Brüder auf Reisen von Mondvogel ================================================================================ Kapitel 13: Sturz ins Leere --------------------------- Toll, dass euch die Harpyien so gut gefallen haben! *freu* Es hat zwar gedauert, aber nun viel Spaß mit dem 13. Kapitel: Weit erstreckte sich das trostlose Land. Der Horizont sah seltsam verschwommen und dunstig aus. Auch die Luft war merkwürdig. Die Sonne stand zwar am Himmel, aber es war trotzdem finster. Alles wirkte irgendwie nicht real, doch Inuyasha wusste nur zu gut, dass es sich diesmal um keine Illusion handelte. Mit seinen nackten Füßen spürte er den spröden Boden besonders gut. Er war kalt und grau. Kaum zu glauben, dass hier vor knapp einer Woche noch blühendes Leben gewesen war. Die Brüder fanden allerlei Beweise dafür: Ein ausgetrocknetes Bachbett und zerbröselte Überreste von Gras und Sträucher. Am beeindruckensten war ein großes Loch im Boden, wo früher einmal ein See gelegen hatte. Jetzt gab es hier kein Wasser mehr. Der Boden begann vor Trockenheit sogar an einigen Stellen aufzureißen. Außerdem spürte Inuyasha etwas Mächtiges, weiter im Landesinneren. Er und Sesshomaru bewegten sich zudem direkt darauf zu. Es handelte sich jedoch nicht um die Aura ihres Feindes. Nein, dort vorne wartete etwas anderes auf sie. Es hatte eine derartig große Ausstrahlung, dass Inuyasha mulmig zumute wurde. Er kniff die Augen zusammen, konnte vor sich aber noch nichts erkennen. "Was ist das? Diese Macht?" fragte er schließlich. "Ein Bannkreis." antwortete der Youkai ernst. Inuyashas Augen weiteten sich erstaunt. "Bist du sicher? Einen so mächtigen Bannkreis habe ich noch nie gespürt." "Ich bin sicher." Allerdings musste Sesshomaru seinem Bruder im Stillen beipflichten. Auch er hatte noch nie einen derartigen Bannkreis zur Kenntnis genommen. Er hatte seine Ausstrahlung sogar schon ganz am Anfang der Reise gespürt. Niemals hätte er jedoch gedacht, dass er derart mächtig war. Hoffentlich konnte ihn Inuyasha zerschneiden. "Was hältst du davon, dass unser Gegner bereits tot ist?" brach Inuyasha nach einer Weile das Schweigen. Sesshomaru starrte nachdenklich geradeaus. "Nun, entweder er wurde von jemanden geweckt oder er ist selbst irgendwie auferstanden." vermutete er. "Selbst auferstanden? Wie denn?" "Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Man muss nur ein mächtiger Youkai sein und Magie beherrschen." "Das klingt gar nicht gut. Sieht so aus, als ob wir nicht gerade einen leichten Gegner gezogen haben." Sesshomaru antwortete nicht darauf. Inuyasha hatte recht. Ihr Feind war mehr als merkwürdig und gab ihnen immer mehr zu denken. Kaum hatten sie etwas über ihn erfahren, tauschten sofort Dutzende neue Fragen auf, die nicht beantwortet werden konnten. Die Brüder erreichten am späten Nachmittag ihr wohl bisher größtes Hindernis: Den Bannkreis. Man sah in der Luft etwas Rötliches schimmern und die Ausstrahlung der Macht war hier so groß, dass man sich selbst absolut in der Gewalt haben musste, um nicht zu Boden gedrückt zu werden. Es war ein beängstigendes Gefühl. "Na dann wollen wir mal." meinte Inuyasha und zog Tessaiga aus der Scheide. Die Schwertklinge färbte sich augenblicklich rot. Der Hanyou atmete tief aus und konzentrierte sich mit aller Kraft auf den Bannkreis. Er musste es einfach schaffen. Er durfte auf keinen Fall versagen. Entschlossen hob er das rote Schwert. "Tessaiga!" rief er fordernd und ließ das Schwert auf den Bannkreis herabsausen. Die Klinge prallte funkensprühend auf das unsichtbare Hindernis. Ein helles Licht leuchtete auf, welches so sehr blendete, dass Inuyash hastig die Augen schloss. Als