In another life the sea is in the sky (Teil 1) von YoungMasterWei (Searching for the smile of the moon) ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Yi Ling ballte seine zitternden Hände krampfhaft zu Fäusten, doch lenkte es ihn nicht von dem klammen, erstickenden Gefühl ab, das seinen Körper über die letzten Tage in Besitz genommen hatte. Es wurde Zusehens schwieriger unterscheiden zu können, ob er sich überwältigt oder schlicht ausgehöhlt fühlte, je länger er versuchte dem Tiger-Siegel Form und Kraft zu verleihen. Er hatte keine Ahnung, wie viele Tage bereits vergangen waren, seit er sich in dieser Höhle verschanzt hatte. Um das Siegel formen zu können, benötigte er mehr yuàn qì als er allein in sich trug. Somit war er aufgebrochen welches zu sammeln. Um es halten zu können, hatte er eine eiserne Truhe mit einem eigens entwickelten magischen Bann belegt, der die mit Chenqing eingefangene Energie in sich aufnehmen, und nicht wieder entweichen lassen würde, solange er den Bann nicht aufhob. Allzu weit konnte er jedoch nicht fort, nicht wenn er alles an eigener Energie benötigte, die ihm noch innewohnte. Aber das brauchte er auch gar nicht. Es gab einen Ort, einen alten Steinbruch, einen Tagesmarsch, von Xīzhào Shùlín entfernt, der einst als ein Arbeitslager für Straftäter und jene galt, die sich durch unglückliche Umstände etwas zu Schulden hatten kommen lassen. Das solche Lager gnadenlos vorgingen, war in aller Munde und jeder der dort endete, blieb auch dort. Man sorgte dafür. Den Gefangenen Hoffnung vorzugaukeln, sich ihre Freiheit wieder erarbeiten zu können, nur ein perfides Mittel kein Geld für solch eine undankbare Arbeit erübrigen zu müssen. Es war ein heftiger Bergrutsch nach tagelangem, starken Regen, der dem Ganzen ein Ende setzte. Kaum jemand hatte es überlebt und man sich nicht die Mühe gemacht die Verschütteten zu bergen, war es eh nur der Abschaum, der gutbürgerlichen Gesellschaft, der dort verendet war. Seitdem war dieser Ort verflucht, behauptete man, wuchs auch nach Jahren kein Halm mehr auf diesem Boden und Mensch, wie auch Tier hielten sich weitläufig davon fern. Der perfekte Ort für sein Vorhaben. Er hatte das aggressive Brodeln der unruhigen Seelen schon aus der Entfernung spüren können. Sie zerrten und zogen an ihm, wie ein böiger Wind, je weiter er sich vor wagte. Es mochten letztendlich hunderte solcher Seelen sein, die hier umhertrieben. Jene die jämmerlich unter Schlamm und Geröll gestorben waren und jene die zuvor schon in diesem Steinbruch ihr Leben ließen und man ihre Körper nur wie Abfall verscharrt hatte. Oder, wie es auch nicht unüblich war, sie den Hunden vorwarf, die man in solchen Lagern hielt, um die Gefangenen in Schach zu halten. Schließlich spielte er auf Chenqing, bis seine Lungen brannten und seine Lippen taub wurden. Er hatte, wohl Stunden später, alles an Yin Energie eingefangen, was möglich war. Und doch… Und doch konnte er nicht den Erfolg zu Stande bringen, der nötig wäre, um etwas damit bewirken zu können. Er aß nicht und er schlief nicht, und doch kam er nur minimal voran. Solch ein Maß an Yin-Qi zu bündeln, es währenddessen unter Kontrolle zu halten und in ein taugliches Objekt zu transferieren, das diese gewaltige Energie auch würde halten können, ohne zu zerbrechen. Es war wie sich mit einem Messer durch einen massiven Fels scharren zu wollen. Langwierig und kräftezerrend. Er würde am Ende Monate benötigen. Zuviel kostbare Zeit, von der er nicht ausgehen konnte, dass bis dahin nicht schon das Schlimmste geschehen war. Doch blieb ihm am Ende nichts weiter übrig, als es weiterhin zu versuchen. Nun, wo er allein vor dieser immensen Aufgabe stand und es keine andere Option als einen Erfolg für ihn gab! Er wusste aus eigener Erfahrung, um den Horror den ein aus Yin hervorgekommenes Monster anrichten konnte. Dieses Mal jedoch, war er nicht mehr schwach und unnütz. Dieses Mal, würde er alles versuchen, um die Menschen die ihm wichtig geworden waren; die er Familie