Walking On Sunshine von Tsutsumi (A Futurama Story) ================================================================================ Kapitel 4: Gedankenregen ------------------------ Autor:Tsutsumi Titel: Walking On Sunshine Kapiteltitel: Gedankenregen Teil: 4/? Disclaimer: Futurama und sämtliche dazugehörigen Charaktere gehören Matt Groening. Ich leihe sie mir nur aus und gebe sie hoffentlich unbeschädigt zurück. Ebenso bekomme ich für diese FF kein Geld. Warning: Sap, angehauchtes silly, leichte OOCness, kitsch Feedback: Immer gern gesehen^^ Walking On Sunshine Phase 4: Gedankenregen In meinem Kopf döste das Bewusstsein dahin, wie ein Floß, welches im Fluss dahintrieb, eingelullt in sein eigenes Sein und nur darauf konzentriert, zu existieren. Ich liebte den Zustand zwischen Wachen und Schlafen, weil sich hier alles so angenehm anfühlte. Das weiche Kissen unter meinem Kopf, das nur sachte meine Nase streichelte, wenn ich ausatmete. Die warme Glätte des frischen Bettlakens unter mir. Die wärmende Decke, die mich von der Welt draußen abschirmte, sich über mir aufspannte wie ein eigener weißer Himmel... Ich drehte mich wohlig seufzend um, atmete entspannt einmal tief ein und wieder aus. Rauch. Ganz langsam glitt ich aufwärts, über die Sphären aus Traum-Fantasie-Gemisch, durch die sich jedes Wesen schlug, wenn es langsam und von allein aufwachte. Es hatte stets ein Gefühl von einem Tauchgang, den ich jede Nacht begann und jeden Morgen rechtzeitig beendete. Ich berührte die dösende Oberfläche und mein erster Gedanke war, dass mein Tauchgang diese Nacht nicht besonders lang gewesen war. Ich hob langsam den Kopf, strich mir lästige Haarsträhnen aus dem Auge. Moment. Rauch! Was ich bis eben nur unterbewusst und irgendwie wahrgenommen hatte, stank und biss jetzt in meiner Nase, ein ekliger, penetranter Geruch von verbrennender Holzkohle- direkt in meiner Wohnung. Ich sprang so schnell auf, dass mir schwindlig wurde, riss dabei halb das tragbare Teil meines altmodischen Telefons mit und hörte meine Füße laut auf dem Boden donnern, als ich zur Tür rausstürzte. Wie konnte es sein, dass es in meiner Wohnung brannte? Hatte ich den Herd nicht ausgemacht? Oder eine Kerze stehen lassen? Oder hatte Nibbler mit irgendwas Entzündbarem herumgespielt? Die Angst schnürte mir den Hals halb zu, als ich durch den kurzen Flur zum Wohnzimmer, an welches die Küche grenzte, rannte. Ich musste mir vorstellen, wie alles in großen, lodernden Flammen stand, angefangen von den Jalousien bis hin zum Fernseher und den Schränken. Mein Herz hämmerte mir von unten schier an den Kehldeckel. Fry war da drinnen! Mit viel zuviel Gewalt riss ich die Wohnzimmertür auf. Ohne Zweifel kam der Rauch von hier. Ich sprang geradezu in den Raum hinein, bereit für das Schlimmste. Vor mir im Blickfeld standen Fernsehtisch und die kleine Schrankwand. Die Couch allerdings war leer. Das Kissen sah zerlegen aus und die Decke hatte man zurückgeschlagen. Hektisch schaute ich mich um. Es sah alles aus wie sonst. Da waren nirgends Flammen, es brannte nicht mal eine Kerze. Am geöffneten Fenster hupten leise Schwebeautos, zogen wie Pfeile so schnell an der Luftstraße bei meinem Apartment vorbei und ließen sachte die Vorhänge erzittern. Ich lief um die Ecke an der Tür herum, um eine Sicht auf meine Kochnische zu bekommen. Es war ein seltsamer Anblick. Auf dem Tisch standen mit Orangensaft