Amazing Sorcerers von Monkey-D-Suria (und die unlösbaren Rätsel) ================================================================================ Kapitel 3: Muggel und Zauberer ------------------------------ Als Suria am nächsten Morgen erwachte, war sie sich dennoch nicht mehr ganz sicher, ob das, was gestern Nacht geschehen war, kein Traum gewesen war. Wie sollte es schon auch anders sein? Warum sollte nach all den Jahren ihres Leidens nun plötzlich auf einmal alles anders werden? Wieso sollte sie jetzt plötzlich eine Zaubererschule besuchen und dem Unglück, in dem sie schon vier Jahre lang...nein, ihr ganzes Leben festsaß, damit entkommen? Sie steigerte sich in diese Gedanken so sehr hinein, dass sie sogar versuchte, den Schmerz an ihrem Fuß zu ignorieren. Wahrscheinlich hatte sie sich gestern Nacht im Schlaf verletzt, indem ihr Fuß gegen die Bettkante geknallt war und somit war der Schmerz, den sie sich im Traum zugefügt hatte, als sie gegen ihren Schrank getreten hatte, real gewesen. Nur so war es möglich... (Oder doch nicht?) Suria stand traurig auf. Schade, dass der Traum keine Realität gewesen war- zu schön war der Gedanke, ihre schlechte Vergangenheit endlich hinter sich lassen zu können. Als sie sich anzog, fiel ihr Blick zufällig auf den alten, fast kaputten Tisch in ihrem Zimmer, worauf ein blendend weißer Zettel lag. Suria nahm den Zettel in die Hand und stellte fest, dass es der Brief von der "WARLOCK SCHOOL" war, mit der Auflistung der Bücher und Gegenstände, die sie für die Schule brauchen würde. Erleichterung, warme, leichte Erleichterung überflutete Surias Herz und ließ irgendwo in ihrem Inneren ein Luftballon vor Freude anschwellen. Sie war sehr glücklich. Nun wusste sie ganz sicher, dass das Erlebnis von gestern Nacht kein Traum gewesen war. Dass sie ihrem Elend nach all den Jahren endlich entkommen konnte war Realität. Suria lächelte zufrieden. Dann fiel ihr ein, dass Anne ihr versprochen hatte, sie beim Einkaufen der Schulsachen zu begleiten. Um wie viel Uhr sie genau kommen würde, wusste Suria nicht, aber sie erinnerte sich, dass Anne vorgehabt hatte, sie heute abzuholen. In diesem Moment klopfte es an der Tür und draußen erschall die Stimme von Mrs. Smith: "Wirst du wohl endlich aufstehen und da herauskommen? Du wirst in der Küche gebraucht! Und ein bisschen plötzlich, wenn ich bitten darf!!!" "Ja, Miss!" antwortete Suria und schaffte es, den Brief in ihrer Hand in dem Riss an ihrer Matratze zu verstecken, damit ihn niemand fand. Und in dem Moment wurde es ihr heiß und kalt gleichzeitig: Wenn Anne kommen würde, um sie abzuholen, dann würde es den anderen aus dem Weisenhaus bestimmt nicht entgehen. Ob nun Anne sich wieder in einen Vogel verwandeln und heimlich in Surias Zimmer fliegen(nun wusste sie ja, wo es lag) oder ob sie in das Weisenhaus hereinspazieren würde, war egal. Die Tatsache war: Surias Verschwinden würde sicher nicht unerkannt bleiben, weil man sie immer wieder bei den Arbeiten im Haus brauchte. Wenn sie Glück hatte, konnte sie davon kommen, ohne dass jemand davon Wind bekäme- und das erforderte schon eine ganze Menge Glück- aber spätestens bei ihrer Rückkehr vom Einkaufen würden alle wissen, dass sie weg war und sicherlich auch wissen wollen, wohin sie verschwunden war, ohne Bescheid zu sagen- und das musste sie, seit der Geschichte mit der Polizei, immer tun. Suria wurde bei dem Gedanken, sie müsste alles von der Schule erzählen, beinahe schlecht. Würden die anderen sie gehen lassen oder alles tun, was in ihrer Macht stand, um das zu verhindern? Zuerst schien es logisch zu denken, sie würden sie nicht aufhalten, doch wenn die Polizei davon erfahren würde, was würden die Leute aus dem Waisenhaus ihnen erzählen? Und schon allein dieser