Schneetreiben von Duchess (Fanfiktion zu "Kann ich an das Glück glauben?" von DonnaHayley) ================================================================================ Kapitel 1: Der Papa wird’s schon richten ---------------------------------------- Seth hatte es aufgegeben sein Grinsen irgendwie zu verschleiern. Mittlerweile liebte er es immer mal wieder etwas Neues über seinen Yasuo herauszufinden und amüsierte sich köstlich dabei. Aktuell saß er Yasuo gegenüber am Tisch, nippte am Tee und beobachtete ihn. „Ich weiß überhaupt nicht wie er darauf kommt“, fluchte dieser vor sich hin. „Bist du denn nicht froh darüber, dass Atemu inzwischen mit vielen seiner Probleme zu dir kommt?“ harkte er sanft nach. „Schon“, seufzte Yasuo „aber irgendwie hat er ein sehr merkwürdiges Bild von mir, oder?“ Die rotbraunen Augen sahen Seth schon fast verzweifelt an. Nein, Seth konnte sein Grinsen nicht mehr loswerden „Vielleicht.“ Yasuo verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln „Immer für ein paar tröstende Worte gut, mh?“ Seth antwortete mit einem Schulterzucken „Immer wenn er ein Problem hat, denkt er sofort an dich. Dachte es würde dich freuen, dass er so häufig an dich denkt.“ Jetzt konnte auch Yasuo nicht anders als verhalten zu lachen und den Kopf zu schütteln. „Er hält dich für einen Alleskönner. Ganz nach dem Motto 'der Papa wird’s schon richten'.“ „Jaja, schon gut, ich hab's kapiert“, lachte Yasuo auf, doch dann hielt er Atemus alten, roten Pullover hoch. „Aber trotzdem: Wie kommt er auf die Idee, dass ich nähen kann?“ Er wendete den Pullover wieder auf rechts, wo Seth nun auf einen grünen, niedlichen Tyrannosaurus im Comicstil blickte unter dem die Aufschrift „Rooooooaaaarrr“ verkündete. „Und warum will er dieses alte völlig verschlissene Teil überhaupt noch mal anziehen? Mit der richtigen Kleidung könnte er echt was her machen, imposant wirken, Einfluss auf andere haben, aber damit? Die Seitennaht zu flicken, so wie er es wollte, ist ja kein Problem, aber der Pulli hat auch etliche Stellen wo der Stoff fast durchgewetzt ist. Hier schau dir allein die Ellbogen an, da kann man fast durchschauen und da die Bündchen sind völlig ausgeleiert!“ Demonstrativ hielt er Seth die benannten Stellen direkt vor die Nase. Doch statt fachmännisch hzu nicken konnte dieser den amüsierten Blick einfach nicht von Yasuos Augen nehmen. Er lächelte nur genießend, da sein Freund nach getaner Arbeit nun seine Beine unterm Tisch ausgestreckt hatte und dabei unabsichtlich Seths Füße gestreift hatte. Wie gut, dass er hier in Yasuos Wohnung nur auf Socken herumlaufen konnte. Kopfschüttelnd drehte Yasuo sich selbst die Vorderseite des Pullis zu und sah stirnrunzelnd den Dino an. „Was mich viel eher interessiert...“, fing Seth sich schließlich wieder, als Yasuo seine Beine wieder zurück zog „... du kannst nähen?“ Yasuo ließ den Pulli sinken und zog elegant eine Augenbraue hoch „Du doch auch!“ Seth ließ irritiert die Tasse auf die Tischplatte sinken. „Oder lernt man als Arzt nicht Wunden zu nähen?“, schmunzelte Yasuo. „Das ist doch was völlig anderes!“ lachte Seth nun gespielt empört mit. „Ja vermutlich. Vor allem sind unsere Intentionen dahinter schon unterschiedlich. Nun mein lieber Seth, wenn du möchtest, dass jemand etwas für dich schmuggelt von dem er nichts wissen soll, dann macht es häufig am meisten Sinn zum Beispiel eine Jackennaht aufzutrennen und zwischen dem Außenstoff und dem Innenfutter die Schmuggelware zu verstecken. Je besser du danach die Naht wieder schließen kannst, desto unauffälliger ist es, dass in dem Kleidungsstück etwas versteckt wurde.“ Gespannt hörte Seth ihm zu. „Du hast das also schon häufiger gemacht.“ Yasuo nickte. „Du hast das so häufig gemacht, dass sich die Anschaffung einer Nähmaschine sogar gelohnt hat.“ Yasuo hustete. „Also um zurück aufs Thema zu kommen, wieso will Atemu das Teil hier behalten? Braucht er den Pulli als Keuschheitsgürtel um sich deinen Sohn vom Leib zu halten?“ Yasuo zog den Oberfaden aus der Maschine, zog den Stecker und stülpte die Abdeckung drüber bevor er alles zurück in den Schrank verstaute. „Tja, ich bin mir nicht sicher...“ antwortete Seth ihm nur leicht enttäuscht, da dieser gemütliche Moment am Tisch nun vorbei zu sein schien. „Ernsthaft!“ Yasuo baute sich vor ihm auf und hielt sich den Pulli vor die Brust „Würdest du es nicht abturnend finden, wenn ich mit nichts als diesem Pulli vor dir stehen würde?“ Seth starrte ihn an. Sein Blick schweifte über Yasuos Brust und Bauch hinab zu den Füßen und schließlich wieder hinauf. Dieser viel zu enge Pullover würde sicherlich den Torso und die gut definierten Muskeln exzellent zur Geltung bringen, ganz unabhängig davon, dass der Stoff nicht einmal mehr tief genug gehen würde um den verlockenden Bauchnabel zu bedecken. Das Nichts darunter ließe keine weiteren Fantasien mehr zu. Seth schlug die Beine unbewusst übereinander. Ihm wurde plötzlich sehr warm. Doch seine Gedanken glitten mit den Fingerspitzen über die feinen Linien vom Brustkorb aus über den Bauch bis sie die warmen, weichen Leisten erreichten, nur um dort unsagbar langsam weiter hinab... „Seth!“ Seth blinzelte wieder hoch in diese wunderbaren rotbraunen Augen. Was war gleich noch das Thema? „Öhm, ja... ich hätte gerne noch einen Kaffee.