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Tanz mit mir

…wenn du dich traust
von

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An diesem einen Nachmittag durfte Sasuke noch mehr Details aus der Vergangenheit des mysteriösen Jungen aus dem Ausland erfahren. Narutos Vater war ein Polizist und seine Mutter — eine Lehrerin. Der alte Bekannte seines Vaters, der ihm monatlich ein wenig Geld gab, hieß Jiraya. Er selbst war ebenfalls ein Polizist und sein Vater lernte ihn als seinen Ausbilder in der Polizeischule kenne. Jetzt ist Jiraya im Ruhestand, bereist die Welt und schreibt aus Langeweile semi-erfolgreiche perverse Bücher. Seine Tanzpartnerin und beste Freundin Karin kannte Naruto schon seit dem vierten Lebensjahr. Sie wuchsen zusammen in einem Waisenheim auf und auch sonst waren sie sich sehr ähnlich — Karin und Naruto waren beide Waisenkinder, Mobbing-Opfer, Profitänzer und fühlten sich zum eigenen Geschlecht hingezogen. Sonst erfuhr Sasuke endlich, warum Naruto nach einem Ramentopping benannt wurde. Seine Mutter liebte dieses Land und sprach fließend Sasukes Sprache. Als sie noch studierte, stolperte sie über eine Geschichte, in der es um einen tapferen Shinobi names Naruto ging. Sie war richtig beeindruckt vom Protagonisten und wollte unbedingt, dass ihr Sohn genau wie der Naruto aus dem Buch nie ans Aufgeben denkt. Übrigens genau deswegen interessierte sich auch Naruto für dieses Land und lernte die Sprache. Er wollte die namensgebende Geschichte eines Tages unbedingt im Original lesen. Die Frau, die Naruto während der kurzen Berühmtheitsphase mit den Zeitungsleuten umzugehen half, heißt Tsunade. Sie ist die Leiterin von Narutos Waisenheim und kümmert sich um den Blonden stets wie um eigenen Sohn. Sie stehen sich also sehr nahe. Übrigens wechselte Naruto damals mit 13 nicht nur die Schule, sondern auch das Heim. Karin bekam damals eine Kriese. Zwei Jahre später konnte sie ebenfalls ins gleiche Heim einziehen. Also teilen die beste Freunde mal wieder die Unterkunft. Die Jungs redeten auch über allgemeine Sachen und wie sie in Narutos Heimat funktionieren. Zum Beispiel über das Schulsystem, über die Supermarktöffnungszeiten, über das Wetter, über die öffentlichen Verkehrsmittel, über das Essen, über die Lebenskosten…
 

Sasuke blieb an den Tag auch nicht schweigsam. Naruto stellte ihm diverse Fragen über sein Leben. Sasuke redete zu seiner eigenen Überraschung offen über sehr persönliche Sachen. Zum Beispiel erzählte er, dass sein Vater von ihm überhaupt nichts hält, und dass er ein sehr zweischneidiges Verhältnis zu seinem älteren Bruder hat. Er redete hemmungslos darüber, dass seine gesamte Familie ihn für einen Versager hält, und dass keiner außer Itachi und Shisui es als irgendwas falsches empfinden. Naruto erfuhr, dass ein Mathematikstudium von der Uchiha-Familie als zu zukunftsunsicher bewertet wird und deswegen per se eine sehr schlechte Wahl ist; und auch über den Klavierunterricht und warum Sasuke ihn abbrechen musste; über die Basketballmannschaft, über seine Aushilfsjobs, über die Uchiha-Residenz, über Itachis Wohnung im Ausland und noch viel mehr. Sasuke gestand zum ersten Mal, dass er seine Familie überhaupt nicht als eine Stütze empfindet. Und er sprach sich dagegen aus, dass eine bloße Existenz einer Familie alle Probleme gleich sofort behebt. An dieser Stelle führten die Jungs eine lange lebhafte Diskussion.
 

