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Clinging to habits

von

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Sinkende Schiffe

Titel: Clinging to habits

Teil:1/7

Autor: Tsutsumi

Disclaimer: Alle Charaktere aus Yu-Gi-Oh!, die ich hier benutze, gehören nicht mir. Ich leihe sie mir nur aus und gebe sie hoffentlich unbeschädigt zurück. Ebensowenig verdiene ich Geld hierfür.

Pairing: Tristan x Joey

Kommentar: Diese FF hier ist die Antwort auf Rei17´s und Maddles Päckchenchallenge "7 Angewohnheiten" vom "Challenge"-Zirkel hier auf Animexx. Ich hoffe, ich kann sie gebührend beantworten^^
 

Wenn Gewohnheit der Sehnsucht weicht,

ist es meistens schon zu spät

(Damaris Wieser)
 

Sinkende Schiffe
 

Klassenzimmer.

Kein Joey.

Seto Kaiba hat die Zeitung fachmännisch in einer typisch-großkotzigen Art, für die andere erst fünf Jahre zu studieren pflegen, aufgeschlagen. Seine Augen hängen auf den verschieden großen Lettern, schwenken eilig beim Lesen von links nach rechts und wieder zurück. Der Kaffee neben ihm, wahrscheinlich ohne Milch und Zucker, dampft ebenso hochmütig hoch.

Und auf der Titelseite prangt moderat und kühl das Neueste vom Neuen aus aller Welt.
 

`Schiffstaufe perfekt- Die "Queen Victoria" geht als größtes Kreuzfahrtschiff auf Jungfernfahrt und zugleich in die Geschichte e-´

Kaiba klappt die Seite raschelnd zu.

"Ich würde es begrüßen, wenn ich meine Zeitung alleine lesen dürfte."

Die gewohnt giftig-bissige Bemerkung ruft meine Aufmerksamkeit zurück.

Ich blicke ihn nicht an- zu kurz ist der Augenblick zwischen Kaffee, Schiffen und meiner Unentschlossenheit in der großen Pause.
 

Schulflur.

Kein Joey.

Meine Zähne verbeißen sich im labberig gewordenen Schulbrot, während ich mich ungeduldig durch die Reihen aus tratschenden Mädels und pöbelnden Proleten durcharbeite. Einmal halb verschluckt, dann plötzlich der grauenerregende Lehrer auf zwölf Uhr, bei dem ich eigentlich noch nachsitzen muss. Um ihn nicht unnötig daran zu erinnern, Ausweichmanöver in Richtung Klo. Mit dem Brot, das mir aus dem Mund hängt, warte ich an der Tür, schaue mich einmal mit einem vergewissernden Blick um und spüre die mindestens sechs Kerle hinter mir, die mit heruntergelassener Hose, sich selbst haltend, mich verdutzt anstarren.

Buäh.

Ich spucke das Brot in den Mülleimer und nehme lieber Magenknurren bis siebzehn Uhr in Kauf.
 

Schulhof, vor der Turnhalle.

Kerl, der wie Joey aussieht, aber sich schnell als Strohmann entpuppt.

Dazwischen Tea, die sich mit zwei Freundinnen Stepper nach draußen geholt hat und, umringt von sabbernden Männern, ihrer Tanzerei nachgeht. Ich höre den Kies unter meinen Schuhsohlen knirschen, als ich mich sanft, aber bestimmt, durchdrängle.

"Nicht auf dem Klo, nirgends auf dem Schulflur!", proklamiere ich kurz und knapp.

"Also, wo steckt er diese Woche?"
 

Tea steppt hoch und runter auf diesem Teil. Im Grunde genommen ist es eine einzelne Stufe, schwarz, breit und nutzlos. Wer will schon was mit einer einzelnen Stufe anfangen? Okay, wenn man drei davon hat, kann man schon eine Mini-Treppe bauen, aber im Grunde genommen hüpfen die Mädchen auf Baukastenteilen herum, bei denen sie uns verurteilen, dass wir damit manchmal noch spielen- es sei ja so kindisch.

