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Der Glasgarten

von

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Farbspiele

~ Farbspiele ~
 


 

Aya ergriff die Hand und zog sich daran in die Sitzende. Er atmete gepresst aus und schaffte es, nach einigen Momenten den Schwindel vor seinen Augen zu vertreiben. „Es geht schon…ich bin schließlich kein Baby mehr…geschweige denn, dass ich einen Babysitter brauche“, funkelte er so böse wie er konnte zu Schuldig empor, was jedoch durch die Freude, diesen zu sehen, zunichte gemacht wurde und in einem schrägen, grimassenhaften Lächeln endete. „Schön, dass du wieder da bist“, murmelte er und stemmte sich hoch…
 

…und wurde von Schuldig in die Arme gezogen. „Schön, dass DU wieder da bist. Ich … war mir nicht sicher“, sagte Schuldig und löste sich leicht um Ran Raum zu geben.

„Kannst du ein paar Schritte ins Bad laufen?“ Er sparte sich die Bemerkung, dass es scheinbar nur zu gut war, dass Jei auf ‚sein Baby’ aufgepasst hatte.

„Na komm, chibi, ein paar kleine Schritte und wir sind im Bad“, sagte er ernst und sah Ran mit Besorgnis in der Stimme bei diesen Worten an.
 

Aya lächelte schmerzlich. „Kipp nicht noch Salz in die Wunden, Schuldig. Ich bin kein Kind und ich möchte auch nicht, dass du mich so nennst.“ Das ließ die nicht zu geringe Demütigung, dass er sich einfach so hatte zusammenschlagen lassen müssen, dass er einfach unvorbereitet war, um ein Vielfaches mehr leuchten.

Er tat zusammen mit Schuldig ein paar Schritte gen Bad. Es ging…obwohl es schmerzte und er nur einseitig belasten konnte, da seine linke Seite einfach zu sehr zog.

„Ich war es….ich war mir sicher. Als wenn ich dich alleine lassen würde“, murmelte er schließlich, den Blick sorgsam auf die Badtür gerichtet. DAS Ziel.
 

Schuldig hörte sich Rans Worte ruhig an. Ja sicher…schon klar, dass unser Held hier einen auf starker Mann machen musste…, meckerte er innerlich.

„Das sollte kein Salz sein, das sollte höchstens zeigen, dass es völlig unwichtig ist, ob du dich nun darüber aufregst, dass dein Stolz einen Dämpfer erhalten hat oder nicht. Wichtig ist … dass du lebst, verstehst du das, Ran? Wer sollte dich schon angreifen? Und wer überwindet dein Gespür für Gefahr? Daran solltest du denken, bevor du darüber nachdenkst, dass ich dich wie ein Baby behandle, was nicht stimmt. Du bist in Gefahr, wenn du mit mir zusammen bist. Und ich möchte diese Gefahr minimieren, das ist alles.“

Schuldig erkannte, dass Ran sich seitlich hielt, eine Schonhaltung einnahm. Nur noch wenige Schritte und sie waren im Bad. Sicherlich hätte er Ran auf die Arme nehmen können, doch das wäre natürlich nicht in Frage gekommen, wenn der andere schon von ‚wie ein Baby behandeln’ sprach.
 

„Anscheinend kann man diese Gefahr aber nicht minimieren, Schuldig“, hielt Aya dagegen und ließ sich von Schuldig nun endlich auf die Bank im Bad gleiten. Sitzen…

Vorsichtig nestelte er an seinem Oberteil und startete den störrischen Versuch, es sich über den Kopf zu ziehen. Schwach? Er? Nie. So etwas warf ihn nicht aus der Bahn. Mit zusammengebissenen Zähnen zerrte er es schließlich über den Kopf und warf es zu Boden, starrte den leblosen Stoff feindlich an. Sein Oberkörper war leicht vor Anstrengung und vor Schmerz nach vorne gekrümmt.
 

„Diese Leute kannten mich, sie wussten, wen sie angreifen und sie hatten es NUR auf mich abgesehen. Ich habe genug gestern darüber nachgedacht und ich bin zu keinem Ergebnis gekommen.“ Er schnaubte.

„Außer, dass es Kritiker sein könnten. Oder Feinde von euch, die ICH nicht kenne.“
 

„Wir haben viele Feinde“, erwiderte Schuldig lediglich und holte das altbewährte Desinfektionsmittel hervor und den Verbandskasten. Er benetzte ein Tuch mit Wasser und begann damit die Blutspuren aus Rans Gesicht zu entfernen, setzte sich auf die Bank neben ihn und betastete vorsichtig den Hinterkopf bevor er Ran sanft daran hielt um Gegendruck zu haben, denn das Blut war zum Teil angetrocknet. „Keiner würde sich jedoch so nahe an uns herantrauen, dass sie mich beobachtet hätten. Brad hat stets ein Auge in diese Richtung der Zukunft gerichtet.“

Einen Moment dachte er über Rans Idee nach „Kritiker … warum sollten sie?“
 

Aya seufzte müde und ergab sich gänzlich den sanften Administrationen des anderen Mannes. „Ich weiß es nicht“, erwiderte er nach einer kurzen Pause. „Deswegen macht es mich so misstrauisch. Sie hatten Spaß daran…und es waren Japaner von der Sprache her. Außerdem waren es mehr als drei. Vielleicht ist es aber jemand, dem ich als Abyssinian mal ans Bein gepinkelt habe, kann auch sein.“ Er lehnte sich gegen die ihn haltende Hand und drehte Schuldig den Kopf zu.

„Sehe ich schlimm aus?“
 

„In Anbetracht der Tatsache, dass es schlimmer gegangen wäre, siehst du immer noch so hübsch aus wie immer. Also wir hätten da sicher bessere Arbeit geleistet“, winkte die Ironie mit einer spöttischen Spitze aus den Worten. Er berührte die Lippen zu einem sanften Kuss. Weniger ironisch dafür ernster sagte er: „Das Auge wird sicher anschwellen und in schillernden Farben erblühen und einige andere Stellen wohl auch, der Kiefer insbesondere, aber da du gut sprechen kannst, scheint es nicht ganz so schlimm zu sein. Noch nicht. Wird sich wohl erst die nächsten Tage zeigen, wo sie dich härter erwischt haben.“

Er fuhr über die gerötete Flanke. „Du sagst, es waren mehrere? Mehr als vier? Dann war es nicht Kritiker“, zwinkerte er.
 

„Warum? Weil sie sich nicht mehr Agenten leisten können oder weil Weiß jetzt nur noch zu dritt sind?“, stieg Aya auf die Ironie ein, lachte und hielt sich aufstöhnend die Seite. „Au…böser Fehler. Lachen ist verboten die nächsten Tage, hörst du?“ Doch seine Lippen blieben immer noch in leichter Andeutung eines Lächelns, das dann jedoch, wie bei Schuldig zuvor auch schon, ernst wurde.

„Ja, es waren mehr als drei. Drei vor mir, einer an meiner Seite…die Anderen konnte ich nicht sehen, weil ich da schon am Boden lag.“
 

„Nein, weil Kritiker nur die unheilvolle Viererzahl in seinen Teams auftreten lässt. Sie haben nur Viererteams. Eine Abweichung von dieser Zahl hat Nagi in den Unterlagen, derer wir habhaft werden konnten, nie herausgelesen.“

Der Haaransatz wies noch einige hartnäckige Spuren auf, doch die Stirn war bis auf kleine Platzwunden gesäubert, die er nun mit Desinfektionsmittel und sauberen Kompressen reinigte.

„Ich kenn noch nen guten Witz, soll ich loslegen?“, grinste er halbherzig. Seinem Ran gings einigermaßen wenn er ein wenig lachen konnte.
 

„Wag es Schuldig und ich sperre dich für die nächsten drei Tage in den schalldichten Raum!“, grinste Aya und knuffte den anderen Mann in eine der beiden, gesunden Seiten. Innerlich wärmte er sich an dieser Zweisamkeit, tat es doch gut, ihn wieder hier zu haben. So nahe…
 

„Aber was mich noch interessiert… warum war Jei so langsam, warum hat er die Angreifer nicht vorher bemerkt? Erzähl mir genau wie es passiert ist…“, hakte Schuldig nach.
 

Rans Gedanken jedoch schweiften zurück und er seufzte leise. „Ich bin spazieren gegangen - ohne Farfarello - und dann waren sie auf einmal da. Ich habe den ersten Schlag gar nicht kommen gesehen und lag schon am Boden…von da an hatten sie es leicht, bis schließlich Farfarello kam und sie vertrieben hat. Allerdings“, Aya runzelte die Stirn, als ihm dieses Detail bewusst wurde. „Ohne Kampf. Sie wollten keinen Kampf mit ihm. Naja…dann hat er mir jedenfalls nach Hause geholfen. Mehr ist da nicht passiert. Sie haben auch nichts gesagt, was wichtig sein könnte. Aber sag, wie geht es dir überhaupt? Wie ist dein Auftrag gelaufen?“
 

„Hmm“, war alles, was Schuldig dazu sagte. Er musste heute mit Jei sprechen. Etwas stimmte nicht, warum hat Jei Ran so spät erst geholfen?