nannte, vor solch einem grausamen Schicksal zu bewahren. Ein abrupter Gedanke ließ ihn sich wieder etwas mehr fokussieren. Vielleicht sollte er nicht versuchen die gesamte Yin-Energie in ein Objekt zu übertragen, sondern es in Teilstücken versuchen und diese dann zusammenfügen? Er müsste nur… Seine Sicht verschwamm mit einem Male und das Rauschen in seinem Kopf wurde zu einem Schwall schriller, gepeinigter Laute. Ein Zeichen das er mental kurz vor dem Zusammenbruch stand. Doch er hatte keine Zeit. Er musste… „Yi Ling…“ Ihm war nach einem freudlosen Lachen zu mute, über diese eine Stimme die nicht versuchte seinen Wahnsinn zu schüren, den er unaufhaltsam nahen spürte. Irgendwie schien es immer Lan Zhan zu sein, den er in solchen Momenten des ungewollten Abdriftens vernahm. „Yi Ling.“ Er würde nicht sentimental werden. Lan Zhan wegzuschicken war die richtige Entscheidung gewesen, daran glaubte er auch jetzt noch. „Yi Ling!“ Dennoch schien der letzte Rest Verstand in seinem Kopf anderer Meinung und er konnte nicht sagen, warum dem so war. Gäbe es nicht auch andere Stimmen, die in solch einem Moment zu ihm sprechen könnten? Warum… Etwas zerrte an seiner trüben Wahrnehmung, gefolgt von diesem wohligen Empfinden, das ihm stets nur wie der Anfang eines sanften Traumes erschien. „Unverbesserlich.“, stahl es sich zwischen die warmen Daunen von denen er sich umgeben fühlte und glaubte sogar ein Lächeln zu Stande bekommen zu haben, über diesen bekannten Vorwurf. „Ah, Lan Zhan. Wann wirst du endlich einmal nett zu mir sein…? Ich versuche doch nur mein Bestes…“, ging es ihm durch den Sinn. „Ich weiß.“ Es wäre schön gewesen, es ihn tatsächlich einmal sagen gehört zu haben, aber selbst über diese Illusion konnte er nicht anders, als zugetan zu lächeln. „Dann ist es ja gut…“ * „Es hat wirklich seinen ganz eigenen Liebreiz, das, wenn ich die Augen aufmache, es stets dein Gesicht ist, das sich mir daraufhin zeigt. Ziemlich romantisch, nicht?“, säuselte Yi Ling schlaftrunken und konnte verfolgen, wie Lan Zhan beinahe so etwas wie ein Augenrollen auf seine Worte zeigte, bevor er sich von dem Tisch, vor dem er saß, erhob und mit erhabenem Schweigen zu ihm ans Bett herantrat. Dieser griff nach seinem Handgelenk; eine Geste die er schon zu deuten vermochte, um seinen Qi Fluss zu überprüfen. „Ich fühl mich gut.“, versuchte Yi Ling ihn zu überzeugen, und zog seine Hand trotzig vor und zurück in dessen beständigen Griff. „Was hattest du erhofft zu erreichen, mit dieser immensen Leichtsinnigkeit?“ Ah, da war die erwartete, scharfe Zurechtweisung. Irgendwie fühlte er sich albern sentimental darüber. Bis ihm deutlich wurde, das Lan Zhan diese Frage nicht gestellt hatte, weil er ahnungslos war, sondern weil er seinen Weg die Dinge richten zu wollen, natürlich als etwas Frevelhaftes ansah. „Und wenn schon. Es war die einzige Option.“, erwiderte er etwas abweisend. Es war immer noch besser, als gar nichts zu versuchen. Lan Zhan schenkte ihm einen strengen, eindringlichen Blick. „Ist dein Leben dir nicht mehr wert, als es ständig als ein entschuldbares Opfer zu betrachten? Denkst du je an diejenigen, die über deinen Verlust ehrlich trauern würden?“ Yi Ling entzog sich dessen Griff etwas ruppig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn dieses Opfer dazu beitragen kann, die zu beschützen die mir wichtig sind, dann ja! Man kann nicht immer alles mit schönen Worten regeln.“ Lan Zhan schloss kurz seine Augen, wie es schien, in einer Geste der Ergebenheit. „Und überhaupt, warum bist du wieder hier?“ Yi Ling wusste das er sich wie ein zickiges, kleines Kind anhörte, doch das war ihm momentan egal. „Warum hast du mich weggeschickt?“, wurde seine Frage gekontert und es ließ ihn nur noch hitzköpfiger reagieren. „Um dich vor etwas zu bewahren, das dich dein Leben kosten könnte!“ Lan Zhan´s Ausdruck wurde bedeutungsvoll, als er ihn ansah. „Somit hast du deine Antwort.