gefüllte Gläser, zwei Teller und Besteck. Auf einem Teller türmten sich Spiegeleier und zwei unförmige, wolkig anmutende Muffins mit einem leichten Heidelbeerblau. Auf dem anderen Teller lag der Kopf meines umsorgten und friedlich schlummernden Gastes. Er hatte Haarsträhnen im Zuckerschüsselchen hängen, welches danebenstand. Ich beachtete ihn kaum, als ich am Tisch vorbeistürmte, zum Herd, auf dem gerade ein Spiegelei in der Pfanne verbrannte. Zumindest glaubte ich, dass es ein Spiegelei gewesen war, denn der traurige Rest bestand nur noch aus einer stinkenden, krümeligen Masse mit tiefschwarzer Färbung. Jedoch die zerbrochenen Eierschalen dazwischen bestätigten meinen Verdacht. Umständlich rückte ich die Pfanne von der Flamme, schaltete den Herd aus, ließ kaltes Wasser in das rauchende Essen laufen, dass es in hohen Tönen zischte und ich in einer Wolke aus Wasserdampf und Spiegeleierrauch eingehüllt wurde. Das weckte Fry scheinbar sofort. Seine Schneidezähne stießen geräuschvoll an das Porzellan des Tellers, dann schnellte sein roter Schopf hoch in die Luft und wandte sich dann herum zu mir, die ich wild hüstelnd und fluchend das verbrannte Essen mitsamt Pfanne im Mülleimer versenkte. "Verdammt noch mal, Fry!" , rief ich aufgebracht. Er rührte sich kaum, als er sein typisches `War-ich-das-etwa´-Gesicht aufsetzte und grinste; "Guten Morgen, Leela!" "Wenn du dich umbringen willst, geht das um einiges schneller!" Ich befürchtete, ich hatte Ruß in der Lunge. "Was wäre, wenn der Rauchmelder losgegangen wäre? Dann könnte ich meine Einrichtung jetzt wegschmeißen! Und überhaupt, was...was..." Der Husten ließ mich den Satz nicht beenden. Ich röchelte wie ein asthmatischer Elefant, mein Auge brannte und tränte wie verrückt, sodass mein Bild verschwamm wie hinter Milchglas. Meine Lunge drückte erbärmlich. Im nächsten Moment fühlte ich eine fremde Hand, die wie durch den Nebel geschwebt kam und mich aus der Rauchwolke zog, mir ein Glass Orangensanft reichte und beruhigend meine Schulter streichelte. Ich holte tief Luft zwischen den Schlucken. Bisher hatte ich selbst nie etwas so dermaßen anbrennen lassen, dass mir Erfahrungen wie diese hier bisher erspart geblieben waren. Mir wurde innerhalb von Millisekunden klar, wie verantwortungslos und gedankenlos Fry mal wieder gehandelt hatte. Dass er beinahe meine Wohnung auf dem Gewissen hatte, mich und vor allem auch sich selbst. "Was sollte das hier überhaupt?!" , brüllte ich schließlich mit der gebündelten Energie meines verletzten Zorns. Es war mir egal, was die Nachbarn dachten oder die Autofahrer, die gerade im Stau neben meinem Fenster schwebten. Alles, was ich im Moment fühlte, war die noch waidwunde Angst aus dem Bett und das Kratzen in meinem weinenden Auge. Fry schaute mich schuldbewusst an. Das Grinsen war ihm aus dem Gesicht gefallen wie eine schlechte Maske. "Ähm..." Er legte den Kopf leicht schief und versenkte verlegen die Hände in seiner frisch gewaschenen Hose; "..Frühstück." Jetzt musste ich grinsen, allerdings aus purem Spott. "Frühstück?", presste ich heraus und stemmte die Hände in einer aggressiven Geste in die Hüften. "Frühstück! Du hast gepennt, du Idiot!" Ich knallte das leere Saftglas auf den Tisch, als wollte ich es kaputtmachen. "Wenn man Frühstück macht, achtet man darauf, dass nichts anbrennt, nicht abfackelt und keine Menschen sterben!" "Ich bin eben eingenickt!", jammerte