Urisen von MAC01 ================================================================================ Kapitel 13: Einladung --------------------- Die Dunkelheit hatte sich bereits vor Stunden über die Stadt gelegt und von seinem Büro aus dem Kaiba Corp Tower lagen die Lichter wie ein Meer zu seinen Füßen. Er blickte auf die Uhr, die ihm verriet, dass es bereits nach 22.00 Uhr war. Genug, für diesen Tag und diese Woche. Also wandte er sich seinem Schreibtisch zu, speicherte alle Dateien und fuhr dann den Laptop runter. Er nahm sein Smartphone zur Hand und schrieb Isono, dass er nach Hause wollte. Nur zu gut wusste er, dass, sobald er in der Tiefgarage ankam, Isono dort mit dem Wagen schon auf ihn warten würde. "Guten Abend, Herr Kaiba", grüßte Isono ihn und hielt ihm die Tür auf, als der Fahrstuhl ihn in der Tiefgarage wieder entließ. "Guten Abend, Isono", meinte er freundlich. Isono gehörte seit seiner Adoption zu seinem Leben. Er war von Anfang an für ihn da gewesen und hatte ihn unterstützt. Auch in der Firma war er seine rechte Hand. Eine kompetenter Assistent und Stellvertreter. Dennoch hatten sie stets eine gewisse Distanz gewahrt. Als Kaiba eingestiegen war schloss Isono hinter ihm die Tür und stieg auf den Fahrerplatz der Oberklassenlimousine. Nachdem der Motor gestartet worden war drifteten Kaibas Gedanken wieder ab. Zu ihm. Jonouchi. Der Blonde hatte sich nach seinem Auftauchen deutlich von ihm distanziert. Er mied den Blickkontakt und war auch nicht mehr auf dem Dach aufgetaucht. In der Klasse versuchte er ihn zu ignorieren, wenn er doch mal in sein Sichtfeld geriet. Der Jungunternehmer wusste, dass das daran lag, dass er etwas gesehen hatte, was Jonouchi niemanden zeigen wollte. Diese Verletzlichkeit und Verzweiflung, die er vor fast zwei Wochen im Krankenhaus gesehen hatte... er wusste, dass Jonouchi nicht die volle Wahrheit erzählt hatte, als es darum ging, was wirklich geschehen war. Sie fuhren am Bahnhof des Stadtviertels vorbei und zum ersten bemerkte Kaiba, dass der Stadtteil dahinter weitaus dunkler war, als die restliche Stadt. Nicht gänzlich unbeleuchtet, aber wesentlich gedämpfter. "Isono?", sprach er seinen Vertrauten an. "Ja, Herr Kaiba?", reagierte dieser sofort. "Was ist das für ein Stadtteil?", fragte der Firmenchef. "Das ist das Schwulenviertel, Herr Kaiba", antwortete Isono sofort. "Das Schwulenviertel?", hakte Kaiba nach. "Clubs, Bars, Discos, Massagestudios, Badehäuser, Bordelle und Stundenhotels für Homosexuelle", erläuterte Isono. Der Oberschüler war erstaunt, dass es so etwas gab und dann noch so nah an dem Viertel, in dem seine eigene Firma angesiedelt war. Also bat er Isono in das Viertel einzulenken und einmal hindurch zu fahren. Er war neugierig geworden. Isono folgte der Bitte ohne Kommentar und lenkte den Wagen auf die zentrale Straße, die durch diesen Stadtteil ging. Dabei reduzierte er das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit. Kaiba war fasziniert von dieser Welt, die schon beim Vorbeifahren irgendwie verrucht und sexualisiert wirkte. Als sie auf der anderen Seite des Bahnhofs ankamen wendete Isono, um die gleiche Straße noch einmal hochzufahren, da erregte etwas Kaibas Aufmerksamkeit: Etwas weiter vorne bog gerade ein blonder Mann in eine Seitenstraße. Sofort saß Kaiba senkrecht in seinem Wagen und zog die Aufmerksamkeit von Isono auf sich. "Alles in Ordnung, Herr Kaiba?", fragte dieser über den Rückspiegel zu ihm blickend. "Ja, sei so gut und halt da vorne an der Seitenstraße an", meinte Kaiba. Diese Bitte gefiel Isono sichtbar wenig, dennoch kam er der Aufforderung nach und brachte den Wagen