Etwas Wichtiges nagte an ihm, doch er nahm die Ablenkung dankbar an und ging auf Rans Themenwechsel ein. „Alles glatt gegangen“, murmelte er und musste sich an die kleine unschöne Eskapade mit Brad erinnern. War er wirklich eifersüchtig auf diese kleine Schlampe gewesen?

Was erwartete er von Brad, dass er sich ständig ihre Geturtel ansah und alleine ins Bett ging?

Keine zwei Sekunden musste er überlegen um diese Frage mit einem kleinen leisen Ja zu beantworten. Ja, verdammt, genau das wollte er!
 

Eine der blassen Hände hob sich und strich Schuldig durch die wilde, rote Mähne. Aya sah, wie die Gedanken des anderen Mannes abdrifteten und wie er über Dinge sinnierte, die ihn beschäftigten, über die er sich aber nicht ausließ.

„Was ist passiert, Schuldig?“, fragte Aya simpel und schob eine der Strähnen hinter das Ohr zurück. Denn das alles glatt gegangen war, betrog sich selbst spätestens durch diesen unwirschen Gesichtsausdruck, der quasi schon nach ‚Da ist noch etwas!’ schrie.
 

„Hmm?“, wechselte Schuldig die Kompresse und machte sich daran die Stellen in Rans Gesicht mit Wundabdeckungen zu bedenken oder mit kleinen Strips zu versehen.

„Passiert … ist nichts Großes, der Auftrag ist glatt gegangen und Nagi sah zuckersüß aus in seinem chinesischen Kleid“, lachte Schuldig leise an diese Erinnerung. „Brad und ich hatten eine kleine Konfrontation.“
 

Nagi im Kleid? Aya hatte Mitleid mit dem jungen Mann, der sich garantiert nicht freiwillig in so einen Aufzug geworfen hatte. Oder? Es erinnerte ihn unwillkürlich an Omis Stewardessenoutfit bei dem Auftrag, den sie alle gehasst hatten, Omi ganz besonders. Aya lächelte ob der Erinnerung, widmete sich dann jedoch einem weitaus gewichtigeren Problem.

„Was war das für eine Konfrontation, Schuldig?“, fragte er ernst. Er machte sich Sorgen, denn es war nicht die erste Konfrontation zwischen den Beiden und Aya wusste, dass er mit der Auslöser war. Der Amerikaner hatte ein Problem damit, dass Schuldig und er sich so nahe waren…und wenn es selbst auf einem Auftrag ausbrach, dann konnte das nicht gut enden…denn dadurch war Schwarz’ Professionalität gefährdet.
 

Schnaubend wandte sich Schuldig ab, stützte seine Ellbogen auf die Knie und hantierte mit den Verbandsmaterialien vor sich herum, darüber nachdenkend, was er jetzt sagen sollte.

Lüge oder Wahrheit?

„Ich weiß auch nicht. Es war eine Dummheit“, begann er seine Einleitung und er sah schon Ran auf und davon laufen.

„Er behandelt mich wie einen Aussätzigen und sein Tonfall bringt mich zur Weißglut. Es ist anders als früher und ich meine den Grund dafür zu wissen. Das Problem ist, dass er mir nichts sagen kann, dass er seinen Mund nicht aufbekommt. Gut, die nächste Frage ist, was fange ich dann mit dieser offiziellen Bekundung an.“, lachte er freudlos auf. Unsicherheit kroch wie Nebel durch ihn, wie stets, wenn es um dieses Thema ging.

„Und weil es für ihn vermutlich nicht ganz so einfach ist, wie ich es mir manchmal vorstelle, behandelt er mich wie Scheiße unter seinem Schuh. Das macht mich wahnsinnig.“
 

Eine Dummheit. Also war etwas zwischen Schuldig und Crawford geschehen. Aya musste zugeben, dass er bei diesem Gedanken einen gehörigen Stich an Eifersucht wie auch Wut und Enttäuschung verspürte. Ein Arschloch wie Crawford hatte Schuldig nicht verdient und egal, aus welchem Grund er ihn so dreckig behandelte…für Aya war das unverzeihlich und…kindisch. Ja, kindisch. Nur weil Crawford seinen Mund nicht aufmachen konnte um zu sagen, was ihm missfiel oder gefiel, verletzte und beleidigte er Schuldig, wo er nur konnte.

Was sollte das?

„Was hält dich davon ab, ihm einen ordentlichen Arschtritt zu verpassen? Und wenn er dir dann sagt, dass er dich liebt und dass du mich zum Teufel schicken sollst“, Aya lachte bitter, so wie es sein schmerzender Winkel zuließ, „…dann kannst du ihm immer noch das Passende sagen. Das, was du fühlst, Schuldig. Das, was du willst. Was ist zwischen euch vorgefallen bei diesem Auftrag, hm?“, fragte Aya ernsthaft. Gerade jetzt beschlich ihn ein ungutes Gefühl…ein SEHR ungutes Gefühl.
 

Wieder wurde ihm nur zu bewusst, wie sehr er ernste Gespräche hasste. Die meist ja nun mit Ran in sein Leben getreten waren.

Seufzend wischte er sich mit der Rechten über die Stirn und raufte sich die Haare.

„Ach ich weiß auch nicht. Das war alles … bescheuert. An dem Abend, an dem wir uns unterhalten haben und du … nun eine … ich wollte dir Zeit geben um zu überlegen und gleichzeitig war ich mir fast schon sicher, dass das jetzt das Ende gewesen war. Mir gings Scheiße und ich war sauer … irgendwie.“ Er grübelte einige Momente wie er fortfahren sollte.

„Brad hat sich an dem Abend eine Schnalle angelacht, gut zugegeben, recht ansprechend und nett, trotzdem … ich hab sie für ihn klarmachen müssen und das hat er nur gemacht um mich zu verarschen. Als wenn er das nicht besser alleine machen könnte. Über diese Spielereien sind wir doch schon raus, verdammt. Ich hab in meinem Zimmer keine Ruhe gefunden und bin später zu ihm, hab ihn provoziert, bis wir uns an die Kehle gegangen sind. Genau das hatte er verhindern wollen, wie ich gespürt hab, er will mich auf Abstand halten, bewusst. Als ich das bemerkt hab, war es auch schon zu spät. Ich hab ihm einen Kuss aufgezwungen. Im Nachhinein… gleich als ich aus dem Zimmer raus war, wusste ich nicht einmal mehr, was das alles sollte.“
 

Nur ein Kuss…sie haben nicht miteinander geschlafen, geisterte es im ersten Moment durch Ayas Gedanken und es war Erleichterung, die er dabei fühlte. Doch im nächsten Moment ging ihm auf, was das auch bedeutete und das war nicht gut. Sein erster Instinkt war aufzustehen und wegzugehen, doch davon hielt er sich ganz schnell ab. Was brachte es denn auch? Dieses offensichtliche Problem mussten sie gemeinsam lösen. Hier und jetzt.

„Er will dich auf Abstand halten, weil er mehr für dich empfindet“, sagte er schließlich ruhig und sah Schuldig fest in das abgewandte Gesicht. Sieh hin, zügelte er sich selbst, denn auch er wollte wegsehen, auch er konnte dieser Wahrheit nicht wirklich ins Gesicht sehen.

„Es verletzt dich und macht dich wütend, weil du das Gleiche für ihn empfindest.“ Ein Statement, keine Frage, keine Vermutung. Einfach ruhig ausgesprochene Worte. „Das Gleiche für ihn…wie für mich.“
 

„Nein!“

Schuldig sprang aufgebracht auf, das Gesicht vor verzweifeltem Zorn verzogen. „Nein!“ Er ging zur Tür, hielt jedoch ein und kam wieder zurück. „Das geht nicht. Es hat nichts zu bedeuten, das sind nur… das ist nur, weil er sich ab und zu um mich gekümmert hat, vielleicht eher so etwas wie Gefühle, die ich für einen Bruder empfinden würde. Ich will das nicht, Ran, ich will das nicht…“, verloren sich seine Worte und er stand mit hängenden Armen da, sah verletzt in die violetten Augen.
 

Aya streckte die Arme aus und bedeutete dem anderen Mann, zu ihm zu kommen. „Komm zu mir, Schuldig…komm her.“ Er wusste, dass es sehr wohl etwas zu bedeuteten hatte und dass es keine ‚Bruderliebe’ war, doch das würde er jetzt nicht mehr zur Sprache bringen. Es wäre zuviel für Schuldig. Denn egal, was er wollte oder nicht, Aya wusste, dass diese Gefühle da waren - unwiederbringlich. Sie verschwanden nicht, waren es vermutlich die ganzen sieben Jahre nicht und nun brandeten sie auf.
 

Sich neben Ran setzend, legte Schuldig sein Haupt auf dessen Schoß schmiegte sich an dessen unversehrte Seite. „Wir haben uns gerade erst gefunden und der Weg war so lang und steinig und … ich will dich nicht wieder hergeben, verstehst du? Das lasse ich nicht zu!“

Wieder kindlicher Trotz, kindliche Worte, die da seine Lippen verließen. „Niemand wird dich mir wegnehmen!“ Auch er selbst nicht.

Gerade dieser gedankliche Zusatz verwirrte ihn noch mehr, doch es stimmte für ihn.
 

