Unmei no Akai Ito von Amalia-chan ================================================================================ Kapitel 11: Neugier 3/3 ----------------------- Der beste Schutz vor einem Gerücht ist das Dementi des Schweigens. (Horst A. Bruder) „Ob es wohl genug der Ankündigung ist, Euch, Ishizu-sama, zum Nachmittag in meinen Garten einzuladen?“, wirkte nur an der Oberfläche versöhnlich. (Kap. Neugier 2) Anscheinend konnte seine Mutter nicht minder austeilen, wie er. Natürlich begegnete sein Raubtiergold ihrem regungslosen in zu erwartender Ausdruckslosigkeit. Mutter und Sohn schienen sich da gleich. „Hm, so viel Rücksicht auf einmal“, triefte vor Sarkasmus und war weit vom gehorsamen Sohn entfernt. Wohl der Grund, warum es vom väterlichen Orangegold gemahnt wurde; mochte der Vater auch seine Stimme nicht zum Tadel erheben. Sie erlebte ihn nur höchst selten so. Er glaubte sich also weiterhin auf dem Prüfstand. Dennoch musste er es hinnehmen. Sie wagte es daher auch nicht, jetzt nach seiner Bestätigung zu suchen. Stattdessen blickte sie neben sich. Das Augenmerk ihres Mentors ruhte längst warm auf ihr - unmöglich zu sagen, ob er seine Fürstin zuvor ebenso gewarnt hatte. Er stellte es ihr frei. Kurz war sie doch tatsächlich geneigt, eine Unpässlichkeit vorzubringen – nicht nur aus Erinnerung an heute Morgen. Sie fühlte sich nicht bereit für erneute Fehler und fürchtete, ihn abermals in Misskredit zu bringen. Andererseits war sie genau deshalb hier. Es war ihre Aufgabe. Längst registrierte sie die leise Unruhe in sich, welche allein Sesshōmarus Nähe in ihr entfachte. Ihre Sehnsucht nach ihm war fast greifbar, als die nächste Windböe ihr neben dem Salz des Meeres seinen Geruch entgegentrieb. Jetzt, da er so nahe vor ihr war, meinte sie, ihr Körper stünde in Flammen ohne, dass er sie auch nur ansah. Ganz im Gegenteil bemühte er sich nahezu, sie eben nicht anzusehen. Einem Automatismus folgend veränderte sich ihre Atmung. Es entging ihm nicht. Ebenso wenig wie Myōga, der sogleich wohlmeinend im Flüsterton versicherte: „Ich bin an Eurer Seite, Ishizu-sama.“ Der Flohgeist kannte wohl die Wirkung seiner Herrin. Es mochte seinem Vater und seiner Mutter entgehen, Sesshōmaru hingegen schnappte es in seiner Konzentration auf sie allein gerade noch so auf. Er gestattete sich sogar das leise Zucken um seine Mundwinkel, ehe er bewusst noch etwas mehr Überheblichkeit hineinlegte, sodass es zu seinem charakteristischen Schmunzeln heranwuchs. Es passte zu seiner Fassade - und schützte sie gleichsam. Natürlich erkannte er, wogegen Ishizu da eigentlich anfocht, trieb ihm doch der Wind nun ihre Witterung erbarmungslos in seine Nase, wie zuvor die gegensätzliche Windböe seine in ihre. Er schloss die Augen, um sich zu sammeln, als sich ihm die Erinnerungen an die Momente unweigerlich aufzwangen, in denen sie eben diese nervöse Atmung für gewöhnlich unter ihm zeigte. Das Lächeln behielt er dabei wohlweislich auf seinen Zügen. Es baute die Farce aus. Der Blick aus väterlichem Gold, welcher ihn dann traf, kaum, dass er seine Augen wieder öffnete, verbat ihm jegliche weitere Regung. Natürlich hatte er seine Miene kontrolliert, jedoch nahm er nicht an, dass der Vater auch nur erahnte, wie falsch er da doch lag in seiner Überzeugung, ihn für sein Amüsement tadeln zu müssen. Sein Raubtiergold funkelte lebendig, weil er seine Farce erfolgreich wusste. Das warnende Funkeln im Orangegold nahm er regungslos hin. „Wie könnte ich Eure Großzügigkeit ausschlagen“, war Akzeptanz und