Gefesselt von Hotepneith (Ein Daiyoukai, eine Miko und ein lästiger Zauber) ================================================================================ Kapitel 4: Ein mütterlicher Rat ------------------------------- Tombstone shadow, stretching across my path Tombstone shadow, stretching across my path Every time I get some good news, ooh There's a shadow on my back   Cleardance Clearwater Revival, 1969     Das Laufen durch den dichten Wald war ermüdend, lästig und ärgerlich. Fand jedenfalls der menschliche Part des widerwilligen Duos und starrte den vorausgehenden Sesshōmaru an. Das war einfach unfair! Der schritt durch das Unterholz, die Haare wippten ein wenig im Takt, die Boa, aber das war es auch schon. Ihm klebte der Stoff der Hakama nicht an den Beinen, wie bei ihr, der Mistkerl schwitzte nicht, nicht ein Staubkorn berührte die weißen Hosen, geschweige denn dass ein Blatt seine Boa belästigte. Von den Dornen so einiger Ranken mal ganz zu schweigen, die sich bei ihr immer wieder in die Kleidung bohrten und von denen sie sich in zunehmendem Zorn befreite, zumal, wenn sich die als Ziel auch noch ihre Haare aussuchten. Wie machte der Misthund das nur? Yōkai, klar. Aber es war und blieb unfair! Außerdem bekam sie durch die lange Wanderung und die Hitze langsam mehr als Durst und das sollte er eigentlich wissen. Wieso hatte er ... Nein, das konnte sie sich sparen. Sie waren schon länger nicht einmal an einem Bach vorbeigekommen, Und, die Erwiderung auf diese Frage war Kagome klar. Auf, in seinen Augen, überflüssige Fragen würde sie unter Garantie keine Antwort erhalten. Abgesehen davon, dass dieser Daiyōkai, dem sie hier hinterher trotten durfte, was der vermutlich sogar auch noch für großzügig hielt, sowieso nicht der Gesprächigste aller war. Kōga redete deutlich mehr, Aber okay, der war auch kein Daiyōkai. Oder? Sie wusste da wirklich nicht viel davon, irgendwie hatte sich dieses Problem ihr nie gestellt. Aber Kōga war doch von den Ahnen ausgewählt worden, konnte also auch nicht so ganz vom letzten Haken sein. Inu Yasha hatte zu dem Thema ja auch nicht gerade viel gesagt, aber der reagierte immer noch sauer, wenn die Rede auf den Wolf kam. Eifersüchtig, ja, das war ihr Hanyō diesbezüglich. Und vermutlich war er das auch jetzt auf seinen Halbbruder, obwohl das natürlich völliger Quatsch war. Erst einmal überhaupt und zweitens – selbst Rin, die da nun wirklich eine Ausnahmestellung inne hatte, konnte sich noch genau an die wenigen Male erinnern, in denen Sesshōmaru sie berührt hatte. Der ach so tolle Hundefürst würde sich vermutlich lieber von der nächstbesten Klippe stürzen als sie selbst auch nur anzufassen, geschweige denn mehr. Trotzdem, beschloss sie in einer Aufwallung von Stolz. Sie sollte zeigen, dass er mit ihr rechnen musste, genauer, mit gewissen menschlichen Schwächen. Naja. So anfauchen wie sie es bei Inu Yasha schon längst getan hätte, würde hier definitiv nichts bringen, schon gar keine nette Versöhnung anschließend. Also, Kagome, pass auf, was du wie sagst. Dass er Skrupel haben würde sie zu strafen, bezweifelte sie, wusste sie doch, wie er mit Jaken umzugehen pflegte. Abgesehen davon, dass sie ebenso vermutete, dass der feine Herr das Wort Skrupel nicht einmal vom Hörensagen kannte. So zählte sie in mehreren Sprachen bis zehn um sich abzuregen, ehe sie meinte: „Du weißt sicher, dass ich Durst habe. Gibt es auf dem Weg zum Schloss eine Gelegenheit zum Trinken und Erfrischen? Ich möchte nicht vollkommen erschöpft in einem Yōkaischloss eintrudeln.