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Ein Bruder kehrt zurück

von

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Nächtliche Gespräche

Es ist mitten in der Nacht und im Hause Asakura war es so weit still. Nur in einem Zimmer konnte einer der Bewohner überhaupt nicht ruhig schlafen.

Unruhig wälzte sich der junge Asakura in seinem Bett hin und her bis er schließlich mit einem lauten Aufschrei, erschrocken und schweißgebadet aus seinen Träumen aufschreckte und aufrecht auf seinem Futon saß.

Zu erst mal versuchend seine Atmung wieder etwas unter Kontrolle zu bringen, hatte er eine Hand auf seinen Brustkorb gelegt und fuhr sich mit der anderen durch die leicht verschwitzten Haare. 'Oh Mann... Was für ein Alptraum.' Bei der Erkenntnis, dass er sich zu Hause in seinem Zimmer befand und nicht in Doobie Village, im Sternenheiligtum beim Kampf gegen Hao, atmete Yoh erstmal erleichtert aus bevor er seinen Blick durchs Zimmer wandern ließ und mit diesem bei seinem schlafenden Bruder hängen blieb. Leise seufzte er. Als ihm plötzlich jemand die Hand auf die Schulter legte, drehte der Braunhaarige sich jedoch leicht erschrocken um und sah direkt in die Augen seines deutschen Freundes. „Ich habe dich schreien gehört. Ist alles in Ordnung mit dir Yoh?“ Noch leicht verschlafen aber besorgt musterte der Blondhaarige seinen Freund und bemerkte gleich, dass dieser vollkommen durchgeschwitzt war. Der Asakura nickte bei seiner Frage jedoch nur mit dem Kopf. „Ja es ist alles in Ordnung. Ich hab nur ein wenig schlecht geträumt.“ Untertreib er einfach und schaute dabei wieder zu seinem älteren Ebenbild hinüber. Yoh hatte nicht nur ein wenig schlecht geträumt, sondern seiner Meinung nach, richtig schlecht.

Er war im Sternenheiligtum und musste gegen Hao kämpfen. Doch es verlief nicht ganz wie vor einem Jahr. Zwar waren seine Freunde mitgekommen, doch nach und nach verschwanden sie einfach und auch seine Familie ließ ihn schließlich alleine, sodass er am Ende ganz alleine Hao gegenüber stand, gegen den er ohne seine Freunde und Familie jedoch keine Chance hatte. Glücklicherweise war er, ganz knapp bevor sein Bruder ihm dann den Gnadenstoß geben konnte, aufgewacht.

'Was hat das zu bedeuten? Ob die Entscheidung ihn hierzubehalten wirklich gut war?' Missmutig biss sich der jüngere auf die Lippe. Er wollte eine 2. Chance für Hao, aber er wollte seine Freunde und Familie nicht verlieren. Mit nachdenklichem Blick beobachtete er, während seiner Gedankengänge, den scheinbar ruhigen Schlaff des nur wenig Älteren, der mit dem Rücken zu ihm auf seinem Futon lag. Dabei bemerkte er jedoch nicht, wie er selbst mit einem nicht minder nachdenklicheren Blick beobachtet wurde. Bis ihn die Stimme des Arztes wieder in die Realität zurück holte: „Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst ein wenig blass aus.“ Stellte dieser fest und setzte sich vor Yoh auf dessen Futon um ihm besser ins Gesicht sehen zu können. „Ja ja. Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Gedanken“, versuchte der Japaner mit seinem typischen Grinsen zu antworten, wobei jedoch nicht mehr wie ein mildes Lächeln zu Stande brachte, woraufhin ihn der Älteste nur noch genauer musterte. Unwohl fühlend bei diesem Blick, stand der jüngere Zwilling auf und verließ den Raum. Während des hinausgehen meinte er zu Faust, dass er in die Küche gehen und sich etwas zu trinken zu holen wollte. Obwohl er dies sehr leise sage, so dass man ihn kaum hörte, verstand der Deutsche ihn und gab ihm ein Nicken zur Bestätigung, dass er ihn verstanden hatte. Dies sah der Braunhaarige jedoch nicht mehr, weil er sich bereits draußen im Flur befand. Der Arzt seufzte leise, schloss die Tür nach einem kurzen Blick in den Flur und legte sich danach zurück in sein eigenes Futon. 'Yoh wird schon reden, wenn ihm danach ist.' Mit diesem Gedanken versuchte der Blonde nun wieder einzuschlafen, um wenigstens etwas geschlafen zu haben bevor Anna sie, so wie früher auch immer, in ein paar Stunden höchstwahrscheinlich wecken würde.
 