Fry und zerrte ratlos an seinem weißen T-Shirt herum. "Das passiert mal nach einer kurzen Nacht!" "Dann hättest du die Sache lassen sollen!", konterte ich zornig. "Es kann doch nicht sein, dass ich rund um die Uhr darauf aufpassen muss, was du Kleinkind treibst!" Es machte mich wütend, so verdammt wütend, dass er es nie gebacken bekam, sich mal voll und ganz selbst um etwas zu kümmern. Furienhaft drehte ich mich um, stapfte in mein Schlafzimmer und knallte möglichst angepisst die Tür hinter mir zu. Er benahm sich wie ein Baby, welches durch die Welt tapste und alles anfasste, hinterher wieder fallen ließ und dabei ein unschuldiges Grinsen auf den Lippen hatte. Die Spiegeleiaktion erinnerte mich sofort wieder an den Zwischenfall mit dem Schlüssel, welcher Fry den Job gekostet hatte, die Wohnung, Benders Großmut und ein Stück Stolz. Warum nur tat er so etwas? Warum nur? Ich peitschte wütend mein Pyjamaoberteil gegen den großen Spiegel an meinem Kleiderschrank, riss mir förmlich den BH über die Schultern, hakte ihn ungeduldig ein und fluchte nebenbei aufgebracht auf den Gestank, der sich noch immer wie in Rauchfäden durch die Wohnung zog. Die Pyjamahose erhielt drei große Tritte, ehe sie wie schluchzend unter meinem Bett verschwand. Ich fühlte mich so unendlich frustriert. "Leela!" Da war seine Stimme wieder. Dumpf, verhalten, wie vorsichtig klopfend an meiner Schlafzimmertür. Ich konnte das leichte Tapsen seiner Strümpfe spüren. "Leela, es tut mir wirklich Leid!" Er schien gegen das Holz der Tür zu sprechen. "Ich wollte doch eigentlich nur...Ich meine, ich wollte nicht, dass deiner Küche was passiert...oder deinen Eiern oder sonst noch wem!" Ich biss meine Zähne wütend aufeinander, während ich mich in meine Hose kämpfte. "Leela?" "Halt die Klappe, Fry! Ich hab es ja verstanden!" Auf dem Stuhl hatte sorgfältig zusammengelegt mein Top gelegen. Achtlos streifte ich es über und betrachtete mich fahrig im Spiegel, während der Ärger noch immer überhitzt in meinem Inneren hockte. Hinter der geöffneten Schlafzimmertür kam Philip zum Vorschein mit leicht glasigen Augen und einem Blick, den ich am liebsten ignoriert hätte. Der Rauch aus der Kochnische zog sich ganz langsam durch das offene Fenster hinaus, Gott sei Dank. "Ich würde ja sagen, dass du das nächste Mal besser aufpassen sollst.", murrte ich schlecht gelaunt und stellte mich vor den Spiegel im Flur, den ich extra mit integrierter Technik gekauft hatte, die einem ein vorteilhafteres Spiegelbild schenkte als man eigentlich verdient hatte. Umständlich begann ich, mein Haar zu kämmen mit der Bürste, die stets oben auf der Kante des Spiegels lag, mein Blick wanderte hinüber zu meinem Gast, der direkt neben mir stand, wie bestellt und nicht abgeholt. "Aber beim nächsten Mal wird es ja nur immer schlimmer. Überhaupt...." Ich blinzelte vorsichtig. "Liegt das an dem Spiegel oder hast du dich rasiert?" Strohig fielen mir die Haare an den Schultern herunter, störend und eigentlich viel zu lang für meinen Geschmack. Ich konnte sie nur ertragen, wenn ich sie zu einem Pferdeschwanz zusammenband und erst wieder vorm Schlafengehen zu öffnen pflegte. Der Anblick mit dieser offenen, natürlichen Frisur war selbst mir etwas fremd. Ich blickte Fry von der Seite an, betrachtete seine Wangen, das Kinn, die Partie, die sich zwischen Oberlippe und Nase entlangzog. Glatt wie ein Babypopo sagte der