Gefesselt von Hotepneith (Ein Daiyoukai, eine Miko und ein lästiger Zauber) ================================================================================ Kapitel 9: Ein giftiger Drache ------------------------------ Poison You´re polison running through my veins You´re poison running through my brain Poison   Alice Cooper     Kagome landete nach einem förmlichen Sturz ziemlich hart, nur aufgefangen von Ästen, Blättern und Zweigen. „Au!“ Was war das für ein Urwald?! Ihr Begleiter kam deutlich eleganter auf zwei Beinen auf. „Die Kugel?“ Ja, die hatte sie noch, was allerdings kaum sein Verdienst war. Sie zerrte sich mit der Linken die Blätter aus dem Haar und reichte ihm mit der Rechten die orangene Kugel. Er nahm sie natürlich nicht, was ihren Zorn nur weiter weckte. „Danke, übrigens, für die Nicht-Rettung,“ fauchte sie, ehe sie sich mühsam aufrappelte und ihre Kleidung ordnete. Immerhin schien sie sich keine Verletzungen zugezogen zu haben, denn so weit tat nichts unnatürlich weh, nun ja, nur ein bisschen? Nahm sie es ihm etwa übel, dass er sie nicht wieder aufgefangen hatte? Eine Erklärung war wohl bedauerlicherweise schon wieder notwendig. „Ich bin nicht für dich verantwortlich.“ Er sah sich um. Ach ja? Schön, das war offensichtlich die Folge davon, dass er nicht mehr mit draufgehen würde, wenn sie starb. Übersah der Herr Hund da nicht die Kleinigkeit, dass es ihn schmerzen würde, wenn sie Schmerzen empfand? Allerdings – wenn Meister Tanjeri da recht hatte, wieso tat diesem Riesenhundeidioten dann jetzt nichts weh, sondern ihr? Oder galt das nur, wenn er sie verletzen würde? So oder so, letzteres wollte sie nicht unbedingt ausprobieren. „Und jetzt?“ „Lass die Kugel fliegen.“ Das hatte der Zauberer doch gesagt. War dieser Sprung durch das Portal etwa ihrem sowieso schon minderwertigen Verstand nicht bekommen? Kagome überlegte für drei volle Sekunden ob sie nicht doch versuchen sollte ihn zu läutern, ließ dann allerdings resigniert die Kugel fliegen. Das kleine Stück Metall leuchtete noch immer orange, schlug aber rasch eine Linie ein, langsam genug, dass ein Mensch durch den dichten Wald folgen könnte. Sie unterdrückte ihren Fluch und ging hinterher, gefolgt von einem Daiyōkai, der sich gerade wirklich fragte, was in dem Tee oder in dem Bad bei Tanjeri-sensei ihr nicht bekommen hatte. Sie war doch schon relativ vernünftig gewesen? Woher hätte er auch ahnen sollen, dass sie aufgrund des erwähnten Liebeszaubers unbewusst versuchte sich zu schützen – und ihn als Feindbild nahm? Sie ahnte es ja selbst nicht.   Was sie auch nicht ahnte, während sie sich etwas mühsam durch das Dickicht kämpfte war, dass der Hundefürst in ihrem Rücken den linken Ärmel hochschob und die Striemen auf seinem Unterarm betrachtete. Eindeutig waren das die Folgen des Rücksturzes in die Welt der Lebenden. Aber nie zuvor hatte ihm so etwas geschadet, geschweige denn, wenn auch kleine, Schmerzen zugefügt. Er ließ den Ärmel fallen. Das konnte nur bedeuten, dass Tanjeri-sensei recht gehabt hatte, und da ein Spiegelzauber am Werk war. Die nächste Sekunde bewies das noch einmal. Kagome bog einen Ast zu früh zurück, der zurück schnalzte und sie ins Gesicht traf. Unwillkürlich schrie sie etwas in Schreck und Überraschung auf – dabei empfand er den Schmerz im Gesicht. So ging das nicht weiter. Wenn er jedes Mal durch ihre Unfähigkeit durch einen Wald zu gehen Striemen bekam … Hm. Sie umzubringen war dann leider auch nicht die Lösung. Wenn er diesen Vampir zwischen den Klauen hatte, würde der sein blaues Wunder erleben. Jahrhundertelang, wenn es nach ihm ging. „Aus dem Weg.