Nach dem umfangreichen Austausch schlug Sasuke vor, irgendwo nach einem namenlosen Schrein zu suchen, damit Naruto sein jährliches Gespräch wenigstens irgendwie nachholen kann. Uzumaki fand die Idee eigentlich ganz gut und so schlossen sie den Tag an einem der städtischen Friedhöfe ab. Sasuke wollte eigentlich an diesem Punkt gehen, aber Uzumaki hielt seine Hand fest und hatte keine Absichten von ihr loszulassen. Also blieb Sasuke an Narutos Seite fast anderthalb Stunden. Zum ersten Mal hörte der Schwarzhaarige, wie Naruto seine Muttersprache spricht. Es fühlte sich ein bisschen seltsam an. So, als hätte sich eine weitere Stimme in Narutos Körper versteckt. Selbst Sasukes Name klang dadurch total fremd. Ihn hörte der Uchiha während der anderthalbstündigen Unterhaltung oft genug um zu diesem Schluss zu kommen. Anfangs fühlte sich der Uchiha schlichtweg fehl am Platz. Schlussendlich durfte er live mitbekommen, wie Naruto die einzige Verbindung zu seinen Eltern pflegt. Aber diese Gefühle beherrschten den Schwarzhaarigen nicht besonders lange. Dadurch dass er nichts außer seinen eigenen Namen verstand, den er übrigens ziemlich oft hörte, wurde Sasuke schnell neugierig. Was erzählt denn Naruto über ihn seinen Eltern? Er würde es schon gerne wissen.
 

Seit dem Tag vergingen noch weitere sechs Wochen. Irgendwie änderte sich nichts seitdem. Die Jungs machten einander Tag für Tag fertig, fuhren nach der Schule nach wie vor gemeinsam Bus, lernten auf dem Dach hinter dem mittleren Trafokasten und küssten sich sinnlich beim Verabschieden. Ab und zu hingen sie in Narutos stickigen kleinen Wohnung rum, aber das passierte eher selten. Genauer gesagt, waren sie dort in den vergangenen sechs Wochen nur zwei Mal. Der Uchiha konnte dieses komische Verhältnis nicht korrekt betiteln, aber es war auf jeden Fall keine „offizielle“ Beziehung. Und doch änderte sich in diesem Zeitraum alles, denn Naruto wuchs Sasuke in diesem Zeitraum unglaublich doll ans Herz. Am liebsten würde er diesen Blonden nicht ge… nein. Sasuke verbat sich stets diesen Gedanken zu Ende zu führen. Stattdessen versuchte er das Ganze so bedenkenlos zu genießen, wie er nur konnte. Naruto war wie Feuer: heiß, wild, und faszinierend, aber zugleich doch irgendwie gefährlich, wenn man nicht aufpasst. Sasuke hat eben nicht aufgepasst, denn er würde ja am liebsten… nein. Der Gedanke wird nicht zu Ende geführt. Obwohl der Uchiha ziemlich böses Ende des ganzen Spiels vorahnte, schob der Schwarzhaarige diese Bedenken erstaunlicherweise zu bereitwillig auf den Zukunfts-Sasuke. Eigentlich sollte er in solchen Sachen nicht besonders gut sein. Außer in dieser einen Situation. Der Blonde stellte sein geregeltes Dasein auf den Kopf. Naruto befreite unwissentlich seine seit Jahren unterdrückte Kapazität zum Fühlen. Der Uchiha gelang durch diese Hintertür in eine neue unbekannte Dimension, in der man sich den eigenen Gefühlen einfach hingeben durfte. Hier war es vollkommen okay verliebt zu sein. Es war sogar mehr als nur okay. Es war die schönste Sache, die einem passieren konnte. Hier hatte man nichts dagegen, wenn man jemanden vermisst oder mit jemandem Zeit verbringen möchte. Es war auch vollkommen okay auf den eigenen Körper zu hören. Endlich verstand Sasuke, was Itachi damals mit «diese Art von Chemie» meinte. Er fand Naruto extrem anziehend und wollte ihn ständig anfassen. Meistens konnte er sich in solchen Momenten kontrollieren. Aber manchmal konnte er einfach nicht die Finger vom Blonden lassen. Und manchmal könnte er, aber wollte nicht. Durch diese Änderungen erwachte Sasukes lebhafte Vorstellungskraft aus dem jahrelangen Schlummern. Eigentlich war er ein echter Tagträumer. Er konnte stundenlang ein sinnloses Kopfkino über zum Beispiel einen nicht existenten Spaziergang mit Naruto am Strand laufen lassen und es machte ihm Spaß. Sasuke hatte eigentlich sehr selten Spaß. Sein Leben war bis jetzt ein stiller Kampf, den er ganz alleine mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gewinnen musste. Die strenge Erziehung im Uchiha-Haushalt machte aus Sasuke einen zielorientierten Menschen. Nichts unnötiges tun wie zufällige Tagträume haben. Aber warum eigentlich nicht? Was, wenn es einen mit Vergnügen erfüllt? Ist es immer noch unnötig? Wann darf man überhaupt Spaß haben? Und wann wird es zu viel? Naruto brachte den Jungen unabsichtlich dazu, seine bisherige Lebensweise und die Uchiha-Erziehung aktiv zu hinterfragen. Vielleicht macht Sasuke etwas grundlegend falsch? Trotzdem erlaubte er sich nicht mehr als nötig an den Blonden zu binden. Sasuke wollte keine unnötigen seelischen Schmerzen. Er wird schon so einiges wegstecken müssen. Was sich aber vermeiden lässt, sollte man lieber wirklich vermeiden.
 

