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Freundlichkeit, Liebe und Güte

Mit hängendem Kopf und Schultern wandelt sie zitternd wieder zurück in ihr Zimmer, sich mit jedem Schritt mehr und mehr bewusst werdend, was sie da ihrem eigenen Seelenheil angetan hat. 

 

Nur leider glaubt sie kaum, dass er jetzt einfach nachgeben wird. Oh nein… und wenn das hieße, dass er mit in ihrem Zimmer schlief – Sanji wird neben ihr schlafen. 

 

Und sie hofft, dass es auch nur das ‚Daneben‘ sein wird und nicht die Einladung für mehr…

 

Mit bebendem Herzen schält sie sich – schon fast kunstvoll – aus ihrem wunderschönen, roten Kleid, was doch leichter ging, als sie befürchtet hatte. Schließlich hatte es doch zwei Leute gebraucht, damit sie da rein kam und sie fürchtete, dass es wieder Hilfe benötigte, um dort rauszukommen… Hilfe, die sie an diesem Abend wahrscheinlich nur noch von Sanji selbst bekommen würde. 

 

Sie wollte sich nicht einmal vorstellen, auf was für Gedanken er dann kommen könnte… 

 

Doch nein, so muss es nicht sein und nachdem sie im Badezimmer gewesen ist, zieht sie sich die absolut unschönste Hose aus dem Kleiderschrank an, die sie finden kann, um dann ihren Oberkörper mit einem dicken, unförmigen Pullover zu verdecken. Darüber wirft sie noch einen der vielen Bademäntel und verknotet ihn so sehr und eng, dass sie glaubt, dass man sie daraus schneiden müsste. 

 

Also genau das richtige für diesen Anlass… 

 

Auch Sanji muss ein wenig lachen, als er sie so sieht, trägt er nicht mehr, als eine seidene Pyjamahose – sein muskulöser Oberkörper zu ihrem Bedauern sehr frei… 

 

Erwartet er etwa doch mehr, als sie bereit ist zu geben? 

 

Ihr Blick fällt kurz auf die kaum noch erkennbare Narbe in seiner Schulter – die Stelle, an welcher sie ihn vor so vielen Wochen mit einer Pistole getroffen hat. Ja… sie musste die Kugel selbst entfernen und wahrscheinlich ist deswegen die Narbe so hässlich auf der sonst makellosen Haut geraten. 

 

Doch… unter dieser Haut steckt doch ein ebenso abscheuliche Antlitz, nicht? 

 

„Kein Angst! Ich wollte nur gemütlich liegen…“, beruhigt er sie gleich, als er ihren entsetzten Blick sieht. Dabei deutet er hinter sich, denn er hat während ihrer Abwesenheit bereits einen Kissenwall in der Mitte des Bettes erbaut. 

 

Nun ist sie es, die fast schon ein wenig Schmunzeln muss, wenn sie es nicht doch bereuen würde, ihm für diese Aktion zugestimmt zu haben. 

 

„Gut…“, wispert sie, huscht noch schnell an ihm vorbei und zur linken Seite des Bettes, wo sie sonst auch immer schläft, nachdem sie intim miteinander waren. Etwas unbehaglich setzt sie sich dann auf das Bett, sieht zu ihm, da er noch immer wie angewurzelt mitten im Raum steht. 

 

Denn auch er betrachtet sie. Stumm, aber mit einiger Bewunderung in seinen blauen Augen – die er schnell mit einer hastigen Bewegung seines Kopfes abschüttelt. Dann löscht er das Licht, geht zur rechten Seite des Bettes und legt sich still hinein. 

 

„Willst du dort im Sitzen schlafen?“, fragt er ruhig und ein wenig freundlich, während er mit einer Hand schon über den Kissenwall reichen will, um sie in die weichen Daunen zu ziehen – doch er verharrt schnell, zieht diese dann wieder zurück. 

 

Sie schluckt nur, bevor sie sich, steif, wie ein Brett, hinlegt und zur Decke starrt. Es fühlt sich furchtbar an – hier in diesem Raum mit ihm zu sein. Zu schlafen, nachdem genau an dieser Stelle fast etwas absolut Grauenhaftes geschehen ist… 

 

Er sagt auch nichts zu ihr, doch sie spürt, wie sein Blick für lange Zeit auf ihr haftet, bohrend und so unendlich unerträglich. Sie weiß, dass es noch Worte gibt, die ihm auf der Zunge liegen. 

