Burn it down von lunalinn (After War) ================================================================================ Kapitel 2: Be on fire --------------------- Die nächsten Wochen sind durchwachsen, aber garantiert nicht einfacher. Wie erwartet, haben sie All Might zu ihrem aktuellen Maskottchen auserkoren…und es funktioniert auch noch. Anscheinend lassen sich immer noch viele Gemüter von seinem Plus Ultra Gelaber und seinem unerschütterlichen Optimismus einwickeln. Vogelscheuche hin oder her. Hawks weiß, dass es unfair ist, so abwertend über ihn zu denken, denn All Might verliert kein schlechtes Wort über sie beide. Im Gegenteil, er redet nichts schön, aber er bittet die Leute darum, nicht so einseitig über sie zu denken. Er gibt ihnen den Denkanstoß, dass auch Helden ihre Schattenseiten haben und Fehler machen. Vielleicht zeigt er auch deshalb etwas Verständnis, weil er sich einen Teil der Schuld an Shigarakis Entwicklung gibt. Weil seine Mentorin dessen Großmutter war und er es hätte verhindern müssen. Es sind ehrliche Worte. Solche, die tatsächlich den ein oder anderen nachdenklich stimmen und mehr kann man aktuell nicht verlangen. Hawks‘ Verbitterung rührt nicht von All Might her, sondern von dem, was er selbst getan hat. Von seinem Mord an Bubaigawara und…was er immer noch verheimlicht und sich nicht zu sagen traut. Weil Enji ihm das nie im Leben verzeihen würde. Das wäre das Ende ihrer Beziehung, die sie so mühsam zueinander aufgebaut haben und die nun das Einzige ist, das ihnen noch Kraft gibt. Hawks verbringt aktuell noch mehr Zeit mit Enji als vor diesem Krieg; auch wenn das etwas Masochistisches an sich hat. So sehr er die Nähe des Älteren braucht, so sehr quält ihn das schlechte Gewissen. Hawks ist regelrecht froh, dass sie momentan so wenig Sex haben, denn das macht es nur noch schlimmer. Zudem verläuft das mit seinen Flügeln nicht wie erhofft. Nach wochenlangen Schmerzen, die auch jetzt noch nicht komplett abgeklungen sind, hat sich gerade mal der rechte Knochen regeneriert. Wenn man dieses traurige Gebilde überhaupt einen Flügel nennen kann, denn er ist weder vollständig ausgebildet noch sind alle Federn nachgewachsen. Die meisten sind zudem noch sehr weich, können also nur bedingt als Waffen genutzt werden, aber es ist ein Anfang. Beim Gedanken daran, dass er für immer mit diesem verkrüppelten Ding leben muss, möchte er sich übergeben. Die Erkenntnis, dass er nie wieder wird fliegen können, wird immer präsenter, auch wenn er es zu verdrängen versucht. Er weiß bloß nicht, wie lange er das noch durchhalten kann, ohne wahnsinnig zu werden. Während er, wie so oft in letzter Zeit, durch die Straßen läuft, auf dem Weg zum Flame Hero, vibriert sein Handy. Stirnrunzelnd nimmt er es aus der Bauchtasche seiner Jacke, sieht auf das Display und…erstarrt. Damit hat er nun überhaupt nicht gerechnet. Er sieht sich kurz um, ehe er in einer Seitengasse verschwindet und erst dort rangeht. „Hm“, macht er als Begrüßung nur, weil man nie weiß, wer lauscht. Die wenigen Federn, die er noch besitzt, hütet er momentan wie einen Schatz, was ihm gleichzeitig lächerlich vorkommt; früher hat er nicht einen Gedanken an so etwas verschwendet… Dennoch, er muss vorsichtig sein, denn es ist nicht immer klar, wie die Leute auf ihn reagieren. „Hawks. Wir haben einen Auftrag für dich.“ Wie immer ohne Umschweife. Für einen Moment weiß er nicht, wie er reagieren soll; ist das ein schlechter Scherz? Die Kommission ist über seinen Zustand informiert, sie wissen, dass er in keiner guten Verfassung ist. Wollen sie ihn auf diese Weise loswerden? Weil er ein Problem geworden ist? „Ich…“, beginnt er, wird jedoch direkt unterbrochen. „Keine Sorge. Wir haben sowohl deine körperliche Verfassung als auch deinen gesellschaftlichen Stand berücksichtigt. Komm bitte zum Hauptquartier, damit wir alles Weitere gemeinsam besprechen können.“ „Eh…okay…“, entkommt es ihm überfordert. „Und Hawks?“ „Ja?“ „Benutz bitte den Hintereingang. Es handelt sich um einen inoffiziellen Auftrag.“ Zumindest das ist nichts Neues, denn solche Aufträge hat er in der Vergangenheit öfter auf sich genommen. Es war nie ein Problem, das ist es auch jetzt nicht. „…verstanden.