Schachmatt von Yalda ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 I. Eine Zugfahrt die ist lustig...... ---------------------------------- Sonntag 5.Mai Später Nachmittag --------------------------------- Zwischen uns herrschte tiefes Schweigen. Entweder wollte der Kerl nicht mit mir reden, oder er durchwühlte gerade mein Gedächtnis. Wir waren fast den ganzen Tag unterwegs gewesen, der Zug hatte nur zweimal zwischendurch angehalten. Doch Schuldig hatte recht schnell herausgefunden, dass Nagi und Omi nirgends ausgestiegen waren - zugegeben, einen Telepathen im Handgepäck zu haben war recht praktisch, aber immer wieder war da das beunruhigende Gefühl, dass er nicht viel Zeit brauchte, um alles über mich, meine Gedanken, Gefühle und Erinnerungen herauszufinden. Dazu noch dieses typische, breite Grinsen, dass er fast die ganze Zeit aufgesetzt hatte - Er schien sich dahinter zu verstecken, so dass es mir schwer fiel, ihn richtig einzuschätzen. Ich war viel zu besorgt, um auf ihn wütend zu sein und starrte aphatisch aus dem Fenster. Wenn es hier nicht um Omi ginge, wäre ich wahrscheinlich fuchsteufelswild geworden - aber eben weil es Omi war, war ich mir ziemlich sicher, dass er einen mehr als nur guten Grund gehabt hat, dass zu tun, was er getan hat. Wahrscheinlich hatte es etwas damit zu tun, dass Aya ihm diesen Auftrag gegeben hatte. Das wiederum würde bedeuten, dass, wenn ich Aya nichts erzählt hätte, Omi noch da wäre. "Nein." sagte Schuldig neben mir. "Wie jetzt nein?" "Braddy hat Nagi so etwas ähnliches gesagt. " Schuldig grinste schief. "Die beiden wären so oder so abgehauen." "Braddy?" fragte ich verwirrt. "Äh, Oracle. Eigentlich heißt er Brad Crawford, aber ich kann ihn damit wunderbar auf die Palme bringen." So ein Spielkind! "Was ich nur sehr irritierend finde, " lenkte Schuldig das Thema wieder auf die Chibis zurück, "ist, dass Braddy genau gewusst hat, dass die beiden weglaufen... " "Moment. Also,... Ich verliere grade völlig den Faden. wenn er wusste, dass sie weglaufen, müsste er doch auch wissen, dass wir die beiden zusammen suchen....aber...warum lässt er das dann zu?. .ich dachte er will uns umbringen?" "Dachte ich auch." Schuldig seufzte. "Will er aber scheinbar nicht. Als ich von ich wissen wollte, warum er Nagi dann hat gehen lassen, hat mich der Kerl einfach KO geschlagen. Am nächsten Morgen war er nirgends zu sehen. Und ich hatte nen höllischen Brummschädel." "Heißt das, dass er jetzt alleine irgendwo durch die Gegend gurkt und weiß, wo wird sind - oder besser, wo wir NICHT sind?" "Äh, ja... " Meine Gedanken machten einen Salto: Oracle wusste also, was gerade passierte - wahrscheinlich wusste er auch, wo wir die Chibis finden, oder besser, wann wir sie finden würden und wie viel Zeit wir dafür benötigen würden. Was, wenn er alles genauestens geplant hatte? Was, wenn er *jetzt* ins Koneko gehen würde? OH GOTT! Ich musste Kenken anrufen! Ich musste Aya anrufen, ich musste. erst mal ein Telefon finden. Mist verdammt! Schuldig hielt mir schweigend, aber trotzdem über das ganze Gesicht grinsend sein Handy unter die Nase. Ich nickte ihm schnell zu und tippte dann die Nummer vom Koneko. Es dauerte eine Weile, bis sich Ken am anderen Ende der Leitung meldete, solange, dass ich fast schon Panik bekam. "KENKEN!" brüllte ich lauter als geplant in den Hörer. " Mach dich auf alles gefasst! Oracle könnte bei dir auftauchen!" "Äh... " machte ein scheinbar ziemlich mit meinen Worten überforderter Ken am Ende der Leitung. "OK. Ich pass schon auf." sagte er und fügte nicht ohne neckischen Unterton ein " Notfalls habe ich ja noch Horden