die Helligkeit zurückging, blinzelte er mehrmals, um die grellen Pünktchen vor seinen Augen loszuwerden. Aufmerksam blickte er vor sich hin. Er stöhnte enttäuscht auf. Der Bannkreis war noch da, völlig unversehrt. "Na warte, gleich noch mal!" knurrte er wütend. Er stellte sich breitbeinig hin, um einen besseren Halt zu haben und fasste Tessaigas Griff mit beiden Händen. Sesshomaru beobachtete ihn schweigend. Er war gespannt zu sehen, wie sein Bruder mit diesem Problem fertig wurde. Entschlossen und Tatkräftig war er schon einmal. Ein guter Anfang. Mal sehen ob das auch zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führte. Inuyasha schloss die Augen und konzentrierte sich aufs neue. Er stellte sich den Bannkreis bildlich vor und ließ all seine Kraft ins Schwert strömen. Er spürte wie Tessaiga daraufhin zu pulsieren begann und immer heißer wurde. Inuyasha musste die Zähne zusammenbeißen, um die Kontrolle nicht zu verlieren. Mit einem eisernen Griff hielt er sein Schwert fest. Es schien fast an ihm festgeklebt zu sein. Immer stärker begann es zu vibrieren, immer heller leuchtete es auf. Sesshomaru spannte sich automatisch an. Nur für den Fall, dass er eingreifen müsste. Er spürte jedoch auch, dass Inuyasha das alleine schaffen wollte und hielt sich deshalb noch etwas zurück. Der Hanyou keuchte nun vor Anstrengung, aber er ließ nicht los. Langsam hob er das leuchtende Schwert über seinen Kopf und atmete tief ein, um sich zu entspannen. Tessaiga war plötzlich furchtbar schwer und drohte seinen Besitzer zu Boden zu drücken. Inuyasha ächzte. Nun konnte er nicht mehr länger warten. Das Schwert war nicht nur schwer, sondern die Energie darin würde Inuyasha zerreißen, wenn er sie nicht bald freisetzte. Jetzt oder nie, dachte er und schwang Tessaiga mit aller Kraft, die er aufbringen konnte auf den Bannkreis. Wiederum leuchtete es hell auf. Doch diesmal spürte der Hanyou, wie die Schwertklinge etwas zerschnitt. Sie drang in den Bannkreis ein und zerfetzte ihn, mit einem hohen zischenden Geräusch, wie ein Stück Papier. Sesshomaru wich etwas zurück, um nicht von der entfesselten Macht verletzt zu werden. Das sollte sein kleiner Bruder sein? So eine gewaltige Kraft hatte er? Das hätte er ihm gar nicht zugetraut. Wenn er dieses Spektakel nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde er es niemals glauben. Inuyasha hatte da eine gewaltige Macht hervorgerufen. Woher hatte er sie nur? Sesshomaru war etwas verwirrt und beeindruckt zugleich. Gleichzeitig spürte er großen Stolz in sich aufsteigen. Stolz, so einen Bruder zu haben. Er war ihm doch viel ähnlicher, als er angenommen hatte. Niemand sollte je wieder sagen, dass er als Hanyou schwach wäre. Absolut niemand. Allmählich legte sich der Staub und matte Dunkelheit senkte sich wieder über das Land. Inuyasha keuchte und taumelte zurück. Er fühlte sich völlig ausgelaugt und schwach. Da habe ich wohl zuviel von meiner Energie hergegeben, vermutete er. Mit einem stolzen Lächeln sah er, dass der Bannkreis nicht mehr da war. Immerhin hatte er es geschafft. Nun hielt ihn nichts mehr auf. Er drehte sich zu seinem Bruder um, der ihn seltsam ansah. Was war jetzt schon wieder? Hatte er etwas falsch gemacht? Er setzte schon zu einer wütenden Antwort an, klappte aber den Mund gleich darauf wieder zu, als er den wahren Ausdruck in Sesshomarus Augen erkannte. Anerkennung? Ohne einen Funken Spott oder Verachtung? Der Hanyou blinzelte sprachlos, doch als er noch einmal genauer hinsah, waren Sesshomarus Augen wieder kalt und ausdruckslos. Also doch nur Einbildung. Aber so sicher war er sich da nicht... "Gehen wir?" fragte er etwas verlegen und