“ Yasuo verdrehte die Augen und blickte nur kurz von Seths roten Wangen und Ohren hinüber auf dem Tisch, wo noch die halbvolle Teetasse stand. „Okay, ich füll dir nachher noch deinen Tee mit Kaffee auf“, gab er sich geschlagen und schüttelte den Kopf. Damit hatte sich irgendwie ja auch seine ursprüngliche Frage geklärt. Auch wenn er sich fragte, ob Seto da seinem Vater tatsächlich so ähnlich war. Er breitete den Pulli vor sich auf dem Tisch aus und betrachtete den Dino skeptisch. „Immerhin kann das Saurierbrüllen als unterschwellige Aufforderung gesehen werden“, murmelte er und strich den Stoff glatt. „Ich muss mal schauen ob ich nicht auch noch Bündchenstoff habe“, sprach er schließlich mehr zu sich selbst, als zu Seth „So weit wie der Stoff um den Bauch ausgeleiert ist, wird da mit Sicherheit der Wind von unten hochziehen, da ist es besser wenn ein neues Bündchen den Pulli wieder etwas winddichter macht und damit Kälte...“ Er stockte. Mit beiden Händen war er das Bündchen prüfend abgefahren, doch an einer Stelle knisterte es plötzlich leise. Wieder ließ er seine Finger über die kleine Wölbung an der knisternden Stelle fahren. Ihm wurde mit einem Mal ganz anders, doch dann drehte der den Pulli an dieser Stelle wieder auf links und fand die seitliche Bündchennaht direkt neben der knisternden Stelle. Er zog die dort verbundenen Stoffe leicht auseinander. Neben der eindeutig maschinell hergestellten sauberen Naht gab es auch eine grobere, die von Hand mit einer anderen Garnfarbe hergestellt war. Mit geübten Griff und einem beherztem Reißen öffnete er die Stelle und ließ Zeige- und Mittelfinger hineingleiten. Seth hatte seine Gedanken mittlerweile wieder einigermaßen geklärt und unter Kontrolle gebracht. Neugierig sah er seinem Yasuo nun dabei zu, wie dieser ein kleines Plastiktütchen hervor zog. Das Tütchen hatte einen wiederverschließbaren Druckverschluss, war durchsichtig und hatte deutliche Schrammspuren an allen Seiten. Im Inneren des Beutels befanden sich ein paar Gramm eines weißen Pulvers mit ein paar unauffälligen roten Körnchen. Beide Männer starrten das Päckchen an. „Das kann nicht sein“, hauchte Yasuo fassungslos und ließ sowohl Pullover als auch das Päckchen auf den Tisch fallen bevor er zwei Schritte rückwärts ging, leichenblass wurde und sich verzweifelt mit beiden Händen durchs Haar fuhr. Seth schluckte nervös und versuchte Yasuo mit einem schwachen Lächeln wieder runter zu bringen. „Ruhig bleiben. Nur weil er es bei sich führte, heißt es nicht, dass er überhaupt davon wusste, dass er es hatte. Du hast vorhin selbst gesagt, dass man manchmal den Kurieren einfach Dinge in Kleidung näht von denen die Personen nichts wussten.“ Yasuo starrte ihm mit weit aufgerissenen Augen an „Aber wer... wann? … Es kann doch nicht sein, dass er ausgerechnet in sowas... ich meine... und wenn er selbst das dort eingenäht hat?“ „Nur weil er es bei sich führt, heißt es auch nicht, dass er es konsumiert“, gab Seth so ruhig er konnte zu bedenken. Doch sein Einwand ließ Yasuo nur noch verzweifelter aufheulen „Wenn ein großer Dealer kleinere Dealer an sich binden will, dann bekommen die normalerweise immer Kostproben dargereicht, bis diese abhängig sind und Schulden bei ihm haben. Dann erst werden sie mit ins Netzwerk integriert aus dem sie nicht mehr herauskommen. Es ist sehr selten, dass es mal anders läuft.“ „Aber vielleicht gehört Atemu ja auch zu den paar wenigen Dealern, die...“, Seth unterbrach sich als er merkte womit er seinen Satz enden lassen wollte. Yasuo beugte seinen Oberkörper vor und stützte sich mit beiden Armen schwer auf den Tisch. „Du meinst, dass er einer der großen Dealer sein könnte, die andere unter sich haben und das hier ist nur eine vergessene Kostprobe?“ Er lächelte schwach und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Seth schluckte. „Drogen sind nicht wirklich mein Metier. Ich weiß wo und von wem ich welche bekommen kann. Wo sie das Zeug herbekommen, wer es streckt und wie deren Familienverhältnisse sind, aber ich wüsste in der Szene keine unbekannte Person, die auf Atemu zutreffen könnte. Auf der anderen Seite wäre es mir nur allzu recht, wenn er ein großer Unbekannter wäre, damit wäre er nicht abhängig und vermutlich weniger in Gefahr als ein kleiner Fisch, der an der nächsten Straßenecke den Mist an die süchtigen Endkunden verteilen muss und – oh nein! Was wenn andere ihn erst angeheuert haben, nachdem sie erfahren haben, dass er mein Sohn ist? Was wenn die mich mit ihm erpressen wollen?“ Sofort sprang Yasuo wieder auf und lief aufgebracht hin und her „Atemu denkt doch, dass er sich mir beweisen muss, was wenn sie ihn damit gelockt haben?“ Seth stand auf. Auch ihm war alles andere als wohl bei Yasuos Gedankengängen, doch Yasuo war kurz davor den Kopf zu verlieren. Schnell packte er ihn bei den Schultern und schüttelte ihn leicht, bis Yasuos Augen wieder die seinen fixierten. „Ganz ruhig, wenn du jetzt durchdrehst, dann wirst du Fehlentscheidungen treffen, mit denen du euch beiden in etwas reinreitest wo ihr nicht mehr unbeschadet herauskommt. Es ist doch nur ein Tütchen!“ Yasuo holte tief Luft „Drogen sind nie 'nur' ein Tütchen“, beharrte er wesentlich ruhiger als zuvor doch dann blickte er Seth wieder fest in die Augen „Ich muss handeln und du wirst mir dabei helfen.“ Seth blinzelte. „Was? Wie?“ Sein Herz begann aufgeregt zu flattern. Er konnte momentan nicht unterscheiden, ob es sich hierbei nur um die Sorge um Atemu und Yasuo handelte, oder um das sich anbahnende Abenteuer mit Yasuo Nachforschungen anzustellen. „Wirst du mir helfen?