Unterdessen war Yoh unten in der Küche angekommen. Mit den Gedanken noch bei seinem Traum ging er zum Kühlschrank, so dass er die Person, die am dunklen Küchentisch saß und ihn beim Reinkommen mit kritischem Blick ansah, nicht bemerkte. Völlig in Gedanken nahm er sich eine Wasserflasche und vergas dabei den Kühlschrank wieder zu schließen. Während er sich grade ein Glas aus dem Schrank holen wollte meldete sich plötzlich die Person am Tisch: „Hast du eigentlich zu viel Geld? Mach gefälligst den Kühlschrank zu es zieht.“ Erschrocken drehte sich der Angesprochene zum Tisch um und erblickte im leichten Dämmerlicht des Mondes seine Verlobte am Tisch sitzen. Kurz sah er sie sprachlos an bevor er sich mit einem leichten Schmunzeln wieder zum Kühlkasten umdrehte, diesen schloss und sich danach mit dem Glas, das er vorher noch gefüllt hatte, zu Anna an den Tisch setzte. „Tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass du auch hier bist.“ Lächelte er sie leicht an. „Das hab ich gemerkt.“ Meinte die Blondhaarige nur in ihrem typischen Ton, „Und warum bist du nicht im Bett?“ Scharf sah sie den Asakura an während sie an ihrem eigenen Glas Wasser nippte, welches bis jetzt vor ihr stand. „Ich konnte nicht richtig schlafen.“ versuchte dieser genauso grinsend wie immer zu sagen. Doch so wirklich gelingen tat ihm das wohl nicht, wie man kurz darauf an dem Kommentar der Itako merkte: „Du hattest einen Alptraum.“ stellte sie trocken fest. Woraufhin sie überrascht von Yoh angesehen wurde. Doch dann seufzte dieser leise, sah betrübt auf das Glas in seiner Hand und antwortete in einer Lautstärke, als würde er ehr mit sich selbst reden, als mit Anna: „Ja du hast Recht.“ Zwar fragte er sich, woher sie das schon wieder wusste, doch er nahm einfach an, dass man es ihm vermutlich ansehen konnte.

Einige Zeit saßen sich die beiden einfach nur Stumm gegenüber, bis Anna Yohs Verhalten einfach nicht mehr mit ansehen konnte und schließlich die Stille brach: „Was ist los Yoh? Das du dich das letzte Jahr so verhalten hast, kann ich ja einigermaßen verstehen, aber ich versteh nicht was jetzt mit dir los ist.“ Sie sah den Braunhaarigen fragend an, hoffend auf eine Antwort. Doch sie bekam von ihm nicht mal eine Reaktion, er saß einfach nur da und starrte auf sein Wasser, was in ihr nun jedoch wirklich ein wenig Sorgen hervorrief. Denn auch wenn Yoh das letzte Jahr über immer öfter abwesend zu sein schien, hatte er auf ihre Worte wenigstens mit einem Blick, einem Seufzen oder irgendetwas anderem reagiert. Aber diesmal rührte er sich überhaupt nicht. Lange sah sie ihn genau beobachtend an, um auch ja jede kleine Regung zu bemerken, doch es kam nichts. Schließlich seufzte sie leicht: „Wenn es wegen dem Schamanenkampf ist: Warum machst du dir darum noch sorgen. Hao ist hier. Du hast ihn also überhaupt nicht getötet. Was soll also diese Trübsalblaserei noch?“ Wieder auf eine Reaktion wartetend kam der Blondhaarigen plötzlich ein Verdacht: „Oder... bereust du es etwa, das er noch lebt?“ Leicht zögerte sie bei dieser Frage, denn sie konnte es sich selbst nicht wirklich vorstellen, dass er das tat, aber durch sein Verhalten machte Yoh einfach den Eindruck als würde er es tatsächlich bereuen. 'Hoffentlich nicht. Sonst fürchte ich wird er sich von den ganzen Geschehnissen wohl nie wieder richtig erholen.' Anna verspürte bei diesem Gedanken eine gewisse Traurigkeit in sich aufkommen, besonders als ihr die Bilder von Yohs Zustand kurz nach dem Turnier, und dem Abreisen von dessen Freunden, wieder in den Kopf kamen und senkte nun selbst den Blick. Sie wollte es nicht zeigen, aber sie machte sich wirklich Sorgen um Yoh. Zwar konnte sie sich selbst nicht erklären, warum sie dies plötzlich tat und wollte es sich darum auch nicht wirklich eingestehen, dass es überhaupt stimmte, aber im Grunde wusste sie, dass es nur die Wahrheit war. Sie machte sich Sorgen um ihn.