stolperte schon mal einige Schritte nach vorn. Sesshomaru trat neben ihm. Er warf ihm seitwärts einen Blick zu. "Das mit dem Bannkreis war gut, aber hast du nicht zuviel von deiner Kraft verbraucht?" fragte er beinahe gleichgültig. Inuyasha blinzelte ihn verwirrt an. War das gerade ein Lob gewesen? Völlig perplex starrte er in die Augen seines Bruders. Also war das von vorhin auch echt gewesen... Im ersten Moment fehlten ihm die Worte, um etwas zu sagen. "Danke onii- san." brachte er schließlich hervor. "Nein, es geht schon. Solange ich nicht gehen kann ist alles in Ordnung. Meine Freunde haben nicht mehr viel Zeit, ich muss mich beeilen." beantwortete er die Frage. Zum Beweis ging er etwas schneller. Sesshomaru beließ es dabei. Es sah tatsächlich so aus, als ob Inuyasha noch eine ganze Weile durchhalten könnte. Solange sich sein Zustand nicht verschlechterte konnten sie ja weitergehen. "Deine Freunde bedeuten dir ziemlich viel." vermutete er. Inuyasha nickte. "Sie sind alles was ich habe." Und sie können froh sein dich zu haben, dachte der Youkai. Wo fand man schon jemanden, der für seine Freunde so viele Risiken auf sich nahm? Unerfreuliche Überraschungen lauerten hinter jeder Ecke, das mussten die Hundebrüder schon bald widerwillig erkennen. Das Schicksal meinte es wohl nicht gut mit ihnen. Es tauchten zwar keine Gegner auf, aber es wurde kälter. Eine eisige Kälte, die den Körper steif werden ließ und sogar in ihn hineinkroch. Inuyasha sah sogar seinen eigenen Atem, als Folge kleiner grauer Wölkchen vor sich aufsteigen. Immer noch sah man nichts von ihrem Feind. Dabei waren sie mittlerweile schon ziemlich tief ins Land eingedrungen. Sie sahen nun sogar abgebrannte Dörfer. Inuyasha schaute sich automatisch nach Überlebenden um, konnte aber zu seinem Bedauern niemanden finden. Dafür würde dieser Youkai büßen. Er schien die Menschen zum Spaß zu töten und zu quälen. Payia hatte ja gesagt, dass er die Menschen gefangen genommen hatte. Inuyasha wollte sich gar nicht vorstellen, wozu er sie brauchte. Er unterdrückte einen Schauer und konzentrierte sich aufs weitergehen. Allmählich begann er ziemlich zu frieren. Nicht nur, weil es hier tatsächlich kalt war, sondern auch wegen einem anderen Grund: Er hatte vorhin wohl tatsächlich zuviel Energie hergegeben. Energie, die er jetzt brauchen würde, um sich warm zu halten. Verdammt, fluchte er in Gedanken. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Nur nichts anmerken lassen. Er wollte auf keinen Fall jetzt eine Pause machen, so schwach war er nun auch wieder nicht. Unbeirrt ging er neben Sesshomaru her, der noch nichts bemerkt zu haben schien. Inuyasha konnte es immer noch nicht fassen ein Lob von ihm gehört zu haben. Das machte ihn stolz und stärkte zudem sein Selbstbewusstsein. Genau das hatte er gebraucht: Von seinem Bruder akzeptiert zu werden und zu spüren, dass er so etwas wie eine Familie hatte. Er war fast froh ihn hier bei sich zu haben. Nicht einmal beim besten Willen konnte er sich vorstellen alleine an diesem grauenhaften Ort hier zu sein. Er hoffte auch, bald auf den Gegner zu treffen und endlich Tenseiga zu bekommen. Mit seinem Bruder an seiner Seite war er sich sicher, dass sie den Youkai besiegen konnten. Daran hatte er keine Zweifel. Eben dieser Youkai saß gerade in seinem Schloss und beobachtete die Brüder durch die Augen der kleinen Wanze. Er war beeindruckt, das musste er offen zugeben. Dieser Hanyou hatte mehr drauf als angenommen. Außerdem war die Bindung zwischen den Brüdern viel stärker als am Anfang. Gemeinsam waren sie nahezu unbesiegbar. Das würde noch einige Probleme geben, aber der Schlossherr war zugleich