 

Doch es bleibt still, während sie starr liegt und irgendwann ist er auch eingeschlafen. 

 

Sie hört seinen ruhigen Atem. Vollkommen gleichmäßig und fast schon ein wenig beruhigend. Als sie es doch endlich schafft, zu ihm zu sehen, erkennt sie auch gleich, wie regelmäßig sich seine Brust hebt und senkt. Seine Lippen sind leicht geöffnet und die Augen voller Entspannung geschlossen. 

 

Wenn jemand ihn so sehen würde… ja… dieser jemand würde ihr kaum glauben, mit was für einem Monster sie das Bett zu teilen hat. 

 

Nami setzt sich auf, rutscht gegen das gepolsterte Kopfteil und zieht ihre Knie zur Brust, die sie noch gleich umarmt. 

 

Sie weiß, dass sie die ganze Zeit kein Auge zubekommen wird – warum sollte sie es denn überhaupt versuchen. Jede seiner Bewegungen wird sie nur wieder wachrütteln. Sobald sein doch recht sanftes Schnarchen einsetzt, wird es versuchen ihre zerrütteten Gedanken zu zermürben. Allein die Nähe zu ihm bringt sie fast um den Verstand… 

 

Ja… sie hätte seiner Bitte nicht nachgeben müssen. Er hätte es akzeptiert. Ja… nach heute würde er gewiss jede ihrer eigenen Bitten akzeptieren. Sie hätte in ihrem Bett schlafen können und vielleicht hätte sie sogar den Schlüssel bekommen, um die Tür zu ihrem Zimmer – vor ihm - abschließen zu können. 

 

Ein leises Seufzen entkommt ihren Lippen, da sie weiß, dass sie sich eh wieder an ihn gewöhnen muss, wenn sie hier raus will. 

 

Damit Reiju ihr Versprechen einhält… 

 

… und damit sie wieder hier raus kommt… 

 

Es wird dauern, dass ist ihr bewusst, doch die vergeudete Zeit ist es ihr wert. 

 

Ihr Blick fällt auf die Uhr – es hat nicht einmal Mitternacht geschlagen und sie weiß von seiner Vorliebe auszuschlafen, wenn sie miteinander das Bett teilen. 

 

Einige Stunden des Wartens liegen vor ihr… vielleicht sollte sie sich ein Buch holen, die Nachttischlampe auf ihrer Seite einschalten und etwas lesen. Sanji würde es nicht stören und falls er doch erwachen sollte, so würde er es ihr nicht sagen. 

 

Etwas anderes kann sie hier eh nicht tun… 

 

Langsam und vorsichtig bringt sie die Beine zur Bettkante und setzt die Füße auf den weichen Teppich, mit einer schnellen Bewegung das Licht einschaltend, bevor sie -

 

„Nein…“

 

Ihr Herz bleibt fast stehen, als sie seine Stimme hört, so leise und so kläglich bittend. 

 

„Sanji…, ich kann nicht-“, sie dreht sich um, bereit um Vergebung zu betteln, aus Angst, dass sie ihn wieder erbost haben könnte, doch unterbricht sich schnell selbst, als sie sieht, dass er noch immer liegt und die Augen geschlossen hat. Seine Lider zucken nur wild hin und her, sein Gesicht durch tausende Emotionen verzerrt. 

 

Der Prinz träumt… 

 

Schon einige Nächte hat Nami festgestellt, dass der junge Mann einen recht unruhigen Schlaf hat – doch zu keinem Zeitpunkt hat es sie bisher gestört. Stets hat sie sich nur zur anderen Seite gedreht und sich so von ihm abgewendet, um selbst schlafen zu können und zu jeder Zeit ist es ihr auch gelungen. 

 

Nur dieses Mal wollte sie eh nicht in das Land der Träume gezogen werden, aus Angst mit den Bildern des vergangenen Tages konfrontiert zu werden. 

 

So beobachtet sie ihn für einige Zeit, vollkommen erstarrt, während er sich rastlos von der einen auf die andere Seite wälzt. Knurrend. Wimmernd. Flehend.

