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(Un)erwiederte Liebe

von

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Da stand er nun – mit verheultem Gesicht im Jungenklo. Er verstand es nicht. Er verstand es einfach nicht! Wie konnte er sich nur in den gemeinsten, brutalsten – aber gutaussehendsten Jungen der Schule verlieben?

Er liebte den Jungen, der ihn Tag für Tag quälte, und sogar schon die ein oder andere Narbe zugefügt hatte. Er konnte es nicht verstehen.

Nun liefen ihn noch weitere Tränen über’s Gesicht und tropften leise ins Waschbecken.

Immer, wenn Yugi weinte, färbten sich seine Augen tief lila, was er hasste. Der Junge, den er liebte, hatte ihn schon so oft zum Heulen gebracht – und ihn anschließend damit gehänselt, wie hässliche Augen er doch hätte.

Da sich die Pause dem Ende näherte, beschloss Yugi sich die Tränen aus dem Augen zu wischen und wieder ins Klassenzimmer zu gehen.

Als er wieder einigermaßen trocken aussah, wollte er gerade das Klo verlassen, als Joey Wheeler die Tür aufschlug.

„Ahh... Da ist ja der kleine, süße Yugi und heult natürlich wieder rum. Ich glaube heute sind deine Augen noch hässlicher als sonst!“

Yugi war starr vor Schreck. Er hatte absolut nicht erwartet, dass sein geliebter Joey ins Jungenklo kommen würde.

„Na, du Blödi? Kriegst wohl dein Maul nicht auf?“

In diesem Moment merkte Yugi, dass ihm seit ein paar Sekunden wieder Tränen über die Wange liefen. Joey ging nun auf Yugi zu, hob ihn ein Stück hoch und drückte ihn fest gegen die Wand. Yugi konnte ihm nur ein schwaches „Lass mich los!“ entgegenbringen. Was konnte er schon gegen dem Menschen sagen, den er liebte?

Joey antwortete mit einem verrücktem Grinsen im Gesicht: „Oh, du kleiner Mistkerl! Morgen nach der Schule prügele ich dich krankenhausreif! Darauf freu ich mich schon!“

Dann ließ er Yugi – nicht gerade sanft – fallen. Joey wollte die Toilette wieder verlassen, doch der keuchende Yugi fragte ihn mit der Atemluft, die er noch hatte: „Warum tust du so etwas?“

Angesprochener drehte sich noch einmal um, ging zu dem Kleineren und flüsterte ihm ins Ohr: „Weil ich es kann!“ Darauf verließ er endgültig das Klo und ließ Yugi – in sich zusammengesunken – zurück.
 

Yugi schreckte auf, als er das Läuten der Klingel hörte. Er sah auf seine Uhr . es war bereits halb drei. Er musste eingeschlafen sein.

Mit den Gedanken, dass die Schule bereits aus war und er morgen einen Tadel bekommen würde, verließ er das Jungenklo.
 

Zwanzig Minuten später war er zu Hause – im Spielladen seines Opas. Der Laden war – wie fast jeden Tag – voll von jungen Duellanten, die neue Karten für ihr Deck kauften. Doch Yugi benutzte die Hintertür. Er ging die Treppe zur zweiten Etage empor und steuerte zielgerade auf sein Zimmer zu.

Yugis Kopf war total leer. Er dachte und konnte an nichts mehr denken. Er fühlte sich wie eine sich bewegende, hole Puppe.

Als er seine Zimmertür hinter sich schloss, holte ihn eine bekannte Stimme aus seiner Depression zurück.

„Hallo, Yugi! Ich hab schon auf dich gewartet!“

Es war ein guter Freund von ihm – sogar sein bester: Marik. Aber Yugi war nicht gerade erfreut ihn zu sehen. Er wollte lieber allein sein und über alles mal so richtig nachdenken. Nur war das nun nicht möglich. Marik fragte ihn: „Was ist denn los mit dir? Schlechte Zensur bekommen? Bauchweh? Oder wieder dieses Arschloch Joey?“

„Sprich nicht so über ihn!“, entgegnete Yugi schwach, obwohl er wusste, dass sein Freund recht hatte. Und doch tat es ihm weh.