so selbstsicher, dass er eine Niederlage von vorn herein ausschloss. Diese elenden Söhne von Inutaishou würden ihm niemals etwas anhaben können. Das wäre ja gelacht, wenn er von denen besiegt würde. Niemals würde ihm etwas derartiges passieren. Überhaupt war er bereits tot. Wie sollte man einen bereits Verstorbenen töten? Der Schlossherr lachte hasserfüllt auf. Diese törichten Hunde hatten ja keine Ahnung mit wem sie sich da eingelassen hatten! Nichts ahnend gelangten die Hundebrüder nach einiger Zeit zu einer völlig aufgerissenen Landschaft. Er war hier so trocken, dass breite Risse den Boden durchzogen. Man musste drüberspringen, um auf die andere Seite zu kommen. "Na toll, jetzt müssen wir uns auch mit so was durchschlagen." murrte Inuyasha genervt. Immer musste irgendetwas da sein, das ihr Vorwärtskommen behinderte. Ihr Feind hatte an alles gedacht, um die Brüder aufzuhalten. Machte er das, um sie zu testen oder hatte er bloß Angst? Nun ja, Letzteres dürfte wohl eher nicht zustimmen. Der Hanyou hatte ein komischen Gefühl, wenn er an diesen Youkai dachte. Er durfte ihn nicht unterschätzen. Schließlich hatte er bereits ein ganzes Land verwüstet und die Harpyien vertrieben. So ganz in Gedanken versunken merkte er nicht sofort, dass sich etwas veränderte. Die Abgründe wurden immer breiter. Inuyasha sprang gerade über einen und befand sich noch in der Luft, als sich der Boden unter ihm zu einem großen Loch verbreitete. Der Riss war viel zu groß, als dass Inuyasha die andere Seite erreichen konnte. "Verdammt!" rief er und strampelte hilflos mit den Füßen in der leeren Luft. Wie ein schwerfälliger Sack fiel er nach unten. Der finstere Abgrund verschluckte ihn wie ein gieriges Raubtier. Sesshomaru drehte sich alarmiert zu seinem Bruder um und wurde somit kurz abgelenkt. Unter seinen Füßen brach der Boden ebenfalls auf und öffnete sich wie ein dunkler Rachen. Der Youkai konnte nichts tun. Er wurde ins Loch hineingezogen, als ob eine mächtige Macht ihn gepackt hätte und nicht mehr losließ. Unter sich sah er Inuyasha. Wenigstens waren sie noch zusammen. Was konnte schon groß passieren. Sie würden unten ankommen, vielleicht etwas hart aufprallen, aber das war auch schon alles. In diesem Fall war Sesshomaru ziemlich zuversichtlich. Seine Theorie geriet aber schon bald ins Wanken. Der Fall in die Tiefe hörte nämlich nicht auf. Wie war das möglich? Wie tief war denn dieses Loch? Langsam begann er sich Sorgen zu machen. Anscheinend schien hier gar nichts mehr normal zu sein. Inuyasha hatte ähnliche Gedanken. Er war erleichtert seinen Bruder nicht weit vor sich zu sehen, aber allmählich fragte er sich auch, wann denn endlich der Boden in Sicht kam. So tief konnte kein Abgrund sein. Das Blut rauschte ihm bereits in den Ohren, da er Kopfüber fiel. Eine wirklich unbequeme Stellung. Mit aller Kraft versuchte er sich irgendwie umzudrehen. Die Ergebnisse seiner Bemühungen ließen allerdings zu wünschen übrig. So gab er auf und blieb weiterhin mit dem Kopf nach unten. Das gibt's doch nicht, dachte er ärgerlich. Man kann doch nicht unendlich lange fallen! Oder vielleicht doch? Bei diesem Youkai wusste man ja nie. Er schien große Mächte zu haben, das hatte Inuyasha schon beim Bannkreis gesehen. Für ihn wäre es also kein Problem auch so etwas zu inszenieren. Mühsam hob der Hanyou den Kopf und lugte zu seinem Bruder. Der Wind pfeifte ihm ins Gesicht und trieb ihm Tränen in die Augen. Er blinzelte und sah seinen Bruder etwas verschwommen vor sich auftauchen. Auch er schien nichts unternehmen zu können, obwohl er sich alle Mühe gab. Er versuchte sich in der Luft zu drehen und zu wenden, aber schon wie