“ Der Daiyōkai blieb stehen und drehte langsam den Kopf. So langsam, dass Kagome sich überlegte, was denn nun schon wieder falsch gewesen war. Sie hatte doch mit der Ausdrucksweise aufgepasst? War der Kerl schwierig.   Tatsächlich war Sesshōmaru etwas wie überrascht. Erstens besagte ihre Formulierung völlig korrekt, dass er mitbekommen hatte, dass sie Durst hatte. Nun, gewisse Müdigkeit war kaum zu überriechen, aber sie beklagte sich nicht oder jammerte herum wie Jaken. Zweitens war ihre Aussage, sie wolle sich seiner Mutter nicht erschöpft präsentieren, nur vernünftig und entsprach seiner eigenen Absicht. So meinte er schlicht: „Es gibt einen Bach. In zwei Stunden.“ „Fein.“ Puh. Offenkundig lernte sie, wie sie mit dem Herrn Hund umzugehen hatte. Aber das konnte ja echt noch lustig werden. Hoffentlich würde seine Mutter diesen blödsinnigen Bann lösen können. Noch zwei oder drei Tage mit diesem Idioten und sie wäre reif für die Insel. Sie bedachte nicht, dass man mit manchen Wünschen vorsichtig sein sollte.   Tatsächlich blieb Sesshōmaru nach zwei Stunden auf einer mit Gras bewachsenen Ebene stehen. Vereinzelte Bäume boten Schatten, der jetzt am Nachmittag schon lang genug war, um der Sonne zu entgehen. Kagome, die mehr als müde war, erkannte erleichtert einen Bach, der keine zehn Meter links von ihnen in einen Teich floss. Und direkt daneben auch noch ein wunderbarer, großer, Schatten spendender Baum. Ihr Wunschtraum der letzten Stunden! Sie wollte schon los, ehe sie bedachte, dass das weiter als fünf Meter waren. „Äh, Sesshōmaru?“ Moment mal. Der zeigte doch sein Yōki offen? War etwas los? Alarmiert ließ sie unwillkürlich den Bogen von der Schulter gleiten. Eine Geste, die ihr tatsächlich eine gewisse Honorierung einbrachte. Kampffähig war diese Miko ja, und sie bewies einen gewissen Mut. Was sie eigentlich wollte war auch nicht schwer zu verstehen. So machte er wortlos einige Schritte zu dem Bach, ehe er erneut zum Himmel aufsah.   Sie schloss daraus, dass wohl keine Gefahr bestand. Vielleicht waren sie schon so nahe am Schloss, dass er zeigen wollte, wer da ist? So eine Art Klingeln in Yōkaimanier? Egal. Sie kam jedenfalls in den Schatten und zum Wasser. Erleichtert ließ sie sich in das Gras sinken und wusch sich erst einmal Gesicht und Hände, ehe sie die kleine Schüssel herausholte um zu trinken. Pause. Sie hatte lange nicht mehr erfahren wie angenehm das war. Inu Yasha nahm da doch immer viel mehr Rücksicht auf sie, trug sie ja auch oft genug. Aber, das musste sie zugeben, wo kein Wasser war, konnte man eben auch nicht trinken. Sie blickte sich um. Der Hundeyōkai stand ja noch immer da und guckte hoch. Was …? Aber das war wohl die Erklärung. Yōki, das sich rasch näherte. Also hatte er wohl geklingelt.   