Im Himmel ist der Teufel los von Sky- (Apokalypse Reloaded) ================================================================================ Kapitel 12: Drei Dämonen für Luzifer ------------------------------------ Es dauerte nicht lange, bis sich weiße Nebelschwaden im Wohnzimmer der dämonischen Feministin ausbreiteten und sie alle von einer lähmenden Trägheit befallen wurden. Es roch intensiv nach Gras und Ursprung dieses Nebels war niemand anderes als Lucy Kush, die seelenruhig da saß und einen Joint rauchte. Dabei produzierte sie so viel Qualm, dass höchstwahrscheinlich schon längst die Rauchmelder losgegangen wären, wenn Bennie nicht rechtzeitig und in weiser Voraussicht die Fenster geöffnet hätte. Trotzdem war die Wirkung extrem und die beiden Zwillinge, die sich sonst immer gegenseitig aufstachelten, waren vollkommen weggetreten und überraschend handzahm. Im Gegensatz zu den meisten Dämonen, die sich auf Höllenfeuer, Seuchen und Katastrophen spezialisiert hatten, bestand Lucys einzigartige Gabe darin, einen berauschenden Nebel zu erzeugen, der jeden müde und träge machte, der ihn einatmete. Und da sie selbst das Zentrum war, traf es sie am allermeisten. So eine Fähigkeit war zwar echt nützlich, um Streitereien innerhalb der Gruppe im Keim zu ersticken oder Feinde handlungsunfähig zu machen. Vor allem wenn man Stolz und Zorn in einen Raum steckte, dauerte es keine fünf Minuten, bis es die ersten Opfer zu beklagen gab. In solchen Momenten erwies sich Trägheit als eine überaus nützliche Eigenschaft, um all diese negativen Schwingungen zu neutralisieren. Blöderweise wirkte dieser Kiffernebel jedoch so gut, dass Lucy damit wirklich jeden in ihrem näheren Umfeld erwischte, selbst jene, die es eigentlich gar nicht treffen sollte. Inzwischen hatte Bennie aber gelernt, dass die beste Art mit Lucys Nebel umzugehen, einfach nur viel frische Luft war, um den Effekt zu lindern. Ansonsten führte sie ein eher isoliertes Leben, da sie sonst einen zu starken Einfluss auf die anderen gehabt hätte. Hätte er nicht in weiser Voraussicht die Fenster geöffnet, wären sie alle schon längst eingeschlafen. „Oh Mann Leute, ich liebe euch alle“, seufzte die Kifferin breit grinsend und sah abwechselnd Deeda und Dex an, die ihrerseits völlig apathisch da saßen und still blieben. Zumindest versuchte Deeda noch irgendwie ihre Gedanken zu sortieren doch selbst ihr Gehirn war von der lähmenden Trägheit befallen, die Lucy ausströmte. „Warum sitzen wir noch mal alle zusammen? Weiß das noch jemand von euch?“ fragte sie unsicher und kratzte sich am Hinterkopf. Gleichgültig zuckte Dex mit den Achseln und meinte nur „Keine Ahnung… aber irgendwie hab ich jetzt Hunger. Geht’s irgendwem sonst genauso?“ „Hey, jetzt reißt euch mal etwas zusammen“, ermahnte der Software-Entwickler, der etwas Abstand zu der trägen Dämonin hielt und deshalb noch nicht gänzlich von ihrem Nebel beeinflusst wurde. „Die anderen kommen gleich und dann sprechen wir darüber, was Luzifer von uns will.“ „Ach ja richtig“, murmelte der Rapper und begann etwas geistesabwesend auf seinem Daumennagel zu kauen. „Da war ja was…“ Es war wirklich jedes Mal das gleiche Problem, wenn sie alle zusammensaßen. Entweder artete es in Rivalitätskämpfen aus oder der Großteil war völlig zugedröhnt, weil sie zu viel von Lucys Nebel inhalierten. Ständig pendelten sie zwischen zwei Extremen und das war auch so ziemlich der Grund, warum sie sich so selten alle zusammen trafen oder in Gruppen arbeiteten. Das war eben einer der Nachteile, wenn man die Todsünden verkörperte: es ging einem so in Fleisch