von weiblichen Teenies, die mir das Leben retten können." hinzu. " Aber. Yohji... sag mal. Wie kommst du eigentlich darauf? Ich meine. das mit Oracle.." "Äh, Mastermind hat mir das erzählt." Ken murmelte etwas, dass wie "Wumpelhumpel" klang. Zugegeben, ich drückte mich auch nicht grade sehr deutlich aus. "Ja, er sitzt grad neben mir und..." Ken atmete am Ende der Leitung deutlich hörbar ein und zeterte dann los. "Moment mal. DU sagst MIR dass ICH mich auf alles gefasst machen soll und selber sitzt DU ausgerechnet neben MASTERMIND?" Ich blickte verwirrt auf Schuldigs Handy. Irgendwo hatte er recht. "Äh, erklär ich dir später!" sagte ich schnell - und bemerkte, dass mir aus unerklärlichen Gründen grade recht viel Blut in den Kopf geschossen war. *WIE* zum Teufel noch mal sollte ich das denn erklären? Ok. Rational denken: Wir arbeiten nur kurz zusammen bis wir die Chibis gefunden haben und dann. dann.....dann - /Entweder wir bringen uns gegenseitig um oder wir schlafen miteinander./ hörte ich Schuldigs Stimme in meinem Kopf. Er erklärte mir das auf die gleiche sachliche Art und Weise, als würde er mir grade vorlesen, wie man ein Ikea Regal zusammenschraubt. OK, vielleicht weniger genervt und aggressiv, aber keineswegs auf die Art und weise, in dem man *so* etwas sagt. Kenken murmelte etwas unverständliches in den Hörer, versicherte mir, vorsichtig zu sein und legte dann auf. Inzwischen warf ich Schuldig verwirrte und strafende Blicke zu. Um dem peinlichen Gespräch aus dem Weg zu gehen, versuchte ich ersteinmal, dass zu ende zu bringen, was ich angefangen hatte: Telefonieren. Den "Ken- Joker" hatte ich schon ausgespielt, blieb nur noch Aya, der mich vor dem hyperaktiven Deutschen retten konnte. Aya zu erreichen war schon um einiges komplizierter. Entweder er wollte nicht an sein Handy gehen, oder er war *sehr* beschäftigt. Ich bemühte mich *nicht* an Dinge zu denken, die Aya davon abhalten konnten ans Telefon zu gehen - immerhin war alles möglich. von "Handy vergessen" , "Schwer verletzt" bis hin zu "Sex" .... Halt Stopp - Ich brachte gerade zwei Dinge zusammen, die nicht zusammenpassten! Aya und Sex? Genauso wahrscheinlich war, dass er, am Südpol einen FKK Strand eröffnet hatte. Nach einigen Minuten gab ich es auf und gab Schuldig sein Handy zurück. Schuldig grinste. "Hat wohl nicht geklappt, was? Aber ich muss zugeben, du denkst *sehr* interessante Dinge! Hm, was hältst du eigentlich von Nacktbaden?" Ich schnappte nach Luft. "Nicht hier, nicht heute und *garantiert* nicht mit dir!" japste ich und kramte nach meinen Zigaretten um mich mit irgendetwas anderen zu beschäftigen. "Du hast nicht zufällig Feuer?" Er nickte und förderte sein Feuerzeug zu Tage. Ein paar Minuten später schwebten dunstige Rauchschwaden durch das Abteil während ich versuchte, ein Gespräch zu führen, dass nichts mit Sex, Nacktbaden, dem Südpol oder ähnlichem zu tun hat. "Also, noch mal von vorne: Oracle hat dich KO geschlagen, weil du Nagi suchen wolltest?" Schuldig nickte. "Einfach so, ohne Vorwarnung." Er verzog das Gesicht. "Er hat gesagt, ich soll mich da nicht einmischen." "Aha." "Aber ich misch mich doch so gerne überall ein......" Ich verdrehte die Augen. "Kann ich mir vorstellen." Unser Gespräch wurde durch die scheppernde Lautsprecherdurchsage unterbrochen, die den nächsten Bahnhof ankündigte. Endstation. Schuldig und Ich erhoben uns aus den gepolsterten Sitzen und schlurften aus dem Abteil, hinaus an die frische Luft des unbekannten Bahnhofs. "Oh man! Nur zwei Gleise? In welcher Provinz sind wir denn *hier* gelandet?" knurrte der rothaarige. Hinter uns schlossen