Flucht zugleich für Ishizu. „Dann freue ich mich auf den späteren Nachmittag, Kenshin“, ließ Ishizu tatsächlich daran zweifeln, ob Besagter überhaupt noch ganze Sätze an sich gerichtet verstand. Er sollte sie wohl mit Myōga begleiten oder abholen? Für einen Sekundenbruchteil riskierte sie den Blick in sein Raubtiergold. Seine Ausdruckslosigkeit stach ihr warnend entgegen. Zum ersten Mal tat ihr die Distanz weh, wusste sie sie auch nur aufgesetzt. Sie wagte nicht, ihm in Gedanken zu begegnen, wähnte sie ihn doch zu Recht zu angespannt, um nicht um ihrer beider Fassade zu fürchten. Da reagierte ihr väterlicher Mentor auf ihre scheins offenkundige Verwunderung, wenn er auch völlig andere Motive dahinter vermutete: „Ich hatte gedacht, den Nachmittag für Sesshōmaru zu übernehmen, nachdem er ja Besuch hat.“ Es entlockte ihr ihr entzückendes Lächeln, welches sie in sein leuchtendes Dämonengold erhob. Die genaue Musterung durch die Gefährtin an seiner Seite entging ihr. Ein Schauspiel, dem der Sohn wesentlich aufmerksamer dafür beiwohnte. „Toga“, verklang sanft. Eine Mahnung oder eine Erinnerung. Ishizu war sich nicht ganz sicher. Mit einem Nicken und entschuldigenden Blick an sie entließ er sie in die Obhut Takesumis. Also verabschiedete sie sich, wie es sich ziemte, ohne sich darüber bewusst zu werden, dass auch Sesshōmarus Unruhe mit einem jeden ihrer Schritte aus seinem Blickfeld abebbte. Damit wandte sich der Vater dem Gesuch seiner Gefährtin zu. „Erwarte mich in meinen Gemächern, Sesshōmaru“, bedeutete dem Sohn unmissverständlich, dass seine Mutter mit seinem Vater allein zu sein wünschte. Er bedurfte keiner weiteren Einladung, sich entfernen zu dürfen, mochte er auch hoffen, dass sie nicht allein der Nordsache wegen hier war. Er erfuhr es früh genug. Damit lag das Augenmerk des Herrn über die Hunde aufmerksam auf der ansehnlichen Erscheinung seiner Gefährtin. Sie wandte sich in vollem Bewusstsein darüber wieder dem Blick über die ausgedehnte Anlage zu - eine gewichtige Stille damit nur zu gezielt zwischen sie entspannend. „Sie sind nervös“, klang bei Weitem harmloser, als es letztlich wohl war. Sonst wäre sie nicht hier. Also doch nicht nur ein Besuch beim Erben. Er verbiss sich ein tonloses Seufzen. „Weil sie hier ist“, zeigte er sich unbeeindruckt. Es erlaubte ihren Einwand. „Es stößt auf Unverständnis – und gefährdet nicht nur dieses Bündnis. Wozu hast du mich, wenn du nicht auf mich hören willst? Du brauchst die Unterstützung der Deinen“, sah sie sich daher gezwungen, auszuführen. Mehr wagte sie jedoch nicht. „Es ist nicht die erste Entscheidung und wird nicht die Letzte sein, für die sie Zeit brauchen. Sie werden sich daran gewöhnen. Das Turnier verlief soweit ruhig“, raubte ihm sein schmales Lächeln in Erinnerung an ihren beeindruckenden Patzer. „Also ignorierst du es? Du unterschätzt scheins nicht nur ihren Augenaufschlag“, lenkte seinen Blick in einer Mischung aus Verwunderung und Amüsement auf seine Fürstin. Ihre Miene blieb ausdruckslos wie die ihres Sohnes. Mochte es auch nur in einem Nebensatz scheinbar erfolgt sein, so hatte sie es doch so deutlich ausgesprochen, wie er es nie für möglich gehalten hatte, je bei ihr erleben zu dürfen. Seit wann verglich sie sich mit einer Göttin – und ließ sich von Gerede beeindrucken? „Wofür hältst du mich?