Spiegel. Fry grinste schon wieder bubenhaft. "Wenn ich noch Stoppeln von deinem Bart in meinem Lady Shaver finden sollte, bringe ich dich um.", sagte ich düster und ruhig. Philip vergrub die Hände erneut in seinen Hosentaschen und gab so etwas wie ein nervöses Glucksen von sich. Ich kannte dieses Geräusch- man konnte es zuweilen auch als männliches Angstwimmern auslegen. Das war so etwas wie ein testosterongesteuerter Hilferuf, so wie Babybären nach ihren Müttern wimmerten, mit dem Charakter eines Alarmklopfens eines Hasen auf Feldboden. "Leela...Leela!", sagte Fry vorsichtig und lächelte sanft meinem Spiegelbild zu. "Ich hab das Gefühl, dass du dich da in etwas hineinsteigerst! Es ist nicht gut für dich, wenn du dich am frühen Morgen schon so aufregst wegen solchen Kleinigkeiten. Du solltest dich in Ruhe hinsetzen, erst mal dein Frühstück essen und dich entspannen!" Ich knautschte den Zopfgummi in meine Haare hinein, zwängte die Frisur so zurecht, dass es im Spiegel gerade etwas hübsch aussah- das hieß, ich war im Original gerade so ansehnlich- und hatte das Gefühl, dass man mich jetzt löschen musste. Irgendwo in meiner Brust rauchte es gerade gewaltig. "Ich soll mich also entspannen....", begann ich leise und stockend. Noch nickte Fry, weil er dachte, dass er mich mit seinem Gerede überzeugt hatte. Aber nicht mit mir, verdammt nochmal! "Ich soll mich also zurücklehnen, ein Bad nehmen, den Dreck von deinen Bartresten wegräumen..." Langsam schwoll meine morgendunkle Stimme an, wurde gekränkt, verletzt und hallte mit dem enttäuschten Ton, den ich mir zu jeder anderen Tageszeit als morgens um halb Acht grundsätzlich verboten hatte, an den Wänden des Flurs wieder. "...und zu guter Letzt den Fraß essen, der mir im bestmöglichen Falle Magenkrebs beschert?" Wütend drehte ich mich um und fasste nach meiner Umhängetasche, ohne Ankündigung, ohne umständliche Gestik oder dergleichen. Frys Hände waren aus den Taschen gerutscht, ein Stück tiefer. "Du übertreibst so maßlos!", regte er sich auf, während ich mich herunterbeugte, um in meine Stiefel zu schlüpfen. Aus dem Augenwinkel heraus konnte ich ihn im Spiegel ansehen, wie seine Augenbrauen aufgebracht zuckten, sein Mund sich angesäuert verzog. "Warum schimpfst du mich aus, als hätte ich die Welt untergehen lassen?" Draußen hupten Schwebeautos wie wild herum, dazwischen konnte man die Sirene eines Polizeiwagens oder -roboters hören. Der Himmel sah lavendelfarben aus, gespickt mit dunklen, ekelhaft anmutenden Wolken. Wie passend und klischeehaft zu meiner Stimmung, als ob ich das Wetter geradezu bestellt hätte. Ich hatte den Eindruck, dass die laukalte Luft dort draußen aufseufzte. Aus tiefstem Herzen. So wie ich. "Fry..." Es roch nach Regen. Ganz plötzlich. Ich schaute meinen besten Freund müde an. "Du hast mich einfach enttäuscht, okay?" Es war seltsam zu sehen, wie sehr ich mit meinen Worten seinen Gesichtsausdruck steuern konnte. Mit einem Mal sah er so hilflos und erschreckt aus, so sehr, dass ich mir fast wünschte, den letzten Satz nicht ausgesprochen zu haben. Und plötzlich kam in mir der Verdacht auf, dass der glasige Ausdruck in seinen wasserfarbenen Augen nicht vom Qualm in der Küche herrührte. "Lass uns heute Abend noch mal drüber reden, ja?", sagte ich leise, als ich mich zur Tür wandte. "Iss dein Frühstück allein und ruh dich aus. Ich kauf auf dem Heimweg dann eine Zeitung