“ Als er auflegt, weiß er nicht, wie er sich fühlen soll. Glücklich, weil er die Möglichkeit bekommen wird, sich zu beweisen, dass er nicht völlig nutzlos ist? Oder sollte es ihm zu denken geben, dass sie plötzlich Arbeit für ihn haben, obwohl er in seinem Zustand weitestgehend unbrauchbar ist? Es wird ja wohl einen Schurken geben, dem er sich annehmen soll, oder? Vielleicht ist es auch irgendeine Drecksarbeit, für die sie niemand Einsatzfähigen verschwenden wollen… Hawks seufzt leise, während er in dieser dreckigen Gasse steht und in den Himmel blickt. Ein paar Vögel fliegen am wolkenlosen Himmel…und er kommt nicht umhin, sie zu beneiden. Dann fasst er sich jedoch und nimmt sein Handy, um Enji zu schreiben, dass er ihr Treffen verschieben muss. Vielleicht soll er seine Mission noch heute antreten, dann ist der Ältere wenigstens nicht enttäuscht. Er wird ihm lieber noch nichts davon sagen, sonst regt er sich auf, obwohl dazu vielleicht gar kein Grund besteht. Er wird den Inhalt seines Auftrages ja bald herausfinden. Mit diesem Gedanken steckt er das Handy weg und macht sich auf den Weg. Zu Fuß und mithilfe von Bus und Bahn…es hört nicht auf, ihn zu deprimieren. Wie besprochen nimmt er den Hintereingang, an welchem er schon erwartet wird. Die Männer in Anzügen, die immer eine Sonnenbrille tragen, kennt er schon seit seiner Kindheit. Keiner von ihnen ist wirklich unfreundlich zu ihm, jedoch genauso stoisch und reserviert wie eh und je. Gern ist er nicht hier, auch wenn er seine komplette Kindheit in diesem Gebäude verbracht hat. Na ja, Kindheit ist relativ, aber so ist das eben, wenn man ein besonderer Held werden will. Ganz oder gar nicht. Enji hat ihm bisher nicht geantwortet, aber vielleicht schläft er ja endlich mal. Sie haben beide damit ihre Probleme und vielleicht klammern sie sich deswegen umso mehr aneinander. Gewissensbisse hin oder her...unter Enjis muskelbepacktem Körper begraben zu liegen, ist einfach das Schönste, was es gibt. Er muss nur lernen, die Erinnerung an Dabi aus seinem Kopf zu tilgen. Wenn er sich einredet, dass es niemals passiert ist, glaubt er es vielleicht selbst irgendwann. Hoffnung ist da… Er seufzt stumm, schlägt seine Kapuze zurück und fährt sich durch die zerzausten Haare. Zu seiner Verteidigung, sie haben ihn direkt her zitiert, er hat also keine Zeit gehabt, sich hübsch zu machen. Unauffällig genug ist er in seinem Schlabber-Look jedenfalls und der verkrüppelte Flügel passt auch unter die Jacke, dagegen kann keiner was sagen. „Er ist da.“ Hawks lässt sich von den beiden Männern im Anzug den Weg in den Raum weisen, obwohl er ihn in- und auswendig kennt. Die machen ja auch nur ihren Job. Er hat die Hände in den Hosentaschen vergraben, sieht sich mehr flüchtig um, ehe er merklich stockt. Was zum…? „Du bist spät, Hawks.“ Hawks ignoriert die Präsidentin, welche ihn mahnend ansieht, während sie an ihrem Schreibtisch mit zusammengefalteten Händen sitzt. Er kann den Blick nicht von der hünenhaften Gestalt abwenden, die dort steht und Hemd und Anzughose trägt. Zur Hölle…wie hat er das hinbekommen? Hawks kann nicht mal den Geruch von Whiskey wahrnehmen, der in letzter Zeit sein ständiger Begleiter ist. „Endeavor-san ist bereits seit einer halben Stunde hier.“ „…sorry“, entkommt es ihm trocken, auch wenn das vielleicht respektlos ist. „Öffentliche Verkehrsmittel sind halt nicht immer so verlässlich, was Pünktlichkeit angeht.“ Die Präsidentin runzelt die Stirn, blickt ihn verständnislos an. „Hättest du erwähnt, dass du auf so etwas zurückgreifen musst, hätten wir dir einen Wagen geschickt.“ Natürlich hat er keine Sekunde an so etwas gedacht. Der Anruf hat ihn zu sehr geschockt, als dass da noch Platz für solche Lappalien gewesen wäre. Enji steht nur da und mustert ihn mit einem Ausdruck, den er nicht deuten kann. Vielleicht ist er genauso verwirrt darüber, dass sie beide hierher zitiert wurden. „Nicht dran gedacht…aber jetzt bin ich ja hier. Fragt sich nur weswegen“, gibt er zurück und neigt den Kopf. Die Präsidentin nickt, sieht sie beide einmal durchdringend an, ehe sie Luft holt. „Wie euch sicherlich bewusst ist, hat die Offenbarung eurer Taten dazu beigetragen, dass wir in diesem Schlamassel stecken. Ich sage dies völlig wertfrei, es ist eine Tatsache, die ihr ja bereits akzeptiert habt, indem ihr euch aus der Öffentlichkeit zurückgezogen habt.“ Hawks senkt den Blick, widerspricht nicht. Dazu gibt es einfach nichts zu sagen. „Es ist das Beste, wenn dies auch so bleibt. Eine Presseerklärung könnt ihr abgeben, wenn sich die Lage beruhigt hat – und wir wissen, ob ein Rücktritt notwendig ist oder nicht.“ Hawks beißt sich fest auf die Unterlippe, doch alles, was sie sagt, weiß er bereits. Ein kurzer Blick zu Enji zeigt ihm, dass dieser genauso denkt. Seine Miene ist grimmig wie eh und je, während er dort mit verschränkten Armen steht…doch sein Schweigen ist Antwort genug. „Trotzdem könnt ihr helfen, das alles in Ordnung zu bringen. Ihr seid nicht vollständig wieder hergestellt, ebenso wie die League. Neben Shigaraki und seinem Monster ist Dabi…oder auch Todoroki Touya die größte Bedrohung für unser System.