Zum Inhalt der Seite


[1] [2] [3] [4] [5]
/ 5


Benn, Expressionismus, Gottfried Benn, Jugend

Autor:  Frankenstejin
Schöne Jugend von Gottfried Benn

Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte,
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach, war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die andern lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schauzen quietschten!

(Expressionismus 1910-1920)

Über das Columbiagefängnis der SS in Berlin 1933

Autor:  Frankenstejin
Rudolf Diels, der erste Chef der Gestapo, über das Columbiagefängnis der SS in Berlin im Jahr 1933

Nach den Berichten von Beamten und Freunden trat die SA mit eigenen "Vernehmungsstellen" in Berlin selbst in eine grauenvolle Tätigkeit ein. In den einzelnen Stadtteilen entstanden "Privatgefängnisse". Die "Bunker" in der Hedermann- und Voßstraße wurden zu infernalisischen Stätten der Menschenquälerei. Es entstand das Columbiagefängnis der SS, die allerschlimmste Marterstätte.
[...]
In konnte nun mit den Polizeimannschaften die Marterhöhle betreten. Dort waren Fußböden einiger leere Zimmer, in denen sich die Folterknechte betätigten, mit einer Strohschütte bedeckt worden. Die Opfer, die wir vorfanden, waren dem Hungertod nahe. Sie waren tagelang stehend in engen Schränken gesperrt worden, um ihnen "Gestängdnisse" zu erpressen. Die "Vernehmungen" hatten mit Prügeln begonnen und geendet; dabei hatte ein Dutzend Kerle in Abständen von Stunden mit Eisenstäben, Gummiknüppeln und Peitschen auf die Opfer eingedroschen. Eingeschlagene Zähne und gebrochene Knochen legten von den Torturen Zeugnis ab. Als wir eintraten, lagen  diese lebenden Skelette reihenweise mit eiternden Wunden auf dem faulenden Stroh. Es gab keinen, dessen Körper nicht von Kopf bis zu den Füßen die blauen, gelben und grünen Male der unmenschlichen Prügel an sich trug. Bei viele waren die Augen zugeschwollen und unter den Nasenlöchern klebten Krusten geronnenen Blutes. Es gab kein Stöhnen und Klagen mehr; nur starres Warten auf das Ende oder neue Prügel. Jeder Einzelne musste auf die bereitgestellten Einsatzwagen getragen werden; sie waren des Gehens nicht mehr fähig. Wie große Lehmklumpen, komische Puppen mit toten Augen und wackelnden Köpfen, hingen sie wie aneinander geklebt auf den Bänken der Polizeiwagen. Die Schutzpolizisten hatte der Anblick dieser Hölle stumm gemacht.

Rudolf Diels, Lucifer ante portas. Es spricht der erste Chef der Gestapo, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1950, S. 220 und 254 ff.

(...) jeder spricht von einer anderen Gerechtigkeit. Ethik, Gerechtigkeit

Autor:  Frankenstejin
[...] Alle Revolutionen, alle Kriege, alle Umwälzungen haben sich immer im Namen der Gerechtigkeit ereignet. Und das Außerordentliche daran ist, dass sich sowohl die Anhänger einer neuen Ordnung als auch die Verteidiger der alten Ordnung nach der Herrschaft der Gerechtigkeit sehnen. Und wenn eine neutrale Stimme die Notwendigkeit eines gerechten Friedens verkündet, sind alle Kriegführenden einverstanden und versichern, dass dieser gerechte Friede nur dann verwirklicht werden wird, wenn der Gegner vernichtet ist. Halten wir fest, dass es in diesen einander widerprechenden Versicherungen keinerlei Unehrlichkeit zu geben braucht. Ein jeder der Gegner kann aufrichtig sein und glauben, dass seine Sache die einzige gerechte ist. Und keiner täuscht sich, denn jeder spricht von einer anderen Gerechtigkeit. [...]

- Chaim Perelmann, Über die Gerechtigkeit, Beck'sche Reihe Nr. 45, S. 14 ff. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München

"Zwischenfall bei der Tauffeier"

Autor:  Frankenstejin

Da hab ich doch tatsächlich diesen sarkastischen Text in Deutsch bekommen und fand den SO herrlich, dass ich den unbedingt an die breite Öffentlichkeit bringen möchte.

