Kommentar: Man mag es vielleicht kaum glauben, aber ja, Raffael erreicht einen
neuen Höchststand in puncto Zutraulichkeit. Was das genau bedeutet... lest
selbst *grins grins* Ich hoffe jedenfalls es reicht, um mir die lange Wartezeit
zu vergeben ^^°
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Gedankenverloren spielte Raffael mit dem weichen aber sehr dünnen Stoff,
der sittlich ihre nackten Körper bedeckte und doch angenehm kühlte statt
wärmte. Die Nacht war nicht so mild wie zuvor, fast schon drückend in ihrer
schwülen Stille – dennoch machte ihm die zusätzliche Wärme der athletischen
Gestalt neben sich nichts aus. Viel mehr schmiegte er sich behaglich an sie,
wenn auch etwas verstohlen, da es ihm noch immer ein wenig peinlich war. Er
hatte immerhin sechzehn lange Jahre die Moral der feinen Gesellschaft
eingebläut bekommen und auch wenn da Vinci mit seinen oft ziemlich
unkonventionellen Moralvorstellungen einigem entgegengewirkt hatte, war es
doch noch nicht lang genug her, dass er die Nächte auf einer einfachen
Pritsche im Vatikan statt im Bett eines Prinzen verbracht hatte.
Er schauderte leicht. Obwohl der Vatikan eine wunderbare Welt war für jeden,
der das Christentum, Kunst und Architektur sowie uraltes Wissen zu würdigen
wusste und obwohl er jeden Tag über ein neues kleines Wunder gestaunt
hatte, war doch nie dieses beklemmende Gefühl in seinem Innern gewichen,
dass etwas an diesem heiligen Ort nicht so war, wie es sein sollte. Und
seltsamerweise hatte er dieses Gefühl immer nur in der Nähe mancher
Geistlicher empfunden. Nur der Papst hatte eine Ausnahme gebildet. Bei ihm
verspürte er diese merkwürdige, scheinbar unbegründete Furcht nicht im
geringsten – dafür allerdings hatte er immer das Gefühl gehabt, dem Heiligen
Vater ein Dorn im Auge zu sein und wusste doch nicht, was er getan haben
könnte, um den Unmut dieses bedeutenden Mannes auf sich gezogen zu
haben.
„Tiziano?", flüsterte er auf einmal leise, da er einfach noch nicht einschlafen
konnte, den Grünäugigen jedoch auch nicht wecken wollte, falls es diesem
schon gelungen sein sollte, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu
entfliehen.
„Ja, Raffael?", erwiderte der Ältere mit weiterhin geschlossenen Augen,
allerdings ebenfalls nicht besonders müde klingend.
„Warum habt ihr auf einen Kammerdiener verzichtet?" Der hübsche Junge
mochte es fast nicht einmal vor sich selbst zugeben, doch die Frage
beschäftigte ihn, verdankte er es doch eben diesem Umstand jetzt hier liegen
zu... ja, zu _dürfen_.
Er spürte, wie der Prinz sich ein wenig hochstemmte, um auf ihn hinab sehen
zu können, auch wenn er in dem schummrigen Zwielicht, das der blasse Mond
in dem Raum schuf, kaum mehr als ein paar Schemen wahrnehmen mochte.
„Nun, ich war der Meinung Charles d'Amboise besitze genügend Diener, um
mir ab und an einen zu leihen, wenn ich ihn brauche... Aber um ehrlich zu
sein, schätze ich es einfach nicht, ständig von jemandem umgeben zu sein,
der vor mir zu Kreuze kriecht, wenn ich es so wollte, und der mich die ganze
Zeit mit Samthandschuhen anfasst. Es scheint zwar so, als wäre ich in dieser
Hinsicht eine Ausnahme unter dem Adel und ich weiß, dass es auch Diener
gibt, die dir zu einem wertvollen Vertrauten werden können, aber... nun ich
schätze, ich bin wirklich einfach kein guter Edelmann.
Es ist ja nicht so, als würde ich den Luxus nicht genießen, der mir durch
meine hohe Geburt zuteil wird... aber ich wünschte trotzdem, man würde
nicht immer zu mir aufschauen und mich stattdessen wie einen einigermaßen
normalen Menschen behandeln. Deshalb bat ich dich auch, mich Tiziano zu
nennen. Ich wollte, dass du den Menschen in mir siehst, der dein Freund sein
möchte – und nicht den Prinzen, zu dem du aufschauen musst", erklärte
Tiziano in sehr geistesabwesendem Ton.
Nachdenklich drehte sich Raffael auf den Rücken, starrte die Decke an,
während er grübelte. Schließlich aber nickte er leicht. „Ja, ich glaube, das
kann ich verstehen", wisperte er. Eigentlich war es unsinnig, da die Wände
recht dick waren und die Türen massiv genug, um ein Gespräch in
Zimmerlautstärke zu verschlucken, aber die Dunkelheit ließ ihn automatisch
seine Stimme dämpfen und auch Tiziano sprach eher leise. Vielleicht lag es
auch daran, dass sich unbemerkt eine sehr vertrauensvolle Atmosphäre
zwischen ihnen gebildet hatte, die nur ihnen gehören sollte, gerade wie ein
kleiner aber unermesslich wertvoller Schatz.