 

„…Mutter…“, kann sie leicht und mehrmals unter seinem Atem ausmachen. Die Namen seiner Brüder. Von Reiju und von einmal auch das Rufen nach seinem Vater. Es scheint kein guter Traum zu sein – das stellt sie schnell fest und umso länger dieser Albtraum andauert, desto bösartiger scheint er für den jungen Prinzen zu werden. 

 

Dass er schwitzt und zittert, stellt sie erst fest, als sie sich doch dazu durchringen kann, eine Hand nach ihm auszustrecken, um ihn davon zu erlösen. 

 

Schließlich kann sie selbst es nicht mehr aushalten… 

 

„Sanji…?“, wispert sie, ihre eigene Stimme zaghaft und zurückhaltend, während sie ihre Hand auf seine Brust legt. „Es ist alles okay, das ist nur ein Traum…“

 

Er wimmert erneut, keucht und stöhnt im Schlaf, als habe er endlose Schmerzen. Bäumt sich auf, schreit, bevor er sich ruckartig aufsetzt und die Augen aufschlägt. 

 

Erschrocken taumelt Nami beinahe vom Bett, kann sich aber gerade noch am Bettpfosten halten, bevor sie fällt. 

 

„Nami?“, keucht er gleich, sein Blick nach ihr hektisch suchend, während seine zitternden Hände durch sein nasses Haar fahren. Seine Brust hebt und senkt sich mit schnellen, panischen Zügen, bevor er die Decke, die wie wild um seine Beine geschlungen ist, beiseite tritt, um zu ihr zu krabbeln. 

 

Er bleibt wenige Zentimeter vor ihr sitzen und sie weiß, dass er nichts lieber tun würde, als sie in seine Arme zu nehmen. Doch er hält sich zurück und sie ist sehr dankbar dafür. 

 

„Du hast geträumt. Ein Albtraum…“

 

Er nickt und seine Gesichtszüge sind für einen kurzen Moment angewidert. 

 

Ihm missfällt es, dass sie ihn so gesehen hat, doch er sagt dazu nichts. 

 

„Ich dachte, dass es das Beste ist, wenn ich dich aufwecke…“, sagt sie noch schnell, aus Angst, dass ihn wieder etwas Dunkles übermannen könnte. „Ich hatte das Gefühl, dass du dich selbst quälst…“

 

„Du hast dir Sorgen um mich gemacht?“, fragt er verdattert. „Nach dem, was heute fast geschehen wäre…?“ 

 

Nein… so würde Nami es nicht bezeichnen. Sie hat sich keine Sorgen gemacht. Sie wollte nur nicht sein Leiden weiter mit ansehen müssen – und das sind für sie zwei ganz unterschiedliche Dinge! 

 

Die junge Frau aber sagt nichts dazu und blickt ihn nur starr an. 

 

Auch er bleibt für einige Zeit stumm, wartet er doch auf eine Antwort. Nach einigen Minuten stellt er fest, dass sie ihm diese einfach nicht geben will, wendet sich daher seufzend von ihr ab. 

 

„Dass du mich so sehen musst…“, murmelt er, während er es nun ist, der gegen das Kopfteil sich lehnt und zu ihr blickt. 

 

Eine gewisse Art der Enttäuschung schwingt in seinen Worten mit. Sie schätzt, dass ihm diese offene Schwäche, ihr gegenüber, missfällt. Und er gibt sich selbst die Schuld dafür – auch wenn es nicht einmal seine Schuld ist… 

 

„Lass uns nicht darüber reden!“ Seine Worte sind kein Befehl, auch wenn sie bei seinem Tonfall kurz zusammenzuckt. Sein Blick sagt ihr schließlich, dass er nicht ihretwegen verärgert ist… 

 

Sie nickt nur, zaghaft und schafft es endlich, wieder zu ihrem vorigen Sitzplatz zu kriechen. 

 

Natürlich brennen ihr tausende Fragen zu dem eben Erlebten auf der Zunge. Fragen, auf die sie sowieso keine Antwort bekommen wird, weswegen sie diese gleich wieder verwirft. Doch ihr soll die Stille genehm sein, die beide gerade wieder zu umhüllen versucht. 