“ Ein klarer Verstand hätte Seth nun erst einmal kühle Fragen stellen lassen, doch in Yasuos Nähe konnte er nur nicken. Yasuo spiegelte Seths Haltung und legte nun seinerseits die Hände auf Seths Schultern. „Zuerst einmal müssen wir herausfinden, ob Atemu selbst Drogen nimmt.“ Seth nickte zustimmend. Das war ein guter Plan und absolut logisch durchdacht. „Weder Atemu noch Seto dürfen von unseren Nachforschungen etwas mitbekommen, sonst drehen beide durch und wer weiß was für Dummheiten sie dann wieder machen werden.“ Wieder nickte Seth. Auch das leuchtete ihm ein. „Gut. Also wirst du Atemu nun eine Urinprobe entlocken und diese zum Labor ins Krankenhaus schicken!“ Seth nickte abermals, doch dann stockte er. „Was? Aber wie soll ich ihm denn eine Urinprobe entnehmen ohne, dass er etwas merkt? Und verdammt ich kann nicht einfach seine Probe einem der Leute im Labor überreichen. Wenn die tatsächlich Drogen feststellen, haben wir am Ende noch eine polizeiliche Untersuchung am Hals und...“ Als sich Yasuos Lippen fordernd auf Seths Mund legten, sich zwei Hände in seinem Haar und an den Nacken verirrten und ihn an Yasuos Brust drückten verpufften plötzlich alle Fragen in Seths Kopf. Stattdessen schlangen sich Seths Arme um Yasuos Mitte und pressten dessen Leib an seinen. Seth hatte seine Mundhöhle nur allzu bereitwillig plündern lassen und ergab sich der anderen Zunge und den sanften, aber bestimmenden Lippenbewegungen nur viel zu gern. Mit einem Mal endete der Kuss so abrupt wie er begonnen hatte und Yasuo sah ihm fest in die Augen. Mit verschleiertem Blick sah Seth diesen unsagbaren Mann an, dem er so verfallen war. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann!“, hauchte Yasuo heiß gegen seine Lippen. Seth nickte. Kapitel 2: Schneesüchtig? ------------------------- Am nächsten Tag starrte Seth finster die Wohnungstür ihrer Söhne an. Noch immer konnte er Yasuos Lippen auf den seinen spüren, konnte das Kribbeln der kraulenden Finger im Nacken fühlen, hatte den unbeschreiblichen Geschmack von diesem Mann auf der Zunge und sein Aftershave in der Nase. Und noch immer war Seth fassungslos, dass er sich so einfach hatte dazu breitschlagen lassen, Atemu eine Urinprobe ab zu zapfen. „Du bist Arzt, du schaffst das schon“, waren Yasuos letzte Worte, als er ihn überzeugt aus dessen Wohnungstür schob. Widerwillig hatte er sich spät gestern Abend in sein eigenes Krankenhaus geschlichen und dort alles besorgt, was er brauchte. Wenigstens dort war ihm niemand begegnet, der ihn unangenehme Fragen hätte stellen können. Heute früh wartete er nur noch ab bis Seto das Haus verließ um Atemu alleine vorzufinden. Er kam sich schäbig vor und war sich sicher, dass Atemu seine Aktion an Seto verpetzen würde und dieser würde ihn danach zur Rede stellen, dessen war er sich bewusst. Auf gar keine Fall wollte er mit einem anderen Fachmann hierüber eine Diskussion führen müssen. Seth schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch. Er musste überzeugend sein und durfte sich absolut nichts anmerken lassen. Das hieß auch, dass er sich nicht in seine zurecht gelegten Lügen verstricken durfte. Sein Yasuo zählte auf ihn! Er vertraute ihm! Seth hatte ihm schließlich vor kurzem erst versichert, dass er ihm vertrauen konnte! Seth musste sich Yasuo als würdig erweisen! Abermals seufzte Seth lautlos und sein Blick verschleierte sich. Sein Yasuo. Wie gern er doch diese beiden Worte miteinander verband und dieser Zusammenschluss sein Innerstes erwärmte. „Hast du dich in der Etage geirrt?“ Atemus Stimme und die plötzlich vor ihm offenstehende Wohnungstür ließen Seth blinzeln. Wie lange stand er eigentlich schon hier? Er senkte irritiert den Blick auf Atemu hinab. Atemus Augenbraue wanderte derweil langsam hoch. „Seth, alles in Ordnung?“ Okay, das war nun der Moment wo er schauspielern musste. „Ähm... ich... muss mit dir reden... alleine...“ Super Seth das war ein guter Anfang, lobte er sich in Gedanken. Die Worte klangen ernst. Genauso wie sie es sein sollten. Und genau in diesem Moment hatte er ein Lob bitter nötig, denn das was er hier vorhatte war einfach nicht sein Ding. Atemu nickte nur langsam und trat einen Schritt zurück um Seth einzulassen. Seth nickte ihm zu und ging zielstrebig ins Wohnzimmer. Atemu war ihm neugierig gefolgt. „Wollen wir uns setzen?“, fragte Atemu nach einem Moment des Schweigens und ohne Seth aus den Augen zu lassen. Die ganze Situation war ihm irgendwie suspekt. Doch Seth nickte nur, setzte sich und schien doch wieder im nächsten Moment mit sich zu hadern. „Seth?“, versuchte Atemu erneut seine Aufmerksamkeit zu bekommen „Geht es dir gut?“ Irritiert blickte dieser nun auf und sah ihn an. Verdammt dabei war Seth doch sonst auch nicht so unkonzentriert. Reiss dich endlich zusammen, schnauzte er sich in Gedanken selbst an, zählte bis zehn und schaffte es endlich Atemu direkt in die Augen zu blicken. „Du weißt doch, dass ich mich schon etwas länger mit dem Gesundheitszustand deines Vaters befasse“, fing er endlich an. Atemu nickte nur schweigend. Natürlich hatte er es mitbekommen, auch wenn sein Vater keinerlei Details von seiner Krankheit verriet und das Thema an sich bereits weitläufig zu umgehen versuchte, wusste Atemu, dass er regelmäßig Tabletten nahm, die Seth ihm verschrieb und aufhören sollte zu rauchen um seinen Zustand zu verbessern. „Nun, ich bin da auf etwas gestoßen, was ich gerne ausschließen würde. Es handelt sich dabei um eine Erbkrankheit auf einem dominanten Gen. Sprich wenn es das wäre, dann müsstest du als sein direkter Nachkomme ebenfalls davon betroffen sein. Ich möchte ein paar Tests mit dir machen. Aber ich halte es für besser, wenn das hier unter uns bleibt. Also ich brauche-“ „Was? Ist es was Schlimmes?