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Tanz mit mir

…wenn du dich traust
von

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Die dritte Woche der Sommerferien brach an. Eigentlich hasste Sasuke diese Zeit aus vielen Gründen. Erstens hasste er die Hochsommerhitze und war besonders fürs klimatisierte Zimmer auf der Westseite des Hauses dankbar. In diesen furchtbar schwülen Wochen würde er am liebsten seine kleine Höhle nicht verlassen, aber leider war es nicht möglich. Er musste unbedingt den jährlichen Urlaub mit seiner Familie machen, weswegen er zwangsweise raus musste. Dieser konnte nicht verschoben oder nicht nicht besucht werden. Sein Vater wollte unbedingt ein Mal pro Jahr einen Familienurlaub haben, deswegen gleichte es einem Gesetz. In diesen zwei Wochen durften die Uchihas eine perfekte makellose Familie spielen; diese Heuchelei hasst der Junge wie die Pest. Das war schon zweitens. Drittens veranstaltete sein Vater direkt nach dem Urlaub das alljährliche Treffen mit seinen Brüdern und deren Familien. Diese peinliche Veranstaltung hasste Sasuke ebenfalls, weil es nur ums Angeben seitens seines Vaters und seiner Onkels ging. Wem geht es finanziell besser. Was besonders teueres konnte man sich letztens gönnen. Wessen Kind hat den besten Abschluss gemacht, ist der Jahrgangsbeste, hat die Klassenstufe übersprungen, war mit irgendwas ausgezeichnet, ist an die beste Uni mit den allerbesten Noten in der Aufnahmeprüfung gekommen blablablablabla… Sasuke war gegen diese höflichen Angebereien beinahe allergisch. Und die letzte Sache war bei all dem am allerbittersten: aus allen Kindern hat Sasuke nach der allgemeinen Meinung am wenigsten erreicht und seine Onkels sahen es als deren Pflicht allen ständig daran zu erinnern. Leider vertrat auch sein Vater dieselbe Meinung, deshalb nahm er seinen jüngeren Sohn nie in Schutz. Alle bissigen Bemerkungen schlug er runter und versuchte daraus einen Witz zu machen. In diesem Jahr gab es noch ein kleines Extra: Sasuke konnte seine hart verdiente Narutofreie Zeit nichtmal richtig genießen. Seit dem Schulschluss bewohnt Naruto sehr fest den schwarzhaarigen Kopf und nichts kann diese lästigen Gedanken vertreiben. Es war so schlimm, dass Sasukes Kopf manchmal zu platzen drohte. Eine positive Sache gab es an all dem trotzdem: Sasuke freute sich auf alle seine Cousins und Cousinen und ganz besonders auf seinen Bruder. Itachi arbeitete seit vier Jahren im Ausland und war das letzte Mal vor zwei Jahren zuhause. Für Sasuke war Itachi schon immer eine sehr besondere Person. Dank ihm konnte der Junge jedes Jahr doch ein paar positive Erinnerungen von Sommerferien mitnehmen.
 