“, wollte wohl die Stimmung auflockern. Zumal er bei Weitem erfahren genug war, um mit ihrer göttlichen Ausstrahlung umgehen zu können. Natürlich war es eine bewusste Entscheidung, es so zu spielen. Sie dankte es ihm im Stillen, mochte sie es auch mit Nichtachtung strafen, indem sie ihren Blick zurück auf die Weite vor ihnen richtete. „Wenn du dich ihrer Ausbildung morgens annimmst und Sesshōmaru nachmittags, Takesumi dann am Abend, was tut sie dann in der Nacht?“, wirkte wieder wie eine Belanglosigkeit, als fragte sie nur aus Höflichkeit. „Sie schläft“, beorderte ihr verengtes Raubtiergold zurück auf sein vor Belustigung tanzendes Orangegold. Damit hatte er gerechnet, genauso wie mit ihrem Unverständnis, das er nicht nur bei ihr erwartete, sollte diese Tatsache je in seiner Art umgehen. Mit ein Grund, warum sein Hofstaat magische Schwüre hatte ablegen müssen, die Geheimnisse um ihre Fähigkeiten und Gewohnheiten zu wahren. Ein jeder starb, der es auch nur versuchte zu umschreiben. Einzig noch bei ihr wusste er es in Sicherheit. „Also ist ihre Allmacht versiegelt – und das Ereignis beim Turnier war tatsächlich eine Überraschung, auch für dich“, überraschte ihn nicht. Er bestätigte es nickend und lenkte so ihren Blick zurück auf die Hofanlage unter ihnen. Seinen Scharfsinn hatte Sesshōmaru nicht von irgendwoher – und da nahm er sich ein Stück weit aus. „Wenn sie sie schon mit Allmacht ausstatten, warum dann nicht auch mit dem nötigen Wissen um ihre Welt“, spiegelte zum Teil die gravierende Kluft zwischen ihren beiden Arten undeutbar wider, wie er nun wusste. In den Augen der meisten höherrangigen Dämonen waren Götter dämlich, auf solche Macht zu verzichten oder gar sie zu beschränken. Er dagegen war anderer Meinung. Macht brachte Verantwortung – und das Fundament dafür konnte nur nach und nach entwickelt werden, wenn sie allen dienen sollte. „Anscheinend gibt es da Einiges, was auch sie nicht wissen“, traf schmunzelnd auf ihre angespannten Züge. Er musste ihr ja nicht alles auf die Nase binden. Sorgenvoll erkannte sie derweil, dass ihr Gefährte in seine neuste Idee wiedermal verliebt war. Er wahrte die Distanz zur Göttin, räumte ihr die Stellung einer Tochter ein. Wer, wenn nicht sie wusste um sein Bedauern, dass sie ihm sofort den Sohn geschenkt hatte. Letztlich stand es ihm frei, dies jederzeit zu ändern. Ihre Position und die Sesshōmarus würde er davon unabhängig halten. Ihre Damen hatten sie bereits vor einer geraumen Weile verlassen, um demselben Bedürfnis nachzugehen, dem auch sie nachgehen sollte. Die Flamme nährte sich knisternd in ihrem Rücken, als sie den Kamm gedankenverloren durch ihr langes Pechschwarz gleiten ließ. Hätte sie Sesshōmaru abgewiesen, wäre sie ihm also nicht verfallen, dann hätte sie die Einladung der Hundefürstin unumwunden angenommen. Genau dafür war sie hier. Es war ihre Verpflichtung, ihre Aufgabe, der sie nicht nachkam, weil sie ihre Neugier fürchtete. Sie hatte sie nach Sesshōmaru gefragt in ihrem Garten. Ganz direkt, wie sich ihr Sohn als Lehrmeister machte. Er hatte also recht behalten. Dennoch hatte sie gemeint, nicht mehr als einer Art mütterlicher Fürsorge gegenübergesessen zu sein, wenn auch ungewohnt verhalten. Keinem konkreten Verdacht. Also hatte sie ihn gelobt. Das hätte sie auch ohne ihre Gefühle für ihn getan. Allerdings hatte sie es für besser befunden, ihre Zwistigkeiten nicht unerwähnt zu lassen. Die Mutter schien bestens informiert darüber. Natürlich, anscheinend hatte sie hier ihre Informationsquellen. Besser, deren Identität blieb ihrem Sohn weiterhin verborgen. Es war interessant gewesen. Die Dämonenfürstin schien eine gute Lehrmeisterin. Nun, sie war sicherlich durch ihre Jahre mit ihrem