"Die "Queen Victoria" ist schon beinahe über den Atlantik!", antwortet sie, in all ihrer Fitness kein bisschen aus der Puste.

"Komm mir nicht damit!", verschränke ich die Arme

"Hast du ihn gesehen?"

"Habt ihr denn noch immer nicht mit diesen dämlichen Spiel aufgehört?"

Sie schwenkt ihren Kopf, sodass ihr die Haare elegant und wunderschön in den Nacken fliegen, macht Nachstellschritte auf dem Stepper, neben dem Stepper...ahm...unter dem Stepper?

"Das ist ja furchtbar!"

Aber sie muss lachen; das ist das Schlimme an Tea. Ich fürchte, ihre Kinder werden später im Supermarkt davonlaufen, die Tischdecke dreimal täglich herunterreißen und sich gegenseitig Kaugummi in die Haare schmieren. Sie kann einfach nicht auf Dauer so tun, als wäre sie streng. Es sei denn, sie ist streng.

Ja, da gibt es in der Tat einen Unterschied!
 

"Versuch´s doch mal auf höherem Niveau!"
 

Schuldach, fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn.

Letzte Chance, diesmal zur Abwechslung zu gewinnen!
 

Joey liebt es, zu spielen. Vielleicht, weil sein Leben viel zu ernst verläuft, vielleicht, weil er so gerne Traumtänzer auf realem Parkett ist. Oder auch nur, weil er es gewohnt ist.

Mittwoch ist unser "Hide and seek"-Tag.

Er versteckt sich irgendwo auf dem Schulgelände. Habe ich ihn dann nicht bis Pausenende gefunden, muss ich ihm etwas spendieren. Meistens ist es Kuchen oder Schokolade oder solcherlei Zeugs, manchmal auch mal ein Playboy. Einmal war es Badesalz. Ja, Joey ist durch und durch Genussmensch, wie sich hier abzeichnen dürfte.

Habe ich ihn dann doch noch gefunden, schuldet er mir einen Gefallen. Meistens beordere ich ihn dann zu mir nach Hause, hole Pizza und Cola und lasse ihn an der Spielekonsole die schwierigsten Stellen meiner Spiele durchzocken, um danach als Bester dazustehen.

Im Grunde genommen gewinnt Joey immer.

Aber das hat sich so eingebürgert.
 

Seit der Mittelschule bin ich so etwas wie ein Schatten für ihn. Wir gehen kaum irgendwo getrennt hin. Wo er ist, bin auch ich. Wo ich rumhänge, ist Joey meistens nicht weit.

Selbst jetzt, wo er mit Yûgi und Duel Monsters beinahe zwei Drittel der Woche verbringt, bin ich dabei. Ich stehe dann daneben, feuere ihn an, drücke ihm die Daumen, tue so, als ob ich verstehen würde, was die einzelnen Karten bedeuten. Joey liebt Spiele eben. Manchmal kommt er an mit einem Jojo, dann wieder mit dem neuesten Strategiespiel, was er sich aus dem Laden von Yûgis Opa geliehen hat, dann ist es wieder das gute alte Duel Monsters.
 

Ich schleiche übertrieben vorsichtig über das Dach bis ich Stimmen höre.

Stimmen?

"Nein, nicht schon wieder dein schwarzer Magier!"

"Wieso denn nicht?"

Lachen.

Drei Schritte weiter und dann sehe ich, wie könnte es anders sein, Joey und Yûgi auf der Bank sitzen, zwischen sich ein Mini-Reise-was-weiß-ich-Duel-Monsters-Spiel. Der schwarze Magier ist bei diesem Teil so klein, dass er mehr Ähnlichkeit mit einer lila Heuschrecke hat, als mit seinem richtigen Erscheinungsbild. Man könnte ihn glatt breittreten.
 

