Gefesselt von Hotepneith (Ein Daiyoukai, eine Miko und ein lästiger Zauber) ================================================================================ Kapitel 6: Ein steiler Berg --------------------------- Cry havoc And let slip out the dogs of war   Shakespeare, Julius Caesar, 3 Akt, Szene 1       Kagome keuchte, als sie hintereinander den wirklich steilen Pfad immer höher in das schwarze Gebirge wanderten. Die Tatsache, dass rechts die Bergflanke ebenso abenteuerlich anstieg wie links abfiel, war eher besorgniserregend, und führte dazu, dass sie die rechte Hand stetig an der aufwärts führenden Bergwand ließ. Sie war schon wieder müde und hatte Durst, aber hier gab es eben nichts. Und alles, was vor ihnen lag, war wohl diese Prüfung. Beseitigt den Torwächter. Juhu. Wer auch immer das sein sollte und … Moment mal. Sie war wirklich kein Mathegenie und war oft genug in den Prüfungen in der Schule deswegen mehr als schlecht dagestanden. Aber eines hatte sie daraus gelernt. Die Aufgaben waren durchaus nicht immer so, wie man sie las. Was also plante Tanjeri mit dieser Prüfung? Dass Sesshōmaru in der Lage wäre was auch immer umzubringen, war ihr klar. Nur, war das überhaupt die Lösung? Was konnte dieser Meisterzauberer denn sonst wollen? Egal, beschloss sie dann. Das würde man sehen, wenn man da war. Sie warf einen Blick empor. Die schwarzen Berge waren wieder komplett in Nebel gehüllt und auch das Schloss, die Burg, die Hoffnung, war nicht mehr zu sehen. Es half nichts. Sie mussten weiter. Aber sie war so müde... „Sesshōmaru?“ versuchte sie es. Er wollte nicht antworten, immerhin gab es hier weit und breit kein Wasser, aber sie roch schon wieder so erschöpft. So blieb er stehen, allerdings ohne sich umzublicken. Sie war in gewisser Verzweiflung wild entschlossen das bei diesem Eisblock als freundliche Geste zu sehen. „Können wir Pause machen? Ich muss mich erholen.“ Immerhin fragte sie. Er nickte etwas nach vorne.   Sollte das jetzt ein: „ja, da vorne geht es besser als hier auf diesem schmalen Pfad“ sein? Wenn der Kerl doch einfach nur mal die Fangzähne auseinander bekommen würde! Immerhin, dachte sie dann, war das wohl eine Zusage gewesen. Und so gut kannte sie ihn doch – er würde nicht sein Wort brechen. Rin war sowieso dieser Meinung, aber selbst Inu Yasha hatte einmal gemeint: „Der ist ein Mistkerl, wirklich, aber er lügt nie. Wenn er dich umbringen will, sagt er es dir auch.“ So raffte sie sich erneut auf.   Tatsächlich erreichten sie gute fünfzig Höhenmeter weiter einen etwas ausgeweiteten Fleck. Eine Art Nische, die mit Moos und Flechten bewachsen war, schmiegte sich hier mit fast zwei Metern Tiefe in die steile Bergflanke. Die Miko ließ sich aufseufzend hinfallen und streckte die Beine aus. Ihre Füße schmerzten. Getas waren nicht unbedingt die passende Schuhkleidung für steinige, steile Wege irgendwo in der Unterwelt. Sie warf einen forschenden Blick empor, aber da ihr schweigsamer Begleiter stehen blieb und angelegentlich die Gegend musterte, zog sie sich Bogen und Köcher ab und ließ sich schlicht rücklings in das weiche Moos fallen, verschränkte die Arme hinter den Kopf und sagte sich, dass sie sich die Lage einfach nur irgendwie schön reden musste. Nur, wie? Wenn das noch lange so weiterging, würden die Blasen, die sie bislang hatte, irgendwann aufgehen und sie nicht nur bluten, sondern so gut wie laufunfähig sein. Beschweren? Bei wem? Um ehrlich zu sein steckte Sesshōmaru ja auch in dieser Klemme und Tanjeri sollte so als alter Zauberer wissen, was er da anrichtete. Und das hier war leider Tanjeris Welt. Sie hatte durchaus in ihrem Leben