Gefährten und nicht zuletzt Sesshōmaru darin geschult, das kleine Dämonen-Einmaleins zu vermitteln. Sie hatte erfahren, dass eine Fürstin unter den Dämonen zwar den Kampf in ihrer Jugend lernte, es aber zu ihren Aufgaben zählte, nicht nur den Gefährten würdevoll zu repräsentieren, sondern ihm in allen Belangen den Rücken zu stärken - auch im Kampf. Etwas, das sie bei ihren Menschen unter den Kriegerfrauen in Japan kannte. Dämoninnen blieben dabei nicht auf die Stabwaffen beschränkt. Sie verzog ihre Lippen in seltenem Missfallen, ehe sie den Kamm aus Buchsbaumholz erneut an ihrem Scheitel ansetzte. Sie mochte dieses Utensil, es war weich und lud ihr Haar nie elektrostatisch auf. Ob sie es als Geschenk betrachten durfte? Ihre Brust hob sich sanft gegen den dünnen Stoff der Yukata. Ohne ihre Gefühle für ihn hätte sie zugestimmt und ihre Aufgabe so erfüllt. Sie erschrak, als das Flackern der Flammen von der leisen Erschütterung der Holzbalken kündete, sobald er auf ihrer Veranda nahezu geräuschlos aufsetzte. Der Boden hatte es nicht einmal über ihre Schienbeine an sie herangetragen. Sofort glitt der Tsugegushi ungeachtet zu Boden, als sie sich geschwind aufmachte zu den Shōjitüren. „Was wollte sie?“, ließ sie angenehm erzittern, als sein Tenor ihre Sinne vertraut reizte. Sie nahm einen leisen Atemzug, um ihre Gedanken zu klären. Erst dann trat sie nahe an das Japanpapier heran, welches ihren Schatten gedämpft hinauswarf. „Sie hat mich eingeladen, euch zu begleiten“, traf auf Schweigen. Mehr musste er nicht wissen, befand sie. Auch er musste ihre Neugierde fürchten, wenn er deshalb kam. „Du wirst nicht gehen“, war zu sanft für seine Verhältnisse, um als Befehl gewertet zu werden. Das hatte sie sich schon gedacht. Die Sehnsucht heute war fast körperlich spürbar gewesen, wie sollte sie da die Tage an seiner Seite unter den wachsamen Argusaugen seiner Mutter überstehen? Denn, dass er Recht hatte, und sie sich weit mehr als nur für sein Betragen interessierte, war offenkundig. „Ich werde es, solange es geht, hinauszögern“, versprach sie flüsternd. Natürlich wollte sie nicht unhöflich sein. Da er nichts erwiderte, nahm sie an, dass er genickt hatte. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, brach sie die Stille behutsam. Es kam fast flehentlich über ihre Lippen. Er hörte ihre filigranen Finger gegen das Japanpapier klopfen, als sie ihrem Drang nach Nähe nachkam. „Wir kamen zu spät“, verriet nichts über sein Gefühlsleben. Sie verstand umgehend. Sie war bereits von ihren Damen umgeben gewesen. Ob er sie den Tag über bewusst gemieden hatte? „Sehe ich dich heute?“, raubte ihm einen tiefen Atemzug – unhörbar für ihren menschengleichen Gehörsinn. Ihr Begehr verklang nicht ungehört in seinem Körper. Es war Wahnsinn. Im Gegensatz zu seinem Vater hatte seine Mutter stets eine bessere Spürnase bewiesen, und ein deutlich größeres Interesse an seinen Kontakten offenbart. Nicht, solange sie hier ist, lag auf seinen Lippen; Doch es kam nie über sie. Stattdessen verfolgte sein feines Gehör gebannt das hauchzarte Schaben ihrer Nägel über das Papier der Shōjitüren. Er verharrte einen Moment unschlüssig. Sie sah nicht, dass er die Augen schloss geschützt von den Schatten, welche die ausladend geschwungene Dachstruktur im Mondlicht warf. Es war mühsam zu gehen. Die Nacht war gelaufen. Und riskant zu bleiben. Sein Zögern entging ihr dafür nicht. Gebannt lauschte sie in die Stille. Ihr Herz klopfte dabei wild in ihrer Brust. Ihre Wange lehnte gegen das dünne Papier. Sie war sich sicher, dass er ihre Aufregung nicht überhören konnte. Umso abrupter wich sie zurück, als er die Türen letztlich ruckartig aufschob. Ihre Überraschung weitete ihr unergründliches Meeresblau. Sie hatte nicht erwartet, dass er sich gegen die Vernunft entschied. Ai schlich sich fast beiläufig an ihm vorbei hinaus. Keiner von beiden beachtete sie, als er hinter ihr die Tür zuschob. „Das ist keine gute Idee.