Vorsichtig pirsche ich mich an, betrachte Joeys geraden, schmalen Rücken, der ein bisschen zittert, weil er sich noch immer über Yûgis Lieblingskarte aufregt. So vertieft sind beide in das Spiel, dass sie mich gar nicht bemerken. Und ich liebe von mir selbst inszenierte Überraschungsmomente!

Schnell, sanft, mit einem stimmlosen Kichern, was ich irgendwie nicht unterdrücken kann, lege ich schließlich von hinten die Hände auf Joeys Gesicht, sodass er die Karte, die er gerade spielen wollte, vor Schreck fallen lässt. Ein kurzes Zittern durchfährt ihn, Yûgi grinst mich verschwörerisch an, als hätte er von Anfang an mit mir unter einer Decke gesteckt.
 

Joey windet sich ein bisschen. Ein unglaublich frustriert gespieltes Stöhnen entweicht seinen Lippen und dann beginnt er, sich umzudrehen und meine Hände bestimmt nach oben zu schieben.

"Ach menno, musste das jetzt sein, Tea?"

Da lässt mein Griff gleich von ganz alleine los.

"Tea?!" , blaffe ich unkontrolliert.

"Wie kommst du bitte auf Tea?"
 

Die Sonne scheint direkt in Joeys Gesicht, lässt seine zerzausten blonden Haare glänzen wie bei diesen tollen Models in Shampoo-Werbungen, wenn sie unter der Dusche beim Shampoonieren Orgasmen vortäuschen. Und darunter erhellt das Licht seine braunen Augen noch ein wenig mehr. Ich stehe hinter der Lichtgestalt meines besten Freundes- hey, ich habe ihn nur ein ganz klein wenig erschreckt- und er erkennt mich nicht einmal?
 

"Oh.." Jetzt grinst er breit.

"Sorry, Tris´! Du bist sonst selten so anhänglich."

Yûgi lächelt uns in seiner gewohnt selig-heiligen Art an.

"Was gibt´s denn?"

Ich presse in einem erstaunten Hüsteln Luft aus meinen Lungen;

"Wie ´was gibt´s´? Ich hab dich gefunden, Joey! Du hast verloren, das gibt´s!"
 

Er hat es doch nicht vergessen, oder?

Plötzlich ist da diese blöde Ahnung. Ein unausgesprochenes Missverständnis? Vergesslichkeit?

Nein...nein...Er hat sich auf dem Dach versteckt und, um sich die Zeit zu vertreiben, einfach eine Runde mit Yûgi gespielt. Mehr war es nicht. Ganz sicher.
 

Außerdem ist gar keine Zeit für Miesepetrigkeit und Argwohn. Ich habe endlich wieder einmal gegen Joey gewonnen, und das heißt, dass wir uns heute Abend endlich mal wieder bei Pizza und `Tekken 3´ treffen werden.

Irgendwo fühle ich mich tatsächlich erleichtert, auch wenn diese Gewohnheitsbesuche völlig banal sind. Es ist eine angenehme Gewohnheit, ein fast schon geliebtes Gefühl. Schließlich sind Joey und ich unzertrennlich.

Und das soll sich in Zukunft auch nicht ändern.
 

"Ah so..."

Joey grinst mich unverwandt und geheimnisvoll an.

"Heute Abend bringe ich deine Play Station wieder zum Qualmen, mein Freund!"
 