Heute stand mal wieder die Tanzstunde auf dem Plan. Heute kam endlich etwas Neues. Sasuke verstand nicht, warum so viele Teilnehmer ernsthafte Schwierigkeiten haben die vorgeführte Figur zu machen. Es ist doch keine Unimathematik! Andererseits vielleicht fallen Sasuke generell Sachen wirklich leichter. Naruto betonte andauernd, dass der Schwarzhaarige ein Schnelldenker ist. Der Uchiha selbst sah es natürlich nicht so. Itachi war ein Schnelldenker und er… na ja. Als die Stunde vorbei war und er sich von Sakura verabschiedete, bemerkte er, dass Naruto zielstrebig auf ihn zuläuft.
 

„Musst du noch was machen?“, fragte der Uzumaki interessiert.

„Ja, eigentlich schon.“

„Gehst du wieder aufs Dach?“

„Ummm“, murmelte der Uchiha bestätigend.

„Darf ich auch mitkommen?“ Naruto guckte seinen Gegenüber direkt an.

„Ja, warum nicht?“, ließ Sasuke unbesorgt ab.

„Cool! Ich muss hier noch aufräumen. Hilfst du mir vielleicht?“

„Achso! Du wolltest mich also nur exploitieren!“

„Nein!“, wendete Naruto kräftig ein. „Na gut, aber nur ein bisschen“, gab der Blonde etwas schämend zu.

„Ha! Wusste ich’s doch!“

„Hilfst du mir trotzdem?“

„Ist «nein» überhaupt eine Option?“

„Natürlich nicht!“

„Dann lass uns schnell fertig damit werden.“
 

Das Bodenfegen nach einer Tanzstunde war überhaupt nicht so toll. Sasuke verstand nicht, warum diese Aula so dreckig war. Leute bringen doch extra saubere Schuhe mit! Und trotzdem ist das Fegen notwendig. Was für eine schwarze Hexerei!
 

„Sag mal, gefällt dir der Kurs?“ Naruto fing ein kleines Gespräch an.