Plötzlich aber wurde ihm bewusst, dass sich Tiziano nicht wieder zurückgelegt
hatte, noch immer auf ihn hinuntersah, aber noch bevor sich sein Gesicht zu
einem fragenden Ausdruck ordnen und er sich seinem blaublütigen Vertrauten
wieder zuwenden konnte, spürte er schon die große warme Männerhand wie
sie über seine Wange strich, dabei einige der langen Haarsträhnen beiseite
streifte. Atemlos streckte er den Hals, versuchte mehr von dieser Berührung
zu erhaschen, drückte unwillkürlich den Rücken durch, als ein Haut und Haar
durchdringendes Kitzeln seine sensible Wirbelsäule hinunterschauerte und
konnte das leise Stöhnen, das sich seiner Kehle entwand, schließlich nicht
mehr zurückhalten.
Augenblicklich färbten sich seine Wangen in blumigen Rosé-Tönen, die Tiziano
in der herrschenden Dunkelheit glücklicherweise verborgen blieben. Leider
verriet sich seine Verlegenheit aber auch noch auf eine ganz andere Weise:
„Deine Wange wird ja auf einmal so seltsam warm, kleiner Maler!", neckte ihn
der Braunhaarige und Raffael fühlte, dass er sich über ihn beugte, als Tizianos
Atem heiß und doch nicht brennend über seinen Hals strich, sich ihre Seiten
und Oberschenkel leicht berührten. Und dann, ganz ohne Vorwarnung, legten
sich ein weichwarmer Mund, den er bisher nur auf seinen Wangen gespürt
hatte, auf seinen Hals, streichelte sanft an seiner aufgeregt pulsierenden
Halsader entlang bis hin zu seinem Kinn, über die noch wenig ausgeprägte
Kieferpartie hinweg, bis die vorwitzigen Lippen bei seinem Ohrläppchen
angelangt waren.
Ohne es verhindern zu können, begann Raffael bebend sich zu winden, indes
nun auch Tizianos andere Hand auf Wanderschaft ging, zart über seine
empfindsame Seite und den flachen Bauch streifte, manchmal sogar vorsichtig
in seinen kleinen Nabel stippte. Aufgewühlt biss er sich auf die Lippe. Wie
konnte der Ältere nur so ruhig bleiben? Sein Herzschlag, den Raffael an seiner
Brust fühlen konnte, schien kein bisschen schneller geworden, schlug noch
immer in jenem harmonischen Rhythmus, der dem jungen Maler die letzten
Nächte einen so friedlichen Schlaf beschert hatte.
„Ti-", zitternd erstarb jeglicher Ton wieder in seinem Mund, wich einem
erstickten Keuchen, als eine feuchte und doch brennende Zunge über sein Ohr
leckte. Dann endlich hatte Tiziano Erbarmen mit Raffael, dessen Herzschlag
indes so schnell geworden war, dass er ihn kaum mehr fühlte, nur noch ein
seltsames Rauschen in den Ohren hörte, fast wie das eines kleinen
Wasserfalls. Nur ein letztes Mal drückte der Grünäugige noch seine leicht
feucht gewordenen Lippen auf die Haut des Malerlehrlings, dann ließ er sich
zurück in die Laken sinken, zog Raffael dabei mit sich, sodass dieser plötzlich
in etwa so hilflos wie ein kleines Kätzchen auf dem Prinzen von Navarra lag.
Das förmlich in Flammen stehende Gesicht in der Halsbeuge des Größeren
geborgen, spürte er undeutlich wie Tiziano seine linke Hand in Hüfthöhe auf
seinem Rücken ablegte, während er mit der anderen vorsichtig in Raffaels
Haarflut griff und seine Nase darin vergrub, irgendetwas von „Wieso duftet
dein Haar nur so gut?" murmelnd. Was er jedoch am klarsten fühlte, war,
dass er Haut an Haut auf dem Prinzen lag, wobei eines der beiden schlanken
Beine leicht zwischen die des Älteren gerutscht war – er konnte nicht nur den
Herzschlag des anderen fühlen, nicht nur seinen Bauch, seine Brust, seine
Arme, er konnte die _gesamte_ Vorderseite dieses jungen Mannes spüren.
Und ein leichtes verwirrendes Ziehen zwischen seinen Lenden erinnerte ihn
daran, dass auch Tiziano an seinem Unterbauch fühlen können musste, dass
Raffael als Junge auf die Welt gekommen war.
„Wa-rum hast du... das getan... diese... Küsse?", fragte er mit schwacher
Stimme, so leise, dass es nur noch schwer verständlich war, aber er konnte ja
nichts dafür – ganz im Gegenteil zu einem gewissen Prinzen.
„Weil ich dich mag!", erwiderte der Tiziano schlicht und küsste ihn kurz auf die
Stirn.
„Na hoffentlich machst du das nicht bei jedem, den du magst", murmelte
Raffael von der ganzen Aufregung müde geworden.
Dem Älteren schien es ähnlich zu gehen, denn er antwortete nicht mehr
darauf, doch spürte Raffael wie sich die Lippen an seiner Stirn zu einem
sanften Lächeln verzogen...
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