und wir sehen uns die Jobangebote an." Ich glaubte, draußen den ersten Regentropfen spüren zu können, als ich Fry allein ließ. ~~~*~~~ Niemand erfuhr von meiner verrückten Suche am Sonntag. Ebenso erzählte ich niemandem, dass ich den verlorenen Sohn eingesammelt und mit heimgenommen hatte, einerseits, weil ich Angst hatte, dass die anderen aus der Firma falsche Tatsachen in meine Aktion hineininterpretieren würden und zum anderen, weil sie mich vielleicht über Fry ausgequetscht hätten. Aber ich wollte nicht über ihn reden. Nicht nach diesem Morgen. Außerdem kannte ich Bender zu gut in der Beziehung. Der hätte mir doch glatt einen Strick daraus gedreht, dass ich seinen ehemaligen Mitbewohner wie einen Welpen mit nach Hause gezerrt, ihn gefüttert und ihm einen Schlafplatz gegeben hatte. Ich wollte mich nicht damit auseinandersetzen, nicht im Geringsten. Irgendwo tat ich dann aber doch genau jenes. Als Bender und ich im Stau auf dem Weg zum Jupiter standen, wo wir mit unserem Ersatzraumschiff eine halbe Tonne Propangas abliefern sollten, kamen die Gedanken auf wie die Schilder alle paar Kilometer am Rande des Highways. Und sie ließen sich nicht mehr verjagen. Fry hatte es nicht böse gemeint. Seine Gedankenlosigkeit, seine Schludrigkeit waren nicht Teil eines erzbösen, ausgeheckten Plans, mein Leben zu zerstören. Eigentlich hatte er genau das Gegenteil geplant gehabt; ein Frühstück in der hektischen Gemütlichkeit eines Montagmorgens. Wir hätten reden können über sein seltsames Verhalten in der letzten Zeit, über das, was in der Zwischenzeit in der Firma geschehen war. Ich hätte ihm einfach zugehört und an einem Spiegelei geknabbert, es hätte alles soviel unkomplizierter sein können. Wie so oft. Als wir Ganymed passierten und beinahe eintauchten in die gasigen, oberen Gefilde des Jupiter, weitete sich mein Gedankengang mit einem Mal auf unsere gesamte Beziehung aus. Ich wusste nicht, woran es lag- womöglich gab es ein Leck in den Behältern des Propangases, welches mich benommen machte. Ich hatte mich benommen wie eine hysterische, dumme Kuh. Nein, Korrektur, ich war eine hysterische, dumme Kuh. Fry und ich waren verfallen in das älteste Rollenspiel, das es seit Anbeginn der Existenz von männlichen und weiblichen wesen gab; dem Ehekrach. Er hatte nicht aufgepasst, was er veranstaltet hatte, ich hatte die Katastrophe abgewendet und sodann hatten wir uns zum Teil gegenseitig mit dämlichen Verallgemeinerungen beworfen. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Ich begann mich zu schämen. Ich musste daran denken, dass er sich zweimal entschuldigt hatte. Sein Gesicht im Spiegel begann mich zu verfolgen wie ein Poltergeist, irgendwann, nachdem Bender und ich nach erfolgter Lieferung zurück in das lädierte Mietschiff kletterten und den Heimweg antraten. Es war einfach zu ruhig und routiniert ohne Fry bei der Arbeit. Und so drehten sich meine Gedanken um das geistige Bild meines besten Freundes, wie er in meinem Schmeichelspiegel ausgesehen hatte; die Hände in den Hosentaschen, die Andeutung von in Wirklichkeit nicht vorhandenen Bauch- und Brustmuskeln unter dem weißen Shirt, seine großen, hellen Augen und die niedliche Nase über dem leicht verzogenen Mund. Niedlich. Ja, ich akzeptierte für mich sogar das Wort `niedlich´. Das schlechte Gewissen hatte mich so sehr gepackt, dass ich gedankenlos aus Reflex das Navigationssystem anschaltete