Das heutige verpflichtende Abendessen war vorbei. Sasuke war bereits in seinem Zimmer und lag auf dem Bett. Heutiges Abendessen verlief wahrscheinlich am schlimmsten von allen bisherigen, denn es ging ausschließlich um Sasukes Misserfolge, beginnend mit der frühsten Kindheit. Wie er erst mit einem Jahr und zehn Monaten anfing zu sprechen, und danach erst mit fünf zu lesen. Wie er die letzte Klassenstufe der Grundschule doch nicht überspringen konnte und zurückgestuft werden musste. Wie er den intensiven Klavierunterricht aus mangelnder Gesundheit abbrechen musste. Seine Basketballmannschaftszeit — sein Vater hielt nicht besonders viel vom Sport. Dass er mit 17 immer noch nicht richtig weiß, was er werden möchte, denn „jeder Uchiha sollte es bis zum 14 Lebensjahr herausgefunden haben“ und die Liste ging noch weiter. Deswegen war er gerade nicht besonders gut gelaunt. Sein eigener Vater hält ihn für einen Versager, obwohl er momentan der Jahrgangsbeste ist, sich bereits auf ein Mathematikstudium festgelegt hat und sich Tag für Tag beim Lernen viel Mühe gibt. Nicht, weil er Verständnisschwierigkeiten hat, sondern wegen der Weiterbildung. Er arbeitete sich über die vergangene Monate in die Analysis und die lineare Algebra ein. Viele im ersten Semester relevanten Inhalte verstand er bereits jetzt und konnte sie sogar erfolgreich anwenden, aber das interessierte seinen Vater nicht. Denn Sasuke war ja weder Itachi noch Shisui noch Izumi, die goldene Elite der Uchiha-Kinder. Sasuke hasste es, ständig mit seinem Bruder verglichen zu werden. Itachi war ein echter Genie und es war einfach unfair. Sein Bruder fing eben an mit einem Jahr und zwei Monaten zu sprechen; mit drei brachte er sich selbst das Lesen bei; er übersprang zwei Klassenstufen und schloss die Schule bereits mit 16 ab; er legte sich sehr früh darauf fest, dass er ein Jurist werden möchte. Das wusste Itachi bereits mit 12. Sein Studium schloss es im Alter von 20 als der Jahrgangsbeste ab. Seine Staatsexamen waren im nationalen Schnitt unter den Top 10. Nebenbei spielte er sehr professionell Violine. Während der Schule gewann er zahlreiche Wettbewerbe: intellektuelle, musikalische und sogar sportliche. Und jetzt geht es ihm finanziell natürlich prima. Er kaufte sich während der letzten paar Jahre eine Luxuswohnung mit Dachterasse und teuerer Einrichtung und einen schicken Sportwagen. Die einzige kleine Macke, die der Vater an Itachi sah, ist das Fehlen einer festen Freundin. Und bei all dem blieb Itachi bescheiden, hilfsbereit, menschlich und überhaupt nicht arrogant. Kurz gesagt, er war in jeder Hinsicht perfekt. Mit so jemandem kann man sich überhaupt nicht messen. Deswegen war Sasuke nie das Lieblingskind und bekam nie die Aufmerksamkeit bei Familientreffen. Über seine weltlichen Erfolge wusste keiner. Darum musste sich der jüngere Uchiha meistens alleine über seine kleinen unbedeutenden Siege freuen. Aufgrund von all dem war Sasukes Beziehung zu seinem Bruder sehr zweischneidig: er liebte ihn, weil sich Itachi als einziger aus der Familie wirklich um Sasuke und seine Belangen gekümmert hat, und er hasste Itachi, weil er aus seinem Schatten nie entfliehen konnte. Egal, was Sasuke schafft, schafft Itachi so oder so was besseres.
 

Liegend im Bett dachte der jüngere Uchiha an all das. Seitdem Itachi im Ausland ist, rückten die Vergleichsspielchen eher in den Hintergrund. Er dachte schon lange nicht mehr daran, dass er nach der allgemeinem Meinung der Familie ein Versager ist, und es war auch gut so. Jetzt fühlte sich Sasuke deprimiert und innerlich ausgeleert. An sich war er eigentlich gar nicht so schlecht. Wahrscheinlich war er sogar ziemlich gut. Wahrscheinlich sogar sehr gut. Aber das zählte nicht, weil er andauernd mit einer Messlatte für Genies gemessen wird. Das war das Bittere an der ganzen Sache. Er versprach sich bei seinem elften Geburtstag, dass er sich davon nicht beeinflussen lassen und still seinen Weg für Normalsterbliche gehen wird. Aber das war gar nicht so einfach, denn Sasuke war von Natur aus ein Kämpfer. Er liebte das Gewinnen. Deswegen ließ er sich in dieses dumme Vergleichsspiel reinziehen. Sein Vater konnte ihn ziemlich gut provozieren. Damals wollte er die letzte Grundschulestufe überspringen, damit er später mindestens eine übersprungen hat. Er wollte Klavier spielen, weil es als schwer gilt. Er spielte Basketball, weil Sasuke eine bessere Sportskanone als Itachi war. Er legte sich auf Mathematikstudium fest, weil Mathe Itachis schwächere und Sasukes stärkere Seite erwischte. Sasuke seufzte laut. So wie es aussieht, richtet sich sein Leben doch komplett nach dem dämlichem Spiel! Er konnte also das Versprechen seinem elfjährigen Ich gegenüber doch nicht halten. Sasuke seufzte erneut.
 