“, meinte er mit etwas wie Herausforderung in der Stimme, die Yi Ling verdeutlichte, das er ruhig versuchen sollte darüber mit ihm zu diskutieren, das er seinen Mund, der ihm über dessen Aussage etwas aufgeklappt war, stumm wieder schloss. Man hatte ihn da wohl mit den eigenen Waffen geschlagen. Das alberne, warme Gefühl in seiner Brust schob er schlicht auf seinen noch etwas ermatteten Zustand. Lan Zhan sagte ebenso nichts weiter dazu, holte nur einen feinen Seiden-Beutel hervor und entnahm diesen daraufhin etwas. Ein edles, feingearbeitetes Gefäß aus weiß-leuchtender Jade, welches die Abbildung eines Drachens zeigte der sich um das Behältnis schlang und von welchem immens starke Energie ausging. „Deine Aufzeichnung. Die Lösung für das Problem, um deinen Plan durchführen zu können.“ Yi Ling schaute skeptisch auf das Gefäß. „Du weißt, dass wir auch mit der größten Menge líng qì nichts bewirken würden.“ „Können wir. Wenn du mir dieses Mal zuhören würdest.“ Yi Ling fühlte sich deutlich überrascht, doch war es seine eifrige Neugier die ihn interessiert raunen ließ. „Dann erleuchte mich, oh großer Lan xiān shī.“ Und das tat dieser darauf auch. „Du sagst also, dass man das veränderte Yin, mit líng qì beseitigen kann, solange sich das líng qì von ausreichend starker Magie umhüllt befindet? Wie in einer Rüstung?“ Lan Zhan nickte bestätigend. Sollte es tatsächlich möglich sein, das sie auf diese Art und Weise das líng qì doch noch einsetzen konnten? Er spürte wie sich sein Herzschlag rasch erhöhte über den Drang, sich sofort an die Arbeit setzen zu wollen. Es würde nur ein paar kleinere Anpassungen, zu seinem bereits gemachten Plan erfordern. Dann zog er etwas die Augenbrauen zusammen über seinen nächsten Gedanken. „Wie hast du es herausgefunden? Du hast nicht das isolierte Yin in meiner Hütte dafür nutzen können, also wie…“ Yi Ling weitete seine Augen in einer Erkenntnis. „Sag mir nicht, dass du nur auf deine wackelige Theorie hin, die dir bei meiner Rettung aus der Yin Kollision gekommen war, losgezogen bist um es zu testen?“ Lan Zhan verzog natürlich keine offensichtliche Miene, doch hatte Yi Ling, über ihre Zeit zusammen gelernt, ihn schon besser zu lesen. Und das fast unmerkliche Anheben seiner Brauen und der nicht mehr ganz so eindringliche Blick, der nur eine Winzigkeit an ihm vorbei ging, anstatt ihn direkt anzusehen, war alles was er als Antwort brauchte. Yi Ling stützte über ein Schnaufen die Arme in die Seiten. „Was wenn du falsch gelegen hättest? Gefiel es dir in deiner Hasenform doch so gut? Oder was, wenn es diesmal sogar noch schlimmer ausgegangen wäre?“ Er war sich irgendwo über seinem Tadel bewusst, dass er wohl die letzte Person sein sollte, die andere über unvernünftiges Verhalten belehrte. „Lan Zhan! Das war extrem unvorsichtig.“, setzte er noch nach, bevor sein mahnendes Gesicht in ein warmes Lächeln wechselte. Es war trotz allem, oder gerade wegen dessen Risikobereitschaft, das solideste an einer Problemlösung, was sie bis jetzt zu Stande gebracht hatten und die Hoffnung die damit einherging, war ein überschwängliches Pulsieren, das durch Yi Ling´s Körper rauschte, das er sich nicht kümmerte, ob Lan Zhan ihn zurechtweisen würde, als er ihn darauf einfach umarmte. Fest und ungestüm. „Ich bin dir etwas schuldig.“ Lan Zhan blieb steif in seinen Armen und Yi Ling feixte etwas darüber. „Eine Gegenleistung ist nicht von Belang.“, hörte er diesen schließlich doch noch erwidern. „Ist es nicht das, was Freunde füreinander tun würden?“ Es war selten, aber Yi Ling fehlten wiederholt die Worte, in einem recht kurzen Abstand und er ließ eher unbewusst wieder von Lan Zhan ab. „Du sagtest es selbst. Oder interpretierte ich deine Worte falsch?“ Lan Zhan sah nun ungewohnt unsicher aus. Als wüsste er tatsächlich nicht, ob sein Verweis nicht haltlos gewesen war. Als habe er keine Ahnung, was zu einer Freundschaft gehörte und er seinen Nachdruck darüber schlicht von ihm kopiert hatte. Es wirkte so unbeholfen, dass es Yi Ling am Herzen zupfte und er ein langgezogenes Seufzen von sich gab. „Es ist ein Teil davon, sich Sorgen zu machen. Helfen zu wollen.