Fallende Sterne von ThraKhrom ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Unruhiges Gemurmel und die Schritte hunderter Füße drangen durch die Luft. Vor ihm sah er nur den Rücken einer Frau, so dicht, dass er jeden Moment drohte mit der Nase dagegen zu laufen. Hinter ihm drangen dumpfe Geräusch durch das Stimmengewirr. Dann kam das Heulen. Ein unmenschlicher Chor aus Unheil verkündenden Lauten drang an sein Ohr. Donnerndes Gewehrfeuer folgte und schürte die Unruhe der Menschen überall um ihn herum, die schließlich in Panik zu schreien begangen und sich zunehmend gewaltsam nach vorn drängten, weg von der Schlacht. Der Boden unter seinen Füßen begann zu beben. Etwas warf ihn zu Boden. Als er aufschaute war sie weg. Er spürte Tränen in den Augen brennen. Ein lauter Knall, Rauch, Feuer... Alexej schreckte auf. Das bekannte Geräusch feuernder Gewehre und schreiender Menschen drang aus den Lautsprechern vor ihm. Der große Wandbildschirm zeigte ihm die dazugehörigen Bilder. Er schaute genauer hin, da er seinen Augen nicht recht trauen wollte. Es konnte einfach nicht- "Flensburg", sagte ihm eine mitleidvolle Frauenstimme hinter seinem Rücken. Erschrocken drehte sich Alexej um. "Was um Himmelswillen ist da los, Helena?" fragte er die große, schlaksige Frau mit den roten Haaren, die hinter ihm durch die Tür sein Büro betrat. "Was glaubst du denn, was da los ist?" gab sie entrüstet von sich. Alexej schaute auf den Bildschirm. Es sah nach einem Straßenkampf aus. Überall wurde wild gefeuert. Dann Bilder von einer Hinrichtung auf offener Straße. Ein paar geschunden aussehende Menschen knieten auf der Straße und wurden der Reihe nach erschossen. "Ich kann keine skandinavischen Truppen entdecken..." Helena nahm auf einem Ledersessel in der Ecke platz und schaute zu Alexej. "Wozu sollten die Skandinavier Truppen brauchen? Ihre Agenten haben in Flensburg schon seit Monaten Unruhe gestiftet. Und nun haben sie's endlich geschafft, ihnen ihre Ideale näherzubringen." Alexej schaute erneut auf den Bildschirm. Dort sah er nun eine Gruppe bewaffneter Menschen die ein Banner in die Luft hoben. "Reinigt unsere Stadt! Reinigt die Welt!" verkündete es. "Sie schlachten die verseuchten Einwanderer ab..." Helena schaute Alexej mit meiner Mischung aus Abscheu und Trauer an. "Wie kannst du dabei so ruhig bleiben, Alex?! Sie töten unschuldige Menschen, nur weil sie aus den Wastelands eingewandert sind! Und wenn sie fertig sind, werden sie sich den Skandinaviern anschliessen." Sie fixierte seine Augen. Alexej entgegnete ihr mit einem müden, ausdruckslosen Blick. "Das hatte ich kommen sehen. Das hatten wir alle kommen sehen. Umso mehr ein Grund, meine Forschung weiterzutreiben." Er schaltete den Bildschirm aus. "Und was sagen dir deine eigenen Forschungen, Helena?" Sie schaute ihn zornig an. "Du weißt genau, dass wir noch nicht so weit sind, dass wir schon Ergebnisse hätten." "Du brauchst doch mit Sicherheit nicht die endgültigen Ergebnisse für eine Prognose, oder? Der Regierung ist es doch auch schon längst klar. Wieviel Zeit, also, bleibt uns wohl noch, bis uns die Mutantenhorden überrennen? Sie strömen doch nun schon seit Ewigkeiten stetig gen Norden. 5 Jahre vielleicht, wenn wir Glück haben?" Helena senkte ihren Blick für eine Weile. Als sie wieder zu Alexej aufschaute sah ihr Gesicht um 10 Jahre älter aus. "Noch nicht einmal... Sie werden uns in 1 bis 2 Jahren vernichtet haben. Maximal... 