Plan B von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Yui Sie stand an der Türe zu dem Zimmer, in das sich ihr Ehemann wie so oft in den letzten Wochen, Monaten, zurückgezogen hatte. Zuerst hatte sie nur gedacht, dass es daran liegen würde, dass auch ihn der unerfüllte Kinderwunsch herunterziehen würde. Doch inzwischen war sie sich da nicht mehr sicher. Die letzten Male, als der Schwangerschaftstest negativ gewesen war, hatte Daichi so erleichtert gewirkt. Und das passte nicht dazu, dass er traurig wäre. Nein, ganz im Gegenteil. Überhaupt hatte er sich verändert. Er war in sich gekehrt, sprach wenig mit ihr und ließ auch Nähe kaum noch zu. Natürlich tröstete er sie, wenn sie weinte. Nahm sie in die Arme und hielt sie fest. Redete ihr gut zu, dass es sicherlich irgendwann klappen würde. Doch es war anders. Auch wenn er nach außen hin normal schien, so war es, als hätte er eine Mauer zwischen ihnen aufgebaut. Eine Mauer, die sie nicht überwinden konnte. Ihr Mann entfernte sich von ihr und sie wusste nicht, was sie tun konnte, um das zu ändern. Inzwischen war ihr auch ein anderer Gedanke gekommen. Einer, der ausgelöst worden war, als sie bemerkt hatte, dass er sie beim Sex nicht einmal mehr ansah, sondern seine Augen immer geschlossen hielt. Er sprach auch nicht mehr wirklich mit ihr. An sich nur noch Organisatorisches und Oberflächliches. Sie vermisste es, mit ihm Zeit zu verbringen, in der sie lachten. Und weil sie inzwischen nicht mehr davon ausging, dass das nur am unerfüllten Kinderwunsch hing, hatte sich diese Befürchtung in ihr ausgebreitet, eine Angst sie eingenommen. Hatte er jemand anderen? Eine andere Frau kennengelernt, mit der er eine Affäre hatte? Und auch, wenn sie es eigentlich nicht wissen wollte, konnte sie es nicht mehr zurückhalten. Sie musste mit ihm sprechen. Wissen, was los war. Sie konnte nicht so weitermachen wie bisher. Und dazu war das hier sicher ganz gut. Ihr Blick fiel auf das Stäbchen, das sie in der Hand hielt. Ihr Herz zog sich zusammen, doch sie unterdrückte den Schmerz, der in ihr aufstieg Sie durfte darüber jetzt nicht nachdenken. Stattdessen hob sie die Hand und klopfte an die Holztüre. “Ja?”, erklang von innen seine Stimme. Kurzerhand öffnete sie die Türe und streckte ihren Kopf hinein. “Hey. Hast du kurz?”, brachte sie hervor, kämpfte dabei darum, dass ihre Stimme festblieb. Daichi hob seinen Kopf zu ihr und wieder einmal kam sie nicht umhin zu bemerken, wie fertig er aussah. “Klar. Was gibt es?”, fragte er und räumte die Unterlagen zur Seite, mit denen er gerade beschäftigt gewesen war. “Hier.” Sie legte kurzerhand das Plastikstäbchen vor ihm auf den Tisch. Sie erinnerte sich daran, wie auch er die ersten Monate immer geknickt gewesen war. Wie jeder negative Schwangerschaftstest auch ihn unglücklich gemacht hatte. Und nun konnte sie es ganz genau sehen. Dieser erleichterte Ausdruck, der über sein Gesicht huschte. Doch er hatte sich gleich darauf wieder unter Kontrolle und legte den Test vor sich auf die Platte zurück. “Es tut mir leid, Yui”, richtete er an sie und sie konnte seinen Worten entnehmen, dass er es ernst meinte. Es tat ihm leid. Für sie. Nicht für sich. Noch könnte sie gehen. Den Raum verlassen und so tun, als wäre alles wie immer. Noch hatte sie es nicht angesprochen. Doch sie konnte so nicht weitermachen. Es ging ihnen beiden doch immer schlechter. Vielleicht gäbe es ja eine Lösung. Vielleicht eine Ehetherapie? Ihr Herz zog sich zusammen. Das zu denken, zeigte doch auf, dass in ihrer Ehe etwas nicht stimmte. Sie waren einmal glücklich gewesen. Warum waren sie es nicht mehr? “Daichi?”, brachte sie zögerlich hervor, während ihre Fingernägel sich in ihre Handballen