und Blut über, dass gewisse Dinge eine Art Automatismus entwickelten und man sie nicht mehr bewusst abstellen konnte. Ganz gleich ob es die Freude daran war, Hass zu schüren, sich selbst einzureden dass man besser als andere war, oder wie in Lucys Fall: man berauschte alle Leute um sich herum, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Fairerweise musste man aber auch bedenken, dass sie meistens viel zu zugedröhnt war, um überhaupt etwas mitzukriegen. Glücklicherweise hatte das Warten ein Ende, denn die restlichen drei Mitglieder von Psychodelia kamen nur wenige Minuten später herein. Billie Hokes, zukünftiger Erzdämon der Völlerei und Geschäftsführer von Diätprodukt-Herstellern, war als Einziger relativ normal gekleidet und sah aus wie einer dieser Anzugträger, die den ganzen Tag in der Chefetage abhingen und mit alten steinreichen Säcken irgendwelche dubiosen Meetings hielten. Seine Begleiterin, der verführerische Succubus Roxy trug zwar Businesskleidung, allerdings sah sie trotzdem aus als gehörte sie zu der Sorte Frauen, die vorrangig ihre körperlichen Reize ausnutzten um sich Vorteile zu erschleichen. Ihr Rock war eindeutig zu kurz um dem allgemeinen Dresscode zu entsprechen und ihre Bluse war so weit aufgeknöpft, dass man nicht nur ihr Dekolleté, sondern auch ihren schwarzen Spitzen-BH sehen konnte. Abgerundet wurde das Ganze durch schwarze Seidenstrapsen und Schuhen mit Absätzen, die so spitz waren, dass man damit jemanden abstechen konnte. Maria war vergleichsweise schlichter gekleidet und begnügte sich mit einem giftgrünen T-Shirt Kleid, welches zu ihrer Todsünde „Neid“ hervorragend passte. Sie hatte als einzige Dämonen in der Gruppe eine Brille auf der Nase, was aber nicht daran lag, dass sie schlechte Augen hatte. Genauso wenig wie Engel hatten auch die Bewohner der Hölle keine solchen Probleme. Nein, sie wollte einfach nur aus Prinzip etwas nerdig aussehen, damit man ihr nicht so leicht auf die Schliche kam. Sie bevorzugte es, den Schein eines unscheinbaren Mauerblümchens zu wahren, welches dann mit umso grausamerer Brutalität den Ruf der Leute zerstörte, die besser gestellt waren als sie. Als sie die auf der Couch dösenden Zwillinge und Lucy direkt zwischen ihnen sitzen sah, verzog sie finster die Miene. „Na das ist ja mal wieder typisch. Während ihr Penner euch zudröhnt und hier herumchillt, müssen wir mal wieder hart arbeiten und zusehen, wie wir unser Soll erfüllt kriegen.“ „Immer noch besser als wenn sie wieder einen Cyberkrieg vom Zaun brechen“, kommentierte Bennie schulterzuckend. „Wenn du einen besseren Weg findest, um die beiden an der Leine zu halten, bin ich gerne für Vorschläge offen. Aber jetzt sag schon: was will Luzifer eigentlich von uns?“ „Immer der Reihe nach“, beschwichtigte Billie und die drei Hinzugekommenen nahmen erst einmal Platz, denn im Türrahmen stehend ließ sich nur schwer unterhalten. Roxy, die wohl am Meisten von ihnen wusste, holte ihr Handy aus ihrem Dekolleté hervor und begann auf dem Display zu tippen um Luzifers Nachricht zu suchen. Es war eine wirklich merkwürdige Angewohnheit von ihr, so ziemlich jeden erdenklichen Kleinscheiß in ihrem Ausschnitt zu verstauen und Satan allein wusste, wie viel Platz sie da drin eigentlich hatte. Manchmal holte sie auch Dinge daraus hervor, die einen vor die ernste Frage stellten, wie das physikalisch gesehen überhaupt möglich war. Bennie hatte es zwar selbst nicht gesehen, aber Dex behauptete selbst heute noch, dass sie sogar mal ein ganzes Fahrrad aus ihrem Ausschnitt hervorgeholt hatte. Seitdem kursierte das abstruse Gerücht