„Marik...?“

„Was ist, Yugi?“

„Kann ich dir etwas sagen?“

„Na klar! Schieß los!“

„Du bist mein absolut bester Freund. Und ich wüsste nicht, wem ich es sonst erzählen sollte, aber ich muss es los werden!“

In diesem Moment fing Mariks Herz an schneller zu klopfen, als normal.

Yugi holte tief Luft und sagte: „Ich bin verliebt!“

Mariks Herz schlug noch heftiger, sodass es sich anfühlte, als ob es gleich platzte.

„Und in wen?“, fragte Marik schnellatmend.

„In...“

Nun war es soweit!, dachte Marik, Nun wird er mir endlich seine Liebe gestehen! Marik wurde heiß und kalt zugleich. Er begann etwas zu schwitzen, was Yugi aber nicht bemerkte, weil er zu Boden starrte. Dann kam der Name. Dieser alles endscheidende – und alles zerstörende – Name: „Joey Wheeler!“

In diesem Moment starb Marik. Er starb und alles mit ihm, woran er geglaubt hatte. Es starb auch das, wofür er die letzten drei Jahre gekämpft hatte: seine Liebe und sein Vertrauen für Yugi!

Marik erhob sich wortlos und Yugi blickte in zwei Augen, die den innerlichen Tod widerspiegelten. Zwei weiße Augen, die blind schienen, für alles Schöne und Gute auf dieser Welt.

Yugi fragte ihn, der nun mehr tot als lebendig war, was denn los sei. Nun sprudelte in Marik alles Andere als Liebe – nämlich Hass, Verachtung und der Durst nach Rache. Aber konnte nicht einmal mehr heulen – seine endlosen anderen Gedanken unterdrückten die Tränen.

Doch er wollte Yugi schlagen, treten – ihm so viel Schmerz wie möglich zufügen.

Marik war ein egoistischer Mistkerl, der immer nur an seine Probleme – und an seinen Willen – dachte. Andere scherten ihn einen Dreck. Wenn etwas anders lief, als er es sich vorgestellte, ging er sogar über Leichen, um sein Verlangen nach dem, was er wollte, zu befriedigen. Doch das alles verbarg er vor Yugi, nur, weil er ihn wollte – seinen Körper. Marik öffnete den Mund und sagte nur drei Worte:

„Das war’s dann!“

„Aber, Marik...?“

Dieser jedoch hatte das Zimmer schon verlassen und war auf dem Heimweg.
 

Yugi begriff nicht, was er eben getan hatte. Er wusste nicht, dass das der Anfang vom Ende war. Yugi musste die ganze Nacht ausnahmsweise mal nicht an Joey denken – sondern an Marik – und konnte keine Antwort auf Mariks Verhalten finden. Er sah auf seinen Wecker und stellte fest, dass es bereits kurz vor drei war und dass er noch etwas Schlaf gebrauchen könnte.

Er schloss die Augen und träumte davon, dass Marik ihm die Kehle aufschlitzen würde...
 

Am nächsten Morgen wachte Yugi mit – wie immer – verstrubbelten Haaren auf. Sein erster Weg führte ihn ins Bad, zum Spiegel.

Er sah seinen verschlafenen Blick und die lila Augen, die er so hasste. Sie erinnerten ihn heute daran, dass er heute nach der Schule wieder ein paar blaue Flecke zu den seinen zählen durfte. Bei dem Gedanken, dass sein geliebter ihm heute wieder die Qual der Ungeliebtheit spüren lassen würde, hätte er am liebsten ein Messer genommen und sich die Augen ausgestochen. Aber es brachte doch alles nichts.

Joey würde ihn nie lieben – den kleinen, wehrlosen, kindlichen Yugi.

