In another life the sea is in the sky (Teil 1) von YoungMasterWei (Searching for the smile of the moon) ================================================================================ Kapitel 24: ------------ Wangji musste wiederholt feststellen, dass es in Yi Ling´s Gegenwart nie an Überraschungen zu mangeln schien. Chénqíng in seiner korporalen Manifestierung zu sehen, war natürlich zuerst ungewöhnlich, brauchte es enormes Qi, um seiner spirituellen Waffe, eine solche Form zu verleihen. Doch da die unheilige Ebene voll mit Yin war, sollte es ihn letztendlich doch nicht so verwundern. Seine Hand wollte sich um Bichen schließen, es sich jedoch nicht an seiner Seite befand und er sich rasch danach umschaute. „Hier.“ Yi Ling reichte es ihm mit einem verstehenden Lächeln. Erst als Wangji seine Hand danach ausstreckte, fiel ihm auf, dass er dessen Dàchǎng (äußere, offene Robe mit weiten Ärmeln) trug, was ihn irritiert über den dunklen Stoff streichen ließ. „Warum?“ „Sie versteckt dein líng qì. Hier unten ist es wie ein Feuer für sämtliche Schatten. Ihr Instinkt allein, würde sie dazu treiben dich zu Jagen. Wir sollten uns zudem so unauffällig wie möglich verhalten. Ärger ist das letzte, was wir hier auf uns lenken sollten.“ Wangji schaute abermals auf die Robe. Yi Ling´s Erklärung machte Sinn. Er selbst hatte die Unheilige Ebene noch nie betreten, lag die Aufsicht seit jeher in den Händen des Nie Clans. Nie Mingjue, der Anführer, war ein guter Freund seines Bruders und ein Mann mit einer kampfgeprägten, strikten Aura. Wenn Yi Ling tatsächlich einmal mit ihm aneinander geraten war, konnte er sich vorstellen, dass dies nicht ohne Aufregung von Statten gegangen sein konnte. „Es war deine eigene Schuld. Mit all dem Chaos, das du hier veranstaltet hast. Wärst du clever gewesen, hättest du gut und gern unbemerkt wieder verschwinden können.“ Chénqíng hatte über diese Worte seine Arme vor der Brust verschränkt und schaute deutlich abschätzig. „Wärst du mir nicht Amok gelaufen, hätte ich das womöglich.“ Yi Ling klang nicht anklagend, sondern eher amüsiert. „Tsk! Wer wollte sich schon von so einem Wichtigtuer binden lassen.“, maulte Chénqíng, doch brachte es Yi Ling´s erheiterten Gesichtsausdruck nicht ins Wanken. „Du hättest ihn sehen sollen. So widerspenstig und kratzbürstig. Ich hätte bald noch einen Arm eingebüßt.“, meinte Yi Ling an Wangji gerichtet, als würde er einfach nur über einen Wildfang von Sohn erzählen, auf das dieser darauf noch versonnen raunte. „Die gute alte Zeit.“ Wangji konnte über diese Äußerung nur den Kopf schütteln. „Jedenfalls, sollten wir uns auf die Suche nach einem Weg hier heraus machen. Wir werden nicht vermeiden können, dass irgendetwas früher oder später auf uns aufmerksam wird.“ Bàng Hēi erhob sich wieder in die Lüfte, sicherlich um ein Auge auf ihre Umgebung zu haben und Wangji brachte sich ebenso auf seine Beine. Er fühlte sich angeschlagener als ihm lieb war, doch wollte er auch nicht als eine Bürde erscheinen und biss die Zähne zusammen, als er sich straffte. Ihm entging Yi Ling´s prüfender Blick nicht, doch tat er so als habe er dessen unausgesprochene Sorge nicht als solche erkannt. „Wie finden wir einen Weg zurück?