genug magische Fallen kennengelernt um abschätzen zu können, dass hier nur galt, was dieser Magier wollte. Sie streifte sich die Schuhe ab. „Das sind die schönsten Blasen, die ich je hatte,“ wollte sie sich selbst beruhigen und erkannte erst an dem sich wendenden Kopf des Daiyōkai vor und über ihr, dass sie wohl laut gesprochen hatte. Ihr Lächeln misslang. „Äh, ich brauche nur eine kleine Pause,“ beteuerte sie hastig. Ihr war klar, dass er die nicht nur für sie unsägliche Bindung zwischen ihnen rasch loswerden wollte und sich nur der Notwendigkeit beugte sie nicht umzubringen, da das doch eine reichlich unwürdige Selbstmordvariante gewesen wäre. Allerdings konnte und würde ihn das kaum hindern ihr schlicht einen Schlag zu verpassen. Und, wenn sie so gesehen hatte, was das bei Jaken und auch Inu Yasha bewirkt hatte, legte sie definitiv keinen Wert darauf. Sie war kein Yōkai, sondern ein Mensch. Na schön, beschloss sie dann erneut, sie sollte einfach wohl aufpassen wie sie was ihm gegenüber formulierte. Aber, das gab sie auch zu, das vorher Nachdenken war nicht unbedingt ihre Art. Vermutlich mit ein Grund, warum weder sie noch Inu Yasha lange nachtragend waren, sie wussten beide, dass der jeweils Andere auch meist nicht nachdachte.   Sie redete definitiv zu viel. Sesshōmaru blickte erneut geradeaus. Es wäre vermutlich sinnlos ihr das Reden zu verbieten, sie war stur wie ... nun, ein Mensch und würde darauf vermutlich erst eingehen, wenn er sie halb in Stücke schnitt. Keine Option bei dem schwachen menschlichen Körper und der Aussicht gleich mit zu sterben. Überdies hatte das bei Jaken auch stets nur sehr bedingt geholfen. Aber der war ein Yōkai und regenerierte sich rasch – ehe er erneut unsinniges Zeug von sich gab. Bis auf Rin, die nun in jeder Hinsicht eine Ausnahme war, schien er selbst derartige Redner anzuziehen. Ein leichtes Seufzen verriet ihm, dass sie durchaus bemerkt hatte, dass sie ihm schon wieder auf die Nerven gegangen war. Wahrlich, bis auf seinen ...hm ...Halbbruder vermochte es niemand derart darauf förmlich spazieren zu gehen. Hoffentlich – ein Daiyōkai sollte eigentlich nichts hoffen, sondern dafür sorgen, dass es geschah, wie er wollte – war Tanjeri-sensei bereit und auch fähig diesen Bann zu lösen. Unwillkürlich blickte er nach rechts, wo der steile Pfad weiterlief. Und, das würde seine Begleiterin sicher noch mehr ermüden. Zwar hörte der Abfall auf der linken Seite nun auf, der Weg führte aber dann offensichtlich durch eine schmale Felsschlucht, kaum breit genug für eine Person, dafür sicher mehr als zweihundert Meter tief in das Gestein geschnitten. Entweder war reine Magie am Werk gewesen oder eine magische Klinge. Das war unnatürlich steil und glatt. Keine Witterung verriet, wie lang diese Schlucht war oder gar, was dahinter lag. Eine Prüfung, dachte er. Was konnte dieser Zauberer denn nur planen? Sinnlos. Er würde alles bestehen, schließlich war er Sesshōmaru, aber … ja, aber. Er war eben nicht allein und wenn ihre Leben wirklich aneinander hingen …. Nun, er plante nicht es auszuprobieren. Ein erneutes kleines Seufzen hinter ihm, selbst für ihn kaum vernehmbar, ließ ihn abermals den Kopf wenden. Was zu beweisen war ...Kagome war eingeschlafen. Diese Pause musste wohl etwas länger werden. Was für eine Zeitverschwendung.   Als die Miko erwachte fühlte sie sich deutlich besser und richtete sich auf. Wie lange hatte sie wohl geschlafen, dachte sie ein wenig schuldbewusst. Sesshōmaru stand noch immer wie ein Wachhund da, aber sie hütete sich ob dieses Gedankens auch nur leise zu lächeln. Wenn er sich im falschen Moment umdrehte und das in die falsche Kehle bekam.... So zog sie sich nur wortlos die Getas wieder an und griff nach Bogen und Köcher. „Ich bin erholt.