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Tanz mit mir

…wenn du dich traust
von

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Nun war es wirklich nicht gelogen. Naruto war für das kommende Schuljahr tatsächlich Sasukes Mitschüler und vier Wochen sind seitdem vergangen. Die Neuigkeit darüber, dass sich ein Ausländer irgendwo an dieser Schule rumtreibt, verbreitete sich überall wie die Pest. In nur einer Woche hat Naruto geschafft diesen trüben lernorientierten Ort für sich zu gewinnen. Nach vier Wochen war jeder mit Uzumaki-Fieber angesteckt und mochte diesen blonden Neuankömmling bedingungslos. Mädchen wollten ihn daten und Jungs wollten mit ihm befreundet sein. Manche übertrieben es so doll, dass die Schule seit drei Wochen über einen sehr aktiven Naruto-Fanclub verfügt. Am Samstag machen sie zum Beispiel einen Ausflug ins Kino. Moment… warum weiß Sasuke eigentlich darüber Bescheid?! Sowas interessiert ihn doch gar nicht! Natürlich nicht!
 

Dennoch gab es eine Person, die die allgemeine Begeisterung nicht wirklich teilte. Die ganze Sache könnte eigentlich schön unauffällig an Sasuke vorbeiziehen, aber der Blonde ging ihm bereits seit dem ersten Tag auf die Nerven. Aus irgendeinem mysteriösen Grund suchte Naruto ausgerechnet Sasuke als Zielscheibe für seine komischen Psychospielchen aus und gerade das hatte dem ausgelasteten Oberschüler natürlich gefehlt. Dabei hätte Naruto nun wirklich jeden außer Sasuke nehmen können. Wie dem auch sei, änderte sich dadurch Sasukes schulischer Alltag drastisch. Einerseits weil Naruto ziemlich oft ziemlich zweideutige Sprüche abließ, in derer Bedeutung sich Sasuke immer noch nicht ganz sicher war. Andererseits machte der Uzumaki alles zum Wettbewerb. Zum Beispiel letzten Mittwoch ging es darum, wer schneller das Mittagessen aufisst. Und letzten Freitag — wer das letzte Wort in der dummen verbalen Auseinandersetzung fällt. Wer sich schneller die Schnürsenkel zubindet kam bereits auch dran. Montags hieß es meistens „Wer eine bessere Note auf den nächsten Test bekommt“ und es würde eine ganze Woche lang gehen. Sasuke verstand dabei zwei Sachen nicht: erstens warum er, ein sonst so vernünftiger Mensch, sich da überhaupt reinziehen ließ. Vermutlich weil den Blonden richtig fertig zu machen sich tierisch gut anfühlte. Sasuke hielt Naruto für einen überheblichen Narzissen, der viel zu sehr von sich überzeugt war. Jemand musste ihm die Realität näher bringen und Sasuke opferte sich dafür viel zu gern. Es kostete so oder so überhaupt nicht viel Kraft. Das war die zweite Sache, die Sasuke nicht verstand: warum prallten die zahlreichen Niederlagen an Naruto wie kleine Kieselsteine an der Wand ab?! Der Uzumaki war überhaupt nicht davon betroffen, dass Sasuke alle vergangenen Schlachten gewann. Am nächsten Tag legte er sich wieder mit ihm an. Sasuke ist jemandem so sturen noch nie begegnet. Der Uchiha wollte unbedingt, dass sein neuer nerviger Mitschüler einsieht, dass sein fast selbstverliebtes Aufführen nicht gerechtfertigt ist, wenn er überhaupt nichts drauf hat. Schließlich muss auch Uzumaki irgendwann ein bisschen nachdenken. Wenn es passiert, wird Sasuke gefälligst da sein um Narutos schmerzhafte Offenbarung live mitzubekommen.
 

Leider war dieser Tag nicht der heutige. Sasukes morgendliche Routine endete wie gewohnt mit einem erfolgreichen Ankunft auf seinen nicht mehr so beliebten Fensterplatz. Der Wert des Platzes wurde durch die neue Nachbarschaft zum Uzumaki erheblich gemindert. Bis zum Unterricht waren es noch ungefähr 15 Minuten. Während der verbleibenden Viertelstunde textete der neue Nachbar den Schwarzhaarigen ununterbrochen zu. Sasukes Kopf tat bereits schon jetzt weh, um 7:52.
 