Aya lächelte vorsichtig und strich Schuldig über das verzweifelte Gesicht. „Nein, Schuldig, das lässt du nicht zu, sicherlich nicht“, beruhigte er den Mann auf seinen Oberschenkeln. Dass es jedoch nicht in Schuldigs Macht liegen würde, seine Gefühle für Crawford zu vergessen oder zu unterdrücken, erwähnte er nicht.

„Wir kleben schon aufeinander“, versicherte er mit einem Lächeln, das er in diesem Augenblick auch so fühlte, wie er es gesagt hatte. Sie beide konnte nichts so schnell lösen. Nichts, bis auf Crawford?

Schmerz durchzog Aya.
 

Für einige Momente genoss Schuldig die benötigten Streicheleinheiten und schloss genießend die Augen. Doch dann besann er sich und hob den Kopf, richtete sich auf. „Ist dir nicht kalt?“

Seine Besorgnis begründete sich nicht nur darauf, dass Ran verletzt war, sondern war zum Teil auch ein Teil seines schlechten Gewissens, dass er Ran erzählen musste, dass er mit Brad ‚herumgemacht’ hatte. Auch wenn dieses ‚Herummachen’ weniger freiwillig und ganz und gar nicht so toll war und mehr Probleme mit sich gebracht hatte und noch mit sich bringen würde.

Ihm lag es fern, dass es seinem Ran schlecht ging und das auch noch wegen ihm. „Dusche oder Couch?“, schlug er weich lächelnd vor.
 

Aya sah an sich herunter, wie, als ob er dadurch die Antwort auf Schuldigs Frage bekommen würde. Er schnüffelte prüfend und fuhr sich über seine mit Hämatomen übersäte Seite.

Er wollte sich das Blut abwaschen...dieses Gefühl der Schläge. Ja, eine Dusche wäre sicherlich nicht schlecht.

"Ersteres", seufzte er. "Zwei Fliegen mit einer Klappe." Denn so, wie die kalte Luft über seine Haut strich, dauerte es nicht mehr lange und er würde sich einen Pullover suchen müssen.

Er strich Schuldig über den Haaransatz. "Duschst du mit? Ich könnte jemanden

brauchen, der mir hilft." Er hob vielsagend die Augenbrauen.

"Aber nur helfen!" Er lachte und stöhnte schmerzerfüllt auf. Sein Kiefer...vorsichtig betastete sich Aya das heiße, geschwollene Fleisch.
 

Und da war sie wieder! Die gute Laune!

Schuldig lachte wegen der nachdrücklichen Worte. „Klar, …nur helfen! Tu ich das nicht immer?“ Schon befand sich seine Hand in Rans Schoß und arbeitete geschickt daran dessen Hose zu öffnen. „Siehst du… nur helfen!“, nickte er beflissen und konnte sich dabei das kleine fiese Lächeln nicht aus dem Gesicht wischen.
 

Aya lachte grollend und murrend, während er mit einer Hand Schuldigs festhielt, mit der anderen versuchte, seinen Kiefer davon abzuhalten, weiter zu schmerzen.

"Ich habe mir doch gedacht, dass du nach zwei Wochen Notstand hast", murmelte er und ließ zumindest Schuldigs Hand los, damit diese ihr Werk verrichten und ihn von seiner Hose befreien konnte.

Dennoch zischte er leise, als sich dort unten etwas sehr gut an Schuldigs Hand erinnerte und dem anderen Mann schon wieder entgegengierte, obwohl es momentan gegen den Schmerz in Ayas Körper nicht ankam.

Er hob etwas sein Becken an um Schuldig es zu erleichtern, ihm seine Hose vom Körper zu ziehen.
 

„Quatsch! Notstand“, entrüstete sich Schuldig und half Ran dabei sich zu entkleiden. „Du wohl nicht, was?“, murmelte er spielerisch angesäuert und hob vielsagend die rechte Braue. „Oder hast du dich anderweitig beholfen? Der Blondling war ja schließlich auf Tuchfühlung in der Nähe, hmm?“

Na sicher war er eifersüchtig! Die Frage konnte er beantworten, ohne dass sie jemand stellte und es gehörte sich zum guten Ton in einer Beziehung – sprach der langjährig Erfahrene – so zu tun als ob.
 

"Ja, war er", lächelte Aya vielsagend, schüttelte dann jedoch den Kopf.

"Aber keine Sorge, ich habe genauso großen Notstand wie du auch. Allerdings wird der etwas warten müssen. Solange, bis mir nicht mehr schlecht ist und ich meine Körperteile ohne Schmerzen bewegen kann. Aber das halten wir aus", befand er mit einem prüfenden Blick zu dem Übeltäter etwas unterhalb von Schuldigs Körpermitte.

"Außerdem...als wenn Youji das Risiko eingehen würde, sich von mir flachlegen zu lassen, wenn er nachher von dir dafür gegrillt wird, du eifersüchtiges Zackelschaf." Aya sparte sich das Lächeln, weil es wehtat, doch seine Augen funkelten verschmitzt.
 

„Eifersüchtig… klar! Und du etwa nicht oder?“, verharmloste Schuldig die Situation in bester Manier. Schließlich hatten sie nicht gerade noch vor wenigen Augenblicken über das Problem Crawford gesprochen. Nein… das war eine Illusion gewesen, ein Tagtraum.

„Na, so sicher war ich mir da nicht, ob du nicht doch blond statt rot bevorzugst zu dem Zeitpunkt“, gab Schuldig zu bedenken und ließ die Mundwinkel kollektiv sinken.
 

"Wenn du so weiter machst, bewahrheitet sich deine Behauptung, mein Lieber, und zwar schneller, als du es für möglich gehalten hast", grollte Aya und machte vorsichtig die Dusche an, bevor er ebenso behutsam unter den warmen Strahl stellte, immer darauf bedacht, dass die Verbände und Klebestrips in seinem Gesicht nicht in Kontakt mit dem Wasser kamen.
 

"Natürlich bin ich AUCH darauf bedacht, dich nicht frei in der Weltgeschichte herum laufen zu lassen, mein Lieber. Wie du die Kellnerin damals in dem Restaurant angeflirtet hast, da muss man ja auch ein Auge auf dich haben."

Er blinzelte und langte nach dem Duschgel, verzog dabei jedoch unwirsch das Gesicht.

Diese verdammten Bastarde...zweimal in die Seite, die jetzt dunkelrot

schimmerte.
 

„Jetzt komm! Die Kellnerin zählt nicht, das war nur eine kleine Showeinlage zwecks abendlicher Unterhaltung!“

Schuldig baute sich vor der Dusche auf und besah sich Ran wie er sich wusch. Bis auf die roten Schimmer an einigen Stellen hatte er jeden Zentimeter dieses Körpers vermisst.

Doch er stand nicht untätig da, wollte er doch Ran in eines der vorgewärmten Handtücher wickeln wenn dieser aus der Dusche trat.
 

"Kleine Showeinlage?", schnaubte Aya nur zum Schein empört und wusch sich langsam den Schaum von seiner Haut. Er hatte Schuldigs Begutachten durchaus bemerkt, äußerte sich jedoch nicht dazu, weil er wusste, dass sie beide viel zu lange voneinander getrennt waren, um sich nicht gegenseitig mit Blicken auszuziehen – wenn sie nicht schon ausgezogen waren, hieß das.

"Außerdem muss ich mal anmerken, dass es ungerecht ist, mich schwer verletzten Mann nackt vor dir posieren zu lassem, während du mir keinen Anreiz bietest", grollte er und schaltete die Dusche ab, ließ sich von Schuldig in eines der wunderbar warmen, übergroßen Handtücher hüllen.
 

„Was heißt hier kein Anreiz!? Meine höchstselbste körperliche Anwesenheit reicht wohl nicht aus, hmm?“

Während er Ran in eines der Handtücher hüllte und es einmal um ihn herumwand zog Schuldig ihn nah an sich heran und kuschelte ihn behütend an sich. Der Schreck saß ihm noch in den Gliedern und ihm war noch immer nicht wohl dabei, wenn er daran dachte, wie er Ran in seinen Armen vorgefunden hatte. Die Tatsache, DASS er ihn überhaupt in seinen Armen hatte halten dürfen und der Mann nicht auf und davon war nach ihrem letzten ‚Gespräch’, spielte dabei zwar eine zweitrangige, aber dennoch eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Sein Gesicht schmiegte sich in die noch feuchte Halsbeuge und er genoss das zarte schutzlose Gefühl unter seiner Haut, dass nur ihm zustand, es für sich zu beanspruchen. Keiner durfte Ran ein Leid zufügen. Und wer immer es auch gewagt hatte … lange würde er dafür nicht ungeschoren davon kommen.
 

Aya seufzte und bettete seine Wange vorsichtig an Schuldig Haarschopf. Endlich war der andere Mann wieder da, endlich musste er sich nicht mehr darum sorgen, ob alles glatt ging…doch auch ihn plagten Zweifel.

So sehr er auch froh war, dass diese Männer schließlich abgezogen waren, so sehr wusste er gleichzeitig, dass sie eine Gefahr waren, immer noch. Und dass diese Gefahr unerkannt herumlief und noch einmal zuschlagen konnte…zuschlagen würde?