Aspekt ließ Suria denken, sie würden es wohl nicht zulassen, dass sie auf die Schule ging. "Hörst du schlecht?", brüllte Mrs. Smith erneut vor ihrer Zimmertür, "ich dachte, ich hatte gerade etwas von ,zügig' gesagt! Und jetzt ab mit dir in die Küche!!!" Suria blieb nicht anderes übrig, als diesem Befehl zu folgen, auch wenn sie es wegen ihrer Gedanken nicht gerade mit einer großen Freude tat. Heute hagelte es nur von Pflichten für Suria: Sie musste in der Küche helfen, das ganze Haus putzen und einkaufen. Erst zur Mittagszeit konnte sie für ein paar Minuten nach oben auf ihr Zimmer. Von Anne war bisher keine Spur zu sehen. Erschöpft ließ sich Suria auf ihre Matratze fallen und plötzlich... "Da bist du ja endlich! Ich warte hier schon seit 3 Stunden auf dich!" Suria sprang erneut von ihrer Matratze hoch. Vor ihr saß Anne und lächelte sie an:"Und? Bereit? Können wir los?" "Hör mal, Anne", begann Suria traurig, "aber ich habe heute viel zu tun! Vielleicht..." Anne aber entgegnete: "Und wenn schon: für einen Tag können diese Idioten doch auf deine Hilfe verzichten und wenigstens einmal was alleine machen! Wir sollten alles wirklich heute erledigen, damit wir es später nicht mehr zu machen brauchen!" Und ehe Suria noch was sagen konnte, ging Anne zu der Zimmertür, öffnete sie und sagte: "Komm jetzt!" "Anne!", zischte Suria in Panik, "was ist, wenn die Leute uns sehen?" "Dann schauen wir, was kommt", antwortete diese selbstsicher, "denn aus dem Fenster fliegen können wir um die Uhrzeit nicht- nicht in dem Block voller Muggel!" Sie hatte Recht. Und doch hatte Suria ein mulmiges Gefühl, als sie den Brief aus dem Versteck herausholte, ihn in ihre Jackentasche steckte und Anne folgte. Es war einfach lächerlich zu hoffen, sie würden nicht erwischt werden. Und sie irrte sich nicht... Sie stiegen die knarrenden Stufen der Treppe hinunter und begaben sich in die Eingangshalle. Obwohl die beiden sich so leise wie möglich bewegten, war Suria sich sicher, sie wären zu laut: neben dem Knarren war das Pochen ihres Herzens vor Aufregung sehr verräterisch- und sogar fast so laut. Und es wäre vielleicht alles gut gegangen, hätte ausgerechnet Mrs. Smith nicht gerade ihren alltäglichen Kontrollgang um diese Uhrzeit gemacht. Sie kam gerade in die Eingangshalle, als Suria und Anne schon die Tür nach draußen geöffnet hatten- und sah sie. Sie verstand zuerst nicht, was hier vor sich ging. Wer war das blonde Mädchen neben dieser Blackthough- Göre? Surias Herz, das eben noch so stark geklopft hatte, schien nun stehen geblieben zu sein. Wenn sie nicht erwischt worden wären, das wäre doch zu schön, um wahr zu sein. Und doch jagte die Voraussicht auf eine harte Strafe, die nun unweigerlich folgen würde, ihr einen Schock wie von tausend Volt durch den Körper. Anne war zuerst geschockt gewesen, dass man sie doch noch erwischt hatte, aber im nächsten Augenblick hatte sie sich gefasst und sprach die Direktorin des Waisenhauses mit einer leichten Verbeugung an: "Guten Tag, Miss! Mein Name ist Anne Rauting und ich studiere im selben Semester wie Suria. Ich kam sie besuchen um ihr ein paar Bücher aus der Bibliothek zu bringen und nun wollten wir gemeinsam für die nächste Prüfung lernen, wenn Sie nichts dagegen haben!" Sie begab sich auf schnellen Zehenspitzen nach draußen. "Einen Moment mal!", sagte Mrs. Smith und Anne erstarrte sofort beim Gehen. Die Direktorin räusperte sich und fuhr fort: "Wie kommen Sie denn hierher?" "Nun,ääääh...", stotterte Anne, "man hatte mich vor ein paar Minuten hier reingelassen!" "So, wirklich?", fragte Mrs. Smith, "und wie kommt es, dass wir kein Klingeln gehört haben? Und im Übrigen hätte sie mir derjenige, der Sie herein gelassen hatte, sofort über Ihr Kommen unterrichtet! Es sei