“ Bei dem Namen versteifen sie sich beide und Enji knirscht hörbar mit den Zähnen. „Letzterer wurde südlich von hier im Gebirge gesehen. Wir gehen davon aus, dass sie ihre Truppe gesplittet haben, um sich besser verstecken zu können. Offiziell können wir keine Helden dorthin entsenden. Todoroki Touya hat bereits zahlreiche Anhänger und Fans, die ihn verteidigen und wie einen Helden feiern. Es ist ähnlich wie bei Stain damals. Ihn zu inhaftieren, würde vielleicht erst recht eine Revolution auslösen. Das wollen wir vermeiden.“ Hawks blickt sie stumpf an, denn langsam versteht er, was das hier soll. Was sie beide tun sollen. „Ernsthaft?“, entkommt es ihm ungläubig. „Ich meine…Sie wollen mich schicken, um ihn heimlich aus dem Weg zu räumen. Okay. Klingt plausibel…sowas ist mein Spezialgebiet. Krüppel hin oder her…aber Sie können doch nicht verlangen, dass er seinen eigenen Sohn umbringt?! Das ist-“ „Hawks.“ Er hält inne, als Enji ihn ruppig unterbricht. Obwohl er so knurrt, drückt sein Blick Erschöpfung und Resignation aus. „Du musst nicht für mich sprechen…und es ist auch keine unmögliche Forderung. Ich habe den Schaden verursacht, also muss ich auch dafür gerade stehen.“ Die Präsidentin wartet anscheinend, ob Hawks noch etwas dazu äußern will. Er kann nicht. Weil ihm unbegreiflich ist, wie Enji das auch nur in Erwägung ziehen kann. Dabi ist eine Gefahr für die ganze Welt, so fanatisch, unberechenbar und skrupellos, wie er ist. Ja…aber Enji ist trotzdem sein Vater. „Ich verlange gar nichts“, bricht die Präsidentin ruhig das Schweigen. „Ihr könnt beide ablehnen…jedoch wäre ich froh, würdet ihr es nicht tun. Einzeln seid ihr beide nicht vollständig einsatzfähig, zusammen habt ihr eine gute Chance…zumal Todoroki Touya ebenfalls schwere Verletzungen erlitten hat. Ich bitte euch, noch einmal in Ruhe darüber nachzudenken und dann eure Entscheidung zu tr-“ „Da gibt es nichts zu überlegen“, fällt ihr Enji grollend ins Wort. „Ich mache es…ob er dabei ist oder nicht.“ Die Präsidentin blickt ihn einen langen Moment an, ehe sie stumm nickt. Anscheinend sieht sie ein, dass weitere Worte unnötig sind. Nun liegt es an Hawks, was kein angenehmes Gefühl ist. Eigentlich will er so viel Entfernung zwischen Dabi, Enji und sich wissen, wie nur irgendwie möglich. Er kann Enji aber genauso wenig im Stich lassen, indem er ablehnt. Dabi mag verletzt sein, aber er ist ein hinterlistiges Miststück. Er hat Mittel und Wege, seinen Vater so zu treffen, dass der sich eine Blöße erlaubt…und Enji zu verlieren, das kann sich Hawks nicht leisten. Er befindet sich in einer Zwickmühle. Beide Optionen sind scheiße, aber er muss das kleinere Übel wählen und das ist… „Ich komme mit.“ Enji widerspricht nicht, aber er wirkt auch nicht sonderlich glücklich darüber. Vermutlich befürchtet er, Dabi könnte ihm noch mehr antun…aber mal ehrlich, was hat er noch großartig zu verlieren? Außer dem Mann, der alles für ihn ist. Davon weiß die Präsidentin natürlich nichts, weswegen sie einfach nur zufrieden nickt, ehe sie ihr dunkelblaues Kostüm glatt streicht. Sie steht auf und händigt ihnen die Akten aus, in denen sich wahrscheinlich die genauen Daten über Dabis Aufenthaltsort befinden. Durchdringend blickt sie jeden von ihnen einmal an und Hawks denkt nicht zum ersten Mal, dass auch sie etwas von einem Raubvogel hat. „Hier findet ihr alle Informationen. Da euer Auftrag nicht an die Öffentlichkeit geraten soll, haben wir uns bereits um Reservierungen von nötigen Verkehrsmitteln gekümmert. Verhaltet euch unauffällig und bleibt mit uns in Kontakt. Die Kommission verlässt sich auf euch.“ Sie beide nicken das einmal ab und nehmen die Akten entgegen, ehe sie von den Männern in Anzügen hinausbegleitet werden. Die Fahrt im Taxi verbringen sie schweigend miteinander. Jeder scheint seinen Gedanken nachzuhängen und Hawks weiß nicht, ob er wütend auf den Älteren sein soll. Dieser sieht Dabi als seine Verantwortung an, es ist daher verständlich, dass er das niemand anderem überlassen will. Trotzdem hat Hawks ein ungutes Gefühl, das ihn nicht in Ruhe lässt. Sie werden am Stadtrand abgesetzt, gehen die wenigen Schritte zur Hütte, die sowas wie ihr geheimes Nest geworden ist, zu Fuß. Erst, als sie die Schuhe ausgezogen haben und die Tür ins Schloss fällt, atmet Hawks hörbar aus. „Das ist so eine beschissene Idee!“, entkommt es ihm, wofür er nur einen finsteren Blick erntet. „Du bist aus einem guten Grund auf Sparflamme, verdammt! Willst du dich umbringen?!“ „Sagt der Richtige…wolltest du ihn nicht auch im Alleingang finden?