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Raftel (1)

When Spirits Are Calling My Name ...
von

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47 - Lysø

Ein kräftiger Hustenanfall suchte Tashigi heim, der sie zurück ins Leben riss und als sie die Augen aufschlug, sah sie nichts außer einem steilen Sandhang umhüllt von dichtem Nebel. Gerade noch war sie von einem unerklärlichen Blitzlicht geblendet und betäubt worden. Zumindest war das der letzte Eintrag in ihrem Kurzzeitgedächtnis, auf welchen sie zurückgreifen konnte. Nun hatte sie Sandkörner in ihren Atemwegen, den Ohren und Haaren. Sie brauchte mehr Luft und wollte sich diesem Drang hingeben, indem sie sich aufzurichten versuchte. Jedoch ungewiss ihrer Umgebung, welche sie im Moment des Erwachens noch nicht genauer in Augenschein genommen hatte, wurde ihr das Aufrappeln zum Verhängnis. Und schon purzelte sie kopfüber einen nicht enden wollenden Sandhang hinunter. Der Absturz schien ihr eine Ewigkeit zu dauern. Hilflos suchten ihre Hände und Füße halt in dem weichen Sand. Es war ein chancenloser Unterfang und der feine Sand löste sich nun aus dem Hang und rutschte mit ihr in die Tiefe hinunter. Endlich unten angekommne, spürte sie ein hartes Kraut in ihrem Rücken. Doch der erste Schock saß so tief, dass sie sich im Liegen frei hustete und dann eine weitere Ewigkeit liegen blieb, um nur in den vernebelten Himmel zu starren Geräuschen zu lauschen. Der Nebel brachte eine klamme Kälte mich sich und der unbequeme Boden wurde langsam schmerzhaft. Ein zweiter Versuch sich aufzurichten, gelang ihr und sie blickte verwundert und aufmerksam zugleich umher.

Wo immer sie auch war und wie lange sie hier schon gelegen haben mochte: Hier war definitiv nicht mehr die Sunny und ihre Freunde. Aber wo waren sie alle? Hatte der Blitzschlag das Schiff zerschellen lassen? Oder war sie nun tot? Bei dem Gedanken, tot zu sein, schluckte sie hart einen dicken Kloß im Hals runter. Der Gedanke, ihre liebgewonnenen Freunde niemals mehr wieder zu sehen, versetzte ihr einen Stich ins Herz und dann noch einen Hieb hinterher, denn ihr Freund wäre ja dann auch in dieser Gruppe. Sie verjagte den Gedanken und befand, dass sie im Falle des Todes hier sicherlich nicht der Himmel wäre, sondern eher der Vorhof zur Hölle. Obwohl der Nebel dicht wie eine Betonwand war und alles um sie herum verschluckte, konnte sie Meeresrauschen ausmachen. schemenhaft tauchten vereinzelte Zypressengewächse, violett blühendes Heidekraut, hartes Dünengras und Kiefern auf. Vor ihr erhob sich bedrohlich der Sandhang, dessen Höhe man im Nebel nicht erkennen konnte. Sie riss sich zusammen und stand auf, klopfte sich den Dreck aus ihrem Ledermantel und hielt plötzlich hielt inne. Diesen Mantel hatte sie auf der Sunny nicht getragen, sondern hing zum Trocknen unten im Maschinenraum. Es war ihr sehr sonderbar, wer sie in ihren Mantel gesteckt hatte. Auch Shigure war dabei und hing fest an ihrem Mantelgürtel. Das war noch sonderbarer.

Da sie nicht wusste, wohin sie sich wenden sollte, beschloss sie, dem Meeresrauschen auf die Spur zu kommen und erklomm den Sandberg wieder hinauf. Es war in dem weichen, tiefen Sand mehr als mühsam. Oft musste sie sich nach vorn fallen lassen und die Hände zu Hilfe nehmen, um nicht gleich wieder den Weg hinab zu fallen. Wie ein Hund auf allen Vieren kämpfte sie sich nach oben. Doch jeder Berg ist irgendwann mal in seiner Höhe begrenzt. Nach einer Klettertortur hatte sie es geschafft. Sie stand ganz oben auf einer riesigen Sanddüne. Unten rauschte das Meer. Hart schlugen die Wellen gegen die Düne und rollten noch ein Stück herauf, um an ihr zu nagen wie an einem Sandkuchen. Auf der anderen Seite schien es einen Landstrich aus Heidelandschaft, Sumpf und krüppeligen Wäldern zu geben. Mehr konnte sie nicht ausmachen. Die weißen Schwaden verhinderten einen weiten Rundumblick.