“, unterbrach Atemu ihn und saß sofort kerzengerade und mit besorgt in Falten gelegter Stirn auf der vorderen Kante des Sessels. „Wird Papa etwa daran sterben?“ „Wie? Nein ich, also...ähm...Wie kommst du jetzt darauf?“ Völlig aus dem Konzept gerissen starrte Seth Atemu in die vor Schreck geweiteten Augen. Atemus Augen leuchteten und flackerten in einem wesentlich intensiverem Rotton, als die seines Vaters, wie er unwillkürlich feststellen musste. Yasuos Augen waren dagegen eher von einem tiefen Rotbraunton, der nur aufzuflammen schien, wenn man es wagte ihm länger in die Augen zu sehen. Oh wie er diesen Moment liebte, wenn Yasuos Augenfarbe anfing zu lodern. Es war als würde man glühender Holzkohle dabei zusehen wie sie plötzlich Feuer fing. „Seth? Hast du mir gerade zugehört?“ Seth blinzelte und schüttelte abwesend den Kopf. „Verzeihung, ich war einen Moment lang in Gedanken.“ „Warum sollen wir das hier unter uns behalten? Papa weiß nichts davon, oder? Er würde sich furchtbare Sorgen um mich machen und bestimmt Selbstvorwürfe. Und wenn es etwas mit der Lunge ist, dann ist es doch besser wenn auch Seto davon erfährt. Er muss es wissen, wenn etwas mit mir nicht stimmt. Ganz bestimmt wird er auch helfen können. Er wollte sich doch sowieso auf die Lunge spezialisieren. Bitte erzähl es mir, du kannst auch ruhig Fachbegriffe verwenden, ich hab Setos Unibücher eh schon alle gelesen und kenne mich da aus...“ Erst als Seth beide Hände beschwichtigend hob, verstummte Atemus Redeschwall. Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Seth hatte völlig vergessen, dass Atemu zwar kein Fachmann war, aber mit einem zusammenlebte und leider auch noch genug Zeit und Langeweile hatte dessen Literatur zu lesen, zu verstehen und zu behalten. Ruhig bleiben, Seth, sprach er sich selbst zu. Nur weil der Junge ein paar Bücher gelesen hat, macht ihn das noch lange nicht zum Fachmann, der großartig mitdiskutieren, oder seine Methoden in Frage stellen konnte. Er musste Atemu auch dringend von der Idee abbringen, dass Seto ihm helfen könnte. Leider war Atemu aber auch alles andere als dumm. Wenn er jetzt etwas Falsches sagte, dann würde er hinter diese kleine Lüge kommen und ihm am Ende gar nicht mehr trauen. Diesen Bonus, den er bei Yasuos Sohn hatte, durfte er einfach nicht verspielen. Sollte sich Yasuos schlimmste Befürchtung bewahrheiten, auch wenn Seth daran bei bestem Willen nicht glaubte, dann steckte in Atemu bereits ein brilliantes, schurkisches Genie, was ihn bestimmt auch sehr gut den Naivling schauspielern lassen würde. In diesem Moment formte sich vor Seths geistigem Auge das Bild eines Büros mit großem Schreibtisch und einen überdimensionalen Bürosessel, welcher sich ihm langsam zudrehte. In diesem saß mit übergeschlagenen Beinen Atemu und schaute etwas hochnäsig auf ihn hinab. Auf dem Schoß lag Anubis und wurde in aller Seelenruhe gestreichelt. Seth brummte. Er hätte gestern Abend nicht mehr zusammen mit Yasuo diesen blöden Agentenfilm sehen sollen. Er musste dringend seine Fantasie wieder in Zaum bringen. Das Bild war natürlich Quatsch, aber sicher würde selbst ein so junger Katsuro besonders auf jedes kleine Anzeichen achten, was Seths Schauspielerei nun auffliegen lassen würde. Er musste jetzt dringend seinen zuvor zurechtgelegten roten Faden wieder aufnehmen und versuchte sich immer wieder Yasuos Ratschlag ins Gedächtnis zu rufen. Wenn du lügen musst, dann versuche nicht zu viel zu sagen! Details suggerieren zwar Wahrheiten, aber sie verraten dich auch, sobald du dich in ihnen verstrickst. „Atemu, bitte hör mir zu“, wagte er einen erneuten Anlauf. Jetzt bloß nicht wieder ablenken lassen. „Meine Vermutung ist nicht mehr und nicht weniger als eine Vermutung. Eine Möglichkeit von vielen, die ich einfach nur gerne ausschließen möchte. Du weißt wie störrisch dein Vater bei jedweder Art von medizinischen Untersuchungen reagiert. Es ist jedes Mal ein Spießroutenlauf und-“ „Aber ich dachte du magst das?“ Mit diesem Einwurf hatte er abermals den roten Faden verloren und driftete in seine Gedankenwelt ab. Oh ja, und wie er dieses Spielchen zwischen ihnen liebte! Sofort zogen Erinnerungen an seinem inneren Auge vorbei. Wie er ihn immer dazu überreden musste auch nur eine kleine Blutprobe abzugeben, oder welch einen Aufstand er jedes Mal machte, wenn er nur das Hemd öffnen sollte, damit Seth seine Lungen mit dem Stethoskop abhören konnte. Dabei fühlte sich die Haut seiner Brust so fest und warm an. Jedes Mal hatte er versucht ihm dabei möglichst nahe zu kommen um von seinem Geruch noch ein wenig mehr zehren zu können. Und dieses süße halbherzig unterdrückte, widerwillige Knurren, wenn Seth den Hörer auf seine Brust setzte... „Seth, du magst Papa doch, oder? Du fühlst doch etwas für ihn, nicht wahr?“ Seth blinzelte. Gerade noch war er in diesen süßen Erinnerungen, da holte ihn Atemu auch schon wieder zurück in die Realität. „Ja, natürlich mag ich deinen Vater“, empörte er sich und wurde leicht rot. Ganz so deutlich hatte er eigentlich nicht werden wollen. „Wie kommst du nur darauf, dass dem nicht so wäre?