“, kontert Enji und stapft ins Wohnzimmer, wo er sich direkt die Whiskeyflasche schnappt. „Tolle Idee…dann kann er dir den jämmerlichen Rest auf deinem Rücken auch noch wegbrennen.“ Hawks starrt ihn an und für eine Sekunde ist er so verletzt, dass er sprachlos ist. Dieser jämmerliche Rest ist alles, was ihm noch geblieben ist. Ein Schlag ins Gesicht hätte weniger wehgetan. Er versucht, sich zu fassen. Wenn er jetzt anfängt zu heulen wie ein Mädchen, muss er sich den Gnadenstoß geben. Das könnte er nicht ertragen. Enji hat kaum die Flasche an die Lippen gesetzt, da knallt er sie auch schon wieder auf den Tisch und flucht. „Hawks, ich…das war…Scheiße, ich wollte nicht…es tut mir leid.“ Das tut es wirklich. Man sieht es ihm an, aber der Schmerz geht davon nicht weg. Dafür, dass er sonst so schlagfertig ist, ist es fast schon peinlich, wie er nur da steht und die Fäuste ballt. Er beginnt zu zittern, als Enji auf ihn zukommt und die Arme um ihn schlingt. Das ist fast noch schlimmer. In so einer Situation so gehalten zu werden, die Wärme zu spüren…die Lippen, die sich auf seinen blonden Schopf drücken. „Ich…bin ein Arschloch…“, nuschelt Enji gegen seinen Kopf. Hawks atmet tief durch, während er sich in die Umarmung sinken lässt. Sie ist nicht zu fest, darauf bedacht, seine empfindlichen Stellen nicht zu berühren. Es ist schön. „Das sind wir beide irgendwie…oder?“ Wenn man bedenkt, dass seine Worte den Älteren auch gekränkt haben müssen. Sparflamme. Wirklich nicht so witzig, wie man meinen könnte… „…wahrscheinlich.“ „Aber du bist das größere…“, versucht er einen dummen Witz zu reißen. „Und du das frechere.“ „…dafür bist du sturer!“ Es kommt ihm trotzig über die Lippen, während er seine Wange gegen die breite Brust drückt. Ein Schnauben dringt an seine Ohren und er schließt die Augen, möchte diese Nähe genießen. „…sagt der Richtige“, wiederholt er seine Worte von vorher und Hawks muss lächeln. „Ich bin zauberhaft~!“, scherzt er schwach und wird in die Seite gekniffen. „Wenn du schläfst vielleicht…“ „Jemanden beim Schlafen zu beobachten, ist gruselig, weißt du…“ „Ach, sei still…“ Bevor er protestieren kann, drückt ihm Enji seine Lippen auf den Mund…und während er den Kuss innig erwidert, kommt ihm der Gedanke, dass es sich fast wie sonst anfühlt. Wie vor alledem. Bevor es so kompliziert geworden ist. Das hier fühlt sich richtig an. Hier gehört er hin…und er wird verdammt noch mal alles dafür geben, dass das so bleibt. Scheiß auf Dabi. Scheiß auf Todoroki Touya…das hier wird er ihm nicht kaputtmachen, egal, in welcher Hinsicht. Dieses plötzliche zornige Feuer bringt ihn dazu, die Arme um Enjis Stiernacken zu schlingen, mit einem Satz hochzuspringen und seine Beine um seine Hüften zu schlingen. Beinahe wird er fallen gelassen, spürt dann aber die kräftigen Arme unter seinem Hintern. Seine Schmerzen sind ihm gerade so dermaßen egal…er will endlich wieder seinen Körper fühlen. „Nh…Enji…verdammt, ich will dich…“, keucht er gegen seine Lippen. Der Ältere stöhnt rau…und Hawks spürt, dass er bereits halbhart ist. Sehr gut. Er löst den Kuss, um ihm in den Hals zu beißen, sich daran festzusaugen. Nie hat er jemanden so sehr für sich gewollt. Seins. „Hawks…das ist keine…“ „Scheiß drauf!“, zischt er ihm dazwischen und presst seine Lippen verlangend auf die des anderen. Das bricht den Damm und er wird in das kleine Schlafzimmer getragen, in dem das Doppelbett dominiert. Die Rollläden sind zugezogen, es ist dunkel…nur sie beide. Perfekt. Er wird auf den Bauch geworfen, Enji ist über ihm, beißt ihm so fest in den Nacken, dass er allein davon hart wird. Scheiße, er hat Recht…es ist eine dumme Idee, aber das heißt nicht, dass sie aufhören werden. Er will ihn in sich, will sein Gewicht auf sich spüren…seinen Geruch wahrnehmen…und all das bekommt er auch. Sein Hintern brennt, als er danach auf Enjis breiter Brust liegt und sich so erschöpft wie lange nicht fühlt. Ihm tut alles weh, jeder Muskel, sein Rücken…doch das ist es wert. Dieses Gefühl danach, wie sie eng aneinander geschmiegt, völlig verschwitzt unter der Decke liegen…es gibt nichts Schöneres. Eine Pranke streichelt seine Seite, die andere ist verschränkt mit seiner eigenen, kleineren Hand. Hawks kommt der Gedanke, dass es immer so sein sollte. Nur sie beide. Hier. Verschanzt. Ohne Pflichten oder Schurken. Ohne diese ganzen Probleme da draußen…doch genauso gut weiß er, dass das nicht geht. Sie müssen den Scherbenhaufen, den sie angerichtet haben, wieder zusammenkleben…oder entsorgen. Aber nicht heute. Gerade möchte er das hier genießen und sich gut fühlen. „Das vorhin…was du gesagt hast…“ Hawks will nicht, dass Enji weiterredet, denn er ahnt, dass es diesen perfekten Moment kaputtmachen wird. Innerlich seufzt er, wartet jedoch ab, unterbricht ihn nicht. „…dein Spezialgebiet.