„Na, und wie gehts dir, Morgenmuffin?“

„Es heißt immer noch Morgenmuffel. Wann lernst du es endlich?“

„Vermutlich nie.“ Uzumaki grinste zufrieden und fuhr fort: „Ist ja auch super, weil ich dich damit wunderbar ärgern kann.“
 

Sasuke erwiderte nichts. Stattdessen senkte er den schwarzhaarigen Kopf auf die Tischplatte ab in der Hoffnung noch etwas kostbaren Schlaf zu bekommen. Währenddessen erzählte Naruto etwas über jemandem aus seinem Wohnheim, der angeblich gestern irgendwas schlechtes gegessen hätte. Sasuke fand seltsam, dass manche Leute zu solchen frühen Stunden so hyperaktiv sein können. Heute, wo Naruto gesprächiger als gewöhnlich war, ging es ihm selbst ausgerechnet nicht so gut. Der nächliche Schlaf war überhaupt nicht erholsam und die Bahnfahrt war anstrengender als sonst. Sasuke war so lustlos, dass er sogar auf den Kaffee aus dem Automaten verzichtete. Am liebsten hätte er, dass um ihn herum absolute Ruhe herrscht. Nun war das jetzt unmöglich, Naruto sei dank.
 

„Du hast immer noch meine Frage nicht beantwortet: wie geht es dir?“

„Gut“, meldete sich der verschlafene Schwarzhaarige so trocken wie es nur ging in der Hoffnung die Unterhaltung hier und jetzt sterben zu lassen.
 

Leider war Naruto damit überhaupt nicht einverstanden. Er schüttelte Sasuke kräftig an den Schultern durch, gestikulierte aktiv mit den Händen und deutete damit an, dass Sasuke jetzt gleich an der Reihe wäre. Sowas konnte der müde Oberschüler unmöglich nicht mitbekommen, aber er reagierte trotzdem nicht.
 

„Und dir?“ Naruto streckte eine Hand heraus und tat so, als würde Sasuke reden. „Ja, mir geht es gut, danke für die Nachfrage. Ich habe heute zwar schlecht wegen dem Nachbar geschlafen, aber ich bin trotzdem gut drauf. Heute gibt es im Naruto-Club das gemeinsame Kochen. Danach gehe ich tanzen. Endlich! Ich muss dringend mal wieder was machen. Zuhause tanzte ich jeden Tag, ich bin schließlich ein Profitänzer!“ Sasuke seufzte dabei, denn Naruto verpasste keine Gelegenheit daran zu erinnern. „Kann ich bitte mit dir mitkommen?!“ Narutos Hand bewegte sich nochmal. Er imitierte den immer noch auf dem Tisch liegenden stummen Uchiha. „Na klar! Ach, danke! Du hast meine Morgenmuffinheit damit sofort aufgelöst! Es geht mir bestens…“

„Hör auf“, Sasuke zischte.

„Tretten wir wieder den Unfreundlichkeitswettbewerb an?“, fragte Naruto sarkastisch.

„Nein, wir machen einen Schweigewettbewerb. Wer als erstes was sagt, hat verloren.“

„Darf ich was…“

„Verloren!“, sprach Sasuke mit Vergnügen aus.

„Ey, das ist unfair! Ich war unvorbereitet! Lass uns nochmal ab jetzt machen!“ Naruto fiel voll auf seinen Trick rein.
 

Mittlerweile kam der Lehrer an und die Mathestunde begann. Naruto hielt tapfer durch und sagte gar nichts, selbst als sein Ergebnis der vergangenen Klausur mal wieder schlechter ausfiel und er die gewöhnliche Montagswette mal wieder verlor. Danach kamen Geschichtsstunde, Essenspause, Englisch und Sport. Naruto sagte immer noch kein Wort und Sasuke feierte sich innerlich. Er konnte sich durch diese wunderbare Wette einen sehr ruhigen Tag organisieren. Gut gemacht, Uchiha! Jetzt nur noch die restlichen Tage bis zum Ende des Schuljahres durchhalten und dann ist diese blonde Bestie schon weg! Ja, ein Superplan!
 

Am Ende des Tages lief Naruto Sasuke über den Weg im Eingangsbereich bei den Schränken mit den Schuhen. Sasuke konnte sich schon dabei denken, dass es kein Zufall war. Der Blonde wartete nur darauf, Sasuke zum Sprechen zu bringen. Dem Uzumaki gefiel offenbar nicht so lange still sein zu müssen. Vermutlich deswegen starrte er Sasuke beim Schuheanziehen so erbarmungslos an. Uchiha spürte den fordernden unzufriedenen Blick auf seinem Rücken. Der Junge ließ sich trotzdem nicht aus der Fassung bringen. Er machte sich in aller Ruhe fertig und wollte sich schon zum Ausgang begeben, doch Uzumaki blockierte ihm den Weg. Der Blonde entstand so plötzlich vor ihm, dass sich Sasuke ein wenig erschrock. Naruto wollte bestimmt dadurch die Wette gewinnen. Tja, nicht heute. Der Uchiha grinste bei diesem Gedanken und danach traf sich sein Blick mit Narutos. Die leuchtenden Augen des Blonden krallten sich in ihn fest und ließen nicht los. Sasuke gewöhnte sich Stück für Stück an dieses penetrante Starren, aber eigentlich konnte er es immer noch nicht ab. Warum muss der Uzumaki ihn immer so intensiv anglotzen?! Plötzlich spürte Sasuke, dass Naruto ihn an den Handgelenken festhält. Der Blonde stellte sich ihm den Weg und schirmte Sasuke von der restlichen Welt ab. Naruto hatte diese komische Angewohnheit den Menschen viel zu nahe zu kommen. Während dieser vier Wochen bekam Sasuke es deutlich zu spüren. Aber so unausstehlich nah war er noch nie. Dem Schwarzhaarigen war die beinahe fehlende Distanz zwischen sich und einer anderen Person sehr unangenehm. Er schaute trotzdem nicht weg. Erstens weil es ein Zeichen von Schwäche wäre. Und zweitens… Narutos blaue Augen sogen ihn in die mysteriösen Tiefen hinein. Er konnte nicht aufhören in sie hineinzuschauen.
 

