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Feuerberg

von

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Der schwefelige Gestank dieser Gegend brannte schon lange nicht mehr in seiner Nase. Er drehte seine Runden, wie er es schon seit Jahren tat. Die Flügel weit auseinander und stets mit wachem Blick an allem, was um ihm herum geschah. An die Gerüchte, welche diese vulkanübersäte Landschaft hervorbrachte hatte er sich längst gewöhnt, doch diese Einsamkeit, welche er seinem zuhause verdankte, brachte ihn um den Verstand.

Von Wut erfüllt drehte Ranas eine weitere Runde und ging dabei so nahe über den Boden, dass er fast mit den Felsen in Berührung kam. Tief atmete er die üble Luft ein. Wer wollte schon an einem Ort wie diesem Leben? Ranas jedoch ging nicht von hier weg. Wo sollte er denn auch hin? Er kannte doch nur diese eine Landschaft - sein Zuhause. Kein anderer Ort war ihm bis jetzt bekannt. Wieder drehte er die Flügel in den Wind und lies sich erneut sehr tief auf die Oberfläche herab, bis ihm etwas unbekanntes auffiel.

Ranas drehte um und flog ein Stück, höher wie zuvor, wieder zurück.

Tatsächlich. Auf einem der zahlreichen Steinplatten bewegte sich etwas.

Hatte sich etwa jemand in diesen bedrohlichen Abgrund verirrt? Ranas verringerte sein Flugtempo und landete anschließend ganz auf dem Boden. Wer mochte das sein? Von oben sahen diese Unbekannten so klein aus.

Ranas schlich unauffällig näher. Überrascht hielt er jedoch die Luft an. Sah er da wirklich richtig? Feen? In seiner Welt? Was wollten sie hier?

Er versteckte sich hinter einem der zahllosen Felsen und lauschte. In seinen Augen waren diese zierlichen Wesen so eindrucksvoll und vollkommen.

"Du musst Hilfe holen!", vernahm Ranas eine zitternde Männerstimme.

"Du bist die einzige, die uns noch retten kann. Ich weiß, dass du es schaffst..."

Ranas fasste mit beiden Händen nach der Kette, welche er um den Hals trug. Mit festem Griff hielt er den in Gold eingefassten Rubin und schloss dabei die Augen. Nur wenige Sekunden später war er auf feengröße geschrumpft. Das dieser Rubin bestimmte Kräfte besaß wusste er, doch nie hatte er diese auch nur nutzen wollen.

Ranas sah auf den Boden unter sich. Noch nie war ihm dieses kurze Entfernung so derartig tief vorgekommen. Schnellstens flog er noch ein Stück nach unten.

In dieser Größe konnte er ganz sicher noch etwas näher unbemerkt an diese zierlichen Wesen herankommen.

Als Ranas jedoch gerade hinter dem nächsten vorstehenden Felsen verschwinden wollte, prallte er mit etwas zusammen. Sogleich hob er den Blick und sah in ein reizendes Frauengesicht.

Der wilde Blick seiner gelben Augen machte ihr Angst.

"Tu mir nichts", hauchte sie erschreckt und flog ein Stück rückwärts von ihm weg.

"Ganz bestimmt nicht."

Ranas konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Etwas derart bezauberndes hatte er noch nie in seinem Leben gesehen.

Die kleine Fee vor ihm bewegte die Flügel ungemein schnell und dieses Surren, was dabei entstand, machte ihn enorm nervös.

"Was wollt ihr hier?", fragte er mit leiser Stimme, um sie nicht nocheinmal zu erschrecken.

Es war ja nun nicht so, dass er keinen Besuch wollte, doch die Anwesenheit dieses hübschen Mädchens machte ihn unsagbar kribbelig.

"Der Sturm kam über unser Land und riss einige von uns mit sich. Mein Vater ist verletzt."

"Ein Sturm?"

Ranas landete auf dem nächstgrößten Stein unter ihm und wartete darauf, dass es ihm die Fee gleichtat. Auch wenn er gerne flog, konnte er dieses Flügelschlagen nicht auf die Dauer durchhalten. Die Kleine schien über ihm in der Luft zu schweben. Wartend sah er zu ihr hinauf. Sie war so wunderschön, auch wenn sie nur eine stolze Größe von höchstens einem halben Fuß hatte. Ängstlich sah sie sich nach ihren Leuten um und zog dabei ihr Kleidchen fest an die Knie.

