Acht
Tala sah müde zu dem Fenster hinaus. Langsam dämmerte es schon. Doch der
Rothaarige registrierte dies nicht. Zu weit weg war er mit seinen Gedanken. Er
lauschte der Musik, die durch seinen MP3-Player an sein Ohr drang.
*~ Die Liebe ist ein wildes Tier
Sie atmet dich sie sucht nach dir
Niestet auf gebrochnen Herzen
Geht auf Jagd, bei Kuss und Kerzen
Saugt sich fest an deine Lippen
Gräbt sich Gänge durch die rippen
Lässt dich fallen, weich wie Schnee
Erst wird es heiß, dann kalt
Am ende tut es weh
Amour, Amour,
alle wollen nur dich zähmen
Amour, Amour
Am ende
Gefangen zwischen deinen zähnen~*
Er blickte sich im Zugabteil um. Wie lang war er nun schon unterwegs? Er sah auf
seine Uhr. Tala war bereits zwei Stunden unterwegs. Er seufzte. Wie konnte er
nur so feige sein und fliehen? Aber ohne seine Kräfte konnte er sich nun mal
nicht wehren. Was blieb ihm also anderes übrig?
Tala seufzte erneut. Wie lang was er schon nicht mehr in seiner Heimatstadt
gewesen? Etwa Zehn Jahre. Damals, als er noch ein Kind war, war er geflohen.
Wollte weg von diesem Krieg zwischen Licht und Dunkel. Und jetzt. Saß er mitten
zwischen den Fronten, war ein Spielzeug des Dunkels geworden. Ob die dunklen
wieder eine Intrige planten? Ob das alles ein abgekartetes Spiel war? Tala
wusste es nicht zu sagen.
Der Zug fuhr in den Moskauer Hauptbahnhof ein. Langsam stand Tala auf und stieg
aus. Hunderte Menschen waren auf dem Gleis, auf welchem sich auch Tala
nun befand.
Der Lichte mochte Moskau nicht. Nicht nur wegen dem ewigen Krieg, nein, die
Stadt erschien ihm so kalt und Herzlos.
Langsam setzte er sich in Bewegung. Wohin er wollte wusste er nicht. Er wusste
nicht wo die Tagwache war, in der er sich für seinen Besuch registrieren
musste. Er wusste nicht wo er hin sollte. Denn er hatte kaum Geld mitgenommen.
Tala wollte einfach nur weg.
Er machte sich zu Fuß auf und lief eine Weile durch die grauen Straßen der
Hauptstadt. Er konnte noch nicht einmal sagen ob die Leute, die ihm begegneten,
Lichte, Dunkle oder einfache Menschen waren. Er konnte es nicht.
Seine Kraft hatte sich noch nicht regeneriert. Es würde noch einige Zeit dauern
bis sie das wieder getan hatte. Und so lang war Tala Schutzlos.
Der Lichte lief langsam weiter. Immer weniger Menschen begegneten ihm und als es
schon völlig Dunkel war, war er nahezu allein.
Er fühlte sich nicht wohl. Langsam ging er weiter. Er hörte Schritte hinter
sich. Sie verfolgten ihn.
Tala blieb stehen sah sich um. Doch niemand war zu sehen.
Er beschleunigte seine Schritte. Er konnte niemanden sehen. Vielleicht wurde er
durch das Zwielicht verfolgt. Doch ohne seine Kraft konnte er nicht in diese
graue Welt hinblicken.
Immer schneller lief er. Rannte schon beinahe. Doch noch immer fühlte sich Tala
verfolgt.
An einer kleinen Seitengasse hielt der Rotschopf wieder an. Sein Atem ging
schnell und er sah sich panisch um.
Dann plötzlich. Er spürte eine Person hinter sich. Aber bevor er sich umdrehen
konnte wurde ihm ein weißes Tuch auf die Nasegedrückt. Kurz versuchte er sich
noch zu wehren. Aber kurze Zeit später wurde alles um ihn schwarz.