“   Tatsächlich zuckte sie förmlich zusammen und wich beiseite. Sie hatte bereits einige Male miterleben dürfen, wie nach einer solchen Ansage ein tödlicher Angriff auf den erfolgte, der ihm eben nicht aus dem Weg ging. Schön, immerhin warnte er. Aber warum schien er schon wieder so sauer? Was hatte sie denn gerade falsch gemacht? Ja, gut, sie war auch verärgert gewesen, dass er ihr nicht geholfen hatte. Aber zwischen ihrer lauten Wut und seinem stillen Zorn lagen in der Wirkung buchstäblich Welten. Sie schimpfte auf alles und jeden, zur Not, das gab sie zu, hatte sie vor Jahren auch schon mit Inu Yasha Löcher in dem Boden geschaffen, aber eigentlich passierte nichts, außer dass sie sich wieder abregte. Bei Sesshōmaru endete das leicht in Toten. Und leider, wenn sie sich so umsah, war sie das einzig Tötbare in seiner Reichweite. Auch, wenn zu hoffen stand, dass er sich etwas zurückhalten würde, Spiegelbann und so. Aber das bot keine Garantie, immerhin trug dieser Hundeidiot mit Tenseiga eine Waffe spazieren, die ihn im Notfall auch noch beschützte. „Es... ich wollte dich nicht ärgern,“ erklärte sie darum, nicht unbedingt einsichtig warum immer sie nachgeben sollte, aber doch klug genug die Folgen abzuschätzen. Dafür kassierte sie wieder einen dieser berühmten Seitwärtsblicke, in dem Fall über die Schulter zurück: wenn ich könnte, wie ich wollte... Ehe er die Rechte hob.   Kagome wollte fast schon ihren Bogen von der Schulter gleiten lassen, in der unwillkürlichen Abwehr, als sie erkannte, dass er wieder nach vorne blickte. Wie sie es durchaus schon gesehen hatte leuchteten die Finger grünlich, ehe eine Art dünne Schnur aus seinem Yōki durch die Luft zischte und in das Dickicht vor ihnen einen Weg schlug. Ja, dachte sie, schon praktisch, wenn man so etwas dabei hatte. Hatte sie leider nicht. Und wo war jetzt die Kugel? Aber, da er den neu geschlagenen Pfad entlang schritt, folgte sie eben, zwischen Zorn und Resignation schwankend. Sie würde wirklich nie mehr Inu Yasha anmaulen. Gegen den älteren Halbbruder war der echt ein Ausbund an Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft! Sicher, ab und an ignorierte auch er ihre Gefühle, aber oft genug, weil er nicht nachdachte oder es auch einfach nicht besser wusste. Oder gewusst hatte, denn der lernte immerhin dazu. Etwas wozu sich der Herr Hundefürst wohl nie herabließ. Wie hatte das Rin bloß je geschafft mit dem Kerl durch die Wildnis zu ziehen und dabei glücklich zu sein? Sie selbst konnte sich ja nicht einmal zur Zufriedenheit aufraffen so als lästiges Anhängsel betrachtet zu werden. Nutzlos, töricht und nichts als Schwierigkeiten machend. Schön, gab sie dann ehrlich zu, er hatte ihr auf diesem Trip auch schon geholfen. Nur war das leider erstens nicht der Normalzustand und zweitens hatte sein Beistand immer so etwas Nüchternes, Pragmatisches. Das passierte nicht aus Zuneigung oder auch nur Hilfsbereitschaft. Sie hatte das unzweifelhafte Gefühl, wenn der Spiegelbann und auch der Fesselzauber hoffentlich endlich beseitigt waren, wäre der Herr Schwager ebenso ausgezeichnet in der Lage sie in der Mitte des Irgendwo allein zu lassen. Und, erkannte sie an diesem Punkt ihrer Überlegungen: die Tatsache, dass nun er voranging und immer wieder mit dieser Energiepeitsche einen Weg frei schlug, war auch eine dieser Aktionen, die zwar hilfreich waren – und dennoch sie ärgerten, weil sie ihr dermaßen