Aber warum nicht? Warum konnten sie nicht einmal 'nur' Freunde sein? War es, weil Yugi so klein ist? Oder, dass er gerne Duel Monsters spielte? Oder war es einfach die Tatsache, dass es Yugis Schicksal war gehasst zu werden??? Da kam ihm zum ersten mal der Gedanke, sich eine Rasierklinge zu nehmen und dem ganzen Fiasko ein Ende zu bereiten. Doch er wollte ihn – Joey Wheeler – noch ein letztes mal sehen und ihm seine Liebe gestehen. Mariks gestriges Handeln hatte er bereits vergessen. Yugi kam allmählich wieder aus seinen Gedanken in die reale Welt zurück. Er sah auf seine Uhr und merkte, dass er sich schon vor zehn Minuten auf den Weg zur Schule hätte machen sollen.
 

In der Schule angekommen schaffte er es gerade noch so vor dem Klingeln in das Klassenzimmer und somit auf seinen Platz zu stürzen. Es klingelte und der Unterricht begann. Er hatte jetzt Japanisch und das Thema lautete: 'Interpretation eines lyrischen Textes'. Yugi machte sich natürlich gleich an die Arbeit und strebte brav. Dabei wurde er von einem fast weißhaarigen Jungen beobachtet: Marik!

Seine Augen waren immer noch so blind, so weiß, wie gestern. Er trug einen Verband um den rechten Arm – er hatte sich die ganze Nacht über mit einer Rasierklinge tiefe Wunden zugefügt. Er beobachtete Yugi die ganze Stunde und malte sich die grausamsten Rachepläne für die verschmähte Liebe aus. Doch einer übertraf sie alle: Was wäre, wenn er sich mit Joey zusammen tun und ihm beichten würde, dass Yugi ihn liebt? Joey würde sich darüber bestimmt köstlich amüsieren und Yugi darauf halb tot prügeln. Und diesen Plan setzte er auch gleich in der Pause in die Tat um.
 

Um genau 13:15 Uhr klingelte die Schulglocke und verkündete so, dass die Schule aus sei. Yugi packte seine Sachen ein, verließ den Matheraum und machte sich auf die schlimmste tracht Prügel, die er je einstecken müsste, bereit. Er trat durch die große Eingangstür der Schule und da sah er ihn.

Dort stand er, am Fahrradständer. Der schönste Junge, den Yugi je erblickt hatte. Er hatte goldblonde, zerzauste Haare und wunderschöne, haselnussbraune Augen. Yugi schämte sich für die seinen.

Nun begann Joey Wheeler sich in Bewegung zu setzen und ging auf Yugi zu. Sein Herz begann wild zu klopfen und sein Puls stieg. Er konnte nicht rennen – seine Beine fühlten sich an wie Blei. Joey kam nun immer näher und war nur noch wenige Schritte entfernt.

Ja, schlage mich, trete mich, wenn es dich befriedigt, aber warum?

Merkst du denn nicht, dass ich dich liebe? Dass ich alles für dich tun würde, dass ich sterben würde, nur um einen Moment in meinem Leben mit dir vereint zu sein?, dachte sich der Kleine

Joey stand nun vor ihm. Yugi schloss die Augen und achte sich auf die schlimmsten Schmerzen in seinem Leben bereit. Doch anstatt das geschah streichelte eine Hand sanft über seinen Kopf. Der Jüngere war erschrocken und erstaunt zugleich. Er öffnete langsam die Augen und erblickte den Jungen, den er so vergötterte. Der ihn freundlich anlächelte.

„Du brauchst keine Angst haben, kleiner Yugi!“, sagte Joey mit einem Unterton in der Stimme, den Yugi noch nie zuvor von ihm gehört hatte. Joeys Augen glitzerten so wunderschön in der währenden Nachmittagssonne. Der Jüngere musste sich zurückhalten, um ihn nicht zu küssen. Der Blonde fuhr mit seiner unbekannten, aber ruhigen Stimme fort:

„Du brauchst ab heute weder Angst vor mir, noch vor irgendwas Anderem haben! Ich werde dich beschützen!“

Nun war Yugi der Ohnmacht nahe – jedoch wollte er diesen Augenblick nicht verpassen. Nun glitt Joeys Hand über Yugis Wange, bevor er sie wieder wegnahm und ohne ein weiteres Wort an ihm vorbeiging. Yugi traute sich nicht sich umzudrehen oder noch etwas Joey hinterher zu rufen. Zu groß war die Angst, dass alles nur ein Traum hätte sein können. Aber er hatte nur einen wundervollen Gedanken:

Er liebt mich!!!