“ Sie schüttelte bestätigend den Kopf – und strafte sich im selben Moment Lügen, als sie sehnsüchtig bat: „Bleib.“ „Dein Zauber“, erfolgte bereits nahe vor ihr. „Ist längst gesprochen“, versprach ein Mindestmaß an Diskretion. Ihr Herz hüpfte ihm voller Freude entgegen, sobald sie sich damit in einem wilden Kuss von seiner Präsenz weiter in den Raum gedrängt wiederfand. „Wie lange wirst du weg sein?“, lenkte sein im Halbdunkel funkelndes Raubtiergold zurück auf ihre verlockende Erscheinung. Sie lag auf dem Bauch, die schlanken Beine verspielt angezogen, stets in sanfter Bewegung. Es raubte ihm einen leisen Zug um seine Mundwinkel. Einzig sein Kimono verdeckte ihre alabasterfarbene Haut und endete durch ihre Unruhe neckisch nahe unterhalb ihres wohlgeformten Gesäßes. Mochte ihre Atmung auch längst wieder zurückgefunden haben zu ihrem regelmäßigen Rhythmus, nicht nur ihr Haar verriet ihre letzten Aktivitäten. Das Bett wirkte durchwühlt. Er lehnte gegen die Wand nicht weit entfernt und doch in “sicherer“ Distanz. Die seltsame Sonderanfertigung, welche sie “Kissen“ nannte und für gewöhnlich ihr Haupt weich bettete, schützte seine Kehrseite vor der Härte der Holzwand. Die Decke einzig leger um seine Mitte drapiert schickte er sein bewegtes Gold genüsslich über ihre Erscheinung. „Zwei Nächte“, die Tage interessierten sie nicht. Dennoch schürzte sie verstimmt ihre Lippen. „Ich war bereits länger weg“, stimmte sie nicht wirklich versöhnlicher. Sie erntete dafür einen überheblichen Blick von ihm. Es bewog sie dazu, sich aufzusetzen. Natürlich entging ihr nicht, dass er jede Regung seines Stoffes über ihre Kurven dabei genau verfolgte. Als sie sich darüber ihr Schmunzeln verbiss, konzentrierte sie sein erstarrtes Gold nur wenig später auf ihre Unterlippe. Wie sollte das erst werden, wenn er erst nach zwei Nächten zurückkehrte? Sie befand, es wurde Zeit für einen Themenwechsel – und zwar ganz schnell. Und da ihr nichts anderes einfiel, platzte sie mit dem heraus, was ihr den Tag beschwert hatte – und sie einzig an ihn zu richten wagte. „Was will der Norden?“ Es brach seine Gier umgehend und erhob sein funkelndes Dämonengold geklärt in ihr Meeresblau. Zürnte er ihrer, weil sie fragte? „Sie sind nervös“, war nüchtern – eine Tatsache. Dennoch fühlte sie Unbehagen in sich aufsteigen. Waren es die Vorbehalte gegen das Bündnis ihrer Väter? Instinktiv senkte sie den Blick. Es war ihr unangenehm, erkannte er unumwunden. Als sie sich wegdrehte und nach ihrem Kamm griff, zückte er die Braue. Eine Übersprungshandlung, die ihren inneren Konflikt offen zutage förderte. Als sie jedoch seinen Blick in ihrem Rücken spürte, hielt sie inne. „Es schickt sich nicht, richtig?“, räumte sie ihren Fehler ein. Es raubte ihm einen leisen Zug um seine Mundwinkel, unter dem sie den Kamm wieder ablegte. Was hieran schickte sich schon in seiner Welt? Er hatte es nie zuvor gesehen. „Es ist wegen mir, nicht?