“, erkundigte er sich stattdessen. Er wusste, dass die Unheilige Ebene, an die Unterwelt anschloss. Es gab eine Brücke, die diese beiden Ebenen verband, welche von Niútóu, dem Oxenkopf Wächter des Nie Clans bewacht wurde, um zu verhindern das die Kreaturen dieser Welt in die Unterwelt eindringen konnten und über die dort befindlichen Seelen herfielen, um sie zu verschlingen. Ihr Hunger danach war immens, dass ein Teil der zehn Gerichtshöfe der Unterwelt, bestimmte Sünder in die Unheilige Ebene schickte, wo sie ihre zugewiesene und gerechte Strafe erhielten. Doch nicht jede Kreatur hier, war von primitiver Natur. Er wusste, dass es versteckte Pfade gab, die sich diese zu Nutze machten, um in die Welt der Menschen zu gelangen und dort dann ihr Unwesen trieben. Es war ebenso die Aufgabe des Nie Clans, diese Wege zu finden und wieder zu versiegeln. Was es ihnen jedoch nicht einfacher gestalten würde, einen solchen Ausgang zu finden. „Ich würde es wirklich gern vermeiden die Obrigkeit mit unserem Dilemma zu behelligen. Also suchen wir uns eine Hintertür.“ Es war also wie er es sich gedacht hatte und Yi Ling einen dieser Pfade in Betracht zog. „Wie bist du hier her gelangt? Damals?“, stellte er diesem die Frage, die jener schon irgendwo erwartet zu haben schien, schmunzelte Yi Ling spitzbübisch. „Ich hatte ein paar der „geheimen“ Bücher von shī fu (Titel für (Lehr)-meister) aufgestöbert und mit dem ein oder anderen daraus herumprobiert. Hier zu landen, war mehr ein Versehen, und wie schon erwähnt, brachte es eine ganze Menge Aufregung mit sich. Aber ich dachte mir, wenn ich schon mal hier bin, kann ich mich auch etwas ausprobieren. Es war der perfekte Ort, um meine Idee eines yuàn qì kontrollierenden Instruments auszutesten. Ich las von euren Techniken, Musik für den Kampf zu nutzen und es faszinierte mich, dass ich mich davon inspirieren ließ. Es klappte natürlich nicht alles auf Anhieb, ist yuàn qì, wie du weißt, nicht gerade eine Energie die sich bereitwillig zähmen lässt. Shī fu, hat mich nach diesem kleinen Vorfall, einen vollen Tau-Mond lang (23 Okt.- 22 Nov.) alte Schriften übersetzen lassen, da ich ja so begierig nach Wissen suchte. Ah, es war sooo langweilig. Aber darüber kam mir der Gedanke, meine Transporttalismane zu entwickeln.“ Dieser schaute etwas ergeben. „Leider bringen sie uns hier nicht raus, da sie nicht dafür ausgelegt sind, über Welten hinweg zu funktionieren.“ Yi Ling schaute ihn entschuldigend an. „Aber ich bin zuversichtlich, dass uns die zwei schon einen Ausweg finden werden.“ Mit einem Kopfzeig deutete er auf seine Gefährten. Chénqíng´s Murren war auch über die Distanz, die dieser ihnen voran war, dennoch deutlich zu vernehmen. Über ihre Suche war das Gefühl beständig beobachtet zu werden, nicht abzuschütteln, selbst wenn sich, bis jetzt, noch nichts vor ihnen gezeigt hatte.   Die Landschaft unter ihrem roten, unheilvollen Firmament, war karg an Vegetation. Schwarze, laublose Bäume krallten sich in den ascheartigen Boden. Sträucher mit dolchlangen Dornen in denen sich bizarre Kleinstlebewesen versteckten oder auf Beute lauerten. Scharfkantige Felsformationen, skelettartig und knochenbleich, ergänzten die düstere Kulisse. Die Luft war schal und bitter, und trug den klebrigen Geruch von Verwesung. Es gab kein Wasser auf diesem verfluchten Land, nur Schwefelquellen, oder blubbernde Tümpel mit dunkler, schleimiger Masse. Die schroffen Steine perfekt, um sich dahinter zu verbergen, und sich auf die Lauer zu legen. Doch hielt man sich weiterhin von ihnen fern. Womöglich hatte es etwas mit Yi Ling und Chénqíng´s Aura zu tun, strahlte deren Yin in kräftigen, wuchtigen Wellen, dass es selbst ihm die Schritte schwerer machte. Er hoffte nur, dass es Yi Ling nicht zu Schaden brachte. Die Yin-Energie für ihn zu einnehmend werden würde. Er selbst spürte es, wie ein eisernes Gewicht auf ihm ruhen.   