„Nein, eigentlich nicht“, gab der Uchiha ehrlich zu. Naruto machte eine beleidigte Grimasse und Sasuke fügte noch hinzu: „Ich finde ihn ziemlich lahm.“

„Hey, du bist selbst lahm!“

„Na, warum ist er so super einfach? Ich fühl mich übelst unterfordert.“

„Na, weil nicht jeder so schnell lernt wie du halt! Außerdem meinst du, ich hätte mir dabei überhaupt nichts gedacht oder was? Wir haben uns überlegt, was wir uns im Idealfall von einem schulischen Ball wünschen, wenn man solche Sachen wie Zeit, Anzahl von Teilnehmern und den Lehrkräften und wenigstens gewisse technische Sachen wie eine halbwegs ordentliche Haltung und so bedenkt. Dabei kam eben nicht viel raus. Wir versuchen auf das allgemeine Niveau zu achten und eigentlich sieht es ganz gut aus. Und es ist nur eine Schulveranstaltung. Es geht hier hauptsächlich darum, dass Leute Spaß haben und nicht überfordert werden, weißt du?“

„Pfff! Klingt übelst langweilig!“, beschwerte sich der Uchiha.

„Hallo?!“, empörte sich Naruto. „Tu jetzt nicht so, als wärest du der beste Teilnehmer von allen!“

„Natürlich bin ich der beste von allen!“, sprache Sasuke überheblich aus. „Wer ist denn bitte schön besser als ich?“

„Na, zum Beispiel Kiba…“

„Na toll!“, unterbrach der Uchiha. „Kiba ist dein Tanzpartner, natürlich ist er besser! Es zählt nicht!“, konterte Sasuke.

„Na gut, dann sage ich Hinata!“ Naruto gab ebenfalls nicht auf.

„Hinata muss ja nicht führen und ich schon!“

„Na gut, dann Gaara!“

„Als ob!“

„Ja! Du hast halt auch deine Macken! Du hebst komisch und deine Haltung ist inkonsistent! Gaaras Haltung ist zum Beispiel viel besser als deine!“

„Blablabla, sagte der Profitänzer! Ich kann mich so oder so in deinem lahmen Kurs nicht verbessern!“

„Hmmm, belastet es dich so sehr?“

„Ja! Ich muss deinetwegen jede Woche zwei Stunden des Lebens opfern, um hier zu sein. Dann will man wenigstens etwas mitnehmen, oder?“

„Hmmm, na dann komm her!“

„Wozu?“

„Wir tanzen ne Runde!“

„Neee!“

„Wieso denn nicht? Du wolltest doch Extrawurst! Dann bekommst du sie eben. Ich kann dir ein paar Tricks zeigen. Mit deinem Fassungsvermögen dauert es so oder so nicht länger als zwanzig Minuten. Na, was sagst du?“
 

Sasuke überlegte kurz. Er müsste eigentlich lernen. Hmmm, lernen oder mit Naruto eine Runde tanzen? Na ja, das zweite hörte sich viel ansprechender an. Na dann!
 

„Na gut“, ließ der Uchiha ab. „Bring it on, Schwachkopf!“

„Haha! Ne, du führst. Ich möchte sehen, was du in meinem lahmen Kurs gelernt hast!“
 

Die Jungs tanzten ein paar Mal um die Aula herum. Naruto gab ab und zu Ratschläge zu allem möglichen. Zum Beispiel erfuhr Sasuke einiges über die Drehachse. Und darüber, dass sich die Kreiseldrehung einfacher gestaltet, wenn die beiden Partner im Moment der Drehung den Brustkorb leicht nach vorne bringen.
 

„Etwa so…“ Naruto streckte sich. Dadurch wirkte er ein wenig größer. „Guck, wenn ich als Partnerin meine linke Seite nach vorne bringen, musst du es spiegelverkehrt machen.“

„War mir auch ohne deine Erklärung klar, man macht im Tanzen alles spiegelverkehrt.“ Sasuke wollte den Uzumaki ein wenig auf die Nerven gehen.

„Genau.“ Naruto überhörte diese Äußerung komplett. Wenn er in den Lehrermodus ging, wurde er plötzlich sehr ernst. „Unser Tanzlehrer meinte damals, dass es ungefähr so ist, als würde man die zwei Herzen näher aneinander bringen wollen.“

„Klingt echt schräg“, ließ Sasuke nachdenklich ab.