 

„Warum bist du überhaupt in mein Zimmer gekommen?“, fragt er all zu plötzlich doch, gerade als die junge Frau meint, dass im Sitzen zu schlafen doch nicht all zu schlimm ist. 

 

Erschrocken dreht sie ihren Kopf in seine Richtung, erstarrt kurz, als seine blauen Augen gleich die ihren fixieren. Sie blinzelt, findet dann aber gleich ihre Stimme:

 

„Du hast mich doch gefragt, ob ich trotz allem hier schlafe!“ Fast würde sie meinen, dass da ein wenig Empörung in ihrer Stimme mitklingt. 

 

„Nein…, das meinte ich nicht. Warum bist du in mein Zimmer gekommen, bevor ich vom Schlachtfeld kam? Bevor ich… du weißt schon~“

 

Ihre Augen weiten sich. 

 

„Oh…“, denn dieses eine Thema dringt wieder tief in ihre Gedanken ein, lässt ihr schlecht werden und schwindelig zu gleich. Denn – tatsächlich – sie hatte es ganz vergessen! Und für einige Stunden war das auch ganz gut so gewesen, da dieser eine zermürbende Gedanke sie fast um ihren Verstand bringt. Doch… umso eher sie darüber sprachen, desto besser…. nicht? 

 

„S-Sanji?“ 

 

„Ja?“ 

 

„Ich wollte dich etwas fragen. Ich-“, sie lacht nervös und wendet den Blick von ihm ab, da der seine für sie mittlerweile unerträglich wird, „-ich wollte mit dir sprechen. Über… also… ist dir nicht einmal der Gedanke gekommen, dass wir schon ziemlich oft in den letzten Wochen miteinander geschlafen haben…?“

 

Er guckst und sie erschaudert, als er ohne Zögern ihre Hand ergreift, um seine Finger mit ihren zu verflechten. 

 

„Glaub mir – ich war zu jeder Zeit anwesend und im vollen Besitzes meines Verstandes! Soll ich dir sagen, wie oft wir es in welcher Stellung-“ 

 

„Was ist, wenn ich schwanger werde?!“, stößt sie schnell hervor, bevor seine Art für sie wieder unerträglich wird. Außerdem musste es gesagt werden, bevor das Thema wieder verweht.

 

Er antwortet nicht. Ist still für einige Zeit. Einige Minuten.

 

Irgendwann schafft sie es, sich wieder zu ihm zu drehen, um den blonden Prinzen anzusehen.

 

Er ist bleich – weißer fast, als die Wand hinter ihm. Seine Augen vor Schock geweitet, der Blick leer. Seine Brust hebt sich mit panische Atemzügen schnell und ohne Rast.

 

Dass er so reagiert, erstaunt sie. Es kann doch nicht sein, dass er – der sonst so schlau ist und über alles nachdenkt – zu keinem Zeitpunkt über einen möglichen Bastard nachgedacht hat.

 

Sie will sich nicht einmal vorstellen, was der König dazu sagen würde…

 

Ruckartig lässt er ihre Hand los und steht auf. Sie beobachtet ihn, wie er erst einige Runden im Raum umherläuft, bevor er dann vor seinem neuen Schreibtisch anhält, die unterste Schublade öffnet und unter dem Papier etwas zu suchen beginnt. Dann, mit zittrigen Händen, zieht er erst eine kleine Schale hervor, dazu noch ein kleines Päckchen und etwas Goldenes. 

 

Das glänzende Kleinod stellt sich als ein Feuerzeug heraus, mit welchem er hastig eine Zigarette entzündet, die er aus der Schachtel gezogen hat. Seine bebenden Lippen ziehen daran und gedankenverloren pustet er den Rauch in die Luft. 

 

Der junge Mann wiederholt diese Prozedur für einige Male, bis er den Klimmstängel in der Schale ausdrückt, nur um sich gleich eine zweite Zigarette anzuzünden. Erst als seine Augen wieder auf ihr verharren, bemerkt er, wie sie ihn die ganze Zeit beobachtet hat. 

 

Verlegen nimmt er die Zigarette von seinen Lippen, atmet den Rauch durch seine Nase aus, bevor er diese eine vorsichtig in die Schale legt, die Arme verschränkt er vor der Brust. 