Und plötzlich ist es wieder da, dieses gewohnte leichte Kribbeln der Vorfreude, das durch meine inneren Organe rutscht wie eine teure Edeldroge...
 

~~~*~~~
 

Es gibt zum Glück Dinge, die sich nie ändern.

Zum Beispiel, dass ich vergesse, vor unserem Zockerabend eine von den Colaflaschen voher zu öffnen, weil ich sie etwas abgestandener mag. Zum Beispiel, dass Joey sich jedes Mal begeistert über diese meine Unsitte aufregt, weil er es eklig findet.

"Erst wenn sie dir beim Schlucken den Rachen wegätzt, ist die Mischung aus Kohlensäure, Koffein und Zucker perfekt!", pflegt er zu sagen, immer wenn ich an meinem Glas ein paar Kohlensäurebläschen wegzuschwenken versuche.
 

Was sich auch nie ändert, ist, dass der Pizzabote ungemein unfreundlich ist. Dafür ist er schnell und kräftig, schleudert mir die Pizzakartons immer mit derartigem Schwung auf den Tisch, dass die Salami hinterher neben dem Teig liegt. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber er schafft es immer wieder.

Danach blaffen wir uns zwei, drei missmutige Wörter zu, ich bezahle und er verlangt Trinkgeld. Was er nicht bekommt. Wovon er noch missmutiger wird. Bis er mich einen `Geizarsch´ nennt, rausstapft und die Tür hinter sich zuknallt.

Aber ich glaube, irgendwo mögen wir uns.
 

Joey lässt heute Abend auf sich warten.

Das ist beinahe schon beängstigend, weil ich dadurch Zeit habe, um auf den Einfall zu kommen, diesmal die Flasche wirklich vorher zu öffnen.

Mit der sprudelnden Limonade lümmele ich auf der Couch vor dem Fernseher herum und zappe mich wartenderweise durch die Programme.

Und ich habe Zeit...
 

Auf Programm eins haben vier Kerlchen rhythmische Bewegungsstörungen, während sie versuchen, ein Lied zu singen, was ich bestimmt schon in drei verschiedenen Versionen von drei anderen Zappelgruppen kenne. Spontan, aus Langeweile, und um nicht ständig auf die Uhr gucken zu müssen, renne ich vor den Spiegel, hebe mein T-Shirt an und vergleiche meine Bauchmuskeln mit denen der Kerlchen.

Und stelle fest, dass ich sehr gegen sie abstinke.
 

Programm zwei bietet eine dieser nach-21-Uhr-Talk Shows, in denen sich Politiker, Kulturschaffende und weltberühmte Künstler treffen, um über Hundertwasser, Politik und den Sinn von Eierschneidern zu sinnieren. Ein Weilchen höre ich zu und versuche dem Intellekt zu folgen. Aber ich schaffe das nicht besonders lange, weil ich so furchtbar zappelig bin.

Habe große Lust, auf Kanal 1 zurückzuschalten.
 

Programm drei ist der Nachrichtensender, der 24 Stunden lang die wichtigsten Meldungen bringt. Gerade will ich schon weiterzappen, als ich plötzlich Bilder von diesem Schiff sehe, von dem Tea heute Mittag gesprochen hat. Das Schiff aus Kaibas Zeitung.

Ich beuge mich unwillkürlich vor.
 

"Vor circa zwei Stunden wurde der bauliche Fehler vom verantwortlichen Schiffszimmermann festgestellt", erklärt die hübsche Nachrichtensprecherin in kühlem Tonfall.

"Bis dato wurde die `Queen Victoria´ als neuestes schnellstes Kreuzfahrtschiff angepriesen. Dass sie nun mitten im Atlantik langsam aber stetig sinkt, entspricht derselben erschreckenden Ironie wie beim Schicksal der Titanic vor beinahe hundert Jahren."
 