„Klopf-klopf, darf ich reinkommen?“
 

Itachis Stimme unterbrach Sasukes Gedanken. Sein Brunder stand im Flur und wartete geduldig auf die Eintrittserlaubnis.
 

„Na klar, komm rein.“
 

Durch das geräumige Zimmer gelangte Itachi in die Ecke, wo Sasukes Bett stand, und setzte sich auf die Bettkante.
 

„Geht’s dir gut?“, fragte sein Bruder sanft.

„Ja…“, ließ Sasuke leblos ab.

„Mich musst du nicht anlügen.“

„Ja, ich weiß.“

„Also, willst du reden?“

„Es gibt doch nichts zu bereden — du bist der Goldjunge und ich bin die Schande der Familie. So einfach.“

„Sie haben das bestimmt nicht so gemeint, wie es rüberkam. Du weißt doch, unser Vater und Onkel Madara sind ziemlich großmäulig.“

„Ja… es nervt mich trotzdem. Ich will ja nur, dass er auch mal zur Abwechslung stolz auf mich ist. Aber ihn interessieren nur meine Misserfolge, damit er daraus ein Witz machen kann.“

„Tja… so ist unser Vater. Es tut mir wirklich leid, Sasuke.“
 

Plötzlich stubste Itachi seinen jüngeren Bruder leicht an die Stirn.
 

„Hey! Wofür das denn? Ich bin keine fünf mehr!“, warf Sasuke unzufrieden.

„Ich weiß“, Itachi lächelte dabei leicht. „Aber du bist immer noch mein kleiner Bruder. Weil du so traurig bist, kriegst du ein Stubs.“

„Wie unfair“, beschwerte sich der Jüngere.

„Was ist sonst Neues bei dir? Wie läuft die Schule? Die Abiturvorbereitung? Hast du neue Freunde gemacht? Irgendwas interessantes erlebt? Vielleicht datest du jemanden? Erzähl!“
 

Itachis Augen leuchteten warm auf. Anscheinend vermisste er seinen kleinen Bruder während der vergangenen zwei Jahre ziemlich doll. Sasuke konnte auf Itachis ehrliche Aufregung nur mit einem breiten Grinsen antworten. Er vermisste seinen großen Bruder ebenfalls sehr doll.
 

„Wow, das waren viel zu viele Fragen! Dreh mal ne Stufe runter!“, erwiderte Sasuke lächelnd.

„Na erzähl was! Komm!“

„Alsoooo…“, Sasuke setzte sich im Bett hin und überlegte kurz. „Ich mache seit dem Anfang des Jahres zwei Unikurse.“

„Ach echt? Cool! Und? Verstehst du alles?“

„Nein, natürlich nicht alles“, Sasuke atmete aus. „Aber so grob die Ideen nehm ich mir aus jeder Vorlesung mit.“

„Vorlesung?“

„Ja, online halt…“

„Achso, ich dachte du gehst dahin.“

„Ach ne, das kann ich dann im nächsten Jahr machen.“

„Stimmt“, Itachi neigte den Kopf leicht nach links. „Und sonst? Prüfungen?“

„Ach, das mach ich easy. Die Unimathe interessiert mich zurzeit viel mehr.“

„Alles klar. Na, hast du eine Freundin bekommen?“ Itachi grinste verschwörerisch und die Unterhaltung wurde erstmal angehalten.
 