deutlich vor Augen führten, was sie so alles nicht konnte. Irgendwann würde sich noch die Gelegenheit ergeben, schwor sie sich, und sie ihm beweisen, wozu eine Menschenfrau, noch dazu eine Miko, im Stande war. Sie bemerkte, dass er etwas den Kopf hob, ehe er erneut einige Meter freilegte. Er witterte. Es war nicht nur vermutlich, sondern absolut sinnlos ihn zu fragen, was er roch. Wenn es eine Gefahr gab, würde er sie beseitigen, wenn nicht – hatte sie nur wieder einen Beweis für ihre Dämlichkeit geliefert, oder wie er das sah. Das war doch...   Keine hundert Meter weiter wusste sie, was er gewittert hatte, denn auch ihr stieg Schwefelgeruch in die Nase. Ja, Ryuku. Da gab es vulkanische Aktivitäten und auch Thermalquellen, ja, Kurorte. Zumindest im 21. Jahrhundert. Nun ja, die Vulkane gab es hier und jetzt wohl auch. Und sie erkannte das gewisse Problem ein Stück weiter. Vor ihnen endete der Wald vor einer Lichtung, in der eine ziemlich große und dampfende Schwefelquelle lag, deren Wasser gelblich schimmerte. Und sie hatte geglaubt mit diesem seltsamen Tal auf Tanjeris Insel wäre dieser Punkt abgehakt. Das stank vielleicht! Ärgerlicher war freilich die steil fast hundert Meter ansteigende helle Felswand, an der die Kugel empor schwebte, nun allerdings zu warten schien. Nein, da kam sie so nicht hoch.   Sesshōmaru, der durchaus angetan war, dass hinter ihm schon über eine halbe Stunde Schweigen geherrscht hatte und zu hoffen wagte, dass sie sich abgeregt hatte, prüfte kurz die Umgebung, so gut das bei dem Schwefel und Wasserstoff in der Luft möglich war, ehe er sich entschied. „Warte hier.“ Was? Sie wollte ihn schon auf den Fesselbann aufmerksam machen, ehe sie entdeckte, dass die Kugel nun hin und her schwebte, in genau dieser Höhe, jetzt vor einer Art Absatz in der Luft hängen blieb. Ab da gab es wohl einen Weg, den er sich ansehen wollte. So meinte sie nur: „Ja.“   Immerhin. Es fehlte noch eine Höflichkeitsanrede, aber sie schien sich wieder vernünftig verhalten zu wollen. Er machte den Satz zu den Kugel. Das war eine Art Pfad, ja. Aber, soweit er die Miko in den letzten Tagen kennengelernt hatte, für sie schwierig zu gehen. Diese fünf Meter Begrenzung verhinderte auch, dass er weiter nach oben suchen konnte. So sah er sich um. Die Quelle war direkt unter ihm und Kagome sah empor. Neugierig war sie ja. Oder sie vertraute ihm nicht so recht, was natürlich unsinnig wäre. Linker Hand dehnte sich der Wald scheinbar endlos aus, entlang dieses Steilhangs. Rechts zeigte sich allerdings, dass diese Berge niedriger wurden und sicher einfacher zu begehen waren. Er streckte wortlos die linke Klaue aus. Mit ein wenig zögern kam die Kugel des Meisterzauberers in seine Hand. Hier hoch könnte er springen, aber da seine Begleitung bereits angedeutet hatte, dass sie dann unter ihm hing und ihr Magen das nicht schätzte, wäre es nur töricht die eigene Nase zu beleidigen. Die Frage stellte sich ob und wie diese Kugel einen Umweg mitmachen würde ohne die Spur des Vampirs zu verlieren. Das wäre fatal – immerhin wollte er dem höchstpersönlich den Weg in das Jenseits zeigen. So richtete er die ausgestreckte Hand mit der Kugel drin probeweise in Richtung auf die niedrigeren Berge. Das Aussehen des Wegweisers veränderte sich nicht, er bewegte sich auch nicht. Und nun? Er streckte den Arm in die andere Richtung aus – und sah sofort, wie die Farbe schwand. Gut. Dann war das also der Weg. Er blickte hinunter um zu springen. Das war doch... Konnte man diese Frau denn nicht einmal für eine Minute aus den Augen lassen? Sie war wirklich deutlich ärger als Rin in Kindertagen. Und da hatte er schon vermutet, dass sie sich manchmal in Gefahr brachte um ihn anzulocken. Das war bei Kagome zwar ausgeschlossen, aber...   