Wieder saßen sie lange schweigend am Tisch. Da die Blondhaarige das nicht länger mit ansehen wollte und auch schon gar nicht mehr wirklich mit einer Reaktion rechnete, wollte sich grade seufzend erheben, als sie durch die Worte ihres Verlobten zurück gehalten wurde: „Lass mich nicht allein.“ Mitten in der Bewegung stockend sah sie zu dem jungen Asakura hinüber, der jedoch noch immer still, ohne irgendwelche Regungen, da saß. Schon fast glaubend, dass sie sich die Worte nur eingebildet hatte, wollte sie nun endgültig aufstehen, als sie erneut zögerte. Yoh hatte ohne Vorwarnung stumm seine Hand auf die von Anna gelegt und hielt sie zurück. Den Kopf hielt er aber weiterhin gesenkt.

Da sie nicht wusste was sie tun sollte, geschweige denn was das zu bedeuten hatte, verharrte die Itako einfach in dieser Position, wartend auf das was jetzt kommen sollte. Nach kurzer Zeit nahm der Asakura seine Hand jedoch zurück, stand auf und ging zum Fenster hinüber, wo er sich seufzend an die Wand neben dem Fenster lehnte und wieder schwieg. Anna, die sich in der Zwischenzeit gänzlich aufgerichtet hatte, sah ihren Verlobten fragend an. 'Was ist nur los mit ihm? Was soll das ganze? Warum benimmt er sich nur so seltsam?' So langsam wurde Anna immer verwirrter, sie verstand nicht, was Yoh wollte und auch nicht warum er sich so seltsam benahm. Doch nach kurzer Zeit schüttelte sie leicht schmunzelnd und ein wenig ungläubig den Kopf. 'Seit wann mache ich mir denn solche Gedanken. Yoh ist doch bis jetzt auch immer zu recht gekommen. Wenn er Probleme hat, wird er schon zu mir kommen.' Nochmals warf sie einen Blick auf den Braunhaarigen, der noch immer unverändert am Fenster stand, bevor sie sich dann wieder hinsetzte. Eigentlich wollte sie zurück ins Bett gehen, doch so wie Yoh aussah wollte sie ihn jetzt irgendwie auch nicht einfach alleine lassen. Auch wenn sie selbst nicht ganz verstand warum sie sich plötzlich so verhielt, war sie doch der Meinung, dass ihr Verlobter schon was sagen würde, wenn etwas absolut nicht in Ordnung wäre. Mit einem leisen Seufzer nahm sie ihr Glas wieder in die Hand und schaute nun selbst Gedankenverloren auf die ruhige Oberfläche ihres Getränkes.
 

Während die beiden Verlobten sich in der Küche nun wieder anschwiegen, war im Zimmer des Braunhaarigen jemand mindestens genau so wach wie die Beiden. Hao war inzwischen aufgestanden und hatte sich auf den Stuhl ans Fenster gesetzt. Er wurde von dem Aufschrei seines Bruders vorhin ebenso geweckt wie der Arzt, doch als er merkte dass auch dieser aufgewacht war, stellte er sich lieber schlafend, um die ganze Situation nicht noch zu verkomplizieren. Zumal er nicht wirklich gewusst hätte, was er hätte tun sollen.

Jetzt saß er am Fenster, stützte einen Ellenbogen auf die Fensterbank, seinen Kopf auf die dazugehörige Hand und sah nachdenklich aus dem Fenster, um, unwissend dass Yoh grade genau das Selbe tat, die Sterne zu beobachten. Eine Vorliebe die er mit seinem kleinen Bruder ganz offensichtlich teilte, wie er schon beim Schamanenkampf feststellte. Doch eigentlich wusste er es schon viel länger. Denn er hatte Yoh schon damals in Izumo im Wald des Asakuraanwesens gesehen.

Damals ist Spirit of Fire zu Yoh gegangen um diesem zu helfen. Zwar hatte Hao ihm dies nicht befohlen, aber er verspürte auch nicht das Bedürfnis ihn zurück zu halten. Viel lieber sah er dabei zu wie sein Bruder mit seinem Schutzgeist umging – er fand es irgendwie amüsant.

Ein leichtes Schmunzeln legte sich bei der Erinnerung an diese Ereignisse auf sein Gesicht, woraufhin sein Schutzgeist in seiner kleinen Form neben ihm auftauchte und ihn fragend ansah. Von seinem Herren aber scheinbar ignoriert werdend, setzte der rote Elementargeist sich neben diesen auf die Fensterbank und schaute ebenfalls in den sternenklaren Himmel hinauf, an dem wirklich nicht eine einzige Wolke zu sehen war, dafür aber jede Menge strahlender Sterne.

