaubte Evan leise lachend. Adam seufzte. »Nicht nur die Zeiten ändern sich, auch die Menschen. Und vielleicht sollte ich meine Meinung revidieren. Immerhin wohnt ihr unter dem selben Dach.« »Das solltest du«, gebot ihm Evan und lauschte ins plötzliche Nichts hinein. »Evan?« Wieder erklang ein gedehntes Seufzen. »Mhm?«, hakte dieser nach und starrte an die hohe Zimmerdecke, deren Stuck ein Strudel aus Formen bildete. »Wir treffen uns doch … ich meine, irgendwann? Wenn dieser ganze Mist vorbei ist, ja?« Abrupt setzte sich Evan auf. »Möchtest du das denn? Oder sagst du das nur, weil dir Pauline mit einem Nudelholz im Nacken sitzt?« Das Lachen am anderen Ende löste ihm den Knoten in der Brust. Ob sie es schafften, einander zu treffen, lag nicht länger in Evans Hand. Denn in New York City war nichts mehr, wie zuvor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)