“ Atemu presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick auf den blank polierten Couchtisch. „Du hast ihm nichts von dieser Erbkrankheit gesagt und ähm.... nun...“ Misstrauisch zogen sich nun auch Seths Augenbrauen zusammen „und?“ wollte er wissen. „Papa hat erzählt, dass ihr euch im Hotel bereits näher gekommen seid.“ Wann zum Geier hatte Yasuo ihm das denn erzählt? Und vor allem wieso? Seth rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. Dieses Gespräch nahm einen eher ungemütlichen Verlauf für Seth. Doch leider machte es ihn aber auch neugierig. Warum nur musste er jetzt für seinen Yasuo dessen Sohn ausspionieren? Konnte er ihm nicht einfach sagen, dass er ein paar Leute zu Brei schlagen durfte? Wenn er sich dabei ein blaues Auge geholt hätte, hätte er sich nun sogar von Yasuo wieder betüddeln lassen können. Mist. „Ich dachte ja, nachdem er dich vor deinem eigenen Vater gerettet, sich um deine Wunden gekümmert hat und es dir zumindest augenscheinlich doch viel besser geht, dass ihr beiden auch wieder miteinander schlafen würdet.“ Das saß. Seth blinzelte. Wo kam das denn jetzt auf einmal her? „Wer sagt dir, dass wir nicht schon längst wieder miteinander geschlafen haben?“ Wieso fühlte er sich nun eigentlich dazu bemüßigt sein Verhältnis zu Yasuo aufzuklären? Seths Zustand schwankte bereits vor der Tür zu dieser Wohnung arg zwischen Wut, Besorgnis, Angst und Verliebtheit. Doch dieses Gespräch hier schien das Schwanken noch zu verstärken. Seth versuchte sich immer wieder gut zu zu reden, dass er nur einen kühle Kopf bewahren müsse und sich nicht wieder aus dem Konzept bringen lassen durfte. „Ich hab euch noch nie gehört.“ Für einen Moment herrschte Schwiegen. Die beiden sahen sich an. Seths Konzept adieu. „Man muss nicht unbedingt laut dabei sein“, murmelte Seth beleidigt mit knallroten Wangen und Ohren. Atemu lächelte schief. „Papa sagt, dass guter Sex wie gute Rockmusik ist: Wild, laut und unvergesslich.“ Mit einem Mal war es so still in der Wohnung, dass man Anubis Samtpfötchen ins Wohnzimmer tappsen hörte und wie er plötzlich auf Atemus Seite auf die Sessellehne sprang. Seth spürte wie all sein Blut aus seinen Wangen schwand nur um im nächsten Moment mit aller Wucht zurück zu kommen. Er musste sich nicht großartig anstrengen um sich Yasuos Gesicht oder seine vor Erotik knisternde, tiefe Stimme dabei vorzustellen, wie er diesen Lehrreichen Satz an seine Nachkommenschaft wiedergab. Bei allen Göttern dieser Welt, er wollte es. Genau so. Genau mit ihm. Wild, laut und unvergesslich. Doch abgesehen von Seths Gesichtsfarbe änderte sich an Seths Mimik minutenlang nichts. Leicht nervös begann Atemu schließlich mit seinen Fingerspitzen zu spielen. „Seth? Könntest du vielleicht ein bisschen atmen? Ja?“ Erst ein lautes Maunzen unterbrach den Blickkontakt zwischen den beiden als Atemu sich fast schon erleichtert seinem kleinen Kater zuwandte und diesen vorsichtig auf seinen Schoß hob. Diesen Moment nutzte Seth um wieder Luft zu holen und einmal kurz zu blinzeln, doch Atemu legte noch einmal, wie ein kleiner Junge, der seinem Freund die Welt erklärte, nach ohne ihn anzublicken. Seth machte ihn irgendwie nervös. Da war es doch sicher einfacher, wenn er sich an die Weisheiten seines Vaters hielt und sie so gut es ging weitergab, oder? Einen Versuch war es zumindest wert. Seth schien ihm einfach völlig durch den Wind zu sein. „Papa sagte auch, dass er bisher noch keine Frau erlebt hat, die beim Sex nicht laut war. Je nach Stellung wäre die Tonlage nur etwas anders, woran man auch im Nebenzimmer genau ausmachen könne in welche Richtung die beiden gerade blicken würden, wenn man versuchen müsse diese Wohnung in genau diesem Moment unbemerkt zu betreten. Außerdem... hat er mir noch nicht berichtet wie... es mit dir im Bett ist.“ Atemu stockte kurz da ihm zuerst die Formulierung 'wie du im Bett bist' auf der Zunge lag. Das ging ja gerade noch mal gut für ihn. Aber er wartete tatsächlich darauf, dass sein Vater ihm wieder etwas aus seinem Leben erzählte. Und aktuell bestand dessen Leben nun einmal aus Seth. Doch eben dieser wurde gerade erneut blass. Atemus Stimme klang dabei für ihn so abgeklärt, als würde er mit ihm über das Wetter reden. „Dein Vater erzählt dir nicht ernsthaft Bettgeschichten.“ „Oh doch“, grinste Atemu und nickte dabei zustimmend „Seitdem er mal versucht hatte mich ganz altmodisch aufzuklären mit Bienchen und Blümchen und wir dabei abgeschweift sind und uns zum Schluss gefragt haben, wieso es dann keine mutierten Bienenblumen-Bastarde gibt, meinte er nur entnervt zu mir, dass ich ihn auch einfach alles zum Thema Beischlaf fragen könne, was ich nicht in Büchern finden kann. Also hab ich ihn ausgefragt und er hat sehr ausführlich geantwortet.“ Nachdenklich legte Atemu kurz einen Zeigefinger ans Kinn „Ob ich vielleicht auch genau bei diesen Erzählungen festgestellt habe, dass ich eigentlich mit Frauen gar nichts anfangen kann?