“ Das war etwas übertrieben, aber sie fühlte sich zumindest so weit diesem Weg noch ein Stück zu folgen. Irgendwo und irgendwann musste doch dieses Tor und der Torwächter kommen, den sie beseitigen sollten. Prüfung, ja. Nur, was sollte geprüft werden? Aber da brauchte sie kaum fragen, denn das wusste der Herr Hundefürst mit Sicherheit auch nicht.   Nur wenige Meter weiter konnte sie bei einer Biegung an ihrem doch hochgewachsenen Vordermann vorbeisehen und erkennen, was da auf sie wartete – eine sehr enge Schlucht. Oh, wie schön, dachte sie zynisch. Dieser Magier schien ja wirklich etwas von Gastfreundschaft zu verstehen! Da Sesshōmaru ohne Zögern die Spalte betrat, musste sie notgedrungen nachfolgen. Ein Seilziehen an diesem unsichtbaren Seil würde sie haushoch verlieren, das hatten sie ja bereits festgestellt. Aber sie fühlte sich noch unbehaglicher als zuvor. Selbst der bislang so ruhige und graue Himmel wäre immer noch besser als das deutlich kühlere und feuchte Klima hier unten im Halbdunkel. Der einzige Vorteil, den sie erkennen konnte, war, dass es keine Steine auf dem Boden mehr gab, sondern weichen, hellen, Sand. Ihre Füße dankten es ihr. Allerdings war die bisher schon drückende Stille hier noch deutlicher. In der schmalen Klamm hallte ihr Atem förmlich wieder, neben dem leisen Knirschen des Sandes unter ihren Schuhen der einzige Laut. Kein Vogel sang, kein Schwirren von irgendwelchen Insekten, nicht einmal das Rascheln von Blätter. Das alles gab es anscheinend auf dieser Insel schlicht nicht. Sie warf einen Blick nach vorne. Dem Herrn Hund schien die Umgebung absolut nichts auszumachen, geschweige denn, dass er auch nur etwas tiefer atmete. Naja, vermutlich war so ein Yōkai aus gutem Haus seit Kindertagen an magische Welten gewohnt. Flüchtig überlegte sie, wie wohl Welpenspiele für ihn ausgesehen hatten. Wirklich in einem normalen Wald, so, wie sie es auf dem Weg zu seiner Mutter vermutet hatte? Oder eher in Welten, die seine Eltern für ihn erschufen, damit er sich austoben konnte? Wie hatte Sesshōmaru wohl überhaupt als Welpe ausgesehen? Sie hatte ihn ja schon mal in seiner wahren Gestalt gesehen und verkleinerte in ihrer Phantasie das weiße Riesenmonster, bis sie es nur mehr knuffig fand. Babys aller Arten waren doch immer so niedlich! Sekunde. Hunde- und Katzenwelpen wurden doch blind geboren, oder? Galt das für Yōkai auch? Sie versuchte sich ihren stillen Begleiter als bewegungsunfähigen, blinden Welpen vorzustellen, der irgendwie zu der Zitze seiner Mutter robbte – und verdrängte das Bild schleunigst, da sie sich an besagte Mutter erinnerte und auch annahm, eine derartige Frage wäre für einen Daiyōkai impertinent. Mit allen Folgen. Sie sollte sich lieber auf ihre Umgebung und die mögliche, oder eher wahrscheinliche, Prüfung konzentrieren. So warf sie einen Blick nach oben. Sie waren hier so tief unten, dass sich die Seiten der schmalen Spalte oben fast zu berühren schienen, nur ein Schimmer Bleigrau zeugte noch von dem Himmel. Es war auch nicht sonderlich angenehm sich vorzustellen, wie die Steine rechts und links auf sie zukämen und sie erdrückten.   Sesshōmaru bemerkte durchaus, dass die Miko in seinem Rücken unruhig wurde. In der Annahme, sie sei schon wieder müde, gönnte er ihr einige Worte. „Dort vorn endet der Spalt.