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Rechtschreibung ist Wissen, Grammatik eine Wissenschaft

Autor:  Shizana
23.02.2013 17:34

Je mehr und je intensiver ich mich mit dem Thema "Rechtschreibung & Grammatik unserer deutschen Sprache" befasse, umso mehr bin ich von einer Sache überzeugt:

Ja, man kann beides lernen. Gerade bei der Rechtschreibung hört das Lernen nie auf.

Aber insbesondere bei der Grammatik bringt alles Lernen nichts, oder nur die Hälfte, wenn man das, was man sich dort einzutrichtern versucht, nicht verstehen und nachvollziehen kann.



Während ich gerade so nach solchen außerirdischen Themen wie "Infinitivsätze" und "Kommaregeln bei Infinitivsätzen" schaue, wird mir mehr und mehr klar, dass der Deutschunterricht in unseren Schulen viel zu knapp ist. Ja, die Lehrer geben sich (i.d.R.) viel Mühe, uns kleinen Schülern etwas beizubringen, aber sie haben für viele Themen einfach viel zu wenig Zeit. Die wenigsten Kinder sind so sprachbegeistert und so auf Sprachperfektion fixiert, dass sie in der Lage sind, dem trockenen Stoff zwischen all den anderen Unterrichtsfächern über 45 Minuten aufmerksam zu folgen und das, wovon der doofe Lehrer dort redet, wirklich zu begreifen. Es grenzt an ein Wunder, wenn das einem Kind bzw. Schüler gelingt.

Und ich bin ehrlich: Ja, ich war im Deutschunterricht gut. Meine Zeugniszensuren schwankten hier immer zwischen Eins und Zwei. Ja, mir hat so'n Kram wie Interpretationen, Diktate oder Inhaltswiedergaben echt Spaß gemacht - weil es etwas mit aktivem Schreiben zu tun hatte. Lesen, Gedichte, Poesie... was im Deutschunterricht unter "Literatur" zusammengefasst wurde eben, das war weniger meins. Spaß gemacht hatte es zwar auch, aber mehr als "Entspannung für zwischendurch" war es eben doch nicht gewesen letzten Endes.
Grammatik war damals, natürlich, mein Hassthemengebiet, wie bei den meisten anderen Kindern/Schülern auch. Manche Dinge waren ja noch interessant, wie z.B. dieses dumme Thema mit "das/dass", "ss/ß" oder auch Deklinationen (-> das Beugen von Wörtern nach Kasus/Fall und Numerus/Zahl). Ging es aber um das Bestimmen von Wortgruppen, Satzgliedern, Wort- und Satzarten oder das ganze Krams mit den dämlichen Kommas, dann war Ende im Gelände. Ich habe ehrlich versucht, es zu begreifen, aber es wollte sich mir einfach nicht logisch entschlüsseln. Und so stolperte ich mehr durch die Grammatik als dass ich mit verstandenem Wissen prahlen konnte.

Heute hole ich das alles nach und nach durch Eigenrecherche und Selbstschulung auf.


Wie gesagt, laut meinem Verständnis gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Rechtschreibung und Grammatik: Das eine kann man zu 100% lernen, das andere muss man zu 100% verstehen, um es erfolgreich lernen zu können.


Nehmen wir ein kurzes Beispiel:
  • Mir fiel auf, dass es sehr schwer ist, jenes Anwenden zu verstehen.

Man könnte, um den Satz so richtig zu verschandeln, das Beispiel auch so schreiben:
  • Mir viel auf das es sehr schwer ist jenes anwenden zu verstehen.

Ein beliebter Fehler in der Rechtschreibung, der uns hier sofort ins Auge springt, ist "viel/fiel". Selbes gibt es oft mit "lies/ließ". Wieso das so viele verwechseln, weiß ich selbst nicht so genau.
Bei "das/dass" kann man sich streiten, ob es zum Thema Rechtschreibung oder Grammatik zählt. Die meisten würden Grammatik sagen, ich sage: Es ist beides. Wieso? Weil die meisten eigentlich schon wissen, dass es zwischen "das" und "dass" Unterschiede gibt, und unterbewusst denken sie es auch richtig, aber sie wissen "dass" nicht richtig umzusetzen.
Dasselbe gilt für "jenes Anwenden", wobei es hier eher zur Grammatik als zur Rechtschreibung zählt. Wieso? Weil das Verb "anwenden" substantiviert wurde, was einen grammatikalischen Einfluss bedeutet, den man verstehen muss, um ihn richtig anzuwenden.
Die Kommasetzung ist etwa 30% Lernen, 70% Verstehen, mindestens. Wann man wie Kommas anwenden sollte/muss und warum, das kann man etliche Male erklärt bekommen oder selbst nachgeschlagen haben, aber es bringt gerade einmal die Hälfte, wenn man das Warum nicht verstanden hat. Es ist reine Grammatik.