sich die Zugtüren mit einem lauten Krachen. "Und was machen wir zwei hübschen nun?" Ich zuckte mit den Schultern. "Hoffen, dass die beiden sich nicht die Mühe gemacht haben und sich einen anderen Zug gesucht haben... " Schuldig nickte. "Versuch mal im Augenblick an gar nichts zu denken, ich werd mal schauen, ob sie jemand gesehen hat." Während Schuldig seine mentalen Fühlerchen ausstreckte, betrachtete ich die Abfahrtszeiten der Züge: Ein Provinznest! Drei Zügen fuhren pro Tag insgesamt ab: Zwei davon zurück nach Tokio, und nur einer in die entgegengesetzte Richtung: Und zwar am frühen Morgen. Ich versuchte auszurechnen, ob Nagi und Omi wohl den Zug heute Morgen erwischt hatten - kam zu dem Ergebnis, dass es eigentlich nicht möglich sein sollte. Ich atmete erleichtert aus. Dann mussten sie hier irgendwo in der Stadt sein. Schuldig bestätigte meinen Gedanken. Spätestens morgen früh konnten wir sie also am Bahnhof abfangen. Und dann. ? Keine Ahnung... Ich hatte ja schon ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken daran, *wie* ich diese Nacht verbringen würde. "Dann versuchen wir unser Glück mal!" flötete Schuldig, klopfte mir auf die Schulter und zog mich dann hinter sich her. II. Unter freiem Himmel --------------------------------- 5. Mai ~ später Abend Irgendwo in der Stadt -------------------------------- Pleite. Wenn wir am nächsten Tag den Zug in die nächste Stadt nehmen wollten, dann mussten wir wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und eine Nacht unter freiem Himmel verbringen. Nagi knurrte wütend vor sich hin. Wir beide hätten jedes Banksystem der Welt hacken können, jeden Bankautomaten - unser Problem war einfach, dass es derartiges hier nicht gab - in diesem Provinznest war anscheinend die größte Touristenattraktion ein Zigarettenautomat. Wir setzten alles daran, dass wir bei der nächsten Haltestation mehr Glück hatten. Bis dahin blieb uns nur eins: auf eine warme, wolkenlose Nacht zu hoffen. Eng aneinandergekuschelt hatten wir uns in einem Hauseingang eines alten, verlassenen Mietshauses niedergelassen. "Schon komisch, nicht?" Nagi lächelt leicht. "Fast so, wie an dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben - nur ohne Regen." Ich nickte. "Und viel wärmer." "Und angenehmer... " "Wenn wir so weiter machen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass es doch nicht wie an dem Tag war." sagte ich mit leicht spöttischem Unterton. "Wir sitzen in einem Hauseingang und wissen nicht, was aus uns wird. Damit hätten wir schon mal die entscheidensten Übereinstimmungen!" Wieder nickte ich. "Nur das wir damals aus weitaus dämlicheren Gründen weggelaufen sind....." Ich schüttelte lachend den Kopf. Das stimmte schon. Mein Gott, ich war fünfzehn und damals sehr impulsiv! Ich war ausgerastet, weil Yohji im angetrunkenen Zustand nicht mehr ganz bei sich war und - was er auch nüchtern oft genug tat, mich mit einer seiner Angebeteten verwechselt hatte. Es war nicht viel passiert, er hatte mich geküsst, ich fands widerwärtig und bin geflüchtet. Allerdings hatte niemand etwas davon bemerkt, ich war nichtmal einen Tag weg - war viel überstürzter aus dem Haus gerannt als heute und hatte auch gar nicht wirklich daran gedacht, wegzulaufen. Ich war vielmehr geschockt gewesen, vor allem weil das, auch wenn ich es immer wieder versuchte, zu verdrängen, mein erster "richtiger " Kuss war - obwohl. es war ja keine Absicht gewesen, Yohji hatte sich nicht mal dran erinnert. Damals wusste ich nicht, ob ich jemals wieder so etwas wie vertrauen zu ihm aufbauen konnte - im nachhinein kamen mir diese Überlegungen