“, erlöste er ihn aus seiner Irritation. „Aber Lan Zhan…“ Er grinste nun breit und aufziehend. „…du hättest auch einfach fragen können, ob ich dein Freund sein möchte. Nicht, das ich es nicht zu schätzen weiß, dass du deine Schüchternheit mit einem magischen Kleinod überschatten willst. Aber ich würde es doch schon gern aus deinem Mund hören wollen.“ Yi Ling verstellte seine Stimme in eine alberne und viel zu hohe Lage. „Oh großer und so ungemein gutaussehender Yi Ling, lasst mich bitte euer Freund sein und an eurer unerreichbaren Brillanz teilhaben. Führt mich mit eurer Weisheit, auf das ich mit Erfüllung in meine himmlischen Hallen zurückkehren kann.“ Lan Zhan´s Gesichtsausdruck, auf seine Imitation war mehr als unbeeindruckt. Dann setzte er an das Jadegefäss wieder einzupacken, und sich zu erheben, in der Demonstration, das er ihn einfach mit seinem dümmlichen Geschwätz hier sitzen lassen würde, das Yi Ling rasch dessen Arm griff, um ihn davon abzubringen. „Oh, nun sei nicht so sensibel. Es hat mich nur einfach überrascht. Natürlich würde ich mich geehrt fühlen, den großen Lan xiān shī zu meinem bescheidenen Freundeskreis zählen zu können.“, meinte er mit einem sanften Schmunzeln. „Wer könnte zu so einem hübschen Gesicht schon nein sagen? Oder ist es mein hübsches Gesicht dem du nicht wiederstehen kannst?“ Darauf zwinkerte er diesem verstohlen zu und der ehrliche Augenblick wisch seiner Schamlosigkeit. Lan Zhan erhob sich schließlich wortlos, doch ließ er das Gefäß bei ihm stehen und es brachte eine impulsive Verbundenheit mit sich, die ihn erneut etwas irritierte, bevor er dieses Gefühl einfach zuließ. „Meister Yi?“, vernahm er darauf und ein Blick zur Tür zeigte ihm einen demütig in sich zusammengesunkenen Wen Ning dort stehen. „Ich weiß ihr gabt mir den Befehl, niemanden zu euch zu lassen, während eures…eures…“ Es war deutlich, dass Wen Ning nicht das richtige Wort zu seiner Selbstaufopferung über die Lippen kommen wollte. Wie er auch wusste, dass sich dieser recht unwohl fühlen musste, seinen Befehl am Ende ignoriert zu haben. Dass er der Grund war, warum ihn Lan Zhan überhaupt in dieser abgelegenen Höhle hatte finden können. Es war ein wiederholtes Gefühl der Verbundenheit, das Yi Ling darüber ausfüllte. Lan Zhan hatte, wie so oft, nicht unrecht gehabt. Man sorgte sich um ihn. Zudem nahm er es Wen Ning wirklich nicht übel. Er war einfach ein Charakter, der sich um die die ihm nahestanden mit ganzem Herzen kümmerte. Dieser hatte ihn sogar abbringen wollen, von seinem Vorhaben, und er am Ende seine Autorität als dessen Meister genutzt, um ihn gehorchen zu lassen. Etwas das er ungern getan hatte, schätzte er Wen Ning als Freund und Kammeraden, und nicht nur, weil er eine seiner Kreationen war. Wen Ning erklärte sich nicht weiter, doch hob er seinen Kopf ein stückweit, hatte er noch immer nichts zu ihm gesagt, dass es ihn unruhig machen musste. „Es ist in Ordnung, wirklich.“, versicherte er ihm mit einem ehrlichen Lächeln. „Und seien wir ehrlich, Lan Zhan´s überernste Miene, wenn er etwas fordert, ist selbst für einen Veteranen wie mich nicht ohne. Was etwas heißen will, ist deine Schwester auf ihrer eigenen Ebene eine ebenbürtige Macht.“ Wen Ning´s Mundwinkel zuckten etwas unbeholfen, doch wusste Yi Ling, das es dessen Ansatz zu einem zustimmenden Lächeln war. * Nun wo sie eine Energiequelle hatten, erschien der Rest der Vorbereitungen, auf die Reinigung des Sees, ihm nicht mehr wie hungrige Biester im Nacken zu sitzen. Dennoch gab es noch einige Dinge zu überdenken und auszuklügeln. Wie die Verankerung des Siegels auf dem Grund des Sees, sodass das Yin noch vor dem Einfließen in das Gewässer neutralisiert werden konnte. Das Siegel brauchte einen festen, beständigen Halt das zur Filterung beitrug. Es war Lan Zhan der vorschlug es durch die Wurzeln von Bäumen zu fixieren, die tief genug, zum Grund des Sees, reichten. Das der See in einer felsigen Senke lag machte dies allerdings schwer. „Dann lass sie uns selbst an das Ufer setzen.