Da traf der ältere Uchiha auf einen Nerv. Die momentane Situation mit Naruto war eben ein wenig heikel. Der dumme Blonde war in ihn verknallt und Sasuke fand heraus, dass er ihn doch nicht überhaupt nicht ab kann. Und seit dem Anfang der Ferien denkt der Schwarzhaarige nur noch an Uzumaki. Verdammt, der nervige Junge fehlt ihm sogar irgendwie! Oder so… jedenfalls macht sich seine Abwesenheit bei Sasuke richtig bemerkbar. Und das beunruhigt den Jungen zutiefst.
 

„Warum fragst du denn?“, fing Sasuke vorsichtig an.

„Na, du wirkst abwesend, verträumt, schaust ständig auf dein Handy und hockst abends immer alleine. Du warst ja immer sonst abends mit uns unterwegs. Und so verträumt sah ich dich noch nie. Deswegen dachte ich, dass du vielleicht tagsüber deine Freundin vermisst und abends dann mit ihr schreibst oder so.“

„Nein, ich hab keine Freundin…“

„Bist du etwa verliebt?“, fuhr Itachi lebhaft fort.

„Nein…“ Sasuke jammerte dabei leicht. „Oder doch… ich weiß es nicht…“

„Also gibt es da jemanden, an dem du Interesse hast?“

„Nein, auf keinen Fall“, stritt Sasuke kategorisch ab.

„Hä? Du weiß doch gar nicht, ob du verliebt bist oder nicht. Warum dann so harsch nein?“

„Weil vernünftig betrachtet kann ich mir jetzt keine Beziehung leisten. Ich will auch gar keine. Und selbst wenn, es wäre so oder so total unpassend. Er ist ein Austauschschüler und geht am Ende des Jahres so oder so zurück nach Hause.“

„Er?“
 

Die Unterhaltung hörte diesmal richtig abrupt auf. Sasuke realisierte, dass er einen mächtigen Fehler begangen hat. Ein kalter Schweiß trat auf seiner Stirn. Er wurde blass. Sein Herz klopfte wild. Sein Kopf wertete wie ein Hochleistungsrechner tausende Gesprächsmöglichkeiten aus und keine einzige konnte die Situation retten. Er stellte sich selbst Schach und Matt. Jetzt war er bestimmt erledigt.
 

„Gott, Sasuke, entspann dich!“ Itachi klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich dachte nur nicht, dass du dich für Jungs interessierst. Ich war deswegen ein wenig überrascht. Es war nicht böse gemeint! Sorry.“ Itachi biss sich auf die Lippe.

„Bitte erzähl davon keinem, okay?“ Sasuke flehte seinen Bruder an.

„Natürlich nicht.“

„Danke. Oh Gott, ich hab kein Bock, dass unser Vater davon erfährt.“ Sasuke seufzte schwer.

„Aha, also denkst du schon darüber, wie du ihn der Familie vorstellen wirst?“ Itachi grinste erneut.

„Nein!“ Sasuke haute seinen Bruder auf die Schulter.

„Und was genau ist dein Problem mit ihm?“

„Ach, keine Ahnung. Ich kann ihn eigentlich überhaupt nicht leiden. Und doch geht er mir seit dem Schulschluss nicht aus dem Kopf.“

„Na dann bist du doch verliebt!“, verkündete Itachi fröhlich.

„Nein!“ Sasuke schüttelte den Kopf und knurrte unzufrieden dabei. „Bin ich nicht.“

„Warum eigentlich kannst du ihn nicht leiden?“

„Weil er eine nerventötende Nervensäge ist!“ Itachi ließ ein kurzes Lachen ab. „Na was denn?! Wärest denn du nicht genervt, wenn jemand dir andauernd hinterherlaufen würde, behaupten würde, er steht auf dich, verkündet dies sogar auf der offiziellen Homepage seines Fanclubs…“

„Ein Fanclub?“, wiederholte Itachi verwirrt.