Die nächste Szene nahm Sasuke wie durch eine Zeitlupe wahr. Narutos Gesichtsausdruck wurde auf einmal sehr zart und unentschlossen. Als hätte der sonst von sich überzeugte Uzumaki vor etwas eine echte Angst. Der Junge neigte leicht seinen Kopf und sein weizenfarbener Pony fiel auseinander. Narutos Lippen öffneten sich leicht und er beugte sich ungeschickt nach vorn. Für eine kurze Sekunde schien, dass Naruto es ernst meint, was auch immer es war. Auf den ersten Blick sah es wie ein Kussversuch aus. Und dabei drehte Sasuke innerlich komplett durch.
 

„WAS MACHST DU EIGENTLICH?!“, schrie der verängstigte Uchiha aus der Tiefe seiner Lunge.

„Verloren“, sprach der Blonde mit einem fuchsähnlichen Grinsen im Gesicht und löste den Halt. Allerdings blieb er weiterhin sehr nah an Sasuke stehen.
 

Endlich konnte sich Sasuke aus dem lähmenden Schock befreien. Er stieß den Uzumaki kräftig weg. Endlich war eine annehmbare Distanz zwischen ihnen wiederhergestellt. Sasuke konnte Narutos bizarre Tat immer noch nicht begreifen.
 

„Scheiß drauf! Was war das gerade?!“ Obwohl die Wette jetzt zweitrangig war, musste der Uchiha schon zugeben, dass sich Naruto einen ziemlich raffinierten Trick ausgedacht hat. Sasuke war trotzdem außer sich vor Wut.

„Ich wollte dich küssen“, gab Naruto selbstverständlich zu, als wäre es normalste auf der Welt. Sasuke verlor für eine Sekunde die Sprachgabe.

„UND WIESO ZUR HÖLLE WOLLTEST DU ES MACHEN?!“

„Du weißt doch wieso, Morgenmuffin.“ Narutos Sprechweise änderte sich ein bisschen. Der Junge klang etwas deprimiert. Sasuke wusste nicht, ob es eine Einbildung war oder nicht.

„Es heißt immer noch…“

„Ich weiß mittlerweile wie es richtig heißt.“
 

Während Sasuke das Geschehene immer noch verarbeitete, schnappte Naruto sein Zeug und begab sich eilend zum Ausgang.
 

„Ich mag dich, Uchiha!“, warf er laut.
 

Bevor er den Schwarzhaarigen alleine bei den Schuhschränken stehen ließ, drehte er sich kurz um und lächelte sehr aufrichtig.
 

„Und darum wollte ich dich küssen.“ Das war das Letzte, was der Uzumaki von sich heute gab.
 

Kurz danach brach Sasuke ebenfalls auf nach Hause. Er wusste nicht, was Naruto mit dem Kussversuch und der Aussage bezweckte. Der Kuss war bestimmt dafür da, dass die Wette gewonnen wird. Andererseits wirkte Narutos Blick in dieser einen Sekunde doch irgendwie besonders. Als ob ihm diese Spielereien wirklich etwas bedeuteten. Als ob er sich den Kuss tatsächlich gewünscht hätte. Nein-nein-nein! Das kann nicht sein! Sasuke schüttelte kräftig den Kopf in der Hoffnung die komischen Gedanken zu vertreiben. Nein, Naruto kann doch nicht ernsthaft Sasuke mögen! Es ist total lächerlich und außerdem passt Uzumakis Verhalten gar nicht zu jemandem, der Sasuke wirklich gefallen möchte. Also muss es eine neue besondere Art Psychoterror sein. Genau, Naruto möchte ihm so auf die Nerven gehen! Dennoch gingen Narutos Worte einfach nicht aus dem schwarzhaarigen Kopf.
 

Ich mag dich, Uchiha! Und darum wollte ich dich küssen.
 

Ooooh! Warum musste dieser Schwachkopf überhaupt sowas sagen! Eins müsste ihm Sasuke lassen: wenn Narutos Ziel von vornherein Sasukes Kopf zu besetzen war, hat er genau das bekommen. Sasuke hat zwar jede einzige Schlacht gewonnen, trotzdem war Naruto der wahre Sieger dieses Krieges. Und dabei konnte der stolze Uchiha die Situation niemals belassen.



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