„Ja, tut es tatsächlich. Dafür ist es super bildlich. Wollen wir es ausprobieren?“

„Okay.“
 

Sasuke versuchte gleich den neuen Trick. Irgendwie war er noch nicht begeistert.
 

„Und? Spürst du bereits, dass sich unsere Herzen verbunden haben?“ Sasuke grinste.

„Haha! Überhaupt nicht.“ Naruto grinste ebenfalls. „Aber mach erstmal weiter, okay?“

„Jawohl!“
 

Sie tanzten noch eine Runde. Diesmal versuchte Sasuke, sich bei jeder Kreiseldrehung auf Narutos Brustkorbs abzustützen. Dadurch wurde die Drehung tatsächlich um einiges stabiler.
 

„Ist so gut?“, fragte der Uchiha nach einer Weile.

„Ist okay fürs erste.“ Naruto klang nicht so begeistert. Aber auch nicht enttäuscht. Die Bewertung klang nach gar nichts und Sasuke fand es sehr ungewöhnlich.

„Ach, Mann! Du lobst mich nicht mal. Was bist du für ein Lehrer eigentlich?“

„Nein-nein, du machst es gut. Du musst es jetzt nur noch üben, dann wird es koordinierter, weißt du? Kannst dann Sakura davon erzählen.“
 

Sasuke antwortete nichts. Die Jungs tanzten erstmal ohne zu reden. Man konnte nur das dumpfe Klingen derer Schritte hören. Die große Aula gehörte ihnen ganz allein. Es fühlte sich befreiend an, durch den Raum in riesigen Schritten zu schweben ohne gleich in jemanden hineinzulaufen. Draußen dämmerte es bereits und drin brannte noch kein Licht. Sasuke konnte schlechter sehen. Er musste sich zunehmend auf seinen Körper verlassen.
 

Sie tanzten noch ein paar Runden um die Aula. Sasuke glaubte mittlerweile den Dreh rauszuhaben. Die letzten sechs Takte machte er nur den Kreisel.
 

„Sag mal, willst du nicht langsam was anderes machen?“, beschwerte sich der Blonde.

„Nein, weil es jetzt irgendwie Spaß macht, wo es so stabil ist. Außerdem hast du nichts zu meckern, du führst ja nicht“, daran wollte Sasuke seinen Partner unbedingt erinnern.

„Achso, na dann…“
 

Naruto machte einen komischen Platzwechsel und plötzlich führte er.
 

„Hey! Unfair!“ Sasuke bewarf den Blonden mit seiner eigener Floskel. „Ich kann doch gar keine Damenschritte!“

„Keine Angst, das musst du nicht. Du kriegst es auch so hin.“
 

Mittlerweile wurde es dunkel. Sasuke konnte nur noch grobe Umrisse der Möbel im Raum sehen. Aber als Uzumaki ihn ansah, leuchteten seine Augen trotzdem kurz auf. Dieses wunderschöne Himmelblau! Sasuke verlor sich für einen Augenblick darin. Es dauerte nicht lange, weil sich Naruto plötzlich beschleunigte. In einem Takt waren plötzlich keine sechs Schritte, sondern zwölf. Sowas tanzten die Teilnehmer hier überhaupt nicht. Der Uchiha war auch erstmal überrascht. Stolpernd folgte er seinem Partner, der jeden Takt gefühlt anders tanzte. Manchmal wurden die Schritte weggelassen und manchmal kamen welche dazu. Sasuke kam langsam nicht hinterher.
 

„Entspann dich, es ist einfacher als du denkst“, warf der Uzumaki unbesorgt.