Aya schloss die Augen. Aber als wenn es nur das wäre…dieser Kuss zwischen Schuldig und Crawford war verstörend, denn daraus konnte sich mehr entwickeln, weit mehr, als die Beiden jetzt teilten und es könnte sich zu seinen Ungunsten entscheiden.

Schuldig könnte ihn wegen Crawford verlassen.

Ayas Augen flogen bei dem Gedanken ruckartig auf. Nein…soweit würde es nicht kommen, Crawford würde es nicht wagen, solch einen Keil zwischen sie zu treiben, oder? Allerdings hasste Crawford ihn, das wusste Aya. Warum sollte er es also nicht versuchen?
 

Es war still geworden in dem warmen Badezimmer. Schuldig glaubte den Grund dafür zu ahnen, wusste jedoch nicht, ob er etwas sagen sollte, oder ob er es dabei bewenden ließ. Sich vorzustellen, dass Ran diese Angelegenheit mit dem Kuss auf sich beruhen ließ, war angenehm aber auch sehr blauäugig.

„Worüber denkst du nach?“, murmelte er die Lippen an die warme Haut gebettet.
 

„Hmm…nichts Wichtiges.. Ich habe mich gerade gefragt, wer diese Männer sein können“, erwiderte Aya und bog seinen Kopf leicht nach hinten, damit er Schuldig in die Augen sehen und lächeln konnte. Natürlich würde er Crawford nicht mehr erwähnen, er wusste doch, wie Schuldig darauf reagierte, auch wenn zumindest für ihn die Anzeichen klar und dafür umso drückender waren. Zumal der Amerikaner auch schon einen Vorsprung von sieben oder sogar noch mehr Jahren hatte, was Schuldig anging.

„Und ich habe mir ausgemalt, wie du mich heute den ganzen Tag verwöhnst“, lenkte er das Thema wieder auf die spielerische Ebene um, damit sie nicht auf zu dunkle Gedanken kamen. Allerdings hatte die Vorstellung eines ihn umsorgenden Telepathen doch etwas Angenehmes.
 

„Das hast du dir also ausgemalt, soso…“, grübelte Schuldig laut, als müsse er sich dieses schwierige Unterfangen zunächst noch gut überlegen, bevor er es in Angriff nahm.

„Wenn das so ist, dann husch mit dir auf die Couch, die ist sicher bequemer als die Kuschelecke und ich mach dir einen kleinen Imbiss“, vielmehr einen Großen, aber das musste er ja nicht so offenkundig herausposaunen, schließlich wollte er die Pferde nicht scheu machen. „Aber zuerst kommen die unangenehmen Dinge!“
 

Er löste sich von Ran und besah sich die Utensilien in dem Verbandskoffer, zog schlussendlich eine kühlende Salbe hervor. „Ich trag noch diese Salbe auf, sie kühlt und verhindert, dass die Haut spannt, wenn diese Blutergüsse schillernd erblühen“, verzog er die Lippen bedauernd und rupfte leicht an dem Badetuch, damit Ran mit ihm zur Bank kam. Er setzte sich darauf und positionierte Ran vor sich, löste langsam das Tuch ab. Eine gute Gelegenheit um unvorsichtigerweise Ran mit seinem Arm im unteren Bereich des Bauches zu berühren. Er drehte ihn seitlich und öffnete die Tube.
 

„Na was freue ich mich jetzt schon darauf…“, sagte Aya mit hoch erhobener Augenbraue und sah auf Schuldig hinab, zwischen dessen Beinen er nackt, wie er auf die Welt gekommen war, stand und sich dessen Tätigkeit besah, auch wenn er wusste, dass er nicht mehr lange stehen konnte. Warum zum Teufel wurden die Schmerzen im Nachhinein eigentlich immer schlimmer und nicht besser?

Aber da er ja weder aus Zucker noch eine Memme war, würde er es männlich stoisch ertragen. Vielleicht sollte er schlafen gehen, es zumindest nochmal versuchen, oder sich auf die Couch legen.

Vielleicht…

Ayas zweite Augenbraue hob sich, als er sich Schuldig noch einmal genauer betrachtete.

„Was wird das, wenn’s fertig ist? Willst du mich heiß machen?“
 

„Nie! Bist du irre?“ Schuldig gab sich entrüstet, mit einem Quäntchen Missmutigkeit, schließlich … was nutzte ihm ein heißer Ran wenn … er nicht durfte …oder konnte…

„Ich kann dich so besser eincremen, das Zeug soll ja einziehen, die ganze Flanke ist überwärmt und dunkelrot. Teile von deiner Hüfte auch. Diese Bastarde haben dich ordentlich erwischt“, murmelte er, den Witz aus seiner Stimme getilgt. Er bemerkte, wie angespannt Rans Gesäßmuskulatur war als er den Hüftknochen vorsichtig bestrich. „Nur noch einen Moment, dann hol ich dir deine Wohlfühlklamotten, ja Honey?“

Sein Gesicht drückte Sorge aus und er platzierte einen sanften Kuss auf die Kuhle unterhalb des Hüftknochens.
 

„Hey…“, murmelte Aya und strich Schuldig durch die lange Mähne. „Ich lebe ja noch…kein Grund, so besorgt zu sein, Schuldig!“ Er lächelte etwas gequält. Ein Blick auf seine Haut genügte, damit er den Schmerz wiederfand, der penetrant dumpf unter der Haut pochte und ihn langsam doch wahnsinnig werden ließ.

Seine Arme umschlagen den Kopf des Deutschen und zogen ihn vorsichtig an seinen Körper, als er einen Kuss auf das feuerrote Haar schmatzte.
 

„Das letzte Mal als du so derangiert warst… na da waren wir wenigstens am Werk gewesen und es diente zumindest deinem Schutz, aber das heute… fremde gemeine Pfoten an meinem Blumenkind?“, schnaubte er an Rans Haut und pustete kleine Luftwirbel darauf.

Er hatte Angst um ihn. Er konnte gar nicht oft genug daran denken, wie gut es doch war, Jei auf Ran angesetzt zu haben. Und doch …

Langsam drehte er den Kopf und blickte nach oben. „Ich komm gleich, ich hol dir nur was zum Anziehen“

Er löste sich und stand auf, küsste Ran auf die Stirn und machte sich zum Kleiderschrank auf.
 

„Zu meinem Schutz…ja“, murmelte Aya und schnaubte. Seine Gedanken wanderten zurück zu weniger erfreulichen Erinnerungen, die er mit Schuldig teilte. Denn auch wenn dieser es im Spaß gesagt hatte, so wusste Aya um die Verzweiflung und das Chaos in den Wochen vor Ayas Tod. Und um seine Angst, seine Schwester verlieren zu können, wenn Kritiker herausfanden, was es mit Schuldig auf sich hatte. Was auch nicht zu vergessen war: die Prügel, die er von Crawford bezogen hatte, seine Wut in dem Moment, die Demütigung über diesen Angriff, seine Verzweiflung, dass er doch Schuldig töten müsse…all das machte es ihm schwer, sich mit Humor daran zu erinnern, unmöglich eigentlich.

In Gedanken versunken ließ er sich auf die Bank sinken und fröstelte. Es war kalt hier in der Wohnung.
 

Währenddessen suchte Schuldig eine weiche bequeme graue Hose und das dazugehörige Oberteil aus dem Schrank, richtete danach Ran ein bequemes Kissen und Deckenlager auf der Couch ein. Mit seiner Beute im Arm kehrte er zu Ran ins Bad zurück. „Komm zieh dir was an und auf die Couch mit dir.“
 

Aya nahm Schuldig die Kleidungsstücke aus der Hand und streifte sie sich im Sitzen über. Er verzog das Gesicht, als er die Arme über seinen Kopf strecken musste und zischte leise, als das Oberteil nun endlich herabfiel. So saß er jetzt auf der Bank und starrte frustriert zu Schuldig hoch, der immer noch pochende Schmerz als scheinbar stetiges Hintergrundmurmeln in seinem Körper.
 

Schuldig assistierte Ran mit dem Oberteil und ebenso verfuhr er rasch mit den dicken weichen Socken. „Soll ich dich auf den Rücken nehmen?“, fragte Schuldig neckend mit einem lausbubenhaften Grinsen im Gesicht.
 

„Elender Sadist!“, rümpfte Aya so würdevoll, wie es noch ging, seine Nase und kämpfte sich mit einer Hand in Schuldigs Oberarm verkrampft hoch. Er konnte noch selbst laufen und würde es auch bis zur Couch schaffen! Schließlich war er nicht todkrank und diese paar Hämatome würden ihn schon nicht umbringen, geschweige denn lahm legen.

Er stemmte sich von dem Telepathen ab und schlurfte in Richtung Wohnzimmer, eine Hand auf der selbst durch den Stoff noch heißen Haut seiner Seite und peinlich darauf bedacht, seinen Körper auf die andere Seite auszubalancieren.
 

„Hey! Das ist gemein“, rief besagter Sadist dem ‚davoneilenden’ Masochisten hinterher. Er ging in die Küchenzeile und öffnete einen Schrank auf der Suche nach guten Schmerzmitteln und fand sie auch sogleich. Zwei Tabletten davon und Ran war in Hochstimmung…

Aus dem Kühlschrank holte er zwei Eispacks und wickelte sie in Tücher ein. Ein Glas Wasser komplettierte die Ansammlung kleiner Helferlein gegen den Schmerz und Schuldig kam zu Ran der sich vorsichtig auf der Couch zurechtruckelte.
 