“ Es hörte sich aus dessen Mund wie ein Kinderspiel an. „Wenn wir sie selbst wachsen lassen, sollte es möglich sein.“ Yi Ling lachte darauf etwas aberwitzig. Dieses ganze Projekt nahm immer kuriosere Ausmaße an. Es war mit Hilfe der Waldseelen, die sich um die Beschaffung der Zitan-Samen gekümmert hatten, war das Holz dieser Bäume extrem hart und schwer, dass sie die geeigneten Anker würden bilden können. Er hatte jeden Samen mit Magie versehen, die mit den Bäumen wachsen würde, bevor die Seelen diese um den See herum verteilten. Yi Ling hoffte nur, das diese mysteriöse Drachenschuppe, die Lan Zhan mitgebracht hatte, tatsächlich so viel Qi in sich barg, damit alles funktionieren würde. Es waren gut hundert Bäume die sie damit würden wachsen lassen müssen und das zu mächtigen Stämmen, die normalerweise Jahrhunderte bräuchten, um diese Größe zu erreichen. Aber es war ein Plan und er bestrebt solange Zuversicht walten zu lassen, bis sie eines besseren belehrt werden würden in ihrem Unterfangen. Und deswegen saß er nun auch hier, in aller Frühe, an besagtem Sees, das er Mühe hatte von seiner aufgetragenen Meditation nicht in ein Schläfchen abzudriften. Lan Zhan hatte darauf bestanden, das er vor dieser Aufgabe seinen Geist stärkte und er auch nur einmal versuchte, es als unnötig und mit einem arglosen Grinsen abzutun, bevor dieser androhte Wen Qing zu berichten, was sein Notfallplan gewesen wäre und er deren Unmut gern gegen etwas Meditation eingetauscht hatte. Zudem war er auch etwas stolz darauf, das Lan Zhan sich ein paar Tricks angeeignet hatte, die er zu Beginn ihrer Reise wohl deutlich verpönt hätte. Er schien wohl doch etwas auf ihn abgefärbt zu haben. „Yi Ling.“, vernahm er die zurechtweisende Stimme zu seiner Rechten, hatte sein Grinsen über diese Feststellung wohl verraten, das er nicht ganz bei der Sache war. „Schon gut, schon gut. Ich meditiere ja. Kein Grund schon wieder…“ „In Ruhe.“ „Tsk.“, murrte Yi Ling und murmelte trotzig vor sich hin, bis er nichts mehr zu mosern fand und versuchte sich doch noch auf das Meditieren zu konzentrieren. „Ich muss zugeben, dass ich ein wenig beeindruckt bin.“, hörte er darüber die kühle Feststellung von Wen Qing, welche allerdings nicht an ihn gerichtet war, wie er beim Lunschen mitbekam. „Das es jemanden gibt, der diesen Unruhestifter freiwillig an die Leine nimmt.“ Ihr Blick wandte sich mit einer wissenden Miene zu ihm und er schloss rasch seine Augen wieder und gab sich in sich gekehrt. Ein ergebenes Durchatmen von ihr folgte. „Eine Leine ist nicht notwendig.“, erwiderte Lan Zhan und Yi Ling rutschte ein keckes Grinsen auf die Lippen. Na, wenigstens einer der seinen Freigeist zu akzeptieren gelernt hatte. „Er ist simpel genug in seinen Bedürfnissen.“ Yi Ling lag das motzige „Hey!“ schon auf der Zunge, als Lan Zhan weitersprach. „Er hat sich dennoch einen Knochen verdient, wenn sein Plan erfolgreich sein sollte.“ Wen Qing lachte in ihrer scharfkantigen Art. Yi Ling gab es auf so zu tun, als wäre er in Meditation und schaute nun mit einem finsteren Gesichtsausdruck zu den beiden, während er mit einem drohenden Zeigefinger auf sie deutete. „Lästert ihr nur hinter meinem Rücken. Ihr werdet noch früh genug vor meinem Genie auf die Knie fallen.“ Wen Qing lächelte wenig überzeugt und Lan Zhan´s Ausdruck war ebenso unbeeindruckt.