“ Etwas in Hawks möchte die Flucht ergreifen. In den letzten Wochen haben sie sowohl das Thema rund um seine Vergangenheit, als auch seine geschäftliche Beziehung zu Dabi gemieden. Es schwebt zwischen ihnen wie eine unsichtbare Blockade…und Hawks fragt sich, ob Enji vielleicht genauso viel Angst davor hat, die Wahrheit zu hinterfragen…wie Hawks davor, sie zu erzählen. Vielleicht sollte er ihm zuvorkommen, damit sich das hier nicht wie Kaugummi zieht. Da der Ältere so ruhig dabei klingt…und vorher mit ihm geschlafen hat, erzürnt es ihn wohl nicht so sehr, wie Hawks immer befürchtet hat. Vielleicht ist das aber auch nur die Ruhe vor dem Sturm. „…die Antwort auf deine Frage ist ja“, murmelt er und schließt die Augen. „Ich wusste von dem Nomu, der dich…beinahe getötet hat. Ich…wusste, dass er kommen würde und ich habe dich…deswegen gerufen. Die Forderung war, einen Helden herzubeordern, damit das Vieh getestet werden kann – und möglichst viel Chaos anrichtet. Ich war sicher, dass du es bezwingen…und der Welt zeigen würdest, dass du es verdienst, an der Spitze zu stehen.“ Es ist nicht gelogen. Genau das ist seine Intention gewesen, doch trotz allem hat er ihn praktisch ans Messer geliefert. „Na ja…nur habe ich es einen Tag später erwartet…“, ergänzt er, auch wenn das wohl keine Rolle spielt. Enji ist still und Hawks traut sich nicht, zu ihm aufzuschauen. Dass er nicht weggeschoben wird, sondern weiter bei ihm liegen darf, ist ein gutes Zeichen, nicht wahr? In Flammen ist er auch noch nicht aufgegangen… Sein eigenes Herz pocht beinahe schmerzhaft in seiner Brust, sodass er hofft, dass das hier nicht die Antwort ist. Dieses bedeutungsschwere Schweigen… „Okay.“ Hawks hebt nun doch den Kopf, starrt ihn ungläubig an. „Okay?“, wiederholt er und blickt in die türkisfarbenen Augen. „Was soll das denn jetzt heißen? Sei wütend, enttäuscht, brüll mich an…aber sag doch nicht bloß…okay! Ernsthaft…du machst mich fertig…“ Enji hebt eine Braue, sieht ihn mit einem Blick an, der nicht leicht zu deuten ist. Dann schnaubt er und lehnt sich zurück, atmet hörbar durch. Es klingt wieder ein bisschen rasselnd. „Was würde mir das bringen?“, brummt er. „Du warst ein Spion. Es war dein Auftrag. Du hast das Beste draus gemacht…und wäre ich gestorben, wäre ich den Titel nicht wert gewesen. So konnte ich mich beweisen. Außerdem…hast du dennoch mit mir gekämpft.“ Hawks weiß nicht, was er dazu sagen soll. In seinem Inneren ist er zwiegespalten. Zum einen ist er erleichtert, dass Enji diese eine Last, die schon so lange auf seiner Seele liegt, so gut aufnimmt…zum anderen ist da noch mehr, das er ihm sagen müsste. Jetzt ist die Gelegenheit. Eine bessere wird es nicht geben… „Ich…“ Die vom Feuer rauen Finger streicheln ihm durch die widerspenstigen Haare, während Enji ihn fest ansieht. „Es ist okay, Hawks. Wirklich.“ Nein. Er kann es nicht sagen. Er kann ihn nicht verlieren. Allein der Gedanke reicht aus, um die Panik in ihm zu wecken. Er weiß, dass Enji sein Anker ist…und andersherum ist es genauso, oder? Sie brauchen einander. „…und dass ich…meine Vergangenheit…ich-“, entkommt es ihm abgehackt, weil er irgendwas sagen muss. „…ich hoffe, dass niemand Shouto nach meinen Taten beurteilt“, erwidert Enji verbittert. „Und auch du…bist nicht wie dein Vater.“ Da ist sich Hawks nicht mehr so sicher. Ein Mörder ohne Gewissen. Mörder…check. Gewissen? Nun, wenn man bedenkt, dass er hier neben dem Mann liegt, den er liebt und dem er verschweigt, dass er ihn schamlos mit seinem eigenen Sohn betrogen hat… Die große Hand des Älteren löst sich aus seinen Haaren, findet an seiner Wange Platz…der Daumen streichelt über die verbrannte Haut in seinem Gesicht. Dann beugt er sich vor und küsst ihn…und Hawks kann nicht anders, als es zu erwidern. Er fühlt sich wie das Allerletzte…aber er kann sich nicht überwinden, reinen Tisch zu machen. Er will das, was sie haben, nicht zerstören. Und wenn er Dabi dafür zum Schweigen bringen muss, wird er das tun. Das ist ihr Auftrag, nicht wahr? Er wird Enji diese Last nicht aufbürden…das ist sein Job. Er ist ohnehin verdorben bis ins Mark. Dabi zu finden ist alles andere als einfach. Die Fahrt zum Gebirge legen sie am nächsten Morgen mit dem Zug zurück, wobei die Kommission ein ganzes Abteil für sie gemietet hat. Es ist dennoch kein Leichtes, dauerhaft unentdeckt zu bleiben, doch bislang ist es ihnen wohl gelungen. Zumindest hat sie noch niemand angerufen oder angeschrieben, um sie auf Fehler hinzuweisen. Hawks fragt sich, warum sich jemand wie Dabi in einem Labyrinth aus Bäumen versteckt – ein