Amnesie von abgemeldet (The Quest of Hayate) ================================================================================ Kapitel 12: Das letzte Duell ---------------------------- Ein Alptraum schien war wahr geworden. Raidou war zurück und hatte sich einem zügellosen Blutrausch hingeben, dem Ayane schon zu Opfer gefallen war und dem nun auch geopfert werden sollten. "Ich bring dich um, du Schwein!!", brüllte Jann-Lee laut heraus und sprang auf die blutüberströmte Bestie zu, die Ayane Sekunden zuvor hinterrücks niedergestochen hatte. Alle Sicherungen waren bei Jann-Lee durchgebrannt, denn wenn auch Ayane keine besonders gute Freundin von ihm gewesen war, so war Raidous Tat doch so feige und gnadenlos, dass man sie tilgen musste. Immerhin war Ayane, Raidous eigene Tochter, sein eigen Fleisch und Blut, und selbst die Tatsache, dass sie Feinde waren, rechtfertigte nicht eine solche Wahnsinnstat. Doch trotz seiner ehrbaren Absichten dieses Verbrechen zu sühnen, beging Jann-Lee einen folgenschweren Fehler, den er noch aufs Tiefste bereuen sollte. "Halt!! Warte, tu das nicht!" Ich versuchte den jungen Chinesen von diesem folgenschweren Fehler abzubringen, aber ich kam zu spät. Schon hatte Raidou sein todbringendes Schwert in Position gebracht, weit ausgeholt und ließ es wie ein Fallmesser quer über den Brustkorb seines Gegners gleiten. Erneut ergoss sich durch den Raum ein Schwall der roten Flüssigkeit, der diesmal von einem lauten, qualerfüllten Schrei begleitet wurde. Der Hieb schleuderte Jann-Lee meterweit zurück und unsanft kam der Chinese auf dem harten Betonboden auf. Erst jetzt fiel mir das dämonische Grinsen im rotgefärbten Gesicht Raidous auf und ich verstand, was überhaupt los war. "Das war alles geplant!", entfuhr es mir halblaut. "Wie Bitte?" Lei-Fang und Kasumi verstanden nicht, was ich meinte. "Raidou hat es darauf angelegt, dass wir ihn anreifen. Warum hätte er sich sonst mit Angriff auf Ayane soviel Zeit gelassen? Er wollte unseren Zorn schüren und hat uns geradezu zu einer Attacke einladen." Die beiden Mädchen reagierten schockiert und bestürzt, als sie begriffen, was geschehen war. "Oh, mein Gott, du meinst doch etwa nicht, dass..." Lei-Fang sah mich aus große Augen an. "Doch.", bestätigte ich mit fester Stimme. "Raidou hat uns eine Falle gestellt und Jann-Lee ist blindlings hinein gelaufen." Ich schaute auf den blutenden und vor Schmerzen stöhnenden Chinesen, der sich mit verzerrtem Blick die Wunde hielt, die sich quer über seinen gesamten Brustkorb erstreckte. "Es gibt jetzt nur noch eine Alternative für uns!" Kasumi sah mich irritiert an. "Was für eine?" "Nun.", begann ich schwer atmend, meine Verletzung machte mir plötzlich wieder mehr zu schaffen. "Ihr beiden müsst Ayane und Jann-Lee hier heraus schaffen, ich kümmere mich derweil um Raidou. So werdet wenigstens ihr gerettet." Die beiden konnten kaum glauben, was sie da hörten. "Das kann unmöglich dein Ernst sein, Bruder. Was wird den aus dir." "Ist jetzt egal. Wichtig ist, dass ihr euch um Ayane und Jann-Lee kümmert, sie brauchen dringend ärztliche Hilfe." Kasumi biss sich auf die Lippe und dachte zähneknirschend über die Alternativen nach. "Also gut, wir tun es." "Kasumi!", stieß Lei-Fang empört hervor. "Willst du das wirklich tun?" Meine Schwester zögerte zwar einen Moment, aber nichts konnte ihren Entschluss mehr erschüttern. "Ja, ich bin mir sicher. Hayate hat recht, es gibt keine andere Möglichkeit!" Ich bewunderte meine Schwester. Ihr war die Entscheidung sicherlich nicht leicht gefallen, doch sie bewies Standhaftigkeit und tat das, was getan werden musste. Ich umarmte sie zum Abschied, doch verzichtete auf ein "Leb wohl!" und versprach ihr stattdessen, dass wir uns wieder sehen würden. Sowohl Kasumi als auch mir bereitete diese