“, überraschte ihn ihr Schuldbewusstsein. Es wirkte ehrlich gemeint. Kurz überflog er ihre zierliche Gestalt, welche in dem wesentlich größeren Männerkimono nahezu unterzugehen schien. War das ihr göttlicher Anspruch, nicht in die irdischen Geschicke direkt einzugreifen, dem sie hier nachkam? Er wusste längst, dass es sie weit mehr störte, als sie zuzugeben bereit schien. Da brauchte er sich nur an die Sache mit Chiyo zu erinnern. Es gefiel ihm nicht, wenn sie so tat, als sei es ihr gleich, erkannte er da. „Lügen stehen dir nicht, Ishizu“, verklang scheinbar ungehört; dennoch vermeinte er sie stocken zu sehen. Ihr Atem entwich ihr keuchend, als er daraufhin überraschend hinter sie kam und ihr Haar zur Seite strich. „Politisches Taktieren“, traf der Seine heiß gegen ihre pulsierende Halsschlagader, ehe er seine Lippen zärtlich über die dünne Haut gegen ihren kräftig schlagenden Puls tupfte. Es schloss ihre Augen umgehend. Also war er der Meinung, dass sie auch eine andere Chance ergriffen hätten, um neu zu verhandeln? Intuitiv folgte sie seiner Wärme und lehnte sich gegen seinen Körper in ihrem Rücken. Aufseufzend genoss sie die zarten Reizungen seiner Krallen unter dem Stoff über ihre Hüfte an ihren Bauch, während seine Lippen eine elektrisierende Spur über ihren Puls hinauf an ihr Ohr strichen. Sobald sie ihre Ohrmuschel erreicht hatten, schmiegte sie ihre Stirn gegen seine Schläfe. „Was hast du gesagt?“, war nur ein Wispern, das sich über das Feuerwerk seiner Berührungen in ihren Sinnen erhob. „Dass es noch Zeit hat“, wirkte unbekümmerter, als er tatsächlich gewesen war. Damit schlug sie ihre Augen auf und traf sein dämonisches Gold, welches fest auf ihrem lag. Sie wagte kein weiteres Wort, wanderte stattdessen seine Züge mit ihrem Meeresblau liebkosend ab, ehe sie die Hände an seine Wangen erhob. Er ließ es zu, dass sie sich in seiner Umarmung zu ihm wandte und empfing ihren Kuss nicht minder gefühlvoll, als sie sich noch darunter auf seinen Schoss bugsierte. Als sie voneinander abließen, studierte sein Blick jede Regung in ihrem bewegten Meeresblau. Da sie schwieg, schwieg auch er. Und so trennte einzig das Nähren der Flammen in den kleinen Schalen die Stille, als sie ihm sein Haar auf ihre einzigartig sanfte Art und Weise aus dem Gesicht strich. Ihr Blick verweilte dabei auf seiner Sichel - ungewöhnlich lange und konzentriert, wie ihm alsbald aufging. „Weihst du mich ein“, war weniger Frage denn Forderung. Es entlockte ihr ein entschuldigendes Lächeln. „Ich hatte nicht erwartet, dass sie sie dir vererbt hat“, sollte wohl harmloser wirken, als es tatsächlich war. War das die Hinterlist, welche seine Mutter den Göttern gerne unterstellte, weil sie ihr Wissen selten teilten? „Das heißt, Ishizu“, entbehrte aller Zärtlichkeit. Er forderte nun unverkennbar. Sie schüttelte leise den Kopf, besänftigend wohl, ehe sie ihre Fingerkuppen auf ihre ganz eigene Art über seine Dämonenstreifen tupfte. Es vermochte seinen Blick dennoch nicht zu entschärfen. „Du weißt, dass Tsukiyomi, der ältere der beiden Söhne eures Schöpfers, den Mond trug?“ Mit ein Grund, warum die Seinen das Blut seiner Mutter verehrten, natürlich. Sie erwarteten eine engere Verbindung zur Urmacht ihres Schöpfers. „Mein Vater schwor einst, sein Blut von Mutter Erde zu tilgen“, entwich ihren Lippen tonlos. Hatte sie etwa Angst um ihn? Es hätte ihm ein Lächeln geraubt, hätte ihr Blick dies zugelassen. So legten sich seine Arme lediglich enger um ihre zarte Gestalt, um sie näher an sich zu ziehen. „Ich bin hier“, raubte ihr tatsächlich ein leises Lächeln. Er ging nicht davon aus, dass dem Gott der Götter dabei ein Fehler unterlief. Undeutbar senkte sich ihr Meeresblau