Gebannt starre ich auf den Bildschirm und sehe Luftaufnahmen von einem Hubschrauber oder Flugzeug oder was immer das auch ist. Wie ein riesenhafter weißer Wal bäumt sich das Schiff ein Stückchen mit dem Bug auf. Sieht als, als ob es über das Heck langsam ins tiefe Wasser abgleitet. Drumherum, wie Ameisen, tummeln sich hunderte winziger Boote und noch kleinerer Menschen in weißen Rettungswesten, hektisch, panisch.

Ich erfahre, dass die `Queen Victoria´ das modernste Kreuzfahrtschiff ist, was je gebaut wurde, mit so neuen Technologien, dass es jetzt zum Glück so langsam mit Wasser vollläuft, dass hoffentlich kein einziger Mensch zu Schaden kommt. Der Titanic nachempfunden, handelt es sich dabei um eine Art Museumsschiff, mit Rettungsbooten, die ironischerweise so aussehen wie der Titanic.

Und als ich mich zu fragen beginne, ob das Sinken dieses Riesenbootes vielleicht nicht sogar zur ganzen Titanic-Nachmachshow dazugehört, klingelt plötzlich ein Telefon.
 

Völlig aufgeschreckt springe ich auf, wühle unter den Pizzakartons nach dem schnurlosen Handteil.
 

"Hey, ich bin´s, Joey!"

Wie beruhigender Balsam schlägt mir seine warme Stimme entgegen. Ich weiß nicht genau, warum, aber schon immer hatte Joey einen seltsamen Einfluss auf mich. Wann immer ich nervös und zappelig bin, reicht manchmal ein Wort oder eine Geste von ihm aus und ich beruhige mich. Als hätte ich Tabletten genommen.

Andererseits gibt es diesen Effekt auch genau andersherum. Wie oft hat er mich nicht schon so furchtbar nervös gemacht, dass ich aufgekratzt durch die Gegend gerannt bin, mich beim Essen verschluckt habe, irgendetwas zerbrochen habe. Es ist manchmal verrückt.

Aber so ist das nun mal bei besten Freunden. Und darüber bin ich froh.
 

"Na, wo bleibst du denn?", plaudere ich, weiterhin auf den Bildschirm starrend.

"Die Pizza ist schon beinahe kalt, die Cola dafür warm!"

"Najaa..." , beginnt er, doch seine Stimme bleibt an diesem einen Wort hängen, als wäre er gerade einer dieser armen Passagiere, die sich an Rettungswesten und Rettungsboote hängen.

"Ich bin gerade noch bei Yûgi und..."

Na klar, wo auch sonst, denke ich plötzlich verbittert. So plötzlich, dass es mich selbst erstaunt.

"...und er hat hier gerade von seinem Opa die neueste Duel Disk geliehen bekommen. Einer von Kaibas Technikentwicklern lässt die testen. Die ist echt genial!", jubiliert Joey ins Telefon.

"Aber der holt die morgen schon wieder ab, das ist das Blöde. Sag mal..."

Okay, jetzt kommt´s. Ich spüre, wie sich mein Griff um den Hörer seltsam versteift.

"Du willst bei Yûgi bleiben und die Disk ausprobieren, bevor sie morgen wieder weg ist?", nehme ich ihm den Satz weg. Mit ganz ruhiger Stimme, was mich selbst erstaunt.
 

Und ich weiß, er würde jetzt nicken, mit diesem schelimsch-verschämten Gesichtsausdruck, mit dem er uns alle um den Finger wickeln kann. Mit dem er selbst Kaiba schwach machen könnte, wenn er nur lange genug daran arbeitet- dessen bin ich mir ganz sicher.

Aber Joey steht nicht vor mir. Unsere jahrelang erprobte, wortlose Verständigung funktioniert am Telefon leider nur sporadisch.

"Ähm...jaa..", nuschelt er.

"Es tut mir echt Leid, Tris´. Nachdem ich das heute Mittag schon vergessen hatte."
 

`Schiffsunglück unausweichlich´ steht im Fernsehen geschrieben, auf der roten Leiste, auf der die allerneuesten Meldungen entlanglaufen, immer und immer wieder.

Unausweichlich.

Alle haben sich verkalkuliert.
 