Verabschiedung einen geradezu brennenden Schmerz in unseren Herzen. Doch trotz allem war nun für mich die Zeit gekommen, um das letzte Duell mit Raidou auszutragen. "Da waren's nur noch drei." Raidou kicherte wie ein Geisteskranker. "So, wer von euch möchte als nächstes geschlachtet werden?" Das war zuviel. Ich hatte nun keine Lust mehr mich zurückzuhalten und ließ es aus mir heraus. "Halt dein verfluchtes Maul, du Arschloch! Ich hab es schon einmal gesagt und ich sage es wieder: Unter keinen Umständen wirst du diesen Turm als Sieger verlassen!" Ich zögerte nun nicht mehr länger und machte mich zum Angriff bereit. Ich hechtete auf Raidou zu und befördert ihn mit dem Gewicht meines Körpers von den Beinen. Raidou stieß einen schmerzerfüllten Schrei hervor und ließ das Schwert aus seiner Hand gleiten. Im Gesicht meines Gegners sah ich völlige Verblüffung und erkannte, dass er diese Attacke nicht erwartet hatte. Das war meine Chance. Ich riss die rechte Faust hoch und ließ sie wie ein Eisenhammer ins Gesicht der Bestie niederfahren. Ich spürte, wie das Nasenbein meines Gegners brach und sah wie er die Augen verdrehte. Fürs erste war Raidou ausgeschaltet, doch ich machte mir keine Illusionen. Dieser Zustand würde nicht ewig anhalten und wenn wir unser Vorhaben in die Tat umsetzten wollte, mussten wir schnell handeln. "Kasumi! Lei-Fang! Los jetzt!", wies ich die beiden an und die beiden Mädchen reagierten sofort. Sie schnappten sich die beiden regungslosen Körper von Ayane und Lei-Fang und verließen den Raum so schnell sie konnten. Ein letztes Mal schaute Kasumi zu mir zurück und schien mir mit ihrem Blick so etwas wie "Pass auf dich auf!" mitteilen zu wollen, dann schloss sich die Tür des Aufzuges und verschwand in den Tiefen des Stahlbetongewölbes. Damit waren die Vier nun verschwunden und ich war ohne Verbündete ganz auf mich allein gestellt. Schneller als mir lieb war musste ich feststellen, was dies bedeuten sollte. Allein gegen ein Monster wie Raidou zu kämpfen. Nachdem mein Gegner nämlich seine Augen wieder aufgerissen hatte und bemerkte was geschehen war, stieß er mich mit einem Wutschrei von sich und ich flog im hohen Bogen gegen die gegenüberliegende Säule in der Mitte der Aussichtplattform. Der Putz bröckelte von der Betonsteinsäule und ich fiel, nachdem ich wie ein Ball abgeprallt war, geradewegs zu Boden. Doch ich verblieb nicht lange dort, denn schon Momente später war Raidou bei mir, packte mich am Hals und zog mich auf Augenhöhe. "Kannst oder willst du es nicht verstehen?" Raidou fletschte die Zähne. "Widerstand ist zwecklos!" Ich versuchte mit allen Mitteln jegliche Schwäche zu vermeiden und mir vor der Bestie keine Blöße zu geben. "Ich werde nicht aufgeben! Niemals!" Raidou verzog die Visage. "Das werden wir ja sehen!" Mehrmals hämmerte Raidou meinen Schädel gegen die Wand und ich fühlte mich als ob bei jedem Hieb mein Kopf zerspringen würde. Ich wurde immer schwächer und kämpfte gleichzeitig mit der Bewusstlosigkeit. Einen aussichtsloser Kampf, wie sich rasch rausstellte. Denn schließlich übermannte mich die Ohnmacht doch und das Letzte, was ich wahrnahm, war wie Raidou mich an meiner rechten Schulter packte und wie ein Stück Abfall hinter sich warf. "Du bist solch ein Narr, Hayate! Ich gab dir die Chance an meiner Seite zu kämpfen. Ich gab dir die Chance der stärkste Krieger der Welt zu werden. Ich wollte dir den Schlüssel zum Paradies geben. Doch wegen deiner Verbohrtheit und deiner Sturheit hast du das alles verspielt und deinen Untergang besiegelt." Langsam schritt Raidou auf mich zu und hob ohne seinen Gang zu verlangsamen das Schwert, was ich ihm zuvor aus der Hand geschlagen hatte, wieder auf. "Du wolltest mich töten?" Der Blutüberströmte lachte freudlos. "Wer bist du schon?" Raidou machte eine