Sie stand auf und verstaute eilig das Trinkgefäß im Ärmel und strich sich ein wenig die Haare glatt, unwillkürlich bemüht einen guten Eindruck zu machen. Oh, ja. Mit gewissem Erstaunen, oder auch Faszination erkannte sie am Himmel die Quelle des Yōki. Ein großer weißer Hund, Sesshōmaru in seiner wahren Gestalt nicht unähnlich, aber viel zierlicher, kam heran geflogen, setzte zur Landung an. Zierlich oder nicht, als die Pranken in den Boden schlugen, spritzen die Grassoden. Und das Yōki war auch... Nun ja. Das war sicher kein Irgendwer. Kagome machte jedoch instinktiv zwei Schritte näher zu ihrem Schwager, als sie ein erneuter Schwall dämonischer Energie traf, allerdings, wie sie sofort erkannte, nur der Verwandlung geschuldet. Aus dem Hund wurde eine Frau, sehr hübsch, wie die Miko nicht ganz objektiv befand, zierlich. Um den Saum des blauen Kimono und ihre Schultern lag weißes Fell. Eine Hundedame, eindeutig. Und sie hätte nicht die Mondsichel auf der Stirn sehen müssen, um zu wissen, dass das die Mutter ihres Schwagers war, die Frau also, die sie treffen wollten. Und das war ganz sicher auch eine Daiyōkai. Mit jeder einzelnen Lage dieses seidenen Gewandes hätte man zumindest unter Menschen ein ganzes Dorf kaufen können. Irgendwie sah sie allerdings nicht viel älter als ihr Sohn aus, aber ehe Kagome noch in die Versuchung kam ihr ins Gesicht zu starren und nach Fältchen zu suchen, rief sie sich die Höflichkeitsregeln ihrer eigenen Mutter in Erinnerung und guckte lieber den bestickten Obi an. Auch sehr kunstvolle Arbeit, sehr fein gestickt.   „Sesshōmaru,“ lautete auch nur die Begrüßung, mit einem missbilligenden Blick zu der menschlichen Miko. Kagome wollte schon Luft holen um etwas dazu zu sagen, wie zum Beispiel, dass das ja wohl nicht gerade ihre Idee gewesen war, als er antwortete. „Haha-ue.“ „Mir scheint, du kommst immer mehr nach deinem Vater.“ Das war sicher nicht als Lob gemeint und so versuchte er das Problem vorzustellen. „Kagome.“ Zu seinem gewissen Bedauern nahm das die Schwägerin nicht als Vorstellung, sondern als Aufforderung, dass sie das erklären sollte. Nun ja, sie kannte seine Schweigsamkeit. Hoffentlich machte sie jetzt nichts falsch. Vor Mutters Ohren würde er nie eine ausgesprochene Anweisung widerrufen oder erklären, das tat ein Fürst nicht.   Kagome verneigte sich höflich, wenngleich ohne Ahnung, wie die korrekte Anrede lauten würde. Verehrte Mutter von Sesshōmaru konnte sie ja schlecht übernehmen. Aber, wenn der Kerl, der sonst alles dermaßen herablassend duzte, wie es die japanische Sprache nur hergab, schon so höflich blieb, war es wohl ratsam. Ihre Annahme vor wenigen Stunden, er sei schlicht ein Muttersöhnchen, konnte sie wohl von der Energie und der Kleidung her streichen. Das war jemand mehr als hohen Ranges. „Meine Wenigkeit ist Kagome, und ich bin die Gefährtin Inu Yashas. Leider hat irgendein... irgendjemand einen Zauber gelegt, der mich ...oder genauer, uns beide hier aneinander fesselt. Wir können uns nicht mehr weiter als fünf Meter auseinander bewegen.“ Da die Dame sie ähnlich sachlich-kühl wie ihr Sohn gestern musterte, bekam sie das Gefühl sie müsste erklären, warum sie noch am Leben war. Ihn zu verteidigen, dass er mal nicht zur Methode Mord gegriffen hatte, hätte sie auch nie geglaubt. Wie hieß es so schön? Reisen bildet? „Sesshōmaru hat bereits erwogen mich umzubringen, aber Tōtōsai, der alte Schmied, der den Bann schon gestern begutachtete, meinte, wenn einer von uns stirbt, dann auch der andere. Und es sei der Zauber eines Daiyōkai, etwas Menschliches und etwas sehr Unbekanntes, von dem nur Ihr etwas wissen sollt.