Inuyasha hatte auch er keinen Erfolg. Na toll, dachte der Hanyou. Wir fallen so lange bis wir tot sind. Der Schlossherr lachte amüsiert auf. Was für dumme Amateure! Aber was sollte man schon von einem Hundejungen und einem Hundewelpen anderes erwarten? Sie waren beide noch ziemlich unerfahren. Sie konnten kämpfen, oh ja, ziemlich gut sogar. Aber was, wenn es keinen Gegner gab? Wenn man in einer Situation war, wo man sterben konnte, ohne zu kämpfen? Mit etwas Derartigem hatten sich die Brüder anscheinend noch nie auseinandergesetzt. Typisch. Da freute man sich endlich einmal gute Gegner gefunden zu haben und dann wurde man so enttäuscht. Der Schlossherr lehnte sich zurück und brach den Kontakt mit der Wanze für einen Moment ab. Er würde seine beiden Opfer noch etwas fallen lassen. So lange, bis sie die Hoffnung aufgaben und nur mehr verzweifelt in der Luft strampelten. Wiederum verließ ein hohles Lachen seine trockene Kehle. Er hatte schon lange keinen so großen Spaß mehr gehabt. Sein Blick fiel auf ein schmales Schwert, welches auf einem Tisch in der Nähe lag: Tenseiga. Der Schlossherr stand auf und nahm das Schwert in die Hand. Es sah eigentlich ganz normal aus. Keine Verzierungen zierten es, nicht einmal kostbare Juwelen waren im Griff eingesetzt worden. "Was ist an diesem Schwert nur so wichtig, dass die beiden durchs halbe Land reisen, um es zu bekommen?" fragte sich der Youkai laut und drehte die Klinge hin und her. Dieses Schwert konnte ja nur Tote wieder zum Leben erwecken, mehr nicht. Er würde die Brüder wohl danach fragen müssen, wenn sie am Schloss ankommen würden. Plötzlich ließ der Youkai Tenseiga fallen, als ob er sich daran verbrannt hätte. Klirrend fiel das Schwert auf die Fliesen und schlitterte über den Boden davon. Der Schlossherr machte keine Anstalten es aufzuheben, denn ein Stich durchfuhr schmerzhaft seinen ganzen Körper. Entsetzt schloss er die Augen und versuchte vergeblich die Verbindung mit seiner Wanze wiederherzustellen. Nichts regte sich. Da ist etwas passiert, dachte er und knurrte wütend. Diese verdammten Hunde haben meine Wanze vernichtet! Wie konnten sie das winzige Insekt nur entdecken? Hatten sie es absichtlich getötet, oder war es reiner Zufall? Der Schlossherr ballte wütend die Fäuste. Er war unvorsichtig gewesen und hatte die beiden wieder einmal unterschätzt. So etwas würde ihm nicht noch einmal passieren. Seine Wanze war vernichtet, er konnte die Brüder also nicht mehr beobachten, aber das war jetzt egal. Sie würden sowieso bald das Schloss erreichen. Spätestens dann hatte der Spaß endgültig ein Ende. Grimmig hob er Tenseiga auf und warf es gleichgültig auf den Tisch zurück. Sesshomaru war sich im Klaren, dass es so nicht weitergehen konnte. Dieser Fall musste auch mal ein Ende haben! Es war einfach nicht möglich, dass kein Boden mehr existierte! Eine Illusion war das ganze aber auch nicht. Zum ersten Mal sah sich Sesshomaru deutlich in Schwierigkeiten. Nie hätte er gedacht, dass es jemals zu so einer auswegslosen Situation kommen würde. Mehrmals versuchte er sich in der Luft zu drehen, um besser sehen zu können, aber er wurde immer wieder vom scharfen Wind nach unten gedrückt. Er versuchte auch die Wand zu erfassen, aber links und rechts von ihm herrschte gähnende Leere. Fliegen konnte er auch nicht, da ihn eine starke Kraft daran hinderte. Verdammt, mit so einer Falle hatte er wirklich nicht gerechnet. Er war sich sicher, dass ihr Feind wieder dahinter steckte. Ein raffinierter Schachzug von ihm, das musste Sesshomaru widerwillig zugeben. Es gab keinen Gegner zum kämpfen und trotzdem würden sie hier irgendwann sterben. Was für ein ehrenloser