da wieder auf ihn herab. Manches Mal traten Merkmale auch spontan auf, ganz ohne ihr Zutun, natürlich. Zumal er seinen Schöpfungen stets etwas von sich mitgab. Wie hätte es ihm auch entgehen können? Es musste so sein. Dennoch nahm sie sich in diesem Moment insgeheim vor, auch weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass die Augen des Gottes der Götter blind blieben gegen Japans Westen. Sobald sie wieder Zuhause war. Noch schützte ihn ihre Abmachung, so wie sie beide. Wenn sie allerdings Pech hatten, böte diese Kleinigkeit ihrem Vater nur den gewünschten Anreiz. Sicher war also sicher. „Es empfiehlt sich, nicht alles zu glauben, was Dämonen behaupten, Megami“, war nicht nur Tadel diesmal. Dennoch bot es ihr die gewünschte Chance zur Ablenkung. Also stieg sie mit einem süffisanten Grinsen gewohnt darauf ein. „So? Bin ich wieder zu vertrauensselig deiner Meinung nach?“ Die Zärtlichkeit, welche sich damit auf seine Züge hinabsenkte, kannte er einzig von ihrem Meeresblau. „Ich wiederhole mich ungern, Göttertochter.“ „Ich weiß, auch dein Herr Vater zeigt mir nur, was ich zu verkraften bereit bin und ich soll ihm nicht bedingungslos vertrauen – nicht einmal dir, richtig?“, flüsterte sie bereits gegen seine Lippen, ehe sie sie gefühlvoll mit ihren verschloss. Ihr Schmunzeln, als sie von ihm abließ, empfand er als unpassend. „Reichlich spät, Yōkaisohn“, trieb seine Braue in die Höhe. Sie tat es mit einem verliebten Lächeln ab, während sie ihm den Pony aus seinem Gesicht strich. Er war geneigt, die Augen zu schließen. „Ich weiß es doch längst“, war nur ein Wispern gegen seine Lippen und hielt ihn davon ab, ehe sie die Ihren federleicht darauf tupfte. Ihr Blick entließ ihn nicht, sondern ging ihm durch und durch. Wenn es jemals ein Spiel gewesen war, so war dieses gerade zu Ende gegangen. „Ich weiß, dass du mich liebst“, verklang wie ein Flüstern im Wind. Er verstand jedes Wort. Jetzt hielt sein Blick sie eisern gefangen. Sie folgte seinem Zug an seine Lippen, schloss die Augen und seufzte in den Kuss, den er nicht minder abrupt stoppte. Er verblieb knapp über den Ihren, sodass sie seinen Atem heiß gegen sie vernahm, als er rau gebot: „Du bist mein.“ Sie bedurfte eines quälend lange erscheinenden Momentes, in dem ihr Meeresblau seinem Raubtiergold standhielt, ehe sie ihm wie zur Bestätigung entgegenkam. Wie ein Feuer schlug sich ihre Zärtlichkeit wild durch ihren zierlichen Körper, als sein Kimono noch unter ihrem Kuss sanft von ihren Schultern glitt. „Deswegen hat die kleine Hündin also riskiert, das Schloss so abrupt verlassen zu müssen – so dumm hatte ich sie gar nicht in Erinnerung“, lenkte sein Raubtiergold ungerührt hinter sich. Natürlich war ihrer Spürnase nicht entgangen, wie er die Nacht verbracht hatte. Egal, wie sehr er sich auch bemühte, darin schien sie von Beginn an Meisterin. Er konnte einzig hoffen, dass sie nicht Ishizu dahinter vermutete. Und so erwartete er geduldig ihren nächsten Atemzug, während sie mit Kenshin im Rücken an seine Seite kam. „Will ich es denn wissen?