Es gab keine tatsächliche Nacht, doch wurde es mit dem verstreichen der Zeit kälter und klammer, und das Rot über ihnen wechselte in quirlende, rostbraune Schlieren. Sie suchten sich einen Rastplatz. Das Gefühl das ihn die hier herrschende, aggressive Energie beständig versuchte niederzudrücken, trug nicht dazu bei, dass Wangji seine Kräfte sammeln konnte und somit für diese Ruhepause innerlich dankbar war. Es versah ihn stets mit einem Empfinden der Nutzlosigkeit, wenn er Schwäche verspürte und auf dieser seiner Reise, hatte er es bereits etwas zu oft ertragen müssen. „Alles in Ordnung mit dir?“, vernahm er Yi Ling´s Frage, der Besorgnis anhing und er sich noch etwas unbeholfener zu fühlen begann. „Mn.“ Jedes weitere Wort schien zu viel von seinem vorherrschenden Zustand verraten zu können, doch schien Yi Ling ihn in dieser Sache abermals durchschaut zu haben. „Weißt du, es braucht einen Leugner, um einen anderen zu erkennen. Und wie du weißt, bin ich recht gut, wenn es darum geht nicht zugeben zu wollen, wie ich mich fühle.“ Wangji brauchte einen Moment, um darauf eine Antwort zu finden, das Yi Ling sein Schweigen mit einem ergebenen Seufzen aufnahm, weil er wohl annahm, dass er nicht weiter darüber sprechen wollte oder versuchte es schlicht zu übergehen. „Es bleibt ein ungewohnter Prozess, sich derart kraftlos zu fühlen. Auch wenn es mich lehrt, große Macht nicht als etwas Selbstverständliches zu sehen, bleibt nicht aus, das mir die Routine fehlt auch mit weniger Möglichkeiten, Situationen eigenständig zu bewältigen.“ Yi Ling raunte auf seine Erklärung verstehend und ließ sich schließlich neben ihn fallen. „Du schlägst dich dennoch ganz gut. Jede Hürde die man überwältigt, ist dennoch ein Schritt nach vorn. Und ich denke, dass du bereits an all unseren Abenteuern gewachsen bist.“ Yi Ling lächelte warm. „Auf eine menschliche Art und Weise.“, fügte er an und stieß ihn dabei leicht mit der Schulter gegen die seine. Es mochte an dessen Worten gelegen haben, das er sich mit einem Male etwas mehr bestärkt fühlte. Oder einfach nur an diesem unbefangenen Umgang, den er zusammen mit Yi Ling kennengelernt hatte. Doch was er mit Genauigkeit sagen konnte war, dass er es ungern wieder hergeben würde wollen. Diese Kameraderie. Diese Freundschaft. Dieses warme Gefühl, welches er nicht in Worte fassen konnte. „Seit ihr fertig mit eurem Gesäusel?“, kam es tonlos von Chénqíng, der auf einem der Felsen saß, die ihr Lager umgab, und die ihnen etwas Deckung bot. Wangji musste sich daran erinnern, dass sie nicht allein waren, während Yi Ling ein mokantes, „Nein, sind wir nicht.“, von sich gab, das Chénqíng mit einem abschätzigen Laut quittierte. „Er ist etwas eifersüchtig auf dich.“, wisperte ihm Yi Ling mit Erheiterung in der Stimme zu und auf Chénqíng´s scharfen Blick, konnte man davon ausgehen, dass dieser ihn gehört haben musste. „Einen Teufel bin ich, verstanden?!“, erhob dieser sich missgestimmt und leistete Bàng Hēi, auf einem der oberen Äste, der umherstehenden Bäume, Gesellschaft. „Du bist sein Meister. Es ist verständlich.“ Yi Ling lümmelte sich gegen den Fels in ihrem Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Schaute nachdenklich in den unruhig wallenden Baldachin über ihnen. „Und doch wünschte ich manchmal, dass die Dinge einen anderen Lauf genommen hätten.“ Dieses Geständnis brachte Melancholie auf Yi Ling´s Gesicht. „Glaubst du, dass es naiv ist, so zu denken?