Doch ein paar Momente später schossen ihm schon tausend Fragen durch den Kopf:

Warum liebt er mich so plötzlich? Wie würde es weitergehen? Und meinte es Joey überhaupt ernst?

Doch trotz dieser Ungewissheit war er glücklich. Er war der glücklichste Mensch auf Erden. Und die Worte des Älteren brannten sich in sein Gedächtnis:

„Ich werde dich beschützen!“

Hieße das, dass der Blonde von nun an immer in seiner Nähe sein würde? Dass Yugi nie mehr Schmerzen erleiden würde? Ja, das hieß es wohl!

Er wurde von einem kräftigen Windstoß aus seinem Glück geweckt und bemerkte, dass er bereits zwanzig Minuten da rum stand und nachdachte. Jetzt machte er sich auf den Heimweg – er musste seinem Opa noch im Laden aushelfen.

Doch Yugi vergaß eine wichtige Sache:

Liebe macht glücklich, betrunken und blind, denn er bemerkte nicht, wie Joey in eine kleine Nebengasse ging – direkt zu einer Yugi wohlbekannten Person.
 

Marik hatte alles beobachtet, als Joey zu ihm kam – mit einem schadenfrohen Grinsen im Gesicht, dass Mariks ähnelte.

„Und? Hat er’s geglaubt?“, fragte der Weißhaarige. Der Blonde begann zu lachen.

„Tja. Wie’s scheint schon! Du hättest mal seinen Gesichtsausdruck sehen sollen!“

Nun begann auch Marik zu lachen.

„Wenn wir unseren Plan durchziehen, wird sich Yugi nie mehr vor die Tür trauen.“

„Okay, Alter! Dann bis morgen!“

Und so verabschiedeten sich Joey und Marik mit einem freundschaftlichen Handschlag.

Joey ging noch tiefer in die Nebengasse – immer weiter in das schäbigste, dreckigste und brutalste Viertel der Stadt.

Zehn Minuten später stand er vor einem vermodertem, verrottetem, schon halb zerfallenem und übel riechendem Fünffamilienhaus, aus dem die Rufe seines täglich besoffenen Vaters drangen:

„Joey, du kleine Drecksau!!! Komm sofort her oder ich klopp dich tot!!! Du mieses Schwein solltest das Bad schrubben und mit Flurdienst bist du auch dran! Und wo bleibt – verdammt noch mal – mein Bier???“

Und nur einen halben Zentimeter rauschte eine leere Bierflasche an Joeys Kopf vorbei. Mit tränenden Augen betrat er schließlich das Haus.
 

Marik ging in genau die andere Richtung. Auf dem Weg dachte er noch eine Weile über alles nach – über ihn, Yugi und Joey. Bei dem Gedanken an Peinigung bekam er ein diabolisches Lächeln, das dem des Teufels gleich schien. Er dachte daran, wie alle Yugi auslachen würden und wie Joey Yugis Herz brechen würde – wie einen Spiegel, auf den man einen Stein wirft. Dann dachte er daran, wie Yugi anfangen würde zu weinen, wie silberne Tränen über seine Wange laufen, wie Yugi sein wunderschönes – aber kindliches – Gesicht in seinen Händen vergräbt. Nun hatte Marik sein Lächeln verlassen. Im Gegenteil – es machte sich Trauer breit.

Als er zu Hause ankam ging er sofort ins Bad und öffnete das Schubfach, worin sich die Rasierklingen seines Vaters befanden.
 