Zieht ihn euch auf jeden Fall rein, der lohnt sich zu lesen. Ich fand den auf jeden Fall lustig. XD#

"Zwischenfall bei der Tauffeier" von Paul Maar

Ein ungewöhnlicher Vorfall ereignete sich, wie erst jetzt bekannt wurde, am Freitag vergangener Woche bei der Tauffeier der jungen Thronfolgerin, Prinzessin Rose.

Trotz umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen war es einer etwa hungertjährigen Frau offensichtlich gelungen, unbemerkt in das königliche Schloss einzudringen und bis zum Thronsall vorzustossen.

Zum Schrecken der Königsfamilie und der geladenen Gäste verwünschte sie dort die neugeboerene Prinzessin, ehe sie von Sicherheitskräften überwältigt werden konnte. Inzwischen steht eindeutig fest, dass es sich bei der Täterin um eine der sogenannten "Weisen Frauen" handelt.

Über den geneuen Wortlaut der Verwünschung liegen widersprüchliche Meldungen vor. Während die Deutsche Presseagentur davon sprach, die Weise Frau hätte gewünscht, das Kind möge tot hinfallen, war in anderen Berichten darüber zu lesen, dass die Prinzessin tot umfallen solle. Auch über den Zeitpunkt dieses Ereignisses besteht keine Klarheit. War man sich am Wochenende noch einig, die Frau hätte gewünscht, das Kind möge mit fünfzehn Jahren sterben,  so sorgte am Dienstag die BILD-Zeitung für beträchliches Aufsehen, da sie von einer "Todesfrist für die Prinzessin" schrieb, die in fünfzehn Monaten abgelaufen sei.

Noch ist ungeklärt, welche Motive die Frau zu ihrer Tat veranlassen. Während der SPIEGEL in einer Veröffentlichung von einer "eindeutig politisch motivierten Aktion" spricht und der Frage nachgeht, welche Kreise hinter der Frau stünden, halten andere Blätter an der Behauptung fest, dass es sich um rein private Beweggründe gehandelt habe.

Fest steht, dass die Täterin als einzige der Weisen Frauen nicht zu der Feier eingeladen war.  Aus dem Königshaus war dazu zu erfahren, dass man in Anbetracht des hohen Alters und des angegriffenen Gesundheitszustandes der Weisen Frau schweren Herzens auf eine Einladung verzichtet, um sie zu schonen.

Möglicherweise werden die schriftlichen Aufzeichnungen der Täterin darüber mehr Klarheit bringen. Die Illustrierte STERN hat angekündigt, mit der veröffentlichung der Tagebücher am kommenden Donnerstag zu beginnen.

Die Sprecherin der Gewerkschaft Magie und Zauberwesen, Frau Anne-Marie Holle, erklärte in einer ersten Stellungnahme, die Weisen Frauen würden sich einhellig von dieser verabscheuungswürdigen Tag distanzieren und würden versuchen, das angekündigte Unheil so weit wie möglich abzuwenden. Dies sei jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass der große Teil der Weisen Frauen ihr diesjähriges Kontingent an Wünschen und Wundergaben schon aufgebracht haben.

Nach letzten Meldungen versucht man fieberhaft, die Wirkung des fatalen Wunsches zu mildern und den vorausgesagten frühen Tod der Prinzessin in einen mehrhärigen Schlaf umzuwünschen. Es bestehe hierbei allerdings die Gefahr, dass mit ihr noch weitere Personen ihrer Umgebung in den Schlaf sinken könnten.

Ein Sprecher des Königshauses spielte den Vorall herunter und sprach von einem "unangebrachten Scherz einer verwirrten alten Frau", der von den Medien ungebührlich hochgespielt werde. Auch der Minister des Innern sprach von unnötiger Aufregung und gezielter Panikmache bestimmter Kreise. Gleichzeitig ordnete er an, dass alle Spindeln im Lande unverzüglich bei den nächsten Polizeidienststellen abzugeben seien. Ob dies im Zusammenhang mit der Verwünschung steht, ist nicht bekannt.

Wie ernst indessen in weiten Kreisen die Bevölkerung auf die Aktivität der Weisen Frauen reagiert wird, geht aus der Tatsache hervor, dass die Nachfrage nach Kissen und Zudecken sprunghaft angestiegen ist. Auch die Betten - und Matratzengeschäfte in der Haupstadt melden einen deutlich erhöhten Umsatz.


[1] [2] [3] [4] [5]
/ 5