„Tja, du bist ein Profitänzer! Natürlich ist es einfach für dich!“

„Du versuchst mir im Moment nachzulaufen…“

„Was soll ich denn sonst deiner Meinung nach tun?“

„Du sollst mir erlauben dich zu führen. Die Haltung ist ja nicht umsonst so eng. Man weiß von dem, was der andere macht durch den Körperkontakt.“
 

Sasuke verdrehte die Augen. Er hasste es, von Naruto belehrt zu werden. Aber was der Blonde sagte, stimmte schon. Das bemerkte er während der Stunden selbst. Immer noch stolpernd, versuchte er doch dem Rat von Naruto zu folgen. Er machte die Augen zu und versuchte sich auf Narutos Bewegungen zu konzentrieren. Rechtsdrehung… Linksdrehung… etwas komisches… Kreisel… Chassee… etwas komisches… er will eine Drehung hier… okay… noch etwas komisches… zwei zusätzliche Schritte… okay… noch etwas komisches… er bleibt stehen… eine Pose… es soll vermutlich hübsch wirken… es tut aber ganz schön weh… na gut, okay…
 

Nach einigen Runden wurde es tatsächlich deutlich einfacher. Sasuke machte die Augen auf. Im Raum war es bereits unmöglich richtig zu sehen. Der Schwarzhaarige musste darauf vertrauen, dass Naruto nichts vermasselt. Und das tat er. Er gab die Kontrolle über seinen eigenen Körper überraschend gern an Uzumaki weiter. In diesem Moment wurde er beherrscht und es gefiel ihm. Ihm gefiel Narutos kompetente Führung — es war überhaupt nicht schwer ihm zu folgen; ihm gefiel, dass sie komplett alleine in diesem dunklen riesengroßen Raum waren; ihm gefiel, dass er außer Schritten, Narutos und seines Atems nichts hörte; ihm gefiel die sanfte Wärme, die der Blonde ausstrahlte; ihm gefiel, wie Narutos linke Hand seine Rechte hielt und sie als eine zusätzliche kleine Steuer benutzte; ihm gefiel generell wie Naruto seinen Körper behandelte; ihm gefiel diese Nähe; sogar, wie Uzumaki beim Schwitzen roch. Hmmm, was sonst außer Tanzen könnten sie in diesem riesigen menschenlosen Raum machen? So eine unmittelbare Nähe regte Sasukes Vorstellungskraft an.
 

Plötzlich lief Naruto gegen die Wand. Sasuke verstand es erst als seine Schulterblätter gegen etwas hartes kamen. Naruto lehnte sich mit seinem gesamten Gewicht auf ihn an. Sein Körper bildete eine physische Barriere zwischen Sasuke dem Rest des Welt. Er sah, hörte, roch und spürte nur noch Naruto. Der Uchiha fühlte sich dadurch regelrecht eingesperrt. Aber es war nicht beängstigend. Sasuke wollte aus diesem beengenden warmen Käfig nicht fliehen. Ganz im Gegenteil, er wollte noch mehr. Er schaute unanständig lange in Narutos Augen. Die himmelblauen Seelenspiegel leuchteten magisch durch die schwarze Nacht. Uzumakis heißer Atem berührte Sasukes dünne Haut am Hals und es kitzelte. Narutos Arme wanden sich um Sasukes Torso herum. Das blonde Pony war ein wenig verklebt. Die vereinzelten Stränchen fielen spielerisch in sein Gesicht. Er grinste wie ein Fuchs und sah dabei ein wenig verrückt aus. Sasuke nahm vorsichtig die Stränchen weg. Naruto hielt seine Hand auf und verschränkte sanft ihre Finger.
 

„Was machen wir eigentlich?“, fragte der Uchiha wispernd.

„Gefällt’s dir nicht? Sollen wir aufhören?“ Naruto antwortete genauso wispernd.

„Nein, nicht aufhören.“

„Gut.“
 

Ihre Blicke trafen sich erneut. Einige Minuten guckten sie sich an. Naruto küsste seinen Gegenüber zärtlich.
 

„Nochmal“, hauchte Sasuke aus.
 