Nach seiner dritten Schulstunde, er hatte Kunst, betrat Yugi das Jungenklo, um sich sein Gesicht zu waschen. Die anderen hatten ihn wieder geärgert und ihn mit Farbe bespritzt. Und das Erste, was er sah war Joey, wie er vor einem Spiegel stand und sich sein blaues Auge beguckte. Yugi wusste nicht, ob er ihn ansprechen sollte. Aber warum nicht? Sie waren jetzt schließlich Freunde also nahm er seinen Mut zusammen, ging zu Joey und tippte ihm auf die Schulter.

„Ach, hau doch ab!“, sagte Joey niedergeschlagen ohne sich zu Yugi umzudrehen.

„Aber Joey! Ich bin’s doch...“, erwiderte der Jüngere schüchtern. Nun drehte sich der Ältere verwundert um.

„Oh, du bist es, Yugi! Sorry, dass ich dich so angekeift habe. Ich dachte du seiest jemand Anderes...“

Der Blonde blickte Yugi mit einem Hundeblick an.

„Ist schon okay, Joey, aber was ist denn passiert?“

„Nun... ähm...“

Jetzt musste schnell eine Ausrede her, denn er wollte Yugi nicht von seinem Vater erzählen.

„Öhm... ich... äh... ich hab beim Basketball ’n Ding vor die Rübe bekommen!“

Er grinste verlegen, doch Yugi wusste, dass Joey log. Er spürte es.

„Joey, das stimmt nicht! Ich weiß es! Du kannst mir alles erzählen, echt! Ich bin immer für dich da!“

Doch Joey wollte nicht mit ihm reden – er wollte nachdenken.

„Yugi! Lass mich bitte allein...“

„Okay, Joey...“

Er wusch sich noch schnell das Gesicht und verschwand dann, mit einem letzten, liebevollen Blick an den Blonden gerichtet, aus dem Jungenklo.

Joey stand noch eine Weile da und besah sich im Spiegel. Erst dann setzte sein Gehirn wieder ein. Meinte Yugi das wirklich ernst? War Joey ihm wirklich so wichtig, obwohl er ihn jahrelang terrorisiert hatte? Nein, das konnte nicht sein! Das war einfach unmöglich. Wer würde schon den großen, schlaksigen, dummen, brutalen Joey lieben? Oder mögen? Er hasste sich selbst für das, was er war und er wusste auch, dass er ein Schwein ist. Doch Yugi nahm ihn, wie er war – mit all seinen Macken und Fehlern. Doch das glaubte der Ältere nicht. Aber nun spürte er ein Gefühl, wie kein Anderes, so was kannte er noch nicht. Liebe? Er wünschte sich, Yugi nie weggeschickt zu haben – im Gegenteil. Er wünschte sich, dass der Kleine bei ihm wäre ihn einfach nur in seinen Armen halten würde.

Nein! NEIN! An so etwas durfte Joey nicht denken! Wenn seine Gefühle an die Öffentlichkeit der Schule geriet, wäre sein Leben beendet. Dann würde er als größter Versager des Jahrtausends dastehen. Niemand würde ihn noch ernst nehmen und alle würden ihn fertig machen. Damit wäre sein Ruf ruiniert. Also musste er seinen Plan durchziehen.
 

In den nächsten Tagen verbreiteten Marik und Joey ihren Plan in der Schule – natürlich ohne, dass Yugi etwas davon mitbekam. Die Schüler kicherten und tuschelten, wenn er vorbeikam, aber das wunderte ihn nicht, denn das taten sie sowieso immer.

Also kam der Tag immer näher, an dem sich alles ändern würde...

Yugi entschloss sich heute mal Marik zu besuchen, mit dem er schon seit Wochen nicht mehr gesprochen hatte. Als es dann zum Schulschluss läutete, musste er noch die Tafel wischen, was ihn ärgerte, denn er hätte Marik fast verpasst.

„Hey, Marik...“, hörte der Blonde es hinter sich rufen.

Oh nein! Bitte nicht..., dachte er.

„Hau ab und laber mich nicht blöd zu!“, blaffte Marik den Kleinen an.

„Aber Marik... Warte!“

Doch schon saß dieser auf seinem Motorrad und fuhr davon, denn er und Joey hatten noch etwas zu besprechen.