Einige Zeit saßen Schamane und Schutzgeist so nebeneinander, bis Hao jedoch das Schweigen brach. „Warum hast du ihm damals eigentlich geholfen, Fire?“ Ein wenig überrascht von der plötzlichen Frage seines Meisters und der Anrede die er für ihn benutzte, sah der rote Geist diesen dementsprechend an, doch der Langhaarige hatte seinen Blick bei seiner Frage wohl nicht von den Sternen genommen, wodurch auch er wieder hinauf sah. '"Ich wusste das er wichtig für dich ist. Und die Waldgeister hätten bei seiner mangelnden Erfahrung wirklich einigen Schaden anrichten können.'" Kurz sah Hao seinen Schutzgeist ein wenig ausdruckslos an, ehe er mit einem leichten lächeln wieder in den Himmel sah. Es erstaunte ihn irgendwie immer wieder, dass er seinem Schutzgeist nicht mal genau sagen musste, was er wollte und dieser trotzdem immer wusste worauf er hinaus wollte. Ok, er wusste das es zwischen ihnen beiden eine mentale Verbindung gab wodurch sie die Gedanken des jeweils anderen mitbekamen so weit dieser es zu lies, immerhin haben sie diese während des Turniers auch immer genutzt, weshalb es ihn auch nicht verwunderte, dass Spirit of Fire ihm grade wieder auf diesem Wege geantwortet hatte, aber er fand es trotzdem auch nach über 500 Jahren immer noch seltsam.

Da der Braunhaarige nun wieder seinen Gedanken, die sich aber mehr um Yoh als um seinen Schutzgeist drehten, nachhing war erneut eine Stille zwischen sie beide getreten, welche jedoch kurz darauf wieder unterbrochen wurde. Diesmal von dem Feuergeist: '"Ich habe auch eine Frage: Warum machst du so ein nachdenkliches Gesicht?'" Auf diese Frage reagierte der Schamane jedoch zu erst nicht, woraufhin der Geist sich zu ihm drehte, ihn genau musterte und sich dann schließlich erhob und seinem Schützling mit einem fragenden Blick vor das Gesicht flog. Davon erschrocken schreckte dieser ein wenig zurück, erholte sich aber sehr schnell wieder und sah den Geist mit einem tadelnden Blick an. Sofort zog der Blickgestrafte sich zurück auf die Fensterbank und setzte sich wieder brav und still hin, ein kleines Schmunzeln jedoch nicht unterdrücken könnend. Dies mit den Augen verfolgend seufzte Hao daraufhin kurz und sah wieder hinauf. Doch schon kurz darauf senkte er den Blick wieder und antwortete seinem Schutzgeist: „Ich kann dir wohl einfach nichts vormachen“, fing er mit einem leichten Schmunzeln an, „Ich frage mich was Yoh sich dabei denkt. Mir einfach anzubieten hier zu wohnen. Mir eine 2. Chance geben zu wollen. Sich, für mich, mit seinen Freunden anzulegen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht wissen will, was die Asakuras tun würden, wenn sie wüssten, dass ich hier bin.“ Bei dem Gedanken an seine "Familie" konnte er sich ein kleines, leises verächtliches Lachen nicht verkneifen. 'Familie. Was bedeutet dieses Wort schon?'

Während sein Meister sprach hörte der rote Feuergeist ihm aufmerksam zu. Das Hao seine Gedanken nicht vor ihm verschloss, war ihm dabei jedoch nicht entgangen. Genauso wenig wie dessen letzter gedachter Satz. Sofort merkend, dass dieses Thema den Langhaarigen innerlich nur wieder aufwühlte, versuchte Spirit of Fire dieses schnell wieder zu ändern: ‚„Ich finde übrigens, dass du dich heute sehr vorbildlich verhalten hast. Du hast dich von Lyserg nicht provozieren lassen und bist ganz ruhig geblieben – nagut, wenn man von dem kleinen Ausraster absieht als er Yoh verletzt hat.‘“ Den letzten Teil hing er noch schnell hinten dran, als er Haos fragend hochgezogene Augenbraue bemerkte. Doch dieser Blick blieb eh nicht lange, denn kurz nachdem der Geist zu ende gesprochen hatte konnte sich der Asakura irgendwie nicht mehr zurück halten, musste kräftig grinsen und sich ein Lachen sichtlich verkneifen. Nun war es Fire der ihn dafür jedoch fragend ansah. ‚„Was habe ich denn gesagt?‘“ Keine Ahnung habend, was plötzlich mit seinem Schützling los war, sah er ihn nur ratlos an. Doch dieser schien das gar nicht richtig zu bemerken und als er sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte stand er auch schon auf und ging, immer noch grinsend, zurück zu seinem Futon. Mit einem letzten Lächeln und geflüsterten „Danke“ legte er sich dann wieder hin und schlief kurz darauf auch wieder ein. Seinen Schutzgeist ratlos blickend auf der Fensterbank sitzen lassend.
 