3 Jahre... Wenn wir wirklich Glück haben..." Sie senkte erneut den Blick. Alexej stand auf und ging zu ihr hinüber. Er ging vor ihrem Sessel in die Hocke und musterte die Frau, die wie er auch bereits anfang 40 war. Zögerlich streckte er die Hand nach ihrem dürren, blassen Arm aus. Er spürte die unterdrückten Gefühle in ihm hochsteigen. Das Verlangen nach der Berührung der vertrauten weichen Haut. Doch er hielt inne. Die Erinnerungen schmerzten. Doch als er die Tränen in Helenas Gesicht erkannte, sah er, dass es sie noch mehr schmerzte. Wortlos erhob sie sich von dem Sessel und ging an ihm vorbei zurück zur Tür, wo sie stehenblieb. Sie schaute hinaus auf den Boden vor ihr im Gang. "Alex, wir... Ich... Ich muss noch ein paar Simulationen durchlaufen." Schnellen Schritts marschierte sie den Gang hinunter. Sekunden, die eine Ewigkeit zu dauern schienen, vergingen, bevor Alexej das Hallen ihrer Schuhe nicht mehr hören konnte. Er ging mit leerem Gesichtsausdruck zur Tür und schloß sie behutsam. Dann setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und vergrub, die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt, das Gesicht in seinen Händen. Nach einer Weile atmete er tief durch und griff zur obersten linken Schublade um das alte abgegriffene Dossier herauszuholen, dass er in den letzten Jahren schon so häufig durchgegangen war. "Projekt Sternschnuppe" war in dem roten Umschlag mit goldenen Lettern eingestanzt. Alexej schlug die Zusammenfassung auf und las: "Am 5. Oktober 2078 fielen mehrere Sternschnuppen über Europa, die sich schon bald als weitaus mehr entpuppen sollten. Eine dieser Sternschnuppen, mit einem Durchmesser von rund einem Meter schlug in der Hattstedter Marsch in Schleswig Holstien ein. Ein deutsches Forschungsteam ist wenige Minuten später vor Ort um das Objekt zu untersuchen. Die erste Vermutung war, dass es sich um außerirdisches Artefakt handelt. Das Objekt, im folgenden als Stern bezeichnet, wurde sofort in ein Labor nach Hamburg gebracht, wo es von einem europäischen Forschungsteam untersucht wird. Schon nach wenigen Tagen steht fest, dass der Stern Unmengen an Energien gespeichert hält. Fortan wird die Freisetzung und Nutzung dieser Energien zum Hauptziel der Forschungsgruppe. Im Jahre 2081 wird der gerade mal 39-jährige Prof. Dr. Dr. Lukas Jakob, von der Physikalischen Fakultät der Universität Hamburg, zum Leiter des Projekts ernannt. Jakob gelingt es noch im selben Jahr eine Maschine zu entwerfen und zu bauen, die die Energien des Sterns nutzbar macht. In der Nacht zum 6. Dezember, dem angesetzten Datum für einen ersten Test, führt Jakob einen unauthorisierten Versuch mit der Maschine durch. Es gelingt ihm, die Energien des Sterns auf sich selbst zu übertragen und den Stern damit auszulöschen. Jeder Versuch Jakob unter Quarantäne zu stellen misslang, da er fortan über Telekinetische Kräfte ungeahnten Ausmaßes verfügte. Professor Jakob, nicht willens sich untersuchen zu lassen, offenbart seinen eigenen geheimen Plan: Von vornherein war es sein Ziel gewesen, die Energien auf einen einzelnen Menschen zu übertragen, um die Nutzung der Energien für das Wwohlergehen der Menschheit sicherzustellen. Er hatte der Regierung nicht zugetraut, keinen Missbrauch mit den enormen Energien zu treiben. Stattdessen machte es sich Jakob zum Ziel als selbsterkorener Retter der Welt Verbrechen und Unrecht zu bekämpfen. In den folgenden vier Jahren gelang es ihm zunächst, Hamburg selbst zu einer gänzlich verbrechensfreien Stadt zu machen. Mit allen Mitteln bekämpft er das organisierte Verbrechen auf der ganzen Welt. Doch mit der Verfolgung der Verbrecher geht auch die Verfolgung korrupter Politiker und Wirtschaftsbosse einher. Mit rapider Geschwindigkeit werden führende Persönlichkeiten weltweit als Gesetzesbrecher entlarvt und ihrer Position beraubt, wenn nötig mit Gewalt. Am 17. September 2086 kommt es schließlich zur Katastrophe. Die genauen Umstände sind bis heute nicht geklärt. Die Politik und die Wirtschaft befand sich unlängst in einem chaotischen Zustand infolge der großen Säuberung durch Jakob. Es ist im Nachhinein nicht nachvollziehbar, wer die erste Massenvernichtungswaffe einsetzte, doch was wir wissen, ist das es Jakob im letzter Sekunde gelang, den Großteil