denn...", sie blickte kalt in Surias erschrockenes, versteinertes Gesicht, "Fräulein Blackthough hier hat sie heimlich hier rein gelassen. Das wird natürlich sofort bestraft!" Das war natürlich das Letzte, was Anne hören wollte. Suria wusste nicht, was sie machen sollte. Die Situation schien ausweglos. Wenn sie aus diesem Schlammassel kommen sollten- was natürlich sehr viel Glück erforderte, den sie selten hatte- wie sollte es denn weiter gehen? Wie sollte sie den Leuten aus dem Waisenhaus beibringen, dass sie das nächste Schuljahr über nicht mehr hier leben würde? Doch Annes Reaktion hätte sie selbst in ihren Träumen nicht vorausahnen können... Anne kratzte sich kurz am Kopf und lachte. Sie lachte und sagte: "Sie sind wirklich eine sehr kluge Dame, Miss. Nicht umsonst sind Sie die Direktorin dieses Waisenhauses. Sie haben mich tatsächlich durchschaut und herausgefunden, dass ich lüge. Nicht IRGENDJEMAND hat mich herein gelassen; ich war es praktisch selbst." "Aha, dann sind Sie also ein Einbrecher und wollten Blackthough entführen, oder was?", bohrte die Direktorin nach. Aber Anne lächelte weiter und sagte: "Nicht ganz. Suria hat nichts mit der Sache zu tun. Es ist nur eine Sache, die ich ganz allein mit ihr klären wollte, von der Sie und der Rest des Waisenhauses eigentlich nicht wissen dürften. Aber so wie ich das sehe, werden Sie wohl früher oder später von selber auf alles kommen und daher kann ich Ihnen genauso gut alles selbst erzählen." Suria schickte ein innerliches Stoßgebet gen Himmel, Anne möge bitte nicht das aussprechen, was Suria dachte, doch leider wurden ihre Gebete nicht erhört. Denn Anne fuhr fort: "Mein Name ist Anne Rauting und ich komme von der ,WARLOCK-SCHOOL für unentdeckte Hexen und Zauberer'". Suria wird dieses Jahr auch Schülerin dieser Schule sein und ich helfe ihr bei dem Nötigsten. Wenn Sie nun alles wissen, können Sie uns auch gehen lassen." Suria glaubte sogar die Bombe zu fühlen, die mit diesen Sätzen in die Vorhalle des Waisenhauses eingeschlagen hatte. Jetzt würde Smith sie und Anne erst recht nicht gehen lassen. Natürlich hatte Anne es gut gemeint; sie hatte wohl gedacht, ein paar Betreuer im Waisenhaus oder zumindest Mrs. Smith wussten, dass Suria kein Muggel war, und höchstwahrscheinlich dachte sie auch, das Waisenhaus würde dafür Verständnis haben. Anne wusste sehr wohl, dass man Suria hier nicht haben wollte und von daher wären sie eher froh, wenn Suria gehen würde...Doch Suria wusste es besser: Als Ihre Eltern damals...als sie von ihren Eltern getrennt worden war, hatte sie keine Verwandten, die sie aufnehmen konnten und keine Zaubererfamilie wollte ein Kind, dessen Eltern so böse waren, aufnehmen. Ein paar Polizisten, die aber in Wahrheit Zauberer gewesen waren, hatten sie daraufhin in dieses Waisenhaus gebracht. Sie hatten Mrs. Smith damals sofort gesagt, wer Suria war. Auch wenn es verboten war, Muggel über ihre Zaubererwelt zu unterrichten; so war es das einzig Vernünftige gewesen- spätestens nach Surias "Tricks" oder nach dem Brief von der Schule hätten sie es erfahren müssen. Mrs. Smith missbilligte Surias Vergangenheit aber von Anfang an zutiefst und wollte ihr alle möglichen "Abnormitäten", so wie sie es nannte, austreiben. Suria wusste noch zu gut, wie die Direktorin reagiert hatte, als sie den weißen Papiervogel entfaltet und gelesen hatte. Sie wusste das alles und sie wusste auch dass das Vorhaben der Direktorin, Suria von ihrer Zauberei zu befreien, es nicht erlauben würde, dass sie auf diese Schule ging. Doch auch hier irrte Suria sich nicht. Mrs Smith schenkte Anne ein eiskaltes Lächeln und antwortete: "Nun, ich fürchte, dass könnte ich nicht. Diese Gö...dieses Mädchen war vom ersten Tag an, als sie hier ankam, so seltsam