Until the End von bakura-fan ================================================================================ Kapitel 3: Verhandlungen mit allerlei Hindernissen -------------------------------------------------- Es war kurz nach Mitternacht und er saß allein in einem U-Bahnwagon. Glücklicherweise hatte er noch einen Zug erwischt, der ihn direkt nach Hause bringen würde. Nachdem, was am Bahnhof passiert war, wollte er nicht noch stundenlang durch Tokyo laufen. Ihm ging dieses Gespräch einfach nicht mehr aus dem Kopf:     „Ohne einen Wink des Schicksals wirst du deine Ziele niemals erreichen“, hatte dieser komische Typ ihm versucht zu erklären.     „Und das sollen Sie sein?!“, unterbrach ihn Kiryu. Der Typ ihm gegenüber zuckte die Achseln: „Nenn es wie du willst. Aber eins ist sicher: Ich kann dir helfen.“ Kiryu sah ihn als Antwort darauf nur fragend an.     „Lass es mich so ausdrücken, Junge: Was immer du dir wünscht, ich kann dir helfen es zu bekommen: Geld, Ruhm... oder was auch immer du sonst willst.“ Die Augen dieses Kerls leuchteten merkwürdig auf. Kiryu glaubte etwas Rotes darin zu sehen.     „Sind Sie etwa jemand, der Wunder wirken kann oder so? So ein zweiter Jesus?“     „Nenn es, wie du willst, Junge.“ Sein Ton war immer noch ganz locker, aber Kiryu spürte, dass sein Gegenüber schon ungeduldig wurde. Aber er war zu müde und hatte daher keine Lust sich alles selbst zu denken. Der komische Typ seufzte und fuhr dann fort: „Weißt du, Junge, ich hab's nicht so mit dem Göttlichen. Da gibt es, wie ich finde, Besseres. Aber jetzt mal zum Geschäftlichen...“      „Mo- Moment mal, ich hab Ihnen doch gar nicht zugestimmt“, unterbrach Kiryu schon wieder. Aber sein Gegenüber fuhr unbeirrt fort: „Aber du bist interessiert, oder?!“ Schon wieder war in seinen Augen dieses Leuchten zu sehen. War das Licht hier wirklich so komisch? Sahen seine Augen etwa auch rötlich aus hier unten? Doch Kiryu sah diesen komischen Kauz weiterhin nur fragend an. Interessiert war er schon, und das sah man ihm auch an, es gab allerdings noch ein großes Aber...     „Ist ja jetzt auch egal. Hör dir erst mal die Bedingungen an, dann kannst du dich immer noch entscheiden.“ Kiryu sagte wieder nichts darauf. Er befürchtete so langsam, dass jedes Wort von ihm eine Zustimmung sein könnte, egal wie er es auch meinte.     „Die Laufzeit beträgt vorerst ein Jahr. Danach kannst du ja immer noch entscheiden, ob du weiter machen willst.“, Ein schmieriges Lächeln unterstrich seine Worte noch. Dieser Mann war brandgefährlich, wurde Kiryu jetzt klar. Ein Zug fuhr in den Bahnhof ein und ließ kein Wort zu. Kiryu hatte einen Augenblick Zeit nachzudenken.    „Und was soll ich dafür tun?“, fragte Kiryu endlich. Allerdings hatte er jetzt Angst, dieser komische Typ könnte das als eine Einwilligung verstehen.     „Du machst einfach weiter, wie bisher“, sollte Kiryu als Antwort genügen. „Aber ich verlange schon etwas mehr als ein Tschüss, wenn alles vorbei ist.“     „Und wenn ich vorzeitig aussteigen will?“     „Darüber verhandeln wir besser in meinem Büro. Komm doch morgen irgendwann, wenn du Zeit hast zu mir.“ Der Ton war immer noch äußerst freundlich. Dann reichte dieser komische Kauz Kiryu noch eine Visitenkarte und verschwand. Wohin genau, wusste Kiryu nicht zu sagen. Der Kerl war einfach verschwunden, während Kiryu die Karte wegsteckte. Und jetzt saß Kiryu allein in einem U- Bahnwagon und war fast Zuhause. Als er schließlich seine eigenen vier Wände betrat, war es fast um eins. „Irgendwann, wenn du Zeit hast“, hatte dieser Typ gesagt. Aber ob er auch wirklich hingehen würde, wusste er jetzt noch nicht. Er hatte es gerade noch geschafft seine Taschen zu leeren