Auf Yugis Heimweg fing es an zu regnen, was aber zu seiner Stimmung passte. Was hatte er falsch gemacht? Was war der Grund für Mariks Verhalten? War er vielleicht auch in Joey...? Oh ja, Joey...

Yugi und der Blonde hatten in den letzten Tagen viel unternommen. Sie waren im Kino, im Park Rollschuhlaufen, Eisessen... doch Joey benahm sich seltsam. Wenn der Jüngere den Älteren umarmen wollte erwiderte es der Blonde, jedoch zog er sich schnell wieder zurück und starrte zu Boden oder die Wand an. Yugi hätte zu gern gewusst, was in diesem Moment in Joey vorging. Warum hatte er nicht gefragt? Er hatte es sich wohl nicht getraut. Als Yugi zu Hause ankam schüttete es immer noch wie aus Eimern. Der Kleine saß nur gelangweilt am Fenster und sah den Blitzen bei ihrem Tanz zu. Plötzlich klingelte sein Telefon.

„Ähm... Yugi?“, erklang Joeys Stimme im Hörer.

„Hey, Joey! Schön, dass du anrufst!“

„Na ja... ich wollte fragen, ob wir uns morgen im Park treffen wollen. Ich... muss dir nämlich was sagen... was Wichtiges!“

„Gerne komme ich... aber ich hab da noch ’ne Frage an dich: Weißt du, was mit Marik los ist? Er spricht nicht mehr mit mir.“

„Öhm... nö! Keine Ahnung! Du weißt, dass ich nicht so viel mit ihm zu tun habe!“

„Ach so...“

„Na ja, muss auch schon wieder Schluss machen. Wir sehen uns dann morgen!“

Yugi wollte Joey noch eine gute Nacht wünschen, doch da war er schon weg, denn Joey hatte Gewissensbisse. Ziemlich fiese. Aber nun gab es kein Zurück mehr. Alle waren informiert und in den Park bestellt. Als Joey im Bett lag, musste er die ganze Nacht an die Zeit mit Yugi denken, und er merkte: Sie gefiel ihm! Er wünschte sich mehr davon – aber das ging nicht...
 

Der Tag X brach für Yugi um 9:30 Uhr an, indem seine Anlage ansprang und ihn mit sanfter Musik aus seinen Träumen holte. Er freute sich auf den heutigen Tag mit seinem geliebten, das letzte Mal, dass er glücklich war...

Der Kleine ging ins bad und machte ausgehfertig. Er duschte, wusch sich die Haare und putzte sich die Zähne. Ein letzter, kritischer Blick in den Spiegel und los ging es. Yugi verabschiedete sich mit einem Lächeln von seinem Opa und machte sich auf den Weg in den Dominopark. Sein Großvater sah ihn noch ein paar Minuten hinterher.

„So fröhlich hab ich ihn schon lange nicht mehr gesehen... ob er verliebt ist?“

Er ahnte nicht, dass er seinen Enkel zum letzten Mal glücklich und lebendig zugleich sah.
 

Als Yugi im Park ankam war Joey schon längst da.

„Sorry, für die Verspätung!“, entschuldigte sich der Jüngere, obwohl beide über eine halbe Stunde zu früh da waren.

„Okay! Lass uns am besten ein bisschen spazieren gehen!“

Yugi stimmte zu. Während sie so dahinliefen sprachen sie kaum. Der Kleinere versuchte öfters ein Gespräch anzufangen, doch der Ältere wehrte ab.

Nach vierzig Minuten entschied sich Yugi endlich Joey zu fragen, was er denn hat:

„Joey! Was ist los mit dir? Ich merke doch, dass etwas nicht mit dir stimmt!“

Aber in dem Moment zog der Blonde den Jüngeren mitten in ein paar Büsche, bis sie an eine kleine freie Stelle kamen.

„Wir sind da!“, sagte Joey, ein Zittern lag in seiner Stimme.