gewesen. Immer war etwas passiert, wofür letzterendlich immer sie verantwortlich war. Und was meinen Sie, was geschehen wird, wenn ich sie auf diese Schule gehen lasse? Dann wird sie noch mehr Möglichkeiten haben, hier was anzustellen. Wer weiß, ob sie auch so wird wie ihre abnormalen Eltern! Nein, das kann und werde ich nicht zulassen!" "Nun, ich kenne Suria ganz gut und glaube nicht, dass Suria die Veranlagung besitzt, eine böse Hexe zu sein," erwiderte Anne immer noch lächelnd, "und was die Sachen, die hier passiert sind betrifft: Sie werden sicher einsehen, dass selbst dem ruhigsten und diszipliniertesten Menschen, ob nun Magier oder Nicht-Magier einmal die Sicherungen durchgehen können...was sogar, angesichts dessen, wie es Suria bei Ihnen ergeht, sogar verständlich ist!" Inzwischen waren, so schien es, fast alle Kinder und Erzieherinnen des Weisenhauses in der Eingangshalle aufgetaucht. Angelockt von dem Lärm kamen sie zu der Stelle, wo zwei Menschen standen und sich unterhielten...nein, vielmehr miteinander stritten. Die eine war die Direktorin, die andere eine junge unbekannte Frau - und daneben stand schüchtern und verlegen, so als hätte sie nicht das Geringste damit zu tun, Suria Blackthough. Das war mal wieder typisch: wenn was im Waisenhaus passierte, dann war dieses Mädchen nie weit. Mrs Smith schaute Anne mit zu Schlitzen verengten Augen an und fragte: "Wollen Sie mich etwa foppen, Miss?" "Nein, nein, das natürlich nicht!", Anne winkte lächelnd ab, "ich habe mich nur gewundert, dass in einem Waisenhaus, dass eigentlich alles Mögliche tun sollte, um den dortigen Kindern ein schönes Heim zu bieten, welches sie verloren haben, so was möglich ist." "Nun, wie auch immer, wenn dieses Mädchen diese Schule besuchen wird, dann kann ich mir nicht ausmalen, was für Gefahren auf unser Haus zukommen werden! Daher bleibe ich bei meiner Meinung: sie bleibt hier!" sagte Mrs Smith in einem finalen Ton. Doch mit diesen Worten brach ein Orkan in der Eingangshalle aus: es hagelte Proteste, von Erzieherinnen und von den Kindern. "Aber Mrs Smith, das können Sie doch nicht machen!" "Wir haben endlich die Chance, sie loszuwerden, dann können wir sie auch gehen lassen!" "Diese seltsamen Sachen werden nie wieder passieren, wenn sie weg ist!" "Lassen Sie sie so schnell wie möglich von hier gehen, damit wir sie nicht mehr sehen müssen!" "Dieses Mädchen war doch schon immer eine große Last, die wir jetzt loswerden können!" "RUHE!", brüllte Mrs Smith. Alle in der Eingangshalle zuckten zusammen. Es war wohl das erste Mal, dass die Direktorin die Kontrolle über sich selbst verlor. Aber schon in der nächsten Sekunde gebot sie mit einer energischen Handbewegung Ruhe und fuhr mit einer ruhigen Stimme fort - auch wenn ihr langes dünnes Gesicht immer noch rot war: " Ihr habt ja alle keine Ahnung, was wirklich los ist! Vielleicht wissen einige von euch noch, wie sie vor 5 Jahren hier ankam, in Begleitung von seltsamen Polizisten, die meine wertvollen Krüge in Streuner verwandelten, nur um mir zu demonstrieren, dass sie...dass sie ihresgleichen waren. Einige von euch wissen vielleicht auch, dass ich euch darum bat, immer zu verhindern, dass sie ihre seltsame Kraft demonstrierte; und sie zu bestrafen, wenn sie es tat. Und ihr wisst wahrscheinlich auch, dass ich euch immer von diesem Brief, der irgendwann kommen solle, gewarnt habe. Ihr wisst auch vielleicht, warum ich dies tat. Nun, diese Polizisten haben mir erzählt, dass ihre Eltern sehr böse waren und für ihr Tun schließlich die Todesstrafe erhielten. Wie man in dieser Welt diese Strafe vollzieht, weiß ich nicht und das interessiert mich auch ehrlich gesagt nicht. Was ich viel schlimmer fand, war - und das habe ich bis heute niemandem erzählt- dass