lächerlich vor, aber damals? Ich traf noch am selben Abend Nagi - in ähnlich verzweifelter Situation. Nur war er nicht geküsst, sondern geschlagen worden. Zwar nicht das erstemal, aber das erste Mal von Schuldig. Auch dieser war, so wie Nagi erzählte, alles andere als klar im Kopf. Alkohol, Drogen - was auch immer. Als wir uns begegneten. , war uns beiden elend zu Mute, wir klagten also einander unser Leid, und stellten fest, dass wir uns ähnlicher waren, als wir dachten - wir freundeten uns an, trafen uns wöchentlich. Um so größer war der Schock. , als Weiß zum erstenmal Schwarz traf. Doch zu diesem Zeitpunkt war aus unserer Freundschaft etwas geworden, ohne das wir nicht mehr leben wollten und unsere Beziehung aufzugeben schien unmöglich, ganz gleich was Schwarz und Weiß, was Kritiker oder ß bedeuteten. In Erinnerungen schwelgend saßen wir noch Stunden dort, beobachteten, wie der Himmel sich rot und schließlich schwarz färbte. Dann schliefen wir ein. III. Regen --------------------------------------------------- 5. Mai, später Abend Irgendwo in der Stadt --------------------------------------------------- Die gute Nachricht: es gab ein Hotel in der Stadt. Die schlechte: Die Chibis hatten sich dort nicht eingemietet. Schulterzuckend sahen Schuldig und ich uns an. "Sie sollten nicht mehr ausgehen!" warnte der Portier, nachdem wir uns das einzige noch freie Zimmer gemietet hatten. "Es gab eine Sturmwarnung!" Ich warf Schuldig einen vielsagenden Blick zu. "Denkst du, was ich denke dass du denkst?" Er nickte. "Wenn die beiden noch draußen rumlaufen, erleben sie eine böse Überraschung! Ich frage mich sowieso, warum die hier nicht aufgetaucht sind!" "Vielleicht haben sie ja geahnt, dass wir sie suchen... " Gegen den Rat des Portiers stürzten wir uns in die kalte Nacht und durchkämmten die dunklen Straßen und Gassen. "Pft." machte Schuldig. "Japaner haben aber auch eine Meise......" "Hä?" machte ich, weil ich nicht verstand, was er meinte. "Na die Nummerierungen der Häuser. da sucht man sich doch tot!" "Und wie ist das in Deutschland? Wird da jedes Mal die Straße neu durchnummeriert, wenn ein neues Haus gebaut wird?" Schuldig bleib so abrupt stehen, dass ich ihm in die Hacken lief. "WAS?" "Fängt an." brummte er. "Hab Wasser auf die Nase bekommen... " Tatsächlich plitschten die ersten Regentropfen vom Himmel - doch innerhalb weniger Sekunden verwandelte sich der sanfte Nieselregen in einen Wasservorhang. "Mist..." fluchte der Deutsche und begann, zügig durch die Straßen zu eilen. "Schau du auf der linken Seite, und ich rechts... so geht's schneller!" Etwa eine halbe Stunde lang wühlten wir uns so durch Hauseingänge, Vorgärten, Garageneinfahrten und Nebengassen. Es war unangenehm kalt geworden und die durchgeweichte Kleidung klebte unangenehm auf der Haut. "Hier drüben!" rief mir Schuldig nach scheinbar endlosen Minuten zu. Ich überquerte hastig die Straße und trat neben ihn. Da lagen Omi und Nagi, schlafend und eng aneinandergekuschelt in einem Hauseingang. "Hey. Jungs....aufwachen!" Schuldig stupste Nagi an. Keine Reaktion. Er rüttelte vorsichtig an seiner Schulter - wieder passierte nichts. Er warf mir einen panischen Blick zu. "Shit! Hoffentlich haben die sich keine Lungenentzündung eingefangen - oder schlimmeres!" Er rüttelte noch mal an dem Jungen. Die beiden waren nass und zudem noch kälter als sie hätten sein sollen. "Mist verdammt! " "Bringen wir sie erst mal ins Hotel!" schlug ich vor. Schuldig nickte, unternahm noch mehrere Versuche, wenigstens einen der beiden aufzuwecken und schüttelte dann den Kopf. "Sieht aus, als müssten wir heute mal