“, fragte dieser, ohne dass es wirklich den Anschein erweckte, als erwartete er eine Antwort von ihm darauf. „Es ist nichts Einfältiges dabei, sich nach etwas zu sehnen, das einem das Herz leichter anstatt schwerer wiegen lassen würde. Ich selbst würde mir wünschen, dass bestimmte Geschehnisse einen erfreulicheren Weg gefunden hätten." Aber auch wenn er dies sagte, änderte es dennoch nichts daran, dass man die Vergangenheit nicht mehr verändern konnte. „Hm. Es ist beruhigend zu hören, das solche Wünsche auch nicht vor jemanden deines Ranges halt machen. Ich weiß, das Bedauern über Vergangenes ziellos ist. Aber ich mag es trotzdem, mir manchmal auszumalen, was ein anderes, einfacheres Leben bereithalten könnte.“ Yi Ling schaute ihn nun wieder an, der trübsinnige Schleier über seinem Gesicht ein wenig gelichtet. „Ich finde die Vorstellung, ein kleines Farmhaus zu besitzen, erbaulich. Nichts aufwendiges, aber heimelich und belebt. Vielleicht zwei, drei Kinder. Eine fette, mürrische Katze. Keine Hunde! Das sind Kreaturen, die einzig aus reiner Bosheit bestehen.“ Er schüttelte sich unter seinen Horrorgedanken.  Doch dann schmunzelte er wieder. „Oder vielleicht Hasen. Wäre dir das Verlockung genug, meine rechte Hand im Bauernglück sein zu wollen?“, witzelte er, doch sah Wangji darunter, dass er wohl mit so etwas wie Spott über seinen so unspektakulären Traum, rechnete. „Du wärst gut mit Kindern. Vielleicht kein guter Farmer. Zu ungeduldig. Unorganisiert.“, erwiderte er ernsthaft, was Yi Ling ihn kurz mit so etwas wie Widerspruch auf seinen Zügen ansehen ließ, bevor er in ein heiteres Lachen wechselte. „Du könntest recht haben mit den Feldern. Hm…“ Er schaute abermals etwas in Gedanken verloren. „Dann bräuchte ich wohl jemanden, der besser in diesen Dingen wäre.“ Nun wippte er mit den Augenbrauen. „Wie wär’s Lan xiān shī? Nicht Lust dazu, das Götter Dasein aufzugeben, um Felder zu bestellen?“ „Unsinnig.“, ließ er diesen wissen und doch brachte die Tatsache, dass Yi Ling, wenn auch nur im Scherz, ihn als solch eine Person überhaupt in Betracht zog, etwas Sanftes in ihm hervor. „Oder eine Hütte am Meer. Ich war bis jetzt nur einmal mit shī fu dort und es brachte mir als Kind das Gefühl von der großen Freiheit. Über das Wasser segeln und neue Orte entdecken, große Schätze finden.“ Yi Ling seufzte daraufhin abschweifend. „Doch am Ende, ist alles nichts weiter als Pfeiffenrauch.“ Und das mochte auch der Wahrheit entsprechen, doch kam Wangji nicht umhin, sich Yi Ling in ein etwas anderes Licht zu rücken. Es war solch ein simpler Wunsch und ließ ihn zum ersten Mal darüber nachdenken, das Yi Ling unter all dem yuàn qì und seinem chaotischen Charakter, auch nur ein Mensch war. Jemand der sich ebenso nach Stabilität und Unbeschwertheit sehnte. Es war nicht das Image des Mannes, denn er vor all den Monden kennengelernt, und welches er diesen unter Vorurteilen aufgelegt hatte. „Du könntest es immer noch versuchen.“, schlug er diesem vor, was bewirkte das dessen Blick wieder etwas schwermütiger wurde, und er nur ein „Vielleicht.“, dazu hervorbrachte, dem keine ehrliche Überzeugung innewohnte. Etwas regte sich in Wangji darauf. Ein winziges Aufflackern einer Emotion, die ihn wünschen ließ, dessen müde Akzeptanz nur einer Illusion nachzuhängen, einen Schups in Richtung Zuversicht geben zu können. „Der Blick auf die Zukunft, sollte nicht nur ein Blick auf ein Hindernis sein.“ Yi Ling raunte leise. „Nein, sollte er nicht.