Die Miko hatte sich unterdessen umgesehen. Dieser Schwefelteich stank fürchterlich und der Urwald um sie ließ sie sich auch nicht sonderlich gut fühlen. Reiner Instinkt, denn sie wusste so etwas wie einen privaten Wachhund ja quasi über sich. Ein ziemlich lautes Rascheln ließ sie seitwärts blicken, jäh alarmiert. Ein großer Philodendron bewegte sich, wenngleich nahe am Boden. Was da war konnte nicht sonderlich groß sein. Tatsächlich tauchte etwas Reptilienhaftes auf und blieb stehen, legte den Kopf schräg und betrachtete sie aus großen, dunklen Augen. Eine kleine Echse, die kaum die Höhe ihrer Knie erreichte, aufrecht auf zwei Beinen laufend. Die kurzen Arme hingen nutzlos in der Luft. Die Schuppenfarbe changierte zwischen Grün und Braun, was natürlich eine hervorragende Deckung in diesem dichten Wald bot. Kagome schloss aus der Größe und der Neugier, dass es sich um ein Jungtier handeln musste und legte ebenfalls den Kopf schräg, um eine Kommunikation anzudeuten. Erstens fand sie kleine Kinder egal welcher Art niedlich, zum Zweiten war ihr klar, dass Jungtiere selten allein durch die Gegend streiften, und so suchte sie aus den Augenwinkeln den Wald ab, ob da nicht zufällig die Mama, möglichst noch hoch wie ein dreistöckiges Haus, dazu kam. Da der Kleine jetzt den Kopf auf die andere Seite legte, folgte sie diesem Beispiel. „Du bist ja süß,“ meinte sie. Es war durchaus beruhigend gemeint, denn die Echse klappte etwas auf, das sich wie ein Kragen um Genick und Seiten des Halses schlang. Eine Kragenechse? Irgendwie hatte sie die deutlich kleiner in Erinnerung aus dem Zoo. Aber, schön.   Im nächsten Moment öffnete der Kleine das Maul. Insektenfresser, dachte sie noch in Anbetracht der vielen, spitzen Zähnchen, ehe er schrie. Und das war eigentlich nicht zu hören. Ultraschall. Sie erstarrte instinktiv, konnte sich nicht einmal mehr rühren, als er einen Satz auf sie zumachte und empor sprang, um in ihren Oberschenkel zu beißen. Sie wollte schreien, als sie etwas Weißes von oben kommen sah und die kleine Echse säuberlich tranchiert zu Boden fiel. Erst dann erkannte sie den Hundefürsten, der sich zu ihr umdrehte, die Augen deutlich verengt. „Tut mir Leid,“ brachte sie daher irgendwie heraus, durchaus nicht sicher, ob und was sich an ihrer Lage soeben verändert hatte. Immerhin hatte der Biss sie entweder komplett verfehlt oder der Kleine nur in ihre Hose gebissen, denn sie spürte keinen Schmerz. „Du hast den Drachen nicht geläutert.“ Das war eine Feststellung. Und trotzdem wuchs ihr schlechtes Gewissen. Ihm zu sagen, dass sie das für ein harmloses, niedliches Baby gehalten hatte, würde bestimmt kein gutes Licht aus sie werfen, lügen war unmöglich, also versuchte sie es mit der zweiten Wahrheit: „Ich dachte, so ein Kleines ist nie ohne Mutter unterwegs und versuchte nach ihr Ausschau zu halten, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen.“ Sie log nicht, aber das machte es kaum besser. „Komm. - Das war ein ausgewachsener Giftdrache.“ Ausgewachsen? Gift? Aber sie folgte Sesshōmaru, als er sich umdrehte und entlang der Felswand weiter durch den Wald ging, sicher, dass, was immer sie jetzt sagen würde, nicht sonderlich gut aufgenommen werden würde. Immerhin hatte er es ihr noch erklärt, worin ihr Fehler bestanden hatte, wenngleich mit einem unheilvollen Knurren. Für ihn in dieser Stimmung wahrscheinlich echt großzügig.   