Sie standen nun in einer Lichtung, die rundum mit Blättern zugedeckt war. Sie stranden einige Minuten nur da und es war ab und zu ein Knistern der Blätter zu vernehmen. Yugi dachte sich, es wären Vögel. Letztendlich wandte sich Joey an Yugi, sah ihn mit seinem Hundeblick an und sagte dann so ruhig er konnte zu ihm:

„Yugi! Ich muss dir etwas sagen. Etwas sehr Wichtiges. Bitte, schließe deine Augen!“

Yugis Herz machte einen gewaltigen Sprung. Was würde Joey ihm sagen? Etwa, dass er den Kleinen liebte? Nun tat Yugi so, wie ihm von den Blonden befohlen war. Er spitzte die Lippen und spürte, wie Joey immer näher kam. Dann sprach der Große die Worte, die Yugi nicht überleben würde:

„Ich hasse dich!“

In diesem Moment verfinsterte sich alles in Yugi. Er war zerbrochen – für immer.

„Hast du wirklich geglaubt ich könnte dich – ausgerechnet dich – den kleinen, ängstlichen Yugi mögen – geschweige denn lieben? Wenn ja, bist du ja noch blöder als ich dachte!“

Der Kleine war vollkommen ausgebrannt. Er fühlte sich benutzt, betrogen und zutiefst verletzt.

Wieso ich? Wieso immer ich?? Und warum? Ich habe ihm doch vertraut, habe ihn wie doof angemacht, habe in der Zeit, als er sich für meinen Freund ausgegeben hat, immer beigestanden! Also, wieso tut er mir das an? Ich hab ihm geglaubt – geglaubt, dass dieser Mensch mich lieb hat. Es war das erste mal in meinem Leben, dass ich richtig glücklich war...

Das alles ging in Yugis Kopf vor. Und noch mehr: Hass, Liebe, doch was war das Richtige? Doch Yugi war noch nicht genug gekränkt – es sollte noch etwas kommen. Aus dem Dickicht um Yugi und Joey sprangen rund 15 Mitschüler der Beiden. Yugi war sprachlos. Hoffnungslos. Seine Schulkameraden lachten – und wie sie lachten. Sie zeigten auf ihn und riefen ihn Sachen zu. Und zu guter Letzt kam Marik aus den Büschen.

Nein, nicht du auch noch!, ging es in Yugi rum. Doch Marik lachte nicht. Der Kleine wandte sich wieder Joey zu, der grinsend vor ihm stand.

„Wieso...?“, murmelte Yugi.

„Hast du was gesagt, Winzling?“, blaffte der Ältere ihn an.

„Wieso...?“, murmelte Yugi ein weiteres Mal. Joey war seinem Inneren gar nicht zum Lachen zu mute, doch er musste es nun durchziehen.

„Du fragst mich 'Warum'? Nun ja, einer muss ja den Dummen spielen – und der Dumme bist halt du!“

Doch auch Marik rang im Inneren mit sich. Sollte er Yugi helfen? Diesem kleinen, hilflosen Jungen? Er nahm nichts mehr um sich wahr. Er dachte nur daran, was für einen schrecklichen Fehler er gemacht hatte.

Joey machte Yugi immer weiter runter bis dieser es nicht mehr aushielt. Das Lachen seiner Mitschüler, die Gewissheit, dass er ein Nichts war doch vor Allem das Grinsen Joeys...

Schließlich rannte er einfach los. Ihm war egal wohin – einfach nur weg.

Doch irgendwie schien es ihn wie magisch zur Domino-Brücke zu ziehen.

Yugis hektische Schritte holten nun auch Marik aus seinen Gedanken.

„YUUUGIII!!!“

Mit diesem verzweifelten Schrei nach dem Kleinen begann er ihn sofort nachzurennen. Marik hatte eine schreckliche Vorahnung, die sich in kurzer Zeit bewahrheiten sollte...
 

Joey wurde mit Jubelschreien überhäuft.

„Das haste super gemacht!“ und „Dem hast du’s gezeigt!“, ja, das sagten sie. Fünf Minuten ließ sich Joey das gefallen, doch im Inneren hätte er heulen können.

Was hab ich nur getan...? Was hab ich nur getan???, dachte er.