"Kann ich euch vielleicht irgendwie helfen?", rief er zu ihr hinauf. Er war sich sicher, dass sie nicht den Mut hatte, ihn zu bitten. Sogleich flog sie zu ihm herab. Als sie neben ihm landete, nickte sie nur, jedoch mit einem sehr erleichterten Ausdruck im Gesicht.

"Dann sollten wir keine Zeit verlieren." Ranas streckte die Hand nach ihrer aus. Nur sehr zaghaft fasste sie danach. Machte seine Erscheinung ihr also große Angst. Vorsichtig hielt er sie fest. Als er die Flügel zum Starten ausbreitete, zog er die zierliche Person ein Stück mit sich. Hatte sie ganz sicher nicht damit gerechnet, dass er derart ruckartig starten würde. Erst nach ein paar Flügelschlägen, begann auch sie wieder mit dem Schwirren.

Schnell hatten sie die anderen Feen erreicht.

"Valerie ist zurück", rief einer von ihnen.

Ranas lies die zierliche Hand sofort los und landete auf dem Boden. Die wenigen letzten Schritte zu den Verwundeten, legte er zu Fuß zurück. Unter Schmerzen drehte der am Boden liegende den Kopf. Überrascht hob er die Brauen, als er die beiden auf sich zukommen sah.

Ranas erkannte sofort, das es sich bei ihm um einen König handelte.

Der Feenkönig schaute ihn verwundert an.

"Ein Drachenmensch?" Sein Blick wanderte zu seiner Tochter.

"Er wird uns helfen", brachte sie nur stockend hervor und landete neben ihrem Vater.

Ranas verbeugte sich.

"Jawohl, Eure Majestät."

Der König richtete sich ein Stück auf und sah ihn ungläubig an.

"Aber sind die Drachenmenschen nicht viel größer?"

"Das ist ebenfalls richtig", gab er zurück. "Mit Hilfe dieses Rubins habe ich unter anderem die Möglichkeit meine Größe zu verändern."

Ranas Blick wanderte zu der hübschen Fee, welche auch jetzt noch neben ihm stand.

"Ich wollte Euere Tochter durch meine wahre Größe nicht noch mehr erschrecken."

Sie senkte verlegen den Blick und Ranas konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.

Die drei anderen Feen, welche ebenso unfreiwillig gestrandet waren, kamen ebenfalls näher. Einer von ihnen hielt sich den Arm und die beiden anderen die Köpfe. Ranas kniete sich neben dem König auf den Boden.

"Ich befürchte, Euer Bein ist gebrochen", sagte er mit einem gewissen Maß an Erfahrung.

"Es muss geschient werden, doch etwas passendes werde ich hier nicht finden."

Er sah sich suchend um, als die Erde zu beben begann.

"Nicht schon wieder", brummelte Ranas und fasste wieder mit beiden Händen nach dem Schmuckstück um seinem Hals. Wenige Sekunden später, hatte er seine Alte Größe wieder. Valerie wurde bei seinem für sie ungeheuer mächtigen Anblick ganz bleich im Gesicht. Wie erstarrt schaute sie nach oben und regte sich nicht. Die Erde bebte erneut, jedoch um einiges stärker und ein Steinregen ging plötzlich auf sie hernieder. Sofort hockte sich der Drachenmensch über das kleine Volk und breitete die Flügel aus. Mit zusammengekniffenen Augen unterdrückte er den Schmerz der fast faustgroßen Steine.

"Wir müssen hier weg und zwar schnell!", bestimmte er und sah auf die kleinen Leute unter sich.

Der König nickte. Mit beiden Händen nahm der Drachenmensch das Feenvolk auf. Nur ganz vorsichtig hob er den Monarchen vom Boden weg. Wieder schlugen Steine gegen Ranas Rücken und wieder kniff er die Augen fest zusammen. Hastig hob er die Arme und drückte sich seine Hände mit sanfter Gewalt an die Brust. Niemanden dieser kleinen Leute wollte er schaden schon gar nicht der schönen Valerie.

Ein ganzes Stück war er geflogen, als er eine Höhle erreichte und darin verschwand. Sie war recht weit vom Erdboden entfernt, dass die darunter vorbei fließenden Lavaströme keine Chance hatten, sie zu erreichen.