 

„Damit hast du jetzt nicht gerechnet, richtig?“ 

 

Sie blinzelte ein wenig irritiert, schüttelt dann aber den Kopf. 

 

„Ich habe schon öfter Zigarettenrauch in diesem Zimmer gerochen. An dir… Doch dich hier rauchen zusehen, ist dann doch etwas anderes…“

 

„Natürlich hast du das… Bellemere hat doch auch geraucht, nicht? Du bist mit diesem Geruch vertraut…“ Er seufzt, „Ich wünschte, dass ich dir versprechen könnte, dass ich aufhöre. Das kann ich aber nicht. Ich brauche das manchmal. Und sag bitte Reiju davon nichts – ich will gar nicht wissen, wie sie darauf reagiert!“

 

„Das weiß sie doch eh schon, meinst du nicht?“

 

„Womöglich-“

 

„Würdest du jetzt bitte meine Frage beantworten? Was ist, wenn ich von dir schwanger werde? Wir haben zu keinem Zeitpunkt verhütet. Nicht einmal! Und ich glaube kaum, dass du nicht weißt, wie Kinder entstehen… Also?“

 

Schnell hat sie das Thema wieder eingelenkt. Sie will nicht, dass er es wieder vergisst – auch wenn ihr seine panische Reaktion zeigt, dass es doch tausende Dinge gibt, die er lieber mit ihr besprechen würde.

 

Er nickt nur – als wolle er einem Gedanken zustimmen, nimmt die Zigarette wieder und zieht noch einmal an ihr, bevor er sich auf dem Schreibtischstuhl sinken lässt.

 

„Keine Angst…“, sagt er dann, schafft es aber nicht, sie wieder anzusehen „Du wirst nicht schwanger. Ich bin zeugungsunfähig. Keiner von uns Prinzen könnte je… Vater werden… Auch wenn wir es wollten…“

 

Sie öffnet den Mund, etwas arg Sarkastischen kratzt schon an ihren Gedanken. Doch sie stutzt, bemerkt erst beim zweiten Nachdenken die endlose Schwere seiner Worte. Sieht das Häufchen Elend von einem Prinzen, dass da auf dem Stuhl kauert. Entdeckt den leeren, hohlen Blick, der irgendwo in den Raum reicht.

 

Er will es – Vater werden. Natürlich nicht hier und jetzt und wahrscheinlich am wenigsten mit ihr. Doch er kann es nicht und jetzt musste er sein kleines Geheimnis an sie weitergeben. Und damit auch das seiner Brüder.

 

„Du weißt wahrscheinlich schon mehr als jede andere Frau hier über unsere Familie Bescheid, dann hätte ich dir das auch sagen können, nicht? Es ist nur… schwierig… darüber zu sprechen…“

 

„Ich verstehe… ich wollte auch nicht taktlos wirken. Es ist nur – naja – früher oder später hätte sich mir diese Frage eh gestellt. Mal abgesehen davon, dass deine Brüder durch die Weltgeschichte vögeln, aber keiner von ihnen über mögliche Konsequenzen nachdenkt. Wie eben eine ganze Schar von unehelichen Mini-Vinsmokes, die irgendwann einmal das Anrecht auf einen Thron haben, nicht?“

 

Er muss schmunzeln, als er ihre Worte hört und blickt sie endlich wieder an.

 

Fast schon… ein wenig zärtlich…

 

„Du hast recht, Namilein. Jeder normale Mensch hätte das erkennen können. Trotzdem habe ich mir gewünscht, dass wir noch etwas länger dieses Thema… tja… ignorieren…“

 

„Du willst Kinder, nicht?“, entkommt es ihr plump.

 

Für einen Moment sieht er sie stumm an, nickt dann aber.