Nun verabschiedeten sich die Klassenkameraden des Blonden. Eine Weile stand er alleine da, dann rannte auch er los.

Inzwischen hatte Yugi, und in ein paar Metern Abstand Marik, die Domino-Brücke erreicht. Der kleine Yugi war innerlich vollkommen tot. Er konnte nur an Joey denken. Und daran, was er falsch gemacht haben könnte. Nun ja, schließlich war ihm alles egal. Er wollte nur weg, nicht mehr da sein, nicht mehr existieren. Also fasste er einen Entschluss.

Mitten auf der Brücke stand er nun, setzte einen Fuß auf das Brückengeländer – dann den anderen. Da stand er und sah sein ganzes Leben an sich vorbeilaufen. Er wollte springen, da hörte er eine bekannte Stimme.

„Nein, Yugi! WARTE!!!“

Yugi hielt inne. Es war Marik, der da stand mit entsetztem Gesicht. Und vor allem eines spiegelte sich in seinen Augen: Angst!

Angst davor, den kleinen, süßen, lieben Yugi sterben zu sehen.

„Yugi! Bitte, hör mir zu!“

„Nein, Marik! Es ist vorbei, doch ich will dir noch sagen, dass du mein allerbester Freund bist und es auch immer sein wirst! Bitte sage Joey, dass... dass ich ihn liebe!“

Und mit glitzernden Tränen stürzte er sich hinab in das dunkle, grausame Dunkel, dass ihn sogleich kalt und nass umschloss.

Der Strohblonde stand da, als wäre er dem Tod höchstpersönlich begegnet.

Was hab ich getan...

Nur dieser eine, quälende Gedanke begleitete ihn zur nächsten Telefonzelle, um die Polizei zu rufen. Als er gerade den Hörer aufgelegt hatte kam Joey.

„Wo ist Yugi?“, wollte er wissen.

„Nicht hier... für immer im Nichts verschwunden. Die Polizei wird gleich kommen!“, antwortete er vollkommen monoton.

„Ich liebe dich... sagte er noch...“, murmelte er an Joey gerichtet und ging.

Joey hingegen stand noch eine Weile am Brückengeländer.

Und er weinte. Weinte und weinte...

Dann kam die Polizei und meinte, es wäre wohl besser für Joey jetzt zu gehen. Doch er wehrte sich strikt dagegen, rastete dann völlig aus. So musste er die Nacht in einer Zelle verbringen.

Genau in dieser Zeit machte auch Marik seinem leben ein Ende. Seine schweißigen Hände umklammerten fest das kalte Metall, als er sich die Pistole seines Vaters langsam an seine Schläfe führte.

„Mum, Dad... es tut mir leid.“, murmelte er noch, dann drückte er ab.
 

Ein paar Tage später stand ein blonder, schlaksiger Junge vor einem Grab und legte eine einzige, weiße Rose auf dem frisch aufgehäuften Sand.

„Es tut mir leid, Marik... ohne mich wäre das alles nicht passiert. Verzeih mir...“

Nun ging er zu einem zweiten Grab, welches direkt daneben war. Und so stand Joey Wheeler vor Yugi Mutos frischem Grab und sagte mit Tränen gefüllten Augen und liebevoller Stimme:

„Ich liebe dich...“
 

THE END



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2009-06-24T19:01:25+00:00 24.06.2009 21:01
oh gott Q.Q
*schnief*
die is ja soooo traurig...
*heul*
aber dennoch total gut geschrieben, ich mag deine ff^^
Von:  Tunishaidoru
2008-02-17T16:45:09+00:00 17.02.2008 17:45
Ist die schöööön,
aber so traurig *heul*
Ist aber *schniff* sehr schön geschrieben.
*immernoch heul*
Von: abgemeldet
2007-09-04T20:20:42+00:00 04.09.2007 22:20
Gott is die traurig *flenn*
Aber super geschrieben ^^
Von:  kaya17
2007-05-05T10:43:22+00:00 05.05.2007 12:43
Ein trauriger Fanfic.. Aber sehr schön geschrieben^^


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