herum, dass Roxy eine Art Wurmloch zwischen ihren Brüsten hatte. Eine klare Antwort hatte es bis heute noch nicht darauf gegeben, weil sie jeden zu Brei schlug, der es wagte, ihr so eine Frage zu stellen. Nachdem die Dämonin der Lust die Nachricht gefunden hatte, überflog sie diese noch einmal kurz und erklärte „So wie ich das verstehe will Luzifer, dass wir uns um zwei Problemfälle in einem englischen Bauernkaff kümmern sollen. Einer von ihnen ist Metatron und der andere soll Malachiel sein. Wir sollen die beiden davon abhalten, in den Himmel zurückzukehren.“ Entsetzen ging durch die Runde, denn keiner von ihnen hätte damit gerechnet, dass sie einen derart gewaltigen Gegner bekommen würden. Sie alle wussten, dass der König der Engel das mächtigste himmlische Wesen war und um Malachiel rankten sich auch unzählige Gerüchte. Teilweise wurden die Geschichten, die man sich in der Hölle über diesen merkwürdigen Zeitgenossen erzählte, derart aufgebauscht, dass man nicht wirklich wusste, was davon überhaupt echt war. Teilweise waren diese ganzen Gerüchte so bizarr und übertrieben, dass er in der Hölle so etwas wie Chuck Norris Status erreicht hatte. Das hatte schnell dazu geführt, dass wagemutige und verrückte Dämonen, die auch ein ausreichendes Maß an Dummheit besaßen, die Herausforderung mit Malachiel gesucht hatten. Sie waren ernsthaft davon ausgegangen, dass sie in der Hierarchie weiter aufsteigen könnten, wenn sie den berüchtigten Bezwinger der Apokalypse besiegten. Immerhin hatte Malachiel Satan mit bloßen Händen dermaßen das Fell über die Ohren gezogen, dass dieser sich nie wieder getraut hatte, jemals wieder an eine Apokalypse zu denken. Wenn man es also schaffte, den Kerl zu töten, der Satan bezwungen hatte, musste das doch bedeuten, dass man zum neuen Herrscher zur Hölle wurde. Zumindest war es das, was sich diese Wahnsinnigen in ihrem Hirn zusammengesponnen hatten und nicht einmal Gott oder Satan vermochten zu verstehen, was diese Verrückten zu der Idee verleitete, sie könnten jemanden schlagen, den selbst das mächtigste Höllenwesen nicht zu bezwingen vermochte. So sehr man es sich auch nicht vorstellen wollte, es gab solche Spinner nicht nur auf der Erde und so hatte der Darwinismus sein Übriges getan und dafür gesorgt, dass keiner von ihnen je wieder irgendetwas unsicher machen konnte. Stattdessen fristeten sie nun ihr Leben eingesperrt in Haushaltsgegenständen in Malachiels Pfarrhaus. Da sie also wussten, wie schwierig es war, einen Halb-Engel wie Malachiel zu bezwingen, gab es nicht unbedingt viele Freiwillige in der Gruppe. Tatsächlich hatte der Großteil der Psychodelia gehörig Schiss und wollte das komfortable Leben auf der Erde nicht unnötig aufs Spiel setzen. Andererseits konnte man dem Prinz der Hölle auch schlecht eine Absage erteilen. Also musste sich irgendjemand finden, der bescheuert genug war um eine derartige Kamikazenummer abzuziehen. Bennie war der Erste, der sich zu Wort meldete. „Ich glaube nicht, dass ich da so viel ausrichten kann. In einem derart kleinen und abgeschiedenen Bauernkaff gibt es nicht genug, womit ich arbeiten kann. Wie soll ich denn jemanden zur Gier verleiten, wenn es dort nicht mal richtigen Internetempfang gibt?“ „Ganz zu schweigen davon, dass die Leute auf dem Lande vollkommen rückständig und prüde sind“, stimmte Roxy zu und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mal ernsthaft: warum kann der Scheißkerl nicht einfach in der Großstadt leben? Dann hätten wir wenigstens leichtes Spiel mit ihm.