und lächerlicher Tod das wäre. Sesshomaru wollte auf keinen Fall so ein Ende machen. Mit aller Kraft bäumte er sich wieder auf, ohne genau zu wissen, was er damit eigentlich bezwecken wollte. Er legte den Kopf in den Nacken und sah hinauf. Den Rand des Loches sah man bereits nicht mehr. Nur Dunkelheit und Leere. Es war merkwürdig.... Sesshomaru erinnerte sich jetzt, dass die Risse im Boden genau dort aufgetaucht waren, wo die Brüder gerade gestanden hatten. Etwas zu präzise. Da stimmte etwas nicht. Bestimmt hatte der fremde Youkai das mit den Löchern im Boden bewerkstelligt, aber wie konnte er so genau wissen wo er sie platzieren sollte? Er muss uns mit etwas beobachten, dachte Sesshomaru und blickte sich sogleich aufmerksam um. Er ließ all seine Sinne ausfahren und tastete damit die Dunkelheit um ihn herum Zentimeter für Zentimeter ab. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass er bereits seit einigen Minuten fiel und der Wind ihm unangenehm in den empfindlichen Ohren rauschte. Trotzdem ließen sich ebendiese Ohren davon nicht beeinflussen. Sie waren es auch, die nach einer Weile etwas Verdächtiges meldeten. Sesshomaru hob langsam den Kopf und konzentrierte sich mit aller Kraft auf das neue Geräusch. Zwischen all dem Rauschen und Pfeifen des Windes filterte er einen winzigen Laut heraus: Ein kleines Summen. Das Summen eines Insektes. Volltreffer. Es passte alles zusammen. Der fremde Youkai hatte ja eine Vorliebe für Insekten, da war es nur logisch, dass er die Brüder mit einen von ihnen beschattete. Sesshomaru grinste siegesgewiss. Er würde jetzt der kleinen Spionage ein Ende bereiten. Langsam hob er die Hand und spreizte die Finger. "Dokkaso!" das Gift flog direkt auf das Summen zu und prallte mit voller Wucht darauf. Etwas zischte, dann war es still. Im selben Augenblick prallten die Brüder hart auf den Boden. Inuyasha blieb etwas benommen liegen, während sein Bruder sofort aufstand. Ein leichtes Schwindelgefühl packte ihn und ließ ihn einen Schritt nach hinten stolpern. Das Gefühl legte sich jedoch bald wieder und der Hundeyoukai warf einen Blick nach oben. Der Rand war immer noch nicht zu sehen. Also sind wir tatsächlich so tief gefallen, schlussfolgerte der Youkai. Da wieder hochzukommen würde ein hartes Stück Arbeit werden. Und vor allem ein langes Stück. Er drehte sich um, als sich Inuyasha schwankend erhob. Der Hanyou war ziemlich blass und er fühlte sich auch dementsprechend. Noch nie war ihm so übel gewesen. Zusätzlich war ihm furchtbar schwindlig und seltsamerweise sah er alles doppelt. Er hielt sich verwirrt den Kopf und taumelte hin und her. "Uhh.... Was war das gerade?" murmelte er unverständlich und beschloss sich auf einen Stein niederzulassen. "Wir sind tief gefallen." erklärte der Ältere. "Dieser Youkai ist schon wieder dafür verantwortlich. Er hat uns mit einem kleinen Insekt beobachtet und jeden unserer Schritte verfolgt." "Was?" Das waren ja wieder einmal tolle Neuigkeiten. Ihr Gegner hatte sie also die ganze Zeit über im Auge behalten. Infolgedessen musste er über die Brüder ja gut bescheid wissen. Er hatte ihre Kampftechniken sowie ihre Bewegungen im Kampf gesehen und.... meine Güte! Inuyashas Schwachpunkt kannte er wahrscheinlich auch!! Er war bestens über die Brüder informiert und würde deshalb auch im Kampf mit ihnen wesentliche Vorteile haben. "Verdammt." fluchte der Hanyou. Sesshomaru musste nicht nachfragen, er wusste warum sich sein Bruder ärgerte und sein Zorn war ebenso groß. Jetzt hatten sie erst recht Probleme. Sie wussten nichts über ihren Gegner und er beinahe alles über sie. BEINAHE alles. Vielleicht ergab sich doch noch eine Chance