Fast fünf Minuten später hatte sie sich soweit gefangen, dass ihr auffiel, dass sich der Daiyōkai vor ihr irgendwie seltsam bewegte. Besser gesagt, schwerfälliger als gewöhnlich. Sie sah genauer auf die ihr mittlerweile vertraute Rückenansicht. Ja, doch, er ging irgendwie schief. Als ihr suchender Blick tiefer glitt, entdeckte sie einen ungewohnten Flecken auf seiner Hose, der unter einem metallenen Blatt seines Hüftschutzes begann und sich langsam immer weiter Richtung Knie ausdehnte. Grün mit Schaum, der durch den Stoff drang, wie Gift. Und rot wie Blut. Sie zuckte zusammen. Der Spiegelbann! Der Drache HATTE sie gebissen – nur das Gift und den Schmerz hatte jetzt Sesshōmaru. Super. Das erklärte noch einmal seine Laune. Immerhin würde er doch mit dem Toxikum besser zu Rande kommen als sie, nahm sie doch an. Immerhin trug er ja körpereigenes Gift in sich. Denn das Allerletzte, was sie gebrauchen konnte, wäre, dass er hier drauf ging – und sie vermutlich gleich mit.   Sesshōmaru hatte derweil wirklich überlegt, wie er ihr das heim zahlen konnte. Aber er war nüchtern genug, um zu wissen, dass es nicht ihr Gift war, das er in seinen Adern spürte, sie den Schmerz zumindest nicht direkt verursacht hatte. Ihr einziger Fehler hatte darin gelegen, den Giftdrachen als Kind einzuschätzen, vermutlich wegen seiner Größe, und nach der Mutter Ausschau zu halten. An sich logisch und vernünftig, denn Mütter neigten zu irrationalen Taten, wenn es um ihre Kinder ging, und er nahm nicht einmal die seine aus, deren Auffassung von Mütterlichkeit zwar nicht der erwarteten entsprach, die aber dennoch nie zulassen würde, dass ihrem Einzigen etwas finales zustieß. Das wahrlich starke Gift würde ihm an sich nicht viel ausmachen – er müsste sich nur ein wenig regenerieren. Fraglich war nur, ob und wie sie die Zeit dazu bekommen würden, denn Giftdrachen jagten in Rudeln. Das war vermutlich der Späher gewesen und der Rest der Meute würde ihn finden. Und die Spur der Beute verfolgen. Kagome kam gegen ein Rudel Drachen sicher nicht an und er selbst … Nun ja. Er war nicht auf der gewohnten Höhe seiner Fähigkeiten. Das Gift brannte in seinen Adern und er spürte förmlich, wie es sich auch in seinem Gehirn breit machte. Er dachte langsamer als es gut wäre. Nein. Er brauchte, so peinlich es war, ein Versteck, in dem sie vor den Drachen sicher waren und er sich regenerieren konnte. Schuld an diesem Malheur und dieser Blamage war einzig und allein der Kerl, der diesen Spiegelbann gelegt hatte. Wenn er diesen Vampir zwischen die Klauen bekam....   Besagter Gefühlsvampir saß in seiner Höhle und wartete. Als Tama nun über die magische Verbindung, die er um Kagome gelegt hatte, endlich ein Gefühl erhielt, nutzte er es, ähnlich einem Weinprüfer – behutsam und nachschmeckend. Oh, Schmerz und Zorn bei einem Daiyōkai? Das konnte nur bedeuten, dass endlich einer versucht hatte „seine“ Miko zu überfallen und prompt in den Fesselbann getappt war. Der erste Angriff war auf ihn zurückgespiegelt worden … Sekunde. Ja, doch, das war ein Männchen. Und ein recht starkes, wollte ihm scheinen, denn die Gefühle wurden prompt zurück gedrängt. Ach ja. Ob diese Daiyōkai je begreifen würden, dass ihr Stolz auch immer ihr Untergang war? Allerdings war seltsam, dass er keinerlei negatives Gefühl wie Zorn, Angst oder Verzweiflung von dieser Kogame, Kawohe oder so ähnlich erhielt. Sie