“   Es war unmöglich auf dieser Ebene die Zeit zu bestimmen, doch hatten sie lange genug Rast gemacht, das sie beide beschlossen sich wieder auf den Weg zu begeben. Man hatte mittlerweile von ihnen Witterung aufgenommen, waren sie so oder so, Beute für jedes Biest das sich ihnen überlegen fühlte. Eine Gruppe aus vier jiāng shī (chin. Zombie-Vampiere) hatte ihnen zwischen einem Hain aus dürren, kohle-schwarzen Bäumen aufgelauert, doch waren sie dank Bàng Hēi und Chénqíng nicht unvorbereitet auf diesen Angriff. Yi Ling brauchte kaum selbst einen Finger rühren, sah es so aus, als wollte Chénqíng etwas vor ihnen angeben, dass es ihn wissend schmunzeln ließ. Er hatte Lan Zhan davon zurückgehalten, sich ebenso mit einzubringen, war es angebracht, wenn dieser so wenig wie möglich seine Kraft hier zeigte. Es würde am Ende nur noch mehr Probleme anlocken. Zudem war es erkennbar, dass dieser sich mehr dazu zwang, sein angeschlagenes Befinden nicht durchblicken lassen zu wollen. Dass es Yi Ling trotz dessen penibler Performance auffiel, ließ ihn mit einem zugetanen Gefühl zurück. Sie waren gerade einer Xiqu (menschenfressendes Wildschwein) ungesehen ausgewichen, war es nicht ihr Anliegen, sich mit jedem Monster das hier unten hauste, einen Kampf liefern zu wollen. Die Bestie schien im ersten Moment getäuscht, doch zeigte das Strecken ihres Rüssels in die Luft, dass sie ihre Fährte wohl dennoch gewittert hatte.Bàng Hēi ging im Sturzflug auf diese nieder, was ihnen die Ablenkung war, die sie benötigten, um sich rasch weiter zu entfernen. Sie hatten schließlich den Blutfluss erreicht, den sie nicht ohne weiteres würden überqueren können, lauerten in dessen Tiefen nicht weniger unheilvolle Kreaturen. Ein furchterregendes Brüllen drang an sie heran, das von weiter Flussaufwärts zu kommen schien und sie in diesem Fall die entgegengesetzte Richtung wählen sollten. Das Vibrieren das kurz darauf den Boden durchzog, und das erneute aufgebrachte Grollen, das sich ihnen zweifelsohne näherte, ließ nichts Gutes erahnen. „Ein fēi tóu mán (飞头蛮), und es jagt etwas.“, berichtete Chénqíng von über ihren Köpfen. „Sieht aus wie eine Person.“ Diese Information ließ Yi Ling einen abschätzenden Blick mit Lan Zhan tauschen. Sie gingen vorerst in Deckung, um sich nicht überstürzt in Schwierigkeiten zu bringen. Nur weil etwas…jemand hier unten, wie eine Person aussah, hieß es nicht, dass dem auch so war. Hier in dieser Welt, sollte man bei jeder Begegnung extreme Vorsicht walten lassen. Das Tosen kam näher und Yi Ling erkannte die Gestalt auf der Flucht und auch deren Uniform die diese trug. Eine der Nie-Wachen. Es reichte ihm vorerst als Grund, sich nicht länger untätig zu zeigen. Der fēi tóu mán war ein immenser, dämonischer Kopf, mit scharfen Zähnen und flammenden Augen, dessen schwarzer, langer Bart es aussehen ließ, als würde er von einer haarigen Wolke getragen, dass es Yi Ling fast zum Lachen brachte. Ein großer, blutender Schnitt zog sich quer über dessen Gesicht, das es eines seiner Augen geschlossen hielt, und welcher wohl auch der Grund für deren Raserei war. Die Wache zeigte sich, trotz allem, recht agil, was man wohl auch sein sollte, bei solch einem Job. Sie trug zwei Schwerter bei sich und mit einem abrupten Satz nach oben, wich sie der Kreatur aus, nur um darauf auf deren kahlen Haupt zu landen. Die Wache schwang ihre Schwerter mit Präzision, was die Kreatur gequält kreischen ließ und sie in einem Akt des gepeinigten Wahnes anfing, sich wie wild zu drehen und zu schütteln. Ohne Zweifel, um ihren Peiniger abzuwerfen. Die Wache war nicht schnell genug sich festhalten zu können, auch wenn sie versuchte ihre Schwerter in die Kreatur zu bohren, um nicht haltlos nieder zu gehen. Doch ohne Erfolg. Eines der Hörner, die aus der Stirn der Bestie wuchsen, erwischte die Wache im Fall und schleuderte sie unsanft durch die Luft. Mit einem Fingerschnippen, ließ er Chénqíng diese auffangen, bevor sie auftreffen konnte. Yi Ling bündelte genug yuàn qì, um die Kreatur von der