“ Bevor sie noch in Sitzstreik trat, was er ihr durchaus zutraute, und er sie an der unsichtbaren Leine mitzerren musste. Inu Yasha als Todesart seiner Gefährtin „Ich habe sie zu Tode geschleift“ sagen zu müssen, würde nur zu einem sinnlosen Duell führen. Das er natürlich gewinnen würde. Überdies bestand das Risiko ja sich selbst damit ums Leben zu bringen. Eine peinlichere Todesart vermochte er sich nicht vorzustellen. Mutter würde vermutlich erfolgreich vergessen, dass sie je einen Sohn gehabt hatte.   „Sehr schön,“ erwiderte Kagome tatsächlich etwas perplex. Das war ja ein Entgegenkommen! Warum auch immer, aber sie sollte das irgendwie honorieren. „Danke.“ Im Weitergehen dachte sie nach. Wenn er redete, dann meist, weil er dafür etwas erwartete. Nur, was diesmal? Kam da vorne etwa die Prüfung und er erwartete ihre Unterstützung? Die konnte er gern haben, wirklich. Alles, was sie wollte war, dass dieser Tanjeri diesen Bann löste. Und wenn es dafür notwendig war eine Prüfung zu bestehen, sollte es nicht an ihr scheitern. So ganz ohne Fähigkeiten war sie als Miko ja nun auch nicht. So versuchte sie nach vorne zu sehen, was tatsächlich schwierig war. Die Klamm war so eng, dass ab und an sogar die Spitzen des Schulterschutzes Sesshōmarus an dem Felsen kratzten. Aber sie meinte weiter vorne werde es heller. Ja, doch. Da sollte diese Spalte enden. Warum auch immer das hier so eng gestaltet worden war.   Die Spalte endete und sie erkannte, dass der Daiyōkai unverzüglich nach rechts wich, die Klaue bereits an Bakusaiga. Es war sehr hell nach der dunklen Schlucht und sie benötigte einen Moment, während sie allerdings folgte und nach links auswich, den Bogen von der Schulter gleitend lassend. Erst dann erkannte sie blinzelnd die Lage. Sie befanden sich in einer Art großen, sandigen Talkessel, der von diesen schwarzen, steilen Hängen umrahmt wurde. Ihnen direkt gegenüber befand sich ein hohes, offenbar hölzernes Tor, das das Weitergehen verhinderte. Und davor war … „Fluffy!“ Sie konnte an der eisig werdenden Temperatur das rasch steigende Yōki neben sich spüren und warf einen vorsichtigen Blick beiseite. Oh oh. Aus welchem Grund auch immer, aber das hatte Sesshōmaru doch nicht etwa auf sich bezogen? Sie warf noch einmal einen Blick auf den wahrhaft riesigen schwarzen Hund mit drei Köpfen und dreimal beeindruckenden Gebissen vor dem Tor, ehe sie hastig meinte: „Ich... ich hörte in meiner Zeit .. also, wo ich herstamme....von einem dreiköpfigen Hund, den sein Besitzer Fluffy nannte ….“ Nun, dem Blick nach hatte er noch nie HarryPotter-Filme gesehen, und so haspelte sie sich weiter. „Und ein dreiköpfiger Hund bewacht der Legende nach das Tor zur Unterwelt, richtig heißt er Zerberus, soweit ich mich erinnere.“ Sie log nicht, das war ihm klar. Nur, warum hatte ihn bei diesem unbekannten Wort etwas wie ein Hauch der Zeit gestreift? Und er ein sehr seltsames Gefühl in seiner Boa empfunden? Was machte Meister Tanjeri hier? Gleich. Sie sollten den Torwächter beseitigen und dieser dreiköpfige Hund war das offenkundig. Er zog.   Kagome, eingedenk ihrer Überlegungen zum Thema Matheprüfungen, sagte eilig: „Warte einen Moment. Ich meine, du kannst ihn umbringen, natürlich. Aber, wir sollten ihn doch beseitigen, war die Aufgabe, nicht wahr?“ Sesshōmaru, für den diese beiden Wörter identisch waren, sah beiseite. Sie klang aufgeregt und starrte diesen dreiköpfigen Dummkopf an, als würde sie versuchen seine Gedanken zu lesen. Hm, Konnten das menschliche Miko? Konnte sie das? „Man kann doch auch Leute beseitigen ohne sie umzubringen, oder? Es würde doch genügen, wenn er schlicht aus dem Weg geht.“ Und wie stellte sie sich das vor? Höflich bitten? Überdies: „Das ist kein Yōkai.“ „Ja, er hat keine Energie,“ gab Kagome zu. Also war das doch ein Tier, oder? „Vielleicht kannst du ihn so verscheuchen wie das Krokodil?