Funke und die ganze, verdammte Gegend brennt lichterloh. Vielleicht ist aber auch genau das der Plan. Feuer stiftet Chaos und Zerstörung…genug, um den Überblick zu verlieren und ihm die Flucht zu ermöglichen. Gewappnet sind sie jedenfalls. Hawks mag Wandern nicht, aber wäre das hier ein Kurzurlaub mit seinem Partner, würde er möglicherweise sogar Gefallen an diesem Ausflug finden. Trotz Boots und Trainingsjacke (diesmal mit Loch für seine Flügel…beziehungsweise den einen), sowie einem großen Rucksack auf dem Rücken. Enji sieht in dem Army-Look eigentlich sogar ziemlich heiß aus, aber gut, dafür sind sie nicht hier – davon abgesehen, dass sie beide angespannt genug sind. Sie wissen nicht, wie lange sie brauchen werden, um Dabi zu finden. Es kann Stunden dauern…oder auch Tage. Da sie nicht viele Anhaltspunkte haben, außer den Informationen, die ihnen die Kommission hinterlassen hat, müssen sie auf Glück hoffen. Hawks‘ wenige rote Federn haben sich zu diesem Zweck im Wald verteilt, um die größtmögliche Reichweite zu erzielen. Es haftet ein bitterer Beigeschmack daran, sie dafür zu verwenden. Er hat sich besser gefühlt, als sie noch Teil seines Körpers gewesen sind. Nun, die scharfkantigsten hat er noch, doch sie sind mehr Dolche als Schwerter. Das wird reichen müssen. Enji neben ihm hält sich ganz gut, dafür, dass ein Teil seiner Lunge noch nicht wieder vollständig regeneriert ist. Oder jemals sein wird, doch das blendet er schnell wieder aus. Ernst wird es erst, wenn er seine Feuerkraft einsetzen muss – was er eigentlich nicht tun soll. Teufelskreis. Nun…im Endeffekt müssen sie Dabi nicht suchen. Sie sind gerade mal einige Stunden an dem Ort, an dem man ihn gesehen hat, als seine sensiblen Federn die Vibration in der Luft wahrnehmen. Nicht weit von ihnen…sie können innerhalb weniger Minuten da sein und… „Enji!“ Es ist nur ein Japsen, das ihm entkommt, ehe er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Älteren wirft – und dieser gibt zum Glück nach, lässt sich mit ihm fallen. Die blaue Feuersalve fegt an ihnen vorbei, dennoch ist die Hitze sengend heiß, sodass sie flach am Boden bleiben. Wie befürchtet, fangen die Bäume direkt Feuer – und Hawks bricht der Schweiß aus. Einige seiner Federn sind bereits Asche, die anderen lassen ihn wissen, dass ihr Ziel auf dem Weg ist. Vielleicht hat Dabi doch eine Art Trauma in ihm zurückgelassen, doch der Anblick des Feuers lässt sein Herz rasen und lähmt ihn für einige Sekunden. „Scheiße…“, zischt Enji neben ihm und stemmt sich hoch. Er schmeißt den Rucksack von sich und obwohl es um sie herum bereits aussieht wie in Hades Unterwelt, stapft er in die Richtung, aus der der Angriff gekommen ist. „TOUYA!! ZEIG DICH, VERDAMMT NOCH MAL!!“ Hawks flucht, als er ihn so brüllen hört, und rappelt sich auf. Er muss ihm schnell hinterher, auch wenn er nicht weiß, ob das angesichts des sich ausbreitendenden Waldbrandes so klug ist. Es werden bald weitere Helden gerufen werden, um den Brand zu löschen – und denen will nicht nur Dabi entgehen. „…wusste, dass ihr kommen würdet“, vernimmt er die ihm verhasste Stimme. „Wenn, dann du…oder das Vögelchen. Wobei…viel ist ja nicht mehr von seinen hübschen Flügeln übrig.“ Hawks presst die Lippen aufeinander, sein Blick ist voller Abscheu, als er Enji einholt und ihn entdeckt. Die hagere Gestalt sitzt auf dem Dach eines alten Häuschens, das wohl besagter Unterschlupf ist. Hawks hat Dabi nicht mehr gesehen, seitdem er ihn in Brand gesetzt und Tsukuyomi ihn gerettet hat. Der Krieg ist auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Sein entstelltes Gesicht zeigt kaum noch heile Haut, im Gegenteil…an einigen Stellen ist sie so verschmort, dass der Knochen hindurchblitzt. Es sieht sowohl scheußlich als auch schmerzhaft aus. Doch so mitgenommen sein Körper zu sein scheint…der Wahnsinn leuchtet in seinen manischen, türkisfarbenen Augen. Hawks fühlt sich abermals gelähmt, auch wenn er weiß, dass das ein ganz schlechter Zeitpunkt ist, um unaufmerksam zu sein. Vor allem mit Enji neben sich, dessen Zittern er regelrecht spüren kann. Was er auch gesagt hat…das hier ist sein Kind. „Traurig…wenn ich könnte, würde ich ein paar Tränen für euch vergießen“, spottet Dabi und legt den Kopf schief. „Die Nummer eins und die Nummer zwei…ein Schatten eurer selbst…in Ungnade gefallen~“ Enji ballt die Fäuste und…wie erwartet, zögert er. „Touya…es reicht...wenn du nicht-“ Vielleicht ist es nie seine Absicht gewesen, Dabi zu töten. Vielleicht will er ihn doch noch irgendwie zu retten versuchen. Ihn gefangen nehmen. Zur Besinnung bringen. Trotz aller Verbrechen ist er sein Vater. Er fühlt sich verantwortlich. Hawks versteht es…doch er kann das nicht zulassen. Ohne abzuwarten, macht er einen Satz nach vorn und seine noch verbliebenen Federn schnellen auf Dabi zu, um sich in seinen Körper zu bohren. „Hawks!!