Wache abzulenken, als er diese damit, gleich einem Geschoß, an einer der Wunden traf. Diese wirbelte zu ihm herum, die Flammen aus ihren Augenhöhlen nun ein gleisendes Weiß, bevor sie mit einem Brüllen auf ihn zuhielt. Mit all dem Yin, das sie umgab, war es ein Leichtes es zu seinen Gunsten zu manipulieren und dieser mit scharfkantigen Wirbeln der dunklen Energie, die sich wie ein eiserner Käfig um sie schlossen, Einhalt zu gebieten, ohne dass diese eine tatsächliche Chance hatte sich dagegen zu wehren. Schließlich ließ er Chénqíng in einem wild anmutenden Tanz diese niederstrecken. Dieser zeigte sich deutlich zufrieden mit seiner Leistung, indem er eine siegreiche Pose auf der erlegten Kreatur einnahm. Yi Ling war nach einem Lächeln, wäre da nicht der brennende Schmerz, der seinen Körper darauf durchzog und es ihn beinahe in die Knie zwang, auf das er sich abwandte, um sein Befinden nicht offensichtlich zu machen. Seine Hand krampfte sich, über ein gequältes Keuchen, in den Stoff seiner Robe und er atmete tief und unstet über den Versuch, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Auch wenn seine Kraft hier ein weitaus höheres; gefährlicheres Potenzial besaß, änderte es nichts daran, dass sein Körper noch immer sterblich war. Zudem fühlte er auch immer noch die Auswirkungen von ihrem Kampf mit der Minenbestie. „Yi Ling?“ Ah, Lan Zhan fand auch immer die unpassendsten Augenblicke. Er lachte etwas kurzatmig, bevor er sich straffte und diesem in der Überzeugung, dass alles in Ordnung wäre, anstrahlte. „Lass uns nach der Wache sehn.“, gab er ihm an, war dieser zu gut darin geworden zu erkennen, wenn er etwas versuchte zu überspielen und er dessen Tadel darüber, gerade nur mit Flucht meistern konnte. Die Wache war ein junger Mann, mit dunklen Augen, denen etwas Ominöses innewohnte und einem vorwitzigen Lächeln. Sie war, trotz allem, noch einmal recht glimpflich davongekommen, war ihr, bis auf ein paar leichtere Verletzungen, nichts passiert. Diese stellte sich ihnen als Mo Xuanyu vor und auf Yi Ling´s Frage, was vorgefallen sei, schlicht erklärte, das er noch recht neu in seinem Posten war und unvorsichtig gewesen wäre, bei einer Routine-Runde. „Und wie hat es diese Herren hierher verschlagen?“, erkundigte man sich mit einem wissenden, neugierigen Ausdruck, der Yi Ling innerlich mit den Augen rollen ließ, hatte er wirklich keinen Bedarf, sich nun zur Nie-Festung zerren zu lassen. „Eine ungewollte Begegnung mit einem yāoguài. Wir sind selbst nicht sehr erpicht, uns länger als notwendig hier aufzuhalten. Es besteht somit wirklich kein Grund unser Hiersein irgendeiner Obrigkeit mitzuteilen.“, meinte er versucht locker, auch wenn er sich ebenso wenig vor der Wache erklären wollte. Diese raunte mit so etwas wie Verständnis darin, und nickte folglich kurz. „Ich bin euch etwas schuldig.“ Mo Xuanyu lächelte in einer Geste der autoritativen Rebellion. „Vielleicht kann ich behilflich sein. Es gibt einen versiegelten Pfad im Teerberg. Ich kann euch hinführen. Als Dank für eure Hilfe.“ Yi Ling wog dieses Angebot für sie ab. Je schneller sie hier raus wären umso besser. Es könnte ewig dauern, bevor sie selbst einen dieser Pfade finden würden. Er zuckte somit mit den Schultern. „In Ordnung.“ Mo Xuanyu lächelte zufrieden und gab an ihm zu folgen.   „Yi Ling.“, Lan Zhan hatte einen Moment abgewartet, der Mo Xuanyu weit genug vorangehen ließ, das dieser sie nicht hören sollte, war Chénqíng ebenso dabei ihn in einem Gespräch zu halten, das ihnen Zeit verschaffte. „Bist du dir sicher, das…, fuhr er fort, und Yi Ling grinste breit und übertrieben, als habe man ihm gerade etwas erzählt, das ihn derart zu amüsieren wusste. Er schuppste Lan Zhan kumpelhaft mit der Schulter nach vorn. „Lan Zhan, keine Sorge. Ich beschütze dich, wenn uns nochmal so ein Monster über den Weg laufen sollte. Also sei nicht so ängstlich.