der Waffen unschädlich zu machen. Doch zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Großeteil der Erde verwüstet und verseucht durch das ABC-Waffenarsenal der Menschheit. Jakob ist seither nicht mehr gesehen worden, aber vermutlich noch immer am Leben." Alexej klappte das Dossier wieder zu und verstaute es in der Schublade. Fast exakt 100 Jahre waren seither vergangen und es gab noch immer keine Spur von Jakob. Doch das Projekt, das inzwischen unter dem Namen "Gefallener Stern" lief, existierte noch immer und er selbst, Dr. Alexej Ludevich, hatte vor zwei Monaten die Leitung übernommen, nachdem sein Onkel gestorben war, der das Projekt davor geleitet hatte. Das Ziel war dasselbe wie einst: die Nutzbarmachung der Energien des Sterns. Das Problem jedoch war, dass es den Stern nicht mehr gab. Jakob hatte ihn vollends in sich aufgenommen. Als sein Onkel mit Alexej und seiner Mutter nach Hamburg kam belebte er das Projekt wieder, nachdem es so viele Jahre unbeachtet blieb. Jakob war noch irgendwo da draußen und mit ihm die ungeheure Energie die er gestohlen hatte. Hamburg hatte nur wenige Energiequellen. Die Hauptquelle waren die sogenannten Baterien, in denen Menschen in einem künstlichen Schlafzustand gehalten wurden und Ihre körpereigene Energie weitergaben. Die Skandinavier hatten dahingegen viele Wasserkraftanlagen und zudem Erdgas, Erdöl und Uran. Der Regierung Hamburgs war klar gewesen, dass sie mehr Energie brauchten und so waren sie gewillt Alexejs Onkel, Joseph Ludevich, das Projekt wiederzubeleben. Joseph hatte ihnen versprochen, eine Methode zu entwickeln mit der man Jakon entweder aufspüren oder seine Energie auf große Entfernung abziehen konnte. Alexej hatte er schon recht früh in das Projekt geholt. Als sein engster Mitarbeiter wusste er, dass das Projekt in all den Jahren so gut wie keine Fortschritte zeigte. Sein Onkel Joseph hatte stets mit haarstreubenden Lügen das Ende des Projektes hinausgezögert. Das einzige, was das Projekt hervorbrachte, was man auch anwenden konnte, war ein Gerät, mit dem sie Jakobs Energiesignatur ausmachen konnten. Vor 2 Monaten wurde es zum ersten mal verwendet. Am Tag darauf hatte sich Joseph in seinem Büro erhängt. Alexej hatte keine Ahnung, weshalb sein Onkel so auf seinen bisher größten Triumph reagiert hatte. Sie konnten Jakob ausmachen, irgendwo in den Wastelands mit Kurs auf Hamburg. Das Gerät konnte die Position mit einer Genauigkeit von ca. 10 Kilometern bestimmen, was nicht genügte, um einen Suchtrupp entsenden zu können. Doch Alexej war sich sicher, das Jakob nach Hamburg kommen würde. Und dann könnte er endlich das Projekt zum Abschluss bringen. Die Maschine, die Jakob gebaut hatte, stand bereit, seinen Schöpfer zu empfangen und wie eine Orange auszupressen. Mit der gewonnenen Energie würde es Hamburg endlich gelingen sich sowohl gegen die Mutanten als auch gegen die Skandinavier erfolgreich zur Wehr zu setzen. Vielleicht konnten sie sogar die Wastelands zurückerobern und mehr Lebensraum für die Menschen schaffen. Zumindest gäbe es wieder Hoffnung auf eine friedliche Zukunft, in der die Menschen in Freiheit leben konnten, auch wenn sie durch die Wastelands mutiert worden sind. Alexej öffnete erneut die obere linke Schublade. Diesmal wühlte er jedoch etwas tiefer und zog einen Videodatenträger hervor. Er hob die durchsichtige Hülle mit der runden Scheibe empor und drehte sie einige Male in den Händen herum. Dann schloss er die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Zunächst war da nur schwarze leere. Doch dann bildeten sich verschwommene Bilder und Geräusche drangen an sein Ohr, die klangen, als hätten sie mehrere Kilometer unter Wasser überwunden bevor sie ihn erreichten. Alexej schüttelte den Kopf und legte den Datenträger zurück in die Schublade. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)