Tijagisfa Sidestory von mizuchi_akkaku ================================================================================ Kapitel 4: der Fremde --------------------- Am nächsten Morgen hatte ich den Mann vom Abend zuvor schon wieder vergessen. Ein Klopfen hatte mich wie üblich aufgeweckt. Ich antwortete mit einem verschlafenen ja und stand auf. Es war Zeit für das Frühstück. Wenn man es denn so nennen konnte. Durch einen Schlitz wurde mir ein Teller mit leicht hartem Brot, zwei mittelgroßen Stückchen Fleisch, die leicht angekohlt waren, und einer kleinen Schüssel mit Wasser gereicht. Das gab es drei Mal am Tag und alle zwei Tage gab es zur Mittagszeit noch einen größeren Bottich mit eiskaltem Wasser in dem ich mich waschen konnte. Doch dafür gab es keine Klappe, da der Bottich gerade so durch den Türrahmen passte. Deswegen kamen an diesen Tagen immer zwei Männer und ich musste auf dem Dach stehen bleiben, bis sie den Bottich hereingebracht hatten. Der Eine schob den Bottich hinein und der Andere achtete darauf, dass ich auch auf dem Dach blieb. Wenn sie dann am Abend wieder kamen, um das Essen zu bringen holten sie den Bottich auch gleich wieder ab und dieselbe Prozedur begann von vorne. Nur dass dann der Bottich nicht hinein, sondern hinausgeschoben wurde. Außerdem gab es jede Woche zweimal so seltsame grüne Früchte, die ganz sauer schmeckten. Doch im Gegensatz zum Rest des Essens war daran nichts auszusetzen. Sie waren immer von bester Qualität. Insgesamt gesagt hatte sich also nichts daran geändert, wie sie mich behandelten. Am nächsten Tag zum Mittag kamen zwei Männer den Weg zu meiner Hütte hinauf. Es war wieder Badetag, also kletterte ich schon einmal aufs Dach und wartete. Als sie wieder gegangen waren ging ich freudig wieder hinunter und entledigte mich meines Unterkleides, das ich nun schon viel zu lange trug, ohne es auszuziehen. Ich sollte es heute vielleicht mal mit waschen, da es schon ziemlich zu stinken begonnen hatte. Gedankenverloren ließ ich mich vorsichtig in das kalte Wasser gleiten. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper, doch als ich anfing fieberhaft mein einzigstes Kleidungsstück mit der mitgelieferten Seife zu säubern wurde mir schon etwas wärmer. Anschließend ging ich aufs Dach, hängte mein Kleidungsstück über die Stäbe, die oben über mir verliefen. Dann legte ich mich neben den Schatten, den das Unterkleid warf, in die Sonne um mich trocknen zu lassen. Aber auch, um mich wieder aufzuwärmen und zu entspannen. Doch aus entspannen wurde nicht viel. "Na? Hast mich wohl doch vermisst, oder?", hörte ich eine mir bekannte Stimme. Ich schloss die Augen und seufzte einmal tief, bevor ich, ohne mich vom Fleck zu rühren, antwortete. "Wie sollte ich dich vermisst haben, wenn ich seit dem Einschlafen nicht mehr an dich gedacht habe?" Stille folgte auf meine Antwort. "Sag mal hörst du schlecht, oder willst du mir nicht antworten?", fragte ich leicht gereizt. Wieder war alles still. "Wenn du mir nicht antworten willst, dann kannst du auch wieder gehen.", rief ich nun mit leicht wütender Stimme, verwundert darüber, dass er nicht antworten wollte. Als immer noch keine Reaktion kam, drehte ich mich auf den Bauch und kroch neugierig zur Stelle, von der ich in der letzten Nacht diesen Mann gesehen hatte. Als ich über den Rand lugte, da saß er an derselben Stelle im Gras, wie in der Nacht zuvor und hatte