„Tja….zwei Sadisten unter sich“, grunzte Aya, als er die am wenigsten schmerzintensivste Position gefunden hatte und bereits nach einer Decke angelte, die ihm etwas Wärme spenden sollte.

Er sah zu Schuldig hoch und nahm dankbar die Tabletten und das Glas Wasser entgegen, schluckte beides in Rekordzeit - jedoch in vorsichtiger Rekordzeit - denn seinen Mund bekam er nicht halb so weit auf, wie er zunächst gedacht hatte. Wunderbar…dann war das Essen für die nächsten Stunden auch gegessen, oder je nachdem, wie lange es anhielt.

„Machst du mir gleich auch noch meinen Tee? Du weiß schon…DEN Tee?“, fragte er mit großen Augen in Richtung Krankenpfleger.
 

„Oh“, brachte Schuldig gerade so heraus und starrte in diese hypnotisierenden großen, alles sagenden Augen.

Shit.

Da war sie: Rans Geheimwaffe. Hoher Niedlichkeitsfaktor. Seltenheitswert von einer Skala von null bis zehn. Minus eins!

Shit, er war verloren.

Wenn er diese verfluchten Bastarde erwischte, die ihm einen kranken Ran aufgebürdet hatten… Die würden nie wieder irgendeinen Atemzug tätigen. Keinen einzigen. Nicht mal einen winzigen…

Er lächelte tapfer und nickt und machte sich dienstbeflissen auf, um dem Erwünschten nachzukommen.
 

Aya seufzte dankbar und sah dem anderen Mann voller Zuneigung hinterher. Alleine schon dessen wechselnder Gesichtsausdruck hatte Bände gesprochen. Bände von Rachdurst, von Ergebenheit, von Mut…und davon, dass er einfach zu gut wusste, wie er Schuldig kriegen konnte.

Aber wer war er, dass er dem anderen Mann keine ‚Belohnung’ für das gab, was er tat. Die Frage war nur wie…so unwohl ihm momentan war. Außerdem hatten sie keinen Sex gehabt und er war nicht annähernd so entspannt, dass die Barrieren um seinen Geist einfach so nachgeben würden.

Aber es musste da doch noch einen anderen Weg geben, oder? Was könnte er sich dennoch zu Nutze machen, dass er Schuldig zu sich locken konnte?

Die Lippen unwirsch verzogen, heftete sich sein Blick auf den Rücken des anderen Mannes und wieder durchfuhr ihn ein freudiger Schauer, dass Schuldig wieder da war…bei IHM war.

Aya lächelte und kultivierte eben diese Freude weiter in sich. Er ließ sowohl Vorfreude, als auch schöne Erinnerungen mit einfließen und stellte sich vor, als würde er sie sowohl stetig, als auch geballt zu Schuldig schicken, als würde er den anderen Mann mit diesem feinen Nebel einhüllen und zu sich ziehen.

Innerlich zweifelte er zwar noch immer an seinem Vorhaben, aber einen Versuch war es wohl wert.
 

Doch Schuldig war zu sehr in Gedanken darin vertieft, warum es zu diesem Angriff gekommen war und wie er Ähnliches in Zukunft verhindern konnte.

Er kam mit dem gewünschten Tee zurück, stellte die filigrane Tasse auf den Tisch ab und setzte sich zu seinem kranken Ran, korrigierte den Sitz des Eispacks nach und zog fürsorglich die Decke hoch. „Ruh dich aus.“

Sich neben Ran setzend und diesen seitlich an seine Brust dirigierend nahm er die Fernbedienung zur Hand und schaltete die automatischen Rollos ein, senkte sie zur Hälfte herab, sodass es nicht zu hell wurde und Ran ausruhen konnte.
 

Aya seufzte leise und sah Schuldig in das abgewandte Profil. Anscheinend funktionierte dieser Weg nicht…ansonsten hätte sich der Telepath doch schon längst bemerkbar gemacht, oder? Skeptisch runzelte er die Stirn und machte es sich so bequem wie möglich. Müde schloss er die Augen.

Gut…dann musste Schuldigs Belohnung eben noch warten, bis sie wieder dazu kamen, sich so dermaßen körperlich zu verausgaben, dass die Barrieren von alleine nachgaben.

Nach einer Weile jedoch erinnerte er sich an seinen Tee und angelte ihn sich mit der ausgestreckten Hand, nahm einen kleinen Schluck des bitteren Gebräus. Wenigstens hatte sein Magen damit etwas zu tun.
 

„Ich werde später Banshee holen, du kannst noch etwas schlafen, wenn du möchtest. Bin sicher bald zurück, wird nicht lange dauern.“ Einmal abgesehen vom Verkehr und der kleinen Unterredung, die er mit Jei zu tätigen hatte.
 

„Hmm“, entgegnete Aya aufschlussreich und starrte auf die sich seicht bewegende Oberfläche seines Tees, den er gerade hin und herschwenkte. „Ich komme mit. Ich habe meine Sachen noch dort.“
 

Woher hatte Schuldig nun gewusst, dass Ran mitkommen wollte? Er verzog seine Lippen ungesehen von Ran skeptisch resignierend was seinem Gesicht einen unwilligen Ausdruck gab. „Warum? Ich kann sie doch mitbringen…“, grübelte Schuldig.

„Es geht dir …noch nicht wirklich gut, ein wenig Ruhe wäre doch nicht schlecht oder?“

Er musste das geschickt anstellen, wenn er Ran erzählte, dass er beschissen aussah und dass es besser wäre, er würde zuhause bleiben…

…nein ganz schlechte Idee…
 

„Die Ruhe kann ich auch danach noch bekommen, Schuldig“, hielt Aya prompt dagegen.

„Außerdem lässt du dir Banshee garantiert von Farfarello abschwatzen oder du findest sie nicht. Ich kann sie da besser suchen, ich weiß, wo sie sich verstecken könnte.“

Der Tee verlor nach und nach an Interessantheitsgrad und Aya hielt den ihn schier hypnotisierenden Iriden stand, die ihn beschwören wollten, hier zu bleiben.

„Ich bin nicht bettlägerig, Schuldig“, murrte er. „Das sind nur ein paar Hämatome.“
 

Das schmeckte Schuldig nicht wirklich. Er wollte, dass Ran sich ausruhte und …hier in der sicheren Wohnung blieb. Nicht genau wissend, warum er so überbesorgt war, seufzte er nachgebend. „Ja, sicher. Aber hey… Jei könnte niemandem irgendetwas abschwatzen, dazu fehlt ihm der egoistische Trieb, fürchte ich.“

Durch Rans Haar schnuffelnd, welches an der Schläfe noch etwas mit Blut verklebt war und ihn stutzen ließ, murmelte er lediglich bedauernd: „Schade, dass du nicht ans Bett gefesselt bist… natürlich nur im übertragenen Sinne“, fügte er schnell hinzu, lächelte dabei aber verschlagen.
 

Dieses Grinsen verdiente einen ordentlichen Kneifer in die Seite des unverschämten Telepathen, aber keinesfalls einen Kommentar von Aya. Als wenn…als wenn Schuldig jemals in den Genuss dieser Ansicht kommen würde…jemals wieder.

„Ich kenn doch deine Weichherzigkeit, mein Lieber. Wenn du Farfarello…Jei“, benutzte Aya zum ersten Mal den wirklichen Namen des Iren, weil er sich seltsam vergangenheitsverbunden fühlte, den alten auszusprechen, „mit Banshee auf dem Arm siehst und die Beiden dich unisono anschauen, dann lässt du sie da, ich kenne dich. Ergo komme ich mit.“
 

Schuldig schmiegte sich enger an den Mann heran und kitzelte mit seiner Nase in Rans Nacken herum, pustete die kleinen Härchen dort auf, als ginge es hier darum den Geruch des anderen, jede Einzelheit sich wieder ins Gedächtnis zu rufen. „Ich bin gar nicht weichherzig… du spinnst ja, Blödmann“, grummelte Schuldig und drückte seine Zähne sanft in die weiche unversehrte Haut. „Du glaubst doch wohl nicht, dass ich Banshee zurücklasse und ohne sie hier ankomme, damit ich mir von dir eine Predigt anhören darf. Ich bin doch nicht bescheuert! Mein Selbsterhaltungstrieb ist stark ausgeprägt und … meine Gier nach dir auch… deine Sanktionen kann ich mir schon vorstellen, wenn es dann heißt: solange Banshee nicht da ist, gibt’s keinen Sex oder Ähnliches“, schnaubte er.
 

„Das hast du richtig erfasst!“, stimmte Aya diesen nicht ganz so unrealistischen Vermutungen zu und versuchte sich an einem teuflischen Lächeln, das vermutlich nicht halb so böse aussah, wie er es geplant hatte.

Er zischte leise, aber nicht vor Schmerz und schauderte ob der nur allzu sinnlichen Reizung. Seine Lippen suchten den Teil des Mannes, dem sie habhaft werden konnten und erwiderten etwas dieses Wohlgefühls.