bohrten. “Ja?” Er sah sie an, mit diesen leeren Augen, in denen früher so viel Liebe für sie gestanden hatte. “Ich muss dich etwas fragen. Und ich will, dass du ehrlich zu mir bist.” Man konnte erkennen, wie er sich anspannte. “Ja?” “Was ist los?” Er blinzelte und verzog sein Gesicht. Es war, als würde sich in ihm etwas verschließen. Das Lächeln, das anschließend seine Mundwinkel anhob, wirkte gezwungen. “Es ist alles okay, Yui”, richtete er mit diesem falschen Lächeln an sie, ehe er seinen Kopf wieder senkte. Dabei fiel sein Blick ein weiteres Mal auf den Schwangerschaftstest und er erstarrte erneut. Ein weiteres, vermutlich ein letztes Mal hätte sie die Möglichkeit, das hier aufzuhalten. Sie könnte sagen: In Ordnung. Und dann gehen. Doch das wollte sie nicht. Konnte sie nicht! Wenn sie es jetzt nicht ansprechen würde, dann würde sie es vielleicht niemals mehr tun. Und sie befürchtete, dass das der Anfang vom Ende wäre. Oder war dieser bereits eingetreten? Als Daichi seinen Kopf wieder hob, schien ihm bewusst zu werden, das etwas in der Luft lag. “Yui?”, stellte er ihren Namen zögerlich, fast so, als würde er am liebsten nicht fragen. “Nein, Daichi. Es ist nicht alles in Ordnung!”, platzte es aus ihr heraus. “Es ist gar nichts in Ordnung. Und damit meine ich nicht das!” Ihr Finger deutete auf den negativen Test vor ihm. “Zwischen uns beiden stimmt etwas nicht mehr. Was ist los? Hast … hast du eine andere?” Ihre Stimme zitterte und Tränen traten in ihre Augen. Ihr Ehemann sah sie wie geschlagen mit weit aufgerissenen Augen an. Und in diesen stand eindeutig eines: Schuld. “Oh Gott”, entkam es ihr entsetzt, als ihre Beine weich wurden. Diese zitterten und langsam lief sie rückwärts. Als sie gegen das kleine, an der Wand stehende Sofa stieß, ließ sie sich darauf sinken. Daichi sprang auf, hetzte um seinen Schreibtisch herum und kam zu ihr. Ehe er sie erreichen konnte, hielt Yui ihn auf. Sie hielt ihm eine Hand entgegen. “Nein! Bleib bloß weg von mir!” Sofort blieb er stehen, nur noch einen Meter von ihr entfernt. “Bitte, Yui. Das ist …” “Wer ist sie? Kennst du sie von der Arbeit? Ist sie auch Polizistin?” Tränen liefen ihr unablässig über die Wangen. Gerade hatte er, wenn auch unbewusst, ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. “Das … so ist das nicht, Yui. Es … es gibt keine andere Frau.” “Warum siehst du mich dann mit diesem Blick an? Warum zerbricht unsere Ehe? Warum wirkst du immer so, als würdest du nicht hier bei mir sein wollen, sondern wo anders?” Sie konnte Daichi ansehen, wie er regelrecht in sich zusammenzusinken schien. Seine Hände ballten sich unablässig wieder und wieder zu Fäusten. Die Nervosität strahlte aus jeder seiner Poren. Und ebenso auch immer noch dieses Schuldbewusstsein. “Es … es handelt sich nicht um eine andere Frau”, kam stockend über seine Lippen. Verwirrt legte Yui ihren Kopf schräg. Es handelte sich nicht um eine andere Frau? Was sollte das heißen? Es gab da doch eindeutig jemand anderen. Warum sollte er also so reagieren? Und dann wurde ihr die Aussage bewusst. Ihre Augen weiteten sich und ihre Finger krallten sich rechts und links von ihr in das Material des Sofas. Keine Frau … “Du … du willst sagen …” “Es tut mir so unglaublich leid”, brach es aus Daichi heraus. Seine Beine schienen nachzugeben, denn er sank an Ort und Stelle auf den Boden. Auch über seine Wangen strömten Tränen. “K-keine Frau …”, stotterte Yui fassungslos. Ihr Ehemann schüttelte den Kopf, war anscheinend nicht in der Lage, sie anzusehen, denn sein Blick war auf den Boden gerichtet. “Du … du … willst mir ernsthaft sagen, dass …”, sie zögerte, kämpfte mit den Worten, bis sie es endlich hervorbrachte, “ein Mann …” “Oh Gott.” Er