“ War das jetzt höflich genug gewesen? Im Bemühen zuvorkommend zu erscheinen, irgendeinen hilfreichen Tipp abzugeben, fügte sie hinzu: „Ich habe wenig Ahnung, aber vielleicht wäre es möglich im Schloss auch eine Bibliothek aufzusuchen ...ich meine, wenn Euer Gebieter zustimmt....“ brach sie verlegen ab, nur um zu erleben, wie ihr Reiki in ungeahnte Höhen schoss, eindeutig um sie zu schützen, denn sie erkannte nicht nur an zwei Paar eisigen Augen, sondern auch an der Menge des Yōki, die plötzlich um sie waberte, dass sie gerade in einem Fettnapf badete, der die Größe des Chinesischen Meeres hatte. Instinktiv wich sie zurück, zwei, drei, vier, lieber weitere Schritte. Einen Schritt zu viel. Postwendend wurde der Bann ausgelöst und sie flog auf Sesshōmaru zu, der sich schlicht beiseite drehte.   Der Aufprall auf den Boden tat weh und es war Schmerz und Demütigung, die sie sich tränend aufrichten ließen. Noch immer starrten beide Daiyōkai sie an, als sei sie etwas, das gerade aus der Kanalisation gekrochen kam. Was war denn nur... Ach du je. Daiyōkai. Sie erkannte entsetzt ihren Gedankenfehler. Wenn das einem Fürsten entsprach und Sesshōmaru ergo ein Hundefürst war, oder korrekter, vermutlich DER Hundefürst – war seine Mutter sicher keine Hofdame, sondern als Fürstenmutter die Nummer Eins, wenngleich vielleicht auch nur in der weiblichen Rangfolge. Und dass bedeutete auch, wenn der Vater der Taishō gewesen war, der Inu no Taishō, war der vermutlich nicht nur der Heerführer gewesen. Taishō konnte auch General bedeuten, oder eben Anführer. Kurz, Sesshōmarus Eltern waren jeweils unter den Männchen und Weibchen der Hunde die Alphas gewesen. Was dazu führte, dass ihr Schwager vermutlich ja nun der Ranghöchste... Kurz, er wäre vermutlich da der Schlossherr oder zumindest die Dame. Oh du liebe Zeit. Sie blieb lieber erst einmal sitzen und starrte mit glühenden Wangen in das Gras. Selbst im 21. Jahrhundert galten Verstöße gegen die Rangordnungen als extrem unhöflich, im Mittelalter wurde das auch unter Menschen deutlich strenger gehandhabt und unter Yōkai.... Sie ordnete lieber verlegen ihre Pfeile im Köcher und streifte sich den Bogen über. Bei dieser Gelegenheit fiel ihr Blick auch auf den blütenweißen Fellrand unten am Kimono der Hundedame. Dieses Fell berührte keinen Grashalm, nicht einmal ein Stäubchen, und bewegte sich ganz offensichtlich unter der eigenen Energie der Daiyōkai. Ja, da spielte wer eindeutig in der Klasse des Schwagers.   Sesshōmaru beschloss das eigentliche Problem wieder anzugehen und die Miko zu ignorieren. Immerhin schien ihr klar zu sein, dass das unsinnig gewesen war. „Magie eines Daiyōkai, eines Menschen und jemand Unbekanntem.“ Seine Mutter neigte ein wenig den Kopf zur Seite. „So unbekannt, dass selbst der Schmied ihn nicht erkannte.“ Beide nahmen ihre Energien wieder zurück, zur gewissen Erleichterung Kagomes, die sich bemühte auch ihr Reiki wieder im Zaum zu halten. Was sie wirklich nicht brauchte wäre Ärger mit gleich zwei Daiyōkai, zumal mit Inu Yasha weit weg. Das bedurfte keiner Antwort, beschloss der Sohn. Die Hundedame strich ein wenig die Boa um ihre Schultern glatt. „Steh auf, Miko.