ihn zu erledigen. Sesshomaru gab sich einen Ruck und löste sich von seinen Gedanken, die sich sowieso nur im Kreis drehten und zu keinem Ergebnis führten. "Wir müssen weiter, auch wenn wir jetzt klar im Nachteil sind." sagte er zu seinem Bruder. Inuyasha nickte. Na klar mussten sie weiter. Diese Reise war erst zu Ende, wenn sie Tenseiga hatten. "Wie kommen wir wieder rauf? Klettern?" fragte er, war aber von seinem Vorschlag nicht gerade begeistert. Er riskierte einen Blick nach oben und verzog sogleich das Gesicht. Nur Finsternis war zu sehen. Nein, da raufklettern, das würde er sich bestimmt nicht antun. Zum Glück teilte auch sein Bruder diese Meinung. "Nein." sagte er bestimmt. "Das beste ist, wir fliegen." Inuyasha hielt von dieser Idee auch nicht viel. Er konnte ja nicht fliegen, hatte sein Bruder das schon vergessen? "Aber...." wandte er ein, spürte dann jedoch, wie sich etwas sanft um seinen Oberkörper legte und ihn vorsichtig einwickelte. Es war Sesshomarus Fell, welches sich verlängert hatte und Inuyasha festhielt. Ohne noch etwas zu sagen, erhob sich der Youkai in die Luft und zog seinen Bruder einfach mit sich. Dieser hielt sich reflexartig am Fell fest, aber das wäre gar nicht nötig gewesen. Es hielt ihn sicher und würde ihn bestimmt nicht fallen lassen. Inuyasha fühlte sich direkt geborgen. Nachdem er seine Überraschung, über die ungewohnte Behandlung, überwunden hatte, genoss er diese Art der Fortbewegung sogar. Das Fell war flauschig und weich. Es wärmte ihn schnell wieder auf und vertrieb die Kälte aus seinem Körper. Langsam begann er sich sogar wieder kräftiger zu fühlen. Der Aufstieg dauerte ziemlich lange, obwohl sich Sesshomaru beeilte. Inuyasha war schon fast am eindösen, als sein Bruder endlich am Ende des Abgrundes angelangte, seinen Bruder absetzte und auswickelte. Inuyasha war wieder gut bei Kräften. Seine verlorene Energie war wieder da und er fühlte sich bereit dem Feind gegenüberzutreten. Auch Sesshomaru blickte entschlossen. Ihm schien dieser lange Flug nicht viel ausgemacht zu haben. Er machte einen kräftigen und wachen Ausdruck. "Also dann." sagte Inuyasha grimmig. "Lass uns diesem Youkai eine Lehre erteilen." Sesshomaru stimmte ihm in Gedanken zu. Dieser Youkai würde es noch bereuen ihn zum Narren gehalten zu haben. Jetzt würde es ihm an den Kragen gehen und Sesshomaru würde endlich wieder sein Schwert zurückbekommen. Irgendwie vermisste er Tenseiga. Er hatte es zwar selten benutze und er fand das Schwert nach wie vor nutzlos, aber es war ein Erbe von seinem Vater. Erst jetzt merkte er wie sehr es ihm bedeutete dieses Schwert bei sich zu tragen. Es war, als ob sein Vater immer bei ihm wäre. Inuyashas Gedanken waren währenddessen bei seinen Freunden. Er freute sich schon darauf alle wiederzusehen. Ganz besonders Kagomes warmes Lächeln. Dann würde endlich wieder alles beim alten sein. Nun, nicht ganz.... Inuyasha warf einen kurzen Seitenblick auf seinen Bruder. Es würde nicht alles wieder so sein wie früher. Er und Sesshomaru gingen nun wesentlich anders miteinander um und das würde sich auch nicht ändern, wenn sie ihren Feind erst einmal beseitigt hätten. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, dass man ab jetzt auf den großen Bruder zählen konnte. So. Die beiden haben die letzte Gefahr gut überstanden und im nächsten Kapitel treffen sie auch endlich auf ihren Endgegner.^^ Noch jemand anderes taucht auf und die Brüder erleben eine unerfreuliche Überraschung, was ihren Gegner angeht... Aber ich verrate jetzt nicht zu viel! Bis zum nächsten Kapitel! Das wird dann "Bruderverrat" heißen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)