“ Er klopfte ihm darauf auf den Rücken und grinste weiter. „Sorry, für das kleine Schauspiel. Lass mich einfach reden, okay.“, schickte er diesem seine eigentlichen Worte in dessen Gedanken, und Lan Zhan sei Dank, verstand dieser seine Finte. Solange er auf diesen hörbar einredete, sollte man keinen Verdacht schöpfen, was in ihren Köpfen vorging. „Warum hast du sein Angebot angenommen? Es erscheint mir fragwürdig, ob er die Wahrheit sagte.“ Yi Ling verstand dessen Zweifel. „Ich weiß, aber ich denke, hätten wir es abgelehnt, wäre er uns dennoch, versteckt, gefolgt. So, haben wir ihn im Blick. Auch wenn ich nicht weiß, was sein Ziel sein könnte. Es wäre recht umständlich, sollte es dazu dienen uns zu Nie Mingjue zu lotsen. Er ist nicht der Typ für solche Spielchen.“ Lan Zhan nickte zustimmend und es bestätigte Yi Ling´s Annahme, dass etwas anderes, hinter dem Auftauchen der Nie Wache stecken könnte, noch etwas mehr. „Fürs Erste, folgen wir ihm. Bàng Hēi und Chénqíng sind ebenso angewiesen wachsam zu bleiben.“ Er legte ihm über sein Gerede nach außen, einen Arm über die Schultern und war etwas überrascht, das Lan Zhan nicht eine Spur des Missfallens darauf zeigte. Aber womöglich war das seine Art des Schauspieles. Zu zeigen, dass sie sich für solche Zutraulichkeiten nahe genug standen. „Yi Ling hat womöglich Recht.“, erwiderte dieser und zu Yi Ling´s Erheiterung, rempelte ihn Lan Zhan nun seinerseits in einer freundschaftlichen Geste etwas an, während sie Mo Xuanyu folgten. Der Teerberg lag inmitten eines Sumpfes, der, wie man bereits erahnen konnte, aus schwarzer, übelriechender Masse bestand, die hier und da ominös blubberte und über die sich ein behäbig schleichender Nebel bewegte. Es wäre der perfekte Ort, um jemanden auf nimmer wiedersehen verschwinden zu lassen, ohne sich, wenn denn möglich, die Hände schmutzig zu machen. Mo Xuanyu verwies sie auf einen Pfad, der sich unter welken Gräsern und widerspenstigem Gestrüpp versteckt befand. An manchen Stellen blieb ihnen nichts anderes übrig, als ein stückweit durch den fauligen Schlick zu waten, oder sich durch weiteres, starrsinniges Unterholz zu kämpfen. Und all dies mit dem beständigen Gefühl, das etwas im Dickicht auf sie lauerte. Sie beobachtete. Verschiedene, fremdartige Laute huschten ab und an durch die sumpfige Luft, ohne dass man hätte bestimmen können, aus welcher Richtung genau sie kamen. Yi Ling fluchte nicht zum ersten Mal über diesen vermaledeiten Ort. Diesen Geruch würde er wohl nie wieder aus seinen Kleidern bekommen. Mo Xuanyu indes behielt sein Lächeln bei. Ein Lächeln, das ihn, auf den ersten Blick unschuldig, ungefährlich erscheinen ließ, während er ihnen versicherte, dass sie es beinahe geschafft hatten. Doch zierte es dessen Gesicht stets mit einem unnatürlichen Schein, als wäre er es nicht gewöhnt solch eine Mimik zu zeigen. Ein merkwürdiges Surren drang an ihre Ohren, das sich in dem weiter aufsteigenden Nebel nur zu vermehren schien und die Luft mit einem Vibrieren versah, das einem das Herz in einen unangenehmen, holprigen Rhythmus versetzte. Es passierte von einem Augenblick auf den anderen, das ein Schwarm dunkelbläulich schimmernder Insekten durch den Dunst brach und diesen schwadenhaft aufwirbeln ließ, über das dutzendfache Schlagen von Flügeln. Yi Ling folgte Lan Zhan´s Abducken, als diese in wogenartiger Formation auf sie zuhielten, als wolle man sie, wie von einer Strömung erfasst, mitreißen. „Traumfänger.