und Bender sich einige Minuten mit unnatürlichen Zuckungen am Boden wälzte. Ich wollte mich wieder vertragen mit meinem Gast. Keine Ahnung, ob mein Mutterreflex mich plötzlich so dominierte, ob ich so etwas wie Harmoniesinn besaß oder es einfach nur das Gewissen war. Ich verschwand zu Dienstschluss ohne einen Tagesbericht anzufertigen viel zu früh aus dem Haus des Professors, überfiel förmlich den nächsten Donutladen und fühlte mich bald erheblich erleichtert. Die mit Himbeermus gefüllten mochte Fry am liebsten, das hatte ich nicht vergessen. Himbeermus für ihn, Schokolade für mich, die mit bunten Streuseln für Nibbler. Wenn wir uns schon zanken konnten wie ein Ehepaar, sollten wir uns auch wie eines vertragen können. ~~~*~~~ Wie Hunde und Katzen regnete es dort draußen, so als ob der Himmel niemals damit aufhören wollte. Es durchnässte mich fast bis auf die nackte Haut, bis ich zu Hause ankam. Als ich an meiner Haustür das letzte Mal hochschaute in das blaugraue Gefilde über mir, sprangen mir die langgezogenen Tropfen wie Millionen kleiner Nadeln entgegen, als würde dort oben jemand sitzen und sie fallen lassen. Sie pitschten, wenn sie auf dem dumpfen Asphalt aufkamen, vereinten sich zu einem angenehmen Rauschen, welches den Fußgängern milde in den Ohren lag. Dazwischen lag die Kälte des Oktobers. Ich begann Worte in meinem Kopf zu formen, reihte sie still und verlegen aneinander, als ich in den Aufzug stieg, meinem Apartment entgegen. Die durchnässte, mit Donuts gefüllte Papiertüte wärmte meine klamme Hand dabei. Ich würde es irgendwie sagen. Letztendlich hatten wir zwei uns doch schon oft gestritten und ebenso oft am Ende wieder vertragen. Am Ende eines jeden Zoffs hatte jeder von uns die richtigen Worte gefunden. Zugegeben, manchmal brauchte ich etwas länger und er stotterte ab und an ein bisschen, aber insgesamt hatten wir doch eine recht gute Kommunikation vorzuweisen. An der Wohnungstür fummelte ich den Schlüssel hervor, meine Finger waren halbsteif vom kalten Regen da draußen. Ich hätte genauso gut klingeln können, das fiel mir erst auf, als ich die Tür schon auf hatte und mir Nibbler freudig entgegensprang. Aber so hatte es mehr Überraschungseffekt. "Ich bin wieder da!" Nibbler schleckte mir aufgeregt das Gesicht ab, kuschelte sich an mich und wimmerte leise unverständliche Laute in seiner außerirdischen Sprache, klein und flauschig. Ich setzte ihn vorsichtig wieder auf dem Boden ab, pellte mich im Flur aus Jacke und Stiefeln, klatschnass, und ärgerte mich darüber, dass sich meine Brustwarzen förmlich durch das weiße, feuchte Shirt bohrten. Kein Laut in der Wohnung. Ich zog kurz und damenhaft die Nase hoch. "Fry? Ich bin wieder zu Hause!" Das hatte wirklich Ehecharakter. Wie wenn ich der Mann wäre, der nach der Arbeit heimkommen würde zu seiner hübschen Frau, die ihm Essen kochte und das Bier im Kühlschrank kaltgestellt hatte. Ich schüttelte mich bei dem Gedanken. "Wo steckt der denn?" , nuschelte ich, halb zu Nibbler, halb zu mir selbst, klinkte die Badezimmertür herunter. Offen. Mein Schlafzimmer war noch exakt wie zu dem Zeitpunkt, als ich es heute Morgen verlassen hatte. Ich trug die Tüte mit den warmen Donuts, die sich langsam durch das Papier fetteten, ins Wohnzimmer. "Fry? Wo bist du denn?" Der Fernseher war ausgeschaltet, starrte mich stumm an. Dahinter stand das Sofa verlassen, auf der rechten Lehne