“ „Leute, vielleicht denken wir auch zu fortschrittlich“, mischte sich Lucy ein und warf ihren ausgerauchten Joint zum Fenster raus, wobei sie wieder eine dichte Rauchwolke ausstieß. „Ich meine, wir sind Dämonen, oder nicht? Sollte es da nicht total easy sein, ein paar Leute zu verführen?“ „Ja aber es lohnt sich einfach nicht, sich irgendwelche mickrigen Dörfer zum Ziel zu machen“, warf Billie ein und holte eine kleine PET-Flasche mit Diät-Cola aus der Innentasche seines Anzugs heraus, wo er genauso wie Roxy allen erdenklichen Kram aufbewahrte. Hauptsächlich beschränkten sich diese Dinge meist nur auf Snacks und Diät-Softdrinks. Er trank ein paar Schlucke und fuhr mit seiner Erklärung fort. „Heutzutage lohnt es sich fürs Geschäft einfach nicht mehr, in kleinen Maßstäben zu denken. Genau deshalb haben wir uns doch in Manhattan niedergelassen. Wir sind gar nicht darauf ausgelegt, kleine Bauerndörfer heimzusuchen. Das wäre, als würden wir mit Kanonen auf Spatzen schießen.“ Maria sah abwechselnd zu den einzelnen Mitgliedern, dann blieb ihr Blick ein paar Sekunden auf ihren Bruder haften. Die Dämonin des Neids wusste für gewöhnlich immer einen Weg, um ihr Gift in die Herzen der Menschen zu pflanzen. Doch auch sie fühlte sich alles andere als wohl bei dem Gedanken, hinterher genauso eingesperrt zu werden. Sie hatte noch so viele Pläne. Es gab noch so viele Existenzen zu ruinieren und so viele Leben und Beziehungen zu zerstören. So viele unschuldige Menschen, die so empfänglich für Neid und Argwohn waren. Das wollte sie nicht einfach so aufgeben. „Seien wir mal ehrlich: es ist sowieso total dämlich was Luzifer von uns verlangt. Metatron könnten wir vielleicht irgendwie kleinkriegen, aber an diesen Malachiel werden wir unmöglich vorbeikommen. Da er selbst zur Hälfte Dämon ist, werden die üblichen Spielchen nichts bringen. Mit Neid kann man denen sowieso nicht kommen. Metatron wäre vielleicht empfänglich dafür, aber ich glaube kaum, dass er dämlich genug ist, dass er dieselbe Stuntnummer wie Luzifer und Satan mit deren Rebellion abziehen wird. Vor allem weil keiner von denen wirklich Erfolg hatte. So blöd ist doch keiner, dass heutzutage noch irgendjemand versucht, gegen Gott zu rebellieren.“ „Und was ist mit uns?“ fragte Dex stirnrunzelnd. „Ist Rebellion gegen Gott nicht irgendwie… naja… unser Ding oder so?“ „Wir sind ja auch Dämonen, da gehört so was eben zur Jobbeschreibung dazu“, meinte Billie und winkte ab. „Aber jetzt mal ernsthaft: wie zum Teufel sollen wir ein Bauernkaff unsicher machen, das weit vom Schuss liegt, wo es kaum Internet gibt und wo die Bewohner allesamt langweilige Bauern und alte Leute sind?“ „Oh Mann, wir sind echt zu sehr wie die Menschen geworden“, seufzte Lucy und legte den Kopf zurück, um die Zimmerdecke anzustarren. „Also ich werde es definitiv machen. Naja… dieser Arsch hat meinen Alten weggesperrt und das ist voll uncool. Hab zwar noch keinen blassen Schimmer wie ich’s anstellen soll, aber vielleicht klappt’s ja so.“ Unsicher tauschten die New Age Dämonen Blicke aus und haderten immer noch mit dem Gedanken, diese Mission anzunehmen. Kräftemäßig hatten sie mit Sicherheit kaum eine Chance gegen ihre Gegner und intelligente Strategien lagen ihnen von Natur aus kaum. Wenn sie List und Tücke anwandten, dann immer nur wenn sie Menschen zum Bösen verführen wollten. Dämonen mieden für gewöhnlich offene Konfrontationen weil Kämpfe nicht so unbedingt ihr Ding waren. Ganz zu schweigen davon, dass sie meist immer eine gehörige Abreibung von oben bekamen. Dämonen scheuten auch sonst unnötige Gewalt, weil es nicht ihrem Niveau entsprach. Wer sich dazu herabließ, einen