“ Kagome gehorchte prompt, wenngleich mit etwas zitternden Beinen, was nicht nur von dem harten Aufprall kam. Wie bei Tōtōsai stellte sie sich neben ihren Schwager, dessen Mutter die Hand etwas hob. Doch wo bei dem Schmied ein verwobener Zopf erschienen war, bildete sich hier zwischen den beiden Betroffenen etwas wie eine geschichtete Wand, die vom Boden bis zu den Schultern reichte. Auch hier zeigten sich allerdings die Farben in Lila, Weiß und leuchtendem Orange, Orange als Umrahmung. Die Dame musterte die Magie intensiv und weder ihr Sohn noch Kagome bewegten sich oder redeten. Zu deutlich war die Konzentration. Endlich hob sie erneut die Hand und die Wand verschwand. „Ein altes Problem. Ich dachte, sie sind ausgestorben.“ „Sie werden es sein,“ erwiderte Sesshōmaru schlicht. Kagome wollte schon fragen wer, aber fand es nach ihrem Faux-pas zuvor besser den Mund zu halten. „Der Bann des Daiyōkai ...“ Die Dame lächelte fein. Natürlich würde das für ihren Einzigen keine Schwierigkeit darstellen, ebenso wenig wie der schwache menschliche Zauber. „Der Bann des Vampirs schützt die anderen Magien. Und es gibt nur eine lebende Person, die sich mit den Energievampiren auskennt. Tanjeri-sensei.“ „Wo?“ kürzte ihr Sohn ab. „Im Jenseits.“ Sie erntete sowohl von Sesshōmaru als auch Kagome den gleichen ungläubigen Blick und erlaubte sich ein erneutes sanftes Lächeln. „Er lebt im Jenseits, in seiner eigenen magischen Welt. Ich kann euch dorthin schicken. Allerdings nicht mehr zurück holen. Das liegt dann bei ihm.“ Sie legte eine Klaue an das schwarze Medaillon auf ihrer Brust. Kagome spürte zum ersten Mal etwas ähnliches wie bei einem Meidō Zangetsu. Konnte diese Hundedame so etwas, nur in weiblich, mit Kette und Medaillon? Sie sah fragend beiseite. Sesshōmaru deutete den Blick als Anfrage, ob sie beide diesen Tanjeri aufsuchen sollten. Mussten sie wohl, erkannte er resigniert. Und, was ihn stutzig machte – sensei, Lehrer oder Meister. Er konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, wann haha-ue nicht nur sich Namen gemerkt hatte, sondern auch noch eine solche ehrenvolle Bezeichnung verwendet hätte. Dieser Zauberer musste in einer eigenen Liga spielen. „Öffnet den Weg.“ „Ein Rat deiner liebenden Mutter: falls Tanjeri-sensei dir helfen will – bringe danach nicht nur den Vampir um, der diesen Bann schuf.“ „Sie werden ausgestorben sein.“   Wunderbar. Hier wurde über Morde diskutiert wie bei anderen Leuten welche Gemüse in die Suppe kämen. Rat einer liebenden Mutter? Kagome seufzte allerdings nur leise. Sie hatte durchaus mitbekommen, dass es da ein „falls“ geben würde. Vermutlich würde dieser Tanjeri Bedingungen stellen. Und ein Kerl, der in seiner eigenen magischen Welt im Jenseits lebte, hatte vermutlich so einiges auf der Pfanne. Leider gab es keine Alternative – nun, die, bis an ihr Lebensende nicht mehr weiter als fünf Meter von Sesshōmaru entfernt zu sein. Er würde sie beschützen, ja, sein eigenes Leben hing daran, aber ...Ja, aber. So sah sie erneut zu ihm, erkannte, dass auch er keinen anderen Ausweg sah. Und immerhin, sie war ja schon das eine oder andere Mal in der anderen Welt gewesen und immer zurück gekommen. Was sollte diesmal schon anders sein. Ja, gut. Mensch, Miko, durfte ja hoffen. Sie erkannte, dass sich neben ihr eine dunkle Scheibe öffnete, spürte die durchaus bekannte Kälte der anderen Welt. Was sollte es. „Vielen Dank,“ sagte sie nur noch, ehe sie den Sprung ins Nichts machte. Mutig war sie ja tatsächlich, dachte Sesshōmaru noch, bevor er sich ihr notgedrungen anschloss. Die Hundedame wartete, bis sich das Portal geschlossen hatte, ehe sie die Hand sinken ließ. Leider würde sie in diesem Fall keinen Blick darauf werfen können, wie es ihrem Einzigen erging.   