schlug die Hände vor sein Gesicht. “Das war nicht … ich wollte nicht, dass …” “Hast du eine Affäre mit einem Mann?” Sie wusste nicht, wie sie diesen Satz so klar und deutlich hatte aussprechen können, denn in ihr ging es gerade alles andere als geordnet zu. Sie wollte schreien. Sie wollte um sich schlagen. Sie wollte ihn schlagen. Auf der anderen Seite wollte sie weinen. Sich zusammenrollen und klein machen. Ihn nie wieder sehen. Und das, obwohl sie doch eigentlich eine Familie gründen wollten. Eine Familie … Etwas weiteres wurde ihr bewusst. Das war der Grund, dass er nicht wollte, dass sie beide weitere Untersuchungen vornehmen ließen. Dass er bei jedem negativen Schwangerschaftstest erleichtert war. Ein seltsames Geräusch war zu vernehmen. Eine Mischung aus einem Schluchzen und einem Wimmern. Erst da wurde ihr bewusst, dass sie es gewesen war, die es ausgestoßen hatte. Daichi rappelte sich auf, wollte zu ihr kommen, sie trösten. So, wie er es immer tat. Doch das wollte sie nicht. Sie wollte nicht von dem Menschen Trost erfahren, der ihr diesen Schmerz antat. Der ihr Herz herausriss und darauf herumtrampelte. “Bleib von mir weg”, stieß sie mit einem Kreischen hervor, als ihr Ehemann seine Hand nach ihr ausstreckte. Er hielt in der Bewegung inne, ehe seine Finger kraftlos herunterfielen. “Ich wollte das nicht, Yui. Wirklich nicht.” “Ach ja? Warum tust du es dann? Hast du mit ihm etwa …?” Angeekelt verzog sie ihr Gesicht. “So ist es wirklich nicht, Yui. Nicht, wie du es dir vorstellst. Ich habe keine Affäre.” “Und das soll ich dir glauben? Wie soll ich dir überhaupt noch irgendetwas glauben? Da scheint ja irgendetwas mit einem … mit einem Mann gelaufen zu sein! Das ist der Grund dafür, dass unsere Ehe kaputt geht. Nein, du bist schuld. Du und dieser … dieser Kerl, den du …” “Koushi.” “Den du anscheinend …” Yui hielt inne. “Was?” “Es ist Koushi. Der Kerl, den du meinst. Koushi.” Die Stille, die im Raum herrschte, war zum Schneiden dick, umhüllte sie gewissermaßen. Während Yui Daichi immer noch ungläubig ansah, erkannte sie die geröteten Augen und die Tränen, die auf seinen Wangen standen. Und auch wenn sie erkannte, wie sehr ihn das alles belastete, konnte sie sich um ihn in diesem Augenblick keine Gedanken machen. Zumindest konnte sie kein Mitleid für ihn empfinden. Stattdessen fühlte sich ihr Herz an, als hätte eine eiskalte Hand es im Griff. Und dieser Griff wurde fester und fester, zerquetschte das Organ, das sie am Leben erhielt, regelrecht. Koushi Sugawara. Der beste Freund ihres Mannes. Der Kerl, der regelmäßig hier war. Mit dem sie über so vieles redeten. Mit dem sie lachten. Der über ihren unerfüllten Kinderwunsch Bescheid wusste. Als einer der wenigen, denen sie sich anvertraut hatten. Dieser Koushi Sugawara. “Habt ihr beide … habt ihr miteinander …” Sie musste die Frage nicht aussprechen, da nickte Daichi bereits. Die Schuld in seinen Augen wurde dunkler, tiefer. Doch es war die Antwort, dieses “Ja”, das er nicht einmal laut aussprach, ganz im Gegenteil, sehr leise, das dafür sorgte, dass sich Yuis Magen herumdrehte. Sie schlug sich eine Hand vor den Mund und sprang auf. Daichi konnte nicht reagieren, als sie an ihm vorbeirannte, seinen Mülleimer unter dem Schreibtisch hervorzog und sich würgend darüber beugte. Es vergingen einige Minuten, bis sie sich wieder aufrichten konnte. Mit einem Ärmel wischte sie sich über den Mund, aus dem sie den Geschmack des Erbrochenen nicht wegbekam. “Warum? Warum tust du uns das an?”, schluchzte sie. “Warum machst du alles kaputt?” “Es tut mir wirklich so leid, Yui. Das war nicht so geplant. Aber … Koushi …” “Liebst du ihn?” Schlussendlich war das die Frage, die zeigte, ob es eine, wenn