konnte doch kaum in einem Kampf mit einem Daiyōkai so ruhig bleiben? Obwohl, eine Weile lang schon. Diese Miko lernten ja ihre eigenen Gefühle zu unterdrücken – was für einen Emotionsvampir recht lästig war. Nun gut. Früher oder später würde auch sie realisieren, dass sie sich in einer fatalen Falle befand und Trauer, Wut, Verzweiflung zeigen. Jedenfalls hatte seine Falle zugeschnappt. Und er würde seinen Käfig leer brauchen für seinen neuen Gefangenen. Ja, dieses Männchen schien sehr stark zu sein. Das gäbe Jahrhunderte...   Sesshōmaru zwang sich seine Gefühle zu unterdrücken, als sein Blick auf die kleine orangene Kugel fiel, die vor ihm flog. Das war die Verbindung zu dem Vampir – aber sie war kaum nur einseitig. Auch dieser Narr mochte Gefühle erspüren können – und zwar nach allem, was Tanjeri-sensei gesagt hatte, sogar noch eher die von Daiyōkai als Menschen. Dennoch, er sollte Kagome warnen. Und er sollte ein Versteck finden, denn seine Gedanken wurden eindeutig immer langsamer. Gift gegen ihn war fast lächerlich – dass dieses Gift eines winzigen Drachen ausreichen sollte ihn einem Vampir auszuliefern allerdings mehr als ärgerlich. Er sollte etwas unternehmen. Dort vorne lag am Steilhang ein Gewirr aus Felsbrocken, die einst wohl herabgestürzt waren. Vielleicht ergab sich dort ein Versteck? Er musste einen Bannkreis legen und sich regenerieren. Und diese Wiederholung seiner Gedanken bewies nur, dachte er ingrimmig, wie sehr das Gift dieses Drachen schon in ihm tobte. Allerdings vermutlich war es sogar gut. Kagome wäre bereits tot und er wusste wirklich nicht, in wie weit Tenseiga da dann eine Hilfe wäre. Das war perfekt, dachte er Minuten später, als er das Felsgewirr erreichte. Linker Hand, an dem Steilhang, öffnete sich ein schmaler Spalt. Die Ursache dieses Risses war leicht zu erkennen, ein Bach floss daraus. Vermutlich eine Quelle. Er trat hin und sah in das Dunkel, ehe er sich umwandte: „Geh hinein.“   Kagome gehorchte wortlos, mit ziemlichem Schuldbewusstsein. Ihr war nicht entgangen, dass er immer langsamer wurde, der Fleck auf seiner Hose immer größer. Er musste ziemliche Schmerzen haben und unter dem Gift leiden – und das war schlicht ihr Verdienst, weil sie nicht aufgepasst hatte, weil sie nicht mitgedacht hatte. Das sollte nicht mehr vorkommen, hatte sie sich vorgenommen. Sie sah sich um, in dem vagen Tageslicht. Im Hintergrund der Spalte quoll ein Bächlein direkt aus dem Felsen, rann in ein Becken aus Sinter, das fast wie ein Handwaschbecken aussah, ehe das überlief und das Wasser sich seinen Weg an das Tageslicht suchte. Fast hübsch, dachte sie, ehe sie sich umwandte. Was machte... Sesshōmaru hatte Tenseiga gezogen und die Klinge in den Boden gerammt, direkt am Eingang. Sie erkannte das Flirren eines Zauberbanns, eine Illusion. „Du willst dich regenerieren,“ versuchte sie es. „Natürlich wirst du mit dem Gift fertig.“ Er nickte zu Boden. Als sie saß, ließ er sich neben ihr nieder, das verletzte Bein ausgestreckt. Dann bedachte er, sie sollte es wissen. „Giftdrachen jagen im Rudel.“ „Oh.“ Unwillkürlich glitt ihr Blick zum Eingang, ehe sie Bogen und Köcher abstreifte, jedoch griffbereit zwischen sich und das Quellbecken legte. Ein Unterschied zu Jaken, dachte er. Sie hatte erkannt, dass sie einen Fehler gemacht hatte und wollte ihn nun bereinigen. Anscheinend, in dem sie für ihn Wache hielt. Nutzlos. Aber irgendwie wohl nett gemeint, wie auch Rins Blumenkränze...     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)