die Lastesel spielen......" suefzte ich schließlich und hob vorsichtig Omi hoch - erschreckend musste ich feststellen, wie leicht der Junge doch war. Viel zu leicht. "Man. , wir sollten die beiden vielleicht mal zu den anonymen Magersüchtigen stecken. Oder n Jahr USA, ganz viel Fast food essen, damit die mal n bisschen was auf die Rippen bekommen!" IV. Vier Mann in einem... Boot. Bad.....Bett --------------------------------------- 6. Mai - kurz nach Mitternacht ein Hotelzimmer -------------------------------------- Es war schon schwierig genug gewesen, die beiden ins Hotel zu bekommen - auch wenn sie nicht viel wogen, so war es doch ein weiter Weg gewesen und ich musste gegen den Drang, mich einfach hinzulegen und mitzupennen ankämpfen. Als wir schließlich in das kleine Zimmer erreichten, bahnten sich die nächsten Schwierigkeiten an..... Vier nasse, kalte Jungs mussten irgendwie trocken und warm werden und dann auch noch in ein Bett passen. "Nagi, du würdest mir echt einen gefallen tun, wenn du jetzt aufwachen würdest!" seufzte Schuldig. Nichts geschah. "Na toll auch. Und was jetzt?" "Erst mal Klamotten ausziehen." murmelte ich. "Warum wirst du Blödmann rot?" fauchte ich einen Augenblick später. Schuldig glotzte mich perplex an. Kopfschüttelnd machte ich mich daran, im Badezimmer warmes Wasser in die Wanne laufen zu lassen und nach Handtüchern zu schauen. "Ähm. Wir auch?" fragte er vorsichtig. "Herrgottnochmal, passt eigentlich noch etwas anderes als Sex in deinen verdammten Schädel? Willst du ne Lungenentzündung? Bestimmt nicht, also halt endlich die Klappe und sieh zu, dass die beiden Chibis in die Wanne kommen." "Ich wusste gar nicht, dass du solche mütterlichen Ur-Instinkte besitzt......." bemerkte Schuldig lachend. "Damit dürfte die Rollenverteilung ja klar sein. DU bist die Frau." Das ging zu weit. Mich von diesem. diesem....was-auch-immer beleidigen zu lassen...... In diesem Moment setzte mein Denken aus. Einige Augenblicke später fand ich mich samt Schuldig und den Chibis in der Badewanne wieder. "Na bitte. Geht auch ohne ausziehen." knurrte ich. Einen Augenblick lang starrten wir uns schweigend an, dann brachen wir beide in Gelächter aus. Das war doch irgendwie zu komisch! Wenn man bedenkt, dass ich ihn vor zwei Tage noch ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht hätte..... "Würdest du mich jetzt noch umbringen?" fragte Schuldig und setzte dabei einen Rehblick auf, der Bambi vor Neid hätte erblassen lassen können. "Vielleicht." "och komm schon, ich bin doch so~o ein lieber netter Kerl..." "Na, wenn das so ist, kannst du uns ja jetzt allen Mal Handtücher besorgen und. vielleicht solltest du dich danach nicht so auf Omi draufsetzten , hinterher ertrinkt der noch....." "Ach Quatsch." Schuldig startete mehrere Versuche aufzustehen und aus der Wanne zu klettern. Dabei viel er mehrfach auf Omi und mich drauf (zwischenzeitlich überkam mich das Gefühl, dass einige von seinen "Ausrutschern" Absicht waren)- bis er schließlich erfolgreich neben der Wanne stand und mit triumphierendem Grinsen Richtung Handtuchregal stapfte - dabei verteilte er etwa drei viertel des Badewanneninhaltes auf dem Fußboden. Es folgten einige heroische, höchst dramatische Kämpfe: Schuldig gegen die Schranktür, Schuldig gegen Horden hoher Handtuchstapel, die sich äh... "Fasern - fletschend" auf unseren Helden stürzten, Schuldig gegen die Schwerkraft und schließlich der dramatische Endspurt zurück zur Badewanne. Mein Horizont wurde dabei mit einer Reihe von deutschen Schimpfwörtern erweitert, die ich gar nicht erst im Wörterbuch fand oder hinter denen die