Laut rief sie nach den Strohhüten, doch erwartungsgemäß antwortete niemand. Noch eine ganze Weile stand sie dort oben und war planlos, hoffnungslos und fühlte sich sehr elendig einsam. Selten hatte sie sich so allein gefühlt wie in diesem Moment und das trübe Wetter mit der öden Landschaft wirkte bedrohlich und beklemmend.

Hier oben konnte sie nicht bleiben. Mit der Hoffnung einen Ort und eine Bleibe zu finden, machte sie sich wieder die überdimensionale Düne hinab. Hoffentlich gab es hier überhaupt Zivilisation. Auf einer einsamen, verlassenen Insel wäre jede Aussicht auf Hilfe ein verschwendeter Gedanke. Dabei wusste sie nicht einmal, ob es sich um eine Insel oder die Redline drehte, auf der sie in der großen weiten Welt gelandet war.

Langsam stapfte sie wieder im Sand herunter. Das ging zumindest leichter und schneller als der Aufstieg. Ziellos streifte sie durch das Heidekraut, vorbei an gebückten Kiefern und Wacholdern, entlang an sumpfigen Senken, in welchen morastiges Wasser stand, dichte Schilfgräser und Birken wuchsen. Kein Pfad von Mensch oder Tier schlängelte sich hier entlang. Schon bald war die Düne komplett vom Nebel verschluckt worden und Tashigi verlor sämtliche Orientierung. Jedes Gebüsch und jeder Halm sahen gleich aus. Fast schon hatte sie vermutete, im Kreis zu laufen, als sich die Umrisse von Bäumen gegen den Himmel abzeichneten. Ein Wald tat sich auf. Auch hier war kein Pfad auszumachen. Dennoch beschloss sie, diesen Wald zu durchqueren mit dem Vorhaben, auf Einwohner dieser Gegend zu stoßen.

Stunde um Stunde vermochte sie nun wohl schon durch moorigen Morast, dorniges Beerengestrüpp und peitschendes Geäst gestapft zu sein. Ihr getroffene Entscheidung den Weg durch den Wald gewählt zu haben, bereute sie mittlerweile zutiefst. Der Nebel hing über den Birkenwipfeln wie ein Schirm, der das Tageslicht verschluckte. Sie hatte jegliche Orientierung verloren, eine Himmelsrichtung war in auszumachen. Längst waren ihre Stiefel vom Moorwasser durchtränkt, ihre Haare hingen in nassen Strähnen herunter und ihr Lebensmut war gesunken. Auf einem umgestürzten Baumstamm einer alten Kiefer machte sie halt, um wenigstens einmal das Wasser aus ihren Schuhen zu gießen. Trostlos wirkte der Wald, nass uns kalt. Die Atmosphäre drückte gespenstisch auf die eigenen Sinne. Die Traurigkeit im Herzen wurde zusehends größer und schwerer. Die Birken standen immer enger und ab zu und mischten sich mal eine Handvoll Kiefern dazwischen. Schilfgras, Moose und Flechten bedeckten kunstvoll Boden und Bäume. Aber ihre Kunst verlor sich zwischen der einsetzenden Dämmerung und dem drückenden Nebel. Sie atmete tief durch und appellierte an ihre eigene Disziplin. Irgendwann müsste dieser öde Sumpfwald doch mal enden. Weiter und weiter stapfte sie voran und motivierte sich selbst, aber motivierende Gedanken waren bald aufgebraucht. Langsam setzte die Dunkelheit ein. Bald war es kalte Nacht und stockfinster. Noch immer war sie im Sumpf. Es wurde mit ihren klammen Kleidungen am Leibe unerträglich kalt. Auf einen herausragenden Baumstumpf ließ sie sich noch einmal nieder. Die Nacht würde sie wohl hier verbringen müssen. Sie hatte sich verirrt.
 

Der nächste Tag begann, wie der letzte endete: Nasses Wetter, grau verhangener Himmel, Schwaden von Nebeln und kalter Morast. Emotionslos und ohne jegliches Wissen um eine Richtung irrte sie langsam voran. Stundenlang änderte sich am Gelände nichts. So verstrich auch dieser Tag und wieder senkte sich die Dunkelheit der Nacht herab. Gerade als sie sich schon mit ihrem Schicksal abgeben wollte und nach einem weiteren Nachtlager im Moor umsah, änderte sich der Boden. Die Gräser und der Heidesand wichen einer gepflasterten Straße. Eine Straße! Plötzlich erstrahlten wieder alle Lebensgeister in Tashigi und sie ging guten Mutes voran. Entweder würde diese Straße aus dem Wald heraus führen oder wenigsten zu einem Haus. Man würde sehen. Zumindest war es nun von unten her für ihre Füße um einiges trockener.