“ Ungläubige! Zugegeben fühlte sich Yi Ling nach seiner Meditation doch wesentlich ausgeglichener und geistig gefestigt, doch gab er Lan Zhan nicht die Genugtuung dies verbal mitzuteilen. Stattdessen redete er über andere Dinge die ihm gerade in den Sinn kamen. Er würde nicht zugeben, dass er sich damit auch etwas abzulenken versuchte, von dem was ihm noch bevorstand. Er hatte genug Tests durchgeführt, was das Siegel betraf, wenn auch nicht auf solch einen Maßstab. Er atmete noch einmal tief durch, bevor er an Lan Zhan herantrat. Der idealste Punkt um die Reinigung beginnen zu können, war der Mittelpunkt des Sees. Zuerst war der Plan, diesen mit einem Boot zu erreichen, doch hatte er auch bedenken das das Boot einen Störfaktor darstellen könnte, wenn er das Siegel ausbringen würde. Lan Zhan, der ewige Retter in der Not, hatte darauf gemeint, das er ihn über den See würde bringen können, was mehr als optimal für sein Ritual wäre, hätte er somit auch eine bessere Übersicht auf den Verlauf. Was Yi Ling in jenem Moment jedoch nicht bedacht hatte, als er diesem Angebot ohne Umschweife zustimmte war, wie sich dieses „über den See bringen“ gestallten würde. Auf einem Schwert zu fliegen, war ihm nicht neu. Nicht, das er es selbst je hatte tun können, fehlte ihm dafür das nötige líng qì, oder vielmehr, wollte er das was er aufbringen konnte nicht verschwenden, wenn es ihn eh nur für einen Moment in der Luft halten würde. Das und die Tatsache, dass er ab einer bestimmten Höhe schlicht Panik bekam. Selbst das Sitzen in einem erklommenen Baum, hatte ihm, nach seinem Sturz in die Grabhügel, mit Angstschweiß versehen. Shifu hatte ihn wie einen widerspenstigen Apfel aus der Krone pflücken müssen und er hatte es eine gute Weile nicht wieder versucht. Später hatte er es unter Kontrolle bringen können, nachdem er besser in seinem spirituellen Training geworden war, doch die Höhe von der sie hier sprachen, war etwas vollkommen anderes! Lan Zhan mochte solch ein Problem nicht nachvollziehen können, wartete er noch immer, das er endlich zu ihm auf sein Schwert stieg, damit er ihn an die gewünschte Stelle bringen konnte. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, hakte dieser schließlich auf sein Verharren nach. Dafür das dieser es sonst nicht gut hieß, wenn man ihm zu nahe kam, schien er recht gelassen über die Aussicht, das sie auf dieser kurzen Klinge, kaum voneinander Abstand halten würden können. Vielmehr noch, er würde sich an diesem festhalten müssen. Würde es sich um eine andere Situation handeln, würde er den Umstand, Lan Zhan so nahe rücken zu dürfen, mit einem süffisanten Kommentar verbinden, doch fehlte ihm momentan wirklich die Gelassenheit dafür. „Lan Zhan, ah…auf einem Schwert fliegen ist so altmodisch. Hast du nicht ein paar von diesen fetzigen Feuerrädern? Du weißt schon, wie dieser großspurige Götterbengel mit der Mädchenfrisur.“ Er wusste es war Unsinn und Zeitverschwendung sich herausreden zu wollen, war dies die einzige und eine mehr als begünstigte Variante die ihnen zur Verfügung stand. Lan Zhan zog über seinen Kommentar die Augenbrauen zusammen. „Fēng huǒ lún (Nezha´s Feuerräder) ist ein einzigartiges Artefakt. Ich denke nicht, das sein Meister bereit wäre es weiterzugeben.“, meinte dieser in seinem typisch ernsten, aufklärenden Ton und ehe Yi Ling noch weiter hätte herumdrucksen können, griff Lan Zhan ihn am Arm und zog ihn hinter sich auf das Schwert. „Es bleibt somit nur Bichen. Es wird seine Aufgabe ebenso anstandslos erfüllen.“ All seine Bedenken wichen einem erschreckten Japsen, als Bichen auch schon abhob und er gar nicht anders konnte, als sich an Lan Zhan festzuklammern und seine Augen zusammenzukneifen. Der Wind zerrte an seinen langen Haaren und seinem Gewandt und er festigte seinen Griff instinktiv noch etwas mehr, war ihm als würden seine Knie jeden Moment nachgeben, vor lauter Stress. „Yi Ling.“ „Keine Chance! Ich lass dich nicht los, das kommt rein gar nicht in Frage.“ Er schüttelte nachdrücklich den Kopf den er, wie er erst jetzt bemerkte, gegen Lan Zhan´s Rücken gepresst hielt. Aber auch wenn dieser ihn nun als schamlos betiteln würde, er würde kein Stück weichen! „Wir sind über der Mitte des Sees.“, ließ man ihn schlicht wissen und oh… Er würde loslassen müssen, um das Ritual durchführen zu können. Yi Ling lachte etwas irrwitzig in Lan Zhan´s Robe. „Ok, ich denke es ist Zeit etwas zu gestehen. Ich bin nicht besonders gut darin, auf einem schmalen Stück Metall, etliche lǐ (Einheit für Längenmaß) in der Luft zu schweben und dabei komplizierte Magie durchzuführen.