Menschen einfach nur zu töten, bewies damit nur einen Mangel an Intelligenz und Geschick. Theoretisch gesehen hätte jeder von ihnen problemlos ein Massaker biblischen Ausmaßes anrichten können, aber wo war denn da der Spaß drin, wenn man genauso gut andere die Arbeit für sich machen lassen konnte? Außerdem bekam man schnell einen schlechten Ruf als Blutsäufer von geringer Intelligenz. Die einzige Möglichkeit, die eine Aussicht auf Erfolg versprach, war eine Kombination aus Strategie und Kraft. Dazu benötigte es auch einiges an Nahkampferfahrung und die besaß kaum einer von Psychodelia. Zumindest bis auf Dex und Deeda, die selbst regelmäßig bei Demonstrationen oder Aufständen mitmischten. Ansonsten war der Rest von ihnen hauptsächlich Stubenhocker oder Geschäftsleute. Das war halt einer der negativen Aspekte der Modernisierung: alles geschah nur noch über Internet und Fernsehen, aber kaum jemand machte sich in einer handgreiflichen Auseinandersetzung die Hände schmutzig. Selbst das klassische Besitzergreifen von Menschen war völlig aus der Mode gekommen und wurde lediglich von wenigen Dämonen praktiziert, die ein wenig in Nostalgie schwelgen wollten. Maria grummelte frustriert und fuhr sich mit den Fingern durch ihre Locken. „Ich könnte echt kotzen. Luzifer und seine Gang dürfen mal wieder schön zurücksitzen und andere die Arbeit machen lassen, obwohl wir seit den 90ern den Hauptteil der Arbeit auf der Erde leisten. Und anstatt, dass wir dafür irgendeine Anerkennung bekommen, werden wir auf eine Selbstmordmission geschickt.“ „Kann man halt nichts machen, wenn man in der Hierarchie ganz unten ist“, meinte Billie schulterzuckend und holte nun eine Tüte Chips hervor, die er sich mit Lucy zu teilen begann. „Klar ist es scheiße, aber was sollen wir sonst machen?“ „Vielleicht klappt es ja, wenn wir uns eine vernünftige Strategie überlegen“, schlug Roxy vor und überkreuzte verführerisch die Beine. „Ich meine… wenn wir einfach so losstürmen, ist es doch von vornherein offensichtlich, dass es nach hinten losgehen wird. Klar wird nicht jeder von uns etwas ausrichten können, aber wenn wir die richtigen Kandidaten losschicken, sollte es klappen. Lucy wäre schon mal perfekt. Mit ihrem Nebel hat sie die beiden ins Land der Träume geschickt, bevor die überhaupt etwas merken. Der Rest sollte nicht so schwer sein.“ „Ja, aber es stellt sich die Frage, wer mit ihr mitgehen soll“, wandte Bennie ein und wies mit einer Kopfbewegung zu der Kifferin hin, die wieder völlig abgedriftet war und munter Chips zu futtern begann, während sie in einer schrägen Tonlage vor sich hin sang. „Das Dumme ist nämlich, dass Trägheit für gewöhnlich die anderen Todsünden neutralisieren kann. Heißt also: wer immer mit ihr mitgehen wird, kann höchstwahrscheinlich nicht viel machen. Ganz zu schweigen davon, dass wir hinterher genauso zugedröhnt sind. Und alleine gehen lassen können wir Lucy auch nicht.“ „Auch wieder wahr“, seufzte Roxy. „Das heißt also, wir brauchen entsprechende Schutzmaßnahmen und diejenigen, die mit Lucy mitgehen, sollten genug Kampferfahrung mitbringen, um Malachiel und Metatron zumindest dermaßen zuzurichten, dass die beiden nicht in den Himmel zurückkehren können. Irgendwelche Freiwilligen?“ Wieder wurden fragende Blicke in der Runde ausgetauscht und nur Lucy selbst meldete sich, hatte aber höchstwahrscheinlich nur die Hälfte von dem verstanden, was gesagt wurde. Da es keinen Sinn machte, mit ihr zu diskutieren, wurde sie ignoriert. Billie räusperte sich schließlich und meinte „Also ich war noch nie wirklich ein Kämpfer. Ich bin Geschäftsmann und Gourmet und vom Kämpfen kriege ich immer nur fiese Seitenstiche.