Tanz mit mir von suugakusan (…wenn du dich traust) ================================================================================ Der offizielle Teil der Veranstaltung zog sich seit einigen Stunden hin. Endlich wurde Sasukes Klasse auf die Bühne gebeten. Die Zuschauer fingen an, die aufstehenden Jugendlichen zu beklatschen. Sie wurden dabei mit einem riesigen Scheinwerfer bestrahlt. Sasuke kniff sogar seine Augen zu, weil er für einen kurzen Moment geblendet wurde. Die Kolonne begab sich in Kürze geordnet zur Bühne. Und alle schauten ihnen zu. Diese Vorstellung war dem Uchiha leicht unangenehm. Er mochte es überhaupt nicht, so plump in den Mittelpunkt gestellt zu werden. Seine Klasse bekam so viel Aufmerksamkeit wie noch nie, und dann wurde auf deren Präsenz zusätzlich durch einen blendenden Scheinwerfer aufmerksam gemacht. Warum überhaupt? Es machte so gar keinen Sinn. Sasuke warf einen Blick auf die Zuschauer. So viele Gäste! Stimmt, sie waren ja der Jahrgang mit den meisten angemeldeten Besuchern. Und darunter war kein einziger Uchiha. Seine Eltern kamen also wirklich nicht wobei, ha? Hmmm, anscheinend war das hier ihnen doch nicht so wichtig. Nicht, dass es verwunderlich wäre. Schließlich war diese Veranstaltung auch Sasuke ziemlich egal. Außerdem hat er bereits in der Mittelschule aufgehört, Gründe für ein solches Nichterscheinen zu suchen. Mittlerweile diente die Teilnahme seiner Eltern an Ereignissen in seinem Leben einer Art skurrilen Unterhaltung. Sie war ein unfaires Glücksspiel, das der jüngste Uchiha nur verlieren konnte. Trotzdem empfand Sasuke so eine innerliche Wette mit sich selbst perverserweise ziemlich reizend. Und das Nichterscheinen würde er heutzutage nicht mehr unbedingt als Verlust bezeichnen. Dafür war heute jemand anders für ihn da. Ein blauäugiger Betrachter, der in einer der hinteren Reihen der Aula saß und Sasuke ganz fest im Visier hielt. Dieser Typ versuchte nichtmal ansatzweise sein unverschämtes Starren zu verheimlichen. Tja, komische Leute gibt‘s, ne? Der Uchiha spürte, wie er aufmerksam beobachtet wurde, und kitzelnde Rückenschauer liefen seine Wirbelsäule herunter. Am liebsten würde er seinem Betrachter mit derselben unanständigen Geste antworten, sodass sich seine eigene Zeugnisausgabe in ein lächerliches Anstarrspiel verwandelt. So würde diese Veranstaltung gleich richtig gut in Sachen Bedeutung punkten. Leider war das gerade viel zu unpassend. So viel Vernunft besaß der Uchiha doch noch. Also blieb diese dumme Idee nur eine dumme Idee, die trotzdem ganz schön aufregend war. Stattdessen warf Sasuke einen flüchtigen Blick ans Ende der Aula und schmunzelte dabei leicht. Er war sich nicht sicher, ob diese Botschaft sicher beim Empfänger ankam, aber das war eher nebensächlich. Wichtiger war, dass er heute doch nicht allein war. Obwohl Sasuke diese Veranstaltung für trivial hielt, war diese Tatsache trotzdem irgendwie angenehm zu wissen. Sasuke war dem gar nicht so sehr abgeneigt. Nein, überhaupt nicht. Dies erfüllte ihn sogar mit… Freude? Freute er sich etwa darüber, dass ein lauter Idiot aus dem Publikum seinen Namen aus der hinteren Reihe jubelnd ausschreit und ihn damit komplett bloßstellt? Ja. Sasuke freute sich darüber immens. Wenn auch er sowas niemals im Leben zugeben würde. Mittlerweile erreichten die Schüler die Bühne. Jungs und Mädels ordneten sich beinahe automatisch in eine Linie an. Diese