Tatsächlich hatte sie sich für die richtige Richtung entschieden und nach einer geschätzten Unendlichkeit inmitten der Nacht tauchten rechts und links der Straße Fußwege und gemauerte Häuser auf. Diese wirkten gedrungen und waren nebeneinander so eckig und geradlinig angeordnet, als hätte man Bauklötze aufgestellt. doch etwas war unheimlich, denn dieser Ort wirkte wie fluchtartig verlassen und ausgestorben. Kein Licht schien aus den Fenstern, aber die Straßenlaternen beleuchteten schwach die Innenstadt. Türen und Fenster waren zum Teil vernagelt, Tore verschlossen und die Schaufenster der wenigen Geschäfte wirkten verstaubt und ungeordnet. Überall flog Müll herum und Blutspuren ließen nichts Gutes verheißen. War das Örtchen einem Massaker zum Opfer gefallen? Eine unheimliche Kälte durchströmte von den Grundmauern dieser Stadt herauf durch die Gassen und umklammerten Geist und Seele seiner Besucher. Durch Mark und Bein zwang sich der vermutete Horror und umklammerte ihr Herz. Zeitungspapier flog über die Straße. Es schien aus den vollkommen übergequollenen Mülleimern magisch herausgerissen worden zu sein.

Tashigi schnappte instinktiv danach. Immerhin war es eine Chance, etwas über diese Stadt zu erfahren. Tief kramte sie in ihrer Manteltasche und fand tatsächlich die Linse, die sie auf der Pflaumenbauminsel gekauft hatte. Es würde ihr das Lesen sehr erleichtern.

In großen Lettern in einer fremden Sprache prangte der Name auf dem Titelblatt: FYRBY NYHEDER. Und darunter war der Tag der Ausgabe, nämlich TIRSDAG, 3. JANUAR 1523. Die Zeitung war also definitiv frisch gedruckt. Daran bestand kein Zweifel. Doch wer sollte sie schon kaufen in einem Ort, wo es anscheinend keine Leser gab? Mit der Zeitung in der einen und der Linse in der anderen Hand schlenderte Tashigi hinüber zu einer Parkbank. Dort wurde das Schriftstück erst einmal genau gefilzt, doch es war nichts Gescheites drin. Die Fremdsprache ähnelte ihrer eigenen. Vereinzelte Wörter ließen sich entschlüsseln. Lediglich Anzeigen und Dorfklatsch. Selbst Überregionales aus der Welt fehlte. Wenigstens könnte sie wohl nun Festhalten, dass sie in Fyrby gelandet wäre.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite lärmte es. Eine Mülltonne war scheppernd umgefallen und ließen Tashigi erschreckt hochfahren. Automatisch sah sie durch ihre Linse und erstarrte. Dort drüben an der Häuserwand entlang taumelnd war eine Gestalt. Aber was für eine? Noch nie hatte sie so etwas bisher in ihrem ganzen Leben jemals zu Gesicht bekommen. Undefinierbar stand die Figur aufrecht auf zwei völlig verdrehten Beinen. Arme und Kopf schienen eng an den Körper unter einer dünnen Ballonhaut gepresst zu stecken. Das ganze Wesen bewegte sich unnatürlich wackelig und gegen jegliche gekannte Form der Fortbewegung. Tashigi stockte der Atem. Nein, so was hatte sie noch nie zuvor gesehen. Definitiv ein Monster. Mucksmäuschen still verhielt sie sich und wagte es kaum zu atmen. Um keinen Preis wollte sie ihre Anwesenheit hier im Halbdunkeln am Rande des Scheins einer Straßenlaterne preisgeben. Langsam senkte sie die linse und weg war das Getier des Teufels. Wieder hob sie die Linse vor ihre Augen. Tatsächlich sah man das Ungestüm nur durch ihr geschliffenes Glas. ein Deja vú durchfuhr sie. War es nicht auch die Camera Obscura gewesen, die Übernatürliches erst sichtbar macht? Der Kauf dieser Linse war ein Glücksgriff. Oder ein Fluch. Je nach dem. Dennoch war sie mehr als froh, als sich das Monster auf der anderen Straßenseite um eine Hausecke verzog.