“ Kaum. Sonst wäre das nicht als Aufgabe gestellt gewesen. Sekunde. Das war die Prüfung – und Tanjeri-sensei wusste sicher, dass Mutter, die ihn ja offensichtlich kannte, eine Hundeyōkai war und er damit auch. Wenn der Magier nun von allen Tieren und magischen Wesen ausgerechnet einen Hund präsentierte, konnte es nur… Nicht wirklich, oder? Er bevorzugte eindeutig seine menschliche Gestalt aus mehreren Gründen. Überdies – da gab es den Fünf-Meter-Bann und in einem Kampf in Hundeform konnte und würde er wenig darauf achten, was sich unter seinen Pfoten befand. Das Risiko Kagome schlicht zu zertrampeln war gegeben. Allerdings schien die Miko tatsächlich in Gedankenlesen besser zu sein, als es ihm lieb war, denn sie meinte leise, fast behutsam: „Ich weiß, es hört sich eigen an, aber womöglich sollst du ihn in … in deiner anderen Form besiegen?“ „Der Bann?“ gab er nur zurück. Ja, der Bann. Und sie entsann sich auch, dass damals Jaken einmal gemeint hatte, in Hundeform seien solche Yōkai mehr ihren Instinkten unterworfen als in menschlicher Gestalt. Er würde vermutlich den Bann und sie vergessen. „Naja, Ich fürchte, dann muss ich eben versuchen schnell auszuweichen.“ Sie sah wieder zu dem dreiköpfigen Riesenhund auf der anderen Seite des Talkessels, der einige Schritte auf sie zumachte. Aus allen drei Schnauzen rann Geifer, aber der schien immerhin nicht gerade ätzende Säure zu sein wie das ihr Begleiter besaß.   Das war zwar ein durchaus tapferes Angebot aber auch ein törichtes. Sie würde niemals schnell genug sein. Wusste sie nicht, wie so ein Hundekampf ablief? Eher wohl weniger. Das einzige Mal, wenn er sich recht entsann, dass sie ihn in seiner wahren Gestalt gesehen hatte, war bei dem Kampf um Tessaiga in Vaters Grab gewesen, als sie für Inu Yasha Tessaiga .. Nun, das war lange her. Aber sie hatte vermutlich erstaunlicherweise die gleiche Lösung erkannt wie er selbst.   Er steckte Bakusaiga zurück, was Kagome mit einem kleinen Aufatmen quittierte, und machte einige Schritte vor auf diesen .. wie hatte sie ihn genannt? Fluffy oder Zerberus? - zu. Sie blieb stehen, wie es der Fesselbann nur zuließ, da sie anscheinend begriff, dass er Platz für die Verwandlung benötigte. Ein solcher Kampf konnte nicht nur wegen dieser Magie schwierig werden. Er pflegte seit geraumer Zeit nicht mehr so zu kämpfen, das war schlicht nicht mehr nötig, unter Hunden war er der unangefochtene Alpha seit langen Jahren. Zudem hatte sein Gegner drei Köpfe, konnte also auch drei Mal zubeißen, gleichzeitig. Er würde recht geschickt sein müssen – und schnell, denn bei allem, was die Miko konnte, sie war keine Yōkai und würde rasch ermüden oder nicht flink genug den acht Pfoten ausweichen können. Überdies bestand die Gefahr, dass einer der drei Köpfe sie als Ziel erkor, wenn sie zu nahe an seinen Widersacher geriet. Nun gut. Er musste rasch gewinnen und sauber. Er ließ seine Energie ansteigen, in dem Wissen diesen Gedanken auch noch in seiner anderen Form zu behalten.   Kagome hob etwas die Arme als das Yōki den Sand aufwirbelte, ließ sie erst sinken, als Ruhe herrschte. Oh oh. Sie hatte ihn als riesigen weißen Hund in Erinnerung, aber nun kam er ihr nochmals gewachsen vor. Sie blickte an ihm wie an einem Berg empor. Nun ja, er war jetzt ein Daiyōkai, was er vor einigen Jahren nicht gewesen war. Zeigte die Größe auch die Macht an? Allein die Pfoten waren schon beeindruckend. Aus dem riesigen Maul tropfte grünlich Säure und er machte zwei Schritte auf Fluffy zu, der sich steif abduckte. Ja, das würde ein Kampf werden. Sie sollte