Ich weiß, dass auch ich diese ganze Grammatikkiste noch nicht zu 100% korrekt drauf habe, aber ich arbeite Stück für Stück daran - aus Eigeninteresse. Und ich denke, so sollte es auch sein.
Die Rechtschreibung ist immer so eine Sache. Klar ist sie wichtig, aber es gibt hier immer Ausnahmen, die man nicht logisch verstehen kann und zwingen einhalten muss. Ich betone: Ausnahmen!
Ein Beispiel?
  • Ja, du hast recht. Und es tut mir leid. Zu Hause ist es doch am schönsten. Noch mal sage ich so was nicht, versprochen.

Irgendein Depp hat vor einigen Jahren entschieden, dass "recht haben" ein zwar getrennt geschriebenes, aber zusammenhängendes Verb ist (definiertes Verb). Dasselbe mit "leid tun".
Schön sind auch solche Worte wie "noch mal", was von "noch einmal" abstammt und gerne zu "nochmal" zusammengefasst wird. Ich persönlich weiß, dass "noch einmal" das absolut Korrekte wäre, benutze aber lieber "nochmal", sofern ich es mir erlauben kann.
"So was" habe ich immer als "sowas" angewandt, es mir dann aber bald abgewöhnt, um mich nicht unnötig zu verstricken. Seitdem versuche ich nur noch auf "so etwas" zurückzugreifen, was auch korrekt wäre.
"Zu Hause" ist mir persönlich befremdlich. Ich behaupte, dass man mir das damals in der Schule nie so beigebracht hat (bin mir da aber, so ganz eigentlich, gar nicht mehr so sicher, aber als Ausrede klappt das immer ;D) und beharre auf meinem "Zuhause". Sei es nun "das Zuhause" (hier wäre diese Schreibweise korrekt) oder "ich bin zuhause" (hier wäre es falsch). Dessen bin ich mir durchaus bewusst, aber hey, laut Duden kann man beide Schreibweisen verwenden! Also gönnt es mir bitte, auch mal bei einigen Ausnahmen auf mein Gewohntes zu beharren. ;D



Damn, ist es nicht irgendwie krank? Unsere deutsche Sprache mit all ihren Tücken und komplizierten Verzweigungen fasziniert mich ungemein - immer mehr und mehr. Ernsthaft! ♥

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Datum: 23.02.2013 18:00
Ich habe deutsche Grammatik erst allmählich verstanden, als ich Latein als konkretes Gegenüber kennenlernte. Das Lustige war: in der 5/6 haben wir einen Deklinationstest in Deutsch geschrieben, lief super. In der 7 (als ich Latein anfing) konnte ich partout keinen Akkusativ im Deutschen bilden: "Ich sehe den Männern…". 

Das heißt: selbst wenn man ein Wort rauf und runter deklinieren kann, hat das immer noch wenig mit Anwendung zu tun. Das ist auch etwas, was ich bei meiner Arbeit berücksichtigen muss :3 Grammatik fällt Kindern eigentlich nicht schwer - sie sprechen ja jeden Tag Deutsch und wenden die Regeln unbewusst an. Kompliziert wird es erst als eigenes Unterrichtsthema, weil es extrem abstrakt ist. Noch schwieriger wird es, wenn man dann zwei Sprachen hat, weil man sie ja nicht 1:1 übertragen kann. Plötzlich schreiben die Kiddis dann totalen Nonsense und sind extrem verunsichert. Bei manchen grammatischen Phänomenen geht man im Unterricht daher letztlich dazu über, zu sagen "wenn euch das und das über den Weg läuft, reagiert einfach so und so darauf". Was Satzglieder betrifft, so kann man Sätze zu Tode analysieren und trotzdem auf keinen grünen Zweig kommen (haben wir mal eine Stunde lang gemacht…)