Übersetzung "sehr vulgär" stand. "Ähm, bist du normalerweise auch so. *tollpatschig* ? " fragte ich zaghaft. "ARGH!" machte Schuldig. Gut eine Viertelstunde später hatten wir es irgendwie geschafft, Omi und Nagi abzutrocknen - die beiden schienen immer noch tief und fest zu schlafen. Dann schickte ich Schuldig vor die Tür, schälte mich aus den durchgeweichten Klamotten und trocknete mich selber ab. Nur mit Handtuch bekleidet tapste ich zurück ins Schlafzimmer, wo ein immer noch tropfender Schuldig ungeduldig auf und ab spazierte. "Ähm. willst du das ganze Hotel unter Wasser setzten?" fragte ich und deutete auf die Wasserpfützen auf dem Teppich. "Das alles wäre nicht passiert, wenn *du* nicht so furchtbar verklemmt wärest!" "Moment mal, *ich* und verklemmt? Entschuldige bitte mal, aber es kann durchaus sein, dass wir uns morgen abend gegenseitig umbringen, also erwarte bitte nicht, dass ich es als ein Vergnügen ansehe, splitternackt vor die herumzulaufen, schlimm genug, dass ich eine Nacht mit dir im gleichen *Zimmer* verbringen muss!" "Dann schlaf doch auf dem Balkon." "Ich *denke* gar nicht daran!" Schuldig verschwand im Badezimmer und ich hörte ihn mehrfach schimpfen - dann hörte ich einen lauten Knall und es wurde für einen Augenblick verdächtig ruhig. "Alles Ok da drinnen?" fragte ich vorsichtig. Keine Reaktion. Auch das noch. Nach weiteren Klopf- und Rufaktionen die alle ohne Rückmeldung blieben, wagte ich den Schritt und riss die Badezimmertür auf. "Alles OK?" fragte ich vorsichtig. Schuldig saß an die Wand gelehnt und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. "Mein Kreislauf." murmelte der Deutsche verlegen. "Passiert dir das öfter?" fragte ich, reichte ihm die Hand und half ihm dabei aufzustehen. "Ja." Ich verfrachtete ihn neben die Chibis ins Bett und für einen kurzen Augenblick vergaßen wir, dass wir zum einen Todfeinde - und zum anderen recht unbekleidet waren. V. Morgenstund hat. harte Matratze im Rücken ----------------------------------------- 6. Mai ~morgens Ein Hotelzimmer ----------------------------------------- Es ist nicht gut, wenn man morgens an einem anderen Ort aufwacht, an dem man abends eingeschlafen ist, schlechter, wenn man sogar nicht mit der selben Person in einem Bett liegt, mit der man eingeschlafen ist. Das hieß nämlich: es waren mehrere Dinge geschehen, die eventuell wichtig hätten sein können, die man nicht hatte mitbekommen: Oder um das mal zusammenzufassen: Wo war ich, wo kam plötzlich das Bett her, wo war Omi und warum lag Schuldig halb auf mir drauf? Hatte ich da was nicht mitbekommen? Ich schob den rothaarigen Deutschen vorsichtig von mir herunter - worauf dieser aus dem Bett plumpste, einige deutsche Wörter schrie, deren Bedeutung ich lieber *nicht* wissen wollte und neben mir ein sehr verwunderter Omi aus einer Decken- und Kissenlandschaft auftauchte. "Hab doch gesagt dass höchstens drei in ein solches Bett passen." hörte ich nun eine vertraute - aber trotzdem nicht gerade familiäre Stimme - Balinese. Omi blinzelte mich ein paar Mal an, drehte sich um, sah Balinese neben sich liegen, richtete sich vorsichtig auf und entdeckte Schuldig auf dem Fußboden "Hä?" Schuldig kletterte zurück ins Bett. "Sollen sich gefälligst die Chibis stapeln, die sind's bestimmt gewohnt aufeinander zu liegen." knurrte er. "Tu doch nicht so, als würdest du nicht auch regelmäßig auf irgendwem drauf liegen!" zischte ich und drehte mich schnell von dem Deutschen Weg - Omi ebenfalls, sodass nur Balinese sah, dass wir beide knallrot im Gesicht waren. "Vorsichtig, Jungs, ich lästere auch!" grinste er. "Ähm..." machte Omi