hinterher, ehe noch der Bann ausgelöst wurde und sie näher zwischen die Gebisse geriet als ihr lieb sein konnte. Behutsam hängte sie sich den Bogen wieder über und näherte sich den beiden gewaltigen Hunden, die sich nun beide voreinander abduckten, sicher um ihre Kehlen zu schützen. Um die Schultern und die Brust „ihres“ Hundes bauschte sich Fell. Hatte er das damals auch schon so besessen? Auch diese langen Ohren, die sie sehr an einen Spaniel erinnerten? Aber sie hatte da viel zu viel Angst gehabt. Nun ja, sie hatte keinerlei Erfahrungen in dieser Zeit besessen. Da war so ein Anblick schon deutlich bedrohlicher gewesen als heute, wo sie sicher sein konnte ihn nicht als Gegner zu haben.   Der dreiköpfige Hund startete. Es war schnell, erschreckend schnell, zumal für diese Größe, als er auf Sesshōmaru zusprang. Dieser machte ebenfalls einen Sprung und die beiden prallten noch in der Luft mit einer Wucht zusammen, die den Talkessel widerhallen ließ. Au weia, dachte Kagome, die sich kaum auf den Beinen halten konnte. Da ging es zur Sache. Sie versuchte etwas in dem felligen Durcheinander aus schwarz und weiß zu erkennen. Zu ihrer gewissen Überraschung hatte sich der Daiyōkai die Kehle des rechten Kopfes geschnappt und umklammerte sie mit seinen Zähnen. Die ätzende Säure musste doch weh tun, dachte sie in gewissem Mitleid, ehe sie versuchte den Sinn dieser Aktion zu erkennen. Sie persönlich hätte angenommen, er würde auf den mittleren Kopf gehen. Ja, erkannte sie dann. Aber so war der mittlere Kopf praktisch unschädlich gemacht, alles, was der in dieser Nähe zu beißen bekam, war das auf der linken Seite und der Brust deutlich dichtere Schutzfell, und Sesshōmaru hatte sich so gedreht, dass sein linkes Vorderbein und die Schulter zwischen die beiden freien Köpfen drückte. Der linke Kopf biss entweder ins Leere oder auch in das Schulterfell. Geschickt geplant und durchgeführt, dachte sie anerkennend.   Allerdings wehrte sich der dreiköpfige Hund. Da er bemerkte, dass seine Zähne ausgeschaltet worden waren, versuchte er mit den beiden Vordertatzen seinen Gegner zu treffen, zu verletzen, um ihn zu zwingen, den äußerst schmerzhaften Biss um seine Kehle zu beenden. Sesshōmaru ignorierte die Kratzer. Sie taten weh, aber das würde rasch heilen. Wichtig war, dass er siegte und so presste er die Kiefer fester aufeinander. Diesem Kerl sollte klar sein, dass er ihm die Kehle raus reißen würde, wenn er nur noch etwas nachsetzte. Rasch gewinnen, dachte er, das war wichtig. So drückte er nach hinten.   Was hatte er nur vor, fragte sich Kagome, die sich in gewissem Sicherheitsabstand hielt, allerdings auch - hoffentlich – innerhalb des Fesselbanns. Dann erinnerte sie sich, dass sie gehört hatte, dass ein Hundekampf vorbei war, wenn der Verlierer dem Sieger die Kehle zeigte und in die Demutsposition ging. Das musste es sein. Aber, darüber sollte sie später mit dem Daiyōkai ebenso wenig reden, wie über die Tatsache, dass es ihr etwas gruselte, wenn sie so diese Säure aus seinem Maul tropfen sah. In Menschenform tat sie es nicht und das musste ihr genügen. Oh, der arme Fluffy stürzte nach hinten, Sesshōmaru war sofort über ihm, ihn noch immer in dem unerbittlichen Biss haltend. Dann sah sie mit gewisser Erleichterung, wie sich der Torwächter entspannte, alle drei Hälse nach oben bog. Eins zu Null für Sesshōmaru, dachte sie noch, ehe sie Magie spürte und eilig aufsah. Das Tor verschwand, als habe es nie existiert und auch der Biss des Daiyōkai ging nun ins Leere, als der Dreiköpfige ebenfalls verschwunden war. Sie hatten gewonnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)