***
Tala öffnete seine Augen. Doch er konnte nichts sehen. Er wollte sich bewegen,
doch auch das konnte er nicht. Langsam wurde er seiner Lage bewusste. Er saß
gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen irgendwo. Tala schätze das er in
einem separaten Raum saß.
Er hörte stimmen, aber sie klangen weit weg. Wahrscheinlich in einem anderen
Raum. Auch konnte der Lichte nicht verstehen was die Personen sagten.
Das alles war Bryans Schuld. Dieser elende Vampir. Wenn dieser nicht gewesen
wäre, wäre er jetzt nicht in dieser Lage.
Und Tala schwor sich, nie wieder schwäche vor Bryan zu zeigen, nie wieder
wollte er von diesem benutzt werden.
Er würde alles daran setzten Bryan endgültig aus seinem Leben zu streichen,
auch wenn es ihm selbst dabei das Herz brach. Noch mehr Leid als jetzt wollte und konnte er nicht
mehr ertragen.
Tala hörte wie eine Tür plötzlich geöffnet wurde, schritte kamen näher. Das
Herz des Lichten schlug schnell in seiner Brust.
„Du Mistkerl…“ hörte er eine Person sagen, die Stimme allerdings kannte
er nicht.
Dann spürte tala auch schon einen Schlag ins Gesicht. Sein Kopf flog zur
Seite.
Dann spürte er einen Tritt und ein paar weiter Schläge. Bis die Person
plötzlich inne hielt.
Tala hörte wieder schritte. Allerdings waren sie anders. Also musste eine
weitere Person den Raum betreten haben.
„Das reicht. Schließlich wollen wir ihn ja noch eine weile als Geisel
behalten. Wenn du ihn gleich zu Tode prügelst macht das alles keinen Sinn
mehr.“ Sprach eine eindeutig weibliche Stimme.
Der Rothaarige zuckte bei diesen Worten leicht zusammen. Er war eine Geisel?
Aber warum er?
Dann fiel ihm ein, dass er noch immer ohne seine Magie auskommen musste. Er war
hilflos, eine leichte Beute.
Die Schritte entfernten sich wieder, die Tür fiel abermals in das Schloss.
Wieder war er allein.
Tala bewegte sich wieder in eine Aufrechtsitzende Position.
Er versuchte sich zu konzentrieren. Er wollte nicht als Geisel enden. Vielleicht
hatte er genügend Kraft um sich hier raus zu holen.
Tala schloss die Augen, da er so oder so nichts sehen würde. Er konzentrierte
sich auf sein innerstes. Er musste es schaffen.
Er sah durch den Schatten seiner Augen in das Zwielicht. Es war anstrengend,
keine Frage. Aber es war ein Fortschritt. Er würde es schaffen.
Mit ein paar einfachen zaubern löste er seine Hände aus ihrem Gefängnis. Er
öffnete das Tuch mit dem seine Augen verbunden worden waren und löste danach
die Fußfesseln. Allerdings ohne Magie. Er brauchte seine Wenige Kraft noch.
Langsam stand er auf, tauchte gleich in das Zwielicht ein. Er durfte nicht
entdeckt werden. Seine kraft reichte für einen Kampf noch nicht aus.
Er sah sich genau seine Umgebung an. Langsam schritt er zu Tür, schritt durch
sie hindurch und sah in den Langen Flur. Er spürte wie das Zwielicht die
Energie aus ihm heraus saugte. Er brauchte ein versteckt.
Ein paar Meter entfernt war ein großer Schrank hinter dem er sich verstecken konnte. Er wollte wissen, was die Stimmen sagten.
Langsam tauchte er wieder in die normale Welt ein. Hielt sich aber geduckt. Die Tür war einen Spalt breit offen. So das er zwei Personen sehen konnte.
Keinen der beiden sein zu erahnen, das er gerade dabei war zu fliehen. Vielleicht hielten sie ihn dafür noch zu schwach. Und um ehrlich zu sein war er das auch. Aber Tala wollte einfach nicht aufgeben. Nicht so.