Tashigi überlegte ihre nächsten Schritte sehr bedächtig. Wenn sie hier in eine Spukstadt geraten war, dann war oberste Vorsicht geboten. Das hatte sie bereits in der Villa im Bambushain gelernt. Eine Landkarte oder ein Stadtplan wären sicherlich nicht schlecht. Und vielleicht auch eine Umfassung für ihre Linse, damit sie nicht zerbrechen würde. Sie erhob sich von der Parkbank und durchschritt die vereinsamten und dunklen Straßen der Stadt. Ihre erste Idee konnte sie weit nach Mitternacht befriedigen. An einem Eingangstor zu einer Parkanlage stand eine Holztafel, an welcher Flugblätter, Anzeigezettel, aber auch ein mittelgroßer Stadtplan hingen. Niemals hätte sie sich das alles sofort einprägen können, zumal es alles in der fremden Sprache verfasst war. Kurzum riss sie den Plan einfach von der Holzwand und steckte ihn ein. Außer ihr würde wohl niemand einen Plan brauchen. Das Monster würde sicher allein seinen Weg nach Hause finden.

Sie lief weiter durch die Straßen. Keine Menschenseele, nur verwahrloste Häuser und Grundstücke, als hätten alle Einwohner die Ansiedlung in Panik schon vor langer Zeit verlassen. In einer Häuserzeile flankierten zwei große verhängte Schaufenster eine Glastür und darauf stand "Cafehuset" - ein Kaffeehaus. Die Tür stand zur Hälfte offen. Vom Hunger und Durst geplagt steuerte Tashigi exakt darauf zu, obwohl es unsinnig war, in dieser Geisterstadt noch essbare Nahrung finden zu können.

Im Inneren sah es nicht gerade einladend aus. Obgleich es früher einmal sehr gemütlich gewesen sein mochte. Nun bot sich ein Bild der Verwüstung. Umgekippte Stühle und Tische, herumstehendes verdrecktes Geschirr, verstaubtes Inventar. Nein, sicher gab es hier nichts zu Essen. Doch etwas enttäuscht, nicht mal einen Brotkrumen gefunden zu haben, sah sie sich um. Nanu? Dort drang Licht aus der Küchentür? Das war doch merkwürdig.

"Hallo?" rief sie vorsichtig, doch es kam keine Antwort. Vorsichtig zog sie Shigure aus der Saya und ging in Kampfposition, bereit zuzuschlagen, wenn sie gleich die Tür öffnen würde. Im Zeitlupentempo streckte sie ihre Hand nach dem verrosteten Türgriff aus und in dem Moment, wo sie daran ziehen wollte, wurde die Tür von der anderen Seite aufgerissen.

Es waren nur Sekunden, in denen sie registrierte, wie sie in eine gespannte Schleuder blickte. Sie schrie sich vor Angst die Lunge aus dem Hals und schlug reflexartig zu. Ihrem Gegenüber ging es nicht anders. Auch er schrie im Moment der Panik und ließ das Wurfgeschoß los. Shigure krachte in den Türrahmen. Splitter und Bretter flogen zu Boden, während das Wurfgeschoss durch die Zimmerdecke ging und sie teilweise zum Einsturz brachte. Ein großes Loch gab nun den Blick in den darüber liegenden Raum frei.

Beide Kontrahenten nahmen Deckung auf und lugten vorsichtig hervor. Erst als der Staub sich legte, wurde das Erstaunen sehr viel größer.

"Usopp?"

"Tashigi?"

"Was machst du hier?" kam es dann aus beiden Mündern zeitgleich.

Voller Freude, in dieser mysteriösen Stadt voller Merkwürdigkeiten sich gefunden zu haben und nicht mehr allein sein zu müssen, fielen sie sich in die Arme. Natürlich wurden sofort die Geschehnisse und Entdeckungen ausgetauscht.

Usopp war erst heute Morgen aufgewacht. Aber in einer ganz anderen Gegend. Beklemmend berichtete er von einem Appartement, wo es vor Müll und Verwahrlosung nur so wimmelte. Und als er dann von Mysterien und Monstern erzählte, glaubte ihm Tashigi jedes Wort. Sie kramte die Karte herbei, damit sie sich beide ein Bild von ihrem Standort machen konnten.