“ Er lachte wackelig. Lan Zhan sagte nichts, aber Yi Ling spürte wie sich dieser leicht bewegte und den darauf folgenden Impuls von Magie der sich um sie ausbreitete. „Ist dir dies sicher genug?“, hörte er ihn nachfragen, und wenn er nicht so panisch wäre, womöglich sich auch die Zeit genommen hätte, über den Funken Führsorge, den er in diesen Worten glaubte gehört zu haben, ein Späßchen zu machen. So öffnete er nur zögerlich seine Augen und schaute unter sich. Bichen´s blaue Aura hatte sich in einem Zirkel um sie herum ausgedehnt, dass er gut zwei, drei Schritte tun könnte ohne Gefahr zu laufen abzustürzen. Vorsichtig streckte er einen Fuß aus. Die Magie war solide in Form und Halt, das es ihn hörbar, erleichtert durchatmen ließ. So sollte es machbar sein. „Es wäre schon etwas romantischer gewesen, wenn du dich angeboten hättest, mich mit deinen starken Armen festzuhalten. Aber ich schätze das tut es auch.“ Er trat gänzlich von der Klinge und studierte eingehend ihre Position. Es würde wahrlich ein Kraftakt werden. Körperlich, wie auch auf sein Können bezogen. „Yi Ling.“ Er wandte sich Lan Zhan zu, der etwas aus dem Beutel an seinem Gürtel zog und ihm darreichte. Yi Ling lachte etwas verblüfft. „Lan Zhan, willst du mir sagen, dass ich unter die Mönche gehen soll, wenn das hier überstanden ist? Ich glaube nicht das…“ „Es wird helfen dein yuàn qì unter Kontrolle zu halten, sollte es notwendig werden. Drachenblutperlen absorbieren negative Energien. Sie stärken zudem Beherztheit und Selbstvertrauen.“, erklärte man ihm. Yi Ling nahm die Gebetskette an sich und ließ die tiefroten Perlen, deren Farbe im Licht der Sonne ein mystisches Funkeln zeigten, durch seine Finger gleiten, wo sie folglich über die Malamünze streiften, welche von einem eleganten Wolkenmotiv geprägt war. „Du hast an alles gedacht, hm?“ Er fühlte sich merklich bewegt über diese Geste und es machte ihn ungewohnt verlegen. „Wenn du es schon nicht tust.“, zog ihn Lan Zhan tatsächlich auf, auch wenn seine Stimme neutral und sein Gesicht gewohnt unbewegt blieb. Dann nahm dieser ihm die Kette wieder aus den Fingern und legte sie ihm schließlich um den Hals. Ebenso eine Geste die ungewohnt feinfühlig erschien. „Danke.“, ließ er ihn ehrlich wissen, anstatt dem angelernten Impuls eines weiteren, albernen Kommentars zu folgen. Und da er eindeutig schon genug Zeit vergeudet hatte, machte er sich schließlich ans Werk. Es war gut das der Berg nicht weiter bewohnt oder bewirtschaftet wurde, war es ein reichliches Spektakel, als all die gesetzten Samen der Zitan Bäume in kürzester Zeit und mit Unterstützung der Drachenschuppe, sowie der Waldseelen, unter einem Grollen, das den Berg zum Vibrieren bringen musste, himmelwärts preschten und sich kräftige, meterhohe Stämme bildeten, mit Kronen die im satten, dichten Blattgrün leuchteten. Die Magie die er ihnen zuvor zugeführt hatte pulsierte in einem klaren, ungestörten Strom durch ihr Holz. Ein Schutz der dafür sorgte, dass man sie nicht ohne Einwirkung weiterer Magie würde brechen können. Yi Ling holte ebenso viele Talismane, wie sie hatten Bäume wachsen lassen hervor, die er als Ankerpunkte an den Zitanen befestigen würde, um das Siegel daran spannen zu können. Mit einem tiefen Durchatmen sammelte er sich. „Sei vorsichtig. Ich werde da sein, wenn du mich brauchen solltest.“, versicherte ihm Lan Zhan und es war erleichternd zu wissen. Yi Ling konzentrierte sich auf die Talismane, die er in gleichen Bündeln, um das Jadegefäß mit der Drachenschuppe gelegt hatte. In einem Wirbel sogen diese sich mit líng qì voll, dass er sie darauf zu ihren Zielen befehligte. Es war nicht schwer, den sich bildenden magischen Ring, der sich damit um den See legte, zu erfühlen, war die pralle Energie spürbar, wie eine Berührung. Sobald der Kreis sich geschlossen hatte, zeichnete Yi Ling mit raschen, geübten Fingerstrichen das Siegel in die Luft und befehligte es nach Komplettierung mit seiner Handfläche über das Jadegefäß, so dass dieses sich