den Kopf gesenkt. Meine erste Reaktion war den Kopf sofort wieder zurück zu ziehen. Doch er schien mich nicht bemerkt zu haben und so ließ ich meinen Kopf, wo er war, und nutzte die Gelegenheit ihn genauer in Augenschein zu nehmen. Seine leicht lockigen Haare fielen ihm fast bis in den Nacken und waren genauso strohblond, wie meine. Nur dass mir meine Haare bis kurz oberhalb der Hüfte reichten. Dafür konnte ich umso deutlicher erkennen, dass sein Oberkörper nackt war. Seine Haut war hellbraun gefärbt, ganz im Gegensatz zu meiner leichten Blässe, die von den vielen Tagen innerhalb der Schlossmauern herrührte. Die Hose, die er trug, hob sich strahlend blau von seinem Körper ab und schien ihm nur bis kurz über die Knie zu gehen. Ich wollte ihn nicht weiter mustern, weil er immer noch ein Mann war, doch konnte ich meinen Blick nicht von ihm wenden, da ich etwas von ihm noch nicht gesehen hatte. Ich wollte seine Augen sehen. Wollte herausfinden, ob er wirklich wie die Männer hier war und das ging nur, wenn sie seine Augen sehen konnte. Augen waren die Spiegel der Seele. Kaum hatte sie das gedacht, da schien er aus seiner Erstarrung zu erwachen. "Gefällt dir, was du siehst?", fragte er mit einem Lächeln. Seine Stimme war wieder scherzend, frech und trieb mir die Röte ins Gesicht. Doch hob er keinesfalls seinen Kopf, um mich anzusehen, als ob er ahnen würde, dass ich genau das gerade am meisten wollte. Anscheinend hatte er absichtlich nicht auf meine Fragen geantwortet, um mich an den Rand des Daches zu locken. Vielleicht hatte er sich auch nicht bewegt, damit sie ihn Beobachten konnte. Aber wozu sollte er sich solche Umstände machen?! Ich wollte ihn danach fragen, doch ich konnte nicht. Etwas in mir wehrte sich dagegen. "Schau mich an.", forderte ich ihn stattdessen auf. Tatsächlich hob er ganz langsam den Kopf und ich musste gegen meinen Impuls ankämpfen nicht gleich meinen Kopf zurück zu ziehen. Als ich seine Augen sah erlosch dieses Verlangen sich zu verstecken jedoch sofort wieder. Sie waren ungewöhnlich gefärbt, das fiel mir sofort auf und sie zogen mich augenblicklich in ihren Bann. Ich vergaß, was ich eigentlich damit herausfinden wollte, da ich meinen Blick nicht mehr von diesen meergrünen Augen abwenden konnte. Ich versank förmlich in ihnen und war gefangen in ihrer Schönheit. Als mich etwas an der Wange berührte wurde ich sofort wieder in die Realität zurückgeholt. Seine Hand lag auf meiner Wange und er stand direkt vor mir. Sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt. Nach einer Sekunde, in der ich nicht begriff, was gerade passierte, riss ich meinen Kopf zurück und rollte mich in die Mitte des Daches zurück und blieb dort auf dem Rücken liegen. Mit meiner Hand bedecke ich die Stelle, an der er mich berührt hatte. Ich hatte nicht für möglich gehalten, dass er mich anfassen konnte. Aber die Hütte war ja auch nicht besonders hoch, bemerkte ich auf einmal. Ich konnte mit einem Zentimeter Abstand zur Decke gerade so darin stehen und das Dach war gerade so dick, dass es mich trug. Also warum sollte er nicht in der Lage sein mich zu berühren. Wie ein Blitz durchfuhr es mich, dass er mich auch hätte küssen können. Mein Herz begann zu rasen. Hatte er mich wirklich küssen wollen? Ich blickte unsicher zum Dachrand zurück, von dem ich gerade geflohen war. Spitzen seines Strohblonden Haares waren zu erkennen, doch schien