„Also ich muss irgendwo dort gelandet sein, aber mir scheint, dass es außerhalb der Karte liegt“, begann sie und deutete auf dem Stadtplan im nordöstlichen Teil den durchquerten Sumpfwald und die Zufahrtsstraße. Der Kanonier war überrascht, dass Tashigi bereits schon zwei volle Tage hier herumirrte und bewunderte ihren Mut. Er selbst hätte sich am liebsten unter einem Bett verkrochen, aber der Fußboden in dem Appartementgebäude war versifft und die ganzen dubiosen Gestalten hatten ihn schleunigst aus dem Haus getrieben. Er kramte in seiner braunen Ledertasche, die wohl unendliche Tiefen beherbergen mussten, nach einem roten Stift und begann in der Karte Markierungen vorzunehmen.

„Das Appartement lag hier unten im Süden. Ich bin erst weiter nach Süden gerannt. Hier, wo die Straße zu einem Vorort zwischen den Berghügeln führt. Aber da war die Straße komplett aufgerissen wie nach einem Erdbeben. Es stank dort bestialischen nach Qualm und Schwefel. Und der Boden dort wurde immer heißer. Der hat meine Schuhsohlen angesenkt.“

Um seine Geschichte zu bestätigen, deutete er sofort auf seine Sohlen. Tatsächlich sahen sie verschmorrt aus.

„Naja, aber schön war es da nicht und sehen konnte man auch nichts. Also bin ich wieder zurück, aber durch einen Hinterhof um das Appartement herum. Das müsste der dort sein. Und dann war ich auf der Parallelstraße, die aber auch gesperrt war und dann bin ich durch die Hintertür hier in die Küche rein.“

Tashigi hatte den ganzen Weg mit den Augen auf dem Plan verfolgt und maß nun mit den Fingern und dem angegebene Maßstab die Entfernung ab.

„Wow, das waren doch hin und zurück fast 10 Kilometer...“ stellte sie fest, aber sie wusste, dass der Angsthase namens Usopp in Panik jedem Marathonläufer Konkurrenz machen konnte.

„Und du konntest aber auch nichts weiter erkennen?“ fragte sie noch einmal nach. Der Scharfschütze schüttelte den Kopf.

Ein Schauer lief Tashigi über den Rücken. Ein schlimmer Verdacht machte sich in ihr breit.

„Ich glaube, ich weiß nun, wo wir hier sind“, sagte sie leise.

„Tatsächlich?“ Usopp machte Augen so groß wie Kuchenteller.
 

Ganz woanders in der Welt mitten auf der ersten Hälfte der Grandline trieb die Sunny mutterseelenallein über das Meer. Auch wenn der hölzerne Löwenkopf vorn am Bug keine Miene verziehen konnte, sah man ihm dennoch an, dass er über den Zustand der Führungslosigkeit nicht glücklich war. Wenigstens war das Schiff derart gut konstruiert, dass es wie ein Stehaufmännchen munter auf den Wellenkämmen ritt und überschlagende Wasserwogen es nicht zum Kentern brachten.

Gerade erst hatte sich das Wetter und der Seegang wieder beruhigt und die Sunny ließ ihre salzwasserdurchtränkten Planken in der Sonne trocknen, als sich von himmelwärts eine violette Lichtkugel langsam wie Ufo an Deck niedersetzte. Ein Plop-Geräusch ließ es verschwinden und gab den Blick auf drei Figuren frei.

„Argh, wir sind zu spät!“ kreischte die Große.

„Mir ist schlecht. Ich hasse teleportieren“, lallte die Kleine mit einem ernstzunehmenden grünen Gesichtsausdruck.

„Und nun?“ fragte die Mittlere.

„Was und nun? Guck mal in der Küche, ob du da ’nen magenfreundlichen Tee für Kivi findest. Am besten Pfefferminze oder so was. Und ich bringe den Kahn hier auf Kurs. Wäre ja sonst schade drum. Kivi? Willste da oben beim Steuerrad aufs Sofa oder legst du dich erstmal in Schlafraum hin?“ gab Yurenda Anweisungen. Als ob der Sunny der abwertende Ausdruck „Kahn“ nicht gefallen hatte, schlug sie über dem nächsten Wellchen einen Haken, sodass die drei neuen Passagiere fast überrumpelt hinfielen und über das Rasendeck kugelten.

„Hey!“ beschwerte sich die rote Prismenträgerin. Ja, das Schiff hatte eine Seele. Da sollte man wohl Vorsicht walten lassen.

Nur eine kurze Weile später saßen Azarni und Kivi mit dampfenden Tassen Tee in den Händen auf dem Sofa und starrten über das Meer. Kivi hatte Augen so groß, tief und rund wie Monde, welche den Horizont absuchten. Weit und breit kein Land in Sicht. Wenigstens war die Fahrt angenehm ruhig und sein Gesicht hatte wieder eine gesunde Farbe angenommen.