 

„Da ist etwas Reizendes an dem Gedanken, einmal kleine Versionen von mir rumlaufen zu sehen. Nun gut – diese ‚Wahl‘, wenn du sie so nennen willst, wurde mir genommen. Normalerweise befinden sich so 20 bis 150 Millionen Spermien in einem Milliliter… du weißt schon. In unserem Alter definitiv in der oberen Hälfte. Erst bei der letzten Untersuchung stellte man – wieder einmal – fest, dass es bei uns… nichts gibt… Null. Zero. Gar nichts. Wir vier schießen alle ohne Munition – und ich muss dir bestimmt nicht erklären, was ich damit meine. Hat Vater schon bei der ersten Untersuchung vor etwa 4 Jahren nicht gefallen, als er das gehört hat. Wir haben dann eine ganze Zeit so komische Pillen schlucken müssen. Dann hat man uns auf eine strikte Diät gesetzt. Mehr Sport, weitere Hose, kühlere Temperaturen in unseren Gemächern. Nichts hat geholfen…“

 

„Warum?“

 

„Ich weiß nicht, warum all die Sachen nicht geholfen haben-“

 

„Ich meinte, warum ihr vier unfruchtbar seid…“

 

„Oh…“, er drückt die Zigarette aus, zündet dann die dritte an. „Ich weiß gar nicht, ob ich dir das sagen dürfte… aber – Ach egal! Wir würden genetisch manipuliert. Als wir noch… im Bauch unsere Mutter waren…“

 

„Du hast sie oft während des Träumens erwähnt… Sehr oft, sogar…“ Er ignoriert es und fährt schnell mit seiner Erzählung fort:

 

„Wie dem auch sei – Vater wollte aus uns Supersoldaten machen. Naja… zu dreiviertel hat er auch damit Erfolg gehabt. Das eine Viertel – was hier vor dir sitzt – wurde nicht genetisch verändert, da Mutter versuchte gegen die Experimente von unserem Vater anzugehen. Sie wurde krank… sehr krank und starb auch daran vor etwa zehn Jahren… Sie war so… freundlich, liebevoll und… gütig… Sie hat mich, trotz allem, bedingungslos geliebt und-“

 

Er hält inne, merkt er doch, was er da gerade alles erzählt hat. Einer Piratin. Einer Frau, die er sich gekauft hat, um mit ihr zu schlafen, wann immer es ihm danach gelüstet.

 

Sie erkennt schnell, dass der blonde Prinz ihr das alles gar nicht preisgeben wollte und flüstert schnell eine kleine Entschuldigung. 

 

Trotzdem erstaunt und überrascht es sie doch sehr, so etwas über seine Mutter – gar seine ganze Familie – zu erfahren. Mittlerweile versteht sie auch, warum Reiju von ihm als ‚Fehler eines Vinsmokes‘ gesprochen hat – weil er genau das ist. Das missglückte Experiment des Königs – des eigenen Vaters. Deswegen sind die anderen drei Brüder solch ein menschlicher Abschaum, während Sanji doch… ein wenig Menschlichkeit besitzt.

 

Eine Menschlichkeit, die durch fast zwei Jahrzehnte in diesen Wänden, zerbrechlich dünn und fein geworden ist – im Vergleich aber noch vorhanden und wert von seiner großen Schwester beschützt zu werden.

 

Die Teile fügen sich ihr langsam zusammen…

 

„Freundlichkeit, Liebe und Güte sind nichts Schlimmes, Sanji… das weißt du. So wie… Mitleid. Und Empathie… Du hast eure Mutter sehr geliebt, nicht? Belüg mich nicht – ich sehe es in deinem Blick und dass du nicht an Liebe glaubst, nehme ich dir auch nicht ab!“

 

Er schnaubt. Nicht bösartig und nicht verächtlich. Eher… traurig…

 

Dann drückt er schließlich die dritte Zigarette aus, steht aber auf und kommt wieder zum Bett zurück, um sich auf die Bettkante neben ihr zu setzen.

 

Sanji hebt seine Hand, vorsichtig und hält inne, wartet, bis ihr panisches Atmen nachgibt und sie sich seinem sanften Griff nicht entzieht. Erst dann legt er seine Hand auf ihre Wange, seine Augen nehmen die ihren gefangen.