die Eltern des Mädchens einem sehr starken und wahnsinnig bösem Zauberer gedient haben...ein gewisser Lord Waldiwart oder so ähnlich...und dass sie in seinem Auftrag Menschen, ja sogar ältere Leute und Kinder, getötet und gequält haben." In der Eingangshalle hielt jedermann hörbar die Luft an. Was immer sie von der Blackthough erwartet haben, das war es nicht. Suria aber war bei diesen Worten sehr still geworden und erinnerte sich unweigerlich an alles...wie in einem sehr schrecklichen Alptraum, aus dem man nicht aufwachen kann, sah sie alles noch mal vor ihrem geistigen Auge ablaufen...wie ihre Eltern sie nie beachtet haben und immer so getan haben, als würde sie nicht existieren- und diese Vortäuschung nur dann fallen ließen, wenn sie mal wieder was für sie mit ihrer "Kraft" erledigen sollte...wie sie deswegen jede Nacht geweint hatte...wie geschockt sie war, als sie erfahren hatte, wie ihre Eltern immer loyal zu ihrem Meister standen und grauenhafte Sachen für ihn getan haben...und wie sie herausgefunden hatte, dass ihre Eltern beide einen Spezialtrank zu sich genommen haben, nur damit ihr Kind diese Kraft bekommen würde- dass sie letztendlich nur deswegen existierte, um den Eltern dabei zu...zu "assistieren", ihren Meister 1 Jahr nach seinem Verschwinden vor 11 Jahren zu finden...wie ihre Eltern schließlich vor 5 Jahren von Auroren, Zauberer, die böse Magier, so wie Surias Eltern aufspüren und fangen mussten, gefangen genommen und verhört wurden...wie sie selbst als ein Zeuge aussagen musste und ihre Eltern während des ganzen Verhörs so taten, als würde sie kaum existieren...und wie die Eltern schließlich im Zauberergefängnis von Askaban "gestorben" waren- durch einen sogenannten "Kuss der Dementoren" (furchtbare Gestalten, die dabei die Seele aus dem Menschen sogen)... "Und genau deswegen habe ich strengstens angeordnet, dieses Mädchen nicht allzu sehr zu verwöhnen und ihr keinen Freiraum zu lassen. Wer weiß, was dann passiert wäre? Daher habe ich darauf bestanden, dass man sie für alle ihre seltsamen Taten, wo sie ihre Abnormität unter Beweis stellte, auf das Härteste bestrafte. Schließlich haben die Polizisten, die sie damals hierher brachten, gesagt, wir müssten mit aller Macht verhindern, dass sie so wird, wie ihre Eltern...Was werden sie sagen, wenn sie herausfinden, dass sie weg ist? Was werden sie tun, wenn sie erfahren, dass ich sie auf diese Schule geschickt habe um damit alle Wege, die ihre Eltern gegangen sind, für sie zu öffnen? Was wird man machen, wenn dieses Mädchen auch so enden wird, wie die Eltern? Nicht, dass ich was dagegen hätte" - sie warf der erstarrten Suria einen eiskalten Blick zu - "aber es wäre doch zu schade für unseren Ruf...Und deswegen werde ich sie nie gehen lassen! Niemals!!!" "So ist das also! Sie ist eine Magierin! Daher konnte sie diese seltsamen Dinge geschehen lassen! Einfach unglaublich!!!", klang es aus aller Munde - zumindest aus den Mündern, die über Surias eigentliche Identität nichts gewusst haben. Doch auch die Erzieherinnen, die davon zwangsweise erfahren haben, standen mit mürrischem Gesicht daneben: das war also mit dem Mädchen und den Eltern passiert! "Ich glaube Ihnen gerne, dass Sie Angst hatten, Suria würde so wie ihre Eltern werden", gab Anne zu, "und ich verstehe, dass Sie streng zu ihr waren, um dies nicht zuzulassen. Aber sehen Sie sich das Mädchen genau an: Würde sie jemals auch nur irgendjemandem schaden? Die Sachen hat sie, wie gesagt, getan, als sie die Kontrolle über sich verlor, aber Sie haben soeben bestens bewiesen, dass dies immer passieren kann. Wenn ich Suria ansehe und mit ihr spreche, dann habe ich keinesfalls den Eindruck, sie wäre böse. Im Gegenteil: sie ist ein sehr nettes und bescheidenes