Mit behutsamen Schritten ging er noch ein ganzes Stück weiter in die Höhle hinein. Hier hatte er einen Rumpfgroßen Stein liegen, der an der Oberseite bemerkenswert glatt war. Vorsichtig setzte er alle darauf ab. Unerwartend hell kam den Feen das innere dieser Höhle vor. An einigen Stellen in den Wänden dieses Unterschlupfes waren Steine. Sie schienen zu leuchten. Es machte irgendwie den Eindruck eines Sternenhimmels. Valerie schaute sich mit offenem Mund um, als sich Ranas ein knappes Stück von ihnen wegbewegt hatte um etwas zu suchen. Jedoch bei seinem Weg zurück, starrte sie ihn wieder auf die selbe völlig verschüchterte Weise an. Ihre Angst war keineswegs verflogen. Schutzsuchend flog sie auf ihren Vater zu und ging hinter ihm in Deckung.

Dieser Transport von eben hatte den König nicht im geringsten gut getan, dennoch beschwerte er sich nicht. Schmerzverzerrt sah er zu Ranas hinauf.

"Du hast uns das Leben gerettet, Drachenmensch."

Verlegen senkte dieser den Blick und legte die mitgebrachten Holzspäne und ein wenig Stoff neben dem König ab.

"Wenn du uns nicht mit hier hergenommen hättest, wären wir von diesen Steinen ganz sicher erschlagen worden..."

"Mein Name ist Ranas", flüsterte er unruhig, fasste sich an den Kopf und riss sich einige seiner ziegelroten Haare aus, welche er ebenfalls auf den Stein legte.
 

Mit einem weiteren Griff an seine Halskette hatte er die ähnlich zerbrechlichwirkende Gestalt seiner Gäste zurück. Valerie traute sich erst jetzt wieder hinter ihrem Vater hervor. Mit einem unguten Gefühl beobachtete sie den Drachenmensch, wie er mit einem kraftvollen Ruck das Beinkleid ihres Vaters zerriss.

Der Unterschenkel des Königs war glücklicherweise lediglich angebrochen. Dennoch war es sehr dick und scherzte sicherlich fürchterlich.
 

Ranas flicht sein herausgerissenes Haar zusammen, welches genau wie die Holzspäne aus dieser Größe gesehen, sehr stabil wirkte. Er fixierte das gesamte Bein mit den mitgebrachten Sachen. Keiner der Feen schien sich in Ranas Gegenwart sonderlich wohl zu fühlen. Er hatte das von Anfang an gespürt und es machte ihn unsagbar traurig doch er lies sich nichts anmerken. Die beiden anderen Feen hatten wie es schien nur eine Platzwunde. Der Drachenmensch teilte das Stück Stoff und band beiden ein Stück davon behutsam an den Kopf. Der dritte war wie es schien, unverletzt.

"Können sich Euere Majestät daran erinnern, aus welcher Richtung Ihr in etwa gekommen seid?"

Ranas Blick wanderte bei diesen Worten über Valeries Gesicht. Er machte es sich in kleiner Größe auf dem Stein bequem.

"Ich weis nicht so recht...", gestand ihm der König. "Ich bin mir aber sicher, dass ich es finden würde, wenn wir wieder an den Platz zurückkehren würden, an dem du uns weggeholt hast."

"Jetzt ist das jedoch ausgeschlossen. So stark hat der Feuerberg noch nie Steine und Asche gespuckt."

Der Feenkönig schniefte enttäuscht. Am liebsten wäre er sofort von diesem Ort wieder verschwunden, doch er sah ein, dass dieser Wunsch einfach viel zu gefährlich war.

"Vielleicht sollten Euere Majestät versuchen etwas zu schlafen. Ich bin mir sicher, dass sich der Steinregen morgen wieder gelegt hat."

Mit diesen Worten flog er vom Tisch. Ranas vergrößerte sich wieder und lief in Richtung Ausgang. Neben dem runden Tor hob er noch einen Krug auf.

"Ich werde schnell noch Wasser holen, sollte ich welches finden."

In den Augen der kleinen Feen spiegelte sich Angst.

"Ich werde mich beeilen..."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  JoeDoe
2006-02-17T21:25:31+00:00 17.02.2006 22:25
grade den anfang finde ich sehr schön geschrieben, als hättest du es selbst erlebt :)
eine geschichte die ich auf jeden fall weiter verfolgen werde - weiter so


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