“, hörte er Lan Zhan in einem unerfreuten Ton feststellen. Diese Biester waren allein so groß, wie die Kuppe eines kleinen Fingers. Und wie Moskitos, mochten sie es sich in feuchten Lagen anzusiedeln.Allerdings besaßen sie drei nadelgleiche Saugrüssel. Ihre sechs Beine waren jeweils mit einer ebenso spitzen Kralle versehen, um sich besser an ihren Opfern festhalten zu können. Der Leib gepanzert, wie der eines Käfers, was ihnen zugleich eine Tarnung, wie auch Schutz war. Es war jedoch selten, sie in solch einem riesigen Schwarm anzutreffen. Verirrten sich eher vereinzelte Exemplare in die Menschenwelt, wo sie, wenn sie nicht auch genügend Yin-Qi zapfen konnten, eher harmlos und unerkannt blieben. Doch sollten sie sich zusammenfinden, reichten schon zehn dieser Dinger aus, um einen einfachen, erwachsenen Mann überwältigen zu können. Diese Wesen injizierten eine Substanz, die einen träge und schläfrig machte, bis ihr Opfer wehrlos zurückblieb. Meist erwachte man nicht von selbst wieder, sondern blieb in einer Illusion; einem Traum, gefangen. Solange bis diese Tierchen einen die komplette Lebensenergie ausgesaugt hatten. Wenn man wusste, womit man es zu tun hatte, war es einfach etwas dagegen zu unternehmen. Schon ein simples Serum konnte die Person wieder zu sich bringen. Solch ein Schwarm jedoch, würde eine ganze Stadt leersaugen können. Hier unten waren diese Viecher wesentlich aggressiver, was Yi Ling genervt murren ließ, als er abermals in Deckung gehen musste, bevor er einen Schild aus Yin um ihre Gruppe zog, dass diese nicht durchdringen konnten, bei Berührung jedoch benommen zu Boden fielen. Sie waren nicht intelligent genug, um ihren Nachteil zu erkennen, dass der Schwarm sich recht schnell zu lichten begann, und die letzten Traumfänger es dann doch aufgaben. Yi Ling behielt seine Vorsicht jedoch bei, und beließ das Schild um sie, bis sie den Sumpf hinter sich gebracht hatten. Eine massive Steilwand ragte darauf vor ihnen empor. Der Gipfel des Teerberges war von rotbraunen Wolkenfetzen umgeben und Yi Ling hoffte, dass sie nicht den kompletten Fels würden besteigen müssen. Sein Zustand wurde spürbar schwieriger auszubalancieren, tigerte das yuàn qì in seinem Körper, wie ein kampflustiges Raubtier umher. Es spürte, dass es hier zu Hause war und wollte nichts anderes, als aus seinem Käfig heraus und sich austoben. Es würde keine Rücksicht darauf nehmen, ihn in seinem Übermut zu zerreißen. „Es gibt eine Höhle etwas weiter oben.“, teilte ihnen Mo Xuanyu mit und nachdem sie ein Stückweit am Fuße des Berges entlang gegangen waren, zeigte sich ein Weg das Massiv hinauf. Er war schmal genug, das man nacheinander zu laufen hatte. Ein unbedachter Fehltritt in größerer Höhe wäre ebenso fatal, zeigte sich das Gestein an manchen Stellen porös und bereits abgetragen. Bis jetzt hatten weder Bàng Hēi noch Chénqíng etwas Ungewöhnliches bemerken können, was diesen Mo Xuanyu anbelangte, aber das hatte immer noch nichts zu bedeuten. Sie erklommen den Berg, der ihnen einen Blick über das Ödland um sie herum ermöglichte. Die Winde hier waren von fast schneidender Qualität, die einen ein bissiges Zwicken auf unbedeckter Haut spüren ließen. Dass er sich ein wenig schwummrig fühlte, schob er auf die Höhe. Doch selbst von hier oben, konnte man die Brücke, die zu Niútóu´s Tor führte nicht erspähen, was annehmen ließ, das sie recht weit im Inneren der Unheiligen Ebene gelandet waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)