Mädchen, dessen schlechte Erfahrungen sie noch gutherziger gemacht haben, als sie war - anstatt sie hart und böse werden zu lassen. Daher glaube ich auch dass Suria immer gut sein wird, egal, was passieren wird! Und wenn Sie mir das nicht glauben sollten: reden Sie mal ausnahmsweise mit ihr, dann werden Sie es schon merken! Wenn man sie immer rumkommandiert, dann merkt man es natürlich nicht so sehr! Und wo ich gerade dabei bin: Suria war Ihren Anweisungen immer gefolgt, ohne zu murren! Hätte es eine böse Hexe auch nur einmal getan?" "Mir reicht es!", zischte die Direktorin, "so lasse ich nicht mit mir reden! Mir ist es egal, ob sie gut ist; meinetwegen kann sie sogar ein Engel sein; Fakt ist: es besteht die Gefahr, es wird immer die Gefahr bestehen, dass sie auf dieser Schule eine gewisse Macht bekommt, mit der sie uns ungehindert schaden kann! Und was gut ist, möge es auch noch so gut sein, kann immer noch böse werden!" Es brach erneut ein Tumult los. "Ja, genau, die Direktorin hat Recht!" "Sie kann immer noch böse werden!" "Bei all dem, was sie hier schon angerichtet hat, vermag ich mir kaum vorzustellen, was sie machen wird, wenn sie diese Schule besucht!" "Nein, sie bleibt hier; sie geht nirgendwohin!" Seltsam, wie schnell sie ihre Meinung geändert haben, dachte Suria traurig, aber sie waren Mrs. Smith schon immer gefolgt, wie brave Lämmer ihrem Schäfer - besonders, wenn es um sie, Suria ging. Anne seufzte tief und lächelte matt. "Schade, schade...", murmelte sie, " dass sie alle hier so uneinsichtig sind und mir nicht glauben wollen! Aber so sehr Sie sich dagegen auch wehren, Suria MUSS auf die Schule gehen und mit mir kommen! Ich habe es schließlich VERSPROCHEN...Was tu ich da nur...Nun, ja...ich habe wirklich keine andere Wahl...mögen mir alle verzeihen, aber ich MUSS es tun..." Suria sah, was kommen würde und wollte Anne mit aller Macht aufhalten. Aber sie kam wieder einmal zu spät. Anne holte ihren Zauberstab heraus, machte damit ein paar Schlenker und zeigte auf ein paar Erzieherinnen. PLOOP! BATSCH! BANG! An der Stelle, wo Mrs. Samuels gestanden hatte, wuselte nun ein sehr verwirrt guckendes dickes Nilpferd herum; da, wo vorher die Köchin gewesen war, quiekte ein rosa Schwein überrascht. Auch andere Erzieherinnen waren in Tiere verwandelt worden; da kreischte ein schwarzer Rabe vor Empörung, eine Kuh muhte voller Angst; und einige waren sogar zu Mücken, ekligen Käfern und Ratten geworden. Diejenigen, die nicht verwandelt worden waren, schrien und kreischten in Panik. "Was geschieht hier?!", brüllte Mrs. Smith, "ich verlange sofort, dass sie aufhören!" "Es tut mir leid, Ihnen das anzutun, Miss", sagte Anne leise, "lassen Sie sie bitte gehen!" "AUF KEINEN FALL, ICH..." Eine erneute Bewegung mit Annes Zauberstab und eine weitere Erzieherin wurde zu einer Maus. Suria schaute sich das Ganze entsetzt an. Was bezweckte Anne damit? Meinte sie etwa, sie könnte die Direktorin damit überreden? Sie fürchtete, es würde eher das Gegenteil der Fall sein. Sie stürmte zu den verwandelten Erzieherinnen um sie mit ihrer "Kraft" zurückzuverwandeln, damit sie diese wenigstens einmal nützlich einsetzen konnte. Aber Anne hielt sie zurück. "Also so was!", schrie die Direktorin, "hören Sie sofort auf, sonst rufe ich die Polizei! Dann können Sie mal sehen, was Sie davon haben!!!" Anne zuckte die Achseln. "Rufen Sie sie doch! Das trifft sich sogar gut. Ich möchte selber noch ein Wörtchen mit ihnen reden. Über die Art und Weise, wie Suria hier behandelt wird. Ich bin sicher, sie werden es sehr aufschlussreich finden!" "Und wie wollen Sie das Ganze beweisen?" fragte Mrs. Smith. "Ganz einfach!" Anne rumorte in ihrer Jackentasche und förderte ein kleines Aufnahmegerät zutage. "DAMIT!" Aber nun