und ließ sich, so wie er war, auf sein Bett fallen. Er war in einen traumlosen Schlaf gefallen und war mehr als überrascht, dass er um kurz nach sechs wieder wach war. Er konnte nicht mehr schlafen, aus welchen Gründen auch immer. Also stand er auf, nachdem er sich noch eine Weile hin und her gewälzt hatte, ohne wieder einschlafen zu können. So früh am Morgen war in der Stadt noch nicht viel los. Er schlenderte durch die Straßen und wollte sich irgendwo eine Kleinigkeit zu Essen besorgen. Durch die Straßen Tokyos irrte er in letzter Zeit sehr oft. Meistens nur, um den Kopf frei zu kriegen. Danach würde er direkt auf Arbeit gehen, seine Schicht würde eh bald anfangen. Seinen Chef würde es zwar wundern, dass er schon so früh da wäre – schließlich bekam er kein Geld für seine Überstunden, aber er musste jetzt einfach raus hier.   Man konnte allem möglichen entfliehen, aber nicht seinen eigenen Gedanken. Sie verfolgten einen, sie kamen immer wieder. Und seine Gedanken quälten ihn jetzt schon so lange. Immer und immer wieder zerbrach er sich seinen Kopf darüber, wie er der Band helfen konnte, ob sie nicht doch besser ohne ihn dran wäre... Und plötzlich hatte er die Chance, dass er seinen Bandkollegen wirklich helfen konnte. Wenn er es denn konnte. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Die Visitenkarte hatte er gestern achtlos weggesteckt, ohne sie sich genauer anzusehen. Die Frage war jetzt, ob er sie noch bei sich hatte oder zurück zu seiner Wohnung laufen müsste. Nachdem er sämtliche seiner Taschen durchsucht hatte, fand er die Visitenkarte allerdings. Dann sah er sie sich genau an: Dee. MONIO Cooperations                                      »Wir können alles, so lange Sie                                           auch bereit dazu sind!« Kiryu stand die ganze Zeit mitten auf dem Fußweg. Einige Leute liefen verärgert murrend an ihm vorbei, andere rempelten ihn an. Kiryu ließ sich davon aber nicht stoppen, er ging nur einige Schritte zur Seite. Der Slogan war ungewöhnlich. Aber nachdem, was Kiryu erlebt hatte, durchaus passend. Es war zwar ein gutes Stück von hier aus bis ins Zentrum von Shinjuku zu laufen, aber er ging trotzdem los. Das bisschen Kleingeld, das er bei sich hatte, wollte er nicht für den Bus oder die U-Bahn verschwenden. Um 8:45 stand er vor dem Bürogebäude, in dem Dee. MONIO Cooperations saß. Irgendwie war es ja abzusehen, dass sie auch noch in einem der oberen Stockwerke des Hochhauses waren. Der Pförtner würdigte ihn nur eines kurzen Blickes, beschäftigte sich dann aber weiter mit seiner Zeitung. Und so schlenderte Kiryu zum Aufzug und ließ seine Gedanken ein wenig schweifen. Ein paar Minuten würde es schon dauern, bis er oben angekommen war. Kiryu wurde allmählich nervös. Es fühlte sich für ihn an, als wäre er auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch. Als Band waren sie bisher erst einmal vorgeladen worden. Ihnen war gesagt worden, dass die Chancen gar nicht so schlecht standen etwas von ihnen zu veröffentlichen. Damals hatte er sich nicht so unbehaglich gefühlt. Allerdings war er da auch nicht alleine. Jetzt war er dabei etwas zu entscheiden, das auch die Band betraf. Und das weckte sehr viel Unbehagen in ihm. Als er dann endlich vor dem Büro von diesem komischen Kauz stand, sah ihn seine Sekretärin genauso an, wie der Mann unten im Eingangsbereich. Es war ein Blick, der ausdrückte: „Du bist nicht mein Problem.“     „Haben Sie einen Termin?“ Kiryu schüttelte nur mit dem Kopf. Die Sekretärin seufzte und forderte Kiryu auf, Platz zu nehmen.     „Wen darf ich anmelden?“     „Sugawa, Kiryu Sugawa.