Auch die junge Itako saß weiterhin nachdenklich guckend am Küchentisch. Ihr Verlobter stand am Fenster und hatte die letzten paar Minuten außer ein, zwei kleinen Seufzern auch nichts von sich gegeben. Beide schienen ihren eigenen Gedanken nachzugehen. Es war wie ein stummes Abkommen zwischen ihnen, dass sie einfach nur da saßen bzw. standen und schwiegen. Doch diese Stille begann Anna langsam unruhig werden zu lassen. Sie war diese Ruhe und dieses Schweigen von Yoh nicht gewohnt.

"Lass mich nicht allein" Immer und immer wieder gingen ihr diese Worte ihres Verlobten durch den Kopf. Wie kam Yoh darauf? Warum sollte sie ihn allein lassen? Wovor hatte er Angst? Hatte er diese Worte überhaupt gesagt, oder hatte sie sich dies doch nur eingebildet?

Die Fragen schienen einfach kein Ende zu nehmen und schließlich hielt die Blondhaarige diese Stille einfach nicht mehr aus. Sie stand auf, ging zu Yoh und stellte sich auf die andere Seite des Fensters, in der Hoffnung ihm wenigstens etwas in die Augen sehen zu können, was jedoch nicht wirklich funktionierte. „Yoh. Was ist los? Warum redest du nicht mit mir?“ Ruhig und mit einem mitfühlenden Unterton stellte sie ihm diese Frage. Normalerweise hätte sie ihn jetzt ja angeschriehen, er solle sich zusammenreisen und sich nicht so hängen lassen. Sie hätte ihm mit Training und Strafen gedroht, wenn er nicht aufgehört hätte. Doch sie tat es nicht. Wenn die anderen da gewesen wären hätte sie es sicher getan, aber sie waren allein und Anna verspürte aus irgendeinem Grund nicht das Bedürfnis es zu tun. So war es immer wenn sie mit ihm allein war. Sie spürte jedesmal wie nur seine Anwesenheit sie ruhiger werden lies und die Fassade die sie in all den Jahren um sich aufgebaut hatte begann durchlässig wurde. Er gab ihr irgendwie ein Gefühl von Sicherheit. Was wohl auch einer der Gründe dafür war, warum sie so viel für ihn empfand und ihn niemals verlassen wollte, auch wenn sie es sich selbst nicht wirklich eingestehen wollte.

Auf ihre Frage bekam sie jedoch keine Antwort, zuerst jedenfalls nicht. Grade als sie sich seufzend wieder zum Gehen abwenden wollte, da sie nicht mehr mit einer Reaktion rechnetet, stellte der Braunhaarige ihr überraschend eine Gegenfrage: „Bist du sauer auf mich?“ Irritiert von diesen Worten und durch die vorrangegangene Stille auch erst einen Augenblick darüber nachdenken müssend, drehte Anna sich wieder vollends zu ihrem Verlobten und sah diesen fragend an. „Warum sollte ich sauer sein?“ Sie verstand die Frage nicht. Zwar wusste sie normalerweise immer über fast alles Bescheid, nur im Moment war sie durch Yohs Verhalten so verwirrt, dass es ihr schwer viel überhaupt einen richtig klaren Gedanken zusammen zu bekommen.

„Weil ich Hao ins Haus geholt habe.“ Zum ersten mal in diesem Gespräch sah Yoh seine Verlobte an, mit einem schuldbewussten Blick der absolut zu seiner Stimme passte. Anna wusste nicht, was sie jetzt darauf sagen sollte, doch das brauchte sie scheinbar auch nicht, denn schon sprach der Kurzhaarige weiter: „Ich weiß, dass du nicht begeistert davon bist – und die anderen auch nicht.“ Zum Ende hin leiser werdend, wendete er seinen Blick wieder zum Fenster und sah ein wenig traurig hinaus. Eigentlich wollte die junge Japanerin jetzt etwas dazu sagen, doch sie tat es aus zwei Gründen nicht: 1. Spürte sie, dass Yoh noch nicht alles los geworden war und 2. Fiel ihr jetzt einfach nichts Passendes ein. Sie sah den Schamanen daher einfach nur weiter mit mitfühlendem Blick an und wartete geduldig, bis dieser weitersprechen würde.