türmten sich Frys Kopfkissen und die Bettdecke, stümperhaft zusammengefaltet. Er hatte das Fenster zugemacht. Ich spürte, wie mir das Herz aufgeregt etwas höher klopfte. Hektisch stürzte ich um die Ecke, in die Kochnische, doch die lag genauso verlassen vor mir. Das konnte doch nicht.... Ein Zettel erregte gerade noch so meine Aufmerksamkeit, bevor ich drauf und dran war, die Wohnung komplett auf den Kopf zu stellen. Ich hätte wahrscheinlich in jeden Schrank gesehen, unter mein Bett, hinter den Duschvorhang, in der Vermutung, dass er irgendein dämliches Kinderspielchen mit mir trieb, weil er vielleicht bockig war. Ein Zettel auf meinem Küchentisch. Herrgott, das wurde mir jetzt wirklich zu filmreif! Der Regen schlug mit einem hagelnden Geräusch an die Fensterscheibe drüben und Nibbler zupfte ungeduldig an meinem nassen Hosenbein, als ich den Zettel zwischen die noch feuchten Finger nahm, das Papier mit nassen und dunklen Flecken versehend. Hey Leela, stand da in einer krakeligen, unregelmäßigen Schrift, Ich weiß nicht, ob du mir verzeihen wirst, nachdem es dich vorhin so in Rage gebracht hab, aber das mit dem Essen tut mir echt Leid. Ich hab´s wirklich nicht bös gemeint. Andererseits bin ich dir wohl viel zu sehr auf die Nerven gegangen. Immerhin ist Bender der einzige, der es mit mir bisher in einer Wohnung zusammen ausgehalten hat- und der ist ein Roboter. Ich mach mich jetzt aus dem Staub und hoffe, du bist nicht mehr allzu lange sauer auf mich. Mach´s gut, Dein Fry. P.S. Danke, dass ich bei dir schlafen durfte. Wusstest du eigentlich, dass deine Kissenbezüge nach Himbeere riechen? Nibbler turnte wie angestochen in seiner zur Toilette umfunktionierten Kiste herum, der Sand spritzte nach allen Seiten heraus, machte kratzende Geräusche auf dem Parkettboden, rieselnd, störend. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand mit etwas Schwerem auf den Kopf geschlagen. All die Gedanken, das Verrücktmachen war umsonst gewesen, all die Sorgen und das schlechte Gewissen hatten sich nicht gelohnt. Fry war einfach abgehauen. Als wenn er nur ein Schatten in meiner Wohnung hatte sein wollen, als ob er aus meinem Leben hatte verschwinden wollen. Ich wusste nicht, wovor er genau davonlief, aber er flüchtete definitiv. Das war etwas, was er früher nicht getan hatte, was unnatürlich und sonderbar für ihn war. Mit einem Mal erschien es mir, als wäre er gar nicht der Fry gewesen, den ich sonst immer gekannt hatte. Als hätte ich gestern Abend ein Phantom in meine Wohnung mitgenommen. Fassungslos setzte ich mich an den Küchentisch und stützte meine Wange mit der Hand ab. Irgendetwas in meiner Brust fühlte sich unendlich schwer und furchtbar enttäuscht an, doch ich konnte es nicht orten. Der Schreck betäubte mich geradezu. Der Regen wimmerte in den Dachrinnen, plätscherte am Fensterbrett, tief das sich verfinsternde Himmelsblau verschleiernd. Kälte dampfte in den Straßen von New New York hoch, so ähnlich wie der Nebel von gestern. Irgendwo dazwischen flogen die Schwebeautos vorbei, ihre Scheibenwischer blitzten metallisch auf in der frühen Dämmerung. Der Herbst hatte die Stadt so fest gepackt. Ich fegte den Zettel mit einer aggressiven Bewegung vom Tisch. "Wozu habe ich denn jetzt diese blöden Himbeerdonuts gekauft?" To be continued... Mit Dank an den Freischalter! Hosted by Animexx e.V. 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