Manche Regeln sind einfach nur Relikte der Sprachentwicklung, die nicht wirklich geradlinig war. Es muss nicht unbedingt logisch sein… am besten ist es, wenn man eine Faustregel zur Hand hat. Bei der Zeichensetzung kommt dann auch oft noch das persönliche Ermessen dazu. Oder 

Was "fiel und viel" betrifft oder (mein persönlicher Fehlerteufel) "war und wahr" hat damit zu tun, dass sie homophon sind - sie klingen so gleich, dass man sie unabsichtlich verwechselt. Bei manchen Worten hört man auch nicht heraus, wie sie geschrieben werden, weil sie in manchen Formen absolut ununterscheidbar sind, etwa "weg". Warum nicht "weck" schreiben oder "wekk"? Oder solche fiesen Kameraden, die je nach Standort ihre Aussprache ändern, wie V oder CH. 

Bah… ich hör auf, ich huste mir gerade einen ab v_v
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Datum: 23.02.2013 18:06
Ich stimme Venedig-6379 zu, Latein kann einem die Augen für Grammatik helfen. Dumm nur, wenn man Latein erst ab der Neunten belegt und vorher schon deutsche Grammatik, Englisch und Französisch angefangen hat... -.-

Grammatikunterricht mochte ich immer gerne, und auf jeden Fall viel (oder fiel? XD) lieber als Gedichtanalysen etc. Ich würde mich auch eher zu den Sprachbegabten zählen.

Und wegen recht haben/Recht haben habe ich letztens gegoogelt und angeblich geht beides.
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Datum: 23.02.2013 18:08
Ich würde ja sagen, dass man es sicher auch mit anderen Sprachen erlernen kann (einfach über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten), aber zumindest mich hat die englische Grammatik zutiefst verwirrt, besonders die Verwendung des Tempus XDDD
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Datum: 23.02.2013 18:15
Shizana:

> Aber ich weiß, was du meinst. Wir hatten damals auch ganze Stunden lang versucht, Satzglieder zu bestimmen und Wortarten zu erkennen - am besten noch samt Kasus, Numerus und dem Kram. Das war so verwirrend, weil man manches ja doch vielseitig analysieren kann, was dann vermutlich auch schuld daran hatte, dass ich es nie wirklich begriffen habe. Das heißt, ich kannte zwar die Fälle, Singular und Plural, auch Satzbau und so weiter und wusste sie auch anzuwenden, in der Praxis, aber in der Theorie habe ich versagt. Ich konnte irgendwann neben Substantiv, Verb, Adjektiv und Artikel keine anderen Wortarten mehr bestimmen, und bei den Satzarten hörte es dann ganz auf.

Wenn du das kompliziert findest, dann sitz mal an der Uni in einem Linguistikseminar. >.<

> Man hat einfach zu wenig Zeit, insgesamt betrachtet. Vieles wird einem "aufgedrängt", weil's eben so eingetaktet ist. Fürs Verstehen reicht es meist auch, aber fürs Erkennen und Bestimmen nicht unbedingt. Es ist zu viel auf einmal - so erging's mir zumindest.

Das kommt meist, wenn man es erklären muss. Seit ich Deutsch unterrichte (meistens für Japaner), denke ich auch viel mehr über die Sprache nach. Wobei mir Dativ, Akkusativ und so auch vorher nie Probleme gemacht haben, wahrscheinlich wegen Latein.

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Datum: 01.03.2013 14:51
An "recht haben" und "leid tun" bleibe ich auch immer wieder hängen, egal wie oft ich sie verwende. Mir erschließt sich die Logik hinter der Kleinschreibung der ersten beiden Worte nicht ganz. ^^'
Bei "noch mal" und "so was" ist es ähnlich. Ich möchte eben nicht immer wieder "noch einmal" schreiben, das wird auf Dauer lästig und langweilig. Genauso mit "so was" - zumal das für mich nun wirklich falsch aussieht. In Fanfiktions zwinge ich mich zu einer Wiederholung von "so etwas", aber sonst benutze ich das typische "sowas". "noch mal" verstehe ich wiederum als "noch ein Mal", weswegen ich entweder letzteres oder "noch einmal" verwende.
Doof bleibt es trotzdem, ganz zu schweigen von der doofen Kommasetzung. D:
~ Das Leben besteht nicht aus den Momenten, in denen man atmet.
Es sind die Momente, die einem den Atem rauben. ~


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