Nach einiger Zeit tat der Asakura dies dann auch, wobei er auch weiterhin diesen schuldbewussten Unterton hatte: „Weißt du... ich weiß ja, dass es war ist. Lyserg hat ja recht. Er hat... viele Leben zerstört und eine Menge Menschen auf dem Gewissen. Aber...“, er seufzte kurz, „... er ist doch mein... mein Bruder. Ich kann ihn doch nicht... einfach so im Stick lassen. Das geht doch nicht – oder?“, immer wieder machte er kleine Pausen, die ihn unsicher wirken ließen. Woran man jedoch nur deutlich merken konnte, dass es ihm schwer fiel so offen über seine Sorgen zu sprechen. Was seiner Verlobten jedoch nichts ausmachte. Sie lies ihn einfach reden, hörte ihm aufmerksam zu und wartete geduldig bis er zu Ende geredet hatte.

Als er sie dann nach ihrer Meinung fragte, sah er erneut zu ihr und Anna konnte deutlich die Traurigkeit in seinen Augen sehen. Wodurch sie nicht verhindern konnte selbst eine gewissen Traurigkeit in sich aufkommen zu spüren. Was sie sich nach außen jedoch versuchte nicht anmerken zu lassen als sie antwortete: „Würdest du ihn denn im Stich lassen?“ Ernst, aber doch deutlich freundlich, sah die Itako Yoh bei dieser Gegenfrage an. Woraufhin dieser nachdenklich den Kopf sank und auf den Boden sah, jedoch aber nicht antwortete, warum es dann auch seine Verlobte war, die weiter sprach: „Du weißt was er getan hat, Yoh. Er hat von Anfang an nur versucht zu zerstören. Er hat in all den Jahren seine ganze Energie darauf verschwendet mit Aller Gewallt seine Pläne durchzusetzen... Und hat dabei nicht einmal vor dir halt gemacht“, mit traurigem Unterton im letzten Satz erinnerte sich die Blonde dabei an die Szene im Sternenheiligtum zurück, als sie damals, leider zu spät, dort ankam. Es entstand wieder eine kurze Schweigepause zwischen ihnen.

„Er hat sich doch damals nur nicht anders zu helfen gewusst.“ – „Yoh. Weißt du was du grade tust?“ Bei seinen Worten sah das Mädchen aus Aomori den Braunhaarigen verwundert an, welcher auf ihre Frage jedoch nur selbst mit einem fragenden Blick antwortete. „Du versuchst etwas zu rechtfertigen, was du gar nicht getan hast. Du versucht eine Entschuldigung für jemanden zu finden, der es jahrelang nicht einmal für nötig gehalten hat vor seinem Handeln über die Folgen nach zu denken.“ Sie machte ein kurze Pause, da Yoh seinen Blick wieder einmal schuldbewusst abgewendet hatte. „Ich weiß Yoh. Das ist deine Art, aber... Du musst lernen endlich auch mal an dich zu denken und nicht immer nur an andere. Denn wenn du immer nur versuchst anderen zu helfen, ohne einmal Rücksicht auf dich selbst zu nehmen, dann fürchte ich...“ Sie stockte. Nein, das konnte sie einfach nicht aussprechen – sie wollte nicht einmal daran denken.

Was sie offensichtlich auch nicht musste, denn Yoh hatte sie auch ohne weitere Worte verstanden. „Du meinst, dass ich dem dann irgendwann wahrscheinlich nicht mehr gewachsen sein könnte.“ Sie nickte. Kurz darauf schlich sich jedoch ein kleines Lächeln auf die Lippen des Asakuras. Er ging zu seiner Verlobten und ohne irgendwie darüber nachzudenken nahm er sie schließlich in den Arm, schloss die Augen und drückte sie ein wenig an sich, während er ihr ein leises „Danke“ zu hauchte. Sich von dieser Tat irgendwie überrumpelt fühlend war die Umarmte erst überhaupt nicht in der Lage sich irgendwie zu bewegen, was zu sagen oder sonst etwas zu tun. Diesen Schock schien sie allerdings schnell zu überwinden und erwiderte etwas zögerlich, diese kleine Umarmung. Dies spürend und sich darüber natürlich freuend drückte der nur wenig größere seine Verlobte noch ein wenig fester an sich. Was sie jedoch beide durch die geschlossenen Augen nicht sehen konnten, waren die zarten Rotschimmer die sich bei beiden auf die Wangen gelegt hatte.