“ „Das kommt nur davon, dass du zu viel von deinem eigenen Quatsch frisst und zu wenig Sport triebst“, spottete Dex sofort, kassierte aber einen kräftigen Faustschlag in die Seite von seiner Schwester, die ihn streng tadelte „Das ist Fat-Shaming, du Wichser!“ „Ich sag nur was Sache ist“, verteidigte sich der Rapper und zeigte ihr den Mittelfinger. „Brauchst ja nicht hinhören wenn’s dir nicht passt.“ Bennie ging ein Licht auf und er glaubte schon die Lösung für ihr Problem gefunden zu haben. Mit einem verschwörerischen Grinsen schaute er zu Maria und Roxy, die seine stumme Botschaft sofort verstanden und nickten. Die ganze Zeit hatte die Lösung vor ihrer Nase gesessen. Nun mussten sie eigentlich nur noch dafür sorgen, dass diese zwei Zankäpfel sich irgendwie ködern ließen. Zwar hatte Trägheit den unschönen Effekt, alle Todsünden zu neutralisieren, aber vielleicht ließ sie sich kombinieren, wenn man die Wirkung umgehen konnte. Stolz und Zorn, die beide eine absolut fürchterliche Mischung ergaben, konnten vielleicht die Lösung sein. Vor allem weil Deeda und Dex eh schon eine extrem provokante und gewaltbereite Natur besaßen. Rein theoretisch brauchten sie ihre Zielpersonen nur mit Lucys Nebel betäuben und dann konnten die beiden Zwillinge den Rest erledigen. Sie hätten leichtes Spiel und bei ihrer streitsüchtigen Natur war es mit Sicherheit ein Kinderspiel, entsprechenden Nährboden für einen Konflikt zu finden. „Ich hätte da eine Idee“, meldete er sich zu Wort und sofort wurden alle Augenpaare auf ihn gerichtet. „Warum gehen nicht die Zwillinge mit Lucy? Wenn die erst mal Malachiel und Metatron mit ihrem Nebel schlafen geschickt hat, können Dex und Dee D. gehörig die Scheiße aus ihnen rausprügeln, dass die nie wieder in den Himmel zurückkehren werden.“ „Vergiss es, ich mach bestimmt nicht bei so einer Selbstmordnummer mit!“ rief die Dämonin des Stolzes empört als ihr Name fiel. „Ey ich bin Youtuberin und die Leute schauen zu mir auf und so! Was soll ich denn in so einem verfickten kleinen Dreckskaff voller alter Säcke? Das ist total unter meinem Niveau!“ „Ja, Mann!“ stimmte Dex mit ein. „Da kann man ja nicht mal richtig Party machen.“ Doch so leicht gaben die anderen nicht auf, denn sie wussten genau, wie sie die beiden zu ködern hatten. Roxy, die in Sachen Verführung am geschicktesten war, mischte sich in die Diskussion ein. „Ja aber das ist doch genau euer Ding, oder nicht? Wusstet ihr denn gar nicht, dass Malachiel als Pfarrer arbeitet?“ Hier wurden die Zwillinge still und wurden neugierig. Und um es noch verlockender zu machen, fügte die Dämonin der Lust noch hinzu „Als katholischer Pfarrer!“ Das Argument war einfach zu überzeugend, um diese beiden Unruhestifter noch eine Sekunde länger kalt zu lassen. Diese Information allein bot so viel Stoff für Streitereien und Polarisierung, dass sie nicht anders konnten als darauf anzuspringen. Es zeigte auch schon eine Wirkung, denn Dex grinste breit und es juckte ihn schon sichtlich in den Fingern. „Er gehört dem Kinderschänder-Verein an? Oh Fuck yeah, das schreit geradezu nach einer Abreibung.“ Seine Schwester nickte zustimmend und hatte ebenfalls Blut geleckt und stimmte in die Hasstirade mit ein. „Nicht nur das! Dieses Pack von patriarchistischen Misogynisten sind das Symbol für Diskriminierung, Exklusion und Unterdrückung gegen Homosexuelle, Transmenschen, polygamen Paaren, Frauen und fremden Kulturen. Warum habt ihr das nicht gleich gesagt? Die mach ich fertig! Ich leg diesen ganzen Drecksladen in Schutt und Asche wenn ich erst mal mit diesem Wichser fertig bin!