im Zentrum davon befand, bevor er das Siegel mit einem kraftvollen Vorschnellen seiner Hand nach unten drückte. Das Gefäß zerbrach, wie es gedacht war und ließ das líng qì sich wie flüssiges Metall durch das Siegel ziehen, bis es zu seiner Vollendung gebracht wurde. Es war fast unerträglich sich in unmittelbarer Nähe solch geballter Energie zu befinden, obwohl das Siegel sie in seine Form eingeschlossen hielt, die Kraft dahinter es ebenso in seine notwendige Größe dehnte, bis es sich über den gesamten See erstreckte. Der bloße Kontakt mit dieser Schuppe hätte einen wohl schlicht wie Papier im Feuer zu Asche zerfallen lassen. Eine Erkenntnis, die ihn mit einem abrupten Panik-Hoch versah, welches seinen Körper mit Energie pushte, wodurch er die enorme Anstrengung, das Ritual weiterzuführen, kaum wahrnahm. Das Siegel sank wie ein gleisender Stempel auf das Wasser zu. Was Yi Ling jedoch nicht bedacht hatte war, das sein Siegel stark genug wäre, um die ausgedehnte Aura von Bichen zum Splittern zu bringen. Mit einem erschrockenen, tonlosen Laut verlor er unerwartet den Halt unter seinen Füßen. Sein Fall war vom Jaulen des Windes begleitet und dem peitschenden Flattern seiner Robe. Das Heranschnellen der Wasseroberfläche, ließ ihn seine Augen zusammenkneifen. Es war nicht das schlimmste Ende, das er hätte finden können, noch das Nutzloseste, sollte sein Plan erfolgreich sein. Ein etwas schmerzhaftes Rucken erfasste seinen Körper, der, so wie er kurz darauf feststellen konnte, nicht mehr zu fallen schien. Das nächste was er wahrnahm war der vertraute Geruch von Sandelholz und der sichere Halt um seine Hüfte und seinen Oberkörper. Seine Augen öffneten sich mit einem Schmunzeln, doch da er sich mit dem Rücken an Lan Zhan´s breite Brust gedrückt befand, konnte er es ihm nicht präsentieren. „Ah, Lan Zhan, du bist also doch der romantische Typ.“, konnte er sich nicht verkneifen von sich zu geben, worauf sich die Arme um ihn leicht lockerten, dass er sich hektisch an diesen festhielt. „Okay, okay, dann eben kein Romantiker. Nur der gute, alte, mürrische Lan Zhan.“ Sie landeten am Ufer und Yi Ling sackte schlicht mit einem erschöpften Stöhnen in sich zusammen. Er fühlte sich plötzlich so ausgelaugt und müde, dass es ihm egal war, würde er hier auf dem groben Kies einschlafen. Lan Zhan jedoch zog ihn wieder auf die Beine, das es ihn ein wenig erfreutes Jammern entlockte. „Lass mich einfach hier liegen. Ich will nicht laufen, oder Himmel bewahre, auf ein Schwert. Hier ist es gut…perfekt…ěi Lan Zhan hörst du mir überhaupt zu…“, moserte er, als man ihn nicht wieder losließ. Dann verlor er abermals den Halt unter den Füßen und zog überrumpelt die Luft ein, nur um sich daraufhin auf Lan Zhan´s Arme genommen zu sehen, als wäre er eine hilfebedürftige Maid. Es fühlte sich in jenem Moment gar nicht so schlecht an, das er auch keinen Protest darüber von sich gab, sondern die Situation einfach annahm, natürlich nur, weil er schlicht zu müde war. „Das ist wirklich eine stattliche Brust.“, merkte er in einem Murmeln an, während er seinen Kopf dagegen lehnte und diese mit einer Hand leicht tätschelte. Einen Moment blieb es still, nur die sachten Schritte von Lan Zhan auf dem Kies waren zu hören. Er war beinahe schon weggeschlafen als es ihn traf, doch er nur noch Energie für ein paar Worte erübrigen konnte. „Lan Zhan, hat es funktioniert?“ Es sollte irgendetwas ersichtlich sein, selbst wenn es nicht geklappt haben würde. „Mn. Es macht den Anschein.“ Yi Ling raunte vorerst erleichtert. „Yi Ling hat gute Arbeit geleistet.“, meinte er noch zu hören, und auch wenn er es sich in seinem Tran nur eingebildet haben sollte, ließ es ihn zufrieden grinsen. „Ich bin eben unvergleichlich…“, murmelte er oder dachte es sich nur, doch der Fakt blieb so oder so bestehen. „Das ist er.“, strich es ihm in einem zutraulichen Wispern um den schlaftrunkenen Geist und es ließ das Lächeln auf seinen Lippen verweilen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)