“ Erstaunt sah ihn die Sekretärin an, verschwand schnell im Büro, um kurz darauf auch wieder raus zu kommen. Dann bat sie Kiryu auch gleich hinein. Von hier aus konnte man ganz Tokyo überblicken. Ein riesiger Schreibtisch dominierte den Raum, der von Grünpflanzen flankiert wurde, die fast bis zur Decke reichten. Der alte Mann saß hinter dem Schreibtisch und hatte mit etlichen Dokumenten zu tun. Er hatte nicht einmal aufgesehen, als Kiryu gerade einen Schritt in das Büro getan hatte und ihn auch schon mit: „Guten Morgen, Kiryu“ begrüßte. Im Nachhinein kam es Kiryu schon seltsam vor, dass dieser Typ, Masahito Tanakawa war sein voller Name, gleich seinen Namen gewusst hatte. Kiryu hatte ihm seinen Namen jedenfalls nicht gesagt. Aber dennoch nahm er auch gleich Platz, als ihm ein Stuhl angeboten wurde. Sie saßen sich jetzt genau gegenüber. Kiryu ließ Tanakawa nicht ein einziges Mal aus den Augen. Er konnte sich aber auch nicht so wirklich erklären, wieso er so misstrauisch war. Tankawa kümmerte sich noch um ein paar Verträge, wie es aussah. Dann wandte er sich endlich Kiryu zu: „So, da du dich entschieden hast herzukommen, vermute ich, dass du interessiert bist?!“ Es war weniger eine Frage als vielmehr eine Feststellung. Kiryu sagte nichts darauf und sah Tanakwa einfach nur weiter an...     „Gut, kommen wir gleich zum Geschäftlichen“ Wieder brachte Kiryu keinen Ton heraus. Er saß einfach nur da und tat nichts weiter, als den komischen Typen, den er gestern Nacht getroffen hatte, anzustarren. Was er hier tat, wusste er selbst nicht zu erklären. Aber eins war klar: Das hier war das unangenehmste Gespräch, das er je geführt hatte. Tanakawa zog aus einem Papierstapel, wie es für Kiryu aussah, wahllos ein Blatt heraus und schob es vor Kiryu.     „Ich hatte meine Sekretärin vorab schon einmal gebeten mir diesen Vertrag heraus zu suchen.“     „Sie haben das schon mal gemacht?“, fragte Kiryu einfach dazwischen. Sein Misstrauen gegenüber Tanakawa ließ einfach nicht nach. Aber das war auch gut so – das wusste er. Wenn sein Misstrauen jetzt stärker war als letzte Nacht, würde er Tanakawa nie voll und ganz vertrauen. Sein Instinkt hatte ihn in dieser Hinsicht noch nie m Stich gelassen.     „Ja, aber das ist inzwischen schon lange her.“ Wieder hatte Tanakawa dieses komische Grinsen im Gesicht.     „Und was ist aus dem armen Schwein geworden?“ Eigentlich wollte er sich diese Frage nur im Geiste stellen. Jetzt war sie ihm doch raus gerutscht... Tanakawa sah ihn kurz irritiert an, als ob er befürchtete, Kiryu könnte bereits zu viel wissen, antworte ihm aber nicht. Kiryu bohrte auch nicht weiter nach. Manchmal ließ sich das Ungewisse besser verkraften als die Wahrheit. Das hatte er gestern schließlich am eigenen Leib erfahren. Die Wahrheit konnte wehtun. Und zwar verdammt weh. Er las sich den Vertrag einmal durch, dann noch einmal. Sollte das denn wirklich ein Vertrag sein?! Die Formulierungen waren an einigen Stellen mehr als zweideutig geschrieben. Zudem konnte er nicht wirklich erkennen, was er für die Vertragserfüllung tun musste. Also fragte er einfach nach: "Was soll das eigentlich mit 'Der Vertragspartner ist nicht aufgefordert seine Schuld dann zu begleichen, wenn es von uns gefordert wird, soweit eine Erfüllung von Seiten des Vertragspartners zu gegebenen Zeitpunkt nicht möglich ist. Sollte allerdings der Fall eintreten, dass ein Abschluss des Abkommens unausweichlich ist, müssen beide Vertragspartner, ob sie zu diesem Zeitpunkt in der Lage sind oder nicht, die Beziehungen beenden, soweit es die Bedingungen von Paragraph soundso fordern.' Heißt das, ich hab eine Frist oder so was?!