„Ja, er hat einen Fanclub an der Schule. Irgendwelche irren Mädchen haben einen Naruto-Fanclub organisiert! Wie lächerlich ist das denn?!“

„Naruto?“, wiederholte Itachi noch verwirrter.

„Ja, er heisst Naruto.“ Sasuke beobachtete den stummen Lachanfall seines Beuders. „Ach, Itachi, keine Ahnung! Frag mich nicht, warum seine Eltern ihn nach einer ausländischen Speise benannt haben! Ich weiß es auch nicht!“

„Was für ein interessanter Junge…“, Itachi beruhigte sich und ließ nachdenklich ab.
 

Für ein paar Minuten wurde es leise. Plötzlich fragte sich Sasuke auch, warum der Uzumaki wie der Ramentopping heißt.
 

„Also nervt er dich?“, fasste Itachi elegant zusammen.

„Ja!“

„Aber du denkst trotzdem unterbrochen an ihn?“

„Ja…“

„Vermisst du ihn?“

„Keine Ahnung.“

„Wie keine Ahnung?“

„Na, seine Abwesenheit macht sich schon bemerkbar, aber vermissen? Ich denke eher nicht.“

„Achso, hmmm…“, Itachi atmete hörbar aus. „Aber er behauptet verknallt in dich zu sein?“

„Ja.“

„Freust du dich darüber?“

„Oh Gott, nein! Ich wünsche, mir wäre dieser Leid erspart. Er versucht mir das nämlich seit sechs Monaten richtig unverschämt zu beweisen.“

„Ooooh! Was für ernste Absichten!“

„Nein, die sind nicht ernst! Er versucht mich nur zur Weißglut zu bringen, weil er ja eine nerventötende Nervensäge ist!“

„Haha! Sag mal, hast du ein Bild von ihm? Mich interessiert schon wie ein menschliches Naruto aussieht.“

„Warte…“
 

Sasuke hatte richtig viele Bilder von Naruto, weil der blöde Blonde ständig sein Handy unerlaubt genommen und mit seinen Bildnissen gemüllt hat.
 

„Zum Beispiel hier…“

„Oh, ein Blonder?“

„Ja…“ Sasuke scrollte weiter. „Oder hier, oder hier, oder hier… oh, das hier auch, und das, und das, und das…“

„Für jemanden, der ihn hasst, hast du eindeutig zu viele Bilder von ihm auf deinem Handy.“

„Oh Mann! Es ist nicht das, wonach es aussieht! Er macht doch selbst diese Bilder! Die meisten davon sind Selfies! Guck, hier! Oder hier! Oder hier! Alles sich selbst geknipst!“

„Warum löschst du dann die nicht einfach?“

„Weil es keinen Sinn macht! Er macht dann wieder tausende am nächsten Tag!“

„Warum gibst du ihm dann dein Handy?“

„Er bedient sich unverschämt daran!“

„Tja, dann musst du es wohl besser verstauen.“

„Pfff! Ich werde jetzt nicht seinetwegen meine Angewohnheiten ändern!“

„Na also, da hast du deine Antwort: du bist verlieeeebt!“ Das letzte Wort zog Itachi übertrieben in die Länge.

„Nein! Ich hab das Gefühl, du willst, dass ich verliebt bin!“

„Ein bisschen schon“, gab er ehrlich zu. „Denn die erste Liebe des kleinen Bruders ist schon irgendwie süß!“ Sasuke haute ihn nochmal auf die Schulter. „Aber abgesehen davon, Sasuke, ich hab dich die ganze Woche beobachtet. Und du scheinst ihn wirklich zu vermissen. Außerdem als du mir jetzt von ihm erzählst, funkt es in deinen Augen. Wenn du dich mit ihm wohl fühlst, dann ist es doch sehr schön…“