an der gewünschten Stelle zum Stehen. "Warte bitte hier auf mich", meinte Kaiba und stieg aus, ehe Isono protestieren konnte. Kaiba betrat die Seitenstraße und fühlte sich auf einmal wie in eine andere Welt versetzt. Links und rechts standen junge Männer, wie Perlen auf einer Schnurr aufgereiht, und boten sich ihm an. Versprachen ihm die Nacht seines Lebens. Wild zu sein. Zärtlich. Dominant. Unterwürfig. Es gab scheinbar nichts, was sie ihm nicht versprechen würden. Dann näherte sich der junge Geschäftsmann der Mitte des Sträßchens und stellte fest, dass er sich nicht geirrt hatte: Dort an einer Wand gelehnt stand Jonouchi, seine dünne Jacke eng um sich geschlungen, mit gesenktem Blick. Der Atem des anderen war deutlich beim Ausatmen zu sehen, als er in der Kälte kondensierte. Kaiba begann irgendeine Gottheit anzubeten, dass der andere sich nicht genötigt sah, hier anzuschaffen. Das Jonouchi einfach aus Unkenntnis sich hier mit jemanden treffen wollte. Er trat näher an den Blonden heran, der immer noch nicht aufsah, aber schließlich seine Schuhe sehen konnte. "Blasen kostet 5000, Schlucken extra", meinte Jonouchi mit zittriger Stimme, und hob erst danach seinen Blick. Der Schock traf ihn so hart, wie ein Schlag in die Magengrube und er riss seine Augen weit auf, als er Kaiba erkannte. Die Blutergüsse in seinem Gesicht waren noch deutlich zu sehen und auch der Gips zeichnete sich eindeutig unter der dünnen Jacke ab. Kaiba konnte erkennen, wie Jonouchis Augen feucht wurden und er plötzlich die Welt nicht mehr verstand. Etwas zerbrach in Kaiba als seine Hoffnung den Bach runterging und seine Ahnung zur Gewissheit wurde. Vorsichtig hob er eine Hand und legte sie an die weniger verletzte Wange des Blonden. Das schien diesen aus seiner Schockstarre zu holen und er schlug unwirsch Kaibas Hand von sich. Ein Magenknurren unterbrach die unangenehme Stille. "Hunger?", fragte Kaiba behutsam. Jonouchi funkelte ihn giftig an. "Sonst würd ich hier nicht stehen", zischte der Blonde. "Dann komm... ich lad dich ein", meinte der Brünette. "Ich brauch deine Almosen nicht", versuchte Jonouchi so bissig wie möglich zu klingen. "Das sind keine Almosen, Jonouchi", widersprach Kaiba und zog einen 5000er Schein aus seinem Mantel und hielt ihn dem Blonden hin. Jonouchi sah sprachlos auf den Schein und zermarterte sich seinen Kopf, wie er das jetzt zu verstehen hatte. Mit klammen, zittrigen Fingern griff er nach dem Schein. "Wo willst du's machen?", fragte er und hatte seinen Blick längst wieder gesenkt. Die Scham war ihm deutlich anzuhören. "Worauf hast du hunger?", fragte Kaiba. "Was?", fragte Jonouchi verwirrt und blickte wieder zu ihm auf. "Du hast Hunger und ich hab mir deine Zeit gekauft, um dich zum Essen einzuladen. Ich esse nicht gern alleine und Mokuba wird sicherlich schon im Bett sein", erklärte Kaiba und zog seinen Mantel etwas enger um sich. Dann wandte er sich um und ging zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Jonouchi starrte auf den Schein in seiner Hand und dann hinter dem anderen her. Dann lief er ein paar Schritte um zu Kaiba aufzuschließen und ging neben ihm her. Am Ausgang des Sträßchens stand die Oberklassenlimousine und Isono hielt Kaiba die Tür auf. Isono musterte Jonouchi geringschätzig, so dass dieser seinen Kopf einzog, bevor er ebenfalls in das Auto einstieg. Isono schloss die Tür hinter ihm und stieg dann wieder ein, um den Wagen in Bewegung zu setzen. "Also, auf was hast du hunger?", wiederholte Kaiba seine Frage und sah sehr wohl den kritischen Blick von Isono über den Spiegel. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)