Aufstellung haben sie bis zum Nichtsmehrkann mühselig über drei Monate einstudiert, weil das der Schulleitung unfassbar wichtig war. Trotzdem wirkte das Gesicht des Direktors etwas verzogen. Anscheinend war er nicht ganz mit diesem Endergebnis zufrieden. Ob die Schule jetzt ihre Ansehenspunkte verlor? Sasuke grinste darüber gedanklich und seine Mundwinkel zuckten auch ein wenig, weil diese Geradlinigkeitssorgen in seinen Augen unfassbar dumm waren. Nichtsdestotrotz konnte die Zeugnisausgabe relativ pünktlich beginnen. Die Zuschauer wussten es nicht, aber der offizielle Teil der Veranstaltung war streng getaktet, sodass pro Zeugnis höchstens acht Sekunden eingeplant waren. Die eigentliche Ausgabe bestand aus einer kurzen Beglückwünschung des Schülers vom Direktor, der Übergabe des Papiers in die Hand des Schülers durch den stellvertretenden Direktor und einer kurzen Verbeugung seitens des Schülers. Obwohl Sasuke am Ende der Schlange stand, war auch er gleich dran, der strengen Planung sei dank. „Herzlichen Glückwunsch“, murmelte der Direktor trocken. „Vielen Dank“, erwiderte Sasuke etwas enthusiastischer und verbeugte sich. Sasuke wurde sein Zeugnis aufgedrückt und schon zog der Direktor an ihm vorbei. Der Junge hörte das nächste „Herzlichen Glückwunsch“. Warte… das war’s? Nun wurde dem letzten Schüler aus Sasukes Klasse das Zeugnis überreicht. Die Gäste fingen an zu klatschen und die Schüler begaben sich zurück an ihre Plätze. Ja, anscheinend war’s das. Hmmm… so eine Zeugnisausgabe ist ganz schön antiklimaktisch. Die ganze Unternehmung dauerte nichtmal zehn Minuten. Und dafür mussten die Schüler für die Schulleitung den Gang einstudieren, den Rednerpult organisieren, einen Beamer aufhängen, die Aula „dezent“ schmücken — was auch immer dezent in diesem Zusammenhang bedeutete, — und eine ganz bestimmte Sitzordnung erzwingen. Was für eine Verschwendung! Andererseits gab es insgesamt sieben Klassen, sie sind erst die vierte davon und die Veranstaltung fühlte sich jetzt schon wie fünf Ewigkeiten an — eine pro Klasse und noch eine für die Rede des Direktors. Sasuke war immer noch durch diesen offiziellen Part zutiefst verwirrt. Würden sie gleich mit der von den Schülern organisierten Feier anfangen, und die Zeugnisse einfach bei einer Klassenstunde verteilen, wäre sehr vielen Beteiligen richtig viel Leid erspart. Und außerdem könnte er neben seinem Freund sitzen. Aber nein, man muss sich und andere natürlich mit sich untergehen lassen. Okay. Na gut, andererseits durften sie als die Schüler überhaupt eine inoffizielle Feier organisieren. Ihr Jahrgang war nämlich der erste, der so eine Erlaubnis erbetteln konnte. Mitunter lag es daran, dass es einen Ausländer in der Oberstufe gab. Den musste man natürlich besonders beeindrucken. Auf dem Weg zurück schwof Sasukes Blick nochmals über die hinteren Reihen der Aula. Der blauäugige Betrachter hatte ihn immer noch ganz fest im Visier. Sasuke versuchte, seine Botschaft nochmal zu übermitteln. Diesmal kam sie definitiv an und ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment. Die beiden Jungs wurden vom Geschehen um ihnen herum abgekapselt. Sie gelangen für diese kurze Sekunde an einen Ort, wo sie ganz allein waren. Weil es diesmal kein Anstarrspiel war. Es waren nur zwei verliebte Menschen, die sich mit einer grenzenlosen Freude anschauten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)