„Ich fühl mich nicht wohl mit ihm! Er nervt mich ja!!“

„Aber du magst es, oder?“

„AAAAARGH!!!“

„Was?“

„Er sagt immer wieder genau dasselbe!! Ich hasse es!“

„Wie du sagst“, Itachi kicherte kurz. „Aber Sasuke, wenn du verliebt bist, dann musst du es schätzen. Das Leben ist viel zu anstrengend. Und wenn du dir selbst fröhliche Momente versaust, dann schadet es dir nur langfristig. Glaub mir, ich hatte schonmal sowas erlebt.“

„Warst du etwa auch in der Schule verliebt?“

„Ja.“

„Mochte sie dich auch?“

„Ja.“

„Und warum ist daraus nichts geworden?“

„Erstens sie war zwei Jahre älter als ich und das wollten wir nicht. Wir dachten damals, wir hätten viel zu tun. Wir wollten beide nach der Schule woanders studieren. Und dann haben wir und gegen die Beziehung aus «logischen Gründen» entschieden. Und jetzt ist sie verheiratet. Ich frag mich, wie alles heute wäre, wenn wir es doch versucht hätten.“

„Bereust du es?“

„Ein bisschen.“

„Hmmm“

„Was denn?“

„Na auch du machst Fehler und bereust was. Wusste ich gar nicht.“

„Ach! Ich mach ständig Fehler!“ Itachi lächelte seinen Bruder liebevoll an.
 

Sasuke fing Itachis warme Lächeln. Er war dem Schicksal für so einen guten großen Bruder dankbar. Nur mit ihm konnte er solche peinlichen Gespräche führen.
 

„Und was soll ich jetzt machen?“ Sasuke wechselte das Thema.

„Oh, kleiner Bruder, das musst du selbst rausfinden!“

„Aber du klangst so bestätigend!“, ließ Sasuke enttäuscht ab.

„Ja, weil ich dafür bin, dass du deine Jugend genießt. Aber schlussendlich hab ich eigentlich keine Ahnung, was du wirklich fühlst. Und unabhängig davon ist es immer noch deine Entscheidung, wie du mit der Situation umgehst.“ Der ältere Uchiha wurde ab jetzt ernst.

„Aber ich brauch deine Hilfe…“, jammerte Sasuke. „Bitte berate mich ein bisschen. Ich komm selbst nicht drauf.“

„Sasuke, es gibt hier kein richtig und falsch. Das musst du aus dem Bauchgefühl wissen.“

„Kann ich aber nicht!“

„Na, magst du ihn?“
 

Itachi hielt das Gespräch an und guckte seinem Bruder direkt in die Augen. Sasuke seufzte und schaute weg. Diese Frage stellte er sich bereits seit zwei Wochen und keine Antwort kam.
 

„Ich weiß es nicht.“

„Na dann, finde es raus.“

„Wie denn?“

„Verbringe Zeit mit ihm. Achte darauf, ob du es genießt, ob du es wieder machen willst, ob du ihm physisch näher kommen möchtest.“ Sasuke verzog das Gesicht. „Ja, das Physische gehört auch dazu. Wenn «diese» Art von Chemie zwischen euch nicht stimmt“, Itachi machte Gänsefüßchen und fuhr fort: „dann ist es eben nicht romantisch.“

„Oh Gott, mich widert der Gedanke irgendwie an.“

„Hmmm, wenn es so ist, bist du vielleicht doch nicht verliebt. Hast du dich mit ihm in den Ferien geschrieben?“

„Nein.“

„Schreib ihm. Geht irgendwo außerschulisch hin. Ich nehme an, du siehst ihn nur in der Schule, richtig?“

„Jaaa… ach…“, atmete Sasuke schwer aus. „Ich will ihn nicht anschreiben. Nicht, dass er auf falsche Gedanken kommt.“

„Aha, du bist also schon wieder stur, oder? Du willst, dass er ein bestimmtest Bild von dir hat, richtig?“

„Jaaaa, ich kann ihn eben nicht leiden! Und am liebsten sollte er aus meinem Kopf verschwinden, damit es genau dabei bleibt!“

„Willst du deine Gefühle sortieren oder nicht?“

„Ja!“

„Dann brauchst du mehr Input, du kommst ja nicht drauf, hast du doch selbst gesagt.“
 

Sasuke antwortete nichts darauf. Irgendwie hatte Itachi schon recht.
 