„Wohin geht es?“ fragte nun das Mädchen ihre Chefin, die grimmig am Steuerrad stand.

„Erklär’ du ihr meine Idee. Ich muss nachdenken...“, kam es nur von Yurenda knapp, aber bestimmt. Sie war mehr als sauer. Die Übernahme der Regierungsgeschäfte waren mehr als harte Arbeit, die Angestellten bockig und faul und die Marine spaltete sich ab in ein eigenes Lager. Auch die vier Yonkou und die sieben Shichibukai machten, was sie wollten und das erschwerte die Lage. Falls jemals jemand als Traum besäße, die Weltherrschaft an sich zu reißen, Yurenda würde sofort davon abraten. Der Job war echt hart und nervtötend. Kivi entgegnete da nur, dass man so etwas vorher hätte wissen können, aber als Träger des blauen Prismas, war eh sowieso allwissend. Da nutze jegliche Diskussion mit ihm nichts.

Kräftig schlürfte der Fledermausköpfige an seiner Tasse Tee, dachte kurz nach, wie er sein geballtes Wissen in leicht verständliche Sätze packen konnte und legte los:

„Die Insel Lysø liegt im nördlichen Calm Belt der Neuen Welt. Sie umfasst gute 400000 km², doch das Klima ist eher rau und die Vegetation biete keine guten landwirtschaftlichen Bedingungen. Die Insel wird umrandet von einem Dünen- und Sumpfgebiet. In der Mitte befinden sich bewaldete Hügelberge. Einzige Ortschaft ist Lysby. Dort wurden vor vielen, vielen Jahren große Vorkommen an Anthrazitkohle gefunden wurden. Natürlich wollte man diese Mengen abbauen. Die Weltregierung dort beschloss ein umfassendes Förderprogramm, welches dahin ausartete, die Berge und den Boden der Insel wie einen Käse zu durchlöchern. Die Stadt dort wuchs und brachte Wohlstand. Viele neue Stadtteile schossen wie Pilze aus dem Boden. Auch die Weltregierung lebte sehr gut vom Handel und ließ sich gewinnbringende Prozente auszahlen.

Allerdings geschah ein Grubenunglück. Die Kohle begann zu brennen. Das war vor 83 Jahren. Sie brennt noch heute und wird es auch noch die nächsten 1000 Jahre tun. Pro Tag verbrennen unter Tage vier bis fünf Meter der Kohleschichten. Das macht sich auch an der Oberfläche bemerkbar. Der Boden wird an einigen Stellen kochend heiß. Straßen reißen auf, Häuser brechen zusammen, die Natur verkohlt. Giftige Verbrennungsgase dringen an die Oberfläche und verpesten die Luft. Die halbe Insel ist schon dieser Katastrophe zum Opfer gefallen. Heute dürfte niemand mehr dort leben.

Allerdings kennt die Insel heute auch kaum jemand mehr. Nach dem Unglück ließ die Weltregierung die Einwohner evakuieren, Registrierungsbücher fälschen und die Insel aus den Karten löschen. Lysø ist komplett verschwunden.“

Das junge Mädchen bezweifelte die Notwendigkeit, die eigene Gesundheit auf so einer Gasdeponie in Gefahr zu bringen, aber Rot und Blau blieben da eisern hartnäckig. Der Kurs stand. Nächster Halt: Lysø.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  iz38evir
2016-10-30T15:45:17+00:00 30.10.2016 16:45
Wieso erinnert mich das an Silent Hill.. 🤔 trotzdem gutes Kapitel und gute Story. Auch nach so vielen Jahren 😀
Antwort von:  sakemaki
30.10.2016 18:11
In my restless dreams, I see that town ... Ja, das ist eine Mischung aus Silent Hill und Skagen im Winter. Vielen Dank für das Entdecken und Lesen der Geschichte. :-)
Von:  Joka
2008-10-23T19:32:12+00:00 23.10.2008 21:32
mich würde ja brennend interessieren was das für "monster" sind, die erwähnt wurden °-°
Von:  einfach_Antonia
2008-10-23T18:15:04+00:00 23.10.2008 20:15
So, mal wieder ein super Kapitel.
Vorallem der Anfang hat mir gefallen.
Ich bin gespannt wo der Rest der Crew ist und wie es weiter geht!



^-^

*geht und befriedigt ihren Pairingfan*


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