“, murmelte er zu sich selbst. Im nächsten Moment schob er diesen Gedanken jedoch wieder beiseite. „Nun wie auch immer, als es hieß, dass Papa mit dir eure Erfahrungen auf der reinen Männerebene erweitern wollte, zu dem Zeitpunkt als du oben noch im Dornröschenschlaf warst, hab ich natürlich Papa beraten. Papa hätte mir also auf jeden Fall berichtet ob meine Tipps geholfen haben“, nickte er Seth selbstsicher zu. Seth hatte vergessen den Mund zu schließen und starrte Yasuos Sohn einfach nur noch sprachlos an. Wieder runzelte Atemu die Stirn. Ihm kam nun ein anderer Gedanke. „Wenn ihr nur deshalb hier noch nicht weitergegangen seid, weil du noch Fragen zu dem Thema hast und du das nicht mit Seto besprechen kannst, dann könnte auch ich dir vielleicht helfen? Oder war das im Hotel mit Papa doch ein Versehen? Weißt du, er mag dich schon sehr und ich glaube er erhofft sich da auch mehr von dir.“ Seth blinzelte wieder. Er erhofft sich mehr? In Seths Bauch befreiten sich gerade abertausende Schmetterlinge aus ihren Kokons und begannen wie wild zu flattern. Es musste die Reibung der Flügel an seinen inneren Organen sein, dass ihm gerade so unglaublich schön warm wurde. Er, Yasuo, sein Yasuo, erhofft sich mehr?! Von ihm! Und hinzu kam auch noch, dass Yasuos verdammter Junge ihm hier das unglaubliche Angebot machte seinen Erfahrungsschatz mit ihm zu teilen. Natürlich war es ihm peinlich, dass ein junger Mann, der gerade mal halb so alt wie er selbst war, bereits mehr als das doppelte über diese Dinge wusste und wohl auch schon unzählige Male getan hatte. Natürlich hatte er zwar den Drang alles am liebsten selbst herausfinden. Wollte Yasuos Körper erforschen. Wollte testen was er selbst mochte, was Yasuo mochte, wo seine Lustpunkte waren, die kleinen Geheimnisse lüften und tief in seinem Kopf verschließen, da niemand sonst diese süßen Geheimnisse erfahren sollte. Aber, wenn er Yasuo für sich gewinnen wollte, ihn absolut und untrennbar an sich binden wollte, wäre es dann nicht besser sich diese Tipps geben zu lassen, die Yasuo dazu bringen würden ebenso süchtig nach ihm werden zu lassen, wie es umgekehrt bereits der Fall war? Konnte man bei diesen Tipps von unfairen Mitteln sprechen? War in der Liebe nicht eh alles erlaubt? Yasuo erhoffte sich mehr von ihm?! Ob er gerade darauf wartete, dass Seth zu ihm zurückkam? Vielleicht sogar im Schlafzimmer sich auf dem Bett räkelnd? Oder er kam gerade aus der Dusche mit nichts als einem Handtuch um die Hüften. Vom feuchten Haar tropfte hier und da noch Wasser hinab über seine Brust und Bauch. Seth war tief in seinen Gedanken versunken. Immer noch sah Atemu ihn aus großen leuchtend roten Augen an, doch mittlerweile schien auch Unsicherheit und Sorge auch einer anderen Ebene aus ihnen zu sprechen. „Du nutzt ihn doch nicht nur aus, oder?“ Sofort zog es Seth zurück und er schüttelte den Kopf „Nein, sicher nicht! Atemu, ich mag deinen Vater und auf keinen Fall werde ich etwas tun, was ihm weh tun würde! Das schwöre ich!“ Der letzte Satz war nur ein Flüstern, doch mit dessen Inhalt war es ihm sehr ernst. Erleichtert atmete Atemu auf. „Gut! Du kannst natürlich auch später mit mir über das Thema sprechen wenn du möchtest. Keine Angst ich kann auch schweigen, wenn es dir zu peinlich ist.“ Atemu stand auf. Seth tat es ihm gleich und nickte ihm selbstsicherer zu als er sich fühlte. Jemand musste diese Schmetterlinge im Bauch mal beruhigen. „Ich danke dir, Atemu. Aber ich denke, ich sollte jetzt erst mal gehen.“ Dringend mussten Seths Gedanken sortiert werden. Rockmusik, Einbrüche, Bienenblumen-Bastarde und das verdammte Verlangen nach diesem verfluchten Kerl, seinen Lippen, seinem Geruch, diesem tiefen Ton, wenn er ihn mit 'mein lieber Seth' ansprach und Atemus Angebot ihm Geheimnisse zu verraten wie er Yasuo um den Finger wickeln konnte, so wie es Atemu vermutlich bei Seto getan hatte, zogen ihn zurück zur Wohnung eine Etage über ihnen. Atemu kraulte Anubis weiches Fell, welcher Seth von seinem gemütlichen Plätzen auf den Armen seines Herrchens aus nur neugierig beobachtete. Menschen waren aber auch zu seltsame Wesen. Atemu nickte „Okay wie du meinst, aber Seth...“ Doch selbiger hatte urplötzlich einen sehr geschäftigen, raschen Schritt vorgelegt. Mit der Hand an der Türklinke sah Seth noch mal zurück, wo Atemu gerade um die Ecke in die Diele hastete um Seth noch einmal aufzuhalten. Doch Seths Blick zeigte mehr Entschlossenheit, als er in den ganzen letzten Tagen zusammenkratzen konnte. „Wir sehen uns“, verabschiedete sich Seth und verschwand bevor er Atemus Worte überhaupt noch mitbekam. Die vielen Schmetterlinge im Bauch verliehen ihm Flügel und beschleunigten seinen Herzschlag. Zwei Stufen auf einmal nehmend kam Seth in Windeseile eine Etage höher an. Yasuo konnte nur noch ausmachen wie die Wohnungstür aufgerissen und geräuschvoll wieder geschlossen wurde. Er saß gerade am Schreibtisch vor seinem Laptop und atmete tief durch. Die Schritte kannte er zu gut. Seth war also wieder da. Seine Recherchen hatten bisher noch keine Früchte getragen. Sicher war sein Seth erfolgreicher. Er erhob sich vom Stuhl und lächelte ihm entgegen. Doch das Lächeln schwand, als Seth mit nur zwei Schritten direkt an seiner Seite stand und ihn undefinierbar direkt in die Augen blickte. „Seth?“ „Yasuo!“ Auch wenn Yasuo es von Seth gewohnt war plötzlich am Kragen gepackt und mit aller Macht an die nächst beste Wand gedrückt zu werden, so hatte er nach den letzten Tagen in denen Seth sich so sanft, verkuschelt und zurückhaltend ihm gegenüber verhielt, heute nicht mehr damit gerechnet, plötzlich so verlangend geküsst zu werden. Reflexartig und nach Halt suchend griffen seine Hände an Seths starke Schultern. Immer noch schwirrte ihm Atemus Bemerkung im Kopf herum. 