vorsichtig. "Eine Frage... warum sind wir alle NACKT?" Schuldig zuckte mit den Schultern. "Frag den da." er deutete auf Balinese. "Weil ihr klitschnass wart, deswegen." Langsam begann ich die Situation zu realisieren: Schuldig und Balinese hielten sich - ohne sich gegenseitig umzubringen - im selben Zimmer auf. "Habt ihr uns etwa gesucht?" "Nö." sagte Schuldig. "Yohji und ich wollten nur ein romantisches Wochenende miteinander verbringen und wir haben euch zufällig halb erfroren in der Gasse gefunden... " Schuldig hielt kurz inne. "NATÜRLICH HABEN WIR EUCH GESUCHT, WAS DENKST DU EIGENTLICH VON UNS?" Mein Blick wanderte von Balinese - zu Schuldig und wieder zurück. Mir war zwar klar gewesen, dass sie uns nicht ungeschoren hätten gehen lassen, aber dass sie auch noch ihre "kleinen Konflikte" für die Zeit in den Hintergrund geschoben hatten, damit hatte ich nicht gerechnet. "Was..." vernahm ich Omis leise Stimme "werdet ihr denn jetzt tun?" VI. Ene mene muh und raus ist. Schu ---------------------------------------------- 6. Mai morgens Ein Hotelzimmer -------------------------------------------- "Na, was machen wir wohl? Wir pflücken euch auseinander und dann geht's zurück nach Hause." brummte Schuldig. Vorsichtig richtete ich mich auf. Eigentlich wollte ich gestern Abend noch mit Schuldig darüber reden - allerdings kamen mir seine "Kreislaufproblemchen" dazwischen. Ich seufzte, denn sowohl Nagi als auch Omi sahen so post - apokalyptisch drein, dass ich fast losgeheult hätte. /Wir reden darüber noch/ meldete sich Schuldig in meinem Schädel. /*Ich* habe ja nichts dagegen, dass die beiden... du weißt schon. , aber leider bin ich nicht derjenige, der über ihre Zukunft entscheidet. Immerhin ist Braddy Nagis Vormund und wie das bei Omi ist. äh....iss nicht zufällig Absyssian , oder?/ /doch./ /Ach je. / Das schrille klingeln von Schuldigs Handy ließ diesen wieder aus dem Bett plumpsen. "Ja?" muffelte er in den Hörer. "Och, du bists, Braddylein......" Schuldig grinste breit. "Jo. ja, wir haben sie gefunden. .......wir sollen WAS? Braddy?? Hast du Fieber? " Schuldig ließ sein Handy sinken. "Der Mann braucht Urlaub. Ganz definitiv!" "Wieso?" " 'Lasst Nagi und Omi selber entscheiden... Wenn sie ein paar Tage brauchen um sich zu entscheiden, auch in Ordnung. Aber bleibt erst mal bei ihnen.' .....Wer war das grade, und was hat er mit unserm Braddy gemacht? Fehlt nur noch, dass er uns Kekse schickt und kleine Rosa Briefchen auf denen steht: "Hoffentlich habt ihr kein Heimweh, ich vermiss euch ganz dolle!" ARGH!" Schuldig fuchtelte dramatisch mit den Händen in der Luft. "Crawford ist normalerweise genau der Typ, der jede Form von Spaß verbietet, es sei denn....."Schuldig grinste breit. " Es sei denn. WAS?" "Vergesst was ich gesagt hab. Genießt euere Freizeit....." Mit diesen Worten verließ er lächelnd den Raum in Richtung Bad. Nagi und Omi sahen mich fragend an. "Nein, ich habe auch keine Ahnung. Vielleicht konsumiert ihr bei schwarz einfach nur zu viele Drogen....." Schuldigs Handy klingelte ein weiteres Mal. "Schu! Dein Handy!" rief Nagi. "Geh ma einer dran, ich bin grad beschäftigt!" tönte es dumpf aus dem Badezimmer. Die beiden Chibis schienen sich per Blickkontakt darauf geeinigt zu haben, dass ich der Glückliche sei, der die ehrenvolle Aufgabe hätte, das Gespräch entgegenzunehmen. Ran an den -. RAN ? Ich starrte verwirrt auf die Angezeigte Nummer: Das war Ayas Handynummer... Was ging hier vor sich? "Hallo Aya hier ist nicht Schuldig, hier ist Yohji!" meldete ich mich. "Hallo Yohji, hier ist nicht Aya, hier ist Ken." war die Antwort. Zugegebenermaßen