„Ich würde dir raten ihn ein paar Mal zu treffen mit dem Ziel die Gefühle zu sortieren.“ Das hörte sich nach dem Schlusssatz an.

„Okay…“

„Hoffentlich konnte ich helfen.“

„Ich hoffe es auch.“

„Haha!“ Itachi lachte. „Na dann, gute Nacht, keiner Bruder! Hast ja jetzt viel, worüber du erstmal eine Nacht schlafen kannst.“
 

Itachi verließ das Zimmer und nun war Sasuke wieder allein. Er dachte daran, wozu ihm sein Bruder geraten hat: mehr Input. Mehr Input. Mehr Input… Hmmm…
 

Sasuke nahm sein Handy und öffnete die Homepage von Naruto-Fanclub. Da waren diverse soziale Accounts des Blonden verlinkt. Diese durchforstete Sasuke bereits vollständig und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er Naruto im Internet stalkt. Na super! Er fluchte kurz und fuhr einfach damit fort. Egal. Er gelangte zu einem ganz bestimmten Bild. Es war ein kurzer Schnappschuss, wo Naruto unbesorgt die Kamera anlächelt. Uchiha mochte dieses Bild. Der Blonde sah hier sehr gewohnt aus: sitzend am Hinatas ehemaligen Platz, mit Schuluniform und Büchern und trotz frühen morgens unglaublich fit. Sasuke starrte dieses Bild stumm an.
 

„Schwachkopf“, wisperte Sasuke und betrachtete das Bild erneut. Er verlor sich schon wieder in diesen blauen Tiefen. Narutos Augen fesselten ihn seit dem ersten Tag auf eine mysteriösen Weise und daran änderte sich bis zum heutigen Tage gar nichts. „Schwachkopf, Schwachkopf, SCHWACHKOPF!“, schrie er wütend ins Kissen und machte das Handy aus.
 

Liegend im Dunklen dachte er über all das, was ihm Itachi gesagt hat. Die Meinung seines Bruders war ihm immer sehr wichtig. Wahrscheinlich war Itachis Meinung am wichtigsten von allen. Sich mit Uzumaki treffen? Gefühle sortieren? Mehr Input bekommen? Das klingt an sich sinnvoll, aber Sasuke war sich trotzdem unsicher. Irgendwie drehte sich seine Beziehung zum Blonden nur um deren Krieg. Was anderes haben sie auch nicht gemacht, als sich ständig fertig zu machen. Sasuke gestand sich während der vergangenen zwei Wochen, dass ihm genau dieser Aspekt deren kurioser Beziehung eigentlich ganz gut gefällt und er wollte dieses komische Miteinander nicht mit mehr oder freundlicherer Beteiligung ändern. Er mochte es mit Naruto auf Kriegsfuß zu stehen. Er mochte, dass der Blonde genauso stur und gewinnversessen wie er selbst ist; genau das machte dieses Spiel spannend. Genau das machte Lust auf noch mehr Schlachten mit ihm. Ja, er kann diesen lästigen Kerl nicht leiden. Und ja, genau das gefällt ihm. Und was ist das jetzt also? Ist das wirklich dieses Verliebtsein?
 

Pfff! Niemals! Was für ein Unfug!
 

Der Uchiha drehte sich um und schlief ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-08-11T01:50:41+00:00 11.08.2019 03:50
Hihi tja hat er sich tatsächlich verkuckt in den blonden Sonnenschein Hach ich freu mich schon aufs nächste mal
Antwort von:  suugakusan
11.08.2019 12:48
Haha, er weiß es ja noch nicht :D vielleicht wird das im nächsten Kapitel aufgeklärt


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