“, zwang seinen Blick von ihr, wollte er ihr Interesse nicht absichtlich wecken. Einmal wenn er ihre Ausführlichkeit tatsächlich zu schätzen gewusst hätte. Als der Wind ihm ihre Witterung um die Hundenase wehte, erhob er sein Raubtiergold zum Schloss. Sie kannte das dämonische Funkeln der smaragdgrünen Augen in der undurchdringlichen Schwärze ihrer ererbten Finsternis. Das Silber blitzte vertraut auf, als ihr Licht es traf. Sie fühlte sich erinnert. Makelloser Alabaster erstrahlte im befremdlichen Orange. Solch eine Energie war ihr noch nie zuvor begegnet, meinte sie. Sie war weiblich. Das konnte sie spüren. Genauso, wie sie das lebendige Pochen hören konnte, ehe die blaue Sichel sich wie ein Dolch durch die bleierne Schläfrigkeit schnitt. In einem geräuschvollen Atemzug fuhr sie in die Senkrechte, und erschrak ob des schabenden Geräuschs zu ihrer Seite. Pfeilschnell glitt ihr Blick neben sich. Ais Schnauze stupste erneut die Trinkschale mit dem dampfenden Wasser in ihre Richtung. Ishizu legte die Hand auf ihre sich schwer heben und senkende Brust. Rasch schweifte ihr Meeresblau um Orientierung heischend durch ihr im Halbdunkel des anbrechenden Tages liegendes Zimmer. Er war längst aufgebrochen, natürlich. Über diese Erkenntnis nahm sie die Schale mit den grünen Blättern daneben in ihren Fokus. Irritiert suchte ihr göttliches Blau das Gold ihrer Nefrilin in Wolfsgestalt. „Schadet der Tee ihr?“, jetzt erahnte sie, dass der nicht nur die Übelkeit vertrieb. Ai legte den Kopf schief und winselte. Sie würde es ihr wohl ansonsten nicht verabreichen. Die Göttin bemühte ein entschuldigendes Lächeln, ehe ihre Finger zittrig nach den Blättern langten, um diese wie den Morgen zuvor in dem Getränk zu lösen. Sie waren getrocknet. Irgendwie erinnerten sie an die Fuchsmagie der Diener ihrer Tante, als sie diese fahrig zwischen ihren Fingern zu zerreiben begann. Immer noch hielt die Fassungslosigkeit ihr Herz in ihrem schraubstockartigen Griff. Wie auch immer Ai an diese Blätter gekommen war. Sie war ihrer Nefrilin unendlich dankbar, hatte sich ihr doch ihre Schwangerschaft heute erst offenbart. Wie blind konnte sie sein? Vorsichtig nippte Ishizu an dem heißen Getränk, immer noch fassungslos und zutiefst erschüttert. Es war unmöglich. Noch ehe ihre Gedanken mit ihr durchgehen konnten, ereilten sie die Geräusche, welche vom Hof hereindrangen. Rasch schlug sie die Decke da auf und eilte ihre Yukata fest um sich schlingend auf ihre Veranda. Den halben Weg an ihrer Längsseite entlang spürte sie ihr Herz wild gegen ihre Brust hämmern. Es machte ihr Angst, ihm jetzt zu begegnen und doch zog sie alles in ihr zu ihm. So kam sie merklich Atem schöpfend letztlich an die Kante des umzäunten Umwegs, welche ihr den Blick hinab auf den äußersten Hof gewährte. Sie waren noch nicht aufgebrochen. Intuitiv umfasste sie die Yukata fester, als der Wind sie in ihrem Rücken erfasste. Nicht, weil sie fröstelte. Sein Gold legte sich wohltuend über sie und beruhigte ihre Atmung. Sie wagte ein zaghaftes Lächeln, ehe er sich in seine dämonische Energie hüllte. Mutter wie Sohn verwandelten sich vor ihren Augen in ihre wahre Form – und offenbarten unverkennbar ihre Verwandtschaft. Es entkam der Tochter instinktiv, ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben, verband sich ihre Verzweiflung mit ihrem aufgeregten Herzschlag: Mama! Lange schwarze Wimpern eröffneten den Blick mit einem Schlag auf unergründliches Tiefblau. Immer weiter schrumpfte das helle Band um ihr ebenhölzernes Schwarz, bis es den Schopf der dunkelhäutigen Schönheit wie einen Heiligenschein umgab. Nur am Rande umspielte ihre Sinne das Plätschern der wässrigen Zuläufe um sie herum. Das Klackern von Schritten brach sich immer lauter über die längst vergessenen Zeichen an den goldenen Wänden, welche sich im wolkenverhangenen Nichts hoch über ihr verloren. „Es ist Zeit für eine Erklärung, findest du nicht, Schwester?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)