war die Direktorin ganz außer sich. Kochend vor Wut blickte sie auf Suria und zischte: "Verstehe...das Gör hat doch tatsächlich Ihnen alles gepetzt und hat Sie gebeten, uns zu bespitzeln! Hinterhältig durch und durch...Was wird erst aus ihr, wenn sie diese Schule..." Doch nun verlor auch Anne die Kontrolle. Sie zeigte mit ihrem Zauberstab auf das Telefon, dass in der Eingangshalle auf einer kleinen Kommode stand (diejenigen, die sich in der Nähe der Kommode aufhielten, liefen schreiend davon) und rief: "Accio, Telefon!" Das Telefon flog in Annes Hände. Alle hielten die Luft an, als Anne eine Nummer wählte, den Hörer abhob und dann schließlich mit gespieltem Entsetzen sprach: "Hallo...Ja, hier Anne Rauting! Sie müssen sofort kommen, es ist einfach ENTSETZLICH!!! Im örtlichen Waisenhaus treiben sich allerhand Tiere und Ungeziefer herum!!! Ja, ja, jemand hat sie wohl hier reingelassen...Nein, die Direktorin steht genau daneben...Wie furchtbar für das Weisenh..." "Ist ja schon gut, nun hören Sie schon auf!", kreischte Mrs. Smith, "ich lasse sie ja gehen, nur legen Sie sofort auf!" "Versprochen?", flüsterte Anne. "Ja, doch! Und jetzt verschwinden Sie von hier und nehmen Sie diese Göre gefälligst mit!!!" Anne sprach in den Hörer: "Tut mir sehr leid, es war ein Missverständnis. Die Leute im Waisenhaus scheinen alle für ein Theaterstück zu proben!" Und obwohl vom Hörer aus immer noch laute Stimmen zu hören waren, legte Anne einfach auf. Suria war starr vor Erstaunen. Sie konnte einfach nicht glauben, was passiert war. Zuerst schien die Direktorin einfach nicht aufzugeben aber nun ließ sie sie gehen? Das war sehr unwirklich, auch ohne verwandelte Tiere und fliegende Telefone. Aber schon im nächsten Moment war Suria klar, dass wenn die Polizei auftauchen würde, es sehr schlecht für das Waisenhaus aussehen würde. Sie würden sofort denken, jemand aus dem Haus hätte diese Tiere hierher geschafft und diesen Schweinestall verursacht. Und wenn Mrs. Smith oder jemand anderes auf den Gedanken gekommen wäre, zu sagen, die Tiere seien Erzieherinnen, die verwandelt worden waren, dann würde es erst recht einen schlechten Eindruck hinterlassen. Wer würde das denn schon glauben (die Polizisten, die in Wahrheit Zauberer waren, arbeiteten schon lange nicht mehr)? Und Suria verstand auch, warum die Direktorin vorhin nicht bereit war, Suria gehen zu lassen und nur dann nachgegeben hatte, als Anne die Polizei angerufen hatte. Für Mrs. Smith war der Ruf des Waisenhauses viel wichtiger als ihre Mitarbeiter - was kümmerte es sie, wenn die Erzieherinnen verwandelt wurden; wenn die Polizei oder sonst jemand einen schlechten Eindruck von ihr oder dem Waisenhaus bekam, dann war es viel schlimmer!!! "Darf...darf ich wirklich gehen?", fragte sie die Direktorin ungläubig. "Na, geh schon, ich sagte doch, ich habe es erlaubt!", antwortete Mrs. Smith ungeduldig. Suria konnte es kaum glauben, aber es schien wahr zu sein: sie durfte mit Anne weg, sie durfte auf die Schule! Freude, die sie bisher nur sehr selten gefühlt hatte, machte sich in ihrem Herzen breit und vor lauter Glück lief sie zur Direktorin hin und fiel ihr um den Hals. "Autsch!", rief Mrs. Smith, "nun lass es sein, Mensch, ist ja gut jetzt!" Anne lächelte breit. "Na, dann...Wenn das so ist..." Sie beförderte mit ihrem Zauberstab das Telefon wieder auf seine Kommode zurück und- ein, zwei Schlenker ihres Zauberstabes- aus den Tieren wurden wieder die Erzieherinnen. Alle trugen in ihren Gesichtern Anzeichen von Angst, Zorn, Überraschung und Verwirrung; aber keiner traute sich mehr irgendwas zu sagen. Nun legte Anne den Arm um Surias Schultern und flüsterte: "Komm, lass uns endlich gehen, bevor sie es sich anders überlegen!" Als sie gingen, drehte sich Anne