er nicht groß genug zu sein, um über den Rand schauen zu können. Das erleichterte mich ungemein, da ich ja, wie mir gerade wieder bewusst wurde, immer noch splitternackt war. Mit dem Rücken zu ihm stand ich blitzschnell auf und riss mein Unterkleid von den Stangen herunter. Danach streifte ich es mir im selben Tempo über den Kopf und zog es bis zu meinen Knöcheln. Ich war inzwischen trocken, aber mein Kleidungsstück war an manchen stellen noch feucht. Doch war es dadurch zum Glück nirgendwo durchsichtig, wie ich schon befürchtet hatte. Als ich fertig war, fühlte ich, dass mein Gesicht zu brennen begonnen hatte. Ich kniete mich ein ganzes Stück vom Dachrand entfernt auf den Boden. So weit entfernt, dass ich gerade seinen Kopf ganz sehen konnte. Ich rief ihm mit hochrotem Kopf zu: "Wenn du das noch einmal ohne meine Erlaubnis versuchst ... dann ..." Doch ich hielt inne, weil mir nichts einfiel. Was sollte ich schon tun. Ich war eine Gefangene und er war frei. Auch wenn ich versuchen sollte ihn zu schlagen, dann würde er einfach ausweichen können. Außerdem könnte ich ihn nicht mehr schlagen, wenn ich seine leuchtenden Augen sähe. Diese Augen mit der Farbe von grünem Meer. Wieder drohte ich mich in ihnen zu verlieren, doch seine Stimme rettete mich rechtzeitig davor. "Was habe ich denn versucht?", fragte er in unschuldigem Ton und einem breiten Lächeln auf den Lippen. Verwirrt hob ich langsam meine linke Hand an mein Gesicht und berührte mit meinem Zeigefinger vorsichtig meine Lippen. "Mich zu küssen natürlich.", giftete ich ihn in einem plötzlichen Gefühlsausbruch an und zog meine Hand wieder ruckartig zurück. "Habe ich das?" Er zog eine Augenbraue hoch. Seine Stimme war voller Sarkasmus. "Was sollte das denn sonst werden?" Ich spie es ihm regelrecht entgegen, da mich wieder Erinnerungen an Simon übermannten. Außerdem machte mich seine Art von Humor richtig wütend. Doch sein Gesicht wurde plötzlich ernst und das Lächeln, das mich gerade noch wütend gemacht hatte, ließ ihn auf einmal menschlicher aussehen, als es bis jetzt der Fall gewesen war. "Du weinst wieder." Er schaute auf den Boden, während er das sagte. Ich war so geschockt, dass ich nicht reagieren konnte. Ich hatte ihm meinen Kummer offenbart. "Ich ertrage es nicht, wenn Frauen unglücklich sind.", fügte er hinzu. Ich erwachte plötzlich aus meiner Starre und fasste mein Gesicht an, um seine Worte zu überprüfen. Meine Hände spürten Feuchtigkeit an meinen Augen und ruckartig wischte ich mir sofort meine Tränen weg. Erwartungsvoll sah er mich an, doch ich sagte nichts. "Möchtest du mir nicht erzählen, was dich bedrückt?" Seine Stimme hörte sich verlockend tröstend an, doch ich wollte ihm nicht vertrauen. Noch nicht. Er müsste mir erst beweisen, dass er mein Vertrauen verdient hätte. "Nein. Das ist allein meine Sache. Und außerdem bist du wahrscheinlich der Letzte, dem ich es erzählen würde.", warf ich ihm ärgerlich entgegen. Dann erhob ich mich und beendete das Gespräch wie in der vorangegangenen Nacht. Ich schloss die Luke hinter mir und vermied es für den Rest des Tages noch einmal aufs Dach zu gehen aus Angst ich könnte diesen Mann dort wieder treffen. Doch nachdem die Männer mein Abendessen gebracht und den Bottich wieder mitgenommen hatten und der Abend zu dämmern begann fühlte ich mich schrecklich einsam und verlassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)