 

„Du siehst das falsch – Ich glaube nicht an Liebe. Nicht so eine Liebe zumindest…“

 

„Ich weiß. Deswegen würdest du mich auch nie auf die Lippen küssen – weil du nicht an diese ‚dumme Ideologie der Liebe‘ glaubst-“, sie imitiert Sanjis Stimme perfekt, während sie ihn zitiert und bringt ihn damit zum Grinsen „- aber trotzdem weiß ich, dass du deine Mutter liebst – so– wie nur ein Kind lieben kann. Bedingungslos und ohne jeden Zweifel. So liebe ich Bellemere – bis zum heutigen Tag. Und du deine Mutter… Hör auf, uns beiden etwas vorzumachen… Wenn sie doch so ein großartiger Mensch war, glaube ich kaum, dass sie sich das hier für dich wünscht.“

 

Sein Daumen streicht über die Haut ihrer Wange und auch wenn sie sich, nach wie vor, vor dem Monster in ihm fürchtet und es ihr Unbehagen bereitet, so lässt sie doch diese Berührung zu und hält auch mit der gleichen Intensität seinem Blick stand.

 

„Kleine Hexe… was machst du nur mit mir?“

 

„Dich verzaubern? Zumindest ist es doch das, was du in meinen Gesprächen siehst… Klappt es denn?“

 

Die Muskeln in seinem Gesicht zucken und er lächelt, bevor sie merkt, wie er sein Gewicht zu verlagern beginnt, um sich wieder gemeinsam mit ihr aufs Bett zu legen.

 

Doch sie bleibt standhaft – legt gleich eine Hand auf seine Brust, um ihn davon abzuhalten.

 

„Ich dachte aber-“

 

„Nein… ich bin nicht bereit dafür… Gib mir Zeit…“

 

Niedergeschlagen presst er seine Lippen aufeinander, nickt dann aber, bevor er sich wieder auf seine Bettseite rollt und sie ansieht.

 

„Verdammt! Du schaffst es wirklich noch, mich irgendwann zu verzaubern! Aber gut – wenn du es unbedingt hören willst – ich liebte meine Mutter. Auch jetzt noch, wo sie gestorben ist! Ich habe ihr Lachen geliebt und ihr Lächeln und auch, dass sie sogar meine Brüder lieben konnte. Und unseren Vater. Ich habe es geliebt, wenn sie mir Geschichten vorgelesen hat. Von Noland, von Riesen und vom All-Blue. Ich habe es geliebt, dass sie immer gepustet hat, wenn ich mich verletzt habe und dass es ihr immer geschmeckt hat, wenn ich mal für sie gekocht habe. Meinst du diese Art von Liebe, ja?“

 

Nami nickt zufrieden und legt ihren Kopf nun auch auf das weiche Kissen. Lächelnd, da sie weiß, dass seine Mutter eine wundervolle Frau gewesen sein muss. So wie Bellemere und vielleicht waren sich die beiden Frauen ja sehr ähnlich gewesen…

 

„Wie hieß sie?“

 

„Sora…“

 

„Und wie sah sie aus?“

 

„Blonde Haare. Blaue Augen… helle Haut. Reiju sieht ihr sehr ähnlich, wenn sie mal lächelt.“

 

„Das kann ich mir gut vorstellen… Sie muss wirklich eine tolle Frau gewesen sein. Eine tolle Mutter… Mir tut es leid, dass sie nicht mehr für dich da ist. Sie hätte dir bestimmt gut getan…“

 

„Würdest du lachen, wenn ich dir erzähle, dass Reiju mich deswegen hier raus haben will? Weg von der Germa und ohne jede Verbindung zu unserer Familie? Weil sie der Meinung ist, dass Mutters Güte und Freundlichkeit in mir weiterlebt. Absoluter Schwachsinn, wenn du mich fragst!“

 

Nein… ist es nicht. Nami gibt es nur nicht zu – auch nicht, als Sanji ihr zu erzählen beginnt, dass seine Brüder ihn deswegen immer schikaniert haben. Verprügelt, bis sein Gesicht blutig war. Dass sein Vater ihn eh immer für den Schwächsten hielt. Dass sogar die Soldaten über ihn lachten.

 

… dass Reiju ihn deswegen vor zehn Jahren aus dem Kerker befreit hat, als der König ihn in einer Eisenmaske dort festhielt… Und er blieb, um es allen zu beweisen.

 

Während er erzählt und erzählt, werden seine Sätze immer langsamer und ruhiger. Seine Stimme leiser und irgendwann schließt er auch die Augen, atmet wieder regelmäßiger, wie schon zuvor.