So standen sie nun wieder einige Minuten schweigend da und umarmten sich. Keiner von ihnen wollte jetzt den jeweils Anderen loslassen und damit die Wärme aufgeben, die dieser ihm schenkte. Aus diesem Grund löste Yoh die Umarmung auch nicht, als er Anna eine weitere Frage stellte: „Anna, ich wollte dich das eigentlich... die ganze Zeit schon fragen“, begann er nun wieder ein wenig unsicher und der Rotschimmer auf seinen Wangen verstärkte sich, was Angesprochene jedoch glücklicherweise nicht sah, da sie es nicht für nötig hielt die Augen zu öffnen, „Anna ich wollte wissen ob du... naja ob du das... ernst gemeint hattest? Das was du... am Flughafen gesagt hast, meine ich.“ Nun war die Unsicherheit nicht nur durch die Pausen, sondern auch deutlich an seinem Ton zu erkennen und die Itako war jetzt auch nicht mehr gewillt ihre Augen länger geschlossen zu halten. Mal abgesehen von dem Schimmer, der nun auch auf ihren Wangen stärker wurde.

Keiner von beiden löste die Umarmung, sondern sie sahen einfach beide über die Schulter des jeweils anderen. So richtig schien momentan auch keiner von ihnen Beiden zu wissen, was sie jetzt sagen sollten. Doch lange hielt diese Stille diesmal nicht, denn nun war es an Anna leicht nervös zu werden und dies in ihrer Stimme auch deutlich werden zu lassen: „Du... hast es... gehört?“ Nur ein Nicken. Doch dies reichte aus, um in der Itako ein Gefühl von Glück auszulösen, wie sie es bis jetzt mehr als selten verspürt hat. „Ich dachte,... du hättest das gar nicht mitbekommen. Weil du ja... auch nichts dazu gesagt hast“ Ein sanftes Lächeln legte sich auf das Gesicht des Schamanen. „Ich habe es gehört. Aber... Ich dachte erst, dass ich es mir nur eingebildet hätte.“ Er löste sanft die Umarmung, ohne seine Verlobte dabei los zulassen, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Er bemerkte die rote Farbe die ihr Gesicht bekommen hatte und sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter und auch sanfter, ohne zu merken, dass er selbst nicht viel weniger Farbe im Gesicht hatte. „Weiß du Anna... Ich habe lange gehofft diese Worte von dir zu hören. Aber gleichzeitig habe ich mich auch nicht getraut, sie selbst auszusprechen. Ich hatte Angst, wie du reagierst.“ Er senkte seinen Blick „Naja... weil du doch immer so...“ – „So unausstehlich bin“ Auch auf dem Gesicht der Blondhaarigen erschien ein sanftes Lächeln, mit dem sie den Jungen vor sich mit verliebtem Blick ansah. „Das gleiche gilt für mich. Ich wusste nicht,... wie ich es sagen sollte, ohne den Anschein von Schwäche zu erwecken. Naja... wie ich halt bin. Ich hatte Angst deinen Respekt zu verlieren – und auch den der anderen. Außerdem,... war diese Verlobung ja von deinen Großeltern arrangiert... Ich hatte immer Angst, dass du sie... vielleicht gar nicht wolltest und mich... abweisen würdest.“ Nun war es Anna, die ihren Blick sinken lies. Doch plötzlich wurden ihr zwei Finger unters Kinn gelegt, die sie zwangen wieder auf zu sehen. Sie blickte direkt in die braunen Augen die sie so sehr liebte. Sie strahlten wie immer sehr viel Wärme, Verständnis und Liebe aus. „Ich bin meinen Großeltern dankbar dass sie diese Verlobung arrangiert haben. Ich würde dich niemals zurück weisen, oder gar von mir stoßen. Anna...“, auch Yoh sah seiner Verlobten nun verliebt in die Augen und kam ihrem Gesicht ein Stück näher, ehe er das aussprach, was er schon die ganze Zeit über los werden wollte, „Ich liebe dich.“ Und mit diesen Worten legte er sanft seine Lippen auf die von Anna, welche nach kurzer Zeit genauso sanft erwiderte.
 