'Er erwartet mehr von dir.' Und wie er genau das auch wollte! Er wollte mehr. Viel mehr von seinem Yasuo. Die Hände an seinen Schultern feuerten ihn an. Es war die Bestätigung auf die er die ganze verdammte Zeit schon gewartet hatte. Er brauchte diesen Mann! Er brauchte seinen Geruch, seine Wärme, seinen Geschmack. Und Yasuo brauchte dringend Luft. Bestimmend unterbrach er den Kuss und schob Seth wieder ein Stück weit zurück um endlich tief ein zu atmen. Seths Verwirrungen, die ihn in den letzten Stunden hin und hergerissen hatten waren einzig und allein seinem Verlangen gewichen. Ihm war gerade alles egal. Er wollte nur eines. Yasuo jappste noch immer nach Luft, als Seth auch schon wieder nach seinen Lippen haschte. Was war nur plötzlich in seinen Arzt gefahren? „Seth, wa- mhmmm“ Yasuo wollte Seths Lippen ausweichen indem er den Kopf einfach wegdrehte, doch leider ließ sich Seth nicht beirren und fand ersatzweise Yasuos Ohrläppchen. Genüsslich saugte er an der weichen Haut und sog diese unglaublichen Töne, die er ihm so entlockte tief in sich ein. Herrje tat das gut! Automatisch presste sich sein Körper an Yasuos und drängte ihn dabei noch enger an die Wand. Yasuo wusste nicht mehr wie ihm geschah. Dass er auf seine Ohrläppchen so empfindlich reagierte, war ihm völlig neu und unbegreiflich. Aber was auch immer in Seth gefahren war, er sollte verdammt noch einmal nie wieder damit aufhören! Yasuos Becken schob sich vor und rieb dabei an Seths. Ein tiefes Grollen arbeitete sich aus Seths Kehle empor und schob einen heißen Atemstrom vibrierend über Yasuos Ohrmuschel. „Katsuro?“ schnurrte plötzlich eine tiefe, verführerische Frauenstimme aus den Tiefen der digitalen Welt. Die beiden erstarrten. Während es Seth kalt den Rücken runter lief wurde Yasuo in diesem Moment ganz anders. Seth trat einen Schritt zurück und ließ perplex von Yasuo ab. „Katsuro, mein Süßer, bist du noch da?“ erklang die Stimme erneut wie eine rollige Katze aus dem noch immer auf dem Schreibtisch offen stehenden Laptop. „Ja, einen Moment ich bin gleich da“, rief Yasuo mit betont gleichgültiger Stimme über sie hinweg, doch sein Herz zog sich zusammen als er sah wie die aufbrausende Gischt in Seths Augen abebbten und das Blau kalt und glatt dalag. Schnell drückte er Seths Schultern aufmunternd. Einen erneuten Zusammenbruch seines Freundes wollte er nicht riskieren. Aber die Situation war zu heikel um sich jetzt an erster Stelle um Seth zu kümmern. „Bleib unbemerkt!“ befahl er ihm im Flüsterton mit heißer Stimme direkt ins Ohr. Doch Seth nickte nur ganz automatisch und blieb wo er war, als Yasuo ihn umrundete, sein Headset aufsetzte und sich in seinen Drehstuhl vor den Laptop platzierte. Mit zwei kurzen Befehlen erschien auf dem Laptop das Bild einer nur sehr spärlich bekleideten Dame mit blondem Haar, welches in großen Locken elegant über ihre Schultern fiel. Die dünnen knallroten Träger und der obere Teil ihres gut gefüllten Korsetts waren gerade noch auf dem Bildschirmausschnitt zu erkennen. Dazu passend hatte sie lange, mit rot glitzernden Steinchen verzierte Ohrgehänge gewählt und ihre prallen Lippen schienen noch heller zu ihrem Outfit zu leuchten. Nur ihre Augen waren von einem unsagbar intensiven Blauton und hoben sich zusammen mit den Smokey Eyes besonders gut ab. Nur die kleinen Falten ihrer Hände verrieten, dass sie wahrscheinlich schon irgendwo zwischen 30 und 40 Jahren alt sein musste. Andere hätten sie sicherlich als hübsch empfunden oder wären so richtig auf ihre Oberweite abgefahren, aber in Seths Augen musste ihr Freund Botox da an einigen Stellen schon nachgeholfen haben. Wahrscheinlich war sie sogar noch älter als er sie gerade einschätzte. Und wie billig dieses Korsett wirkte war sowas von widerlich. Seths Blick verfinsterte sich noch mehr, als er von seiner seitlichen Position aus erkannte wie dieses Miststück ihre Bälle besser in die Kamera rückte. „Hallo mein süßes Engelchen“, lächelte Yasuo schief in die Kamera. Mit glockenhellem Lachen winkte sie Yasuos Begrüßung ab. „Immer noch ein Charmeur“, lächelte sie und klimperte mit den künstlich verlängerten Wimpern. „Für eine Dame von Welt muss man sich manchmal auch ein weltgewandtes Vokabular benutzen, außerdem reicht es in diesem Fall doch einfach mal auf Tatsachen zurück zu greifen“, zwinkerte Yasuo ihr zurück. Seth hätte platzen können. Nur mit Mühe verschränkte er die Arme vor der Brust und hielt sich zurück. Doch die Frau schien solche Komplimente häufiger zu hören und rollte nur gespielt genervt mit den Augen, auch wenn ihr Lächeln verriet, dass sie diese Dinge nur zu gerne hörte. Seth hätte sich aus süßen Worten nicht so viel gemacht. Für ihn musste Yasuo sich nicht verbiegen. Er hätte so sein können wie immer. „Nun mein lieber Katsuro“, surrte sie wieder und hielt die falschen Bälle so in die Kamera, dass Yasuo noch tiefere Einblicke gewinnen konnte. „Weshalb genau wolltest du mit mir sprechen?“ Seth wurde kalt. Yasuo hatte sie sprechen wollen? Es wunderte ihn nicht, dass alle Welt mit seinem Yasuo sprechen wollte, aber warum wollte er mit dieser offensichtlichen Bordsteinschwalbe reden? „Darf ich denn nicht mal ein bisschen mit einer guten Freundin plaudern?