 

Ein wenig muss Nami lächeln, als sie dies sieht, bevor sie sich noch einmal umdreht und die Nachttischlampe ausschaltet.

 

Erst dann rollt sie sich wieder auf ihre Seite, zieht erst die Decke über den Körper des jungen Mannes, dann über ihren eigenen, bevor sie es sich auf den weichen Daunenkissen bequem macht.

 

Nach kurzem Zögern streicht sie ihm noch sacht die blonden Haare aus dem Gesicht und flüstert:

 

„Ich glaube, dass du mehr wie Sora bist, als du selbst von dir denken magst. Und du würdest ganz hervorragend in Ruffys Crew passen…Dort sind alle ziemlich verrückt und haben ihre eigenen Päckchen zu tragen…“

 

Dann schließt sie die Augen und begibt sich dann doch freiwillig in die Arme des Schlafes… 

 

…, dass der blonde Prinz nach ihren Worten ein breites Lächeln für den Rest der Nacht auf seinen Lippen trägt, bemerkt sie schon gar nicht mehr


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... Samstag ist doch ein netter Tag für einen Upload 😁
Und dieses Kapitel mag ich sehr gerne *.* Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  sama-chan
2020-01-25T21:45:29+00:00 25.01.2020 22:45
Das war mal ein tiefgründiges Kapitel mit einem ziemlich tiefen Blick hinter die Kulissen von Sanjis Psyche. Schon erschreckend, was sich da alles verbirgt. 😳
Aber schön, dass Nami nicht mehr so panische Angst vor ihm hat, sondern langsam wieder Vertrauen fasst. 😁
Antwort von:  _Supernaturalist_
01.02.2020 22:36
Sanjis Psyche zu beschreiben macht sehr viel Spaß, da es doch einige Facetten gibt, die ich gern beleuchten möchte. Mit der Kindheit, die er hatte, kann man ja nicht mehr ganz sauber sein... Nami beginnt das auch langsam wieder zu verstehen...
Von:  Neimount
2020-01-25T21:37:21+00:00 25.01.2020 22:37
Oh das Kapitel war wieder super, ich bochte es wirklich sehr 😍 Wow scheint als würden die beiden sich doch etwas näher kommen. Am Anfang habe ich aber noch gedacht das Nami den Albtraum hat aber war dann doch Sanji. Ich finde es toll das Sanji sich ihr an vertraut hat und bin schon gespannt wie es mit den beiden weiter geht. Den Schluss fand ich wirklich süß, das Nami denkt er würde doch gut in ihre Piratenbande passen. Sanji‘s grinsen nach dürfte er es doch mitbekommen haben, hoffe ich mal. Vielleicht schreibt er doch Ruffy das er sie da rausholt. Ich hoffe doch. So dann warte ich mal wieder eine Woche, bis es weiter geht. Ich liebe deine Geschichte einfach ☺️
Antwort von:  _Supernaturalist_
01.02.2020 22:33
Hallölelö - nach mal gucken, wie Sanji zu dem Thema denkt. Nächste Woche darf er mal wieder ein paar Worte äußern XD
Von: irish_shamrock
2020-01-25T21:17:10+00:00 25.01.2020 22:17
Ha! Upload geglückt.

Ich verstehe durchaus, dass dir dieses Kapitel gefällt.
Ich mag es auch. Es ist ruhig, trotz der Emotionen und den Wahrheiten, die gesprochen wurden.
Interessant, dass du das Thema "Zeugungsfähigkeit" ins Spiel gebracht hast, sich solcher Informationen zu vergewissern, ist wichtig und angebracht.
Allzu viele Fehler sind mir nicht aufgefallen, bis auf "Klimstängel" - es heißt Glimmstängel.

Liebe Grüße von mir zu dir,
irish C:
Antwort von:  _Supernaturalist_
01.02.2020 22:32
Hallöchen 😁
Mich freut es sehr, dass dir das Kapitel gefällt *.*
Und zum Thema Zeugungsunfähigkeit - ich habe schon länger mit der Idee, evtl. für einen OS oder so gespielt, dachte dann aber, dass es hier so gut passen würde. Mal abgesehen davon, dass ich oft Stories lese, wo Verhütung gar nicht zur Sprache kommt und ich mich dann immer frage, warum da keiner schwanger wird x. X



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