Und ich sitze da, wortlos, wie vor den Kopf gestoßen von Joeys letztem Satz.
 

"Aber das ist echt das Allerneueste vom Neuesten! Ich versprech dir, ich mach´s wieder gut, ich spendier dir die nächste Pizza! Nächste Woche!"

Ich kann förmlich hören, wie er mich- und vielleicht auch sich selbst- zu beschwichtigen versucht, eifrig eine Wortgruppe an die andere hängt.

Da tut er mir schon wieder Leid. So leid, dass ich mich aus meinem schockähnlichen Zustand herausquäle, die Augen schließe und mich auf die roten und schwarzen Flecken hinter den Lidern konzentriere.

"Ist schon okay, Joey.", sage ich sanft.

"Tob dich in Ruhe aus. Meine Videospiele laufen ja nicht weg. Und ich auch nicht."

Einen Moment lang ist es still zwischen uns.

Dann;

"Echt jetzt? Ist das wirklich okay für dich?"

Wie typisch von ihm, noch zweimal nachzuhaken.

"Ja..ja, ist es, na klar." Ich grinse debil in den Telefonhörer.

"Verschieben wir das einfach auf nächste Woche...oder auf das Wochenende!"
 

Da höre ich ihn zurückgrinsen;

"Wah, danke, Tris´, du bist echt wunderbar! Ich erzähl dir auch morgen alles in der Schule darüber!"

Ich nicke müde. Und denke plötzlich, dass mir das Spiel völlig schnurzpiepegal ist. Aber weil es Joey ist, werde ich zuhören, das weiß ich jetzt schon. Ich werde zuhören, mich mitbegeistern und froh darüber sein, dass er bei mir ist.
 

"Okay!", grinse ich.

"Viel Spaß und grüß Yûgi!"

"Mach ich! Bis dann!"
 

"Zur Stunde werden die restlichen circa 200 Passagiere in Rettungsbooten geborgen. Bis jetzt ist noch unklar, wann Schiffe aus der näheren Umgebung zu Hilfe kommen können, da sich das Wetter hier auf See zunehmend verschlechtert."

Der Reporter im Hubschrauber kämpft gegen den Lärmschwall des Propellers an.

"Sicher ist jetzt jedoch, dass weder Mitarbeiter noch Gäste verletzt wurden. Es werden also alle mit einem Schrecken davonkommen und dem Wissen, dass sich Naturgewalten und Technik auch in den heutigen Zeiten nicht so einfach vom Menschen beherrschen lassen. Damit gebe ich zurück ins Studio."
 

Mein Grinsen ist wie festgetackert. Auch noch, als ich beginne, allein meine blöde, abgestandene Cola zu trinken und die kalte Pizza mit dem festgewordenen Käse zu essen. Zwei Pizzen, das reicht bei mir bis übermorgen.
 

Er hat es also wirklich vergessen heute Mittag. Nachdem ich mich bis eben noch verzweifelt gegen diese Ahnung gewehrt habe, musste mir Joey das natürlich jetzt als beschämtes Geständnis bringen. Hätte er nicht einfach die Klappe halten können?

Ich bin wütend. Auf ihn? Auf mich? Das weiß ich nicht genau.

Alles, was mir im Moment klargeworden ist, mit einem Mal, wie bei einer plötzlichen Eingebung, ist, dass nichts mehr so ist wie früher.

Lange genug muss ich es irgendwo geahnt haben.
 

Mit einem Mal fühle ich mit den armen Leuten, die im kalten, stürmischen Atlantik treiben, klatschnass, mit einer zu engen Rettungsweste, die einem oben die Luft und unten die Blutzufuhr abschnürt. Etwas Unerwartetes ist geschehen; etwas, was schon immer im Hintergrund gelauert hat.

Ich bin wie dieses blöde Schiff da. Aktuell, aber dennoch überholt. Ich kann nicht mithalten mit Yûgi und seinen Kartentricks. Mit Kaiba und seiner Duel Disk noch viel weniger.
 

Mit fest verankertem, krankhaft anmutendem Grinsen sitze ich da, esse und trinke ganz langsam vor mich hin.