„Aber damit du nicht als strahlender Verlierer nach Hause kommst, begleite ich dich und gebe dir Rückendeckung. Außerdem langweile ich mich nur, wenn du nicht da bist und denkst du allen Ernstes, ich würde dich nach zwei Wochen auch nur eine Minute aus den Augen lassen?“
 

Dies gab den Anstoß zu einem sanften Lächeln auf Schuldigs Gesicht und einem sanften Kuss, den er auf Rans Lippen platzierte. „Nein, das denke ich keine Sekunde lang“, raunte er zwischen den sinnlichen Berührungen ihrer Lippen. Er wandte seine Gedanken Ran zu, umschlich dessen Geist wie ein Dieb, der eine lohnende Beute auskundschaftete.
 

„Na siehst du, da sind wir uns einig“, murmelte Aya und schloss vorsichtig seine Lippen, die er minimal für Schuldig geöffnet hatte. Mehr ging im Moment nicht, vermutlich noch für die nächsten drei Tage nicht. Aber dann…konnte sich Schuldig warm anziehen. Vielmehr dessen anziehender Hintern.
 

Schuldig entfernte sich etwas und legte das heruntergerutschte Eis auf Rans Kiefer zurück. „Erzähl mal, was habt ihr also alles getrieben … ihr drei?“, fragte er nach dem Besuch des Blonden.
 

Der rothaarige Japaner schmunzelte. Schuldig schien dieses Thema nicht loszulassen, so geschickt ihn der Telepath auch immer wieder ablenkte und dann darauf zurückkam.

„Was sollen wir drei schon getrieben haben, so ganz alleine in dem großen Haus…in dem Pool oder in diesem herrlich großen Wohnzimmer vorm Kamin?“, fragte er unschuldig.

„Was drei erwachsene Männer eben so machen, wenn sie scharf und zu dritt sind. Ich sage dir, es war sehr…prickelnd.“ Und wie er da mit dem Teufel spielte, der hier neben ihm saß und in dessen Augen er nun schaute.
 

„Ra~an“, quengelte Schuldig nicht wissend, wie er darauf reagieren sollte. Schließlich fand er es gar nicht lustig, dass der Blonde so nah an seinen Ran gekommen war. „Im Übrigen kannst du Jei gleich von der Liste streichen, für solche Spaßhaftigkeiten ist er nicht sehr empfänglich.“

Dennoch arbeitete es hinter seiner Stirn und die weiche Haut seiner Innenlippe wurde im Zuge der regen Gedanken malträtiert. Was wenn Ran und der Blonde alte Zeiten wieder aufleben hatten lassen?

Quatsch, haben sie nicht. Ran ist nur dein und hör auf mit diesen Eifersüchteleien, das ist Unsinn, mahnte ihn da eine andere Stimme. Dennoch … eigentlich würden die beiden viel besser zusammenpassen und warum sollte Ran das Schwierige dem Einfachen vorziehen? Scham wegen seiner Eifersucht und auch Zweifel fraßen hinter seiner Stirn die Rationalität dahinter auf.
 

Aya brauchte wirklich kein Telepath zu sein um zu wissen, was just in diesem Augenblick in Schuldigs Gedanken vor sich ging, die quasi in klar verständlichen Rauchzeichen über seinem Kopf aufgingen und sich in jedem Muskel des Gesichts einprägten.

Er richtete sich etwas auf. „Du denkst also, ich würde warten, bis du im Ausland bist, mir keine zwei Tage später Youji in das Anwesen von Schwarz holen und es mit ihm auf der Couch im Wohnzimmer treiben?“, fragte er schließlich schlicht.
 

„Nein! Übertreibs doch nicht gleich so“, verzog er den Mund missmutig. „Aber … du könntest dir deine Gedanken gemacht haben und naja ich weiß nicht, ihr könntet ja gekuschelt haben oder euch geküsst haben… das fände ich auch nicht so … ansprechend“, gelinde gesagt. Er fand es ätzend, andere Finger auf der Haut seines Mannes … wie das klang… zu wissen.
 

„Schuldig, wir HABEN gekuschelt“, erwiderte Aya ernst.

„Wir hatten keinen Sex, wir haben uns nicht geküsst, aber wir sind Arm in Arm eingeschlafen. Wir haben auf der Couch gesessen und gekuschelt, wie wir das früher oft gemacht haben. Das ändert aber nichts an meinen Gefühlen zu dir, Schuldig, verstehst du das? Es ist Youji, ein Freund, mit dem ich öfter Sex hatte. Nichts weiter. Nur Sex, ohne Bindungen. Da ist nicht mehr.

Youji hat mir damals aus vielem herausgeholfen…unter anderem auch aus Miseren mit euch. Wir haben eine starke Bindung zueinander - auf freundschaftlicher Ebene. Ich möchte diese Bindung nicht missen.

Was gefällt dir nicht daran? Schließlich bin ich hier, nicht bei ihm. Warum wohl?“
 

Bereits bereuend, dass er etwas gesagt hatte sah Schuldig zur Seite. Was fehlte denn noch zwischen einem freundschaftlichen Gefühl, experimentierfreudigem Sex und jemandem, der einem gelegentlich aus größeren Katastrophen heraushalf. Band ihn da nicht mehr an den anderen als an Schuldig? Die Frage war wohl mehr mit ja als mit nein zu beantworten.

Er wusste von dem Blonden ja, was sie alles durchgestanden hatten und dass sie mehr verband, aber eben deshalb war dieses Band auch so schwer zu überwinden. Warum versuchte er es denn auch? Zwecklos.

„Klar, kein Problem“, lächelte er und nickte. Was sollte er sagen? Er sollte dieses Thema einfach nicht ansprechen. Deshalb war er zwar nicht weniger eifersüchtig, aber damit musste er wohl leben.
 

„Sicher. Deswegen siehst du auch so aus, als würdest du dich gleich von der Terrasse stürzen“, stellte Aya ruhig fest. Wie gut, dass er vor Schuldig lag und der andere Mann nicht einfach so von der Couch konnte. „Es GIBT ein Problem. Was für eins?“
 

Scheiße. Scheiße. Scheiße. Warum konnte er nicht so gut bluffen wie Brad wenn es um solche Unterhaltungen ging? Aber dass er so sehr seine Gefühle auf seinem Gesicht zur Schau trug, war ihm früher nicht so vorgekommen.

„Keine Ahnung“, wand sich Schuldig, wie der sprichwörtliche Wurm am Angelhaken. „Ihr teilt so viel… das kann ich nie aufholen. Nie.“

Ganz im Gegenteil er musste eher darum kämpfen, dass es auf diesem schmalen Grat blieb, auf dem er jetzt wandelte. Erst vor wenigen Tagen waren wieder Zweifel aufgekommen.
 

„Das sollst du auch nicht. Denn was wir teilen, ist anders als das, was ich mit Youji habe. Ihr seid zwei verschiedene Arten von Menschen mit zwei verschiedenen Wegen, die zu mir führen. Das heißt aber nicht, dass der eine kürzer, oder der andere länger ist, deiner länger, weil du noch mehr aufzuholen hast, Youjis kürzer, weil er mir in den Hintern getreten hat, als ich mich aufgegeben hatte, und drei Jahre Vorsprung hat. Das stimmt nicht. Er hat sich eben das letzte Stück auf seinem Weg eine Bank gesucht und betrachtet sich von dort aus die Landschaft, während du weiter Richtung Ziel aufgebrochen bist.“

Aya lächelte und strich Schuldig eine der Haarsträhnen zurück, die ihm ins Gesicht gefallen waren.
 

„Amen“, ließ Schuldig diese Standpauke über sich ergehen und sah Ran schuldbewusst – zumindest ein kleines Bisschen – an. „Mal gucken, ob ich dort ankomme“, sagte er mit leiser Stimme und schmunzelte.
 

„Glaub mir Schuldig, wenn es mir nicht so wehtun würde, würde ich dir in den Hintern treten, aber ordentlich. Mehrmals.“ Aber es tat Aya gut zu sehen, dass Schuldig wenigstens wieder lächeln konnte.

„Was ist aus dem großkotzigen ‚Mir liegt die Welt zu Füßen!’-Schuldig geworden, der sich genommen hat, was er wollte, auch wenn das Etwas zu dem Zeitpunkt nicht wollte, hm? Nicht, dass ich mir genau DEN Schuldig zurückwünsche, aber…du solltest deinen Einfluss nicht unterschätzen. Und deinen Charme.“
 

„Also, erstens… würdest du mir also eher in den Hintern treten als ihn zu ficken?!

Und zweitens… du stehst also auf Machos, hmm, hmm? Können wir gleich ändern! Du bleibst zuhause und hütest den Herd!“ Schuldig grinste über das ganze Gesicht. „Außerdem liegt mir die Welt auch zu Füßen, nur bei dir muss ich ständig ackern.“
 

„Richtig, da ich auch nicht die Welt bin. Und da ich auf Machoärsche stehe, denen ich in den Hintern treten kann, bevor ich sie ficke, kannst du das den Herd hüten mal glatt vergessen, mein Lieber“, lächelte Aya charmant wie immer und knuffte Schuldig in die Seite.
 