Einige Zeit später standen die Beiden im Flur des oberen Stockwerks vor den Türen ihrer Zimmer. Beiden war noch deutlich die Farbe im Gesicht anzusehen. Doch das störte sie nicht groß, da das Licht im Flur eh aus war und es keiner sah. Kurz standen sie sich noch kurz schweigend gegenüber, ehe diese Stille durch ein leises Gähnen unterbrochen wurde, dass der Braunhaarige einfach nicht mehr zurück halten konnte. Ein leises kichern war daraufhin zu vernehmen, welches diesmal jedoch von der Itako kam und in das Yoh gleich mit einstimmte. „Ich glaube, wir sollten jetzt wohl besser ins Bett gehen“ Nickend stimmte die Blondhaarige zu. Ein letztes mal beugte er sich etwas zu ihr rüber und gab ihr erneut einen kleinen Kuss „Dann schlaf schön“ – „Du auch Yoh“ Lächelnd sahen sie sich kurz an, ehe sie sich beide zu ihren Zimmern begaben. Doch grade als der Asakura die Tür geöffnet hatte, hielt ihn die Stimme seiner Verlobten zurück: „Ehe ich es vergesse. Eines noch Yoh:“, da war sie wieder, ihre typische Stimme die sie immer hatte, wenn sie etwas befahl, „Morgen geht’s wie gewohnt weiter. Nicht das du mir auf dumme Ideen kommst. Verstanden?“ Streng wie immer, war der Blick den Angesprochener nun zugeworfen bekam. Geschockt von diesen Worten sah dieser erst ungläubig zu ihr zurück, ehe er resignierend den Kopf sinken lies und ihr mitteilte, dass er es verstanden hätte. Daraufhin ging Anna mit einem leichten Lächeln, welches er jedoch nicht mehr sah, in ihr Zimmer und schloss die Tür. Aufsehend beim Geräusch der Tür, schaute der Zurückgebliebene erst noch etwas niedergeschlagen auf die Tür zum Zimmer der Itako. Doch so blieb er nicht lange, denn schnell legte sich wieder ein Lächeln auf seine Lippen und mit ein paar letzten Worten, die er zu sich selbst murmelte ging auch er zurück in sein Zimmer und schloss die Tür. „Sie meint es ja nur gut.“
 

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Puh. Endlich. Ein neues Kapitel ist fertig^^ *jubel*

Hoffe es gefällt euch *smile*
 

Was die vorherigen Kapis angeht: Ja ich weiß, sind nicht die Besten. Wenn ich mal wieder etwas mehr Zeit habe und dazu komme, werde ich hier und da wohl auch einige Formulierungen umschreiben. Versprechen tu ich euch da aber nichts^^
 

Und nun zu diesem Kapi:

Wer mir erzählen will, dass die Szene zwischen Yoh und Anna in der Küche kitschig ist und ganz und gar nicht zu den Beiden passt, dann kann ich nur sagen: Mag sein. Aber ich kann nichts dafür. Bin halt selbst grad ein wenig in verliebter Stimmung *schwärm* Ich muss sagen, wenn man selbst ein wenig verliebt ist, ist es echt einfacher solche Szenen zu schreiben *breit grins* (Hab die ganzen Wochen und Monate nie richtig gewusst, wie ich die Szene schreiben soll -.-)

Im Großen und Ganzen sind in dieses Kapitel Stellenweise sowie so, so einige eigene Gedanken und Gefühlsmomente mit eingeflossen also bitte nicht böse sein, wenn es sich manchmal nicht so richtig nach den eigentlichen Charakteren anhört *smile*
 

Naja... Aber ich laber mal wieder zu viel *grins*

Hoffe das Kapi gefällt euch und ihr lest weiter

(Auch wenn ich immer so lange für neue Kapis brauche -.-)
 

Gruß

Sora



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ai-an
2009-08-28T00:53:37+00:00 28.08.2009 02:53
Wieder ein echt geiles kapitel.
Ich liebe die story voll,
so spannend und jetzt auch noch romantisch.
Hoffe, yoh und anna bleiben so verliebt, obwohl anna ja schnell, wieder die alte würd^^ Ich find sowas jedenfalls nicht kindisch, und es muss ja auch nicht alles, zu den charakteren passen. Man kann ja auch gnaz eigene sachen zu ihnen erfinden und reinbringen.
Ich find, wenn es nicht nur, die orginal charas sind, wie man sie nur kennt, ist es noch spannender, und toller.
Naja, auf jedenfall freu ich mich darauf, wenn es weiter geht.
Bin richtig gespannd darauf
Von:  Nagi_chan
2009-08-11T01:22:28+00:00 11.08.2009 03:22
hoi^^
cooles kapp
des mit yoh und anna war voll süß^^
musst schnell weida schreiben
knuddl*
ara


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