“ Er ignoriert Enji in seinem Rücken und zieht eine seiner schärferen Federn – er wird sie Dabi in den Schädel rammen und wenn es das Letzte ist, was er tut. Das blaue Feuer vereitelt seinen Angriff, noch bevor er näher rankommt…und versengt die kleineren Federn um ihn herum. So kann er nicht an ihn herankommen, nicht, ohne zu fliegen. Er ist nicht schnell genug. Dabis Grinsen überzieht sein ganzes Gesicht und die verschmorte Haut reißt an einigen Stellen. „Ich bin bestürzt, Takami Keigo…“, hört er ihn sagen und spannt sich an. „Geht man so mit einem alten Verbündeten um?“ „Halt’s Maul!“, zischt er und schleudert ihm die Feder in seiner Hand entgegen. Sie trifft nicht…schlitzt ihm lediglich die rechte Wange auf, sodass das Grinsen noch schrecklicher wird. Sein Blick gleitet kurz zu Enji herüber, dessen Miene zornig und gleichzeitig gequält wirkt. Aber wenigstens schießen die Flammen nun aus seinem Körper, zeigen, dass er bereit zu kämpfen ist. Auch wenn Hawks das nicht will…wird er es ohne ihn nicht schaffen. „Hm…“, macht Dabi und zieht an der losen Haut an seiner Wange, bis das rohe Fleisch hervorblitzt. „Nach allem, was wir zusammen erlebt haben. Eigentlich sind wir ja fast Freunde gewesen. Freunde mit gewissen Vorzügen…ich träume immer noch von deinen weichen, feuchten Lippen um meinen Schwa-“ Es ist ein Reflex, als er gleich zwei seiner roten Federn auf Dabi zuschießen lässt, welcher sein Feuer noch nicht wieder einsetzen kann. Er lässt sich zur Seite fallen, rollt sich auf dem Dach ab und kommt auf dem Boden zum Stehen. Hawks traut sich nicht, Enji anzusehen – er ist zu entsetzt über die Worte. Vielleicht hat ein Teil von ihm geglaubt, dass Dabi noch ein bisschen Niveau hat, doch das hätte er besser wissen müssen. Er tut, was er kann, um seinen Vater zu zerstören…und diesmal weiß er nicht mal um das ganze Ausmaß seiner Worte. „Was ist das für ein schockierter Blick, alter Mann?“, hört er Dabi sagen und er klingt wie die Katze, die die Maus zwischen ihren Klauen gefangen hält. Oder…den Vogel. Sein Herz rast in seiner Brust. Seine Federn versuchen abermals, Dabis Kehle zu durchbohren, doch dieser setzt nun sein Feuer ein – auch wenn es augenblicklich nach verbranntem Fleisch riecht. Er wird sich damit umbringen, wenn er es weiter ohne Rücksicht auf Verluste einsetzt. „Oh! Hat dir der kleine Spion nicht erzählt, zu was er so alles bereit war? Er hat nichts anbrennen lassen…oder? Takami? Ich weiß, du magst den Namen nicht…aber ich hatte nie die Gelegenheit, ihn zu stöhnen, während ich es dir von hinten so richtig schön besorgt hab…das war immer mein Herzenswunsch. Genau, wie deine hübschen Flügel anzuzünden.“ Hawks hat das schon immer an Dabi gehasst. Wie er Zeit schindet, indem er redet…aber noch nie so sehr wie in dieser Sekunde. „Es hat so viel Spaß gemacht, mir zu überlegen, was ich wohl als nächstes von dir verlangen kann…wie weit du für dein Ziel gehst. Aber…du hattest so wenige Hemmungen und so viel Spaß dabei, mir deinen Arsch wie eine läufige Hündin entgegen zu strecken…ich bin fast ein bisschen beeindruckt, Takami Keigo. Würde ich nicht einen Scheiß auf euch Heldenpack geben…ich hätte es dir sicher abgekauft, also sei nicht traurig, hm? Ich meine…Twice hat dir geglaubt – oh…nein warte…ich hoffe, du hast ihn nicht auf dieselbe Weise überzeugt? Das würde meine Gefühle verletzen…“ Hawks wird speiübel und plötzlich sind die Flammen, die immer näher kommen und sie bald einkesseln werden, gar nicht mehr so bedrohlich. Schlimmer sind Dabis Worte, die wie Faustschläge sitzen. Die ihn mehr demütigen, als alles, was Dabi je von ihm verlangt hat. Er weiß nicht, wie er sich verteidigen soll, denn bis auf die Sache mit Bubaigawara…kann er nichts leugnen. „…was?“, hört er Enji keuchen und kann sich selbst nicht mehr rühren. „Das…das ist nicht…“ „Wahr?“, hilft Dabi ihm genüsslich weiter. „Es ist so wahr wie die Tatsache, dass er von dem Nomu, den ich geschickt habe, wusste. Er hat dich ins offene Messer laufen lassen, Dad…hat riskiert, dass dir der Schädel gespalten wird. Skrupellos wie sein Vater, hm? Aber damit kennst du dich ja aus, alter Mann…“ Die Sache mit dem Nomu wird Enji an der ganzen Geschichte am wenigsten treffen. Weil er das schon weiß. Hawks kann sich immer noch nicht rühren, geschweige denn den Flame Hero ansehen – auch weil er einen Angriff Dabis fürchtet, wenn er sich die Blöße erlaubt. Darauf setzt dieser sicherlich. Dass er die Lücke findet. „Du denkst, ich lüge? Warum sollte ich? Frag ihn. Nur zu…er war richtig versessen darauf, sich mein Vertrauen zu erschleichen. Er hätte buchstäblich alles dafür getan. Es war amüsant…“ Liegt es an dem Rauch oder wird die Luft dünner…weil er innerlich gegen Angst und Ekel kämpft? „Einen feinen Partner hast du da…nun, er hat den armen Twice hinterrücks abgestochen…warum sollte es dir anders ergehen? Aber seid beruhigt…IN DER HÖLLE INTERESSIERT DAS KEINEN MEHR!!