kurze Pause. "Ich sag dir wer du bist. Du bist ein nicht mehr als ein unbekannter Pseudoshinobi! Ein Niemand!" Die Stimme meines Gegners tönte dumpf in meinen Ohren, doch ich schenkte ihr nur wenig Beachtung. Denn es passierte etwas Sonderbares. Nicht nur, dass mein Bewusstsein langsam zurückkehrte, auch meine Erinnerung schien nun endlich voll und ganz wiederzukehren. Geschehnisse aus meiner Kindheit, meine Familie und sogar die Gefangenschaft bei Raidou, die für meine Amnesie verantwortlich gewesen war, waren auf einmal wieder da. Kurzum ich wusste endlich wieder wer ich war und hatte meine Persönlichkeit zurück. Wieso mein ich Gedächtnis ausgerechnet jetzt wiedererlangte, wusste ich nicht. Vielleicht waren es die Schläge gegen meinen Schädel, die dafür verantwortlich waren, oder vielleicht war es auch nur Zufall gewesen. Wie gesagt, ich wusste es nicht, aber es war mir auch egal, denn ich hatte Wichtigeres zutun. "Ich bin kein Niemand! Ich bin Hayate Mugen-Tenshin, Shinobi des Windes! Und der Mann, der dich besiegen wird!" Nun registrierte auch die Bestie, dass ich mein Gedächtnis zurückgekehrt war, doch verbarg weitestgehend jede Verwunderung hinter einer hasserfüllten und blutüberströmten Fratze. "Du bringst mich zum Lachen!", rief Raidou höhnisch, hob die Klinge hoch über seinen Kopf, stieß sich vom Boden ab und flog mit dem Schwert im Anschlag auf mich zu, mit der festen Absicht mich zu ermorden. Allerdings weigerte ich mich dieses Schicksal zu akzeptieren. Ich sprang auf die Beine und ließ meine Faust in einem blitzschnellen Uppercut nach oben schießen. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen erreichte mein Schlag sein Ziel und zerschmetterte fast Raidous Kinn. Der Körper der Bestie fiel zu Boden, aber ich war noch lange nicht fertig. Gerade als sich Raidou wieder aufrichteten wollte, rammte ich ihm meinen linken Ellbogen in die Magengrube und schrie dabei: "Das ist für Jann-Lee!" Raidou blieb die Luft weg und er taumelte etwa zwei Schritte rückwärts. Ich gewährte ihm aber keine Verschnaufpause und setzte direkt nach. Nun krachte mein rechter Ellbogen in seinen Bauch. "Und das ist für Ayane!" Ich kämpfte wie im Rausch und verspürte für die Dauer des Kampfes keinerlei Schmerzen, als ob das Adrenalin, das durch meine Adern floss, jeden Schmerz von mir nahm. Raidou hingegen war am Ende. Er keuchte und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er war genau dort, wo ich ihn haben wollte für meinen finalen Schlag. "Und das ist für alle, die je unter deinem Terror leiden mussten!!", brüllte ich so laut ich konnte heraus und riss meine beiden Fäusten nach vorne. Sie verfehlten ihr Ziel nicht. Wie eine Kanonenkugel schleuderte mein Doppelhieb Raidou quer durch den Raum gegen eines der großen Aussichtsfenster. Klirren und Krachen war zu hören, als die Scheibe durch Raidous Gewicht zerbarst. Die Bestie stürzte mit einem Schrei, der mehr an das Brüllen eines Löwen erinnerte, in die Tiefe, den Straßen Tokios entgegen. Aber das bekam ich nur zur Hälfte mit, denn meine Wunden hatten sich wieder zu Wort gemeldet. Schweißausbrüche und Fieberschübe waren die Folge. Ich fuhr mir wieder mit der Hand über den Verband und stellte nur wenig überrascht fest, dass die Fetzen, die ich mir um meine Wunde gelegt hatte, durchgeblutet waren. Mich hatte es schon lange gewundert, dass der Verband bis jetzt gehalten hatte. Obwohl es sehr schlecht um meine Gesundheit stand, schlechter denn je, um genau zu sein, war es mir, wenn ich ehrlich bin, eigentlich vollkommen egal, was aus mir werden sollte. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt. Raidou war tot. Seine Pläne waren vereitelt. Und als mich nun ein Schlaf ereilte, aus dem nicht mehr aufzuwachen glaubte, war ich glücklich, weil ich endlich wusste wer ich war und wenn ich sterben jetzt würde, nicht als Unbekannter sterben müsste. * Ich hob die Lider und blickte in ein gleißendes Licht. Ich kniff die Augen und wandte den Kopf herum. Wie ich feststellte befand ich mich in einem Raum. Einem strahlend weißem Raum mit weißen Wänden, weißen Möbeln und einem weißem Bett, in dem ich selbst lag. Offensichtlich war ich in einem Krankenhaus und nicht etwa im Jenseits, wie ich zuerst annahm. Ich sah an mir herunter und erblickte feste Bandagen die professionell um all meine Wunden gelegt waren, einen Tropf, der durch eine Injektionsnadel mit meiner Vene verbunden war und einen hässlichen grauen Krankenhauskittel, den man mir wohl angezogen hatte während ich bewusstlos gewesen war. "Bist du wach?", sprach eine Stimme von der Seite zu mir. Ich wandte meinen Kopf und entdeckte meine Schwester Kasumi, die an meinem Bett wachte. "Ja, ich bin gerade aufgewacht.", erwiderte ich mit müder Stimme auf Kasumis Frage. "Was ist eigentlich passiert und wie geht es den anderen?" Das waren die Dinge, die mich jetzt am meisten interessierten und obwohl mir noch ganz schön der Schädel brummte, wollte ich es unbedingt erfahren. Sanft lächelte mich das rothaarige Mädchen an. "Mach dir keine Sorgen. Es ist alles okay. Ayane und Jann-Lee geht es den Umständen entsprechend gut, sie sind über den Berg." "Das freut mich zu hören." Ich atmete tief aus. "Aber wie bin ich hier hergekommen?" "Das hast du mir zu verdanken." Eine neue, aber mir sehr vertraute Stimme, drang an mein Ohr. "Ryu!" Ich war ziemlich überrascht die Gestalt meines alten Freundes Ryu Hayabusa in der Tür meines Zimmers zu erblicken. "Er hat dich gerettet und hier hergebracht. Der Arzt meinte, ein paar Minuten länger in dem Turm und er hätte nichts mehr für dich tun können. Er wäre übrigens sowieso ein Wunder gewesen, dass jemand mit deinen Verletzungen überhaupt noch lebte." Ich zog die Brauen hoch. "Wirklich?" "Ich war schon länger auf der Suche nach dir.", begann Ryu, der wie immer sein typisches Ninjaoutfit trug. "Nach deinem Verschwinden versuchte ich mich an deine Spuren zu heften, blieb aber immer einen Schritt dahinter. Und fand erst vor wenigen Tagen heraus, was sich hinter diesem ganzen mysteriösen ,Project Epsilon' verbirgt. Nachdem ich genug Informationen zusammenhatte, machte ich mich auf den Weg nach Tokio, kam aber leider erst an, als schon eigentlich alles vorbei war. Denn einzigen, den ich am Ort des Geschehens vorfand, warst du und als ich sah wie zugerichtet warst, brachte ich dich umgehend hierher, wo ich auch Kasumi und die anderen vorfand." Ich stutzte. "War wirklich nur noch ich am Tokio Tower?" Hayabusa überlegte kurz. "Ja ganz sicher, ich hab sonst niemanden dort gesehen." "Nicht mal Raidou?" "Nein. Du warst allein." Das irritierte mich mehr als ich zugab. Ich hatte doch gesehen, wie sein Körper aus dem Fenster geschleudert wurde. Oder etwa doch nicht? Ich hatte bloß das Bersten der Scheibe gehört, aber nicht genau gesehen wie er abstürzte oder aufschlug. Es bestand die Möglichkeit, dass er sich irgendwie gerettet hatte und mit seinen Männern geflohen war. Er lebte also höchstwahrscheinlich noch, was bedeutete, dass nur eine weitere Schlacht zu Ende war, aber der Krieg weitergehen würde und wir uns auf weitere Begegnungen mit dieser Bestie in Menschengestalt einstellen mussten. Ich hatte heftige Bedenken und war zutiefst darüber besorgt, verzichtete jedoch darauf sie mit Ryu und Kasumi zu teilen, zumindest vorerst. Erstmal feierten wir die Tatsache, dass wir wieder vereint waren, der Alptraum endlich zu Ende war, wenn auch nicht für immer, ich nach Wochen des Suchens und Wartens endlich mein Gedächtnis wiedererlangt und meine Amnesie besiegt hatte. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)