auch nur kleine Möglichkeit gab, dass ihre Ehe das vielleicht doch noch unbeschadet überstehen konnte. Wobei, der Schaden war da. Aber konnte man ihre Ehe vielleicht doch noch irgendwie reparieren? Fortsetzen? Gäbe es eine Möglichkeit? Eine winzige? Dann könnten sie vielleicht eine Ehetherapie machen. Das Ganze hinter sich lassen. Wobei er Koushi natürlich nie wieder sehen dürfte und … “Ja.” Erneut wurde das Wort fast lautlos ausgesprochen. Leise, kaum vernehmbar. Und doch sorgte es dafür, dass ihr Herz nun nicht mehr nur zerquetscht wurde. Es zerbrach. Es zerbrach in hunderte, tausende von kleinen Scherben und könnte nie wieder zusammengesetzt werden. “Ich habe mich nicht erst jetzt in ihn verliebt”, fuhr Daichi direkt fort. “Ich habe mich in ihn verliebt, als wir in der Schule waren.” “Du willst mir sagen, dass du mich geheiratet hast, obwohl du deinen besten Freund liebst? Und der stand an unserer Hochzeit auch noch neben dir und hat es bekundet?” Entsetzen zog sich durch ihre Stimme. “Nein, so war das nicht.” Ein weiterer Gedanke schoss durch Yuis Kopf. “Du hast behauptet, du hast keine Affäre! Bin ich nur deine Vorzeigeehefrau? Um anderen Leuten gegenüber zu behaupten, dass du nicht … nicht schwul bist? Hast du deshalb ein Baby mit mir wollen?” Erneut stieg Übelkeit in ihr auf. “Nein, das ist es nicht! Das darfst du auf gar keinen Fall glauben, Yui!” Nun war auch Entsetzen in Daichis Tonfall zu hören. “Ich habe dich nicht geheiratet, weil ich ein Alibi gebraucht habe. Ich habe dich geheiratet, weil ich es wollte. Und ich wollte ein gemeinsames Kind mit dir. Dass wir beide eine Familie haben. Dass wir eine Familie sind! Doch …” Er hielt inne. Die roten Augen traten in seinem blassen Gesicht nur noch mehr hervor. “Ich habe mich damals in Koushi verliebt und dachte, er würde nicht so für mich empfinden. Also habe ich meine Gefühle tief in mir vergraben. Bis es vor vier Monaten bei unserem Teamtreffen in Sendai zur Sprache kam. Und da habe ich erfahren, dass meine Gefühle nie einseitig waren. Er war damals auch in mich verliebt. Doch es sollte nicht sein. Daher haben wir, unabhängig voneinander, entschieden, dass wir unsere Freundschaft halten wollen. Auch wenn es schwer war. Doch irgendwie haben wir es hinbekommen.” “Und weiter? Wie ist es dazugekommen, dass ihr nun doch miteinander intim wart? Dass du ihn liebst? Unsere Ehe kaputt machst?” Daichis Hände ballten sich zu Fäusten, schlossen sich wieder und öffnen sich erneut. Das Spiel wiederholte sich mehrmals. “Ich wollte unsere Ehe niemals kaputtmachen, das musst du mir glauben, Yui. Ich wollte es schaffen. Dass wir es schaffen. Und doch …” “Du hast mit ihm geschlafen.” “Das … ja.” “Bereust du es?” Diese Frage schien etwas in ihm auszulösen. Er zuckte zusammen, sank danach regelrecht ein. Und da wurde ihr die Antwort bereits bewusst, noch ehe er seinen Kopf schüttelte. “Nein. Ich liebe ihn. Ich wollte nur, dass ich mir seiner Gefühle bewusst gewesen wäre. Dass ich es gewusst hätte, ehe wir beide, du und ich, soweit gekommen sind. Nicht nur, ehe wir geheiratet hätten, schon viel früher.” Alles in Yui fühlte sich wie betäubt ab. Sie stand immer noch neben Daichis Schreibtisch. Nicht einmal mehr den säuerlichen Gestank, der aus dem Mülleimer kam, nahm sie wahr. Daichi stand vor dem kleinen Sofa, ihr zwar zugewandt, den Kopf jedoch zu Boden gesenkt. “Koushi … er war immer mein Plan A.” Sein Plan A. Er hätte sich also für ihn entschieden. Damals. Heute? “Das bedeutet”, setzte sie ihre Schlussfolgerung mit schon fast tonloser Stimme, “ich bin nur dein Plan B.” Langsam nickte er, sah sie nun doch an. Auf seinen Lippen lag ein trauriges Lächeln. “Du darfst das nicht falsch verstehen, Yui, wirklich nicht. Ich liebe dich. Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebe. Ich wollte es. Eine Familie. Wir beide, unsere Kinder. Ich wollte mit dir zusammen sein. Mein restliches Leben.” “Aber warum? Warum hast du es dann zugelassen?” Wieder traten Tränen über ihre Augenlieder, von denen sie eigentlich dachte, dass es keine mehr gäbe. “Weil … weil die Liebe für ihn … und die Liebe für dich … Sie sind nicht vergleichbar.” “Die für ihn ist stärker.” “Ja.” Wieder dieses Wort. So eindeutig ausgesprochen. So klar. Es gab keine Zweifel, nicht für Daichi. Und es machte Yui eines endgültig klar. Ihre Ehe war vorbei. Egal, was der Grund war, dass Daichi noch hier war, bei ihr. Es gab keinen Weg zurück. “Warum bist du noch hier?”, fragte sie. Er hob fragend seinen Kopf. Schien nicht zu verstehen, worauf sie hinauswollte. “Bei mir. Warum bist du nicht bei ihm?” Das schien er nun zu verstehen. “Wegen dir. Wegen Oikawa.” Als sie ihre Stirn verwirrt runzelte, sprach er schnell weiter. “Ich bin mit dir verheiratet. Suga hat seine Beziehung. Und … eigentlich sind wir doch glücklich, oder? Jedenfalls habe ich mir das gesagt. Ich konnte dich doch nicht verlassen. Nicht einfach so. Mir war bewusst, dass ich dein Plan A bin. Ich wusste, weiß doch, dass du mich wirklich liebst. Wir waren glücklich … und ich dachte, wenn wir zusammen bleiben … dann hält das und wir bleiben glücklich damit, wie es ist.” “Stattdessen wurdest du immer unglücklicher.” Das erklärte alles. Er war unglücklich, die letzten Monate. Unglücklich, mit ihr. Er wollte nicht sie. Er wollte jemand anderen. Ihn. Koushi. Nein, ihre Ehe war nicht mehr zu retten. Sie hatte vorher etwas falsches gedacht. Das hier, das war nicht der Anfang vom Ende. Es war das Ende. “Ich will, dass du gehst. Pack ein paar Sachen ein und verschwinde. Wir beide werden einen Termin ausmachen, wann du kommen und deine restlichen Sachen holen kannst. Ich werde dann aber nicht da sein.” “Yui!” Mit weitaufgerissenen Augen starrte Daichi sie entsetzt an. Das hatte er anscheinend nicht erwartet. “Was willst du hören? Das war es. Unsere Ehe ist kaputt. Du hast dafür gesorgt. Und ich will dich nicht mehr sehen. Du hast zehn Minuten!” Mit zitternden Beinen ging sie an ihm vorbei. Sie spürte, wie seine Finger ihren Arm streiften, doch sie riss ihn weg. Sie konnte nicht. Sie konnte wirklich nicht. Mit immer stärker zitternden Beinen ging sie in ihr Badezimmer. Mit ebenso bebenden Fingern schloss sie Türe hinter sich ab. Und dann gaben ihre Beine endgültig unter ihr nach. Sie zog sie an und schloss ihre Arme fest darum, ehe sie ihre Stirn auf ihren Knien ablegte. Sie verbot sich, an etwas zu denken. Die Minuten zogen nur so vorbei, bis ein Klopfen an der Badezimmertüre sie wieder aus ihrer Lethargie riss. “Yui? Ich … ich habe mir ein paar Dinge eingepackt. Ich … ich gehe dann besser. Wenn du reden willst … Du … Melde dich bitte, ja?” Er schien zu warten. Auf eine Entgegnung von ihr. Doch sie brachte kein Wort hervor. Selbst wenn sie hätte wollen, wäre es nicht gegangen. “Na gut, dann gehe ich mal …” Erneut Schweigen. “Es … es tut mir wirklich leid, Yui. Unendlich leid. Ich wünschte, ich könnte es alles rückgängig machen. Du musst mir glauben, ich … ich habe dich wirklich geliebt.” Immer noch konnte sie nichts erwähnen. Es verging noch ein Moment, dann waren Schritte zu vernehmen, die sich von der Türe entfernten. Und noch einmal ein paar Minuten, bis die Wohnungstüre ins Schloss fiel. Und erst dann kam es endgültig über Yui. Alles in ihr zerbrach und ein lauter Ton entkam ihren Lippen, ehe sie heulend auf ihrem Badezimmerboden zusammensank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)