war ich für einen Augenblick völlig verwirrt. "Warum bist du nicht im Laden? Und woher hast du diese Nummer? Und. wie kommt es, dass dir Aya sein Handy anvertraut? " "Frag mich was einfacheres. Aya kam vorhin hereingestürmt, hat mir eine Adresse aufgeschrieben und gesagt, dass ich ihn da hinfahren soll... was ich auch getan habe... Dann hat er mir diese Handynummer gegeben und... gesagt ich soll anrufen... danach ist er in das komische Haus reingerannt. Und. zja, das war's. Ähm. wieso hast du eben eigentlich gesagt, du seist nicht Schuldig?" "Immer noch sein Handy... " "Äh... du telefonierst gerade mit *Schuldigs* Handy?" fragte Ken. Schuldigs Namen sprach er dabei aus, wie eine seltene, tödliche Tropenkrankheit. Ich bejahte, bereute es aber einen Augenblick später wieder. "HALT - Yotan. WAS HAST DU EIGENTLICH DAUERND MIT SCHULDIG? BIST DU MIT IHM VERHEIRATET ODER WAS?" Ich rollte mit den Augen. Wenn der Junge sich mal aufregte, dann aber so richtig..... "Ken. jetzt hör mal....wir haben Omi und Nagi gesucht und gefunden und nun sind wir hier im Hotel und..." "Ihr habt doch verschiedene Zimmer, oder?" "Öh. nö..." "DU HAST DIE NACHT IM SELBEN ZIMMER WIE DIESER KERL... " Ich hielt den Hörer ein Stück Weg - der nächste Fehler..... Die Badezimmertür flog auf und Schuldig tapste heraus - diesesmal wieder bekleidet. "Gib ma her" flötete Schuldig, entriss mir das Handy und..... "Sieh an sieh an. Ein kleines Kätzchen...Iss ja nett!" Ich hörte nur noch Kens Gezeter und Schuldigs mehrdeutige Kommentare. Omi und Nagi saßen unterdessen auf der Bettkante und amüsierten sich prächtig. Ich beschloss, angesichts der für mich immer peinlicher werdenden Situation, ins Bad zu flüchten. Wenn sie mich schon auslachten, dann sollte ich wenigstens nicht nackt dabei sein. Als ich im angezogenen Zustand wieder das Zimmer betrat, hatte sich die Situation ziemlich verändert. Schuldig lag auf dem Boden und die Chibis hockten daneben. "Wir haben damit nichts zu tun!" erklärte Nagi schnell. "Jaja, ich weiß. Der scheint wohl öfter mal umzukippen, oder?" Nagi nickte. "Hat sich wohl überanstrengt." "Äh, so was passiert, wenn er zu oft in anderen Gedanken herumwuselt." erklärte Nagi hastig. "Also hat er mit seinem ständigen "anderer Leute Privatleben ausspionieren" quasi ein Eigentor geschossen... " VII. Wendepunkt ------------------------------------------------------------------------ 6. Mai morgens Schwarzhaushalt ------------------------------------------------------------------------ Ich fühlte mich unwohl. Das ganze Haus roch fremd - es roch nach Blut, da war ich mir ziemlich sicher - aber da war noch mehr. Zwischen all den fremden, unangenehmen Gerüchen lag ein vertrauter, fast familiärer Duft - so schwach, dass ich ihn fast nicht mehr wahrnahm. Früher war dieser Duft stärker gewesen, doch mit der Zeit wurde er immer vertrauter. Ähnlich wie man den Geruch des eigenen Hauses immer schwächer wahrnimmt, je länger man dort wohnt. Aus den Augenwinkeln konnte ich beobachten, wie das Auto hinter mir endlich losfuhr. Langsam näherte ich mich der Tür, wollte schon klingeln, doch kurz zuvor wurde die Tür vorsichtig geöffnet. In der Tür stand Brad Crawford und an seinen Augen konnte ich ablesen, dass er gleich so etwas sagen würde wie: Ich habe dich erwartet. Er sagte es nicht - vielleicht weil er vorhergesehen hatte, was ich von ihm erwartete. Mit einem angedeuteten Nicken machte er verständlich, dass ich eintreten sollte. Ich wagte den Schritt - und nun gab es kein zurück mehr. "Komm rein, wir haben viel vor. Nicht war, Ran?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)