“ flirtete Yasuo gespielt empört zurück. Auf dem Bildschirm wackelte es. Seth konnte nur sehen wie sie sich wieder zurück lehnte aber er brauchte nicht viel Fantasie um sich vorzustellen wie sie außerhalb der Kamera ihre langen Beine übereinanderschlug. „Du darfst“, sprach sie gönnerhaft „aber so etwas tust du nicht.“ Yasuo lächelte schief. „Bei deinem Stundenlohn wäre das aber sehr einfach verdientes Geld.“ „Einfach ja“, sinnierte sie mit einem koketten Blick an die Decke „aber einfach war es bei dir noch nie.“ Ihr Blick richtete sich wieder direkt auf Yasuos Augen. Wenn das nicht nur ein verdammter Computer wäre, dann hatte Seth längst seine Faust benutzt um ihr dieses überhebliche, ekelhafte Lächeln aus dem Gesicht zu wischen. „Und dafür wirst du wie üblich wieder deinen Gefahrenzuschlag erheben?“ Ihr lächeln wurde breiter. „Na schön“, seufzte Yasuo gespielt „Ich würde gerne wissen ob du von jemand Neuem am Wintersporthimmel gehört hast?“ Sie blinzelte etwas irritiert. „Beim Wintersport?“ Mit einem Zeigefinger am Kinn sah sie wieder zur Decke und schien nachzudenken. Doch nach einer Weile schüttelte sie ihren Kopf, dass ihre Locken elegant hin und her wehten. „Nein tut mir leid. Ich kann dir an diesem Himmel nur Namen nennen, die du schon kennst. Soll ich die Ohren offen halten für dich, mein Schätzchen?“ Yasuo nickte emotionslos. „Ja, Bezahlung und Kontaktaufnahme wie immer.“ Sie nickte ebenfalls. „In Ordnung, auch wenn du dich sehr gerne hier mal wieder persönlich blicken lassen darfst. Oder... gerne auch kommen“, zwinkerte sie ihm zu. Yasuo lachte leise und schüttelte leicht den Kopf „Wie immer also.“ Die Blondine setzte mit ihren roten Lippen ein Küsschen auf ihre Handinnenfläche und pustete es ihm zu. Yasuo fing es mit einer Hand und nickte ihr nur zu. Danach drückte er nur kurz ein paar Tasten und der Bildschirm wurde wieder schwarz. Seufzend legte Yasuo das Headset beiseite und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Mit dem Kopf im Nacken war sein Blick nach oben gerichtet als Yasuo die Augen wieder öffnete und direkt von Seths wütenden blauen Ozeanen getroffen wurde. Er seufzte „Nein, wir sind nie intimer geworden als küssen, wenn es das ist was du wissen willst.“ Doch Seths Augen verengten sich nur noch mehr. „Was?“, brummte er, da Seth ihn weiterhin mit einem Blick ansah, der zwischen Wut, Frust und Trauer hin und her schwankte. „Sie ist eine Prostituierte“, stellte er fest und Yasuo bejahte mit einem Nicken. Er beobachtete seinen Arzt ganz genau und er konnte förmlich sehen wie in dessen Augen eine Erkenntnis aufflackerte, die etwas in ihm zerbrach. Seth nickte und wandte sich ab. Die Trauer hatte also gewonnen. Das tat Yasuo mehr weh, als wenn Seth einfach wieder seine Wut an ihm ausgelassen hätte. Mit beiden Händen fuhr sich Yasuo übers Gesicht und durch sein schwarzes, wirres Haar. „Seeeeth“, seufzte er halb verzweifelt. Doch Seth drehte ihm den Rücken zu als Yasuo aufstand und auf ihn zuging. Seths Hände krallten sich nun nicht mehr wütend in die Arme, sondern schienen einander festzuhalten. „Sie pflegt durch ihre Arbeit viele Kontakte in diverse Branchen und bei ihr ist die Kundschaft nicht selten sehr viel gesprächiger als außerhalb. Das macht sie zu einer hervorragenden Informantin, die zwar ihren Preis hat, diesen aber auch jeden Yen wert ist.“ Sanft legte Yasuo seine Hände flach auf Seths Schulterblätter. Trotz des Schmerzes in seiner Brust ergoss sich durch diese Berührung ein warmer Schauer in seinem Leib. Seine Nackenhaare stellten sich unwillkürlich auf, als er spürte, dass Yasuo näher hinter ihn trat. „Du musst nicht eifersüchtig sein, mein lieber Seth“, raunte Yasuos Stimme tief in sein Ohr. Seth konnte gegen das plötzliche Zittern was ihn ergriff nichts unternehmen. „Ich bin nicht eifersüchtig“, wehrte er sich beleidigt. „Nein“, flüsterte Yasuo „Mein Seth hat auch keinen Grund dazu und weiß, dass sie ihm nicht das Wasser reichen könnnte.“ In sich hinein grinsend stellte Yasuo zufrieden fest wie Seth unter ihm zu zerfließen schien. Vertrauensvoll lehnte dieser sich weiter zurück, ließ seinen Kopf in den Nacken sinken und rieb so seine Wange an Yasuos. Die Trauer und der rust waren für Seth mit einem Mal wieder wie fortgeblasen. Wenn Yasuo ihm so nah kam, dann konnte er sich einfach nicht wohler fühlen. Doch bereits im nächsten Augenblick zeigte Yasuo ihm, dass er durchaus auch dazu im Stande war Seths Wohlfühlfaktor noch weiter in die Höhe zu treiben. Genussvoll hatte dieser ihm nun die Lippen auf dem ihm dargebotenen Hals gelegt und kostete von dessen Haut. Seth stöhnte leise vor sich hin. Zu keiner Bewegung fähig überließ er Yasuo die Führung, dessen Hände nun unter seinen Armen durch nach vorne strichen und die kleinen Erhebungen von Seths Knospen unter dem dünnen Hemdstoff kurz streiften. „Mein Seth“ vibrierte Yasuos tiefe Stimme. „Glaube mir, dir kann keiner meiner Informanten das Wasser reichen!“ Die Inbrunst von Yasuos Überzeugung schlich sich in Seths Herz und ließen es freudig aufflattern. Da waren sie wieder die vielen Schmetterlinge. „Niemand anderen hätte ich zu meinem Sohn geschickt um ihn auszuspionieren. Du bist der Einzige dem ich soweit traue und so ein kluges Köpfchen hat um das bewerkstelligen zu können.“ Yasuo stockte irritiert „Seth?“ Mit einem Mal war es Seth als hätte ihn eine Badewanne kaltes Wasser getroffen. Er hatte vergessen, dass er Atemu eigentlich auf Drogenmissbrauch prüfen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)