Der Sprung in die Dunkelheit erinnerte Kagome an ihre Reisen durch den Knochenfressenden Brunnen. Auch hier waren einzelne Lichtpünktchen zu erkennen, es war wie ein Fall, aber dennoch in eine Richtung und unwillkürlich streckte sie die Arme aus. Und fühlte sich prompt am linken Unterarm gepackt. Erschreckt wollte sie sich schon wehren, ehe sie die Streifen am Handgelenk der Klaue erkannte, Sesshōmaru hielt sie. Anscheinend verspürte er keine Lust, dass der Bann hier in diesem Übergang ausgelöst wurde, mit womöglich unvorhersehbaren Konsequenzen, das gab sie zu. Und, es fühlte sich ein kleines bisschen sicherer an, mit demjenigen quasi fast Hand in Hand in das Jenseits zu kommen, dessen Klinge die dortigen Wesen zumindest abschrecken konnte.   Etwas wie Helligkeit zeigte das Ende des Sprunges, dann spürte sie einen Riss am Arm, ehe sie abgefangen wurde und relativ sanft auf etwas aufkam, was sie an schwarzen Sand erinnerte. Der Daiyōkai ließ sie prompt los, blieb aber kampfbereit stehen, die Hand an Bakusaiga, und blickte sich wachsam um. „Danke,“ sagte sie dennoch und sah sich ihrerseits deutlich unbehaglicher um. Es schien ein Meeresstrand zu sein, zumindest ein großes Gewässer, der Strand aus schwarzem, grobkörnigem Sand, der Himmel schiefergrau, hinter ihnen stiegen steile, schwarze, Berge auf. Kein Grün war zu sehen, kein Laut war zu hören. „Ungemütlich,“ flüsterte sie. Vor ihr – das war doch kein Wasser? Es war viel zähflüssiger, bildete aber kleine Wellen. Irgendwie erinnerte es sie an Gelatine, die man in der Zukunft zum Kuchen backen verwenden konnte. „Was ist das?“ erkundigte sie sich mit einem Seitenblick, ohne mit einer Antwort zu rechnen. Woher sollte er das auch kennen, wenn das eine Welt war, in der er auch noch nicht gewesen war. Unberechenbar wie eh und je gab Sesshōmaru jedoch Antwort. „Die magische Insel Tanjeris.“ Sie wandte sich ihm zu, sichtlich erschreckt. „Das hier ist kein Wasser und es sieht auch nicht so aus, als ob es hier viel gäbe. Wir müssen ihn wohl erst einmal finden?“ Ja, das dürfte die erste Aufgabe sein. Und sie hatte in einem recht. Menschen benötigten Wasser. Wenn sich der Zauberer nicht als gastfreundlich entpuppte, würde Kagome bereits in wenigen Stunden erneut ein Problem bekommen, nach ein oder zwei Tagen sterben. Und er gleich mit. Nun, das durfte nicht passieren. Wenn er diesen Vampir in die Finger bekam! Und als erstes diesen Tanjeri. „Gehen wir.“ Kagome wollte schon verwundert fragen, wohin, aber das war wohl erst einmal gleich. Im Zweifel mussten sie einen Weg vom Strand in die Berge finden, die anscheinend die eigentliche Insel bildeten. Sie blickte empor. Ja, steil, kahl, oben von Nebelfetzen umhüllt. Und von dem sogenannten Meeresspiegel aus gerechnet bestimmt hunderte von Metern hoch. Sesshōmaru könnte ja fliegen oder springen, aber was wäre mit ihr? Bei der Vorstellung, wie sie an diesem unsichtbaren Seil unter ihm hing, womöglich mit dem Kopf nach unten und sich drehend, wurde ihr jetzt schon schlecht.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)