Naruto küsste ihn erneut. Und dann noch ein Mal. Dann nochmal. Und nochmal. Und nochmal…
 

„Gehst du noch aufs Dach?“

„Ja, aber später. Lass uns lieber noch ein wenig hier bleiben.“

„Gerne.“
 

Und sie blieben ein wenig länger. Und dann noch ein wenig. Und dann noch ein wenig… und die ganze Zeit küssten sie sich. Es war eins von diesen Momenten, wo Sasuke weder aufhören konnte noch wollte. In dem beengenden warmen Käfig wurde es unausstehlich heiß. Sasukes Körper erhitzte sich gefühlt auf tausend Grad hoch. Der Junge schnappte nach Luft öfter. Seine keuchenden Atemzüge wurden kräftiger und lauter. Wie eine Schlinge wanden sich Sasukes Arme fest um den Blonden herum. Er drückte den Jungen kräftig an sich. Er wollte so nah zu seinem Gegenüber sein, wie es nur ging. Naruto konnte mit seinem Part auch nicht aufhören. Er trieb Sasuke unaufhaltsam in eine ganz bestimmte Richtung und der Uchiha ließ es zu. Sasuke machte jede Bewegung exakt nach. Nur spiegelverkehrt. Er erlaubte dem Uzumaki sich überallhin zu führen. Egal wohin. Sasuke würde ihm überallhin folgen. Er vertraute sich vollständig dem Uzumaki an. Und es fühlte sich tierisch gut an.
 

„So wird das aber nichts mit dem Lernen, weißt du?“, wisperte der Uzumaki nach einer Weile.

„Ich weiß, ich hab es schon aufgegeben“, erwiderte der Uchiha und küsste Naruto erneut. „Wer ist wohl schuld daran, ha?“

„Ich glaub, ich bin‘s“.

„Richtig, du bist es, Füchschen.“

„Oh, ein neuer Spitzname?“

„Halt deine Fresse und küss mich.“

„O-ha! Jemand scheint wohl richtig aufgedreht zu sein…“

„Ihr zwei! Die Aula muss jetzt geräumt werden!“
 

Der Hausmeister entstand aus dem Nichts. Er riss die Tür auf und das weiße Licht erhellte kräftig die stockdunkle Aula. Sasuke war auf sowas nicht vorbereitet. Der Uchiha wurde regelrecht geblendet. Er kniff die Augen passiv zusammen und wendete sich vom kräftigen Licht ab.
 

Währenddessen drehte sich der blonde Junge zum ungebetenen Gast hin. Er entfernte sich dadurch von Sasuke. Der Uchiha wurde somit aus dem warmen Käfig freigelassen. Sein Körper wurde gleich auf null Grad runtergekühlt. Sasuke wendete sich zurück zu Naruto. Der Blonde schien auf einmal so distant und unerreichbar zu sein. Der Oberschüler nahm diese faszinierende Gestalt wahr, die von dem blendend weißen Licht kräftig erhellt wurde. Naruto sah in diesem Moment fast heilig aus. Wie ein echter Bringer des Lichts. Am Ende des gemeinsamen Weges mit diesem einmaligen Wunder wird Sasuke bestimmt sehr viel Schmerz finden. Narutos Licht ist viel zu überwältigend für ihn.
 

„Was glotzt ihr mich so an, ha? Ich will auch irgendwann Feierabend machen, okay?“, warf der Hausmeister unzufrieden. Die Jungs beeilten sich und räumten die Aula.
 

Nach fünfzehn Minuten saßen sie bereits im Bus. Sasuke lehnte sich bereitwillig auf den Blonden an und umarmte ihn fest. Narutos Arme waren auch fest um Sasukes Torso gewickelt. Der schwarzhaarige Junge verspürte eine seltsame Melancholie. Er war bekümmert.
 

Weil er diesen blonden Schwachkopf am liebsten nicht gehen lassen würde.
 

Ach, verdammt! Jetzt führte der Uchiha den blöden Gedanken doch zu Ende! Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
 

Am Ende dieser wunderschönen Reise wird sich Sasuke an Narutos kräftigem Licht bestimmt sehr schlimm verbrennen. Daran hatte der Uchiha keine Zweifel mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-09-22T21:13:21+00:00 22.09.2019 23:13
Hach einfach fantastisch wäre der Hausmeister nicht aufgetaucht wäre der Tanz bestimmt in die waagerechte weiter geführt worden


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