Und als ich mich endlich ganz langsam vom Nachrichtensender trennen kann, mit mir allein Videospiele zocke, beginnen meine Mundwinkel langsam wehzutun.
 

Ich verliere natürlich.

Wie immer, wenn Joey nicht bei mir ist.
 

To be continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Idris
2006-03-14T08:00:17+00:00 14.03.2006 09:00
Ich weiß, das ist jetzt total billig, aber ich ertrags nicht, dass hier so wenig Kommentare stehen, wo die FF soooo wunderbar ist!! *deswegen ihren eigenen von ff.de mal hier reinkopier* Nimms mir nicht übel, ja? ^^** Wenn doch, kannst du ihn wieder löschen.

Hallo du! =)

Schön, dass du deine erste Challenge schon geschafft hast. ^___^
Yay!
Also, ich kommentiere einfach mal beim lesen - deswegen nicht wundern, wenn es etwas wirr und durcheinander ist. ^^**
Also, wo fange ich an ...
Erst mal - hach, ich mag deine Tea! *___* Ehrlich! Ich liebe es, wie sie da munter auf und absteppt und versucht streng zu sein und es dann doch nicht hinkriegt. Tristans Gedanken über ihre späteren ungezogenen Kinder sind einfach zuuu süß. *g*

> Sie kann einfach nicht auf Dauer so tun, als wäre sie streng. Es sei denn, sie ist streng.

Geil. *g*
Also, 100 Punkte schonmal für deine süße Tea und die knuffige Interaktion zwischen ihr und Tristan. ^.^

UI, Tristans Gedanken zu Joey sind ja auch herzallerliebst. ^.^
> Joey liebt es, zu spielen. Vielleicht, weil sein Leben viel zu ernst verläuft, vielleicht, weil er so gerne Traumtänzer auf realem Parkett ist.

Jaaaaa!!! *__* Der Traumtänzer. *Joey pack und knuddel*
Dein Tristan ist aber auch echt zu hinreißend ... dass Joey einfach immer gewinnt, egal, wer wen findet - das ist zu süß. *__*

Oha - böse Verwechslung. XD Du bist sonst selten so anhänglich ...? Ach was ... *schnurr* Tristan hängt eben an seinem besten Kumpel. *.*
Oh je ... ich glaube auch, dass Joey es vergessen hat. ;____; *böse Vorahnung hat was den Abend betrifft*

Tristans Beschreibung ihrer Routine-Abende ist ja sowas von süß. *__* Allein der Pizzabote mit zu viel Schwung - *lol* XD
Sorry, aber ich muss grade so oft lachen, weil du Tristan in einer Tour so niedliche kleine Sätze in den Mund legst. *__* Wie er seine Bauchmuskeln vor dem Spiegel vergleicht - süüüüß! XD

Oh .... oh .... oh

Das Schiff sinkt und mir rutscht prompt das Herz in die Hose ... Gott, Tsumi, deine Metaphern sind wie üblich einfach wundervoll und einschlagend ... ;____; Irgendwie muss der Abend schief gehen - oder? Oder? *weiterles*

> Schiffsunglück unausweichlich

*schluck* Da kommts ... das unsinkbare Schiff sinkt ... eine unzerstörbare Freundschaft sinkt mit ...

> Ich bin wie dieses blöde Schiff da. Aktuell, aber dennoch überholt. Ich kann nicht mithalten mit Yûgi und seinen Kartentricks. Mit Kaiba und seiner Duel Disk noch viel weniger.

*schluchz* ;_____;
Sorry, mir fehlen die Worte.
Ich finde das voll traurig - und du hast so wunder-wunderschöne Worte dafür gefunden, das macht das ganze noch trauriger ...
Und ich weiß, dass keiner gestorben ist - aber trotzdem .... ;____;

Ein wunder-wunderschönes Kapite - mit einem sehr, sehr traurigen Ende ... ;__;
Dein Schreibstil ist herrlich und du schreibst Tristan wirklich wundervoll!!

Ich freu mich schon auf mehr - und hoffentlich wird alles wieder gut!! ;___;

~ Rei ~


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