zu den Leuten um und sagte: "Ich hoffe, es fällt kein Wort mehr über dieses...dieses Ereignis. Es ist ohnehin zu unglaublich, so dass es nicht nötig sein wird. Und außerdem komme ich in diesem Fall wieder." Sie sah dabei echt so aus, wie der waschechte Terminator. "Auf Wiedersehen!", murmelte Suria immer noch verlegen und ging zusammen mit Anne hinaus. "So, jetzt werden wir uns ein schönes Plätzchen suchen, wo wir fern von Muggelaugen zur Winkelgasse verschwinden können", sagte Anne, als wäre nichts passiert und in dem Ton, als würde sie zu einem Klassenausflug aufbrechen. Suria murmelte kleinlaut: "Anne, das mit der Zauberkraft war wirklich nicht nötig gewesen!" Anne seufzte: "Ich hatte doch keine andere Wahl, oder? Ich musste sie einfach überzeugen und da war Zaubern der einzige Weg. Hast du ja selbst gesehen. Ich habe aber echt gedacht, die Leiterin würde dich gehen lassen, wenn ich ein paar ihrer Mitarbeiter in Tiere verwandeln würde. Wenn man Leute überreden muss, dann gibt es nur diese Möglichkeit: wende Zauberkraft, auf diejenigen, die ihnen nahe stehen an. Aber bei der Leiterin schien es nicht zu funktionieren. Es gibt halt immer ein erstes Mal. Ich schätze, ihr Ruf war ihr wichtiger, als ihre Mitarbeiter und die Kinder...Tolle Leiterin!" "Nein, das meine ich nicht", sagte Suria bedrückt, "du kriegst jetzt bestimmt Schwierigkeiten und alles wegen m..." Doch Anne lachte lauthals los und sagte: "Ach, was, ich bin daran gewöhnt, in Schwierigkeiten zu sein; Schwierigkeit ist mein zweiter Vorname! Die Schulleiterin wird sehr böse sein, das ja - sie mag es nicht, wenn man solche Späße mit Muggeln macht - aber ich hoffe, sie wird verstehen, dass es halt nicht anders ging. Und die Person, der ich versprechen sollte, dich zur Schule zu bringen, wird mir sicher dabei helfen! Ich musste ja schließlich eine wichtige Aufgabe erfüllen!" Sie bogen in eine kleine Nische zwischen zwei Häusern ein, wo nichts war, außer ein paar Mülltonnen und zwei Ratten, die eine davon durchstöberten. Anne hob eine auf dem Boden liegende Dose auf, stellte sie neben sich und Suria auf eine andere Mülltonne, holte erneut ihren Zauberstab heraus und rief: "Portus!" Suria wusste dass Anne mit diesem Zauberspruch die Dose in einen sogenannten Portschlüssel, ein Objekt, das die Fortbewegung von einem Ort zum nächsten möglich machte, verwandelt hatte. Sie fragte: "Wäre es nicht einfacher, zu apparieren?" Anne murmelte abwesend: "Vielleicht, aber das gibt nur Ärger und..." Sie stutzte und starrte Suria an. "Kannst du es etwa?" Im gleichen Moment hätte sich Suria am besten kräftig auf die Lippe gebissen. Jetzt sah es so aus, als hätte sie mit ihrer "Kraft" prahlen wollen, obwohl sie es doch mehr als alles andere hasste, diese zu besitzen. Rot vor Verlegenheit stotterte sie: "Naja...ich, äääh...das ist nur Zufall, dass ich..." "Erstaunlich, wirklich erstaunlich!",sagte Anne beeindruckt, "das können normale Zauberer erst mit 17 und selbst dann ist es sehr schwer...Aber da es offiziell erst mit 17 erlaubt ist, kannst du nicht einfach in die Winkelgasse, voll mit Hexen und Zauberern, die es wissen, apparieren! Und ich muss selber zugeben, dass ich nicht allzu gerne appariere. Du musst es verstehen." Suria nickte; Anne hatte Recht. Diese sagte nun: "Auf drei berühren wir gemeinsam den Portschlüssel, o.k.?...Eins...zwei...drei!" Eine der beiden Ratten schaute nun von dem Müllberg, in dem sie zuvor gestöbert hatte, auf. Sie sah zwei Menschen - einen großen und einen kleinen - die ihre Finger gleichzeitig auf eine der Dosen, an der sie zuvor vorbeigegangen war gelegt hatten. Dann...ein blendend weißes Licht, ein kleines Zischen...und die beiden Menschen waren verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)