“ Hawks schafft es noch, sich zur Seite zu schmeißen, bevor ihn die Flammen erfassen – es ist, als hätte sich Dabi seine Kraft bis hierhin aufgespart. Es ist so heiß, die Luft so schwer…dass er für einen Moment, während er dort im Gras liegt, die Arme um sich geschlungen, tatsächlich glaubt…dass es vorbei ist. Das ist es nicht. Als er aufsieht, ist von Dabi nichts mehr zu sehen. Die Hütte brennt lichterloh. Genau wie die Bäume und Sträucher. Er muss geflohen sein. Wie erwartet. Weit kann er nicht kommen, wenn sie ihm jetzt hinterher… Er stemmt sich wankend hoch und obwohl er sich fürchtet, sieht er zu Enji. Dieser steht immer noch dort und blickt in die Richtung, in die Dabi verschwunden sein muss. Seine eigenen Flammen lodern nicht mehr und Dabis haben ihm anscheinend nichts ausgemacht. Hawks traut sich nicht, etwas zu sagen. Dieser gebrochene Blick…der sich nun auf ihn richtet. Langsam. Abwartend. Vielleicht ist da noch ein Funken Hoffnung, dass die Offenbarung von eben eine Lüge ist. Enji erwartet, dass er etwas dazu sagt. Hawks weiß nicht, was er sagen soll. Er fühlt sich bloßgestellt, beschämt…und die Verzweiflung über seine aussichtslose Situation lässt erneut Panik in ihm hochkochen. Am liebsten möchte er im Boden versinken…nicht mehr diesem Blick ausgesetzt sein. Er fühlt sich wie Abschaum. „Ich…ich wollte nicht…ich wusste nicht, dass er…es war…es tut…“ Nein. Jeder Ansatz ist scheiße. Es macht nichts besser. Es zeigt lediglich, dass alles, was Dabi gesagt hat, wahr ist. Ob er wusste, dass Dabi eigentlich Todoroki Touya ist oder nicht…er hat ihn hintergangen. Das begreift auch Enji. Hawks kann sehen, wie die Hoffnung erlischt. Wie ihm allmählich klar wird, was das bedeutet. Was er getan hat. Was er ihnen beiden damit angetan hat. Es ist weniger Zorn, eher eine Mischung aus Abscheu und Enttäuschung, die sich in seiner Mimik spiegelt. Und Fassungslosigkeit. „Enji, ich…ich wollte nicht…“, beginnt er und wankt auf ihn zu. „Ich wollte nie, dass-“ „Bleib…da stehen. Kein…Wort mehr.“ Seine Stimme rasselt wieder so schrecklich, als würde er keine Luft kriegen. Der Rauch wird es weniger sein als das, was eben passiert ist. Hawks selbst ist schwindelig…sie müssen hier weg. „Enji…bitte…“ „Du hast…mit meinem…Sohn, während wir…die ganze Zeit…das…“ Er zieht dabei eine Grimasse, als würde er sich gleich übergeben müssen. Hawks spürt wieder das unkontrollierte Zittern…er weiß nicht, wie er sich verteidigen soll. Wie er das…in Ordnung bringen soll. „Ich wusste nicht, dass er…dein Sohn ist…“, entkommt es ihm. Dass der Wald um sie herum in Flammen steht, ist nebensächlich. Dass er hier sterben könnte…nicht halb so schlimm, wie der Gedanke, dass es das gewesen ist. Dass Enji ihn nie wieder ansehen wird, wie er es noch in der gestrigen Nacht getan hat. „Bitte…ich habe-“ „VERDAMMT, HAWKS!!“, fällt er ihm laut ins Wort. „Du hast…mit ihm, während wir…die ganze Zeit…und statt mir zu sagen…Scheiße!“ Er flucht und für einen Moment schießen die Flammen wieder aus seinem Körper. Hawks kann nicht reagieren. Nur da stehen und ihn ansehen…und hoffen, dass das nicht das Aus ist. Auch wenn er es schon ahnt. Das hier ist unverzeihlich. „Enji…“ Zu mehr kann er sich nicht aufraffen. Seine Worte sind nichtig, denn was er getan hat, ist nicht gutzumachen. Von irgendwoher ertönen Stimmen, viele Stimmen…laute Stimmen, die Anweisungen brüllen. Anscheinend sind andere Helden eingetroffen, um sich des Waldbrandes anzunehmen. Hawks ist es egal, wenn sie gesehen werden. Es ist ihm gerade alles egal, abgesehen von Enji. Dieser sieht ihn immer noch mit diesem furchtbaren Blick an…dann schüttelt er den Kopf und kehrt ihm den Rücken. Das ist schlimmer als alles, was sich Hawks vorgestellt hat. Er bleibt benommen zurück, sieht Enji hinterher, bis dieser aus seinem Blickfeld verschwunden ist. Als die anderen Helden eintreffen und ihn ansprechen, fragen, ob er okay ist…kann er nicht antworten. Vielleicht ist es der Rauch in seiner Lunge…oder der Schock darüber, dass er soeben den wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren hat…und daran die alleinige Schuld trägt. Es ist vorbei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)