“     „Nein, nein“, und er lächelte das Lächeln eines Mannes, der einem kleinen Kind etwas ganz simples und allgemein Verständliches erklären würde. „Wenn ich eine Vertragserfüllung von dir fordere, und du kannst sie zu diesem Zeitpunkt nicht bringen, hast du Zeit, bis du so weit bist. Aber dann musst du erfüllen. Sollte allerdings einer der besonderen Fälle aus diesem Paragraphen eintreten, müssen wir beide den Vertrag erfüllen, egal ob wir wollen oder nicht."     „Aha! Und hier: 'Die von Dee. MONIO Cooperations gebrachten Leistungen sind in jeder Hinsicht als Vertragserfüllung zu betrachten. Die vom Vertragspartner geforderten Leistungen müssen von Dee. MONIO Cooperations in jedem Fall erbracht werden. Laut Paragraph soundso, Absatz derundder hat Dee. MONIO Cooperations die Wünsche zu erfüllen. Bei besonderen Forderungen (siehe Faust' sche Klausel) sind die Bedingungen aus Paragraph soundso anzuwenden. Die Vorstellungen des Vertragspartners zur Umsetzung des Vertrages müssen berücksichtigt werden.' Wenn so etwas hier drin steht, wie wollen Sie das dann umsetzen?“     „Das ist ein Standartvertrag, Junge“, gab Tanakawa entnervt zurück.     „Ich will das aber trotzdem wissen“, bohrte Kiryu ungeduldig. Kiryu hatte zwar nicht den besten Schulabschluss, aber er wollte sich auf keinen Fall übers Ohr hauen lassen. Tanakawa würde mit ihm nicht so leichtes Spiel haben. Das bemerkte dieser jetzt auch. Vielleicht würde er Tanakawa doch dazu bringen sein wahres Gesicht zu zeigen. Aber eigentlich glaubte er selbst nicht daran. Tanakawa war wohl eher ein Mensch, der andere aus der Reserve lockte. Als Antwort bekam er schließlich: „Das wirst du dann schon sehen.“ Für Tanakawa war das Thema damit erledigt. Und auch Kiryu hörte jetzt auf zu bohren. Er würde hier ja doch nicht weiter kommen.     „Die Details besprechen wir dann ein andermal“, wurde Kiryu vertröstet. Er saß da und sah zum Fenster hinaus. Ganz Tokyo erstreckte sich unter ihnen. Tanakawa wartete geduldig, bis er den Vertrag unterschrieb oder unverrichteter Dinge gehen würde. „Also, Sie helfen mir, egal, was ich verlange?“ „So steht es im Vertrag, ja“, bekam er von Tanakawa schnell eine Antwort. Dann wurde Kiryu auch schon nach draußen geschickt. Kaum hatte er den Vertrag unterschrieben und war aufgestanden, kam auch schon die Sekretärin ins Büro: „Darf ich Sie nach draußen bringen?“ So langsam kam Kiryu zu dem Schluss, dass ihn noch mehr dieser merkwürdigen Dinge erwarten würden. Deshalb machte er sich jetzt auch keine weiteren Gedanken über den Auftritt der Sekretärin. Er versuchte es zumindest. Doch bevor er Masahito Tanakawas Büro verließ, drehte er sich noch einmal zu ihm um und fragte: „Woher wussten Sie eigentlich wie ich heiße? Ich habe Ihnen nie meinen Namen gesagt.“ Tanakawa grinste schon wieder dieses überlegene Grinsen, wie bei ihrer ersten Begegnung und antwortete dann: „Weiß du, Kiryu, das Wichtigste über meine zukünftigen Klienten bekomme ich sehr schnell heraus.“ War es Kiryu nur so vorgekommen oder hatte sich die Luft bei diesen Worten um ein paar Grad abgekühlt? Ihm lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter. Tanakawa war nicht zu unterschätzen, das stand fest. Wenn er doch nur wüsste mit wem oder was – er war sich nicht mehr so sicher wie gestern Abend noch, das alles hier vernünftig erklären zu können – er es überhaupt zu tun hatte. Aber in seinem Leben war schon zu viel schief gegangen, als dass er sich nicht an jeden greifbaren Strohhalm klammern würde. Und so verließ er mit einem tiefen Seufzer das Gebäude und trat hinaus auf die überfüllten Straßen Tokyos. Jetzt hatte er sich endgültig dem Kommerz unterworfen – seine Seele gehörte ab heute einem anderen... Hosted by Animexx e.V. 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