„Na schön, für heute vergess ich’s mal.“

Schuldig mimte den Schwerverletzten und röchelte pflichtschuldigst. „Mach nur so weiter und Brad glaubt, dass wir uns geprügelt haben, wenn ich mit lauter blauen Flecken ankomme!“
 

„Danke! Dann wird er dir wahrscheinlich noch auf die Schulter klopfen und sagen, dass du deinem Loverboy mal ordentlich den Marsch geblasen und ihm die Leviten gelesen hast…oder wie hat er sich damals ausgedrückt hat: das Mundwerk gestopft hast“, spöttelte Aya. „Und bei dir wird er dann Kriegsnarben sagen! Oder dass dus verdient hast!“
 

„Idiot“, senkte Schuldig seine Lider auf Halbmast und nur langsam stahl sich seine Zunge zu einer kleinen Demonstration heraus, nur um danach schnell wieder den Rückzug anzutreten.

Schade, dass Ran gehandicapt war, somit konnte er sich jetzt nicht mit ihm balgen. Zu schade war das, so musste er sich mit gemeinen Verbalitäten und einem Zungeherausstrecken begnügen.
 

„Ich wette mit dir, dass es so ablaufen wird“, meckerte Aya und seufzte. Er lehnte sich vorsichtig an Schuldig und schloss seine Augen. So sehr ihn dieses Geplänkel auch abgelenkt hatte, so wenig konnte er diesen dumpfen, unangenehmen, wenn auch nicht mehr stechenden Schmerz ertragen. Vielleicht sollte er ein wenig ruhen. Nur ein wenig, aber nicht zu intensiv, denn sonst war Schuldig weg, wenn er aufwachte.
 

„Wetten?“, tönte Schuldig und zog Ran wieder mehr in seine Arme. „Komm, leg dich her und ich erzähl dir ein kleines Märchen vom gestiefelten Wettkönig …äh Kater wollte ich sagen … und du schlummerst etwas, hmm? Klingt doch verlockend, oder?“
 

„Klingt sehr verlockend“, murmelte Aya und lächelte, stemmte sich jedoch etwas hoch. „Zieh den Pullover aus.“
 

Misstrauisch stutzte Schuldig. „Warum? Du brauchst Ruhe! Auch wenn ich das schlimm finde und…“, aber Ran zerrte bereits an seiner Kleidung und Schuldig half ihm nach, zog schlussendlich das Stück Stoff über seinen Kopf und sah danach aus wie ein Wischmopp, dachte er und wischte sich nun tatsächlich die Haare aus dem Gesicht.
 

Na das war doch ganz nach seinem Geschmack! Aya betrachtete sich den anderen Mann und griff sich schließlich sein kostbares Gut. Geschickt drehte er die Ärmel zu einem relativ dünnen Stück Stoff und wand es um Schuldigs linkes Handgelenk, schließlich um sein eigenes, rechtes. Er zurrte es fest und sah hoch, lächelte Schuldig in die Augen, während er ihm mit der noch freien Hand die Haare aus dem Gesicht strich.

„Du denkst doch nicht wirklich, dass du dich davon stehlen kannst, während ich schlafe, oder, Schuldig?“, fragte er leicht grinsend.
 

„Du hast ja eine blühende Fantasie!“

Schuldig sah sich diese Pseudofessel an, die ihn nicht wirklich vom Wegschleichen abhalten konnte, doch er nickte wenn auch demonstrativ gelangweilt.

„Nein nein, das werde ich nicht, nachdem ich jetzt sooo fest gefesselt bin“, sah er Ran skeptisch lächelnd an.
 

„Da ich zu faul bin um ins Bad zu laufen, um den Gürtel zu holen, wird es wohl dabei bleiben…verwöhnter Bastard. Aber so bekomme ich wenigstens MIT, wenn du versuchst, aufzustehen. Und was meinst du, wer dir dann nachfahren wird? Auf deinem Motorrad? Hm? Und jetzt leg dich bequem hin, ich möchte etwas schlafen!“, bestimmte Aya hochnäsig und kuschelte sich an Schuldigs Seite ein.
 

Oha, da war aber jemand in seinem Können nicht gebührend gewürdigt worden, sonst würde derjenige wohl nicht das kleine Böcklein …wahlweise Zicklein heraushängen lassen, das sich gerade in seiner Armbeuge verschanzte…

Schuldig lachte und schloss ebenfalls die Augen, Rans Eisbeutel sicher an Ort und Stelle auf dessen Kiefer haltend.
 

o~
 

Aya konnte nicht sagen, dass es ihm wirklich besser ging, als er gegen Mittag aus seinem unruhigen Schlaf aufgewacht war und festgestellt hatte, dass Schuldig sich doch nicht davon gestohlen hatte, wie er es erst…herumprotzen musste. Aber gut. Es war ja nicht so, als würde sich der Telepath nicht um ihn kümmern - nein, ihn bemuttern und umsorgen. Ganz im Gegenteil. Er hatte die Stunden bis zum Spätnachmittag in reger Pflege und Aufmerksamkeit verbracht, bis er Schuldig dann dazu hatte bewegen können, sie beide aufzurichten und anzuziehen.

Aya selbst fühlte sich diesig und wenig dazu in der Lage, jetzt noch große Sprünge zu machen, doch er wollte mit und schluckte so den Schmerz herunter, der ihn angespannt im Beifahrersitz neben Schuldig sitzen ließ, während sie zum Schwarzschen Anwesen fuhren.

„Sind wir gleich da?“, fragte Aya und lächelte…erinnerte sich, wie Schuldig diese Frage gestellt hatte.
 

„Hey! Nachquengeln gibt’s nicht! Überleg dir was Eigenes“, ereiferte sich Schuldig und schmollte in kindlicher Manier. Seine Hand fand Rans Oberschenkel und legte sich versichernd darauf. „Wir brauchen nicht lange, dann sind wir wieder raus.“
 

Etwas Eigenes also? Aya seufzte und fuhr sich über den weichen, hochgeschlossenen Mantel, der gerade mal sein Gesicht enthüllte, mehr aber nicht, was auch schon bei weitem genug war.

Also…mal sehen, was konnte es denn geben? Aya wandte seinen Blick zur Seite, starrte Schuldig durchdringend in das auf die Straße fixierte Profil.

„Papa Schuldig“, fiepte er jammernd und klagend und sowieso war er der Ärmste und Geschundenste überhaupt… „Ich muss poppen!“, wehklagte er in bester Kleinkindmanier und in Windeseile schnellte seine Hand hervor, in den Schoß des anderen Mannes und drückte zu. „Ganz ganz dringend!“
 

„Unterstellst du mir hier, auf kleine Kinder zu stehen?“, keuchte Schuldig und hatte schon wie er die Hand im Anflug gesehen hatte das Lenkrad fester gefasst.

„Na warte … wenn wir zuhause sind…. Dann blüht dir was… krank hin oder her…!“
 

Ayas Hand verlor etwas ihrer Stärke und griff nun eher schmeichelnd in das Gemächt des anderen Mannes…massierte mit geschickter Hand das kleine Vögelchen. „So? Dann musst du aber noch lange warten, bis dein Hintern beansprucht wird, mein Lieber“, gurrte Aya und legte ein Schmollen auf, dass jedes Kleinkind neidisch gemacht hätte, während seine Finger über den Stoff der Hose tanzten.

„Aber nein, ich unterstelle dir das nicht. Das ist nur ein persönlicher Kink von mir…was dagegen, wenn ich dich ab jetzt immer so nenne, Daddy Schu?“ Es waren die Schmerztabletten, ganz sicher…oder sie hatten gestern seinen Kopf getroffen.
 

„Untersteh dich…obwohl“, tauchte sein legendäres Grinsen auf und das dazu passende Glitzern in den Augen. „Dann bekommst du aber den passenden Namen dazu.“

So etwas wie … chibi… genau!, dachte er und grinste vor sich hin.
 

Und so schnell verließ die emsige Hand das Gemächt und bettete sich brav auf den Oberschenkel. „Oh…ich wusste gar nicht, dass du SO abstinent leben willst, die nächsten Wochen…Monate“, lächelte Aya vor sich hin.
 

„Von wegen, schließlich hast du mit dem ganzen angefangen!“, zischte Schuldig in Anbetracht der fehlenden Hand in seinem Schritt, die ihn so umsorgt und… versorgt hätte. Er hatte Notstand, ja und er hatte sich zusammengerissen…auch wahr und ja zum Teufel … er war besorgt gewesen und er hatte sich erschreckt. Aber jetzt war alles wieder gut und er war scharf auf Ran…

Heute Abend… ganz sicher… egal wie… er würde etwas bekommen!

Finstere Pläne ausmalend, lächelte er still vor sich hin und stellte sich Ran vor, wie er sich der unteren, unverletzten Regionen zuwandte und sich um sie kümmerte.
 

Aya besah sich das kommende Drama von der Seite und hob leicht eine Augenbraue. "Meinst du nicht auch, dass man dir in letzter Zeit etwas zu deutlich ansehen kann, was in deinem hübschen Kopf vorgeht?", mutmaßte er.

"Du hast die Worte Sex, Ran begatten und nochmal Sex quasi auf deiner Stirn stehen."