“ Das war schon fast zu einfach. Bennie war selbst erschrocken, wie schnell die beiden auf diesen Köder angesprungen waren und nun kaum noch zu bremsen waren. Andererseits konnte er froh sein, dass dieser Kelch nun an ihm vorübergegangen war. Jetzt brauchte er zumindest keine Angst mehr zu haben, dass er noch schlimmstenfalls nach England reisen musste. Was sollte er denn da auch großartig ausrichten? Kleine Dörfer waren kaum für so etwas wie Gier ausgelegt. Es fehlten einfach die Reize dafür. Großstädte oder zumindest zentral gelegene Gegenden waren weitaus leichter für ihn zu beeinflussen, vor allem junge Leute. So viele ahnungslose Kinder hatte er schon dazu gebracht, die Kreditkarten ihrer Eltern zu klauen und Unsummen an Geld für zusätzliche Items für ihre Lieblingsspiele auszugeben. Alte Leute, die noch die Nachkriegszeit erlebt hatten, waren so sehr darauf gepolt, mit dem zufrieden zu sein, was sie hatten. Sie waren genügsamer und weniger empfänglich für Habgier. Und wenn die Gier sie übermannte, dann in so lächerlich unbedeutenden Maßen, dass das Geschäft einfach nicht rentabel für ihn war. Natürlich war es für Deeda und Dex unter normalen Umständen auch nicht sonderlich leicht, ihren Einfluss in solch einem mickrigen Bauernkaff wirken zu lassen. Aber für die zählte jetzt nur noch, einen katholischen Pfarrer gehörig aufzumischen und ein bisschen Anarchie zu verbreiten. Und Lucy wollte bloß Rache für ihren Vater. Und solange die drei zusammen waren, würde auch der Kollateralschaden relativ überschaubar bleiben. Blieb nur noch die Frage zu klären, wie sie die Zwillinge vor Lucys Nebel schützen sollten, damit sie nicht noch selbst schlafen geschickt wurden. Hier meldete sich Billie zu Wort. „Ihr zwei werdet noch was wegen Lucys Kifferdunst brauchen. Ich organisiere euch zwei Atemmasken, die euch davor schützen sollten. Alles was ihr bloß tun müsst, ist zu warten, bis Malachiel und Metatron bewusstlos sind und dann dürft ihr euch nach Herzenslust austoben.“ „Klingt nach einem guten Plan“, stimmte Roxy zufrieden zu und nickte. „Und wer weiß… vielleicht ist ja sogar eine Beförderung drin und ihr bekommt endlich offiziell den Erzdämonen-Rang.“ „Oh Mann, da könnte man echt neidisch werden“, seufzte Maria gefrustet. Nichts sehnlicher hätte sie sich gewünscht, dass sie endlich zur Erzdämonin aufstieg und nicht mehr länger nur eine bloße Anwärterin war. Letzten Endes war das auch nur ein geschöntes Wort für Azubi. Und mit Sicherheit hätte sie die Gelegenheit längst ergriffen und wäre selbst gegangen, wenn das Risiko nur nicht so groß wäre. „Ihr wärt nicht nur Erzdämonen, sondern auch quasi die Helden der Hölle. Wenn ihr diesen Halb-Halb-Freak tatsächlich aus dem Weg räumt, könntet ihr sogar noch Satan übertrumpfen.“ Doch das war für diese beiden Banausen eher unwichtig. Stattdessen hatten sie sich ganz auf ihre Idee versteift, dem Feind ihren Hass und ihre Arroganz gehörig in den Leib zu prügeln. Damit stand es also endlich fest: Deeda, Lucy und Dex, die zukünftigen Repräsentanten von Zorn, Stolz und Trägheit würden im Namen Luzifers losziehen und bestenfalls der Hölle zu neuem Glanz verhelfen. Vielleicht würden die New Age Dämonen von Psychodelia sogar in die Geschichte eingehen. Oder aber es würde genauso nach hinten losgehen wie all die anderen gescheiterten Versuche der letzten armen Spinner, die sich mit dem göttlichen Mediator angelegt hatten. Aber das würde sich noch früh genug zeigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)