Nicht, dass es ihm da anders ging, nur ihm stand es eben nicht ins Gesicht geschrieben. Er zehrte tief in sich selbst von dem Verlangen nach Schuldig und wusste nicht, ob dieses heute Abend gestillt werden konnte, wenn das so weiter ging; es sei denn, er nahm bald erneut zwei von den Schmerztabletten und hoffte darauf, dass sie wirkten. Obwohl das vermutlich jetzt auch schon zu spät war, so nachdrücklich war der Schmerz.
 

„In letzter Zeit…hast du mich überhaupt nicht gesehen“, hielt Schuldig dagegen. „Außerdem … kannst du vermutlich immer an meinem Gesicht ablesen, wenn ich scharf auf dich bin, was soll heute anders sein als sonst?“

Sie waren fast da und Schuldig schlug einen Umweg ein um ganz sicher vor etwaigen Verfolgern zu sein. Nur kein Risiko eingehen.
 

Aya kannte die Strecke noch von seinen Touren auf Schuldigs Motorrad und besah sich die kahle Landschaft hier draußen. Ja, eigentlich war nichts anders zu den anderen Malen. Schuldig trug das gleiche, vorfreudige Glitzern in seinen Augen, diese kindliche Verspieltheit mit einem Schuss an Verschlagenheit und Berechnung, die ihn eigentlich misstrauisch stimmen sollten, wenn er nicht wüsste, dass er nur Gutes daraus ziehen würde.

„Ich habe dich gestern Abend und heute gesehen, das reicht, um das sagen zu können“, erwiderte er schließlich. „Dass deine Haare noch nicht abstehen, ist auch alles. Obwohl…“ Er fuhr mit seiner Hand über die noch elektrische Mähne des Telepathen. „…wenn du weiter unten ebenso geladen bist, wie hier oben, muss es SEHR dringend sein.“
 

„Haha, sehr witzig“, nuschelte Schuldig angesäuert in seinen nicht vorhandenen Bart, höchstens Stoppeln und warf einen kleinen angefressenen Seitenblick zu seinem Folterknecht auf dem Beifahrersitz. Warts nur ab, Freundchen, sollte dieser Blick zum Teil aussagen, doch Schuldig steuerte keinen verbalen Satz zur Unterstützung bei.

Er lenkte den Wagen in die Einfahrt. Sie waren da.
 

Auch Aya schwieg geflissentlich auf diesen Blick, ließ es sich jedoch nicht nehmen, nach dem Aussteigen in einem unbeobachteten Moment über Schuldigs Hintern zu streichen, den er kurz bewunderte, bevor er sich - also ob nichts gewesen wäre - den alltäglichen Dingen widmete. Er zog seinen Kragen noch etwas weiter hoch und entlastete unauffällig die schmerzende Seite. Denn auch wenn man es ihm schon an seinem Gesicht ansah, dass er ordentlich etwas abbekommen hatte, so musste er nicht gleich wie ein Schild vor sich herumtragen, dass er anderweitig noch stärkere Schmerzen hatte.
 

Wie so oft öffnete Nagi die Tür und sein Blick glitt in einer fließenden Bewegung sofort zu Ran, wie Schuldig bemerkte. „Na Kleiner, alles im Lot?“
 

„Sicher“, sagte Nagi und trat beiseite um die Beiden hereinzulassen. „Ich habe gerade den Kamin angeworfen“, setzte er überflüssigerweise hinzu, was aber eher ein kleiner Wink zu Ran darstellen sollte es sich dort gemütlich zu machen.
 

„Wo ist Jei?“, fragte Schuldig geradeheraus.
 

„In seinem Zimmer. Wir sollen uns zu Brad bequemen, wenn ihr da seid.“
 

Aya nickte dem Jungen zu und trat nach Schuldig in das Haus, dessen Schlüssel er noch in der Jackentasche trug. Seltsam, wie vertraut und doch fremd das Haus war, jetzt, wo der Rest von Schwarz nach Japan zurückgekehrt war. Für zwei Wochen hatte es ihm wenig ausgemacht, hier zu wohnen, zu schlafen, zu essen. Nun fühlte er sich unwohl. Er wusste, dass er hier nicht hingehörte.

Sein Blick streifte durch die große Eingangshalle und blieb schlussendlich an Nagi hängen.

„Wo ist Banshee?“, fragte er durch die Schmerzen in seinem Mundwinkel bedingt leise und hätte sich am Liebsten in den Hintern getreten dafür. Besser, er hielt den Mund…dann war es auch nicht GANZ so deutlich, wie sehr ihn ein paar Schläge mitnahmen.
 

Nagi äußerte sich nicht zu den bereits dunkler werdenden, vor allem anschwellenden Partien in Rans Gesicht. „Wo wohl?“, schickte er die Frage zurück und ging in den Wohnraum.

„Sie hat sich passenden Ersatz erwählt.“
 

„Was kann schon passend sein?“, schnaubte Aya und folgte dem dunkelhaarigen Schopf. Kurz zog eine Vorstellung durch seine Gedanken, wie dieser junge Mann ein Kleid getragen hatte…doch er scheuchte dieses Bild ganz schnell wieder aus seinen Gedanken. Unnützer Ballast!

„Ist sie bei Jei?“, fragte er und ließ sich samt Mantel auf einem der Sessel im Wohnzimmer nieder.
 

Nagis Lippen zierten ein winziges Lächeln, während Schuldig sich mit einem „Bin kurz bei Jei“ verabschiedete.

„Deine verwöhnte Katze scheint sich mit Fußvolk nicht abgeben zu wollen. Meine Worte bezogen sich auf den Status des Anführers. Kaum, dass Besagter das Haus betreten hatte, haftete sich das Tier an ihn. Verwöhnt eben.“ Schulterzuckend ging Nagi in die Küche. „Möchtest du etwas zu trinken, während du wartest? Oder eher ein Schmerzmittel?“ Nagis Blick huschte über die Küchenzeile und fahndete bereits zu letzterem Gegenstand. Irgendwo hatten sie doch noch das gute Zeug…
 

Crawford?

Passender Ersatz?

Aya hoffte, dass Nagi das wirklich nur auf den Anführerstatus bezog und nicht auf etwaige charakterliche Ähnlichkeiten, denn die hatten sie ganz und gar nicht, hoffte er. Wusste er, denn wenn er wie Crawford war, würde er…nun, sich erschießen nicht, das war es sicherlich nicht wert.

Und Banshee die Verräterin! Jei war…in Ordnung. Aber Crawford, ausgerechnet ER? Das musste wirklich die Ähnlichkeit in der Stellung innerhalb des Teams sein.

Aya erhob sich und folgte dem jungen Telekineten in die Küche, vielmehr blieb er am Eingang stehen und verschränkte demonstrativ gelassen seine Arme. Soweit würde es noch kommen, dass er Schmerzmittel annahm.

„Nicht nötig“, sagte er daher ruhig, dieses Mal etwas lauter. „Wasser wäre hingegen nicht schlecht.“
 

Nagi wandte sich um und betrachtete sich still den abweisenden Mann für einige Momente, bis er plötzlich schallend lachte. „Wie kann man nur so borniert sein? Weshalb schlagt ihr die Hand, die euch helfen will, aus?“ Er schüttelte den Kopf und dachte an eben eine ähnliche Situation mit Omi zurück. „Ihr seid doch wirklich alle gleich. Tapfere Helden, weiße Rächer…“

Er konnte nicht mehr und wandte sich wieder um ein Glas mit Wasser füllend.
 

„Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, was?“, lächelte Aya zynisch. Wie schön, dass er wenigstens für Naoes Spaß gut war, wenn ihm das Lachen schon nicht so recht gelingen sollte.

Er betrachtete sich den Jungen und wunderte sich eins ums andere Mal über das freche Mundwerk des Telekineten. Und darüber, dass er nicht mit Wut oder Zorn oder verletztem Stolz auf diese zugegebenermaßen nur allzu wahren Worte reagierte, sondern mit Gelassenheit.

„Sag mir nicht, dass ihr da anders seid…“
 

„Wir sind lernfähig, schneller wie es aussieht als ihr“, Nagi reichte das Glas Wasser weiter und durchquerte den Wohnraum. „Warte hier, es dauert sicher nicht lange.“
 

„Sicherlich“, murmelte Aya und trank in kleinen Schlucken das kühlende Wasser, bevor er das leere Glas wieder auf die Anrichte stellte und sich seines Mantels entledigte. Sich alleine wissend, ließ er sich langsam auf den ihm am nächsten stehenden Küchenstuhl sinken und schloss die Augen. Den Kopf leicht in seine Hände gestützt, betastete er sich vorsichtig sein heißes und geschwollenes Gesicht. Das konnte noch etwas werden…

Vielleicht war er doch nicht lernfähig und stur und wollte keine Hilfe von ehemaligen Feinden annehmen. Nein, nicht vielleicht. Ganz sicher.
 

Es dauerte keine zwanzig Minuten da kam Nagi wieder herunter in die Küche.

„Du…“, fing Nagi an, besann sich dann jedoch. „Crawford lässt fragen, ob du nach oben kommen könntest“, war die nettere Form von: „Schick ihn hoch“, wie Brad es formuliert hatte.



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